Adumar

[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | Halftrack] Chett Nectu (Wolf 9) allein.

Der Sturm schien nachzulassen. Das galt jedoch nicht für den Schneefall. Immer mehr der weißen Pracht sammelte sich auf der Straße an und bildete hohe Wehen, die teilweise die Markierungen verschluckten. Chett Nectu konnte in manchen Augenblicken gar nicht so genau sagen, ob er sich noch auf der Fahrbahn befand. Mittlerweile hatte er herausgefunden, wie man zwischen verschiedenen Scheinwerfereinstellungen herumschaltete, aber jede von ihnen führte zu dem selben Ergebnis: Alles Licht wurde sofort von dem Schnee verstreut, die Sicht reichte keine dreißig Meter weit. Aber der Halftrack war zum Glück extrem geländegängig. Bisher wühlte er sich durch oder über jedes Hindernis, egal ob es sich um Schnee und Eis oder das Gebüsch am Fahrbahnrand handelte, wenn Chett wieder einmal von der Straße abkam. Nach und nach gewöhnte er sich allerdings an das Fahrzeug. Es war recht leicht zu bedienen, verglichen mit den Maschinen, die er sonst steuerte. Die einzigen Mankos waren die geringe Geschwindigkeit und die mangelnde Flugfähigkeit, durch die seine Optionen, wohin er sich wenden wollte, stark eingeschränkt wurden. Seit er den Wagen erbeutet und dessen toten Vorbesitzer zurückgelassen hatte, folgte er dem Verlauf der Straße, ohne Anzeichen für eine Siedlung oder dergleichen zu finden. Auch eine Kreuzung oder Abzweigung hatte er nicht gesehen (was nicht bedeuten musste, dass es keine gab; er hatte sie vielleicht nur übersehen). Das Navigationsgerät ließ zu wünschen übrig, vermutlich weil Satelliten zum Opfer des Angriffs geworden waren, und das Kommunikationsgerät wagte er nicht zu benutzen. Die Wahrscheinlichkeit, dadurch Verfolger an seine Position zu führen, war größer als die, Verbündete zu erreichen. Er konnte nur raten, in welcher Richtung er unterwegs war, und hoffte, dass die Straße ihn irgendwohin brachte, von wo aus er Kontakt zu seinen Leuten herstellen oder wo er sich verstecken konnte.

Dann sah er im blendenden Weiß des Schneegestöbers plötzlich etwas Großes, Dunkles aufragen, bei dem es sich nicht wieder um eine Felswand oder Vegetation handelte. Die Struktur war zu symmetrisch dafür. Es musste sich um ein Gebäude handeln. Zu erkennen war jedoch nicht vielmehr als ein Parkplatz, auf dem wenige Fahrzeuge standen. Sie sahen nicht militärisch aus. Erst als er näher kam, erkannte Chett, worum es sich handeln musste: Einen Rastplatz. Er hatte kein Interesse daran, hier zu halten. Je schneller er vorbei war, umso besser. Also beschleunigte er, um schnell wieder außer Sichtweite zu sein, bevor jemand auf ihn aufmerksam wurde und bemerkte, dass der Fahrer dieses Fahrzeugs eine dunkle Pilotenmontur des Imperiums trug. Doch er war kaum an der Einfahrt zum Parkplatz vorüber, als er abrupt bremsen musste. Vor ihm stand ein anderes Fahrzeug quer über der Fahrbahn. Es war ungefähr so groß wie das, in dem er saß, hatte aber eine andere Form und lief nicht auf Ketten, sondern offenbar auf Repulsorkissen, die aber deaktiviert waren. Es bildete eine komplette Straßensperre, die er nicht umfahren konnte. Als er anhielt, öffnete sich die Tür und jemand stieg aus. Zu seinem Schrecken erkannte er eine Uniform, auch wenn er nicht wusste, zu welcher Organisation sie gehörte. Es handelte sich um eine Frau mittleren Alters, die auf seinen Wagen zuging. Eine Waffe hatte sie nicht gezogen. Stattdessen rief sie:


»Alle Straßen nach Cartann City sind gesperrt, wegen der Invasion. Sie müssen...«

Da erkannte die mutmaßliche Polizistin, dass eine Blastermündung auf sie gerichtet war. Für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als wollte sie ebenfalls nach der Waffe an ihrem Gürtelholster greifen, aber dann hob sie stattdessen die Hände. Mit vorgereckter Pistole und ohne den Blick von ihr abzuwenden stieg Chett aus dem Auto aus. Den Helm ließ er neben sich auf dem Beifahrersitz liegen. Er hatte dummerweise keine Zeit mehr gehabt, ihn aufzusetzen. Nun hatte also eine uniformierte Adumari sein Gesicht gesehen. Er hatte keine Wahl, als sie ebenfalls zu töten; schlimmer machen konnte er seine Lage ohnehin nicht mehr. Aber zuvor brauchte er Informationen, denn so weitermachen wie bisher konnte er dank der Straßensperrung ja nicht. Seine Hoffnung, einfach unbehelligt durchzukommen, bis er auf befreundete Einheiten stieß, hatte sich zerschlagen.

»Schön ruhig bleiben!«, forderte er. Er zog der Polizistin die Pistole aus dem Holster. Offenbar eine Strahlenwaffe, das Fabrikat war ihm aber unbekannt. Er steckte sie in seinen Gürtel. »Sind Sie allein unterwegs? ...Reden Sie!«

Die Frau machte einen verunsicherten, aber nicht verzweifelten Eindruck. Nach kurzem Zögern antwortete sie widerwillig:

»Mein Kollege ist drüben im Rasthof.«

»Wie viele Leute sind da noch?«


Wieder zögerte sie für sein Empfinden zu lange. Sein Finger wurde langsam nervös auf dem Abzug.

»Fünf oder sechs, glaube ich. Was haben Sie vor?«

»Ich stelle die Fragen!« fuhr Chett sie an. »Wie weit ist es bis zur Hauptstadt und was wissen Sie über den Frontverlauf?«

»Den Frontverlauf? Überhaupt nichts!« Diesmal kam die Antwort schneller. »Wir erfahren hier oben gar nichts. Überall herrscht Chaos. Aber bis zur Stadt sind's ungefähr fünfunddreißig Kilometer.«

Glücklicherweise benutzte sie eine Maßeinheit, die Chett geläufig war, sonst hätte ihm ihre Auskunft überhaupt nichts genützt. Fünfunddreißig Kilometer, das war noch eine weite Strecke. Er würde bei den aktuellen Straßenverhältnissen lange brauchen, um sie zurückzulegen, egal ob mit dem Halftrack oder dem Repulsorfahrzeug. Leider hatte er diese Zeit nicht, denn schon bald würden ihm Verfolger an den Fersen heften. Man hatte ihn gesehen. Selbst wenn er die Polizistin tötete, war er vor Verfolgung nicht sicher. Man würde sie finden oder ihr Verschwinden bemerken. Es sei denn, er tötete jede Person im Rasthof. Fünf oder sechs Leute, davon war mindestens einer bewaffnet. Keine guten Karten. Doch wenn er schnell handelte, hatte er die Überraschung auf seiner Seite. Außerdem hatte er die Beamte als Geisel und lebenden Schutzschild. Vielleicht war es auch gar nicht nötig, die Leute alle umzubringen. Das würde er dann merken, wenn es soweit war.

»Wir gehen nach drinnen. Sie gehen voran. Machen Sie keine Dummheiten, dann wird niemandem was passieren!«

Daran glaubte Nectu selbst nicht. Ob die Frau ihm glaubte, wusste er nicht. Aber sie fügte sich, zumindest zum Schein. Sie stapfte über den Parkplatz und auf den Eingang des Gebäudes zu. Die Fenster waren mit Läden verschlossen, also sah sie wahrscheinlich niemand, bevor sie hinein gingen. Die Polizistin öffnete die Tür und Chett, der unter mächtig viel Adrenalin stand, überblickte rasch die Situation. Der kleine Gastraum beinhaltete eine Theke sowie mehrere quadratische Tische mit gepolsterten Bänken darum. An zwei Tischen saßen Personen: An einem zwei stämmige Männer, deren Kleidung der des Mannes ähnelte, dem der Halftrack gehört hatte; an einem anderen eine dreiköpfige Familie. Am Tresen lehnte der Kollege der Polizistin, unschwer an seiner Uniform zu erkennen. Er unterhielt sich mit einer schwarzhaarigen Frau, die gerade seinen Becher nachfüllte. Sie bemerkte die Ankömmlinge als erste, es dauerte aber einen Moment, bis sie die Situation erkannte und ihre Augen sich vor Schreck weiteten.

»Hände hoch und alle auf den Boden legen!« befahl Chett in Actionfilm-Manier. »Die Waffe weg!«

Doch der Polizist reagierte weniger besonnen als seine Kollegin. Er drehte sich ruckartig um, duckte sich und griff dabei nach seiner Waffe. Der Pilot hatte ihn von Anfang an als die größte Bedrohung angesehen und deshalb auf ihn gezielt. Er brauchte nur abzudrücken, schon stürzte der Uniformierte mit dem Gesicht nach unten auf die bunten Fliesen des Fußbodens, wo er liegen blieb und sich vor Schmerzen krümmte. Ein vielstimmiger Schrei erscholl ringsum, das Kind begann augenblicklich hysterisch zu weinen.

»Ruhe!« befahl Nectu. »Ruhe, hab' ich gesagt! Alle da rüber, und stellen Sie das Kind ruhig!«

Die beiden Männer und die Familie folgten seiner Anweisung und zogen sich in eine Ecke des Raumes zurück, in der es weder einen Ausgang noch Fenster gab. Auch schien dort nichts zu sein, was als Waffe missbraucht werden konnte. Die schwarzhaarige Bedienung allerdings kniete neben dem verwundeten Beamten nieder, sie schien ihm helfen zu wollen.

»Wollen Sie jetzt etwa die Heldin spielen?« fragte Chett und richtete die Waffe nun auf sie. Mit Tränen der Wut in ihren Augen stand sie auf und ging hinüber zu den anderen.

›Na toll. Und was jetzt?‹ fragte sich der Yaga-Minoer. Er war Herr der Lage, wusste aber noch nicht, was er mit dieser Macht anfangen wollte. Er musste sich schnell entscheiden, denn das hier war keine Situation, für die er ausgebildet war. Er fühlte sich fehl am Platz und fürchtete, dass ihm die Kontrolle rasch entgleiten könnte.


[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | Rastplatz] Chett Nectu (Wolf 9) mit acht Geiseln
 
[ Adumar-System| Adumar | Cartaan-City | Strandufer | Samin & Fremdling (Tessa)]

Hörte Samin da gerade richtig? Die imperiale Offizierin hatte sich dieser Person mit gezogener Waffe in den Weg gestellt, doch diese zauderte nicht einmal. Ihre Augen waren nicht geweitet vor Angst oder Schrecken, nein sie lächelte. Und selbst damit nicht genug, ihre Antwort auf Samins Worte hätte trotziger kaum sein können. Dr. Tesara, wie sie sich selbst nannte, war tatsächlich so mutig - oder dumm - sie zu provozieren. Ob ihr Titel und der Name dabei der Wahrheit entsprachen, stand zunächst nicht zur Debatte. Das konnte Samin zu diesem Zeitpunkt nicht beurteilen und im Grunde war derzeit auch nicht wichtig für sie. Wichtig war, dass die Pilotin einen Blaster auf die Brust dieser Person gerichtet hatte und daher eindeutig das Heft in der Hand hielt.

Die Lieutenant, die sich zum ersten Mal in einer solchen Situation befand, war jedoch sichtlich überfordert. Ihr Mund klappte mehrmals auf und zu, in dem Versuch etwas zu sagen, doch die richtigen Worte wollten nicht über ihre Zunge kommen. Sie sollte sich vorstellen? Offensichtlicher als in der berüchtigten schwarzen Kampffliegermontur des Imperiums hätte Samin sich doch gar nicht präsentieren können. Was wollte sie? Ihre Dienstnummer? War diese Frau eigentlich noch bei Sinnen?

Die anfängliche Überraschung seitens der Chiss schlug schnell in Ärger und Wut um. Am liebsten hätte sie diese Dr. Tesara gepackt, zu Boden geworfen und die Mündung der Waffe auf die Stirn gedrückt, um ihr zu zeigen, dass sie keine Spielchen spielte, doch ein so harter Kath-Hund war sie nicht. Zumindest nicht mit festem Boden unter den Füßen. In der Luft, die Hand am Abzug und eine Kugel aus Metall um sich herum, konnte sie ihre Coolness zeigen. Hier jedoch befand sie sich völlig außerhalb ihrer Komfort-Zone.


„Was?“, stammelte sie perplex und sah nach links und rechts, in der Hoffnung, dass inzwischen jemand aufgetaucht war, der die Lage im Griff haben würde und ihr diese Herausforderung abnahm. Doch natürlich war da niemand. Samin musste das hier alleine regeln. Spontan entschied sie sich, nicht auf die Provokationen der rothaarigen Frau einzugehen. Sie war nicht in der Position irgendwelche Forderungen oder Fragen stellen zu können, dieses Recht war buchstäblich der Frau vorbehalten, die den Finger am Abzug hielt.

„Ruhe jetzt!“, fuhr Samin sie aggressiv an, machte einen Schritt auf sie und wedelte mit dem Blaster in ihrer Hand. „Antworten Sie nur auf meine Fragen und halten sie ansonsten ihren verdammten Mund!“

Sie merkte selbst nicht einmal, dass ihre Stimme eine für die Ohren unangenehme Höhe angenommen hatte. Manche hätten es durchaus ‚Kreischen‘ genannt, sie selbst wollte sich nur Luft machen und ihren Standpunkt verdeutlichen.

„Und was genau ist ihre Arbeit hier? He?“, sie deutete auf den Flugschreiber in ihren Händen, „Was machen sie damit?“

Sie verkürzte den Abstand zwischen sich und Dr. Tesara um einen weiteren Schritt.

„Sagen Sie schon, und Sie haben besser eine gute Antwort, warum Ihre Arbeit nichts mit ‚der militärischen Auseinandersetzung‘ zu tun hat. So wie ich das sehe, würde mir nur eine Gruppe einfallen, die sich schon während einer Schlacht auf einen Haufen Schrott wirft und dabei nichts Böses im Schilde führt.“

Abfällig deutete sie auf die adrette Kleidung des Teil-Cyborgs.

„Und wie eine Schrottsammlerin sehen sie mir nicht gerade aus, oder Doktor?“

Mit einem hatte Tesara jedoch Recht. Wie sollte es weitergehen? Wenn Samin ehrlich war, hatte sie keine Ahnung. Die Chiss konnte sie nicht einfach gehen lassen. Aber sie gefangen nehmen? Sie war sich ja noch nicht einmal sicher, wen oder was sie hier vor sich hatte. Sie sah vielleicht nicht aus wie eine Schrottsammlerin, aber selbst eine tüchtige Geschäftsfrau würde bestimmt eine gute Menge Credits für diese Box eintreiben können. Zwar war Samin sich auch in dieser Sache nicht sicher, doch inzwischen ging sie schwer davon aus, dass dieser Flugschreiber zu einer dieser neuartigen und übermächtigen Maschinen gehörte, die sie über dem Meer abgeschossen hatten. Nicht zuletzt, gerade weil Dr. Tesara sich so sehr dagegen zu wehren schien, ihr einfach die Wahrheit zu sagen.

Nachdenklich betrachtete sie einige Sekunden das Gesicht ihres Gegenübers und sagte nichts. Ihr fiel derzeit jedenfalls nichts anderes ein, als diese Frau mit zu ihrem Jäger zu nehmen und dort zu warten bis sie jemand abholen würde.

„Sie gehen vor. Langsam. In diese Richtung“, sie deutete mit ihrer freien Hand in Richtung ihres TIE-Defenders, ehe sie sich mit weiterhin gezogener Waffe hinter ihrem Rücken platzierte. „Währenddessen können Sie mir immer noch antworten.“

Als Samin sich umdrehte, konnte sie wieder den großen Acclamator sehen, der sich immer tiefer in die Atmosphäre bohrte. Eine ganze Batterie an Luftabwehr, die offensichtlich immer noch intakt war, hatte sich inzwischen von dem vereinzelten Streufeuer auf die TIEs über der Stadt abgewandt und konzentrierte sich stattdessen gemeinsam auf dieses Landungsschiff. Nur schwer konnte die Lieutenant den Blick von dieser Szenerie zurück auf den Rücken der Frau lenken, die sie nun vor sich her trieb. Einen genauen Plan für die nächsten Schritte hatte sie immer noch nicht, doch wenn nötig, würde sie zusammen mit Dr. Tesara an ihrem Jäger warten, bis ein Landungsboot und ein paar Soldaten aufkreuzen würden um sie einzusammeln. Und dann würde sie sie einfach mitnehmen.

[ Adumar-System| Adumar | Cartaan-City | Strandufer | Samin & Dr. Tessa Tesara ]
 
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | Rastplatz] Chett Nectu (Wolf 9) mit acht Geiseln

Chett Nectu kam zu dem Schluss, dass es die richtige Entscheidung gewesen war, in das Gasthaus zu gehen. Denn hier fand er etwas, das ihm unglaublich wertvoll erschien: Einen Computer mit Zugang zum lokalen Datennetz. Er gehörte zum Kassensystem des kleinen Restaurants. Von diesem Gerät erhoffte er sich Informationen darüber, wie die Dinge aktuell standen: Wie die Schlacht verlief, wo er sich genau befand und wohin er wie weit fahren musste, um auf befreundete Einheiten zu stoßen. Bestimmt hatte der Computer auch eine Funktion um Nachrichten zu versenden, aber davon nahm er Abstand: Selbst wenn es möglich wäre, Kontakt zur Flotte herzustellen, war ihm die Gefahr zu groß, dadurch von örtlichen Sicherheitsbehörden aufgespürt zu werden. Darauf wollte er es nicht ankommen lassen. Es war seine erste Geiselnahme und schon jetzt fühlte er sich von der Situation überfordert; eine lange Belagerung in dem Rasthof würde er wohl nicht durchhalten. Und da er einen Bürger dieser Welt getötet und einen Polizisten niedergeschossen hatte, durfte er auch nicht auf Gnade rechnen. Eine ganze Menge Türen hatte er schon vor sich zugeschlagen, indem er sich und viele Unbeteiligte in diese prekäre Situation gebracht hatte; nur noch wenige blieben ihm offen. Seine Fahrt fortzusetzen, bis er die Front erreichte, schien ihm die attraktivste zu sein. Um aber sicherzustellen, dass er dabei nicht den Adumari in die Hände lief, sondern dem vorrückenden Imperium (an dessen Sieg er nicht zweifelte), brauchte er nähere Informationen.

Den Computer zu bedienen erwies sich allerdings als etwas schwieriger als gedacht. Die Grundprinzipien waren die gleichen wie bei den Systemen, die er kannte; aber die Symbolik war eine andere. Nicht jedes Bildchen machte ihm deutlich, welche Funktion dahinter steckte, und wenn er auf den Touchscreen drückte, passierte nicht unbedingt, was er erwartet hätte. Die kulturellen Unterschiede zu den Adumari, die schon lange unabhängig vom Imperium und seinen Normierungsbehörden lebten, machten sich bemerkbar. Erschwerend kam hinzu, dass er sich nicht voll auf den Bildschirm konzentrieren konnte: Er musste auch seine Gefangenen im Auge behalten. Die steckten zwar in einer Ecke des Raums, in dem sie seiner Meinung nach keinen Schaden anrichten konnten, weil es weder eine Fluchtmöglichkeit gab, noch etwas, das sie als Waffe oder zur Kontaktaufnahme mit der Außenwelt missbrauchen konnten; aber er traute dem Frieden nicht. Sie waren deutlich in der Überzahl. Und nun tuschelten sie miteinander...

»He, seid gefälligst still!« rief er.

Für einen Moment herrschte wieder Schweigen. Die Stille wurde nur vom Wimmern des Kindes und dem schmerzerfüllten Stöhnen des verwundeten Beamten gestört. Wieder bemühte er sich, in dem umfangreichen Netzwerk die Daten zu finden, die er brauchte. Immerhin hatte er nun einen Liveticker über den Verlauf der Schlacht gefunden. Allerdings beinhaltete der nur Infos, die für die Öffentlichkeit zugänglich waren, also keine Details darüber, wo Truppen stationiert waren oder welche Bewegungen sie durchführten. Immerhin zeichnete sich ab, dass das Imperium auf dem Vormarsch war. Eine Bodenoffensive hatte begonnen und zeigte Erfolge. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, bestimmte Regionen zu verlassen, falls sie die Möglichkeit hatte, oder Schutzräume aufzusuchen; wem auch das nicht möglich war, sollte unbedingt zuhause bleiben, um nicht in die Kämpfe zu geraten. Immerhin: Das Imperium schien zu gewinnen. Vielleicht würde es bald schon keine adumarische Staatsgewalt mehr geben, die ihn zur Rechenschaft ziehen konnte.

»Bitte... er stirbt! Lassen Sie mich helfen!«

Es war nicht die Polizistin, die den Mut gefasst hatte, ihn auf diese Weise anzusprechen, sondern die junge Kellnerin. Unter anderen Umständen hätte Chett vielleicht nicht umhin gekonnt, ihr für diesen tapferen Vorstoß Respekt zu zollen. Nun aber war er nur genervt und wütend darüber, dass seine Anweisungen nicht so kompromisslos befolgt wurden, wie er es sich wünschte.

»Ich hab' gesagt, Ruhe!«

Die junge Frau sah aus, als wollte sie widersprechen. Da er aber nach der Pistole griff, die er neben den Computer gelegt hatte, und wohl so aussah, als würde er sie auch benutzen, schwieg sie notgedrungen. Der Pilot ahnte aber, dass sie ihm noch Schwierigkeiten machen würde. Und ihm fiel keine gute Möglichkeit ein, Ihm schwammen die Felle davon. Die Angelegenheit musste beschleunigt werden.

