Abschied nehmen - aber wie?

Callista Ming

pösäs Kätzchen
Hi ihrs,

das Thema mag etwas merkwüdig anmuten, aber ich wollte euch mal fragen, wie ihr Abschied nehmt. Oder wie man Abschied nehmen sollte. Nicht von Leuten/Freunden die jetzt nach hause fahren und die ihr für die nächsten Monate nicht seht, nein ich meine, entgültige Abschiede. Wenn ihr z.B. wisst, dass eine geliebte Person schwer krank ist und ihr jederzeit damit rechnen müsst, das der Abschied der letzte war.
Wie würdet ihr euch verhalten? Was würdet ihr sagen? Was würdet ihr tun? Würdet ihr euch überhaupt etwas anmerken lassen? Oder würdet ihr in normal verabschieden, in dem Glauben, das ihr ihn dennoch wiederseht?

Calli
 
Das ist eine sehr interessesante Frage, die mich arg beschäftigt, da ich in eine Familie eingeheiratet habe, in der sich mein persönliches Umfeld aus lauter Menschen zusammen setzt, die auf Grund ihres fortgeschrittenen Alters schon mit einem Bein im Grabe stehen.

Das Thema "Sterben" ist damit allgegenwärtig und auch die Frage des Abschiednehmens. Selbige Frage stelle ich mir aber auch im Umgang mit Menschen immer wieder, die von schwerer Krankheit gezeichnet sind, der Tod nur noch eine Frage der Zeit ist.

Kluge Antworten habe ich dafür keine parat. Ich versuche aber so gut es geht, meinen Schmerz und meine Trauer zu verbergen. Kürzlich habe ich einer schwer krebskranken Frau, die ich neu kennengelernt habe offen und erhlich ins Gesicht gesagt, dass es mir eine grosse Ehre war, sie kennen gelernt zu haben. Die Frau hat sich bedankt und gemeint, dass es für sie sehr tröstlich ist, offen mit mir über den Tod reden zu können, weil alle anderen dieses Thema meiden würden.

Es kommt also immer darauf an, mit wem man sich unterhält. Man muss abwägen, viewiel Offenheit der Sterbende verträgt. Sterben müssen wir ja alle einmal, daran führt kein Weg vorbei. Man muss es niemandem auf die nase binden, aber auch nicht verbergen. Man muss ein gutes Gespür für die passenden Worte entwickeln.

Mein Typ. Möglichst viel Zeit mit den Menschen verbringen, die auf der Schwelle des Todes stehen, und darüber sprechen, was wichtig und interessant ist. Irgendwann ist es zu spät und dann ärgert man sich darüber, dass man dies und dann nicht doch mit einander besprochen hat. Wichtig ist, dies Würde des Sterbenden waren, indem man ihm möglischst dirket begegnet, Trost spendet aber nichts beschönigt.

Ich versuche dem Sterbenden zu vermitteln, dass ich ihn gerne habe und die Zeit schätze, die mir zusammen mit ihm noch bleibt. Und ich versuche ihm zu vermitteln, dass, wo immer seine Reise hinführt, er in meiner Erinnerung seinen festen Platz haben wird. Und, dass ich stolz darauf bin, ihn getroffen zu haben. Mitleid spare ich mir für andere auf.

Gruss, Bea
 
Ich glaube, das kommt ganz auf die Person an. Aber in erster Linie würde ich zuhören, was mir die Person noch zu sagen hat. Vorallem ältere Menschen wollen noch einiges loswerden, bevor sie gehen müssen. Das tut wohl gut. Ich meine das nicht im Sinne von Lebensbeichte.
Verabschieden würde ich mich eigentlich normal. Für den Sterbenden ist es eh schon schwer genug.
Wenn es nicht um einen Sterbenden geht, sondern um jemanden, der auswandert oder so, dann wird sich mit einem gemütlichen Abend verabschiedet. Denn man sieht sich immer zweimal im Leben.
Generell gesagt kommt es für mich aber auf die Person und die Situation an.

Edit: Sehr guter Standpunkt, Bea! :)
In solchen Situationen wie du war ich noch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Perios:

Ich meinte eben nicht, verabschieden von freunden, weil in unserer heutigen Zeit wäre es kein Abschied für immer, da wir Internet, Brief und Telefon haben.

