DÄMMERUNG DER GERECHTIGKEIT
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Kharron wirbelte blitzschnell mit seinem Vibroschwert umher und setzte zu einem gefährlichen Schlag an, den Rosh mit großer Mühe parierte.
Mit all seiner Kraft stieß er das surrende Schwert seines Ausbilders zurück und opferte die Möglichkeit auf einen Todesstoß im Tausch gegen eine sicherere und defensivere Haltung. Die Echani dieses Klosters hatten ihm beigebracht, dass eine Stärkung der eigenen Defensive keinesfalls zu unterschätzen war - eine hart elernte Lektion, wie zahlreiche Blutergüsse und Schnittwunden im Gesicht und dem gesamten Körper des jungen Menschen bewiesen.
Kharron schien zu zögern; erst als es beinahe zu spät war, bemerkte Rosh die zwei weiteren Echani, die sich beeindruckend schnell hinter ihm herabseilten und beabsichtigten, ihn aus dem Hinterhalt zu attackieren.
Rosh sprang flink nach vorn und wich den tückischen Vibroklingen aus. Gleichzeitig zog er sein eigenes Schwert und verpasste seinen beiden Mitschülern leichte Schnittwunden, mit denen er sie schlug. Daraufhin widmete er sich wieder seinem Meister und parierte einen weiteren Schlag, den er hinter seinem Rücken vorbereitet hatte.
Er parierte einen Schlag nach dem anderen, dabei trieb Kharron seinen menschlichen Schüler durch das düstere, hölzerne Kloster, bis hin zu einem großen Balkon, der die verschneiten Gipfel eines Gebirges offenbarte, in dem sich dieses geheime Echani-Kloster befand.
Rosh mochte es bisher gelungen sein, die Schläge seines Lehrers zu parieren, doch Kharron hatte zugleich seine Dominanz bewiesen, indem er seinen Schüler Schritt für Schritt zurückgedrängt hatte. Hinter ihm befand sich nun lediglich das morsche Holzgeländer des alten Balkons und ein scheinbar unendlicher Abrgund, umhüllt von den höchsten Gipfeln dieser Welt.
Sein einziger Ausweg war nun ein geschicktes Manöver, in dem er den Spieß umdrehen und entweder seinen Meister bezwingen, oder ihn zur Aufgabe drängen würde. Der nächste parierte Schlag gab Rosh die Möglichkeit, die gegnerische Klinge in die Höhe zu drängen. Zugleich huschte er unter den beiden Waffen hindurch, tauschte somit seine Position mit der seines Lehrers und hielt ihm seine Klinge vor die Kehle, noch bevor Kharron sein eigenes Schwert senken konnte.
Der Echani lächelte voller Stolz: "Du hast in deiner Zeit bei uns sehr viel gelernt, Rosh Ulic, ich bin sehr stolz auf dich.".
Und doch wirkte Rosh nachwievor alles andere als stolz und erfreut. Er deaktivierte sein Vibroschwert und befestigte die Waffe an seinem Gürtel, an dem sich ebenfalls eine kleine Tasche befand.
Kharron deutete auf die braune Ledertasche: "Du kannst vor deiner Vergangenheit fliehen, doch du wirst ihr niemals vollständig entkommen. Der Durst nach Rache ist wie ein Gift und das einzige wahre Gegenmittel ist absolute Vergeltung.", er deutete auf die übrigen Attentäter, die sich inzwischen zu ihnen auf den Balkon gesellt hatten, "Wir kamen alle hierher, weil es uns an Perspektive mangelte, weil die Galaxis uns etwas genommen hat. Die Gründung dieses gesamten Ordens vor vielen Jahrhunderten basierte auf der Idee einer gemeinsamen Suche nach einer Rettung der Galaxis und ich bin davon überzeugt, dass du uns nun die nötige Perspektive, das gesuchte Ziel gegeben hast. Erinnere dich an deine Vergangenheit - wer sind die wahren Schurken dieser Galaxis?".
Rosh griff langsam in seine Tasche und brachte ein beschriftetes Abzeichen zum Vorschein: CAPTAIN ROSH ULIC, FREIWILLIGE SICHERHEITSKRÄFTE CHANDRILAS, HANNA CITY.
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5 JAHRE ZUVOR - CHANDRILA
Hanna City war nichts weiter als die ruinierten Überreste einer einst friedlichen und pulsierenden Metropole. Der Krieg hatte sie, wie einen Großteil dieser einst neutralen Welt, fast vollständig ausgelöscht.