»Du!« rief Chett und deutete auf den Familienvater. »Kennst du dich mit solchen Computern aus?«

Der Mann wechselte einen beunruhigten Blick mit seiner Frau, dann antwortete er:

»Ein wenig...«

»Gibt's sowas wie ein Navigationssystem, das mir sagt, wie ich von hier aus an einen bestimmten Ort komme?«

Offenbar erleichtert, dass Chett ihn nicht aufforderte, von seiner Familie wegzugehen und zu dem Gerät zu kommen, erklärte der Mann ihm, wie er ein entsprechendes Programm aufrief. Der Imperiale befolgte seine Anweisungen zögerlich, stets darüber nachdenkend, ob die nächste Aktion vielleicht etwas ganz anderes auslösen könnte, als beabsichtigt: Hilfe rufen zum Beispiel. Aber der Adumari schien eingeschüchtert genug zu sein, um nichts dergleichen zu versuchen. So gelangte der Pilot an Kartenmaterial der Region und konnte endlich einschätzen, wo er sich in befand. Die Polizistin hatte ihm die Wahrheit gesagt: Es waren ungefähr 35 Kilometer bis zur Hauptstadt. Allerdings nur bis zu den Vororten; Cartann City erstreckte sich über ein ziemlich großes Gebiet und man musste fast doppelt so weit fahren, um bis ins Zentrum zu gelangen. So richtig half ihm das nicht weiter, denn natürlich war in den Karten nicht verzeichnet, wo gerade gekämpft wurde und wo welche Seite die Oberhand hatte. Ein Profi-Hacker müsste man sein, dann käme man vielleicht auch an aktuelle Daten des Militärs heran...

»Er atmet nicht mehr!« rief die Kellnerin in hysterischem Tonfall.

Chetts Aufmerksamkeit wurde dadurch auf den Polizisten gelenkt. Von seiner Position hinter dem Tresen aus konnte er den Mann nicht sehen. Er ging also um den Schanktisch herum, um nachzusehen. Das war keine logische Entscheidung, denn eigentlich konnte es ihm egal sein, ob der Adumari lebte oder starb. Leider drehte er dabei für einen Moment den Geiseln den Rücken zu. Als er bemerkte, dass sie sich hinter ihm in Bewegung setzten, war es beinahe schon zu spät. Mit einem Poltern sprangen mehrere Gestalten, die er auf die Schnelle nicht identifizieren konnte, auf ihn zu, rempelten dabei Stühle um und versuchten, sich auf ihn zu werfen. Ruckartig riss der Imperiale die Waffe hoch und schoss. Rote Laserstrahlen zuckten aus der Mündung und trafen den ersten, der augenblicklich in sich zusammensackte. Der nächste fiel über ihn. Schon war der Angriff gestoppt. Doch Chett erkannte nicht schnell genug, dass er bereits gewonnen hatte, und schoss weiter, wahllos auf alles, das nah genug war, um ihm bedrohlich zu erscheinen. Mehrfache Schüsse mischten sich in die Kakophonie aus Schreien und Stöhnen. Als er das Feuer einstellte und den angerichteten Schaden begutachtete, waren die beiden breitschultrigen Männer in der Kluft von Forstarbeitern tot. Und auch die Kellnerin war unter den Opfern. Es sah so aus, als hätte sie die Gelegenheit nutzen wollen, doch noch dem Verletzten zu Hilfe zu kommen. Jetzt lag sie mit dem Gesicht nach unten neben ihm und regte sich nicht. Nectu schluckte. Er hatte nicht gewollt, dass die Lage so eskalierte. Aber sie waren selbst schuld: Hätten sie sich ruhig verhalten, wäre er nicht zum Schießen gezwungen gewesen.

»Zurück in die Ecke!« befahl er mit belegter Stimme.

Die Anweisung war an die Beamte adressiert. Sie war als einzige Aufrührerin dem Feuerhagel entkommen und stand nun mit bleichem Gesicht und gehobenen Händen vor der Waffe. Chett glaubte sich zu erinnern, dass sie den anderen etwas zugeflüstert hatte, in dem Moment, als er von dem Computer weggegangen war. Sie hatte die Sache also angeleiert. Er war unendlich wütend auf sie und überlegte, sie ebenfalls einfach zu erschießen. Sie war eine Unruhestifterin und ein untragbares Risiko. Aber jetzt gab es niemanden mehr, der ihr helfen konnte. Nur noch die kleine Familie kauerte sich in der Nische zusammen und mittlerweile wimmerte nicht nur das Kind, sondern sie alle drei. Sie stellten keine Gefahr dar. Dass die Polizistin alleine noch eine Aktion dieser Art unternehmen würde, glaubte er nicht, aber sicherheitshalber drohte er ihr dennoch:

»Noch eine einzige falsche Bewegung und ich bringe euch alle um; mit dem Kind fange ich an! Ich meine es ernst!«

Das tat er wirklich.

Doch er wurde nicht gezwungen, das unter Beweis zu stellen. Während er sich wieder mit dem Rechner auseinandersetzte, kam es zu keiner weiteren Störung. Allerdings hatte er nicht die Ruhe, die nötig gewesen wäre, um noch mehr brauchbare Informationen zu finden: Sein Puls wollte sich überhaupt nicht mehr beruhigen; er stand mindestens so unter Stress wie seine Geiseln. Alles in ihm drängte danach, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Er musste sich damit begnügen, noch einen Blick auf die Karten zu werfen und sich so viel davon wie möglich einzuprägen; einen Drucker gab es nicht und auch keinen tragbaren Datenträger, auf den er sie hätte überspielen können.

Als er jedoch entschieden hatte, seinen Weg fortzusetzen, stellte sich ihm eine weitere Frage: Was tun mit den Gefangenen? Es konnte vielleicht nicht schaden, auch weiterhin ein Druckmittel zu haben, aber vier waren zu viele. Ein einzelner genügte. Nach kurzer Überlegung fällte er seine Wahl. Die Polizistin war ihm zu gefährlich, das Kind mit Sicherheit nur eine Last; schade, sie wären die wertvollsten Geiseln gewesen. Er entschied sich für die Mutter, denn der Mann wirkte zwar eingeschüchtert, aber doch recht kräftig, während sie einen eher zarten Eindruck machte. Nun musste er nur noch entscheiden, was mit den anderen drei geschehen sollte. Dabei zog er ernsthaft in Betracht, sie zu töten. Doch wenigstens steckten noch so viele Skrupel in ihm, dass er vorher zumindest herausfinden wollte, ob es Alternativen gab.

»Gibt es hier einen Schutzraum? Oder einen Keller?« wollte er wissen.

Die Beamte verneinte und fügte überflüssigerweise hinzu, dass sich die Leute ansonsten bei Beginn der Angriffe dorthin zurückgezogen hätten.

»Irgendeinen anderen verschließbaren Raum?«

»Ich glaube, es gibt einen Kühlraum, hinten bei der Küche.«

»Gut. Da gehen wir jetzt hin.«

Sie folgten seiner Aufforderung: Ihr Widerstand schien endgültig gebrochen zu sein. Er folgte ihnen mit dem schussbereiten Blaster in der Hand und trieb sie vor sich her. Nach wenigen Schritten standen sie vor einer solide aussehenden Tür. Chett ließ sie öffnen und sah sich die Gegebenheiten genauer an. Offenbar ließ die Tür sich von außen verriegeln und dann von innen nicht mehr öffnen. Pefekt.

»Los, da rein!« befahl er.

»Was? Sie können uns da nicht einsperren! Da erfrieren wir doch!«

Chett hätte sie mit einer weiteren Drohung sicher dazu bringen können, hineinzugehen, aber er versuchte es mit einer anderen Taktik.

»Sie werden rechtzeitig wieder rausgelassen«, behauptete er. Allerdings glaubte er selbst nicht daran. Wer würde sich schon während der laufenden Schlacht und des Schneesturms hierher verirren, um nachzusehen, was sich im Kühlraum befand! Es war tatsächlich möglich, sogar wahrscheinlich, dass sie da drin ums Leben kamen. Aber er konnte sie unmöglich einfach im Gastraum sitzen lassen und darauf vertrauen, dass sie nicht sofort Hilfe riefen, wenn er gegangen war. Das hier war die beste Chance, die er bereit war, ihnen zu geben. Und sie gaben sich mit der vagen Hoffnung auf Rettung wohl zufrieden oder ergaben sich einfach in ihr Schicksal. Vielleicht hofften sie auch darauf, irgendwie aus eigener Kraft zu entkommen... ihm sollte es recht sein, wenn er bis dahin weit genug weg war.

Ein wenig Gezeter gab es noch, als er seine Entscheidung mitteilte, die Frau nicht mit einzusperren, sondern als Geisel mitzunehmen. Das löste bei allen drei Familienmitgliedern echte Verzweiflung aus und es schien, als wollten sie sich doch noch gegen ihn auflehnen. Nun musste er abermals mit der Waffe wedeln, um seinen Willen durchzudrücken. Doch letztlich war die Mutter draußen, der Vater, das Kind und die Polizistin drinnen, die Tür gründlich verriegelt. Chett trieb seine Gefangene ohne Jacke hinaus in den Schneesturm und in den Halftrack, dessen vorderes Drittel bereits von einer Schneewehe verschluckt war. Doch das Fahrzeug startete ohne Probleme und setzte sich dank seiner kraftvollen Ketten in Bewegung, drängte den Schnee beiseite und machte sich auf den Weg in Richtung Hauptstadt.

[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | unterwegs in Richtung Hauptstadt] Chett Nectu (Wolf 9) mit einer Geisel
 
[Adumar-System | Adumar :||: vor Cartaan City | Ozean :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottill; Elfte Kampfgruppe :||: TIE/D „Wolf Eins“ :||: Major Aiden Thiuro allein :]

Im Vergleich zu den richtigen Sternzerstörern mochte ein Angriffstransporter der Acclamator-Klasse mit seiner Größe von etwa siebenhundertfünfzig Standardmetern relativ mickrig wirken, aber genau in dem Augenblick, als „Reek Eins“ – flankiert von hunderten Landungsbooten sowie Sternjägern – über dem offenen Meer durch die dichte, graue Wolkendecke brach, schnappte der eine oder andere Beobachter trotz allem unwillkürlich nach Luft. Der Anblick hatte seine ganz eigene Wucht. Träge, äußerst träge schien das keilförmige Kriegsschiff der Imperialen zu sein als es sich – scheinbar ohne jegliche Eile – seinen Weg durch die einzelnen Schichten der Atmosphäre bahnte. Etwa zur gleichen Zeit bereiten sich im Inneren dieses stählernen Monstrum tausende Soldaten recht akribisch auf den bevorstehenden Häuserkampf im Herzen von Cartaan City vor. Nachdem die Achte Gefechtsflotte in Adumars hohen Orbit sämtlichen hinderlichen Widerstand mit Erfolg beseitigt hatte, mussten nun die Mitglieder der eingesetzten Bodentruppen ihre Arbeit machen.

Wolves, 'Reek Eins' und deren Begleiter nehmen Kurs auf die Metropole“, meldete der Major über den Staffelfunk. Den flimmernden Sensorbildschirm würdigte er zum Erlangen dieser recht banalen Erkenntnis keines Blickes. Mit den Jahren hatte er einfach ein Gefühl für die richtige Einschätzung entwickelt. „Treibt eure aktiven Sensoren nun zur Höchstleistung an. Um den Beginn der Offensive nicht zu gefährden, darf uns keine Unregelmäßigkeit durch die Lappen gehen.“

Obwohl die ersten Landungsboote schon im Eiltempo auf die adumarische Stadt zu rasten, ließ sich der Staffelführer nach all den Strapazen im Dogfight ein wenig Zeit mit seinem Wendemanöver, da der Schutz der ersten Angriffswelle – ohne Ausnahme aus kampfwilligen, fanatischen Sturmtruppen bestehend – fiel allein in den Zuständigkeitsbereich der verbliebenen TIE-Avenger. Der inzwischen ziemlich erschöpfte Bastioner sowie dessen noch einsatzfähigen Untergebenen begleiteten hingegen den Hauptsturm ausgehend von dem Acclamator. Langsam, aber schon ein wenig widerwilliger als noch zum Beginn der Schlacht nahm der silbergraue TIE-Defender an Fahrt auf, nachdem er seinen Bogen endlich vollendet hatte. Neben dem im Vergleich dazu gewaltigen Angriffstransporter wirkte seine Maschine, obwohl es sich im Bereich der Sternjäger um die Spitze imperialer Ingenieurskunst handelte, winzig. Möglicherweise sah man „Wolf Eins“ neben dem hellgrauen Koloss nicht einmal.

Druk Caranthyr, in diesem Einsatz „Wolf Sechs“, meldete sich plötzlich zu Wort:
[Meine Sensoren registrieren plötzlich diverse Energiesignaturen, Eins.]

„Lokalisierung?“, hakte der „Alphawolf“ auf der Stelle mit strenger Stimme nach. Die Erschöpfung, die im Begriff war seinen Körper komplett zu übernehmen, schien für den Moment zurückgedrängt zu sein.

Jedoch brauchte der Pilot Officer, der sich als einer der Neulinge in den bisherigen Einsätzen gegen den „Eisernen Bund“ ganz wacker geschlagen hatte, am Ende nicht mehr zu antworten. Denn genau in dem Augenblick, als er über den Staffelkanal zu einer Entgegnung ansetzen wollte, erwachten auf einmal entlang der schroffen Küstenlinie mehrere bis dahin verborgene Luftabwehrtürme. Groß Zeit zum Orientieren schienen sie dabei aber nicht zu brauchen, da sie schon kurz nach ihrer plötzlichen Aktivierung tödliche Laserblitze in die verregnete Luft spukten. Mit unzähligen Salven deckten sie binnen weniger Minuten den ganzen Luftraum über den schmalen Küstenstreifen ein. Und im hellen Licht der niedergehenden Blitze konnte man hier und da sehen wie ihnen schon nach kürzester Zeit die ersten arglosen Landungsboote zum Opfer fielen. Für die Nachlässigkeit der entsandten Piloten zahlte das Sturmtruppenkorps einen hohen Tribut.

Noch immer in seinem Cockpit sitzend fluchte der Staffelführer der „Wolves“. Hatten sie nicht alle Kraftwerke und sonstigen Energiequellen, die man zum Betreiben solcher Abwehranlagen brauchte, ausgeschaltet? Hatten sie am Ende aufgrund der ausgefochtenen Zweikämpfe mit ihren fliegenden Feinden wirklich irgendeine „Kleinigkeit“ übersehen? Während seine rechte Hand blitzschnell zum Regler, um den TIE/D wieder an seine Leistungsgrenzen zu bringen. Erneut kam ihm ein Fluch über die Lippen, bevor er seinen beiden Flügelmännern befahl augenblicklich zu ihm aufzuschließen. Es sah nämlich nicht danach aus, dass die restlichen „Guards“ und „Ruffians“ allein aus eigener Kraft die plötzlich aufgetauchten Verteidigungsanlagen beseitigen konnten. Sollten ihnen also nicht noch mehr imperiale Soldaten zum Opfer fallen, mussten sie handeln – so sah es jedenfalls der Bastioner als er seine Maschine wiederholt gnadenlos zu Höchstleistungen antrieb. Das Kreischen der beiden Ionentriebwerke hatte dabei schon sehr schrille Töne angenommen.


„Rotte Zwei, Sie erhalten nun Freigabe zum Ausschalten der Flakgeschütze“, entschied Aiden ganz eigenmächtig. Seine angespannte Miene war in diesem Moment voller Grimm. „Zeigen wir denen, dass man uns nicht so leicht für 'dumm' verkaufen kann!“

Sein Blick fiel auf die Torpedoanzeige. Viel hatte er nicht mehr übrig. Von den acht Torpedos waren bloß noch zwei für eine mögliche Verwendung vorhanden. Er biss die Zähne zusammen. 'Jetzt heißt es gut haushalten', dachte er sich und streichelte dabei unwillkürlich mit seinem Daumen den roten Knopf. Helle Blitze – ausgehend von den aktivierten Flakgeschützen – leuchteten ihm indirekt den Weg zu seinem selbstgewählten Einsatzgebiet. Derweil der anhaltende Regen scheinbar mit neuem Elan gegen seine Frontschreibe prasselte, ließ er sich nicht von seinem Kurs abbringen. Gemeinsam mit seinen beiden Begleitern, „Wolf Zwei“ und „Wolf Drei“, hatte er dem Meer den Rücken gekehrt und raste stattdessen nun auf die Küste zu. Beruhigend für sein Gewissen war zudem noch, dass die Flakgeschütze bislang bloß auf die kleineren Landungsboote konzentrierten, da der sich im Sinkflug befindliche Angriffstransporter der Acclamator-Klasse noch außerhalb deren Reichweite war.

Reek Eins“ war zur Zeit keiner Gefahr ausgesetzt – so glaubte es der „Alphawolf“ jedenfalls. Doch in diesem Punkt sollte er sich letztendlich irren! Denn kaum hatten die feuernden Luftabwehrtürme genügend Aufmerksamkeit auf sich gezogen, da enttarnte sich die Bedrohung. Tief unter unruhigen Meeresoberfläche hatten sie geduldig auf ihr Zeichen gewartet. Sie hatten das „Wolves' Squad“ über sich hinweg fliegen lassen ohne sich zu rühren. Sie hatten fliegende Kameraden über den Wellen in den Tod gehen lassen ohne sich zu rühren. Aber nun war ihre Zeit gekommen. Langsam; ohne Eile stiegen sie, die Unterseebote der adumarischen Verteidigungsstreitkräfte, aus der dunklen Tiefe der rauen See auf. Ein Teil der Besatzung hielt die mechanischen Seeungeheuer am Leben, während der Rest die Geschütze vorbereitete. Ja, weil die Imperialen momentan ausschließlich auf die Vorgänge entlang der Küste achteten, bemerkte niemand die tatsächliche Gefahr, die sich klammheimlich von unten, aus der Tiefe, näherte.

Und so war der Überraschungsmoment am Ende auf Seiten der Verteidiger. Vollkommen ungestört jagten die Stückmannschaften der einzelnen Unterseeboote zügig eine Salve nach der anderen in die harten Unterseite des imperialen Truppentransporters. Bedingt durch diesen großen Vorteil klafften dann auch schon nach wenigen Minuten die ersten Krater in dessen Rumpf, bevor die eigentlichen Beschützer reagieren konnten. Einfach zu groß und zu träge war „Reek Eins“, um dem feindlichen Beschuss irgendwie ausweichen zu können. Man hatte dem Galaktischen Imperium eine wirksame Falle gestellt. Trotz all der Verluste und Niederlagen, die Adumar in den letzten Stunden durch die imperiale Invasion hatte erleiden müssen, schien deren Kampfgeist noch überhaupt nicht gebrochen zu sein. Und so schaffte man es – unter größten Anstrengungen – den Koloss, der schon im Sinkflug gewesen war, letztendlich komplett zu Fall zu bringen. Denn nach mehreren Raketensalven dunkler Rauch aufstieg, sprengten sich mit einem Mal schon die ersten Rettungskapseln lautstark von dem sterbenden Monstrum ab. Ein Teilerfolg in dieser aussichtslosen Schlacht!


[Adumar-System | Adumar :||: Cartaan City | Strandpromenade :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottill; Elfte Kampfgruppe :||: TIE/D „Wolf Eins“ :||: Major Aiden Thiuro allein :]
 
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | unterwegs in Richtung Hauptstadt] Chett Nectu (Wolf 9) mit einer Geisel

Obwohl die Gegenwart seiner Geisel Chett Nectu ständig daran erinnerte, dass er mehrere Personen in einer lebensbedrohlichen Situation zurückgelassen hatte, belastete diese Entscheidung sein Gewissen nicht. Es war Krieg, und extreme Lagen erforderten auch extreme Handlungen. Über den Punkt, an dem er mit Zivilisten hätte mitfühlen können, war er schon seit Jahren hinaus. Den Tod derjenigen, die er in dem Rasthof erschossen hatte, und das Schicksal der anderen, die er im Kühlraum eingesperrt hatte, betrachtete er mit kühler Distanz, als ginge ihn das überhaupt nichts an. Sie waren Opfer, wie es sie in jeder Schlacht gab, nicht anders als die Tausenden, die beim Angriff auf Cartann City und die Außenposten im Gebirge ums Leben gekommen waren oder noch sterben würden. Letztlich nur eine kleine Zahl in einer viel größeren Statistik. Tragisch, doch das hätten sich die Machthaber von Adumar und ihre Gefolgsleute überlegen müssen, bevor sie das Imperium herausgefordert hatten. Ihnen hätte klar sein müssen, wie die Antwort ausfallen würde: Dafür gab es in der jüngeren Geschichte doch genug Beispiele. Noch viel mehr würden leiden und letztendlich sterben, wenn die Schlacht zu Ende war und in den Fußstapfen des Militärs die Geheimdienste anrückten, um mögliche und tatsächliche Gegner des Imperiums und deren Sympathisanten aufzuspüren. Niemand würde sich jemals darum scheren, ob es bei den Laser- und Raketenangriffen der Wolves tote und verletzte Zivilisten gegeben hatte. Dass Adumari bei seinem Bemühen umgekommen waren, nicht in die Hände des Feindes zu fallen und selbst zu einer Geisel zu werden, war für Chett nichts anderes. Selbst die Toten würde es letzten Endes nicht kümmern, auf welche Weise sie gestorben waren.

