Duro

Duro - SunsetOcean Raumstation

Die Hausverwaltung war kooperativ und weniger gesprächig als der Duro im Hangar es gewesen war und so brauchte Anakin lediglich ein paar Credits auf den Tisch zu legen. Nach wenigen Minuten öffnete er schon die Tür zu seinem neuen Quartier - zumindest für die nächste Zeit. Es war klein und einfach eingerichtet - nur das Nötigste - aber sauber und hell, also genug um die jüngsten Geschehnisse zu verarbeiten und weiter zu sehen.
Der bedrohliche Schatten den das Imperium und die Sith über die Galaxis geworfen hatte war inzwischen in eine tiefe Dunkelheit gemündet, die allgegenwärtig die Wesen dieser Galaxie zu erfassen schien. Der Friede hier, zumindest auf der Raumstation, schien zerbrechlich, schon ein falsches Wort, das zu laut gesprochen wurde, schien alles hier zerstören zu können. Der Jedi wusste nicht was er jetzt tun sollte. In dem Chaos seiner Flucht hatte er sämtliche Kontakte verloren. Aydin war verschwunden, von Paix hatte er nichts mehr gehört... überhaupt wusste Ani nicht was aus den Jedi geworden war, die nicht bei dem Angriff gefallen waren. Vielleicht hatte sich erneut eine Untergrundbewegung gegründet, wie damals auf Coruscant, aber er war nicht gewillt zurück zu kehren und das heraus zu finden.

Anakin ging zu dem Fenster und schaute hinaus auf die Straße. Das alles hier hatte nichts von dem Glanz einer wirklichen Stadt, es war eng und zweckmäßig gehalten, wie dieses Apartment... eben eine mittelklassige Raumstation voller Raumpiloten, Flüchtlinge und Schurken. Es gab nicht viel was Anakin über die Duro wusste, aber bessere Raumstationen als diese hatten sie mit Sicherheit schon in den Orbit gebracht.
Seltsam wie
sie hier aufgewachsen sein konnte. Dieser Ort entsprach so gar nicht der ihrer Art, ihrem Charakter. Vielleicht war es nicht immer so, stellte Anakin fest und drückte den blauen Knopf an der Wand zu seiner Rechten. Ein Bett schob sich aus der Wand in den Raum, schmal und nich annähernd so bequem wie das im Jedi Orden, aber der Jedi ließ sich einfach darauf fallen und schloss die Augen.

Duro - SunsetOcean Raumstation
 
[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Militärbasis | Sports Center | Faith, Team und Duros]
Seit drei Wochen befand sie sich nun auf Duro. Oder sollte sie lieber sagen, über Duro? Aus Berichten über den Planeten wusste Faith, dass die Duros, die grün-blau-häutige einheimische Spezies, schon Jahrzehnte nachdem sie die Möglichkeiten zum Reisen zwischen den Sternen gemeistert hatten, auf künstliche, schwebende Städte im Orbit ausgewichen waren und die Oberfläche des Planeten der industriellen Ausbeutung überließen. Von der einst üppigen Vegetation war inzwischen nur noch toxische Wüste übrig. Die Duros hatten ihr eigenes Ökosystem vernichtet. Faith war trotz ihrer jungen Jahre durch das Aufwachsen auf einem Raumschiff jedoch schon etwas herumgekommen und wusste, dass dieses Schicksal leider nicht nur die Duros getroffen hatte.
Erstaunlicherweise schien es jedoch nur wenige Vertreter der abenteuerlustigen Spezies wirklich zu stören, oder sie taten nur so, als würden sie ihrer Heimatwelt kaum hinterhertrauern. Jeder in der Galaxie wusste, dass einige der bekanntesten und erfolgreichsten Entdecker Duros waren. Ihnen wurden legendäre Navigations- und Raumfahrerfertigkeiten nachgesagt. Sie schienen sich im All wirklich wohl zu fühlen. Immerhin war das etwas, was sie mit Faith gemeinsam hatten.

