Hier mein kleines Review. Ich bin nicht auf alles eingegangen, weil ich mir ausnahmsweise während des Lesens keine Notizen gemacht hatte (schon bei 'Traitor' war ich irgendwie nicht in der Stimmung dafür), und Teile werden wohl nur von jenen verstanden werden können, die SP bereits gelesen haben, aber... naja, lest selbst.
<center><u><b>Shatterpoint</b></u>
<i>Matthew Woodring Stover</i></center>
Beinahe ein Jahr ist vergangen, seit ich ?Cloak of Deception? rezensiert hatte. Damals gelang ihm sofort der Sprung auf die oberste Position meiner Prequel-EU-Topliste. ?The Approaching Storm? hat daran nicht rütteln können; nicht, dass ich es erwartet hätte. Aber ?Shatterpoint? hatte schon eher das Potential dazu, immerhin von einem meiner Lieblings-Autoren (nicht nur auf Star Wars bezogen). CoDs Stärken waren zum einen der in nahem und entferntem Sinne politische Hintergrund, zum anderen das Licht, das Luceno auf einige Schatten in TPM warf. Bei SP trifft keiner dieser beiden Punkte zu; weder ist der Roman sonderlich politikzentriert - was nicht heißt, dass es nicht hier und da eine kleine Intrige gibt -, noch erweitert er ganz bewusst die Welt der Filme, im Gegenteil, er stößt in neue, unbekannte Gebiete vor. Ich werde mich später dazu äußern, ob SP CoD vom Thron stoßen konnte.
Ein paar Dinge kann man von einem Stover-Buch erwarten, und eins davon ist der Schreibstil. Der ist, wie nicht anders zu erwarten, auch in ?Shatterpoint? dem jedes anderen Autors, der sich je in der GFFA austoben durfte, überlegen; detailliert und kraftvoll, aber nie belehrend oder langatmig. Atmosphärisch. Der Leser ist kein Unbeteiligter, dem die beschriebenen Ereignisse genausogut an den sprichwörtlichen fünf Buchstaben vorbeigehen könnten, sondern mittendrin im Geschehen, besonders emotional.
Ein weiteres Merkmal von Stovers Arbeit (vielleicht mal von seinem Erstling, ?Iron Dawn?, abgesehen) ist eine der Geschichte zugrundeliegende, tiefere Ebene, die sich ?ernsteren? Themen widmet und die sich jedesmal mit etwas anderem beschäftigt. In SP setzt Stover sich mit der brutalen Wirklichkeit - und Unwirklichkeit - des Krieges an sich auseinander, und mit der Frage nach den Pflichten eines Jedi und dem, was einen solchen ausmacht. Wie auch schon bei ?Traitor? können die Probleme der Protagonisten in der GFFA genausogut auch in unsere Welt übertragen werden; hier vielleicht sogar besser.
Nummer drei auf der Liste der stoverschen Charakteristika ist Action. Ich kenne kaum einen Schriftsteller, der persönlichen Nahkampf so hinreißend gut in Szene setzen kann wie Matthew Woodring Stover. Während andere nur langweilige Beschreibungen herunterleiern, entwickeln Stovers Worte eine Eigendynamik; man liest die Action nicht, man sieht, man erlebt sie. Und vor allem macht sie dann Spaß, wenn sie Spaß machen soll, hat dann einen dramatischen Touch, wenn die Sache persönlich wird, usw.; in den meisten Fällen bringt sie die Story voran und hält sie nicht unnötig auf. Beispiele dafür gibt es leider auch, vor allem in Verbindung mit ?Kopfnüssen? ist mir das aufgefallen, aber das ist wirklich die Ausnahme von der Regel.
Wenden wir uns trivialeren Dingen zu. Wie z.B. dem Cover, das einfach klasse ausschaut, live noch besser als auf dem Bildschirm. Bunt, ja. Exotisch, ja. Aber auch kraftvoll, dynamisch und die Story des Romans besser einfangend als die meisten anderen Titelbilder. Lieber hätte ich mehr Cover wie dieses als zwei oder drei hingeklatschte Charakterköpfe ohne Bezug wie bei ?Rogue Planet?.
Die Timeline ist zwar nett anzuschauen, aber nicht wirklich so informativ, wie es auf den ersten Blick ausschaut; eine genaue Aufsplitterung der einzelnen Titel gerade bei den Comics wäre imho eine bessere Vorgehensweise gewesen (und das Computerspiel hätte man von mir aus auch rauslassen können).
Der Aufbau des Romans schaut folgendermaßen aus: er besitzt eine Einleitung, drei in etwa gleich große Großkapitel (mit insgesamt 23 kleineren) und ein Schlusswort. Die Kapitelüberschriften passen ?wie die Faust aufs Aug? und sind in ihrer Bedeutung zwar eindeutig, man erfasst diese aber erst, nachdem man schon beim nächsten ist. Im großen und ganzen erzählt Stover aus der dritten Person Präteritum (fast ausschließlich Maces), aber ganz lassen konnte er seinen ?1.-Person-Präsens-Tick? nicht, und der Roman ist durchsetzt von Auszügen aus Mace Windus persönlichem Tagebuch, was natürlich auch wieder für Atmosphäre sorgt.