Ich rede wirklich vom Sterben. Und wenn man als Außenstehender nur merkt und hört, dass die Lebenslichter langsam verglimmen, derjenige selber aber zu stur ist, um sich helfen zu lassen, es einfach ignoriert, kann man auch nicht reden darüber, selbst wenn man es gerne wollte. Es ist eine verfahrenen Kisten. Und ehrlich gesagt, habe ich gestern auf der Silberhochzeit meiner Eltern, sehr schwer deswegen gelitten. es war vielleicht das letzte mal. Und ihn da so zu sehen, an einemTag, wo es ihm wirklich mal wieder gut ging. ... es tut verdammt weh ^^ .....
 
Nein mein Großvater. Aber im endeffekt spielt das wenig eine Rolle, ob nun Vater oder Opa. Es tut gleichermaßen weh, wenn man die Person sieht.
 
Das Problem ist, dass es zwei Seiten zu berücksichtigen gibt. Einmal diejenige, wie man selber mit der Situation umgeht, zum anderen, wie das Gegenüber auf die Umstände reagiert. Ich kenne viele Verstorbene, denen es sehr peinlich gewesen ist, ihr Umfeld mit der eigenen Leidesgeschichte in Mitleidenschaft zu ziehen. Andere sind sehr froh und dankbar dafür gewesen, dass sie in ihren letzten Tagen nicht alleine gewesen sind und man sich sehr liebevoll um sie gekümmert hat. Ich habe aber auch schon Menschen erlebt, die sich in ihrem Todeskampf von der Welt abgeschottet haben, die nicht wollten, dass man an ihrem Schicksal Anteil nimmt, weil sie niemanden mit ihren Sorgen und Ängsten belasten wollten.

Um dir da einen gescheiten Rat geben zu können, müsste man wissen, zu welcher Kategorie dein Grossvater zählt und wie du zu ihm stehst.

Wie auch immer, ich fühle mit dir und wünsche dir auf diesem Weg viel kraft und gutes Gelingen.

Gruss, Bea
 
Bei meiner Oma war das so. Wir wussten das sie bald stirbt und sie wusste ebenfalls das sie bald stirbt. Wir waren eben immer bei ihr egal wann , ich habe nächtelang bei ihr übernachtet und war immer für sie da. Genauso wie der Rest der Family. Irgendwann ging es ihr so schlecht das sie Morphium bekam. Wir wussten das sie nicht mehr lange leben würde und waren diesen Abend alle bei ihr. Genau da ist sie auch gestorben bei sich zu Hause wo wir alle dabei waren. Eininge von uns Kindern waren dann noch bei ihr drinne als sie schon tot war und haben mit ihr geredet. Es hat mir so sehr geholfen das ich bei ihr war , als sie gestorben ist. Auch wenn jetzt niemand diese Lücke füllen kann die sie hinterlassen hat. Ich weiss auch nicht ob es einfacher ist über den tot eines geliebten Menschen hinweg zukommen wenn man es weiss das diese Person stirbt oder wenn diese Person ganz plötzlich stirbt.
 
@Calli: ich war im letzten halben jahr gleich zweimal in (scheinbar) derselben situation wie du.
meine großväter waren beide schwer krank, einen habe ich im dezember ( kurz vor weihnachten also) und einen kurz vor ostern verloren. ich hatte bis zum schluss noch irgendwie hoffnung, dass doch nochmal alles gut gehen würde,aber irgendwo hab ich auch gewusst , dass es nicht so sein sollte. Ich habe versucht mir nichts anmerken zu lassen.
klar war ich ganz besonders lieb und freundlich,aber ich wollte es einfach nie wirklich wahrhaben auch wenn ich jedesmal mit dem gedanken ging " vielleicht war es heute das letzte mal...."

Dir wünsche ich jedenfalls ganz viel kraft und stärke für die zukunft , ich weiß zwar nicht genau um was es geht, aber trotzdem....
 