Artilleriebeschuss hämmerte auf die wenigen noch stehenden Wolkenkratzer ein, die einer nach dem anderen in sich zusammenfielen und panische Zivilisten am Boden zermalmten. Einige private Gleiter schwirrten hektisch zwischen der Zerstörung umher, die überfüllten Raumhäfen mit ihren wenigen Evakuierungsshuttles aufsuchend. Das Bild, das sich den Chandrilern offenbarte, war eins von purem Chaos.
Captain Rosh Ulic und sein Squad von freiwilligen Sicherheitskräften suchte im Schutt eines eingestürzten Wolkenkratzers Deckung vor dem hämmernden Blasterfeuer eines imperialen Geschützes, das am Ende einer der alten Hauptstraßen errichtet worden war.
"Bravo Kompanie hat ihren letzten Panzer soeben verloren, Captain Ulic!", gab ein Funker Bescheid, "Wir sind auf uns allein gestellt!".
Der Funker hustete schwer, als er beim Sprechen vom Blasterfeuer aufgewirbelten Staub schluckte. Das Geschütz hatte Ulics Squad erfasst und mit Sperrfeuer hinter den Schutt gedrängt. Ihr Ziel befand sich jedoch einen Block weiter, also mussten sie irgendwie am Feuer des Geschützes vorbei. Rosh sah sich einen kurzen Moment um und entdeckte schließlich den einzigen Ausweg, der auch nur eine winzige Chance darstellte, das Ziel lebendig zu erreichen: ein eingestürzter Wolkenkratzer, der zwar waagerecht am Boden lag, jedoch größtenteils noch intakt zu sein schien und als Brückenschlag über den Häuserblock dienen konnte, der sich neben dem imperialen Geschützfeuer als das letzte Hindernis erwies.
"Wir gehen querfeldein durch das Calrissian Building!", ordnete ein entschlossener Rosh Ulic an.
"Aber Sir", mischte sich ein Sergeant ein, "in dem Gebäude können jederzeit Gasleitungen hochgehen und überhaupt ist der Wolkenkratzer erst vor weniger als einer Stunde eingestürzt, dieser Weg bedeutet den sicheren Tod!".
Rosh legte dem Sergeant aufmunternd die Hand auf die Schulter: "Der einzige andere Weg führt direkt an imperialen Sturmtruppen und einem tödlichen Geschütz vorbei, wie lange würden wohl das überstehen? Das Ziel hat jede Funkverbindung verloren und Hanna City steht kurz vor dem Fall - wir müssen sie um jeden Preis aus der Stadt schaffen, sonst ist Chandrila verloren!".
Chandrila war bereits verloren, die gesamte Welt war im Galaktischen Krieg in totales Chaos gestürzt worden. Doch Befehle in einer verzweifelten und aussichtslosen Kriegsführung waren Rosh Ulics einzige verbleibende Perspektiven. Als Hüter der chandrilischen Ordnung war es ihre Pflicht, so viel wie möglich von den Überbleibseln ihrer Heimatwelt zu retten, koste es was es wolle.
Entschlossen krochen die frischgewordenen Soldaten hinter der Deckung von Ruinen durch den Schutt eingstürzter Gebäude. Scharfe Steine und Glasscherben sorgten für zahlreiche Schnittwunden in ihren Armen, doch die Männer erreichten allesamt den umgekippten Wolkenkratzer, der sie vor dem imperialen Geschützfeuer rettete.
Die Sicherheitskräfte aktivierten ihre Taschenlampen im düsteren und knarrenden Gebäude und tasteten sich vorsichtig an den ehemaligen Wänden düsterer Korridore entlang. Mit jedem Schritt schienen Teile des Gebäudes weiter zu verfallen und das Dröhnen von aufprallendem Artilleriebeschuss der weiterhin tobenden Schlacht erschütterte die gefährlich geschwächten Wände, die nun über den Köpfen der Sicherheitskräfte als Decke fungierten.
Mit jeder Erschütterung wurde ihnen Staub und Schutt ins Gesicht geblasen, hin und wieder rollten Bürostühle die ehemaligen Böden der Korridore entlang und verfehlten die Männer nur knapp.
Es war ein mühselige und langer Weg, doch glücklicherweise kamen keine Feinde auf die irrsinnige Idee, einen solch gefährlichen Pfad zu wählen.
Nach einer Weile erreichten sie das noch stehende Fundament des Wolkenkratzers und erblickten dahinter einen riesigen Energieschild. Inmitten besagten Schildes befanden sich zwei Panzer und weitere Sicherheitskräfte, die ein sehr altes Gebäude bewachten, das mit Säulen und Statuen verziert war: Das chandrilische Parlamentsgebäude.
"Halt!", schrie einer der freiwilligen Soldaten am äußeren Rand des großen Schilds, "Identifizieren Sie sich!".
