Jürgen Bartsch

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general-michi

Gast
Neulich habe ich den Film "Ein Leben lang kurze Hosen tragen" von Kai S. Pieck mit Tobias Schenke gesehen, indem es um den deutschen Serienmörder Jürgen Bartsch geht, der vier Kinder sexuell missbraucht, misshandelt, getötet und die Leichen geschändet hat.

Dieser Film hat mich sehr neugierig auf das Thema gemacht und ich fing an, mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen mit der Frage, wie es zu solchen grausamen Taten überhaupt kommen konnte.

Hier einige knappe (biografische) Angaben über sein Leben und den "wichtigsten" Ereignisse:
Am 06.11.1946 brachte Anna Sadrozinski ihren unehelichen Sohn Karl-Heinz Sadrozinski in Essen zur Welt und verlies das Hospital kurze Zeit später ohne ihr Kind. Sie verstarb Anfang des darauffolgenden Jahres an Tuberkulose.
Elf Monate verbrachte Karl-Heinz in der Klinik "unter lauter Säuglingen" bis das Ehepaar Bartsch sich seiner annahmen und ihn nach einigen Jahren der Pflege adoptierten.
Er bekam jedoch sofort den Namen Jürgen Bartsch und erfuhr zunächst nichts von seiner Adoption.
Mit 10 Jahren kam er auf ein Internat, ein Jahr später auf das katholoische Internat der Salisianer Don Boscos Marienhausen in Aulhausen, wo er die ersten Jahre seiner Pubertät durch extreme, sexuelle Unterdrückung und starker Kontrolle verbrachte. Hier fand er raus, das er homosexuell ist und sich vorallem jüngeren Kinder angezogen fühlt.
Er behauptete, von einem Pater namens Pütlitz verprügelt und sexuell missbraucht worden zu sein (bereits das zweite Mal in seinem Leben, das erste Mal als achtjähriger auf der goldenen Hochzeit sener Grosseltern von seinem 16 jährigen Cousin)
Mit 14 wurde er nach wiederholten Ausbrüchen des Internates verwiesen und ging die letzten sechs Wochen auf eine ansässige Schule, um dannach eine Lehre als Metzger anzufangen. Seine Eltern betreiben ebenfalls eine Metzgerei, doch ihm fällt der Beruf sehr schwer, vor allem das Schlachten der Tiere verursacht Übelkeit.
Zu etwa dieser zeit entdeckte er eine Höhle, die ihm Zuflucht vor der grausamen Realität (Verkorkste Ehe seiner Eltern, Prügel von seiner Mutter und Mitschülern, nicht in der Lage, Kontakt zu Mitschülern zu finden usw.)
In dieser Höhle vergeht er sich wiederholt an jüngeren Kindern, bis er in Klaus Jung (8) sein erstes, tödliches Opfer fand. Zu diesem Zeitpunkt war Jürgen Bartsch 15.
Peter Fuchs (13), Ulrich Kahlweiss (12) und Manfred Grassmann (11) wurden drei Jahre später seine nächsten Opfer, ehe Peter Freese (15) es gelungen ist, zu entkommen und Anzeige gegen Unbekannt zu erstatten, was vier Tagen später zur Verhaftung von Jürgen Bartsch führte.
Im selben Jahr (1967) wurde er im ersten Prozess, welcher unter breitem Interesse der Öffentlichkeit verfolgt wurde, für voll Zurechnungsfähig erklärt und zu fünf mal Lebenslänglich verurteilt.
Im Revisionsprozess 1971 milderte man das Urteil auf 10 Jahre Jungedstrafe und eine Unterbringung in eine Heilanstalt ab.
1976 starb Jürgen Bartsch an Herzversagen und Atemstillstand auf Grund überdosierte Narkosemittel im Alter von 29 Jahre.


Kaum eine Serientäter sprach so offen und detailiert über sein Leben und den Taten wie Jürgen Bartsch. Noch heute rätseln Sozialwissenschaftler und Mediziner sowie Psychologen, wie es einem Menschen möglich ist, zu solchen Taten fähig zu sein unter Berücksichtigung seiner Herkunft, Erziehung und seines Wesens.
Dies macht den Fall Jürgen Bartsch einzigartig und zugleich faszinierend...


Wie steht ihr dazu?
Habt ihr von Jürgen Bartsch schonmal gehört, sagt euch das Thema zu? Beschäftigt ihr euch ebenfalls mit derartigen Kriminalfällen oder ist euch ein derartiger Fall egal?
 