Also ich bin im Moment auch grade in einer ziemlich schwierigen Situation. War vor ca. drei Wochen mit meinen Gr0ßeltern in der Stadt einkaufen (wohnen ca. 10Km von Nbg weg). Am Anfang war noch alles normal, doch als wir wieder nach Hause fahren wollten (ich bin gefahren) sagte mein Opa plötzlich das es ihm nicht gut geht. Was bei ihm so viel bedeutet wie: Herzprobleme. Klingt zwar blöd, war aber für uns schon ziemlich normal, denn er hatte ca. schon 5 Herzinfarkte und 3 Beipässe, ungelogen. Doch diesesmal war es besonders schlimm. Also durch die halbe Stadt und wieder zu unserem Kaff, zum Hausdoktor und bis dahin war noch alles Ok. Ich hab das Auto weggebracht und meine Oma hat ihn ins Behandlungszimmer geführt. Dann ist er einfach umgefallen und war eigentlich schon weg. Der Doc hat ihn dann wiederbelebt und seit dem liegt er im Krankenhaus imi Wachkoma. Seit drei Wochen ist sein Zustand kritisch und seit drei Wochen kann man jeden Tag damit rechnen das er sterben wird. So, nun zu der Sache mit dem verabschieden:

Da ich ihn ja trotzdem weiterhin besuchen kommen auf der Intensivstation, rede ich ganz normal mit ihm. Die Ärzte und Schwestern meinen das er das merkt, vor allem durch den niedriger werdenden Puls. Doch jedes mal wenn ich gehe, verabschiede ich mich auch ganz normal von ihm. Ich denke auch wenn er am nächsten Tag sterben sollte, so hab ich ihn noch einmal gesehen und muss mir so keine Vorwürfe machen. Natürlich hab ich immer noch die Hoffnung das dass nochmal besser wird. Aber wenn man mit 81 jahren nicht sterben darf/kann wann denn dann?
 
Mein Großvater, er ist dieser mensch:

Ihm geht es schlecht, sehr schlecht (Parkinson, Bauchnabelbruch, OP nicht möglich, Füße kaputt, starke Rückenschmerzen, er kann kaum noch laufen). Aber er versucht sich es nicht nicht anmerken zu lassen,. Er ist stur ohne ende. Außer meiner Oma gegenüber, sie darf ihm helfen, ihn bevormunden sozusagen, denn das braucht er.
Auf der Silberhochzeit, hatte er mal einen guten tag. Er wirkt als wäre er ein junger Mann der eine feier feiert ^^ Aber vieles war auch..gestellt, damit wir das Gefühl haben, ihm geht es gut. Oder das er sich selbst das Gefühl geben konnte, das es ihm gut geht. Aber die realtität sieht leider anders aus.
Meine Tante meinte, man müsse jeden Tag damit rechnen, das er stirbt, genauso gut, könnte er aber auch noch ein jahr leben.

Aber es war ein niederschmetterndes Gefühl, ihn gestern auf der Tanzfläche mit meiner Oma zu sehen. Er liebt das Tanzen... er hat getanzt, obwohl es fast nicht mehr geht. Und ich hab einfach zugesehen und versucht mir dieses Bild einzuprägen und es zu bewahren. Denn er wirkte sehr lebenslustig ... aber jetzt bin ich einfach nur... ängstlich, traurig .. es is schwe rzu definieren. Ich weiß, dass ich ihn verliere und nichts machen zu können. Aber irgendwann, muss jeder ja mal sterben. Aber deswegen macht es das ganze nicht besser...oder lässt es fairer erscheinen ....
 
sry, aber das is mir zu persönlich... vor allem da ich gerade erst entgültig abschied nehmen musste...
-no comment-
 
Callista Ming schrieb:
Mein Großvater, er ist dieser mensch:
Aber es war ein niederschmetterndes Gefühl, ihn gestern auf der Tanzfläche mit meiner Oma zu sehen. Er liebt das Tanzen... er hat getanzt, obwohl es fast nicht mehr geht. Und ich hab einfach zugesehen und versucht mir dieses Bild einzuprägen und es zu bewahren. Denn er wirkte sehr lebenslustig ... aber jetzt bin ich einfach nur... ängstlich, traurig .. es is schwe rzu definieren. Ich weiß, dass ich ihn verliere und nichts machen zu können. Aber irgendwann, muss jeder ja mal sterben. Aber deswegen macht es das ganze nicht besser...oder lässt es fairer erscheinen ....