„Schnallt euch gut an!“, rief sie feixend durch die Planken, die die Areale der beiden Teams voneinander trennten. Die Duros, die auf der anderen Seite auf Bänken saßen und ihre Ausrüstung anlegten, riefen etwas in ihrer eigenen Sprache zurück. Zwar verstand Faith die Worte nicht, doch ein paar ihrer Hände formten Zeichen, die galaxisweit unmissverständlich waren. Faith schüttelte den Kopf und fiel mit in ihr Lachen ein.

Nachdem sie aus dem Koornacht Cluster entkommen waren, hatten sie einen etwa einwöchigen Aufenthalt auf einer militärischen Raumstation über Coruscant. Sie berichteten, beantworteten Fragen, berichteten wieder und fingen nochmal von vorn an, wenn eine andere wichtige Persönlichkeit ihre Ausführungen ebenfalls hören wollte. Faith war froh, dass sowohl Lieutenant Both für ihre Einheit, als auch Lieutnenant Patch für die Infiltratoren den Großteil der Debriefings übernommen hatten. Sie wusste, wie wichtig es war, über die Geschehnisse im Cluster zu berichten. Was darüber hinausging, überstieg ihre Soldstufe um ein Vielfaches. Sie war deshalb auch nicht gerade traurig, als man entschied, dass es aufgrund der derzeitigen Lage auf Coruscant besser wäre, sie über den Corellian Run und den abzweigenden Corellian Trade Spine nach Duros zu jagen. Corellia war noch nicht lange genug befreit, um diese Region als besonders stabil bezeichnen zu können und Duros war aufgrund der Lage an letzterer Hyperraumroute von besonderer Bedeutung. Wenn man den Trade Spine weiter rimwärts flöge, landete man in imperialem Raum und käme erst wieder heraus, wenn man am anderen Ende der Galaxie angelangt wäre.

So kam es, dass Faiths Zug zusammen mit einem Bataillon, das Hauptsächlich aus Duros bestand, den Dienst in der Orbitalstadt „Rana Prime“ verrichten durfte. Von Anfang an stand man in einem freundlich-konkurrierenden Verhältnis zueinander. Und jene Konkurrenz wollte ausgelebt werden.
Faiths allererste Erfahrung im Grav-Ball hatte in einer bitteren Niederlage gegen eine Auswahl einer Duros-Kompanie geendet, doch sie hatten seitdem reichlich trainiert und waren inzwischen besser vorbereitet. Die beiden nachfolgenden Spiele hatten sie zwar ebenfalls verloren, doch das letzte war bereits ziemlich knapp gewesen. Nun stand die Revanche an. Major Vondo, der das Kommando über das Bataillon der Stadt-Station innehatte, war der Ansicht, dass sportlicher Wettkampf die Fähigkeiten seiner Untergebenen in vielerlei Hinsicht schärfte und förderte daher den Wettstreit zwischen den Einheiten mit Begeisterung. Faith hatte gehört, dass sein eigenes Team ungeschlagen sein sollte, was ihr den allergrößten Respekt abnötigte.

Die Spielregeln klangen einfach. Ausgerüstet mit Repulsorstiefeln und –Gürteln flogen sie regelrecht durch das dreidimensionale Spielfeld und mussten versuchen, den Ball (der ebenfalls einen eigenen Repulsorgenerator besaß), mithilfe eines Repulsorschlägers, über die gegnerische Torlinie zu bringen. Das Spiel zu meistern war ungeheuer schwierig. Darüber hinaus war es nicht eben ungefährlich. Die Geschwindigkeiten, die die Spieler erreichen konnten, waren nicht zu unterschätzen. Nicht umsonst trugen sie einen Haufen an Ausrüstung, der sie schützen sollte.
Faith klopfte sich mit der Faust auf den Kopf, nachdem sie ihren roten Helm aufgesetzt hatte, als wolle sie testen wie stabil er war. An Ellenbogen, Knien und Schulter war sie ebenfalls mit schützend gepolsterter Panzerung in selber Farbe ausgerüstet. Mit ernster Miene überprüfte sie deren Sitz, während sie einen weiteren Ruf eines Duros ignorierte, auf den ebenfalls lautes Gelächter folgte. Nachdem sie sich von ausreichender Absicherung überzeugt hatte, öffnete sie das Tor, das auf den Platz führte, schnappte sich den Grav-Ball vom Boden und vollführte einen Jongliertrick, wobei sie die Ball über den Repulsorbereich ihres Schlägers springen ließ. Taylor Tradeseeker, Private des 4. Trupps und in seiner Jugend nach eigenen Angaben Nachwuchsspieler eines Profiteams, hatte ihr diese kleine Spielerei beigebracht. Faith bemerkte mit Genugtuung, wie das Lachen in ihrem Rücken erstarb. Stattdessen betraten ihre Mitspieler das Feld und nahmen in einem Kreis Aufstellung. Während Faith sich in den Kreis einreihte und die Arme um die Schultern ihrer Nebenmänner schlug, sah sie, wie sich das Tor der Duros öffnete. Es konnte durchaus sein, dass sie sich dies nur einbildete, doch auf ihren glatten, haarlosen Gesichtern schien ein siegessicherer Ausdruck zu liegen, was ihren eigenen Ehrgeiz nur noch mehr anstachelte.