Ich interessiere mich sehr für das Thema Serienmörder, da sie eine besondere Ausnahmeerscheinung der Menschen sind. Was mich dabei besonders interessiert ist, warum sie solche Taten begehen, was sie antreibt und was sie erst zu solchen gemacht hat.

Jürgen Bartsch ist da schon ein besonderer Fall, da er schon als Teenager so seinen Neigungen nachging.

Wenn du dich mehr für dieses Thema interessierst, solltest du dir mal den Film "Der Totmacher" ansehen, was auf den Gesprächsprotokollen von Fritz Haarmann mit dem Psychologen Ernst Schultze beruht.

Übrigens, der älteste bekannte Serienmörder, Gilles de Rais, ein Kampfgefährte Jeanne d'Arcs, hat über 140 Kinder gefoltert und ermordet.

Wenn du dich näher mit dem Thema Serienmörder informieren willst, Wikipedia hat eine sehr gute Übersicht über die bekanntesten Serienmörder
Kategorie:Serienmörder - Wikipedia
 
Gilles de Rais ist mir ein Begriff!
Er hat mit seinen Rittern Knaben aufgespürt und sie in sein Schloss verschleppt, um sie da bei lebendigem Leibe aufzuschlitzen!

Doch der Fall Jürgen Bartsch interessiert mich deswegen, weil sein Lebensumstände so dermassen schief gelaufen sind - also vom sozialen Standpunkt.
Mit gerademal 4 Morden mag es den Einen oder Anderen vielleicht unspektakulär erscheinen, (wobei, wer sich mit dieser Materie wirklich auseinandersetzt, der würde sowas nie sagen) aber er hätte wirklich unter uns leben können, war selber sehr jung und seit seiner Geburt musste er eine psychologische Pleite nach der anderen erleben, die nicht so klischeehaft und plump verlief, wie bei vielen anderen Serientätern, sondern genaustens unter die Lupe genommen werden musste.
Anfang der 70er gab es, wenn ich recht behalte, im Spiegel eine Umfrage über den grausamsten Mörder des 20sten Jhd. Während Jürgen Bartsch bei den Frauen auf Platz 1 gewählt wurde, konnte er bei den Männern nur von Hitler geschlagen werden!

In seiner Fantasie hatte er sich erhofft, den Jungen seinen Bauch aufzuschneiden und das Herz noch schlagen zu sehen, bevor er ihn tötete...
Sein Drang muss so dermassen gross gewesen sein, das er, wo ich ihn für äusserst raffiniert und clever halte, nachdem Peter Freese aus der Höhle entkommen konnte, sich darüber hätte im Klaren sein müssen, ertappt zu werden. Dennoch ging er am darauffolgenden Montag wieder auf die Suche nach einem neuen, geeigneten Opfer. Am Dienastag wurde er von der Polizei festgenommen!
 
Stimmt schon, das Bartsch nur 4 Opfer hatte, lag nur daran das er so früh gefasst wurde, sonst wären es noch mehr Opfer und von Tat zu Tat hätte er sich in seinem Sadismus noch gesteigert, was ja auch ein bekanntes Phänomen bei Serienmördern ist.

Was das Aufsehen von Jürgen Bartsch angeht, das er mit seinen Taten erregte, liegt daran das er sie in einer ruhigen Zeit beging. Es war damals das Wirtschaftswunder, alles war Jubel, Trubel, Heiterkeit und dann kam er und brachte 4 Jungen um und durch die Medien wurde das noch weiter ausgeschlachtet. Und was die Umfrage anging, als die gemacht wurde, waren die Verbrechen noch frisch im Gedächtnis der Leute und daher kam er zu diesem zweifelhaften Sieg. Hätte man diese Umfrage 1925 gemacht, wäre es wohl ein Kopf an Kopf Rennen zwischen Karl Denke, Fritz Haarmann und Carl Grossmann geworden.
 