Natürlich hatte seine Geisel eine gänzlich andere Sichtweise, da es ihr Mann und ihr Kind waren, die in dem Kühlraum steckten. Die Frau war verständlicherweise ein emotionales Wrack: Sie hatte eben mit angesehen, wie mehrere Leute erschossen worden waren, fürchtete um das Leben ihrer Familie und war in der Gewalt eines Mannes, der schon bewiesen hatte, dass er kaltblütig tötete. Auch um ihr eigenes Leben musste sie sich Sorgen machen und lag damit gar nicht falsch, denn der Imperiale hatte noch nicht entschieden, was er mit ihr anfangen würde; das hing ganz davon ab, wie sich die Dinge entwickelten. Dabei musste sie eigentlich von Glück reden, dass er aufgrund seiner Lage nicht die Zeit und Gelegenheit für die Überlegung hatte, ihr noch ganz andere Gräueltaten anzutun. Er brauchte sie vor allem als Druckmittel. Eine Zivilistin als Schutzschild konnte ihm das Leben retten, wenn er beispielsweise einer Polizeistreife oder Militärpatrouille in die Arme lief. Seine Hoffnung, dass sie darüber hinaus vielleicht auch nützlich sein konnte, sich in der fremden Umgebung zurechtzufinden, stellte sich aber als Irrtum heraus. Denn auf seine Frage, ob sie sich in der Gegend auskannte, bekam er keine artikulierte Antwort. Sie war zu verängstigt um mit ihm zu reden und er versuchte nicht, sie zu zwingen. Er musste sich auf die tief verschneite Straße konzentrieren und hatte nicht das Gefühl, dass er sich weitere Unterbrechungen leisten konnte.

Es war nach wie vor nicht leicht, festzustellen, wohin er fahren musste. Die Fahrbahn lag völlig in tiefem Weiß verborgen, die Sichtweite betrug nur wenige Meter und Abzweigungen waren nur schwer zu erkennen. Er konnte nur versuchen, nicht in den Graben zu fahren, und hoffen, dass seinem Fahrzeug nicht die Energie ausging. Doch nach einer Weile wurde die Sicht besser: Entweder ließ der Schneesturm nach oder Chett kam jetzt in einen Bereich, in dem er nicht so stark wütete. Als er noch einen Kilometer oder zwei gefahren war, hörte der Niederschlag ganz auf und nur die Schneeflocken, die vom Wind verweht wurden, wirbelten noch vor der Scheibe herum. Endlich konnte der Pilot die Umgebung betrachten. Sie war noch immer bergig, aber es sah nicht mehr nach Hochgebirge aus. Die umliegenden Gipfel waren weniger schroff und von Wald bedeckt. Offenbar war er in tiefere Lagen gelangt und bald schon sollte ihn die Straße hinab zu den Vororten von Cartann City führen.

Doch schon als er um die nächste Kurve fuhr, sah der dunkelhäutige Yaga-Minoer, dass er irgendwie und irgendwo von seinem Weg abgekommen sein musste. Auf den Karten, die er im Rasthof betrachtet hatte, war erkennbar gewesen, dass die Straße sich zwischen Hügeln und Bergen hindurch schlängelte, um sich der Stadt in einigermaßen gerader Linie zu nähern. Dabei kam sie dem Meer nicht nahe, doch genau das sah er jetzt. Ihm bot sich eine hervorragende Aussicht über niedrigere Berge und Hügel bis hinunter zum Ozean, der grau unter den dichten Wolken lag. Chett Nectu hielt das Fahrzeug an, betrachtete mit gerunzelter Stirn das Panorama und dachte nach. Hierhin hatte er nicht fahren wollen; aber zumindest wusste er jetzt ungefähr, wo er sich befand. Er musste sich östlich der Stadt befinden, und wenn er sich nahe an der Küste hielt, würde er sie zwangsläufig erreichen. Sie hatten die Hauptstadt von der See her angegriffen und aus dieser Richtung sollte auch die Bodenoffensive erfolgen, also standen die Chancen nicht schlecht, dass seine neue Route ihn verbündeten Einheiten entgegen führte. Wenn das der Fall war, stellte sich der Irrtum vielleicht noch als echter Segen heraus.

Er wollte gerade weiterfahren, als die Frau neben ihm plötzlich aus ihrer Erstarrung erwachte. Sie stieß die Autotür auf und sprang nach draußen. Chett reagierte schnell und griff zu, doch er bekam nur einen Zipfel ihrer Bluse zu fassen und sie riss sich mit einem angstvollen Aufschrei los.

»Bleib stehen! ...Verdammt!« rief er. Doch bis er selbst sich abgegurtet hatte und aus dem Fahrzeug gestiegen war, war sie bereits verschwunden. Er konnte ihre Spur im Schnee deutlich sehen. Sie führte in ein Dickicht am Straßenrand. Hastig lief er ihr einige Schritte hinterher, die Waffe schussbereit in der Hand und das Gesicht vor Wut über diese unglückliche Wendung verzerrt. Doch als er ein Stück in das Gebüsch eingedrungen war, ohne die Adumari zu sehen, gab er die Verfolgung auf. Vielleicht hätte er sie einholen können; sie war für dieses Wetter nicht gut ausgerüstet und würde wohl nicht weit kommen. Aber es würde ihn zuviel Zeit kosten.

»So ein Mist!« fluchte er noch einmal und stapfte dann missmutig zu dem Halftrack zurück. Er musste die Fahrt nun alleine und ohne eine Geisel fortsetzen.

Er konnte nur hoffen, dass sie niemandem in die Arme lief, den sie auf seine Fährte setzen konnte. Aber seit er den Rastplatz hinter sich gelassen hatte, war ihm kein Anzeichen von Bebauung oder gar von Bewohnern dieser Gegend mehr begegnet. Es schien hier in den Bergen trotz der Nähe zur Hauptstadt keine Siedlung zu geben. Die Chance, dass sie niemanden treffen würde, bevor er weit genug weg war, stand wohl nicht schlecht.

»Hoffentlich verreckt sie!« murmelte er, als er weiterfuhr.

[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | in Sichtweite zur Küste | unterwegs in Richtung Hauptstadt] Chett Nectu (Wolf 9)
 
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge ] irgendwo am Boden | Sakura Mitsumo (Wolf Sieben) | bewusstlos ]

Die Schwärze war vereinnahmend und nichts konnte sie davor bewahren. Dunkelheit war nichts was man fürchten sollte, da man es vom Schlafen her kannte. Doch jene Dunkelheit jetzt war etwas anderes. Ohnmacht? Oder die ersten Schritte aus dem Leben hinaus in eine andere Form, in einen anderen Abschnitt? Sie war nicht mehr fähig gewesen länger darüber nachzudenken, denn ihre Welt endete von jetzt auf gleich und riss alles mit sich. Dann war es Still. Jeglicher Gedanke verebbte, jedes Stadium des erinnerns entschwand. Die Sekunden verstrichen, qualvoll, langsam, scheinbar nie Enden wollend. Aus Sekunden schienen Minuten zu werden, nie Enden wollende Minuten. Leben oder Tod? Wo befand sie sich? Es schien als ob diese Frage nicht beantwortete werden wollte. Als ob das Leben nicht wüsste welchen Weg es beschreiten sollte, wohin es führen und ob es überhaupt etwas tun sollte.

Minuten! Zeit war nichts was sie einfach beantworten ließ. Sie war nichts was man manipulieren, nichts was man beeinflussen konnte. Stetig, unaufhaltsam schritt sie voran. Erbarmungslos, keine Gnade kennend, auf nichts und niemand rücksicht nehmend. Ganz ihrem eigenen Fluss folgend, kannte sie nichts als ihren steten Strom und diesem folgte sie. Jedes Element war irgendwie beeinflussbar, die Zeit jedoch stand über allem. Minuten, sie verstrichen.

Schmerz...! Greifbar und doch nicht ganz klar woher er kommen mochte. Es war jenes Gefühl welches im Gehirn hervorgerufen wurde, wenn die Körper es meldete. Schmerz! Ein Signal, unmissverständlich und kraftvoll. Ein Beweis für Leben, ein Beweis noch hier zu sein. Die Ohnmacht löste sich, gab ihren Körper frei und warf sie mit brutaler Gewalt zurück. Sie hatte das Gefühl zu ersticken. Schmerz, er breitete sich durch ihren ganzen Körper aus, jagte durch sämtliche Nerven, suchte sich seine Weg zum Zentrum und wurde noch verstärkt. Sakura öffnete die Augen, schwärze! Weshalb? Dann erinnerte sie sich, dass sie eine Helm trug. Was war geschehen? Die Ereignisse flimmerten vor ihrem geistigen Auge in rasender Geschwindigkeit vorbei. Luft! Sie brauchte Sauerstoff. Der Helm erschwerte ihr das Atmen. Langsam versuchte sie mit den Händen danach zu tasten. Wieder Schmerz, welcher durch ihr gesamten Körper jagte. Tränen traten ihr in die Augen. Mühsam, qualvoll erreichten ihre Hände den Helm. Sekunden verstrichen bis sie es schaffte ihn vom Kopf zu ziehen. Die Kälte des Schnees und Strums streifte ihre Wangen und ließen diese innerhalb von Sekunden Taub werden. Sakura unterdrückte ein Stöhnen. Sie versuchte etwas zu erkennen. Direkt vor ihr befand sich massiver Fels. Rechts und links von ihr Bäume. Jedenfalls sah es danach aus. Ihr Körper schien in einer unnatürlichen Lage zu liegen. Vorsichtig versuchte sie sich zu bewegen und erschrak. Unter ihr ging es in die Tiefe. Der Schleuderstiz hatte sie hinauskatapultiert und sie konnte sich erinnern gegen etwas hartes geprallt zu sein. Der Fels, doch dies war nicht das einzige. Sie war in einem Baum gelandet, welcher sie abgefangen hatte und sie zustätzlich gegen den Fels gedrückt hatte. Sakura schloss für einen Bruchteil von Sekunden die Augen, versuchte tief durch zu atmen und bereute es im nächsten Augenblick, als Schmerzen durch ihren Körper jagten. Sie musste herunter, sie musste versuchen festen Boden unter die Füße zu bekommen. Sie musste...

Vorsichtig versuchte sie sich irgendwie ein wenig aufzurichten, nach dem Stamm zu greifen. Sie hörte ein Knacken, dann ging es in die Tiefe. Äste brachen, peitschten ihr ins Gesicht, hinterließen Spuren. Sie hatte das Gefühl der Fall würde unendliche Minuten dauern. Doch waren es nur Sekunden. Dann kam ihr Körper auf dem Untergrund auf und ein Stöhnen entrang sich ihrer Kehle, gefolgt von einem schmerzvollen Schrei. Die Wucht des Aufpralls war schmerzhaft, doch der Ast, welcher sich in ihren Oberschenkel bohrte drohte ihr den Atem zu rauben. Lange Zeit blieb sie benommen liegen, hatte das Gefühl Sterne zu sehen, während eine neuerliche Ohmachte drohte sie zu überweltigen. Mit aller Kraft kämpfte sie dagegen an. Sie durfte nicht..., durfte nicht ohnmächtig werden. Sie musste das Bein abbinden. Sie musste...

Mühsam versuchte sie sich aufzurichten. Ihr Körper protestierte wehement. Gegen den Schmerz ankämpfend schaffte sie es sich halbwegs zu setzen. Der Ast hatte sich direkt durch ihren Oberschenkel begohrt und schaute ihr entgegen. Gut fünfzehn Zentimeter ragete er aus ihrem Schenkel. Innerlich fluchend besah sie sich den Rest. Ihre Fliegermontur wieß an vielen Stellen Schäden auf, aus denen Blut trat. Die meisten davon schien nur oberlächliche Schnittwunden zu sein. Eine Rippe war gebrochen, eine musste angeknackst sein. Sie frohr. Es würde mühselig werden sich durch den Strum zu kämpfen und sie wusste noch nicht einmal ob sie laufen konnte. Vorsichtig tastete sie das Bein ab, den Ast würde sie nicht einfach herausziehen können. Nicht ohne zu viel Blut zu verlieren oder möglicherweise etwas zu verletzen. Er saß sehr ungünstig. Dennoch würde sie das ganze irgendwie stabilisieren müssen. Ihr Blick suchte nach irgendetwas was ihr würde helfen können. Schnee, ringsherum befand sich Schnee und dann erblickte sie einen halben Meter über sich ihren Helm, welcher zwischen einigen Ästen hängengeblieben war. Wenn sie diesen erreichen konnte würde sie wenigstens ein wenig Material haben. Langsam robbte sie über den Schnee Richtung Baum, bis sie den Stamm zu fassen bekam und versuchte sich nach oben zu ziehen. Eine Prozedur die ihr viel abverlangte, die sie Keuchen ließ und die Schmerzen zustätzlich steigerten.

Keuchend lehnte sie sich mit dem Rücken gegen den Stamm des Baumes und versuchte nach oben zu greifen, das Gewicht auf ihr gesundes Bein gelagert. Sie war nicht sehr groß und der halbe Meter war ein wenig mehr als nur ein halber Meter. Es schien als ob die Lage aussichtslos war, doch Aufgeben wollte sie nicht. Schmerz schoss durch ihren Körper als sie sich zu strecken versuchte, ihre Fingerspitzen den Helm gerade so zu fassen bekammen und dann viel er herab, wobei sie nicht sagen konnte wie genau sie es geschaft hatte. Langsam sackte sie auf den Boden, griff nach dem Helm und begann das Innere heraus zu trennen. Diesmal war sie froh, dass sie im Stiefel immer ein Messer hatte, welches ihr nun dienlich war. So war es ihr wenigsten möglich sich eine Art Verband zurecht zu schneiden und diesen als Stütze um den Ast anzubringen, nachdem sie mit zusammengebissenen Zähnen diesen ein Stück weggebrochen hatte. Der Schmerz hatte ihr fast den Atem gebraubt, doch nun waren es keine fünfzehn Zentimeter mehr die heraussahen.

Was sollte sie als nächstes tun? Sie würde sich bewegen müssen um nicht zu erfrieren. Blieb sie hier würde man sie wohl nicht finden. Dies hieß falls man überhaupt nach ihr suchte. Innerlich hoffte sie, dass wenigstens Synn es geschaft hatte. Wie es Nectu ging konnte sie nicht sagen, hoffte jedoch auch, dass es ihn besser getroffen hatte. Mühsam stellte sie sich auf und noch mühsamer war es vorwärts zu kommen. Der Strum schien seine höchste Stärke erreicht zu haben und gegen ihn anzukommen war alles nur nicht einfach. Ihr Rechtes Beinn zog sie mit und da es nicht belastbar war, fehlte ihr Halt. Immer wieder wurde sie in die Knie gezwungen, immer wieder musste sie verharren, schutz suchen. Ihr Atem bildete Wölckchen. Es war eisig kalt und die Kälte drang durch ihre Pilotenmontur, besonders dort wo sie beschädigt worden war. Viel schwieriger noch war es sich zu orientieren, sagen zu können wohin sie sich bewegt. Norden, Süden, Osten oder Westen. Sie konnte es sich nicht leisten herum zu irren.

Qualvoll beschloss sie zuerst sich zwischen die Bäume zu schleppen um dorte dem Schneetreiben ein wenig zu entkommen. Ihr langes Haar hatte sie gelöst und um ihre Nase und den Mund gelegt. Sie war froh, dass wenigstens die Handschuhe nicht beschädigt worden waren.

[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge ] irgendwo am Boden | Sakura Mitsumo (Wolf Sieben) ]
 
[Adumar-System | Adumar :||: Cartaan City | Küstennähe :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottill; Elfte Kampfgruppe :||: TIE/D „Wolf Eins“ :||: Major Aiden Thiuro allein :]

Eine ihm völlig unbekannte Stimme – zweifelsohne angsterfüllt – war plötzlich über die allgemeine Funkfrequenz zu hören. ['Reek Eins' stürzt ab! Ich wiederhole: 'Reek Eins' stürzt ab!]

Und tatsächlich: Dem ramponierten Angriffskreuzer der Acclamator-Klasse war wirklich nicht mehr zu helfen. Mehr und mehr zog die Gravitation an dem sterbenden Koloss, während zur gleichen Zeit finstere Rauchschwaden – durch das tobende Unwetter manchmal bloß schwer auszumachen – gen Himmel stiegen. Näher, immer näher kam das Kriegsschiff der vom eisigen Wind aufgepeitschten Meeresoberfläche. Unaufhaltsam, fast schon schicksalshaft schien es zu sein. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch durch all jene Fluchtkapseln, die sich in allerletzten Sekunde – unter lautem Knall – davon trennten, bevor das eiskalte, salzige Nasse sie allesamt verschluckte. Nein, die Bruchlandung war unausweichlich. Das stählerne Monstrum, das genau wie die weitaus großen Sternzerstörer oder die schwereren Vindicator-Kreuzer dem Terrordesign nachempfunden war, würde ins Meer stürzen.

Fassungslos sah Aiden – in seinem TIE/D Defender sitzend – zu wie „Reek Eins“ träge in Richtung Meeresoberfläche stürzte. Hatte er in dem einen Moment noch geglaubt, dass keinerlei Gefahr mehr bestünde, so hatten ihn die kämpfenden Adumari mit diesem taktischen Geniestreich eines Besseren belehrt. Mochte Cartaan City in den nächsten Stunden auch mit Sicherheit fallen, so hatten sie trotz allem noch vorher einen Großteil der Schiffsbesatzung sowie allerhand bewaffneter Soldaten mit in den Tod gerissen. Der Bastioner – starr vor Wut auf sich selbst – biss sich auf die Unterlippe. Wieso hatte er diesen Zug nicht kommen sehen? Wieso hatte er nicht schon beim Anflug auf die Metropole irgendetwas bemerkt und einen Scan durchführen lassen? Statt mit den verbliebenen Untergebenen die ganze Zeit in der Nähe zu bleiben und solch einen Angriff zu verhindern, hatte er lieber ein paar Flakgeschütze an der Küste zerstört.

Dann geschah es. Mit einer ungeheuren Wucht – ausgedrückt durch ein mächtiges Krachen – trafen plötzlich gehärteter Durastahl und Meerwasser aufeinander. Tief, äußerst tief bohrte sich das Schiff in den Ozean – und löste so im selben Atemzug eine gigantische Welle aus. Selbst aus der Höhe, die zu diesem Zeitpunkt die meisten Sternjäger inne hatten, konnte man trotz strömenden Regens sehen wie unvorstellbare Wassermassen schwerfällig gen Cartaan City rollten. Erst in diesem Augenblick mochte man wirklich realisieren, dass „Reek Eins“ am Ende einfach ein ganzes Stück zu nah an der Küste – und demzufolge auch an der Metropole – abgestürzt war. Mochten die Flutmauern, die man entlang der Strandpromenade empor gezogen hatte, im Normalfall das Meer ohne Probleme von der Stadt fern halten, so würde es gegen diese Kraft machtlos sein. Zum einen war die Welle einfach zu groß, zum anderen hatten diverse Luftangriffe die Integrität des Schutzwalls in arge Mitleidenschaft gezogen. Mehrere Bezirke würden binnen kürzester Zeit – unentrinnbar – vom Meer begraben sein.

Fosters Stimme, angespannt und gleichzeitig doch abgekämpft, ertönte auf einmal in seinen Hörern. Er durchbrach die sich ausbreitende Paralyse.
[Wolf Eins, schalten Sie mit Ihrer Staffel diese feigen Unterseebote aus! Der nächste Transporter ist schon längst auf dem Weg.]

Das Pflichtbewusstsein – oder der Rest Kampfgeist – übernahm die Kontrolle, indem plötzlich eine handvoll routinierter Prozesse abliefen. Sein Blick, mit einem Mal wieder hellwach, sprang fix von einer Anzeige zur nächsten, während die Hand gleichzeitig zum Schubregler wanderte. Viel Energie hatte sein Jagdbomber nicht mehr übrig. Eigentlich konnte man ohne Hehl sagen, dass das Ding am Ende war. Nicht nur der Treibstoff war mittlerweile fast vollständig aufgebraucht, sondern auch die anderen Werte waren längst im roten Bereich. Wohl oder übel musste man demnach sagen, dass der Staffelführer keinen sehr großen Handelsspielraum mehr hatte. Unter Umständen könnte der Ozean letzten Endes gar sein nasses, kaltes Grab werden, sollte er sich womöglich überschätzen. Grimmig holte Aiden Luft, fokussierte mit bloßem Auge in der Ferne ein Unterseeboot und ließ anschließend seine Maschine in die Tiefe fallen.

Zwei und Drei, zu mir!“, befahl der Bastioner im strengen Tonfall. „Holen wir uns diese Kerle.“

In einem rasanten Tempo stürzte der TIE/D Defender in die Tiefe. Sowohl der eisige Wind als auch die planetare Gravitationskraft zerrten unablässig, unerbittlich an dem beschädigten Sternjäger, der sich unbeirrt im Sturzflug befand, während unten die Meeresoberfläche – aufgewühlt vom Gewitter – unruhig hin und her wog. Selbst das vermehrte Ausschlagen der hochsensiblen Höhenmessernadel in den roten Bereich schien den Fall nicht aufhalten zu können. Dass es sich letztendlich tatsächlich um ein kontrolliertes Manöver handelte, konnte man erst in dem Augenblick sehen als plötzlich die (nicht vorhandene) Nase gefühlvoll hochgezogen wurde. Nun rauschte die rasende Maschine knapp über den schneeweißen Kämmen der Wellen hinweg. Überaus feine Wassertropfen spritzten durch die Luft. Einen Großteil davon trug der Wind mühelos hinfort. Nur ein kleiner, sehr kleiner Teil traf auf den aktivierten Deflektorschild des TIE und brachte diesen für eine kurze Millisekunde wirklich zum Vorschein. Stets in einem hellen Farbton flimmerte der Schutz in solchen Momenten.

Ziemlich abgeklärt klang Pranay Irimore als er auf einmal in knappen Worten über den Rottenkanal meldete:
[Ziel im Visier eingerastet. Zwei Torpedos noch vorhanden. Feuer auf Befehl.]