"Captain Rosh Ulic, Hanna Security Force!", erwiderte der Truppführer und befahl seinem Gefolge mit einem Handzeichen, seine Deckung im Fundament des Wolkenkratzers zu verlassen.
Der patroullierende Soldat senkte seine Waffe: "Wir haben jeglichen Kontakt zu Ihrem Stadtbezirk verloren, Captain! Was ist da draußen nur los?!".
"Hanna City ist verloren, wir müssen den Rat umgehend evakuieren! Sind sie noch im Gebäude?"
Der Soldat nickte bestätigend.
"Gut! Sehen Sie zu, dass Sie Ihre Männer auch aus der Stadt bekommen, dieser Schildgenerator wird dem heranrückenden Feind nicht lange standhalten, ebensowenig wie Ihre Panzer!"
Rosh und sein Squad betraten das verbarrikadierte Parlamentsgebäude, in dem zahlreiche Politiker und Prominente Chandrilas Zuflucht gesucht hatte, während die gesamte Millionenstadt drumherum dem Erdboden gleichgemacht wurde.
Nach sämtlichen Ausfällen von Stromgeneratoren, heizten die zuvor reichen Zivilisten sich, indem sie altes Papier in Fässern verbrannten - Dokumente, die in diesem ganzen Chaos ohnehin schnell ihren Wert verloren hatten. Ihre Lebensumstände im Parlamentsgebäude wären zuvor als menschenunwürdig verurteilt worden, doch im vom Krieg befallenen Hanna City galten sie noch als verhältnismäßig luxuriös.
Im Plenarsaal trafen Rosh und seine Männer schließlich auf den Obersten Rat - einer Gruppe von fünf Senatoren, die gemeinsam als Staatsoberhäupter Chandrilas fungierten.
"Captain Ulic!", grüßte eine alte Pantorianerin in ihren prachtvollen Kleidern der Oberschicht, "Wir haben bereits das Schlimmste befürchtet, als der Kontakt zu Ihrer Einheit abbrach. Wie steht es um Hanna City?".
Rosh konnte den blinden Optimismus des feigen Obersten Rates kaum fassen. Wie konnten sie sich der Realität nur so sehr entfremdet haben? Das Imperium hatte in seinem ewigen Krieg gegen die Neue Republik im neutralen Chandrila eine Chance gewittert, einen Stützpunkt zu errichten und in die Kernwelten vordringen zu können. Statt die Seite der zur Verteidigung der Kernwelten heraneilenden Neuen Republik zu wählen, erklärte der Oberste Rat gleich beiden intergalaktischen Supermächten den Krieg um Chandrilas Unabhängigkeit und unterzeichnete somit seinen Untergang in einem Zweifrontenkrieg, den niemand wollte. Zwar bewunderte Rosh einerseits die Prinzipien des Rates, doch zugleich empfand er sie als töricht. Eine Seite zu wählen und somit offiziell dem Krieg beizutreten wäre das geringere Übel gewesen. Der Krieg hatte Rosh bereits seine Mutter gekostet, sein Vater wiederum befand sich als Offizier mit der fünften Armee in einem Vorort Hannas und sammelte evakuierte Truppen, denen es gelungen war der fallenden Stadt zu entkommen. Nichtsdestotrotz war Rosh seinen Pflichten als Hüter Chandrilas nachgekommen und kämpfte für seine vor dem Abgrund stehende Heimat: "Werte Senatoren, wir sind hier um Sie zu evakuieren. Mit Verlaub, Hanna City ist verloren und wenn wir weder eine Seite wählen, noch Hilfe von anderen neutralen Welten erhalten, ist ganz Chandrila dem Untergang geweiht!".
Die Senatorin lächelte ihn in ihrer Ignoranz aufmunternd an: "Ruhig Blut, junger Mann. Chandrila hat schon viele Krisen überstanden, wir werden auch diese bewältigen.".
Plötzliche detonierte ein Sprengsatz und riss eine große Öffnung in eine der alten Wände des traditionellen Parlaments. Noch bevor die Sicherheitskräfte überhaupt ihren Schock überwunden hatten und reagierten konnten, schoss Blasterfeuer durch den aufgewirbelten Staub und streckte Roshs Männer nieder. Einen kurzen Moment später erkannte Rosh hereinstürmende imperiale Sturmtruppen, die zweifellos die Thermaloptik ihrer schneeweißen Helme genutzt hatten, um ihre Ziele durch den Staub erkennen zu können.
Der junge Mann griff nach seiner Blasterpistole und feuerte einige Schüsse auf zwei der Elitesoldaten, die tot zu Boden fielen. Noch bevor er ein drittes Ziel wählen konnte, traf ihn der Schuss eines weiteren Sturmtrupplers am Oberarm, sodass er die Kontrolle über seine Hand verlor und vor lauter Schmerz die Pistole zu Boden fallen ließ.