Tradeseeker, der der Center Striker ihres Teams war, das nach Duro-Regeln aus neun Spielern bestand, hatte sich als so etwas wie der inoffizielle Mannschaftskapitän herauskristallisiert und war daher derjenige, der die Ansprache übernahm. Es war sinnvoll, er war mit Abstand ihr bester Spieler und verfügte wohl über die größte taktische Erfahrung in diesem Sport. „In Ordnung Männer“, begann er in seinem gewohnt starken corellianischen Akzent. Kyra Kronn, die andere Frau im Team neben Faith, warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Wir machen einfach das, was wir trainiert haben. Wir dürfen uns nicht nervös machen lassen und müssen dieses Mal klaren Kopf behalten, auch wenn es mal nicht so läuft, wie wir es geplant hatten.“ Faith meinte sich bildlich daran erinnern zu können, dass er in den letzten Spielen der einzige war, der frustriert das ein oder andere Mal die Beherrschung verloren hatte. Und auch, wenn ihre Jedi-Sinne noch nicht so geschult waren, fürchtete sie auch jetzt die größte Nervosität in ihm wahrzunehmen. „Los geht’s“, schloss Faith, woraufhin sie ihren Kreis auflösten und aufmunternd in die Hände klatschten.

Dann begaben sie sich in ihre Aufstellung. Faith und Kyra übernahmen die Flügelpositionen. Sie waren die leichtesten und konnten so durch die Repulsorgeneratoren in Schuhen und Gürtel die schnellsten Geschwindigkeiten erreichten. Mit Denni V’rot und Baelor Ceff hatten sie zwei Angreifer, die Geschwindigkeit und Körperkraft in sich vereinten, während Taylor Tradeseeker auf der Mittelposition die Strategie bestimmte. Der Private Lisso Ax und Corporal Quin Ran-Wii waren klein und bullig. Ideal für die Position als Fullback. Oriles Knott und Tavlon Axmis hingegen besaßen große Staturen, an denen nicht einfach vorbei zu kommen war, was sie zu den Verteidigern machte. Han Fowler im Tor und Davis Reck als Kicker rundeten das Team ab. Ihr fiel auf, dass sie nur Menschen im Team hatte. Vor ihrer Mission in den Koornacht Cluster waren jedoch alle Nichtmenschen in ihrem Zug ausgetauscht worden, sodass sie perfekte Imperiale mimen konnten. Seitdem war ihre Zusammenstellung die gleiche geblieben. Ein paar Nichtmenschen hätten ihrem Team mit einiger Sicherheit gut getan. Faith warf einen Blick auf ihre Kontrahenten. Die Duros waren im Durchschnitt kleiner als sie, besaßen aber verhältnismäßig lange Arme, die ihnen von Vorteil waren. Ob sie nun, nach beinahe drei Wochen Training mithalten konnten, würden sie sehen. Die Duros begannen mit dem Ball im Besitz.

Ein akustisches Signal verkündete den Beginn des Spiels. Faith, die ihre Repulsoren bereits angeschaltet hatte, stieß sich zwischen Wand und Boden ab und raste mit zusammengebissenen Zähnen auf ihren ersten Gegenspieler zu.