War denn Ende der 70er das "Wirtschaftswunder" schon im vollen Gange?
Ich kann mir übrigens auch gut vorstellen, das die empfindliche Gesellschaft (20 Jahre nach dem Krieg) noch nicht sehr selbstkritisch umgehen konnte, und wer sich mit dem Fall Jürgen Bartsch auskennt, der kommt nicht umher, sich oder seine Gesellschaft zumindest in Frage zu stellen!
Warum hat das Jugendamt nichts unternommen, als Jürgen im Kindesalter (gerademal ein Jahr) blaue Flecken aufwies?
Warum wurden Jürgens Eltern als Bilderbuchfamilie bezeichnet, wo sie nie Zeit für ihn hatten, Jürgen mit Kleiderbügeln von seiner Mutter regelmässig verprügelt wurde, seine Mutter ihn bis zur seiner Verhaftung noch gebadet hat (er war 19!), die Eltern in einer nicht aufhörenden Ehekriese steckten, er bis zum Kindergarten nie mit einem Kind gespielt hat?
In Marienhause wurde er misshandelt und missbraucht, er beichtete seine erste Tat und 10 "Vater Unser" musste er zur Busse leisten, es gab nie einen Hinweis zur Polizei!
Diese jedoch wurde ein Jahr vor seinem ersten Mord schon auf ihn und seine agressive, sexuelle Neigung aufmerksam...

Ich denke, das Gericht und die Öffentlichkeit konnte mit dem Fall nicht anders fertig werden als in Jürgen ein "Monster" zu sehen!
 
Wie steht ihr dazu?
Nicht meine Zeit, Interesse hält sich in Grenzen.
Habt ihr von Jürgen Bartsch schonmal gehört,
Ja

sagt euch das Thema zu?

Nicht wirklich, falsche Zeit.

Beschäftigt ihr euch ebenfalls mit derartigen Kriminalfällen
Nein, ich habe besseres zu tun, als die Arbeit von Polizei und dergleichen Leuten auch noch zu machen, oder in deren Gebieten herumzustöbern.

oder ist euch ein derartiger Fall egal?


Mich interessiert im Grunde durchaus, warum Menschen etwas tun und wie sie "funktionieren", es ist also eher ein allgemeines Interesse an Handlungsweisen von Menschen bei mir vorhanden, als ein spezielles an Verbrechen. Würde also eine interessante Doku oder Reportage über solche Themen im Fernsehen laufen, kann es sein, dass ich mir sowas mal ansehe, mehr aber auch nicht.
 
Natürlich ist mir Jürgen Bartsch ein Begriff. ich habe ihn schon mehrfach hier im Forum erwähnt.

Ich persönlich glaube, daß man dieses Monster bei der Operation mit Absicht "entsorgt" hat.

@narumi-chan
Ist Dir der Serienmörder Rudolf Pleil ein Begriff ?

Der Mann, den man den Totmacher nannte ?
 
@general michi

In den 70er Jahren klang das Wirtschaftswunder langsam aus, aber Bartsch selber ist in den 50er und 60er Jahren aufgewachsen, der Hochzeit des Wirtschaftswunders.
Was die Familienumstände anging, na aussen war die Familie intakt, sie war relativ vermögend und vor allem hat man sich damals nicht in die Sachen der anderen eingemischt, was zu hause passierte war tabu für Aussenstehende. Ausserdem gehörte damals die Züchtigung der Kinder zur normalen Erziehung. Was in der Familie geschah drang dort nicht nach draussen. Das ist genauso wie heute wenn man hört, das ein Familienvater seine Kinder missbraucht, aber nach aussen nur das schmucke Eigenheim und die "glückliche" Familie sieht, wo man sagt, das hätte ich ihm nie zugetraut. Das selbe trifft im verstärktem Masse auf das katholische Internat zu, wo noch weniger an die Öffentlichkeit tratt. Dies war praktisch eine abgeschottete Welt für sich. Da von den Schülern aus Angst nichts gesagt wurde, drang auch nie etwas darüber an die Öffentlichkeit. Man kann die Zeit damals nicht mit unseren Massstäben vergleichen.

@Jedihammer

Rudolf Pleil ist mir ein Begriff, seiner Aussage nach hat er 25 Leute umgebracht, um sich als der grösste "Totmacher" zu profilieren und hat während des Prozesses regelrecht mit seinen Taten geprahlt.

@ Winston Turner

Haarmann hatte den Beinamen "Werwolf/ Vampir von Hannover"
 
Ich glaube einmal gelesen zu haben, daß Bartsch gegen seinen Willen Metzger werden mußte, und daß er weinte, wenn er ein Tier töten mußte.


@Jedihammer
Rudolf Pleil ist mir ein Begriff, seiner Aussage nach hat er 25 Leute umgebracht, um sich als der grösste "Totmacher" zu profilieren und hat während des Prozesses regelrecht mit seinen Taten geprahlt.