Die Sturmtruppen verteilten sich in allen Ecken des großen Saals und kurze Zeit später trat eine weitere Gestalt in roter Kriegsrüstung und einem schwarzen Umhang herein - ein reinblütiger Sith, wie Rosh erkannte.
Mutig wie er war, wich Rosh jedoch nicht zurück und stellte sich zwischen den Sith und den Senatoren, die zweifellos sein Ziel waren.
Der große und angsteinflößende Sith blieb vor dem verwundeten Soldaten stehen, blickte verachtend auf ihn herab und grinste fies. Mit einer kleinen Handbewegungen warf er Rosh durch den Saal und trat weiter an die Senatoren heran.
"Tapfer", lobte der Sith ihn, als er sich den Senatoren näherte, "Chandrila scheint tatsächlich ein wenig Mumm in den Knochen zu haben, doch Euer Widerstand ist nutzlos... Ihr seid also der Oberste Rat.. Alt... Schwach... Erbärmlich. Eure Kriegserklärung gegen zwei übermächtige Seiten zeugt nicht von wahrhafter Stärke, sondern von leeren Worten. Erspart Euren Leuten weiteres Leid und ordnet sie an, sich bedingungslos den imperialen Truppen im Kampf gegen die Unruhestifter der Neuen Republik anzuschließen - Chandrila obliegt nun dem... Schutz.. durch das Imperium und den Sith!".
Die pantorianische Senatorin unterdrückte mit großer Mühe einige Wuttränen und baute sich vor dem rothäutigen Sith auf: "Niemals, Sith-Abschaum..".
Das Grinsen des Sith wich einer finsteren Miene, er hatte keine Zeit für langwierige Verhandlungen. Er hob erneut seine Hand und presste seinen Daumen und seinen Zeigefinger aneinander - im selben Moment wurde die Senatorin wie von Geisterhand in die Luft erhoben, griff sich an die Kehle und kämpfte nach Luft; Rosh hatte es erkannt: Der Rothäutige erwürgte die Blauhäutige mit der Macht!
Wenige Sekunden später warf der Sith den leblosen Körper der alten Dame beiseite und näherte sich den übrigen vier Senatoren: "Ihr vergesst: Ich brauche nur einen von fünf Ratsmitgliedern. Kooperiert und rettet was immer von Eurer erbärmlichen Welt noch übrig ist!".
Im nächsten Moment huschte Blasterfeuer durch den Saal und traf einige der Sturmtruppen. Als Rosh sich umsah, erkannte er nun Soldaten der Neuen Republik, die ebenfalls ihr Ziel erreicht zu haben schienen.
Gerade als der Sith sein rotes Lichtschwert aktiviert hatte und sich in den Kampf der Soldaten einmischen wollte, landete eine weitere Gestalt vor ihm, die den Saal durch eine Dachluke betreten hatte. Es handelte sich um einen Mirialan in einem braunen Mantel, der ebenfalls ein Lichtschwert zückte - seine Klinge leuchtete jedoch grün: "Wohin immer Ihr zieht, Ihr verbreitet nichts weiter als Faulheit. Euer Feldzug hat heute sein jehes Ende gefunden, Sith! Ergebt Euch, oder tragt die Konsequenzen!".
"Auf diesen Moment habe ich gewartet, Jedi!", erwiderte der Sith und attackierte den Grünhäutigen.
Rosh, noch immer geplagt vom Blasterbolzen der sich wenige Minuten zuvor durch seinen Oberarm gebrannt hatte, richtete sich auf und rannte geduckt am Blasterfeuer imperialer und republikanischer Soldaten vorbei, sowie dem Jedi und dem Sith, die sich duellierten.
An den überlebenden Ratsmitgliedern beim Rednerpult des Saals angekommen, hob Rosh seine Blasterpistole auf: "Wir müssen hier raus, schnell!".
Während die Chandrilaner durch den Saal huschten, feuerte Rosh hin und wieder auf Sturmtruppen und republikanische Soldaten, die sie im Eifer des Gefechts bemerkten. Rosh und die Ratsmitglieder erreichten einen Notausgang, der sie auf das Dach führen würde, auf dem sich das Shuttle des Obersten Rates befand.
So schnell sie konnten, hetzten sie durch das schmale und dunkle Treppenhaus und erreichten nach kurzer Zeit das Dach. Der Anblick, der sich ihnen dort bot, erfüllte jeden Patrioten mit tiefem Schmerz und Trauer. Die einst beeindruckende Skyline Hanna Citys bestand aus brennenden und eingestürzten Wolkenkratzern. Selbst nun, da die Stadt soweit bereits gefallen war, bombardierten Artilleriegeschosse die wenigen noch stehenden Gebäude. Ein Großteil der Stadt befand sich nun in einer riesigen Staubwolke der Verwüstung.