A propos Atmosphäre. Aussagen führender Mitarbeiter bei LFL soll ?Shatterpoint? ja der düsterste der neuen Klonkriegsromane sein. Und das glaube ich gern (auch, dass es so nicht mehr zugehen wird, denn zuviel von solchem Stoff vertragen Gelegenheitsleser wohl nicht). Stover hat es immer wieder deutlich gesagt; er schreibt keine Kinderbücher. SP bildet hier keine Ausnahme. Das Buch ist - für einen ?Star Wars?-Roman - nicht wenig brutal und manchmal arg an der Schmerzgrenze (jedoch nie geschmacklos oder anwidernd). Mace Windu stolpert in einen Krieg, und einen solchen schildert Stover -- ohne großartig zu schönen. Krieg ist eben nicht sauber oder gerecht, es gibt keine klare Gut/Böse-Differenzierung. Mace Windu erkennt das am Schluss und ist ein anderer Mann. Depa Billaba hat es wahnsinnig gemacht.
Um zurück zur Atmosphäre zur kommen; die wird im Laufe der ersten Hälfte immer düsterer und bedrohlicher, je tiefer Mace in den Dschungel vordringt, je mehr ihm bewusst wird, dass dieser Krieg hier, auf Haruun Kal, symbolisch steht für viele andere, je mehr die Dunkelheit um ihn und in ihm an ihm zerrt. Denn das ist das zweite tiefere Thema, dem Stover sich in SP widmet: der Dunklen Seite. Zwar kommt es zu keinen weiteren fandomspaltenden Aussagen, aber die Dunkle Seite, die in ?Shatterpoint? angesprochen wird, ist persönlicher und weniger abstrakt als die in ?Traitor?. Eine der Inspirationen zu SP war Joseph Conrads Novelle ?Heart of Darkness? (verfilmt in anderem Setting von Francis Ford Coppola unter dem Namen ?Apocalypse Now?), in der man sieht, wie ein gebildeter, zivilisierter Mann fernab jeder Zivilisation die Kontrolle über sich verliert und schlimmer und grausamer wird als die einheimischen ?Wilden?. In SP passiert ähnliches mit Kar Vastor und Depa Billaba, und diese Dunkelheit droht mehr und mehr, auch Mace Windu zu verschlingen. Die Atmosphäre, die Stover zum Einsatz kommen lässt, ist unwahrscheinlich bedrückend und, ja, Verzweiflung schaffend.
Bis zu Teil II heißt das. Als Maces Suche nach Depa aufhört, verlassen auch die Leser vorher unbetretene Pfade und befinden sich wieder auf halbwegs vertrautem Boden. Die Stimmung hebt sich ein klein wenig, die Welt scheint nicht mehr so unverständlich und kompliziert und hoffnungslos, sobald Mace ?Conrads Wilden? begegnet, hier die Korrunai unter Vastors Kommando, und Depa. Das ist mit Sicherheit von Stover beabsichtigt gewesen, aber ich halte diesen drückenden, klaustrophobischen, noch nie dagewesenen ersten Teil (?Men in the Jungle?) für den besten des Romans. Was nicht heißen soll, dass der zweite, der der Beziehungsbildung zwischen Mace, Nick, Vastor und Depa gewidmet ist, sehr viel schlechter ist, nein. Nur anders. ?Victory Conditions? ist der typische Mittelteil; plotmäßig geschieht nicht viel, und der Spannungsbogen erreicht seinen Tiefpunkt (der, das nur am Rande, um einiges höher liegt als der durchschnittliche Spannungshöhepunkt des Großteils des Rest-EUs).
Nicht, dass sich bei Teil III (?Shatterpoint?) in Sachen Story noch viel tut; in dieser Hinsicht ist SP nicht gerade vollgestopft. Muss ja auch nicht sein, und die Charaktere machen dieses ?Handicap? mehr als wieder wett. Jedenfalls kann der letzte Part mit einer Schlacht aufwarten, wie es sie so im EU wohl noch nicht gegeben hat. Zugegeben, so ein klein bisschen wenig erscheint mancher Geniestreich Windus im Rückblick schon; aber dann, wo ist das bei SW mal nicht so gewesen? Und da es sich in Grenzen hält...
Um zu meiner Ursprungsfrage zurückzukommen... hält ?Shatterpoint? dem Vergleich mit ?Cloak of Deception? stand? Ich meine, ja. Ich habe einen neuen Lieblings-Prequel-Roman. Auf der allgemeinen Topliste steht SP auf dem zweiten Platz, unter ?Traitor? und vor ?I,Jedi?, ?Cloak of Deception?, ?Edge of Victory? und ?Shadows of the Empire?. Zum ersten hat?s nicht ganz gereicht, dafür ist mir SP dann doch ein bisschen zu sehr Mainstream.
--
?That?s what war is. It?s like the jungle: by the time the Whatever-It-Is that?s moving through the trees out there is close enough that you can see for sure what it is - or who it is - you?re already dead. So you make your best guess. Sometimes you?re right, and you take out an enemy, or spare an ally. Sometimes you?re wrong. Then you die. Or you have to live with having killed a friend.?