[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Militärbasis | Sports Center | Faith, Team, Duros ]
 
[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Militärbasis | Sports Center | Faith, Team & Duros]​

Das Spiel verlief ausgeglichen. Sehr ausgeglichen. Und das war gut. Die gegnerische Mannschaft, die ausschließlich aus männlichen Duros bestand, war mit vier rasch erzielten Punkten in Führung gegangen, ehe Faiths Mannschaft überhaupt richtig realisiert hatte, was mit ihnen geschah. Dennoch vollbrachten sie das Kunstwerk, das Ruder irgendwie wieder herumzureißen. Die Duros hatten sie unterschätzt. Besonders, nachdem sie ohne nennenswerte Gegenwehr in Führung gegangen waren, waren sie sich ihres Sieges zu sicher. Inzwischen stand es fünfzehn zu fünfzehn und das Spiel neigte sich dem Ende zu. Die letzten Zähler fielen Schlag auf Schlag. Die Stimmungen der beiden Teams verliefen entlang einer Klinge. Mal erlebten die Einen das Hoch eines Torerfolgs, kurz darauf die anderen. Die Gefühle waberten so klar erkennbar durch den Raum, dass Faith sie oft für ihre eigenen hielt. Oft hatte sie trainiert, die Gefühle der Personen, die sie umgaben, wahrzunehmen. Noch nie hatte sie versucht, sich vor ihnen zu schützen und sich abzuschirmen. Es gelang ihr auch nicht. Erzielte das andere Team einen Punkt, sah sie nicht nur die Freude ihrer Gegenspieler, sie fühlte sie auch, als wäre es ihre eigene Freude. Gepaart mit ihrem eigenen Frust, der sie in diesen Momenten befiel, mischte sich so bei jedem Ereignis auf dem Spielfeld ein gefährlicher Cocktail in ihr zusammen. Sie war gereizt. Die Leidenschaft hatte sie gepackt.

“Jaaaa! Verdammt gut, Denni! Schon bei den letzten beiden Toren war sie in solche Jubelstürme verfallen, dass ihre Stimme nun bereits brüchig wurde. Denni, der dunkelhäutige Private aus dem Inner Rim, erzielte nun bereits seinen neunten Punkt. Keiner hatte sich so schnell in dieser Sportart verbessert, wie der Neunzehnjährige. Es war kein Wunder, dass Taylor ihn bei seinen Angriffen immer wieder als Passempfänger auserkor. Faith riss die Arme hoch und gab ihm einen lobenden Klaps auf die Schulterpolster mit, als sie an ihm vorbeisauste. Mit breitem Grinsen auf dem Gesicht nickte er ihr zu, als sie alle wieder ihre Positionen einnahmen. Sie warf einen raschen Blick auf die Uhr. Es war nur noch Zeit für einen einzigen Angriff übrig. Sie lagen mit einem Punkt in Führung, doch den Duros stand nun der Ballbesitz zu. Ihre Aufgabe als Flügelspielerin lag nun in der Verteidigung darin, den gegnerischen Flügelspieler daran zu hindern, den Ball zugespielt zu bekommen. Das Problem beim Manövrieren des eigenen Körpers auf dem Spielfeld lag darin, dass die Repulsorstiefel nur eingeschränkte Richtungsänderungen zuließen. Wollte ein Spieler besonders schnell die Richtung ändern, oder Geschwindigkeit aufnehmen, musste er sich von Wand, Boden, Decke oder einem anderen Spieler abstoßen.
Faith war schnell bewusst geworden, warum dieser Sport bei den Duros (und ganz besonders dem Militär) so beliebt war. Ihr Leben spielte sich in jeder Hinsicht im Raum ab. Auf Rana Prime, der Weltraumstadt, herrschte mehr als ein G. Die Duro hatten ihre Standardgravitation an die Gravitation auf ihrer ursprünglichen Heimatwelt angepasst. Die selben Gravitationsgeneratoren, die ihnen ein Leben in gewohnter Anziehungskraft ermöglichten, konnten jedoch auch schnell zur Falle werden, sobald sie einmal ausfielen. Und Faith wusste, wie schnell soetwas geschehen konnte. Da diese Spezies ihr Leben im All führte, musste sie auch mit solchen Fällen souverän umgehen. Dieses Spiel simulierte kein Zero-G-Training, doch es war schon ziemlich nahe dran.