Ich finde Dein Interesse und Dein Wissen über solche Geschenisse sehr gut.
Darf man fragen, warum eine junge Frau in deinem Alter sich mit serienmördern befaßt ?
 
@Jedihammer:
Widerwillig begann er die Lehre bei einen Bekannten seines Vaters, beendete jedoch die Lehre dann bei seinem Vater, da er in der Schlachterei des Bekannten gänzlich versagte.
Er hatte seit der siebten Klasse sowieso keine Perspektiven mehr, weil ihn sein Selbsthass/Mitleid und Trieb ihn "verständlicherweise" stark beschäftigten.
Ihm fehlte es ausserdem an Präzision und Kraft, um ein guter Metzger zu sein.
Als er seine Eltern nicht überzeugen konnte, einen eigenen Beruf zu erwähgen, sollte er Metzger werden, was die Eltern sich ohnehin schon die ganze Zeit für ihn überlegt hatten, da er "Thronfolger" werden sollte!
Und er brachte es ausserdem nie fertig, beim Schweine- oder Kälberschlachten zuzusehen:
"Wenn die kleinen Kälber im Schlachthof noch einem die Hand schleckten, da wurde mir immer ganz anders"
 
@ Jedihammer

ich interessiere mich seit gut 10 Jahren für deutsche Geschichte ab der Märzrevolution, irgendwann bin ich dann in einem Buch über Haarmann gestolpert und er hat mich sofort fasziniert. Ich hab mich dann immer mehr mit dem Thema befasst. Es ist nicht die Faszination an den Verbrechen, sondern an den Tätern, was treibt sie zu ihrer Tat, psychisch und physisch, was war der Auslöser, das gerade sie sich so verhalten und nicht alle Menschen mit einer ähnlichen Biografie, was sie zu negativen Ausnahmefällen der Gesellschaft macht.

@Riker

ich habe weder die Filme gesehen, noch die Bücher gelesen

@general michi

Dieses Mitleid mit den Tieren, wo das Mitleid mit seinen Opfern gänzlich fehlte. Dieses Mitleid ist auch ganz untypisch für einen Serienmörder, da etliche Serienmörder ihre "Karierre" mit Tierquälereien starteten und sich dann steigerten.
 
@narumi-chan

Da gab es etwa zu der selben Zeit wie Haarmann einen Uhrmacher, der mehrere Jungens getötet hat.
Weißt Du zufällig wie dessen Name war ?
 
@narumi-chan

Da gab es etwa zu der selben Zeit wie Haarmann einen Uhrmacher, der mehrere Jungens getötet hat.
Weißt Du zufällig wie dessen Name war ?

Schlimm wenn ich antworte?

Adolf Gustav Seefeld wurde am 6. März 1870 in Potsdam geboren. Er war als reisender Uhrmacher unter dem Spitznamen ?Onkel Tick-Tack? bekannt. Kaum ein Verbrechen berührte in die Menschen in Mecklenburg so sehr wie die Morde des Adolf Seefeld. Zu den Opfern des Kindermörders gehörten unzählige Jungen welche ausnahmslos Matrosenanzüge trugen.

Auf seinen Reisen ermordete er zwischen 1923 und 1935 eine unbekannte Anzahl Knaben, nachgewiesen und bestraft wurde er für 12 Morde. Die Polizei vermutete aber, daß Seefeld mehr als hundert Knaben ermordet hatte.
Problematisch an den Untersuchungen war, daß man Seefeld zwar mit den Opfern in Verbindung setzten konnte, jedoch nie nachweisen konnte, wie er diese umgebracht hatte. An den Körpern ließen sich keine Gewaltspuren finden. Auch konnte man kein Gift einwandfrei nachweisen. Ein sexueller Missbrauch ließ sich ebenfalls nicht eindeutig nachweisen.

Im Februar 1936 fand vor dem Schweriner Schwurgericht die Verhandlung "gegen den Uhrmacher Adolf Seefeld aus Potsdam wegen Mordes" statt. Das Urteil: der "Angeklagte wird wegen Mordes in 12 Fällen... zwölfmal zum Tode verurteilt".

Onkel Tick-Tack verlangte als Henkersmahlzeit nach einem gebratenen Hähnchen, als Nachtisch bestellte er Äpfel in Mandelteig. Als ihm das gebratene Hähnchen serviert wurde, musste er sich im Anblick des toten Fleisches übergeben. Adolf Seefeld wurde am 23. Mai 1936 in Schwerin mit dem Fallbeil hingerichtet.
 
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