Zu ihrer Erleichterung standen das Shuttle und sein Pilot noch abflugbereit.
"Wir müssen sofort hier raus!", rief ein rennender und schwer atmender Rosh dem Piloten vom Weiten zu.
Er half den alten Ratsmitgliedern beim Betreten des Shuttles, doch gerade als er selbst seinen Platz einnehmen wollte, vernahm Rosh einen Ruf: "Die Imps fliehen! Los, die Senatoren sind auf dem Dach, Beeilung!".
Im nächsten Moment krachte der Sith durch die Dachluke und landete wenige Meter vor dem Shuttle auf seinem Rücken, dicht gefolgt von dem Jedi-Ritter, der sich dem Anschein nach als der Stärkere der zwei duellierenden Machtnutzer erwiesen hatte.
Die Triebwerke des Shuttles fuhren langsam hoch, doch republikanische Soldaten näherten sich durch das schmale Treppenhaus. Ihre Blaster würden das Shuttle aufhalten, bevor es die Möglichkeit hatte das Dach zu verlassen.
"Captain Ulic!", rief einer der Senatoren dem zögernden Soldaten entsetzt zu, "Was tun Sie da?! Steigen Sie ein!".
Rosh haute jedoch lediglich gegen eine Kontrollkonsole und schloss somit die Tür des Shuttles. Daraufhin hob er seine Blasterpistole, legte Sperrfeuer auf die Tür des schmalen Treppenhauses und hinderte die republikanischen Soldaten somit am Betreten des Dachs.
In seinem Blickwinkel erkannte Rosh, dass der Sith wohl einen verzweifelten letzten Angriffsversuch gegen den Jedi wagte, jedoch kläglich scheiterte und mit einem Lichtschwert im Magen sein Leben verlor.
Nach seinem gewonnenen Duell widmete sich der Jedi Rosh und schubste ihn mit der Macht zu Boden. Die republikanischen Soldaten gelangten auf das Dach des Parlamentsgebäudes, doch es war zu spät: Das Shuttle hob ab und verließ mit rasanter Geschwindigkeit die Reichweite der Soldaten und ihrer Waffen.
Enttäuscht blickte der Jedi dem Shuttle hinterher, deaktivierte sein grün schimmerndes Lichtschwert und befestigte es an seinem Gürtel.
Dies mochte Roshs Untergang bedeuten, doch er hatte seine Pflicht erfüllt und den vier Überlebenden des Obersten Rates zur Flucht aus Hanna City verholfen.
"Sir, der hier lebt noch!", rief einer der Soldaten und trat mit gezücktem Blastergewehr an den auf dem Boden liegenden Rosh heran.
"Nicht feuern!", rief der Jedi-Ritter, drehte sich um und trat neugierig an den Chandrilaner heran, "Wohin wird Euer Rat evakuiert?", Rosh ignorierte die Frage und der Jedi lächelte fies, "Chandrila ist bereits gefallen, Euer freiwilliges Sicherheitspersonal und Militär zerrieben. Es gibt keine Zuflucht mehr. Dies ist der Verdienst des Imperiums und Eures Hochmuts. Hättet Ihr das Angebot der Republik angenommen, wäre es niemals so weit gekommen. Helft uns, den Vormarsch des Imperiums aufzuhalten und rettet, was von Eurer Welt noch übrig ist, Captain..... Ulic?", dem Jedi war das Abzeichen an Roshs Uniform aufgefallen.
Rosh erwiderte das Grinsen des Jedi: "Ihr rühmt Euch als die großen Befreier der Galaxis, dabei gleicht Euer Vorgehen exakt dem Imperialismus und der Unterdrückung der Sith - Ihr Jedi seid in keinem Fall besser und gleichsam für die Zerstörung meiner Welt verantwortlich! Tötet mich, wenn Ihr wollt, doch die Galaxis wird Euch Eure Verbrechen niemals verzeihen - die Galaxis vergisst nicht und früher oder später werden auch die Bürger Eurer Republik sich von Eurem Orden entledigen!".
Ein republikanischer Offizier trat an den Jedi heran: "Sir, wir haben die Schlacht gegen den Widerstand der fünften Armee im Norden der Stadt gewonnen und können somit auf die imperialen Stellungen in der Stadt selbst vorrücken.".