„Feuer nach eigenem Ermessen“, entgegnete der Staffelführer mit zusammengepressten Zähnen, da er nur Sekunden zuvor mit seinem einen Solarflügel einen Wellenkamm hart geschnitten hatte. „Sie haben die Erlaubnis diese Mistkerle zu den Fischen zu schicken, Drei.“

Nachdem er noch eine große Welle hinter sich gelassen hatte, erstreckte sich vor ihm mit einem Mal ein gewaltiges Tal. Mickrig wirkte das Unterseeboot, das noch immer nicht den Schutz in der Tiefe gesucht hatte, zwischen all diesen riesigen Wasserbergen. Kurz regte sich in ihm die Frage, ob man das Tauchen – auch nur im Entferntesten – mit einem Flug durch das luftleere Vakuum vergleichen konnte. Hatte man wirklich mehr Angst in der Tiefe zu sterben? Oder schürte womöglich der Raum, der nahtlos an die Atmosphäre eines bewohnten Planeten anschloss, die größeren Ängste. Bevor der Gedanke zu sehr in seinem Bewusstsein aufkeimte, schob Aiden ihn beiseite. Stattdessen nahm er – genau wie sein Flügelmann – das Ziel ins Visier. Irgendwo in unmittelbarer Nähe ging plötzlich ein Blitz nieder, erhellte seine Umgebung für einen Wimpernschlag und zeigte dem Piloten so, dass das Ziel langsam ein Projektilgeschütz auf ihn ausrichtete. Er konnte das Schwarz der Mündung sehen.

'Na komm schon!', dachte der fliegende Major verbissen. In seiner Brust schlug sein Herz laut. Und möglicherweise griffen seine Schläfen dieses Schlagen auf, denn fast synchron fing in seinem Kopf das Pochen an. Obgleich er dem Tod in so vielen Dogfights schon kühn in die Augen geblickt hatte, hatte er in diesem Moment zum ersten Mal wirklich das Gefühl, dass die Zeit still stünde. Maximal in Zeitlupe liefen sämtliche Prozesse außerhalb seiner kugelrunden Kabine ab. Er bildete sich sogar ein, einzelne Regentropfen fallen zu sehen. Langsam rutschte sein rechter Daumen auf den richtigen Feuerknopf. Er schloss den kaum geöffneten Mund; hielt sogar die Luft an. Noch einmal schlug das Herz; unterstützt vom steten Pochen in seinen beiden Schläfen. Zum Blinzeln schlossen sich für den Bruchteil einer Sekunde die Augen – vielleicht zum letzten Mal? War er bereit zu sterben?

Und dann ging auf einen Schlag alles ganz schnell. Hell blitzte die Mündung auf als das feindliche Geschütz das Feuer eröffnete. Einen Schwall Projektile spuckend versuchte es sich auf diese Weise dem nahenden Imperialen zu erwehren. Aber seine Chancen standen schlecht. Denn fast im selben Moment erwachten die vier Laserkanonen des TIE-Defender. Ohne von irgendeinem Strahlenschild geschützt zu sein, musste das Unterseeboot die volle Zerstörungskraft allein wegstecken – und war deshalb von vornherein dem Tod geweiht. Denn letztendlich brauchte der imperiale Elitepilot nicht mehr als einen einzigen Anflug. Die vier Laserkanonen – eigentlich dazu gedacht andere Sternjäger oder gar Raumstationen zu zerstören – brannten sich ohne Probleme durch die Panzerung, zerstören allerhand wichtige Instrumente und besiegelten so das Schicksal der ganzen Besatzung. Kaum hatte der imperiale Jagdbomber überflogen, da verschluckte auch schon eine Welle das Unterseeboot für immer.

Derweil im Hintergrund Sirenen heulten, drang Yag Gyrrs monotone Stimme an sein Ohr.
[Wolves, Sie sind angewiesen zur 'Hoplite' zurückzukehren. Das Flottenkommando dankt ihrem Engagement. Gute Heimkehr.]

[Adumar-System | Adumar :||: Cartaan City | Ozean :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottill; Elfte Kampfgruppe :||: TIE/D „Wolf Eins“ :||: Major Aiden Thiuro allein :]

[OP: Und damit hat die Schlacht von Adumar – jedenfalls für Aiden – ihr Ende gefunden.]
 
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge ] irgendwo am Boden | Sakura Mitsumo (Wolf Sieben) ]

Es schien eine Ewigkeit zu dauern bis sie den Schutz der Bäume erreichte hatte und sich keuchend gegen eine Stamm lehnte. Das Schneetreiben flaute hier im Schutz ein wenig ab. Jedenfalls dort, wo die Bäume dicht genug standen und die Äste den Schnee abfingen. Nicht desto trotz würde sie hier nicht lange bleiben können. Die Gefahr zu erfrieren war zu groß. Sie brauchte Schutz und vor allem ein wärmendes Feuer. Doch weit und breit war nichts zu sehen und die Sicht war ohnehin nur gering. Zuvor jedenfalls brauchte sie etwas um sich darauf zu stützen. Ihr rechtes Bein war nicht wirklich belastbar und der Sturz schien zudem ihren Knöchel verletzt zu haben. Es würde sie Mühe kosten sich zu bewegen. Also versuchte sie sich an eine Atemübung zu erinnern. Es viel ihr schwer, sehr schwer um genau zu sein. Die Kälte ließ ihre Zähne klappern. Sie musste sich bewegen! Mit zusammengebissenen Zähnen humpelte sie vorwärts. Stück für Stück, auf der Suche nach einem Ast der stark genug war um ihr Gewicht zu tragen. Doch auch hier zeigte sich deutlich, dass die Sicht es ihr erschwerte fündig zu werden und Sakura hatte das Gefühl eine halbe Ewigkeit verzweifelt zu suchen, bis sie endlich fündig wurde. Vorsichtig ließ sie sich auf den Boden sacken, zog den starken Ast aus dem Schnee und prüfte ihn auf seine Stabilität. Die vorherigen Äste waren geborchen, dieser hier schien endlich zu halten. Mit dem Messer bearbeitete sie desen oberes Ende um sich besser darauf stützen zu können. Eine Prozedur, die einige Zeit in Anspruch nahm und ihre Zähne noch mehr klappern ließen. Dann zog sie sich langsam nach oben. Sich zu orientieren war nicht einfach. Also versuchte sie einen Anhaltspunkt zu finden. Moos konnte sowohl auf der Nordseite eines Stammes wachsen wie auch auf der Westseite. Es kam auf die Landschaft an. Demnach würde sie Nord von West nicht unterscheiden können. Dennoch musste sie sich zu etwas entscheiden. Also folgte sie dem Gefühl heraus einem Pfad, orientierte sich an den Bäumen und dem daran wachsenden Moos.

Schleppend waren ihre Schritte. Ihr gesamter Körper schmerzte. Sie frohr und war müde. Zeit war relative. Ihr Chrono hatte den Abstruz überlebt. Sie schien ewig für einige Meter zu benötigen. Verdursten konnte sie jedenfalls nicht. Schnee war genug vorhanden. Schwieriger würde es werden etwas zu Essen zu bekommen und ihr jetziger Zustand würde es nicht vereinfachen. Minuten verstrichen, wurden zu Stunden in denen die Pilotin herumirrte. Es fühlte sich so an. Weiter und weiter schleppte sie sich, ihre Gedankenwelt wollte ihr nicht mehr gehorchen. Sie war erschöpft, unendlich erschöpft als sie irgendwann zu Boden sackte und nach Atem ring. Sie schloss die Augen, versuchte ihr Kräfte zu vereinen um noch ein wenig weiter zu kommen, ehe es dunkel werden würde. Sie konnte hier nicht bleiben! Sie brauchte einen Unterschlupf. Irgendetwas wo sie sich ein wenig ausruhen konnte. Mühsam öffnete sie die Augen, versuchte sich nachoben zu drücken doch ihre Beine versagten ihr den Dienst. Stöhnend vor Schmerz sank sie zurück. Sie war erschöpft. Sakura musste ein wenig ausruhen! Wenigstens ein wenig!

Seufzend wünschte sie, sie könnte wenigenste ein Feuer entzünden doch selbst dafür fehlte ihr die Kraft. Wohin war sie entschwunden? Als es ihr klar wurde begann bereits das Bild vor ihren Augen leicht zu verschwimmen. Der Verband den sie provisorisch zur Unterstützung angelegt hatte war blutdruchdrängt. Stöhnend versuchte sie diesen zu lösen. Ihre Finger fühlten sich leicht taub an und so brauchte sie länger als eigentlich üblich um die Polsterung zu lösen. Ein Schwall Blut quoll hervor und färbte den Schnee tiefrot. Sie würde versuchen müssen die Blutung irgendwie zu stoppen. Den Oberschenkel irgendwie abzubinden. Also öffnete sie die Fliegermontur ein Stück, um an die Wäsche darunter zu kommen. Langsam schnitt sie von ihrem Oberteil ein langest Stück ab, schloss ihre Montur und legte die Stoffstreifen in den Schnee. Stück für stück schnitt sie einen Durchgang durch den festen Stoff des Beines. Sie musste dringend einen Blick auf die Verletzung werfen. Das Blut quoll noch immer heraus und sie versuchte mit dem kalten Schnee wie ein wenig Stoff die Blut hinfort zu wischen. Dann band sie oberhalb ihres Oberschenkels das Bein fest ab, ehe sie das restliche Blut entfernte. Der dickere Ast, welcher ihren Oberschenkel durchschlagen hatte war gesplittert. Daher die zusätzlichen Schmerzen. Allerdings konnte sie nichts tun, wusste jedoch, dass sie bald auf Hilfe stoßen musste, andernfalls würde sie sich eine Entzündung zuziehen. Möglicherweise noch schlimmeres. Also stabilisierte sie das Bein von neuem, legte die in Schnee ausgewaschenen Stücke wieder darum und verband es, ehe sie den Stoff der aufgeschnittenen Montur zusammenfügte und mit einem Stück ihres Oberteils überdeckte und zusammenband. Ihre Finger waren fast taub, als sie ihre Handschuhe überzog und erneut versuchte sich nach oben zu stemmen.

Würde man nach ihnen suchen? Ein Gedanke der ihr bisher nicht wirklich gekommen war und der nun ins Zentrum ihres Seins rückte. Würde man sie für tod halten? Möglich. Es würde ein Kampf ums Überleben beginnen auf einer Welt die sie nicht kannte und bei Bewohnern die ihr feindlich gesinnt waren. Die Gefahr entdeckt und gefangen zu werden war hoch und sie war das perfekte Opfer. Langsam rutschte sie über den Schnee, zog ihr verletztes Bein hinter sich her und versuchte mit dem gesunden ihr Fortkommen zu beschleunigen. Es war anstrengend, überaus anstrengen und das Vorwärteskommen war mühselig. Irgendwann blieb sie keuchend liegen. Das Wetter war gnadenlos. Noch immer schneite es und Sakura musste sich dringend ausruhen. Schlafen! Ein wenig schlafen! Nichts mehr wünschte sie sich. Doch diesem Wunsch konnte sie nicht einfach so folgen.

Sie wusste nicht wie lange sie so dagelegen hatte. Sie hörte nur wie etwas oder jemand sich näherte. Doch sie hatte nicht die Kraft um sich zu rühren. Ihre Sinne waren vernebelt, ihr Körper fast steif gefroren. Sie hörte etwas, etwas was einem murmeln gleichkam. Dann fühlte sie Hände sie ergriff.

"Schau an was wir da gefunden haben. Ein kleines Bündel, mit Rehaugen", hörte sie eine Stimme welche männlich klang. "Allerdings. Wir sollten es einpacken. Sieht aus als ob es Hilfe gebrauchen könnte", meinte die zweite Stimme. Sakura wollte etwas sagen, bekam jedoch kein einziges Wort über ihre blaugefrorenen Lippen. Sie fühlte nur wie sie nach oben gehoben und in ein Fahrzeut gelegt wurde. Dann brauste sie irgendwohin. Sie schloss die Augen und als sie diese wieder öffnete hielt das Gefährt vor einer Hütte. Wieder wurde sie aufgehoben und dann hinein gebracht.

"Mach feuer,Finn. Ich werde mir unser Bündel mal genau anschauen", erklang eine dunkle Stimme, legte sie auf den Boden und blickte auf sie herab. "Scheint mir ziemlich verletzt zu sein", teilte er seinem Freund mit, ging vor ihr in die Knie und zog das Haar aus ihrem Gesicht. Seine hellen Augen blickten ihn ihre braunen. "Eine Frau, Finn. Durchgefroren", gab er weiter und blickte an ihrem Körper herab. Langsam ging er in die Knie. "Keine Angst kleines, ich will mir dein Bein ansehen", ab er Sakura zu verstehen. "Sieht nicht gut aus. Finn, bring mir das Medipack", befahl er. "Also kleines, ich werde dir jetzt die Hose aufschneiden und dich versorgen", teilte er ihr mit. Sakura bekam außer einem Nicken nichts zustande. Der zweite Mann tauchte neben ihr auf, gab dem ersten was er wünschte und dieser schnitt ihr das Hosenbein von oben bis unten auf. Was genau geschah bekam sie nicht mit, da sie das Bewustsein verlor, wohl auch auch, weil man sie betäubt hatte.

[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge ] irgendwo am Boden | Hütte | Sakura Mitsumo (Wolf Sieben, bewusstlos) & zwei Männer ]
 
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge ] irgendwo am Boden | Hütte | Sakura Mitsumo (Wolf Sieben, bewusstlos) & zwei Männer ]

Es war warm, unheimlich war und dies war eigenartig. Sie hatte die ganze Zeit über gefroren, ihre Zähne hatten geklappert, ihre Lippen waren blau gewesen und... Trotz allem war ihr nun unheimlich warm. Erkären konnte sie es sich nicht. Träumte sie? Lag sie irgendwo im Schnee und war am erfrieren? Dies konnte nicht sein! Sie fühlte eindeutig die Wärem, welche sich wundervoll anfühlte. Langsam versuchte sie die Augen zu öffnen. Sie blinzelte. Dann hörte sie ein Knacken und das Züngeln von Flamen. Die Augen gänzlich aufschlagend blickte sie direkt in ein Feuer welches munter vor sich her züngelte. Sakura erinnerte sich daran, dass man sie gefunden und in eine Hütte gebracht hatte, wie man begonnen hatte sie zu versorgen und dass zwei Männer bei ihr gewesen waren. Außer dem knistern des Feuers konnte sie jedoch niemanden hören. Man hatte sie dick eingepackt. Vorsichtig schob sie die Decke beiseite und erschrack. Sie trug ihre Fliegermontur nicht mehr! Was bedeutete dies? Ein Blick auf ihren Oberschenkel ließ sie durchatmen. Er war dick umwinkelt. An ihrem rechten Knöchel befand sich ebenfalls ein Verband und um ihren Körper hatte man etwas zur Stabilität geschlungen. Scheinbar um die Rippen ein wenig zu entlassten. Vorsichtig sah sie sich um. Diese Hütte schien ein wenig mehr als eine Hütte zu sein. Die Bezeichnung Haus traf es eher. Die Einrichtung war zweckmäßig, erinnerte aber auch irgendwie an ein Lazaret. Sakura zog die Decke erneut über sich, schloss die Augen und lauschte dem Feuer. Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie erneut die Augen öffnete blickte sie in ein männliches Gesicht, welches schätzungsweiße ende dreißig anfang vierzig sein musste.

"Sie sind also wach, kleines. Wollen sie etwas Essen?", hakte er nach und lächelte, obe seine dunkle Stimme faszinierend klang.

Sakura nickte, versuchte sich aufzusetzen, wurde jedoch zurück auf das Bett gedrückt. "Nicht so schnell, kleines. Ich werde wohl kaum zulassen, dass du dir deine Wunden aufreist. Es hat mich ein wenig Zeit gekostet dich zusammen zu flicken", offenbarte er ihr, wobei Sakura ihn verwundert ansah.

"Ich bin im übrigen Dr. Gavin Graham und sie?", wollte er wissen.

Sakura schluckte. Ein Arzt, da hatte sie aber ziemlich Glück gehabt.

"Sakura", erwiderte sie kurz.

"Freut mich ihre Bekanntschaft zu machen. Ich nehme an sie sind Pilotin. Ihrem Dress zu urteilen jedenfalls. Wie auch immer, ich werde ihnen jetzt helfen sich aufzusetzen und dann essen sie etwas. Mein Kollege ist unterwegs", teilte er ihr mit und half ihr dann sich langsam im Bett aufzusetzen, wobei er ihr ein Kissen hinter den Rücken schob. Kurz wandte er sich ab, dann kehrte er mit einer dampfenden Suppe zurück und reichte sie ihr. Sie roch überaus gut. Sakura nahm den Löffel und probierte. Eine Kräftige Brühe mit Fleisch. Sie schmeckte hervorragend. Der Doktor beobachtete sie Aufmerksam und füllte ihre Schüssel nach als diese leer war.

"Wo sind ihre Leute?", wollte Gavin wissen und ließ Sakura leicht zusammen zucken. Seine Frage kam so schnell - sie war so unvorbereitet - dass sie zuerst einmal nicht wusse wie sie reagieren sollte. Was sagen? War er vertrauenswürdig? Sicher, er hatte ihr das Leben gerettet doch er war ebenso Arzt und damit entsprach es seinem Kodex. Sie kannte ihn nicht, wusste nicht wer er sonst war, was er tat und ob er dem Eisernen Bund angehörte. Zu viele Fragen auf die sie wohl wahrscheinlich keine Antwort würde geben können.

"Ich weiß es nicht", gab sie zurück. Wohl wissend, dass er ihr vielleicht nicht glauben würde. Doch sie wusste es tatsächlich nicht. Sie wusste nicht ob es überlebende gab, ob die Mission gescheitert oder erfolgreich verlaufen war. Gavin sah sie nachdenklich an, strich dann über seinen kurzen Bart und zuckte mit den Schultern.

"Also gut. Ich werde nicht weiter fragen, sie werden sich erholen müssen und dann werden wir zusehen, dass sie von hier weg kommen. Als Imperiale sind sie hier nicht sicher", teilte er ihr mit und Sakura wölbte eine Braue.

"Was meinen sie damit?"

Er schmunzelte kurz bevor er antwortete: "Die meisten hier sind dem Imperium nicht gut gesonnen und würden sich über einen Fang wie den ihren freuen. Sie können also froh sein, dass sie mir in die Hände gefallen sind und nicht jemand anderem."

"Sind sie dem Imperium wohl gesonnen?"

War er dies oder gab er es nur vor zu sein? Versuchte er vielleicht ihr Vertrauen zu erwecken um sie dann ausliefern zu können? Er konnte ihr sonst etwas erzählen und nichts davon musste der Wahrheit entsprechen. Ihrer Flugmontur war anzusehen gewesen, dass sie zum Imperium gehörte und wahrscheinlich hatte er sogar die Kämpfe beobachtet. Wieder kam eine Fragen in ihr auf.

"Dies ist eine Frage, die ich nicht so einfach beantworten werde, kleines. Verzeihen sie mir", beantworter er ihr Frage eher ungenügend.

"Weshalb sind sie hier draußen? Ich meine wenn sie Arzt sind, sollten sie dann nicht an einem anderen Platz sein?"

Kurzes Schweigen. "Nein, mein Platz hier ist wichtig", war alles was er dazu sagte.

"Wo ist ihr Freund?"

Es war einen Versuch etwas mehr heraus zu finden. Das er nicht hier war beuruhigte Sakura.

"Er ist unterwegs um einen hübschen Braten zu besorgen", erwiderte er. Sehr gesprächig schien er nicht zu sein.

"Braten?"

"Kleines, fragen sie nicht so viel. Glauben sie es ist zu ihrem Vorteil. Sie sollten sich ausruhen. Das lange Sitzen ist nicht gut für ihre Rippen. Schlafen sie etwas. Ich werde sie wecken sobald es Abendessen gibt", brachte er an, erhob sich von dem Stuhl neben ihr, nahm ihr den Teller aus der Hand und brachte ihn fort. Dann legte er Holz nach und half ihr sich zurück zu legen. Es dauerte nicht lange, dann schlief sie erneut ein, wobei sie sich fragte ober ihr etwas zum schlafen in die Suppe gerührt hatte.

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[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | in Sichtweite zur Küste | unterwegs in Richtung Hauptstadt] Chett Nectu (Wolf 9)

Weiterhin folgte Chett Nectu der Straße. Diese entfernte sich nach einer Weile von der Küste; vielleicht nicht weit, doch das Meer geriet außer Sicht. Er war verunsichert: Befand er sich noch auf der richtigen Route oder hatte er sich schon wieder verfahren? Solange sich niemand bemühte, die Straßen von dem dicken Schnee zu befreien - was wohl erst die imperialen Pioniere erledigen würden, wenn die Schlacht um die Hauptstadt zu Ende war und man daran ging, das Umland zu sichern - war das schwer zu beurteilen. Aber ihm blieb keine Wahl, als sich von Markierung zu Markierung zu tasten, sofern diese zu sehen waren, und zu hoffen, dass er irgendwann und irgendwie ankommen würde. Dieser Alptraum musste ein Ende finden, auf die eine oder andere Weise!

Dann bog er um eine Kurve und hinter dem Berghang tauchte abermals der Ozean in seinem Blickfeld auf. Grau und trüb. Anstatt sich vom Meer zu entfernen, wie er befürchtet hatte, war er ihm sogar noch ein gutes Stück näher gekommen: Die Straße lief nun direkt an der Steilküste entlang. Links von dem erbeuteten Halftrack ging es in gähnende Tiefen. Man konnte weit blicken. Und Chett sah auch die Stadt. Cartann City, zumindest Teile davon.

»Na also, es geht doch!« murmelte er erleichtert.