Der Angriff der Gegenspieler begann. Der hellgrüne Center Striker der Duros, der jeden Angriff begann, und selbst für einen Vertreter seiner Spezies eher kleingeraten war, stieß sich von einem seiner Mitspieler ab und ließ sich nach hinten fallen. Es war ein Spielzug, den sie in diesem Spiel bereits drei Mal gespielt hatten, und jedes Mal am Ende trafen. Als nächstes würde er den Ball weit nach vorne schlagen, sodass einer seiner Flügelspieler ihn erreichen und punkten konnte. Faith bereitete sich gerade darauf vor, sich von der Wand abzudrücken, und so ihrem Gegenspieler auf den Versen bleiben zu können, da hörte sie Taylors Stimme. „Faith pass auf!“
Sie verstand erst, was er meinte, als sie sich nach ihrem Mann umsah. Statt zu versuchen, mit hohem Tempo an ihr vorbeizukommen, schwebte er mit geringer Geschwindigkeit auf sie zu und packte ihren linken Arm am Ellenbogen. Ihr dämmerte erst, was vor sich ging, als sie sah, dass der Duros-Keeper ebenfalls auf sie zuflog, sich kurzerhand von ihr abstieß und mit rasantem Tempo in Richtung ihres Tor zusteuerte. Panisch versuchte Faith sich loszureißen. Körperkontakt war im Grav-Ball keinesfalls verboten; Halten allerdings schon. Da dieses Spiel jedoch keinen Schiedsrichter hatte, würde sich niemand darum kümmern. Erst, nachdem sie mit Händen und Füßen um sich geschlagen hatte, ließ er von ihr ab. Mit vor Wut verzerrtem Gesicht trat sie nach ihm, um sich von ihm abzustoßen, flog an einem ihrer eigenen Fullbacks vorbei, nutzte dessen Rücken ebenfalls zur Beschleunigung und steuerte auf den freien Mann zu. Sie musste ihn daran hindern, an den Ball zu kommen. Notfalls mit allen Mitteln. Sie würde dieses Spiel auf keinen Fall mehr aufgeben. All ihre Gefühle entluden sich in diesem einen Moment. Die Leidenschaft hatte sie gepackt, die Kontrolle übernommen und steuerte sie, als sie den Arm ausstreckte und den Körper des Duros mithilfe der Macht in ihre Richtung zog. Kurz schien die Zeit stillzustehen. Er wurde langsamer. Sie jedoch nicht. Die letzten Meter an Distanz hatte Faith innerhalb eines Wimpernschlags hinter sich gebracht, als sie mit aller Wucht in den Keeper rauschte.