Die fünfte Armee?! Es war die Einheit, in der Roshs Vater als Offizier diente und die Streitkräfte im Norden hatte die einzige Hoffnung Chandrilas dargestellt, die Stadt zurückzuerobern! Die Schlacht war eindeutig verloren, doch hatte sein Vater die Schlacht wenigstens überlebt?! Rosh wurde nervös, er verspürte dasselbe Gefühl der stechenden Angst in der Magengrube, das er zuvor in seiner Zeit als Polizist gefühlt hatte, wenn seine Kollegen und er sich in einem Feuergefecht mit Kriminellen befunden hatten. Es war dasselbe Gefühl, das er in der Schlacht um Hana City verspürt hatte. Es war dasselbe Gefühl, das er gespürt hatte, als seine Mutter ein Opfer des Krieges wurde - das Gefühl der Angst vor jeglichem Verlust, der Angst vor dem Tod und dem Nichts.
"Wieviele Gefangene konnten unsere Streitkräfte nehmen?", fragte der Jedi erleichtert.
"Bedauerlicherweise... keine.", entgegnete der Offizier, "Die chandrilischen Streitkräfte zündeten in ihrem Feld-HQ eine Bombe in einem verzweifelten Versuch, so viele unserer Soldaten wie möglich mit in den Tod zu reißen. Wir haben große Verluste erlitten, doch die Chandriler wurden ausnahmslos ausgelöscht.".
Sein Vater hatte nun also auch sein Leben gelassen. Rosh hatte als Resultat des Krieges nun seine gesamte Familie und seine Heimatwelt verloren. Wofür sollte er nun noch leben? Wofür konnte er noch kämpfen? Rosh Ulic hatte an diesem Tag alles verloren und dies war ihm nun bewusst geworden.
Mit einem lauten Schrei sprang der junge Mann auf, zog seine Blasterpistole und feuerte so schnelle er konnte auf den Jedi und seinen Offizier, allerdings zückte der Jedi reflexartig sein grün schimmerndes Lichtschwert und wehrte die Schüsse mit Leichtigkeit ab.
Mit der anderen Hand entwaffnete er Rosh und warf ihn erneut zu Boden. Roshs Schreie der Qual gingen in aggressives Weinen über, bis der verwundete Chandriler vor lauter Schmerz auf dem Dach das Bewusstsein verlor.
***
"Ich wachte in einem republikanischen Feldlazarett auf.", erklärte Rosh und blickte dabei auf die spitzen Gletscher die das Kloster umgaben, "Allem Anschein nach hatte der Jedi sich für meine medizinische Versorgung eingesetzt.".
"Und verspürst du ihm gegenüber Dankbarkeit?", fragte Kharron nachdenklich.
"Nein. Jedi sind Sklaven der Macht, sein Kodex verbot dem Jedi mir die medizinische Versorgung zu enthalten. Jedi sind Sklaven ihrer kriegstreiberischen Mentalität, ebenso wie die Sith. Sie sind Gegensätze, die stets an Macht dazugewinnen und niemals aufhören werden, einander zu bekämpfen. Jener Kampf riss mein geliebtes Chandrila in den Abgrund. Wenige Tage nach meiner Entlassung aus dem Lazarett, stellten die Sith fest, dass sie in anderen Systemen leichter in die Kernwelten eindringen konnten und so verschwanden beide Parteien und ließen dabei eine verwüstete Welt zurück, die sich noch heute im mühsamen Wiederaufbau befindet. Ein Krieg, in dem millionen Unschuldige ihr Leben ließen - für nichts und wieder nichts. Die wahren Schurken in dieser Galaxis sind Jene, die diese sinnlosen Kriege anstiften: Machtnutzer, Jedi wie Sith. Sie entzweien und vernichten in ihrem Kampf eine friedliebende Galaxis."
Kharron nickte sehr zufrieden, scheinbar hatte sein Schüler ihm genau das gesagt, was er hören wollte.
"Bin ich bereit dem Meister entgegenzutreten und ihn um Hilfe in meinem Kampf der Gerechtigkeit zu bitten?", fragte Rosh respektvoll. Er hatte sich seit seiner Ankunft in Geduld geübt und sich zunächst als würdig erweisen wollen.