Er stieg aus, um besser sehen zu können. Die Stadt war noch viele Kilometer entfernt und man konnte nicht viele Details ausmachen. Was man aber auch aus großer Ferne schon erkennen konnte, waren gewaltige Rauchschwaden. Die Hauptstadt von Adumar stand in Flammen. Hin und wieder konnte der Pilot sogar Lichtblitze von Explosionen erkennen und er glaubte sogar kleine Punkte durch die Luft schwirren zu sehen: Bomber oder Landungsboote. Aber das tödliche Licht von Flugabwehrfeuer war nur ganz spärlich auszumachen. Die Zerstörungen waren zu groß, um nur von den ersten Jägerangriffen zu stammen. Er erhielt nun durch seine eigenen Augen die Bestätigung für das, was er bereits aus dem örtlichen Datennetz erfahren hatte: Die Bodeninvasion hatte begonnen. So wie hier sah es derzeit wohl auch an vielen anderen Orten des Planeten aus. Das Imperium nahm sich, was ihm zustand. Die Adumari bekamen die Quittung für ihre Dummheit, die Aufmerksamkeit des Reiches auf ihre Heimat gezogen zu haben.

Chett bemerkte noch etwas: Teile der Stadt waren überflutet. Und als seine müden, rot geäderten Augen das Meer absuchten, entdeckte er auch die Ursache. Nicht weit von den Resten der Hafenanlagen entfernt ragte etwas aus dem Wasser, das wie ein Fremdkörper wirkte und vor einigen Stunden, als er zusammen mit den Wolves diese Wasser überflogen hatte, noch nicht da gewesen war. Auf den zweiten Blick erkannte er, worum es sich handelte. Das hintere Ende eines Acclamator-Kreuzers ragte aus dem Wasser. Nur das charakterische, spitz zulaufende Heck und Teile der oberen Aufbauten; der Brückenturm fehlte. Er konnte die Insignien nicht erkennen und dementsprechend nicht mit Sicherheit sagen, für welche Seite das Schiff bis zu diesem tragischen Ende gekämpft hatte. Aber sein Gefühl sagte ihm, dass hier Tausende von Verbündeten gestorben waren. Tod hatte auch beim Imperium eine reiche Ernte eingefahren. Das tat er immer. Es lag in seiner Natur.

»Los jetzt, genug geglotzt. ein paar Kilometer noch...« ermahnte er sich selbst, löste sich von dem schaurig-schönen Anblick und wandte sich wieder dem Halftrack zu. Doch gerade als er wieder eingestiegen war, hörte er ein kurzes, donnerndes Geräusch, das sich rasch noch einmal wiederholte. Begleitet wurde es von einem metallischen Ächzen. Chett Nectu fragte sich noch, was das zu bedeuten hatte, als plötzlich ein riesiges Objekt zwischen den hochgewachsenen Bäumen auftauchte und einen von ihnen abknickte wie ein Streichholz. Der Yaga-Minoer erlebte nun einen Anblick, der sonst nur den Feinden des Imperiums vergönnt war und ihn mehr entsetzte als alle anderen Erlebnisse dieses Tages: Er schaute einem AT-AT ins tierhafte Angesicht!

Seinem Überlebensinstinkt folgend hechtete er sich aus der Fahrerkabine. Dass er noch nicht angeschnallt gewesen war, rettete ihm das Leben. Denn hinter ihm explodierte das Halbkettenfahrzeug in einer Hölle aus Laserfeuer und dem Inhalt des geborstenen Wasserstofftanks. Trümmer regneten um ihn herum in den Schnee, wo sie dampfend und rauchend einsanken. Chett sprang auf. Seine Beine wollten fliehen, doch er tat stattdessen etwas, das nur die wenigsten machten, die sich einem solchen Stahlmonstrum gegenübersahen: Er blieb stehen, winkte mit beiden Armen und rief. Die Waffen richteten sich auf ihn aus und für einen Moment sah es so aus, als würde ihn gleich ein mörderischer Energiestrahl verdampfen wollen. Doch dann erklang stattdessen eine Stimme aus einem überlaut eingestellten Lautsprecher und hallte trotz der Vegetation und der isolierenden Schneeschicht von den Berghängen wider.

»HINLEGEN UND HÄNDE AUF DEN RÜCKEN!« lautete der Befehl.

Chett leistete ihm augenblicklich Folge. Er warf sich bäuchlings in den Schnee, wo er so tief einsank, dass er das kalte Weiß auch in Kragen, Nase und Augen bekam. Selbst wenn er gewollt hätte, er hätte nicht aufblicken können, um zu beobachten, was geschah. Nur die Geräusche verrieten ihm, das sich wohl die Luke am unteren Ende öffnete und sich Insassen abseilten. Normalerweise transportierten diese Fahrzeuge Sturmtruppen ins Kampfgebiet. Es dauerte nicht lange, bis feste Hände ihn packten und auf die Füße zerrten. Die Arme wurden ihm schmerzhaft auf den Rücken gedreht und grob riss man ihm die Waffen vom Gürtel. Er spuckte den Schnee aus und blinzelte dann durch die Kristalle und Tropfen, die an seinen Lidern klebten. Er sah die weiße Gesichtsmaske eines Sturmtrupplers, der sein Kinn gepackt hatte, um ihn sich aus nächster Nähe anzusehen.

Und Chett Nectu lächelte erleichtert. Eine Gefangennahme durch Sturmtruppen - was für andere der Inhalt von Alpträumen war, kam ihm nun einer Erlösung gleich. Es war gelungen: Er hatte seinen Absturz in den Bergen überlebt und sich erfolgreich bis zu befreundeten Truppen durchgeschlagen. Damit fand die Schlacht für ihn ein Ende!

[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge | verschneite Bergstraße | in Sichtweite zur Hauptstadt | befreundete Einheiten] Chett Nectu (Wolf 9)
 
[ Adumar-System| Adumar | Cartaan-City | Strandufer | Samin & Dr. Tessa Tesara ]

Samin konnte ihren Augen kaum trauen. Für einen kurzen Moment vergaß sie sogar die Person, die vor ihrer ausgestreckten Waffe her schritt. Die Ereignisse überschlugen sich nun. Aus dem Meer, über dem Samin und Aiden Thiuro noch vor wenigen Minuten gegen die unbekannten Jagdbomber der Adumari bekämpft hatten, tauchten ohne jede Vorwarnung Unterwasserfahrzeuge auf und begannen das imperiale Landungsschiff zu beschießen. Der Angriff war zu schnell und zu unvorhersehbar geschehen, als dass die Angreifer rechtzeitig reagieren konnten. Ehe Samin auch nur fassen konnte was dort geschah, hatte der Kreuzer bereits harte Treffer kassieren müssen und kam vom Kurs ab. Für sie war die Katastrophe bereits unabwendbar. Die „Reek One“ würde in das Meer stürzen. Und wenn dies geschah, sollte sie selbst lieber nicht mehr in der Nähe sein.

Nun, da sie sich dessen bewusst wurde, setzte die Panik ein. Noch war weit und breit kein Rettungskommando zu sehen und ihr Jäger stand immer noch flugunfähig am Strand. Auch wenn ihr dieser Gedanke nicht gefiel, sie mussten schnellstens dort weg. Wenn die „Reek One“ ins Wasser stürzte, würde die Flutwelle sie einfach wegspülen.


„Umdrehen!“, bellte Samin ihre Gefangene an, noch bevor sie selbst die Fassung wiedererlangt hatte. Mit der freien Hand riss sie Dr. Tesara am Arm herum, ehe sie ihr einen heftigen Schubs in den Rücken gab um sie zum Laufen zu bewegen. „Wir nehmen ihren Gleiter.“

So schnell sie ihre Beine in der schweren und in dieser Situation völlig unpraktischen Fliegermontur trugen rannte die Chiss den steinigen Strand entlang, die Doktorin vor sich hertreibend. In dieser Situation kümmerte sie sich jedoch nicht mehr darum, die Waffe auf ihren Rücken gerichtet zu halten. Das war nun zunächst nebensächlich.

Gerade als sie am Gleiter ankamen traf die „Reek One“ brennend und mit sichtbaren Kratern ausgestattet auf der Meeresoberfläche auf. Selbst im tobenden Gewitter war das Grollen, das der Aufschlag verursachte, nicht zu überhören. Samin spürte, wie sich die Gänsehaut unter ihrem Overall breit machte. Sie hatten gerade tausende tapfere Imerpiale Leben auf einem Schlag verloren. Zeit zu trauern hatten sie jedoch nicht. Völlig außer Atem forderte sie ihre unfreiwillige Begleiterin mit einer Handbewegung dazu auf, auf dem Beifahrersitz des zivilen Fahrzeugs Platz zu nehmen. Sie selbst schwang sich ohne Zeit mit irgendwelchen weiterführenden Gedanken zu verschwenden ans Steuer, startete den Gleiter und gab Gas. Ein Blick zurück verriet ihr, dass sie Recht hatte. Auch wenn der Gleiter hinter sich eine dichte Wolke aus Schnee und Sand aufwirbelte, konnte sie die Welle, die der Aufschlag verursacht hatte, deutlich erkennen. Sie war vermutlich groß genug um zumindest einen Teil des Strands und der Promenade zu überrollen.

Samin steuerte auf eben jene Promenade zu, in der Hoffnung, ins Innere der Stadt zu gelangen. Sie konnte nur beten, dass ihre Landungstruppen bereits den Strandnahen Bereich Cartaan Citys gesichert hatten. Zum Glück war der steinerne Weg groß genug, um den Gleiter bei voller Geschwindigkeit in niedriger Höhe fliegen zu können. Hindernissen konnte sie ohne Probleme ausweichen. Die Wölfin konnte sich sehr gut vorstellen, wie einladend die Promenade bei gutem Wetter für Meerliebhaber wirken mochte. Eine Vielzahl kleiner Läden und Stände reihte sich dort entlang. Mit Sicherheit war sie beliebt und gut Besucht unter den Adumari, wenn ihr Planet gerade nicht von Imperialen Invasionstruppen befreit wurde.

Eines ihrer rotfarbigen Augen hielt Samin während der Fahrt unentwegt auf die rothaarige Frau an ihrer Seite gerichtet. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Dr. Tesara, die sich inzwischen auffällig ruhig verhielt, irgendeine Dummheit plante.

Als die Pilotin den Gleiter schließlich in eine Straße lenkte, die sie in die Stadt führen würde, konnte sie einen guten Blick auf das Ausmaß erhaschen, dass der die Invasion über Cartaan City gebracht hatte. Die Straßen an dieser Stelle der Stadt waren wie leer gefegt. Zu sehen waren lediglich Spuren der Kämpfe, die noch vor kurzer Zeit in diesem Bereich geführt worden waren. Trümmer, verlassene oder zerstörte Stellungen der Adumari, Reste imperialer Kriegsmaschinerie, die teils lodernd brannten, oder auf denen sich bereits der Schnee abgelegt hatte, pflasterten die Wege. Auch zurückgelassene Leichen waren keine Seltenheit. Dieser Anblick flößte Samin ein unbehagliches Gefühl ein, vor allem, da sie während Kampfeinsätzen kaum den Boden betrat. Im All wurde sie von diesem Bild größtenteils verschont. Dennoch war sie gefasst genug, um nicht in Panik zu verfallen. Krieg forderte nunmal seine Opfer. Das war im Sternjägerkorps nicht anders als bei den Bodentruppen.

Zum Glück war es nur eine Frage der Zeit, bis sie auf imperiale Stoßtruppen stießen. Auch ohne die Verstärkung des übergroßen Landungsschiffs „Reek One“ hatten die Soldaten, die in den kleineren Transportern und Shuttles abgesetzt wurden, bereits einen beachtlichen Bereich Cartaan Citys besetzt. Am Ende einer der langen Straßen, die durch die Häuserschluchten der Stadt führten, erkannte Samin zweifelsohne zwei imperiale AT-STs, sowie ein Art provisorischer Stellung.

Als die imperiale Pilotin nur noch wenige hundert Meter entfernt war, verringerte sie die Geschwindigkeit. Offenbar wurde sie bereits entdeckt, denn einer der mittelgroßen Kampfläufer drehte sich in ihre Richtung. Nun wurde sie mit einem Problem konfrontiert, an welches sie vorher keinen Gedanken verschwendet hatte. Wie sollte sie sich zu erkennen geben? Die Ausführung des Gleiters war bis auf wenige unerhebliche Ausnahmen galaxisweiter Standard. Das Kommunikationssystem war eine dieser bis dahin unerheblichen Ausnahmen gewesen. Mit den fremden Symbolen auf den Konsolen konnte sie nichts anfangen. Während Samin über eine Lösung nachdachte, verringerte sie weiter die Geschwindigkeit und versuchte Abstand zu wahren.


„Schalten Sie…“

Vermutlich wäre es für Dr. Tesara ein Leichtes gewesen eine Com-Verbindung herzustellen, doch es war bereits zu spät. Es war nicht der AT-ST der Schoss, sondern eine vorgezogene und getarnte Stellung eines E-Webs, das Samin übersehen hatte, welches die linke Seite des Gleiters vollkommen zerstörte. Das Triebwerk auf dieser Seite fiel umgehen aus und Samin verlor die Kontrolle. Zuletzt bekam sie nur noch mit, wie sie herausschleuderte, ehe der schwarze Vorhang vor ihre Augen fiel und der Gleiter gegen eine Hauswand prallte.

Als die Chiss wieder zu Bewusstsein kam, befand sie sich bereits an Bord eines Shuttles. Sie befürchtete das Schlimmste, konnte jedoch außer einem Dröhnen im Kopf und leichten Schmerzen in der Schulter keine schlimmeren Verletzungen feststellen. Wegen ein paar Schürfwunden würde sie nicht in Verzweiflung ausbrechen. Mit schwammigem Blick glaubte sie weitere Verwundete Imperiale neben sich zu sehen. Von Dr. Tesara und dem roten Flugschreiber fehlte jedoch jede Spur.


[ Adumar-System| Orbit von Adumar | Medi-Shuttle | Samin, verletzte Soldaten und Medi-Personal ]
 
[Adumar | Nördlich von Cartann City | Gebirge ] irgendwo am Boden | Hütte | Sakura Mitsumo (Wolf Sieben, schlafend) & Dr. Gavin Graham]

Als sie erneut erwachte war es draußen dunkel. Sie hatte lange geschlafen, war nur hin und wieder zum Essen wach gewesen. Ihr Körper war geschundener als sie gedacht hatte und laut Dr. Graham hatte sie auch mehr abbekommen als sie angenommen hatte. Es herrschte eine seltsame Stille im Haus, so als ob niemand sich hier befand, nicht einmal sie selbst. Dies war natürlich absourd, dennoch war diese Stille ungewohnt. Vorsichtig setzt sie sich auf. Ihre Rippen schmerzten noch. Die Bactaverbände waren immer wieder erneuet worden. Dennoch war ein Verband nichts im Vergleich zu einem Bad. Der Heilungsprozess wurde so nicht beschleunigt. Trotz allem fühlte sie sich besser. Es dauerte einige Sekunden bis sie saß, dann atmete sie durch und schob die Decke beiseite. Dr. Graham hatte die Kleidung besorgt, welche neben ihr auf dem Stuhl lag. Nach und nach zog sie diese an und erhob sich dann langsam vom Bett. Das Bücken um in ihre Stiefel zu schlüpfen tat weh, war jedoch erträglich genug um weiter zu machen. Als sie stand sah sie sich um. Draußen war es tatsächich dunkel. Ob es früher Morgen oder mitten in der Nacht war konnte sie nicht sagen. Ihr Chrono musste irgendwo liegen, die frage war bloß wo. Sakura betätigte den Lichtschalter, dann fiel ihr Blick auf einen Tisch. Dort lag das Chrono und macht ihr klar, dass es in den frühen Morgenstunden war. Noch immer war es ruhig, nichts deutete darauf hin, dass der Arzt und sein Kollege hier waren. Allerdings war es möglich, dass beide bereits unterwegs waren. Sakura jedenfalls wollte sich die Beine vertreten, ein wenig Luft schnappen und so zog sie den dicken Mantel an, welchen sie von Gavin bekommen hatte, trat hinaus ins freie uns sog die eisige Luft ein. Es tat ungemein gut einge Schritte zu gehen. Es ging ihr in der tat um einiges besser. Trotz allem fragte sie sich was aus der Staffel geworden war. Ob es allen gut ging, ob sie Verluste erlitten hatten und ob sie ihre Mission erfüllt hatten. Gleichzeitig machte sie sich Gedanken darüber wie sie zu ihren Leuten zurückfinden konnte. Schließlich musste sie zurück. Es war also an der Zeit Graham darum zu bitten sie in die Stadt zu bringen. Ihre Leute mussten sich dort befinden, jedenfalls hoffte sie dies. Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sie Schritte hörte, wobei ihre Hand nach dem Messer grif. Anspannung machte sich in ihr breit, doch diese verfolg als sie Gavin erkannte. Dieser kam mit einem Lächeln auf sie zu und grüßte.

"Wie ich sehe geht es ihnen besser, kleines. Ich habe Frühstück mitgebracht. Sie sind ziemlich früh wach. Kommen sie rein, dann essen wir", meinte er mit einem Lächeln auf den Lippen und reichte ihr den Arm. Sakura nahm diesen an und ließ sich von dem Arzt ins Haus führen.

"Dr. Graham, ich muss zurück zu meinen Leuten. Können sie mich in die Hauptstadt bringen? Ich gehe davon aus, dass einige meiner Leute sich dort befinden."

Gavin reichte ihr eine Tasse Kaf und nickte. "Dies hatte ich in Erwägung gezogen. Ich wollte solange warten bis es ihnen besser geht und vor allem laufen können. Ich war schon sehr früh in der Hauptstadt und kann ihre Vermutung bezüglich ihrer Leute bestätigen. Nach dem Frühstück fahren wir los", versprach er ihr.

Sakura schenkte ihm ein Lächeln, dann servierte Gavin ein Frühstück was man fast schon mit einem Buffet vergleichen konnte. Sie mochte den Mann, er besaß etwas führsorgliches. Für einen Arzt war dies nichts ungewöhnliches, doch er gehörte dem Feind an und somit rechnete man nicht mit so etwas. Umso dankbarer war sie also.

Nachdem das Frühstück beendet war, Gavin abgeräumt und Ordnung geschaffen hatte, reichte er Sakura erneut den Arm und führte sie nach draußen zu einem geschlossenen Gleiter. Er half ihr einzusteigen, dann fuhren sie los. Sakura blickte ihn von der Seite an und fragte sich erneut weshalb er so hilfsbereit war. Sie hatte ihn bis dato noch nicht gefragt obwohl ihr die Frage eine Weile schon auf der Zunge lag.

"Darf ich sie etwas fragen, Gavin?"

"Sie dürfen, kleines", kam prombt die Antwort zurück.

"Warum helfen sie mir? Immerhin wissen sie, dass ich nicht zu ihren Leuten gehöre. Sie hätten mich ausliefer können, haben es jedoch nicht getan."


Gavin schwieg einen langen Moment und es schien beinahe so als ob er ihr keine Antwort geben wolle. Die Minuten des Schweigens zogen sich dahin. Wollte er es ihr nicht sagen? Konnte er es nicht? Hatte er Bedenken? Der Adumari schien sich nicht entscheiden zu können und Sakuras Gedanken schlugen Purzelbäume. Sorge und Angst waren die ersten Gefühle die aufkamen und sich in ihren Magen gruben.

"Sind sie sich sicher, kleines?", fragte er und Sakura runzelte die Stirn. Was wollte er ihr damit sagen? Sich sicher sein? Womit? Es schien als ob er ihr Fragezeichen hören konnte und so räusperte er sich. "Sakura, wäre ich ihr Feind, hätte sich sie bereits ausgeliefert als ich sie fand." Mehr sagte er nicht. Sie dachte über seinen Satz nach. War es möglich, dass er sympathisiert? War er neutral? Es konnte viele Gründe geben warum er sich nicht als Feind bezeichnete.

"Ich vertehe nicht ganz", offenbarte sie ihm.

Er hielt kurz an und sah ihr in die Augen. "Es gibt Dinge die man nicht offen anspricht, kleines und über die man nicht sprechen sollte. Ich bin ein Freund, dies sollte genügen", erklärte er ihr, dann fuhr er weiter.

Ein Freund...! War er vielleicht so etwas wie ein Agent? Jemand der sich freiwillig den Feinden anschloss um Bericht erstatten zu können? Ärzte neigten durchaus zu so etwas. Eine Antwort würde sie jedenfalls nicht erhalten. Es genügte ihr aber auch zu wissen, dass sie ihn als Freund bezeichnen konnte. Und irgendwie kam ihr dies auch nur logisch vor. Sie hatte wirklich Glück im Unglück gehabt ihn zu treffen. Andererseits, war es möglich das er sie gesucht hatte? Sie würde ihn nicht fragen, eine Antwort würde sie ohnehin nicht erhalten und umso weniger sie wusste, umso besser wäre es.

Die restliche Fahrt verbrachen sie mit unwichtigen Worten, unterhielten sich über das eine oder andere, kamen jedoch nicht zurück auf die Sache mit dem Freund. Sakura war zufrieden mit dem wie es war und als sie die Hauptstadt erreichten wurden sie bereites von Imperialen abgepasst. Sie war erleichtert als eine Einheit antraf. Sie wurden angehalten und befragt. Sakura musste mitteilen wer sie war, da sie Dr. Graham schon kannten.

"Willkommen zurück Pilot Officer Mitsumo. Wir gingen nicht davon aus, dass sie nicht überlebt haben. Officer Synn teilte mit, dass sie abgestürzt seine. Er hat ihren Jäger explodieren sehen", teilte ihr der Mann mit, nickte Gavin kurz zu und deute Sakura dann ihm zu folgen. Ehe sie ihm jedoch folgte wandte sie sich dem Arzt zu, umarmte diesen, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und bedankte sich. Es viel ihr schwer sich von ihm zu verabschieden, dennoch wusste sie, dass sie es tun musste.

Gavin verabschiedete sich ebenfalls von ihr, dann verschwand er. "Haben sie Pilot Officer Nectu gefunden?"

"Er wurde von einer unserer Einheiten aufgegriffen", teilte ihr der Sturmtruppler mit und Sakura fiel ein Stein vom Herzen. Der Strumtruppler brachte sie in eine Unterkunft und bedeutete ihr hier zu warten. Dann verschwand er, wohl um weiter zu leiten, dass man sie gefunden hatte.