Gut möglich, dass dieses Erlebnis als Aufforderung dazu verstehen werden soll, den Grossvater als tanzenden, lebenslustigen Menschen in Erinnerung zu behalten. Das würde Sinn machen. Der Grossvater möchte nicht an seinen krankheiten/Schmerzen gemessen werden, sondern an den Dingen, die ihm im Leben am meisten Freude gemacht haben. Ich kann das jetzt nur wage beurteilen. Stünde ich in der selben Position wie der Grosvater, würde ich auch versuchen mich als lebensbejahenden, fröhlichen Mitmenschen im Gedächtnis meines Umfeldes einzuprägen. Quasi nach dem Motto: "Schaut her, liebe Leute! Mir geht es zwar schlecht, mir tut alles weh. Hey, aber es ist soll mit euch zu feiern. Lasst uns fröhlich sein und tanzen und den ganzen Schmerz vergessen.

Es ist verständlich, dass einem diese Fröhlichkeit gespielt vor kommt. Aber ganz erhlich, wer möchte einen Menschen in Erinnerung behalten, der nur über seine Schmerzen und seine vielen Pillen klagt, die er täglich einnehmen muss. Der Grossvater weiss vielleicht darum um möchte, dass seine Kinder und Enkel ihn totz aller Leiden noch als vitalen Mann sehen. Nur, ist das sehr schwer zu vermitteln. Als Zeuge und Wegbegleiter der letzten Tage weiss man ja, dass dieser Eindruck nicht stimmt. Das macht einem Angst. Eben weil das Ende nah und unabdingbar ist. Da kommt dann wahrscheinlich auch nach das quälende Gefühl der Hilflosigkeit dazu. Nichts desto trotz ist diesem Mann wahrscheinlich am besten geholfen, wen man die Freude mit ihm teilt, die er dazu verprühen versucht und sich die eigene Angst nicht anmerken lässt. Oder halt darüber spricht, wenn man diesbezüglich offen sein darf.

Gruss, Bea
 
Tja, es ist auf jedenfall eine schwierige Situation, wobei ich glaub', dass du dem Menschen die größte Freude machst, wenn du ihn ganz 'normal' (klingt jetzt irgendwie abgedroschen) behandelst. Nicht irgendwie über-fürsorglich auf einmal oder sowas. ich glaub, dann würde ich auch komplexe Bekommen, wenn ich in dieser Situation wär'.
Mir ist es ebenfalls passiert, mein Großvater hatte Darmkrebs, der operiert worden ist, dann aber sich noch restzysten im Körper befanden, die weitergemacht haben. Am Ende hatte er auch Leberkrebs, und das war dann auch kein schöner Anblick mehr, denn er wurde immer dürrer und gelber...:(..
Naja, ist nun auch schon länger her (5 Jahre). Für meine Mutter war das damals sehr schlimm, und ich war auch 'schockiert'. Denn mein Opa war ein großer, stattlicher Mann, zu dem man immer aufschauen konnte (nicht nur weil ich damals kleiner war:)), und dann sieht man an ihm, wie ein Mensch 'zerfallen' kann. Keine schöne Sache...
 
Das einzige Mal, wo ich wußte, daß jemand mehr oder weniger für immer abhaut, habe ich mich ganz normal verabschiedet und innerlich doch etwas gehofft, daß ich die Person mal wiedersehe.

Bei einigen anderen Leuten wußte ich nicht, daß es ein Abschied für immer sein würde und habe deswegen nur "normal" Adieu gesagt... :-/

Ich wüßte aber auch nicht, was man da groß anders machen könnte... *shrug*
 
Gute Frage, an der ich auch seit einiger Zeit herumgrübel, und das aus gutem Grund, aber, ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Einerseits ist es mir wichtig, mich persönlich zu verabschieden, und vor allem, soviel Zeit wie möglich noch mit ihm zu verbringen.
Und andererseits ist dann die Angst da, dass es dann noch schlimmer wird, dass die Trauer nachher dann noch schlimmer ist .. es is halt saublöd.
 
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