Kharron nickte erneut mit einem freundlichen Lächeln: "Es gibt eine alte Legende rund um einen antiken mandalorianischen Clan. Mitglieder dieses Clans stammten aus denselben Verhältnissen wie du und ich - und sie waren mächtig! Ihre Macht konnte dadurch gewährleistet werden, dass nur die Stärksten aufgenommen wurden und der wiederum Stärkste unter ihnen wurde zum Anführer ernannt. Man fürchtete sie - nicht jedoch weil sie dieses System terrorisierten, sondern weil sie ein mächtiges Verbrechersyndikat bekämpften, das fast das gesamte System unterdrückte und seine unschuldigen Bewohner in die Sklaverei verkaufte. Sie verbreiteten in der Unterwelt Angst und Schrecken und obgleich der Kampf ihnen als aussichtslos erschien, blickten sie dem Tod furchtlos ins Gesicht. In einem brutalen Kampf wurden sie beinahe vollständig ausgelöscht, doch sie waren erfolgreich und vertrieben die Kriminellen aus diesem System. Voller Stolz nannten die Bewohner dieses Systems sie die Cabur - die Beschützer. Die Legenden besagen, dass sich der einzige Überlebende in einem geheimnisvollen, verlassenen Kloster niederließ und die Echani dieser Welt in der Philosphie und den Fähigkeiten der Cabur unterwies, die sich von dem mandalorianischen Clan hatten inspirieren lassen und nun Ungerechtigkeit bekämpfen wollten, wo immer sie sie fanden.".
Die übrigen Anhänger, die sich auf dem Balkon befanden, knieten respektvoll vor Rosh und Kharron nieder.
Kharrons Lächeln wurde bei dem Anblick noch größer und zeugte nachwievor von Stolz: "Sie verbeugen sich vor ihrem neuen Anführer... Rosh Ulic, wie ich zu meiner Zeit, hast du dich als der Stärkere und Würdigere erwiesen. Du bist bereit und kannst diese Männer anführen - sie werden dir bedingungslos auf dem Kreuzzug der Gerechtigkeit folgen.", nun kniete auch Kharron sich nieder und reichte dem Menschen respektvoll sein Vibroschwert als Geste der Beförderung, "Als Cabur werden wir diese Galaxis vor ihrem Untergang bewahren. Kein Lebewesen ist frei von Sünde und auch unsere Arbeit erfordert großes Leid, doch dieses notwendige Übel wird der erste Schritt auf dem Weg zur Heilung der Galaxis. Was sagt Ihr, Anführer der Cabur?".
Vorsichtig nahm Rosh das Schwert entgegen und blickte sich gerührt um. Sein Gesicht der Rührung wich einem der Entschlossenheit: "Wir werden dieses Kloster verlassen. Zu lange hat unsere Galaxis gelitten, es wird Zeit, dass sie jemand rettet.".
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Rundon Baal, ein schleimiger Neimoidianer, beaufsichtigte aufmerksam die armen Wesen, die in Zwangsarbeit in einer kaum beleuchteten Lagerhalle Kristalle in Chemikalien auflösten und zu Drogen weiter verarbeiteten. Chandrilas Wirtschaft hatte vor seiner Zerstörung auf den Abbau und Export hochwertiger Kristalle gebaut, jedoch hatte es damals nicht lange gedauert, bis die örtlichen Drogenkartelle Wege fanden, diese besonderen Kristalle in tödliche und doch teure Drogen umzuwandeln.
In seiner Zeit beim freiwilligen Sicherheitsdienst, war Rosh Ulic maßgeblich am Untergang besagter Kartelle beteiligt gewesen und hatte Rundon Baal höchstpersönlich verhaftet. Wenige Monate nach dem Ende der Schlacht um Chandrila wurde er jedoch mit der Hilfe einer mysteriösen Person befreit, die ihm die Mitarbeiter und Ressourcen beisteuerte, die er für den Wiederaufbau seines Kartells benötigte - tatsächlich konzentrierte die Regierung Chandrilas sich verstärkt auf den Wiederaufbau seiner Metropolen, sodass es nach dem Krieg besonders leicht war, an die sonst so wertvollen Kristalle zu kommen.
Der einzige Haken bei der ganzen Sache jedoch war, dass Baal zur Abgabe eines prozentual großen Teils seiner Einnahmen an seinen scheinbar mächtigen Befreier verpflichtet war, wer auch immer diese Person sein mochte. Konnte es sich womöglich um ein mächtiges Mitglied des Huttkartells oder dergleichen handeln? War es vielleicht ein simpler Politiker, der einen Einstieg in den intergalaktischen Drogenhandel wagen wollte und deshalb seine Identität geheim hielt?
Baal kümmerte sich nicht sonderlich um diese Fragen, er betrachtete diese zweite Chance lediglich als ein Sprungbrett, um außerhalb des Gefängnisses wieder Fuß zu fassen.
Die Lagerhalle befand sich in einem der verwüsteten Slums Hana Citys - ein Ort, in den die nun aufgeriebenen und beinahe machtlosen Sicherheitskräfte Chandrilas sich nicht hineinwagten. Die Sicherheit und Geheimhaltung der Drogenproduktion war also so gut wie geschenkt und unter solch risikofreien Umständen hatte Baal seine moralisch fragwürdige Karriere nie zuvor ausleben können.