[Adumar | Cartann City | Hauptstadt ] Unterkunft | Sakura Mitsumo (Wolf Sieben, schlafend), Nebenraum Strumtruppler]
 
[Adumar-System | Imperiale Flotte | Kriegsschiff | Verhörzimmer] Chett Nectu (Wolf 9)

Es überraschte Chett Nectu nicht, dass man ihn nicht sofort zu seiner Staffel brachte. Wenn jemand wie er hinter feindlichen Linien verloren ging und dann auf so unorthodoxe Weise zu den eigenen Truppen zurückkehrte, war es nur natürlich, dass der Nachrichtendienst sich dafür interessierte. Insofern war es nicht verwunderlich, dass man ihn zunächst auf ein anderes Schiff brachte (welches, sagte man ihm nicht) und ihn dort einem Verhör unterzog. Allerdings hätte er nicht gedacht, dass man ihn dort so lange festhalten würde. Wie lang genau, das konnte er nicht sagen, denn er hatte keine Möglichkeit, die verstreichende Zeit zu messen. Aber er konnte die Verhöre zählen. Es waren vier. Und mit jedem weiteren veränderte sich der Tonfall der Fragen ein wenig. Zu Beginn war es nur darum gegangen, mit wem er Kontakt gehabt hatte. Da hatte das Militär wohl herausfinden wollen, ob er die Gelegenheit gehabt hätte, mit dem Feind gemeinsame Sache zu machen, oder ob er möglicherweise dazu gebracht worden war, wichtige Informationen preiszugeben. Doch Chett hatte glaubhaft gemacht, dass er nicht in Gefangenschaft geraten war, und seine Zeit auf der Oberfläche Adumars geschildert. Dann hatte man ihn erst zum Durchchecken auf eine Krankenstation und dann in ein Quartier gebracht, vor dem ein Wachmann postiert gewesen war, und ihn einige Zeit später für ein weiteres Verhör geholt. Diesmal hatte man sich dafür interessiert, was während seines Versuchs, von der Absturzstelle zur Hauptstadt zu gelangen, passiert war. Die beiden Offiziere, die ihn befragt hatten, waren immer tiefer ins Detail gegangen und hatten jede Kleinigkeit wissen wollen - auch viele Dinge, an die der Pilot sich gar nicht so genau erinnerte. Besonders hatten sie sich natürlich für die Szene interessiert, in der er die Gäste und Mitarbeiter des Rasthofes einschließlich zwei Polizisten als Geiseln genommen hatte. Irgendwann, nachdem er alles wohl zum dritten Mahl haarklein geschildert hatte, hatten sie sich zufrieden gegeben und ihn abermals in das Quartier zurück schaffen lassen. Nach einigen Stunden Ruhe und Schlaf kam dann der dritte Durchgang. Diesmal war es vor allem darum gegangen, warum er seine Entscheidungen gefällt hatte. Ein älterer Mann in grauer Uniform, aber ohne Rangabzeichen hatte diese Befragung durchgeführt. Chett musste dabei genau beschreiben, welche Handlungsoptionen er gesehen und warum er sich für bestimmte entschieden hatte statt für andere. Weshalb er sich beispielsweise dagegen entschieden hatte, in der Nähe seines abgestürzten Jägers auf Rettung zu warten, obwohl er nur in die unbekannte Wildnis hatte fliehen können. Oder wieso er es für nötig gehalten hatte, mehrere Zivilisten zu töten. Ein Vorwurf deshalb schien in den Fragen nicht mitzuschwingen. Der Unbekannte wollte offenbar nicht werten, sondern nur verstehen. Und obwohl der Yaga-Minoer längst gelangweilt und entnervt war von den sich ständig wiederholenden Frage-und-Antwort-Stunden, hatte er sein Bestes getan, den Mann zufriedenzustellen. Schließlich hatte auch der ihn entlassen. Runde Vier war dann kein Verhör mehr gewesen, und die beiden, die sie durchführten, keine Militärs oder Geheimdienstagenten. Zwei Experten des medizinisch-psychologischen Dienstes der Imperialen Flotte waren es gewesen. Also Seelenklempner! Und dementsprechend war die Sache auch abgelaufen. Was er bei seinen Entscheidungen gefühlt hatte, wollten sie wissen. Ob er Reue empfand für seine Taten, ob er es jetzt anders machen würde. Und wie er sich jetzt fühlte. Nectu wunderte sich darüber, auf wie viele Weisen man solche Fragen stellen und dennoch nicht das Interesse verlieren konnte. Nur widerstrebend gab er die erforderten Antworten, denn über seine Gefühle sprach er wirklich nicht gerne. Aber im Lauf seiner Karriere hatte er natürlich schon mehrere Psychologengespräche über sich ergehen lassen müssen und gelernt, dass es überhaupt nichts brachte, sich querzustellen: Das verlängerte die Sache nur und ließ die Abschlussbewertung schlechter ausfallen. Schließlich erwartete man von imperialen Offizieren, bei der Befolgung von Vorschriften jederzeit kooperativ zu sein. Er war müde und emotional ausgelaugt, als endlich die erlösenden Worte kamen:

»Danke für Ihre Kooperation, Pilot Officer. Wir haben nun alles gehört, was wir wissen mussten.«


Die Frau mit der Dutt-Frisur blickte ihren glatzköpfigen Kollegen an und sie nickten einander zu. Er deutete auf ein Datapad, dessen Display Chett nicht sehen konnte. Sie nickte abermals.

»Dann war's das und ich kann auf mein Schiff zurück?« wollte der Pilot wissen. Am Ende der vorherigen Verhöre hatte er das nicht gefragt, aber jetzt war seine Geduld wirklich am Ende und er hoffte nur noch, bald hier wegzukommen.

»Ich fürchte, so einfach ist das nicht, Mr. Nectu«, erwiderte der andere Psychologe. »Wissen Sie, weshalb wir dieses Gespräch mit Ihnen geführt haben?«

»Ich kann es mir denken: Ein neues psychologisches Gutachten über meine Diensttauglichkeit.«

»Ganz recht, Officer Nectu. Wir wurden hinzugezogen, weil die Kollegen vom Nachrichtendienst sicher gehen wollten, dass die schlimmen Erlebnisse auf Adumar Sie nicht zu stark traumatisiert haben, um Ihren Aufgaben weiterhin gerecht zu werden.«

»Wir haben daher Ihre letzten Bewertungen angesehen und uns nun selbst ein Bild gemacht«, übernahm der Kahlkopf wieder das Wort. »Natürlich werden wir unsere Einschätzung in einem ausführlichen Bericht darlegen. Meine Kollegin und ich sind und allerdings jetzt schon einig, dass in Ihrem Fall eine sofortige Rückkehr in den Dienst nicht infrage kommt.«

»Was soll das heißen? Urlaub?« fragte Chett sarkastisch.

»Ein Urlaub könnte Ihnen sicher nicht schaden«, erwiderte die Frau überraschend ernsthaft. »Aber ich fürchte, dass das in Ihrem Fall nicht ausreichen wird. Mr. Nectu, es ist offensichtlich, dass Sie sich schon seit einer ganzen Weile in einer... sagen wir laienhaft: Grenzwertigen emotionalen Verfassung befinden.«

Die Miene des Piloten verfinsterte sich noch weiter. ›Laienhaft‹ und ›grenzwertige emotionale Verfassung‹ - das war ja wohl die Höhe! Ja, er war in einer grenzwertigen Verfassung, aber doch wohl erst, seit sie ihn mit überflüssigen Fragen nach seinem Gemütszustand, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensträumen löcherten! Am liebsten wäre er ihr gleich ins Wort gefallen, doch er riss sich zusammen. Das Urteil war offensichtlich bereits gefällt und die Verkündung zu unterbrechen, brachte keinen Vorteil.

»Die Kollegen, die im Auswahlverfahren für die Wolves Ihr Gutachten erstellt haben, bescheinigten Ihnen die psychologische Tauglichkeit nur unter Vorbehalt« fuhr die Seelenärztin fort. »Schon da zeigten Sie gewisse Auffälligkeiten, allerdings nicht in einer Weise, die als bedenklich erschien. Es wurde davon ausgegangen, dass ein Teil davon auf den Verlust Ihrer Staffel in der Schlacht von Rehemsa und die ungewöhnlichen Stresssituationen während des Ausscheidungsverfahrens zurückzuführen war. Leider stellen wir aber fest, dass sich seither keine Besserung eingestellt hat.«

»Leider scheint das Gegenteil der Fall zu sein«, fügte ihr Kollege hinzu. »Der Verlust mehrerer Kameraden und Ihres Jägers bei Iridonia, dann der tragische Tod Ihrer Schwester, und jetzt mussten Sie einige sehr bedenkliche Entscheidungen fällen, als Sie über Adumar abgeschossen wurden...«

»Das ist doch Unsinn!« fuhr Chett dazwischen. »Zu den beiden Toten hatte ich überhaupt keine Bindung, mit meiner Schwester hatte ich seit Jahren keinen Kontakt und auf Adumar habe ich nur das getan, was eben zu tun war! Mir geht es gut!«

»Genau diese Geisteshaltung beunruhigt uns, Mr. Nectu. Sie scheinen unfähig zu sein, mit traumatischen Erlebnissen auf konstruktive Weise umzugehen. Sie verdrängen sie, anstatt sie aufzuarbeiten. Stattdessen stauen Sie schädliche Emotionen wie Wut in sich auf, die sich dann in unpassenden Situationen - wie dieser hier - entladen kann.«

Der Yaga-Minoer kapitulierte. Er hätte es wissen müssen, dass man den zornigen Einwand sofort gegen ihn verwenden würde. Er rieb sich die müden Augen und ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen. Es gab nichts, das er jetzt noch tun konnte, um die beiden umzustimmen.


»Wir sehen uns unter diesen Umständen gezwungen, Ihren Vorgesetzten Ihre Suspendierung zu empfehlen - auf unbestimmte Zeit. Nach meiner Einschätzung bedarf es einer ausführlichen Therapie, bis Sie die psychische Stabilität zurückerlangen, die für einen aktiven Piloten des Sternenjägercorps erforderlich ist. Wenn Sie sich den nötigen Behandlungen unterziehen und diese erfolgreich sind, werden Sie vielleicht eines Tages wieder in einem Cockpit sitzen. Die einzige Alternative wäre Ihre Entlassung aus dem Dienst.«

»Ich sehe das ebenso wie meine Kollegin. Die endgültige Entscheidung haben jedoch nicht wir zu treffen. Allerdings wird unser Gutachten einiges Gewicht haben. Stellen Sie sich also darauf ein, dass Sie vorerst nicht wieder fliegen werden. Ich bedaure, dass wir zu diesem Schritt gezwungen sind, Officer Nectu

»Und ich erst...« murmelte er.

»Das glaube ich Ihnen. Es ist sicherlich nicht leicht, auf diese Weise aus einer engen Gemeinschaft wie einer Pilotenstaffel auszuscheiden. Ich bin aber sicher, man wird Ihnen die Möglichkeit geben, sich von Ihren Kameraden auf angemessene Weise zu verabschieden.«

»Nein, danke!« widersprach Chett gereizt. »Darauf lege ich keinen Wert und die anderen wohl auch nicht. Es ist besser, ich mache mich sofort auf den Weg - wohin auch immer.«

Die Psychologin zuckte mit den Schultern. »Ganz wie Sie wollen. Man wird Sie wahrscheinlich nicht zwingen, sich zu verabschieden. Aber überlegen Sie sich, ob es nicht doch die richtige Entscheidung wäre. Wir sind hier jedenfalls fertig. Einen guten Tag, Pilot Officer.«

Ja, das war wirklich ein großartiger Tag! Ein klein wenig besser sogar noch als der Vortag, an dem er abgeschossen worden war! Was blieb ihm denn noch außer dem Dienst im Militär? Darauf hatte sein gesamtes Leben aufgebaut, außerhalb davon gab es nichts. Und nun entließ man ihn hinaus ins Nichts. Eine Therapie - noch mehr Psychogequatsche! Darauf konnte er verzichten. Er musste noch entscheiden, ob er sich dem aussetzen oder nicht lieber doch den Dienst quittieren würde. Aber eine andere Entscheidung war bereits unumstößlich: Wenn man ihn nicht zwang, würde er nicht auf die Hoplite und zu den Wolves zurückkehren, keine Hände schütteln und Erklärungen abgeben, keine bedauernden Blicke und aufmunternden Worte entgegennehmen. Mitleid hatte er nie gebraucht und wollte es auch jetzt nicht haben.

[Adumar-System | Imperiale Flotte | Kriegsschiff | Verhörzimmer] Chett Nectu (Wolf 9)
 
[ Adumar-System| Orbit von Adumar |Shuttle im Anflug auf die Hoplite | Samin ]

Mit einem kaum merklichen Ruck setzte die Fähre vom Hangarboden ab. Da sie Kampfpilotin war und ihr Leben in Extremsituationen davon abhing, dass ihr Gesäß die kleinsten Vorgänge in der Maschine unter sich spürte, nahm Samin es jedoch ganz deutlich wahr. Die Erkenntnis erleichterte sie. Zum einen schienen die Auswirkungen ihrer Gehirnerschütterung nicht so schlimm zu sein wie die Ärzte zunächst befürchtet hatten, denn sie hätte ihr Handwerk selbst in diesem Zustand immer noch mit verbundenen Augen verrichten können. Zum anderen konnte sie endlich von diesem Lazarettschiff runter, auf das man sie überhaupt nie hätte bringen dürfen. Ihr ging es gut, ein leichter Schlag auf den Hinterkopf und ein paar Kratzer hätten sie niemals stoppen können. Auch wenn es die Pflicht des medizinischen Dienstes war sie gründlich durchzuchecken, war es lästig, unnötig und hatte ihr eine Menge wertvoller Zeit geraubt. Das war schließlich nicht das erste Mal, dass sie ohnmächtig geworden war. Ihr Beruf brachte dies halt manchmal so mit sich. Eine Fehlfunktion des Trägheitsdämpfers oder ein Unfall verursacht durch Eigenbeschuss, das machte da keinen großen Unterschied. Das kam schon mal vor und war für sie kein Grund sich darüber aufzuregen.

Was sie jedoch aufregte, um nicht zu sagen beinahe zur Weißglut brachte, war der Umstand, dass ein entsprechend beauftragter Beamter, von dem Samin nicht einmal Namen und Abteilung wusste, zwar Fragen zu dem Vorfall stellte, ihr aber eigentlich nicht zuhören wollte. Mehrfach hatte sie diese suspekte Persönlichkeit auf die Existenz einer weiteren Person hingewiesen, die mit ihr in diesem Gleiter saß. Ihre Gefangene, Dr. Tesara, wie sie sich selbst nannte, schien jedoch vom Erdboden verschluckt worden zu sein. Immer wieder wurde der Lieutenant bescheinigt, dass sie als einzige aus dem Unfallfahrzeug geborgen wurde und auch keine Hinweise für eine Begleitperson vorgefunden wurden. Auf ihre Anmerkung, dass einer der imperialen Sturmtruppen etwas gesehen haben musste, wurde zunächst ausgewichen, ehe es später hieß, der Soldat hätte bereits einen detaillierten Bericht über den Vorgang abgegeben. Jener war jedoch mehr als schleierhaft und hatte nicht gerade zu ihrer Beruhigung beigetragen. Ein gewisser Captain Dearen beschrieb darin, dass Samin die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren hätte, nachdem sie versäumte sich erkenntlich zu zeigen und seine Untergebenen Soldaten Warnschüsse abgaben. Es schockierte sie nicht einmal, dass diese dreiste Behauptung an so vielen Stellen verbogen und verklärt war, sondern dass Samin nicht für die kleinste Sekunde eine Gelegenheit eingeräumt wurde die Sache richtig zu stellen. Es beleidigte sie beinahe, dass tatsächlich jemand behaupten konnte, eine imperiale Elite-Piloten hätte einfach so die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren und war verunfallt, und dem wurde bedingungslos Glauben geschenkt. Zu allem Überfluss merkte ihr Arzt unentwegt an, die Gehirnerschütterung hätte durchaus einen vorrübergehenden Gedächtnisverlust hervorrufen können und sie solle sich doch bitte nicht in etwas hineinsteigern. Nachdem sie, nach langem Murren und Knurren, eingesehen hatte, dass es keinen Sinn machte etwas anderes zu behaupten, hatte sie schließlich zugestimmt, dass sie eventuell kurz nach dem Unfall nicht bei klarem Verstand war und es durchaus im Bereich des Möglichen lag, dass Dr. Tesara ein Gespinst ihrer Phantasie war.

Erst dann hatte man zugestimmt, sie zur Hoplite zurückkehren zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt waren wohlmöglich bereits Stunden vergangen. Genau wusste sie es nicht. Nun saß sie in dem kleinen Passagierraum einer Fähre, die sie zusammen mit ein paar Kisten voller Ersatzteilen zu dem Schiff brachte, welches die Wolves beheimatete. Der Arzt hatte sie ein paar Tage vom Flugdienst freigeschrieben. Zwar vermutete man keine Langzeitschäden bei ihr, doch wollte man offensichtlich Vorsicht walten lassen. Zunächst hatte sie das verärgert, doch da es bei den Wolves derzeit mit Nachschub an technischem Gerät etwas haperte, würde ihr Jäger ohnehin einige Zeit brauchen, bis er wieder einsatzbereit wäre. Und davor musste er erst einmal geborgen werden. Die Schäden an dem Defender waren schließlich nicht unerheblich.

Draußen vor dem Transparistahlfenster huschten einige Lichter vorbei. Die Raumschlacht war gewonnen, das Imperium hatte wieder einmal einen grandiosen Sieg errungen. Gedankenverloren wippte die Chiss hin und her, biss auf ihrer Unterlippe herum und betrachtete die Schrammen und Kratzer auf ihren Armen, die mit Salben behandelt wurden und bald verschwinden würden. Sie hatte wieder einmal ihren Einsatz gebracht und zu diesem Sieg beigetragen. Sie sollte zufrieden sein, und sich nicht über Belanglosigkeiten ärgern. Die Schlacht war hart gewesen, sie selbst entkam mehrmals knapp dem Tod. Einige ihrer Mitstreiter würden nicht so viel Glück gehabt haben. War es da wirklich wichtig, ob es Dr. Tesara gegeben hatte? Vielleicht gab es sie. Vielleicht auch nicht. Es konnte sein, dass sie diese ganze Geschichte während ihrer Ohnmacht tatsächlich nur geträumt hatte. Oder sie hatte bei ihrer Landung am Strand bereits etwas gegen den Helm bekommen. Sie konnte jedenfalls nicht mit vollkommener Sicherheit behaupten, dass es nicht so gewesen war. Und selbst wenn. Vielleicht war diese Tesara nur eine unwichtige Zivilistin wie jede andere, die nur zur falschen Zeit am falschen Ort war und sich durch einen glücklichen Umstand aus dem Staub machen konnte. Es sollte sie nicht weiter kümmern. Oder?

Aus Richtung des Cockpits vernahm Samin gedämpfte Stimmen. Der Pilot der Fähre stimmte sich mit der Hoplite ab und leitete das Landungsprozedere ein. Die gelegentlich vorbeihuschenden Lichter im Sichtfenster wurden abgelöst durch den grauen Durastahl eines kleinen Hangars. Etwas plumper als noch beim Start, berührten die Landungsstützen den Boden und setzten die klobige Fähre ab. Seufzend schnallte Samin sich vom Sitz los, erhob sich und wartete mehr oder weniger geduldig an der Ladungsluke, bis jene sich schließlich öffnete sie hinaustreten konnte. Sie hatte sich schon während des Flugs, und wenn sie ehrlich zu sich selbst war, schon während des Aufenthalts auf dem Lazarettschiff gefragt, ob das Debriefing bereits begonnen hatte. Sicherlich würde man sie auf sie warten, schließlich hatte sie an dieser Mission als Stellvertretende Staffelführerin teilgenommen. Allerdings wusste sie auch, dass so etwas schnellstmöglich stattfinden sollte, um die Einsatzbereitschaft der Staffel zügig wieder herzustellen. Zunächst musste sich dringend darüber informieren, was mit den anderen Mitgliedern der Wolves geschehen war. Außerdem musste sie selbst einen Bericht abgeben. Es war deshalb nicht weiter verwunderlich, dass ihr erstes Ziel das Büro von Major Thiuro war, in der Hoffnung, dass er sich bereits (oder noch) in diesem befinden würde. Etwas energischer als es vielleicht nötig gewesen wäre klopfte sie an. Sie wartete einige Sekunden während derer sie den Blick an sich herunter schweifen ließ. Vielleicht hätte sie sich vorher erst frisch machen sollen. Auf der Krankenstation hatte man ihren lädierten Flugoverall selbstverständlich gegen einen Satz standardisierter Pilotenuniformen getauscht. Nicht nur, dass diese viel zu groß für sie waren, sie besaßen weder rote Streifen noch Rangabzeichen. Hastig zog Samin die viel zu langen Ärmel über ihre Handrücken, um die Kratzer zu verbergen und wischte sich durchs Gesicht, in der verzweifelten Hoffnung ein wenig des getrockneten Blutes von ihrer Stirn entfernen zu können.