"Wie kommt die Produktion voran, Mister Baal?", erschreckte den Neimoidianer auf der Aussichtsplattform die Stimme eines aus dem Dunkeln herantretenden Mannes.
"Wer zum Teufel ist da?!", schrie Baal und gab mit einem Handzeichen seinen Wachen den Befehl, ihre Blaster auf den Eindringling zu richten.
Die Wachen jedoch ignorierten zum Erstaunen des Neimoidianers ihren Befehl; die einzige logische Schlussfolgerung konnte also die Tatsache sein, dass es sich um die mysteriöse Person handelte, die die gesamte Drogenoperation ermöglicht und den großen Teil der Einnahmen entgegengenommen hatte.
Erst als der etwa fünfzigjährige Mann in seinem eleganten und teuren Anzug näher trat, erkannte er ihn: "Rosh.... Rosh Ulic?! Was zur Hölle wird hier gespielt? Ich... ich wurde von irgendjemandem aus dem Gefängnis ausgebrochen und dazu gezwungen, für ihn mehr Ware herzustellen, ich schwöre es!".
Rosh ignorierte das Gejammer des Neimoidianers, lief an ihm vorbei, stellte sich an das Geländer der Aussichtsplattform und beobachtete die Produktion im unteren Bereich der Halle.
"Keine Sorge, Rundon, ich bin diesmal nicht hier, um Sie zu verhaften.", versicherte Rosh ihm mit einem freundlichen Lächeln und wandte sich wieder der Produktion zu.
"Also sind Sie tatsächlich dieser Kerl, dem ich regelmäßig so viel Geld gebe?", stellte Baal fest, "Wie rutscht ein Captain der freiwilligen Sicherheitskräfte und Kriegsheld Chandrilas denn in dieses Milieu herab?".
Rosh drehte sich um und vernichtete mit seinem ernsten Gesichtsausdruck jeglichen Humor des Neimoidianers: "Ich bin hier, um meine Investition zu begutachten und nicht um meinen Lebenslauf zu diskutieren. Ich frage also ein weiteres Mal: Wie kommt die Produktion voran?".
Der Neimoidianer schluckte schwer: "Ähm, die Qualität UND Quantität unserer Ware haben sich im vergangenen Monat verdoppelt. Die Fertigstellung dieser Ladung steht kurz bevor und wird noch am heutigen Abend in sieben Systeme verschifft.".
"Ausgezeichnet!", entgegnete Rosh, nun wieder mit einem zufriedenen und sympathischen Lächeln.
Im selben Moment spürte Baal, wie sich ein Schwert durch seinen Magen bohrte, gedreht wurde und seinen Körper eine Sekunde später wieder verließ. Baal drehte sich kurz schockiert um, erblickte einen Echani und wandte sich mit ungläubigem Blick wieder Rosh zu.
"Sie haben gute Arbeit geleistet, wenn auch mit anderer Absicht als jene, für die wir sie genutzt haben.", erklärte der zufriedene Rosh Ulic, "Ihre Dienste werden nicht länger benötigt.".
Einen kurzen Moment später fiel der erstochene Drogenbaron tot zu Boden.
Kharron wusch mit einem Taschentuch das grüne Blut von seiner Klinge und fuhr das Vibroschwert zurück in seine Scheide: "Nach dieser letzten Lieferung werden wir die Zwangsarbeiter entlassen und das Lagerhaus verbrennen. Es wird keine Beweise geben, die auf die Cabur zurückzuführen sind. Dies wird offiziell Rundon Baals Drogenoperation bleiben.".
"Gut!", antwortete Rosh nachdenklich, "Noch ist es zu früh als dass wir uns der Öffentlichkeit zu erkennen geben können. Dies war ein notwendiges Übel, doch es hat uns ein erhebliches Startkapital in die Hände gespielt. Schon bald werde ich die Banken Aargaus kontrollieren - dies wird der Zeitpunkt an dem wir zuschlagen, beginnend mit Rendili V.".
Kharron verbeugte sich respektvoll vor seinem Meister und setzte seine Männer in Bewegung.
Rosh wiederum lief hinüber zu einem geöffneten Fenster und betrachtete die sich im Wiederaufbau befindende Skyline Hana Citys, sowie die zahlreichen Kräne. Die am Horizont aufgehende Sonne warf einen goldenen Schimmer auf die neu errichteten Wolkenkratzer. Speeder zischten durch die Luft und das Leben kehrte allmählich in die verwüstete Stadt zurück.
"Keine Sorge, Bürger der Galaxis, die Cabur kommen.", flüsterte er und lächelte einen kurzen Moment für sich, "Die Cabur kommen."