[ Adumar-System| Orbit von Adumar | MAR Hoplite | vor Aiden Thiuros Bürotür | Samin ]
 
[ Adumar-System| Orbit von Adumar |Shuttle im Anflug auf die Hoplite | Sakura ]

Kaum eine Stunde später hatte man sie endlich auf ein Shuttle gebracht und nun befand sie sich im Landeanflug auf die Hoplite. Sakura war mehr als froh endlich von Adumar fort zu kommen. Sie hatte genug Zeit gehabt um über die Ereignisse nachzudenken. Adumar hatte eine Menge gefordert - besonders auch von ihr. Sie hatte es überstanden und dennoch hatte es ihr bewiesen, dass sie sterblich war. Solche Missionen konnten glimpflich ausgehen oder aber im Tod enden und diese Option war keine sonderlich berauschende. Es war nichts womit sie nicht rechnete, dennoch machte es deutlich, dass das Leben kurz, sehr kurz sein konnte wenn man nicht acht gab. Ihre bisherige Zeit als Pilotin hatte sie stets damit versucht zu bestreiten alles positiv zu sehen. Von Natur aus war sie ein kleiner Sonnenschein und damit kam nicht jeder zurecht. Doch was würde ihr Pesimismus bringen? Mit dem Leben einfach abzuschließen und nur darauf zu warten bei der nächsten Gelegenheit vom Himmel gepustet zu werden half ihr nicht und Depressionen waren etwas dem sie sich nicht hingeben wollte. Vielleicht war es auch ihre Natur, welche ihr einfach begot so etwas wie ein kleiner Sonnenschein zu sein, alles so positiv wie möglich zu sehen. Sie wusste sehr genau wie hart das Leben war, ihr brauchte niemand zu sagen welche Höhen und Tiefen es besaß, da sie dies am eigenen Leib verspürt hatte. Auch eine Sakura Mitsumo hatte Ereignisse durchstehen müssen die sie tief getroffen hatten. Die Kunst dabei war niemals aufzugeben und sich schon gar nicht unterkriegen zu lassen. Wer sich vom Leben die Lust am Leben nehmen ließ würde schnell in einer Anstallt enden. Es war stets wichtig sich alles zu angeln was wenigstens ein wenig positiv war und daran fest zu halten.

Für einige Sekunden schloss sie die Augen, fragte sich wie es ihren Kameraden ging, ob alle überlebt hatten, sie sie widersehen würde. Der Tod war etwas mit dem sie jeden Tag rangen. Ihm ein Schnippchen zu schlagen war eine Kunst für sich. Wäre sie nicht von Dr. Graham gefunden worden, sie wäre dort draußen erfroren. Auf gewisse Weiße hatte sie den Tod also ausgetrickst. Vielleicht war ihre Zeit auch noch nicht gekommen, wenn man es so ausdrücken wollte. Eines war sicher, sie würde froh sein endlich von diesem Shuttle herunter zu kommen. Ihr gesamter Körper schmerzte und machte ihr deutlich, dass sie sich noch nicht in einem Zustand befand den man als Gesund bezeichnen konnte. Um ein Bactabad würde sie nicht herum kommen, dies war ihr klar. Allerdings wollte sie zuvor mit ihrem Vorgesetzten sprechen. Synn hatte es geschaft, dies wusste sie und auch Nectu hatte man gefunden. Doch als Rottenführerin musste sie einen Bericht abliefern und niemand würde ihr sagen können wie ein Thiuro reagieren würde. Sie hatte ihren Job gemacht, hatte ihren Auftrag erfüllt und hatte dabei einen Flügelmann sich selbst überlassen ehe sie mit ihrem Jäger zerschellt war. Ob dies sehr verantwortungsvoll gewesen war, darüber ließ sich wahrscheinlich streiten. Aber und dies war wichtig gewesen, sie hatte ihren Befehl ausgeführt und dieser hatte oberste Priorität gehabt. Sie hatte sich an ihren Faden gehalten und war diesmal keinen Milimeter davon abgewichen. Dennoch fragte man sich stets was richtig und was falsch war!

Sakura zuckte leicht zusammen als das Shuttle im Hangar der Hoplite aufsetzte, die Triebwerke abgeschalten wurden und sie sich endlich erheben konnte. Der Schmerz welcher durch ihren Körper jagte war gerade zu ertragen, das Laufen viel ihr jedoch schwer. Es glich eher einem Humpeln als sie durch die Luke trat, über die Bodenplatte des Hangars und sich dann einen Weg durch den Gang und zum Büro ihres Vorgesetzten. Sie hoffte inständig ihn dort anzutreffen. Immerhin konnte sie nicht genau sagen wie lange ihr Körper noch mitmachen würde und umkippen war wirklich das letzte was sie wollte. Sakura bog gerade um die Ecke, als ihr auffiel, das bereits jemand vor dem Büro von Thiuro wartete und zu ihrem Glück war es Samin.

"Samin!", rief Sakura leise und schleppte sich zu der Kollegin, wobei sie ihr Humpeln kaum verbergen konnte.

"Bin ich froh sie hier zu sehen."

Sie schaffte es ein Lächeln auf ihre Lippen zu zaubern und stellte fest, dass auch die Chiss ziemlich geschunden aussah. Auch sie schien alles andere nur nicht glimpflich aus dieser Mission gekommen zu sein.

"Scheint mir als ob sie einiges mitgemacht haben. Wenn wir lebend aus dem Büro kommen werden wir uns wohl ein Bactabad teilen müssen", meinte Sakura in einem Scherz und musste leise lachen, wobei dies keine besonders gute Idee war. Ihre gebrochenen Rippen machten deutlich, dass es noch zu früh für so etwas war.

[ Adumar-System| Orbit von Adumar | MAR Hoplite | vor Aiden Thiuros Bürotür | Samin & Sakura]
 
[ Adumar-System| Orbit von Adumar | MAR Hoplite | vor Aiden Thiuros Bürotür | Samin & Sakura ]

Samin erwartete, dass sich jeden Moment die Tür öffnen würde. Doch bevor dies geschah, hörte sie wie jemand ihren Namen aussprach. Verwundert fuhr sie herum und stieß ein erleichtertes Seufzen aus, als sie erkannte, dass es sich um Sakura handelte. Die Chiss erkannte sofort, dass es die zweite Wölfin der Staffel mindestens genau so übel erwischt haben musste, wie sie selbst. Doch das wichtigste war, dass sie den Einsatz überlebt hatte. Noch immer hatte Samin nur wenig Kenntnis von dem, was nach ihrem Absturz geschehen war. Aufgrund der vorangegangenen Ereignisse konnte sie sich ja nicht einmal mehr sicher sein, dass das was sie zu wissen glaubte, in Wirklichkeit auch den Tatsachen entsprach. Beim Anblick von Sakura Mitsumo war also ganz natürlich, dass sich in Samins Kopf weitere Fragen aufwarfen.

Sakura!“ Sie ging ihrer Kameradin einige Schritte entgegen. „Und ich erst.“ Als Samin erkannte, dass die Pilotin schon beim Anflug eines Lachens zusammenzuckte, bildeten sich Sorgenfalten auf ihrer Stirn. Es war offensichtlich, dass sie noch nicht auskurierte Schmerzen hatte.

„Vermutlich.“, grummelte sie mit dem Versuch wenigstens leicht zu lächeln. Doch es gelang ihr nicht. Die Sorgenfalten wichen schnell dem Ärger und der Wut. Sakura und Samin waren zwei der besten Pilotinnen der Galaxie. Dessen war sie sich sicher. Und die Chiss wurde vom Himmel geholt wie ein lästiger Mynok. Sogar Major Thiuro hatte seine Probleme, und der war der Staffelführer des Wolvesquad. Alleine das berechtigte dazu ihn als eine Fliegerlegende zu bezeichnen. Die Fliegerei, die dieser wieder einmal im Himmel von Adumar zur Schau gestellt hatte, war der beste Beweis dafür. Und doch war es selbst für ihn eine schwierige Aufgabe.

„Schlechtere Piloten wären gefallen“, sagte sie trocken und ohne einen offensichtlichen Zusammenhang.„Die haben uns ohne Vorwarnung in ein Gundark-Nest geworfen. Wir können froh sein, dass wir es überhaupt rausgeschafft haben.“

Sie dachte dabei besonders an die N-förmigen Jäger, die plötzlich und ohne Vorwarnung aufgetaucht waren. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie gesagt, dass diese Maschinen den TIE-Defendern der Wolves einiges voraus hatten. Doch das hätte eigentlich nicht sein dürfen. Es gab galaxisweit keinen besseren Jäger als den Defender.

„Die Adumari hatten ein paar Asse im Ärmel.“

Umso wichtiger war es, dass geschehene mit dem Alphawolf zu besprechen. Inzwischen war jedoch nichts geschehen. Die Tür hatte sich keinen Millimeter bewegt. Nicht einmal Geräusche waren aus seinem Büro zu hören. Befand er sich bereits im Konferenzraum?

„Lieutenant Hess'amin'nuruodo“, sprach plötzlich jemand auf der anderen Seite des Flurs. Die Aussprache war überraschend gut. Kein Vergleich zu einem Muttersprachler, doch es war gleich zu erkennen, dass sich hier zumindest jemand Mühe gab. „Officer Mitsumo.“

Samin drehte ihren Kopf, um den Ursprung in Augenschein zu nehmen. Erschrocken zuckte sie zusammen als sie einen bleichen Totenschädel mit dunklen, leeren Augenhöhlen sah, der über einem riesigen uniformierten Körper schwebte. Sie würde sich vermutlich nie an die gruselige Gestalt eines Givin gewöhnen.

„Lieutenant Gyrr.“ Die Chiss konnte den überraschten Ausdruck in ihrem Gesicht nur schlecht verbergen, während sie den Salut erwiderte. „Was tun Sie hier?“

„Wie ich sehe, haben Sie die Gleichung zur Hoplite korrekt berechnet“, antwortete er ohne auf diese – zugegeben – recht respektlose Frage einzugehen. Zunächst war Samin offensichtlich verwirrt und fragte sich, ob er sie beleidigen wolle, ehe sie sich daran erinnerte, dass Givin gern irgendwelche mathematischen Begriffe in ihre Sätze einfließen ließen. Vermutlich sollte dies in verschrobener Givin-Art so etwas heißen wie „Schön, dass sie zurück sind“. Immerhin verfiel er nicht allzu oft in dieses Muster, das für andere Spezies eher befremdlich war. Sein Gesicht verzog keine Miene, doch vermutete sie auch, dass er biologisch gar nicht dazu in der Lage war. Irgendwie sah er stets etwas traurig aus. Sie war jedoch zu lang unter ihresgleichen gewesen, um sich durch so etwas wie Mimik einschüchtern zu lassen.

„Was tun Sie auf der Hoplite, Lieutenant?“
, wiederholte sie.

„Major Thiuro ist nicht in seinem Büro. Ich bin hier um am Debriefing teilzunehmen. Wir addieren die übrigen Variablen im Konferenzraum.“

Das ergab durchaus Sinn. Sie wollte den taktischen Unterstützungsoffizier der Wolves ohnehin gern einmal dazu befragen, wie dem Imperium eine hochentwickelte Jägertechnik eines Feindes entgehen konnte, der nicht annähernd über die Ressourcen für so etwas verfügen sollte.

„Gut. Wo ist der Major?“

„Das Ergebnis braucht Sie nicht zu interessieren.“

Samin warf einen abschätzenden Blick auf den zwei Meter großen Givin. Wusste er es nicht, wollte er es nicht sagen oder durfte er nicht?

„Sie können sich vorher den Dreck entfernen.“ Seine steifen Arme deuteten abwechselnd auf die Gesichter von Sakura und Samin. „In einer Stunde kommen wir zusammen.“ Erneut wurde salutiert, ehe der Offizier davonschritt.

Die Chiss war sich ziemlich sicher, dass sie dieses Skelett nicht mochte und warf ihrer Kameradin einen vielsagenden Blick zu.

[ Adumar-System| Orbit von Adumar | MAR Hoplite | vor Aiden Thiuros Bürotür | Samin & Sakura ]
 
[OP: Gemäß der Absprache folgt hier der Zeitsprung zur Besprechung - na ja, fast.]

[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe :||: VEN „Vensenor“ | Haupthangar :||: Major Aiden Thiuro, verbliebene „Wolves“-Mitglieder, Lieutenant Gyrr und ein Stabsangehöriger des Colonel; im Hintergrund: Mechaniker :]

Gegenüber der Marauder-Korvette „Hoplite“, dem derzeitigen Trägerschiff der berühmtesten Staffel des Galaktischen Imperiums, wirkte der Haupthangar der „Vensenor“, einem aktiven Sternzerstörer der in die Jahre gekommenen Venator-Klasse, gigantisch. Hier fanden in der Tat die Maschinen von zwölf Einheiten in Staffelgröße – sprich zwei vollzählige Geschwader – Platz und ließen trotz allem den Bodentruppen und deren äußerst klobigen Kriegsgerät noch ausreichend Freiraum. Bei solchen Dimensionen musste sich das klitzekleine Shuttle der Sentinel-Klasse, das gerade landete, ziemlich einsam, ja fast schon verloren vorkommen. Denn seit der Eröffnung der Bodenoffensive vor knapp einem Standardtag waren kaum noch Bodenfahrzeuge oder deren Transportmittel auf den Schiffen der Achten Gefechtsflotte vorhanden, sondern nur jene Sternjäger befanden sich in diesem Moment auf dem Koloss, die nach der Schlacht in Adumars Orbit entweder erheblichen Schaden genommen hatten oder aufgrund anderer Befehle zurück zur „Vensenor“ gerufen worden waren.

Sanft setzte das schneeweiße Landungsschiff auf dem Metallboden auf, während die beiden Flügel endgültig ihre horizontale Position einnahmen. Beinah synchron zischte die Hydraulik an mehreren Stellen zugleich, bevor eine Rampe herabgelassen wurde. Die Mechaniker, die sich in dem Moment im Hangar aufhielten, achteten kaum auf die aussteigenden Passagiere. Höchstens einen flüchtigen Blick warfen sie den uniformierten Männern und Frauen zu. Entweder hatten sie einfach zu viel zu tun oder ihr Vorgesetzter wachte wie ein aufmerksamer Kath-Hund über sie. Nur ein junger Mensch in Begleitung von Flight Lieutenant Gyrr schien sie zu erwarten. Demzufolge fiel die Ankunft der namhaften Elitestaffel eher ziemlich bescheiden aus. Im Gegensatz zu so manchem Untergebenen in der Einheit konnte deren Staffelführer, Major Aiden Thiuro, mit weniger Trubel um die Piloten und ihn aber gut, sogar sehr gut leben. Seiner Meinung nach verwässerte zu viel öffentliche Zuwendung bloß die Disziplin der Staffel. So beließ er es am Ende auch nur bei einem zackigen Salut als Gruß.

Der Mensch, höchstwahrscheinlich ein Mitglied aus Colonel Njiarus Stab, erwiderte die Begrüßung und sagte dann:
„Major, herzlich Willkommen auf der 'Vensenor'. Ihre Piloten und Sie erwartet man bereits im Besprechungsraum 'Aurek Fünf'. Wenn Sie mir bitte folgen würden...“

Gyrr, ein wandelnder Alptraum in – für menschliche Begriffe – Übergröße, nickte dem Vorgesetzten kurz zu, bevor er sich anschließend schweigend zu dem stellvertretenden Staffelführer der „Wolves“, den Chiss Drask, gesellte. Derweil der Major gemeinsam mit dem Stabsmitarbeiter an der Spitze ging, dicht gefolgt von dem blauhäutigen Fastmenschen und den schlaksigen Givin, fanden sich die verbliebenen Staffelmitglieder – inzwischen bloß noch sieben von zehn Piloten – dahinter ein. Weil sich imperiale Truppen unten am Boden noch immer sehr heftige Gefechte mit dem Feind lieferten, rätselte so mancher Untergebener schon seit Stunden über die möglichen Gründe für das spontane Übersetzten auf den Venator. Hätte man wirklich im Sinn, sie nach den Dogfights über Cartaan City tatsächlich wieder ins Feld zu schicken, hätte man sie nicht hierher beordert – so viel stand für den Großteil der „Wolves“ fest, weshalb momentan allerhand Gerüchte die Runde machten.

Obwohl er sich insgeheim auch seine Gedanken gemacht hatte, gehörte der Bastioner nicht zu jenen Staffelmitgliedern. Er flog nun schon seit einer ganzen Weile als „Wolf“ und hatte dementsprechend mit der Zeit gelernt, dass man die Einsätze einer echten Elitestaffel nur selten im Voraus bestimmen konnte. Den ranghöheren Ebenen stand nämlich eine breite Palette an Möglichkeiten zur Verfügung, wenn es um das Entsenden einer Staffel TIE/D Defender ging. Erschwerend kam in diesem Fall nur hinzu, dass das „Wolves' Squad“ bezüglich Material weit unter Soll waren. Schließlich hatten selbst nach Nectus plötzlicher Versetzung noch immer drei Piloten (Drask, Samin und Mitsumo) keinen Sternjäger. Schwarzmaler mochten in dieser Situation bloß eine Lösung für realistisch halten: Man hatte sie hierher gerufen, um ihnen die Auflösung der Einheit mitzuteilen. Letztendlich hatte sich all das Kämpfen auf Bastion nicht gelohnt. DeVries' und Nerethins Vision eines Sternjägerkorps, das sich über Klasse statt Masse definierte, fand Hier und Jetzt ihr Ende. Ja, in solchen Momenten konnte jemanden, der sich in dieser Einheit vom Pilot Officer zum Major hochgearbeitet hat, schwer ums Herz werden. Dementsprechend steinern war der Blick des „Alphawolfs“ als sich die Turbolifttür schloss und man im raschen Tempo nach oben sauste.

Murmelnd unterhielten sich einige Piloten, aber Aiden schwieg weiterhin. Etage für Etage, Deck für Deck strebte die geräumige Turboliftkabine beharrlich nach oben. Ja, nachdem sie seit dem Sieg im Iridonia-System nur auf der kleinen, beengten Marauder-Korvette gelebt hatten, erschien dieser alte Sternzerstörer scheinbar endlos in seinem Dimensionen zu sein. Kurzzeitig fragte sich der Major für welches Aufsehen die Modelle dieser Sternzerstörer-Reihe in der Vergangenheit wohl erregt haben mochten. Heute, wo Supersternzerstörer als die einzigen Giganten in den Gefechtsflotten der beiden größten Fraktionen dienten, mochte vielleicht nicht mehr sonderlich viel vom alten Glanz übrig sein ,aber musste die schiere Größe dieser Trägerschiffe die Sicherheitskräfte einer unbedeutenden Welt nicht trotzdem gewaltig vorkommen? Der Bastioner, der als Pilot sowieso einen ganz eigenen Blick auf die Flotte hatte, konnte sich aus seiner Perspektive heraus schon vorstellen, dass die „Vensenor“ für Angst und Schrecken im Äußeren Rand und im Wilden Raum sorgen konnte. Warum sollte man sie sonst noch aktiv im Dienst haben? Irgendwelche Nachfolger – von vergleichbarer Größe – fielen ihm auf Anhieb jedenfalls nicht ein. Und während diese Überlegung in seinem Bewusstsein gerade erste Wurzeln schlagen wollte, stoppte plötzlich die Kabine und die Tür öffnete sich.

Die Strecke zwischen Turbolift und Besprechungsraum „Aurek Fünf“ war nicht besonders lang. Ein Mensch mit normalem Schritt schaffte die Distanz in knapp zwei, drei Minuten. Obwohl einem die Orientierung in einem imperialen Kriegsschiff nicht gerade leicht fiel – dafür sahen zu viele Gänge einfach zu oft vollkommen identisch aus –, glaubte der „Alphawolf“ aufgrund der „langen“ Fahrzeit im Turbolift, dass sie im Brückenturm waren. Möglicherweise war die für Venator-Sternzerstörer so typische „Doppelbrücke“ sogar am Ende dieses Korridors. Weil sich der vorgesehene Raum jedoch in unmittelbarer Nähe zum Turbolift befand, hatte der Staffelführer keine Möglichkeit seine These einer Probe zu unterziehen. Kaum hatten sie nämlich die Tür erreicht, da öffnete der Angehörige aus Colonel Njiarus Stab auch schon beflissentlich diese und bat die Piloten hinein. Zur Überraschung des einen oder anderen waren die Ränge, die für die zuhörenden Besprechungsteilnehmer reserviert waren, schon von Mitgliedern der „Guards“ und „Ruffians“ besetzt. Genau wie die „Wolves“ sahen sie selbst nach den paar Stunden Ruhe, die man ihnen gegönnt hatte, ziemlich abgekämpft aus.


[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe :||: VEN „Vensenor“ | Besprechungsraum „Aurek Fünf“ :||: Major Aiden Thiuro, verbliebene „Wolves“-Mitglieder, Lieutenant Gyrr und weitere Besprechungsteilnehmer (darunter Wing Commander Foster und Captain Reed) :]
 
[ Adumar-System| Zweiter Verteidigungsring | VEN Vensenor | Haupthangar | Samin, Aiden, Sakura, "Wolves", Gyrr, Spacemen,... ]

Samin konnte es kaum fassen. Die höllische Schlacht in der Atmosphäre Adumars war noch nicht einmal aus ihren Knochen gewichen, da hatten sie schon wieder an Bord einer holprigen Raumfähre gesessen. Soweit sie informiert war, tobte der Kampf am Boden noch immer. Es war ihr schleierhaft, wie die Verantwortlichen der angeschlagenen Truppe, die immerhin als Speerspitze den Weg für einen bevorstehenden Sieg geebnet hatte, ihr nicht ihre wohlverdiente Ruhe gönnten. Der Chiss taten noch immer alle Gliedmaßen weh und sie war schlecht gelaunt. Sehr schlecht gelaunt. Sie bemühte sich auch nicht im Geringsten, diesen Umstand zu verbergen. Stattdessen strafte Samin jeden, der das Pech hatte ihr im falschen Moment in die Augen zu sehen, mit einer Kostprobe ihres Sprich-Mich-Bloß-Nicht-An-Blickes.

Natürlich gab es trotzdem jene, die die Empathie eines ungezähmten Banthas besaßen. Samin rollte entnervt mit den Augen, als Druk Caranthyr, ihr schnauzbärtiger Flügelmann, nicht aufhören wollte darüber zu spekulieren, warum man die Wolves auf die Vensenor verfrachtete.


„Ich weiß es nicht. Aber wenn es kein Orden oder eine Verlegung in geräumigere Quartiere ist, will ich nichts davon hören. Autsch.“

Ihre stechende Seite meldete sich zurück. Die Mundwinkel verzogen sich, als sie die Hand auf ihre Hüfte legte.

„Da schieß mir doch einer ins Knie. Ich glaube Sie werden alt, Lieutenant.“

„Halten Sie einfach den Rand. Ich könnte jetzt in der Koje liegen und mir meinen hart verdienten Schlaf gönnen. Stattdessen muss ich mir Ihr Geplapper antun. Eines steht fest, sollte es tatsächlich soweit kommen, dass die Staffel aufgelöst wird, liegt das an Ihrem verdammten Schnauzer. Mit dem Ding kann man einfach nicht ernst genommen werden.“

Samin hoffte, dass nun Schluss damit war. Sie würde nicht einen einzigen geflüsterten Satz mehr aushalten können, der über ihre Auflösung spekulierte. Zumindest hatte es bewirkt, dass Caranthyr nun an seinem Bart herumfingerte und ihm die Frage, was denn damit nicht stimmte, mitten ins Gesicht geschrieben stand.

An Bord des übergroßen Kampfschiffes erhellte sich Samins Laune jedoch ein wenig. Die Vensenor war ein fliegendes Paradies für die Piloten. Es verfügte nämlich über eine absolute Luxusware in der Raumflotte: Platz. Das Schiff der Venator-Klasse hatte massig Platz. In dem riesigen Hangar herrschte geschäftiges Treiben. Die Großzahl der arbeitenden Spacemen schien ihre Ankunft unter all den Jägern, die zur Wartung gebracht oder zum Start vorbereiteten wurden, nicht einmal bemerkt zu haben. Das letzte Mal, als sie annähernd ähnliche Auswüchse miterlebt hatte, war eine Ewigkeit her. Samin kam es beinahe vor wie eine andere Zeit, in der der Anteil, den die Elitestaffel am Krieg beigetragen hatte, noch in einem annehmbaren Rahmen gewürdigt wurde. Heute hatten sie nicht einmal mehr genug Jäger um all den Piloten der dezimierten Staffel einen fliegenden Untersatz zu stellen.

Die Eindrücke, die Samin in den langen Gängen, vorbei an unzähligen Türen, Schotts, Fenstern und auf der langen Fahrt mit dem Turbolift sammeln konnte, lenkten sie ab von dem Getuschel, das hier und da wieder an ihre Ohren drang. Nein, sie wollte es einfach nicht mehr hören. Sie fürchtete sich davor, dass es die Wahrheit sein konnte. Das Projekt des Wolve Squad war immer eines, das mit einem Fuß über dem Abhang schwebte. Samin musste nicht besonders politisch bewandert sein, um zu wissen, dass es Organe in der Führung der Flotte gab, die nur darauf warteten, sie scheitern zu sehen.

Die blauhäutige Pilotin seufzte leise und rückte mit beiden Händen die Schirmmütze zurecht, als ihnen schließlich die Tür zum Besprechungsraum Aurek Fünf geöffnet wurde. Zu ihrer Überraschung waren die Ränge bereits besetzt. Die Piloten der Guards und Ruffians hatten es sich bereits bequem gemacht. Während die Wolves sich den Rang hinauf begaben und zielstrebig auf die freien Plätze zusteuerten, nickte sie dem ein oder anderen bekannten Gesicht zu. Nun war sie sich endlich ziemlich sicher, dass es nicht um die Auflösung ihrer Staffel ging. Wenn man die Elitestaffel absägen wollte, hätte man das sicher leise und ohne viel Aufsehen machen können, ohne ein illustres Publikum eingeladen. Samin hätte sich kein Szenario vorstellen können, in dem Foster und Reed, inklusive ihrer Männer dabei sein mussten.

Kurz nachdem sich der letzte Wolf gesetzt hatte, betraten mehrere uniformierte Männer den Raum. Die Chiss erkannte Geschwaderkommandeur, Colonel Njiaru, auf den ersten Blick. Er besprach sich eindringlich mit einem anderen Mann, der nach jedem Wort zu nicken schien. Vielleicht sein Adjutant?

„Meinen Sie wirklich, es gibt einen Orden?“, fragte plötzlich jemand neben ihr.
„Ich bastle Ihnen einen, wenn Sie es schaffen, endlich mal still zu sein, Caranthyr.“

Samin erkannte an seinem Blick, dass es in seinem Kopf ratterte, auf der Suche nach einer schlagfertigen Antwor. Bevor er ein weiteres Wort sagen konnte, drang von Vorne jedoch die Stimme des Colonels.

„Ich beglückwünsche Sie alle zu Ihrem erfolgreichen Einsatz über Cartaan City.“ Sie konnte nicht einschätzen, ob er das, was er sagte, wirklich auch so meinte. „Ich weiß, Sie drängen alle auf ein wenig Ruhe.“

„Das kann er laut sagen!“, raunte ihr Flügelmann. Sie entschloss sich dazu, ihre Zustimmung stillschweigend auszudrücken.

„Ihre Arbeit ist jedoch noch nicht beendet.“ Es gab aufkeimendes Gemurmel an mehreren Stellen im Rang. „Meine Damen und Herren, Sie werden heute noch nach Yaga Minor aufbrechen...“

Samin beugte sich vor und sah sich nach dem Major um, um zu sehen, ob er wusste, was das zu bedeuten hatte.


[ Adumar-System| Zweiter Verteidigungsring | VEN Vensenor | Besprechungsraum Aurek V | Samin, Aiden, Sakura, "Wolves", "Guards", "Ruffians" , Njiaru,... ]
 
[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe :||: VEN „Vensenor“ | Besprechungsraum „Aurek Fünf“ :||: Major Aiden Thiuro, verbliebene „Wolves“-Mitglieder, Lieutenant Gyrr und weitere Besprechungsteilnehmer (darunter Wing Commander Foster und Captain Reed) :]

Seit dem letzten Mal, als man sich zu einem Briefing auf der „Defender“ zusammengefunden hatte, klafften größere Lücken in den Reihen der Piloten. Jede der drei Sternjägerstaffeln hatte sowohl im hohen Orbit von Iridonia als auch in luftigen Höhen über Cartaan City mit ansehen müssen wie gute Kameraden in den Tod gingen. Müde und abgekämpft waren sie dementsprechend. Ja, mit Fug und Recht konnte man in diesem Fall sogar behaupten, dass sie mittlerweile längst an den Grenzen ihrer persönlichen Belastbarkeit angekommen waren. Und in dieser heiklen Situation kam darüber hinaus noch erschwerend hinzu, dass sich die angespannte Versorgungslage, die schon nach dem Sieg über die mandalorianischen Söldner im Iridonia-System bestanden hatte, bislang nicht gebessert habe. Es erreichten keinerlei Ersatzteile oder frisches Personal die Achte Gefechtsflotte. Beinah konnte man den Eindruck gewinnen, dass Sternjägerkommando – möglicherweise gar in Abstimmung mit dem Imperialen Oberkommando – ließe sie nach und nach „verhungern“.

Unmut machte sich demzufolge unter den anwesenden Piloten breit als der Colonel auf einmal ganz überraschend – und ohne jegliche Freude in der Stimme – ankündigte:
„Meine Damen und Herren, Sie werden heute noch nach Yaga Minor aufbrechen...“

Dem Wing Commander, der direkt neben Aiden saß, zauberte die Erwähnung seiner Heimatwelt nur kurz ein Lächeln auf das blasse Gesicht. Zu viele Hiobsbotschaften und Rückschläge hatte man ihm – genauso wie seinem untergebenen Major – in den letzten Stunden vorgelegt, weshalb Freude nicht mehr wirklich spürbar war. Ja, die Zugehörigkeit zur Achten Gefechtsflotte kostete sie alle viel, sehr viel Kraft. Obwohl der Kampf schon immer stiefmütterlich vom Nachschubressort behandelt wurde, schien man auf der „Executor“ nur eine einzige Richtung zu kennen: Vorwärts! Wahrscheinlich war die Gelegenheit, sich endlich beweisen zu können, zu groß. Der Bastioner, der sich mit der rechten Hand langsam durch das pechschwarze Haar fuhr, unterdrückte im letzten Moment einen klagenden Seufzer. Selbst in solch einer kräftezehrenden Situation durfte er – als Vorbild für die Staffel – nicht die Schultern hängen lassen.

Nijaru, der prüfend einen Blick in die Runde geworfen hatte, fuhr nach der kurzzeitigen Pause ohne Umschweife fort:
„Bastion wünscht demnächst zwei kriminelle Subjekte vor das höchste Gericht zu bringen: Octavia Elsin, Staatspräsidentin des 'Eisernen Bundes', und Rell Vevut, Kommandeur der mandalorianischen Truppen über Iridonia. Ihre Aufgabe, meine Damen und Herren, wird es deshalb sein, den Gefangenentransport ohne Zwischenfälle von Adumar nach Yaga Minor zu gewährleisten, wobei Ihre Leute, Major Thiuro, als eigentliche Eskorte fungieren werden.“

Ungläubig hob der angesprochene Sternjägeroffizier den Kopf. Hatte er das gerade wirklich richtig gehört? Sollte die Elitestaffel des Galaktischen Imperiums wirklich einen banalen Transport zweier Kriegsgefangener eskortieren? Natürlich hatten einflussreiche Männer wie Chief Marshal Feskin in den letzten Wochen und Monaten emsig daran gearbeitet, dass die namhafte Einheit aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwand, indem man sie einer äußerst unpopulären Gefechtsflotte zuteilte, um sie klammheimlich aufzulösen. Jedoch hatten der Ord Mantell-Konflikt diesen Plänen eigentlich die Luft aus den Segeln genommen. Schließlich hatte man das „Wolves' Squad“ (unfreiwillig?) in den einen oder anderen Kampfeinsatz schicken müssen. So hatten sie sich unter seinem Kommando erst bei Ord Cantrell, dann bei Iridonia und zum Schluss bei Adumar beweisen müssen. Warum mussten nun also ausgerechnet sie nach Yaga Minor? Da sein diszipliniertes Pflichtbewusstsein Widerspruch gegenüber Vorgesetzten nur im Ausnahmefall zuließ, hielt sich Aiden zurück. Schweigend lauschte er den weiteren Ausführungen des Colonel.

Per Knopfdruck aktivierte der Geschwaderkommandeur den Holoprojektor. Nachdem das Gerät laut surrend erwacht war, zeichnete sich in der Luft nach und nach die flackernde Darstellung eines sehr ungewöhnlichen Schiffs ab. Seelenruhig führte Nijaru aus:
„Das Justizministerium stellt uns für den Transport ein Schiff aus seiner Flotte zur Verfügung. Der AIAT/i wird von einer vierköpfigen Crew gesteuert und hat Platz für sechs Gefangene. In der Regel umfasst das Wachpersonal fünfzig Mann, aber der Kommandeur der Siebten Gefechtsflotte stellt für diesen Auftrag lediglich zwanzig Mann ab. Bei zwei besetzten Zellen dürfte das aber keinerlei Problem darstellen...“

„Sir, Sie haben vorhin eine vierköpfige Besatzung erwähnt“, griff der Major einen Punkt auf als ihm der ranghöhere Offizier mit knappen Nicken eine Zwischenfrage erlaubte. „Da wir bestimmt davon ausgehen können, dass in den nächsten Stunden für uns keine neuen Maschinen bereitstehen, würde ich gerne den Vorschlag machen, dass Flight Lieutenant Drask, Flight Lieutenant Samin und Flight Officer Mitsumo Teil der Besatzung werden. Denn momentan stehen mir bloß noch ganze fünf TIE-Defender für irgendwelche Einsätze zur Verfügung. Ich stehe also vor der Wahl: Entweder ich lasse diese drei hervorragenden Staffelmitglieder hier...“ Er sah den Kommandeur mit strenger Miene an. Keine Hundertstel wich er dessen Blick aus. „... Oder auf diesem Ding da fliegen drei Personen mit, denen ich voll und ganz vertrauen kann. Sie haben sich in letzten Missionen immer wieder bewährt, weshalb ich mich in meiner Maschine wohl zweifellos wohler fühlen würde, sollte ich diese drei Piloten hinterm Steuer wissen.“

Den Vergleich mit Janson Sez mochte der Colonel wegen allerhand Gründe meiden. Zum einen war er bei Weitem nicht so eine charismatische Führungsfigur wie der erste „Alphawolf“ der namhaften Staffel. Zum anderen hatte der Bastioner sowohl über Bilbringi als auch bei den beiden Schlachten um die Thronwelt miterleben können wie gut sein ehemaliger Kommandant wirklich in einem TIE-Defender fliegen konnte. Nijarus Flugkünste kannte er hingegen nur vom Hörensagen. Doch genau in diesem Moment zeigte sich plötzlich eine Gemeinsamkeit der beiden Männer. Sie konnten ihren Untergebenen nicht nur aufmerksam zuhören, sondern deren Ideen, sofern sie gut waren, auch ohne Probleme in ihre Überlegungen aufnehmen. So kam es letztendlich dazu, dass der Kommandeur des dezimierten Sternjägergeschwaders anerkennend nickte. Den stählernen Vogel, der zwei prominente Gefangene transportieren sollte, würde in wenigen Stunden nicht von irgendwelchen Unbekannten geflogen werden. Nein, „Wolves“ würden sich höchstpersönlich hinter den Steuerknüppel klemmen und zwischen den verbliebenen TIE/D gen Yaga Minor springen.

Nijaru beendet nach allerhand Ausführungen das Briefing.
„Meine Damen, meine Herren, Sie haben noch drei Standardstunden Zeit. Bereiten Sie sich sorgsam auf Ihren Einsatz vor...“

[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe :||: VEN „Vensenor“ | Besprechungsraum „Aurek Fünf“ :||: Major Aiden Thiuro, verbliebene „Wolves“-Mitglieder, Lieutenant Gyrr und weitere Besprechungsteilnehmer (darunter Wing Commander Foster und Captain Reed) :]
[OP: Falls ihr euch nicht detailliert an dem Briefing oder an Einzelheiten zu den Vorbereitungen aufhalten wollt, können wir per Zeitsprung auch gerne zu dem Moment springen, wo man euch die Kontrolle über das Ding überlässt. Drask könnt ihr natürlich gerne fremdsteuern.]
 
[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe :||: VEN „Vensenor“ | Turbolift | auf dem Weg zum Besprechungsraum „Aurek Fünf“ :||: Flight Officer Mitsumo & andere :]

So viel zu Ruhe und Bactabädern! Zeit schien mangelware zu sein - besonders als Pilotin bei den Wolves welche wohl sowas wie Heilung nicht brauchten - als sei man ständig auf der Flucht. Eigentlich brauchte sie ein Bactabad um ihren Körper zu regenerieren und frei von Schmerzen zu sein. So jedenfalls wurde dies allerdings nichts werden. Es war nicht so, dass sie die Fliegerei nicht liebte, dennoch kam man sich gerade wie auf einer Flucht vor bei der alles möglich war nur eben ausruhen nicht. In diesem Augenblick war ihr völlig gleichgültig, dass das Schiff der Venator-Klasse sehr viel mehr Platz bot und ihre Quratiere dementsprechend größer ausfallen würden. Es interessierte sie genauso wenig, dass sie hier mehr Möglichkeiten haben würde körperlich aktiv zu sein. Alles was sie wollte war sich ein wenig ausruhen und schlafen. Niemand konnte auf Dauer funktionieren, wenn es einem an dem wichtigsten überhaupt mangelte! Auch wenn sie nicht zu den Personen gehörte, die sich von ihrer schlechten Laune treiben ließen - als kleiner Sonnenschein hätte dies nicht wirklich gepasst - so war sie dennoch erschöpft und ihr schmerzender Körper machte ihr deutlich, dass sie im Grunde noch ein weiteres Gesundheitsbad benötigte. Das Militär war schinderei und für Piloten schien das gleich zu gelten. Innerlich seufzend schob sie eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht.

Natürlich gab es allerlei Gerüchte, besonder darüber das die Staffel aufgelöst werden könnte, weil es einigen oberen nicht gefiel und und und... Allerdings gab Sakura nicht viel auf dummes Gerde, welches sich meistens nur als solches entpupte. Erst die knallharte Wahrheit würde sie davon überzeugen das irgendetwas an solcherlei Gerüchten stimmte. Alles andere war eben nichts weiter als dummes Gerede und davon gab es genug. Interessanterweise meinte man stets, dass dummes gerede gerne von weiblichen Klatschbasen verbreitet wurde - allerdings gab es solche innerhalb des Imperium in Stellungen von Militär, Geheimdienst und dergleichen nicht so viele Damen - was wieder einmal deutlich machte, dass jene Form des Schubladendenkens völlig unangebracht war. Die Herren der Schöpfung konnten ebenso Klatschbasen sein. Vielleicht sogar noch schlimmere als die Damenwelt. Sakura war sich diesbezüglich nicht ganz sicher. Da sie unter Brudern aufgewachsen war, hatte sie nicht groß erfahren können wie es war eine Schwester zu haben. Die Familien Mitsumo und Akaji besaßen einen größeren Männeranteil als Frauen, was natürlich für beide Familien ein großer Segen war, da die Namen somit nicht aussterben würden sondern weitergegeben wurden. Sakura hatte einige Cousinen und hatte stets mit ihnen zu tun gehabt, allerdings war dies doch etwas anderes als mit einer leiblichen Schwester aufzuwachsen. Da ihre Gedanken wengistens die Schmerzen in ihrem Körper zu regulieren schienen, schloss sie für einige Sekunden die Augen, während der Turbolift sie ihrer Zielebene näher brachte. Als die Türen sich öffneten schob sie sich hinaus und Schritt ein Stück durch den Gang zum Besprechungsraum Aurek Fünf.

Einige Reihen waren bereits besetzt, was davon zeugte, dass sie nicht die erste war. Die Piloten der Ruffians und der Guards hatten es sich bereits bequem gemacht. Sakura suchte sich einen Weg in die Höheren Reihen, wo sich bereits Samin befandt. Sie nickte einigen kurz zu bei ihrem Weg dorthin und als sie ihr Ziel erreicht hatte setzte sie sich auf einen Platz. Da sie alle hier versammelt waren vermutete sie fast, dass es irgendeine neue Mission gab oder etwas ähnliches. Also keine Verkündung für irgendeine Auflösung der Staffel. Nachdem sich der letzt gesetzt hatte, trat eine kleine Gruppe uniformierter Herren in den Raum. Darunter befand sich Colonel Njiaru, ebenfalls ein Chiss wie Samin. Ihre Kollegin sprach kurz mit Caranthyr. Um was auch immer es gegangen war, es war nur kurz und zudem wurde laut in die Runde gesprochen. Der Colonel beglückwünschte sie alle zu ihrem erfolgreichen Einsatz über Cartaan City, wobei Sakura das Gefühl hatte irgendetwas verloren zu haben. Was konnte sie jedoch noch nicht sagen. Auf ein wenig Ruhe, wie er sagte hätten sie alle gerne gedrängt, allerdings schien dies nicht auf dem Programm zu stehen. Als sie hörte, dass ihre Arbeit noch nicht beendet war musste Sakura ein seufzen unterdrücken, deren Körper sich gerade wieder meldet. Das aufkeimende Gemurmal nahm sie zwar war, aber die Spannung in ihrem Körper stieg. Wo sollte es hingehen!? Im nächsten Satz erhielt sie die Lösung des Rätsels. Yaga Minor! Und was genau erwartete sie dort? Dies war die nächste Frage, welche in Sakura aufkam und deren Antwort sie fast sofort erhielt.

Was sie hörte war jedoch ein wenig seltsam. Seit wann wurde eine Staffel dazu abgestellt Sträflinge zu begleiten? Welche neue Marotte war dies!? Mehr als ungläubig runzelte Sakura die Stirn, als klar wurde, dass die Wolves als Eskorte fungieren sollten. Wäre sie nicht Herrin ihrer gesamten Sinne - nun wenigstens weitgehenst - so hätte sie an ihrem Verstand gezweifelt bei dem was sie gerade gehört hatte. Ehrlich gesagt wäre ihr die Ruhe lieber gewesen als eine Transprot von Verbrechern zu eskortieren. Doch wie hieß es so schön, da musste man wohl durch und meckern half auf nichts. Der Colonel schien damit keinerlei Probelme zu haben, statdessen aktivierte er den Holoprojektor, welcher die flackernde Darstellung eines sehr ungewöhnlichen Schiffs anzeigte und sprach dabei als ob es sich um nichts besonders handelt, in aller Ruhe weiter. Natürlich lauschte sie aufmerksam seinen Worten und allem was folgte, ehe das Briefing beendet wurde. Drei Stunden ließ man ihnen, in denen sie sich vorbereiten sollten. Sakura wandte sich Samin zu, welche fast direkt neben ihr saß.

"So viel zu ein wenig Ruhe und Entspannung. Wir sollten Droiden sein, die kann man besser bei Laune halten", meinte sie grinsend zu der Chiss.

"Das wäre allerdings nicht so spannend und zudem auf Dauer ziemlich unerfüllt",
erklärte Synn mit einem Augenzwinkern, wobei er wohl an einiges mehr dachte als Sakura wissen wollte.

"Sie können von Glück sagen, dass ihnen dies langweilige Leben erspart bleibt Synn. Drei Stunden zeit für Vorbereitungen, ich wünschte es wären mehr. Samin, musst du nicht noch mal auf die Krankenstation?", hakte Sakura nach, die meinte etwas in der Form aufgeschnappt zu haben. Sie selbst musste eigentlich noch einmal dorthin.

[Adumar-System | Zweiter Verteidigungsring :||: Achte Gefechtsflotte; Vierte Flottille; Elfte Kampfgruppe :||: VEN „Vensenor“ | Besprechungsraum „Aurek Fünf“ :||: Major Aiden Thiuro, Lt. Samin, Flight Officer Mitsumo, verbliebene „Wolves“-Mitglieder, Lieutenant Gyrr und weitere Besprechungsteilnehmer (darunter Wing Commander Foster und Captain Reed) :]
 
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