Sie hörte einen Knochen knacken, bevor beide in einem Gewirr aus Armen und Beinen Richtung Boden stürzten. Alles überschlug sich. Sie wusste nicht einmal, ob es ihr Knochen oder der ihres Gegenspielers gewesen war. Sie fühlte in diesem Moment das selbe wie er. Schmerz, Frust. Im Hintergrund war etwas Freude und über allem der Deckmantel der Leidenschaft. Mit einem dumpfen Geräusch schlugen sie auf dem Boden auf.
Das erste, was Faith tat, war sich nach dem Ball umzuschauen. Er flog irgendwo im leeren Raum herum. Die Zeit war um. Faith und ihr Team hatten gewonnen. Freude überkam sie, und sie wollte sich umdrehen und zusammen mit ihren Kammeraden feiern, doch keiner von ihnen schien in Feierlaune. Kyra war ihr am nächsten. Sie schwebte auf Faith zu und hatte ein eher schockiertes Gesicht aufgesetzt. Nun erst hörte Faith das Wimmern in ihrem Rücken. Sie drehte sich um, und riss die Augen auf, als sie den Duros sah. Sein Arm stand in einem äußerst unnatürlichen Winkel von seinem Körper ab und an seiner großen, haarlosen Stirn war Blut zu erkennen, obwohl er einen Helm trug.
“Oh nein…, flüsterte Faith und beugte sich schnell zu dem Duros herunter, um ihm den Helm abzunehmen. Dort, wo der Helm begann, war eine Platzwunde zu erkennen und sie merkte, dass er nicht ganz bei sich war. Sie tastete vorsichtig nach seinem Arm, den er wimmernd zurückzog. Es brauchte keinen Profi, um zu erkennen, dass er ein-, vielleicht auch mehrfach gebrochen war. “Es tut mir so leid! Es tut mir so leid!“, beteuerte sie, als jemand sie grob packte und nach hinten zog. Alle Duros waren nun auf dem Boden und scharrten sich um ihren Kammeraden. “Wir müssen ihn ins Hospital bringen!“, keuchte sie. Allerdings hörte niemand auf sie. Sie redeten durcheinander, und Faith verfluchte sich diesmal dafür, dass sie ihre Sprache nicht sprach. “Ins Hospital!“, sagte sie abermals. Erleichtert nahm sie zur Kenntnis, dass sie ihren verletzten Mann gemeinsam anhoben und sich anschickten, ihn wegzubringen. Ohne einen weiteren Blick an sie, oder die anderen Menschen zu verlieren, gingen sie vom Feld. Faith wollte ihnen folgen, wurde jedoch von Kyra zurückgehalten, die sachte den Kopf schüttelte und ihr in die Augen sah. Resignierend blieb Faith an Ort und Stelle zurück, während die Duros aus dem Blickfeld marschierten.

„Das war ein echt hartes Foul, Lieutenant.“ Taylor sprach das Offensichtliche aus. „Zum Glück sind die Duros eher friedliche Kammeraden. Die meisten anderen wären auf dich losgegangen.“

„Nicht nur das“, sagte Kyra. „Faith, du hast die Macht benutzt. Sie wissen es nicht, aber wir schon. Ich hab‘ gesehen, wie er immer langsamer wurde, als du die Hand ausgestreckt hast.“

Natürlich wusste ihr ganzer Zug inzwischen schon lange, dass sie diese Fähigkeiten hatte. Selten im Leben hatte Faith sich so geschämt. Nicht nur, dass sie die Macht zu ihrem eigenen Vorteil genutzt hatte, sie hatte dieses Mal jemandem unmittelbar Leid zugefügt und sich selbst von ihren Gefühlen und der Leidenschaft leiten lassen. Wenn Arlen und Chesara sie nun gesehen hätten, wären sie mit Sicherheit unglaublich enttäuscht von ihr gewesen. Es war eine der ersten Lektionen, die sie bekommen hatte. Leidenschaft führt zur dunklen Seite. Erst recht, wenn man die Macht mit ihr in Verbindung brachte. Faith nahm sich den Helm vom Kopf und strich fuhr sich mit der Hand durch die blonde, verschwitzte Mähne, die sie immernoch kurz trug.

“Ich wollte nicht… Das wollte ich nicht, wirklich. Das tut mir so leid.“
„Nicht ganz sportlich, aber Sieg ist Sieg“, sagte Baelor Ceff und zuckte gleichgültig mit den Achseln. „Die haben den Lieutenant vorher auch gehalten, habt ihr’s nicht gesehen?“
Sofort entbrannte eine Diskussion über Recht und Unrecht, der Faith nicht mehr folgen konnte. Sie fühlte sich einfach nur noch schlecht. Nachdem sich alle umgezogen und geduscht hatten, gingen sie in die Unterkünfte zurück. Noch immer drehten sich die Gespräche nur um das Spiel. Faith sagte nichts mehr dazu. Sie würde am nächsten Morgen direkt nach dem Duros suchen, den sie verletzt hatte, und sich persönlich entschuldigen. Den Rest des Abends verbrachte sie in ihrem Quartier und meditierte, unterbrochen nur durch das gelegentliche Piepsen ihres Astromechdroiden Dreibein. Sie fragte sich, ob es das richtige war, zur Armee zu flüchten, bevor sie ihre Jedi-Ausbildung beendet hatte. Eines Tages würde sie in den Tempel zurückkehren und eine Jedi-Ritterin werden, doch woher wusste sie, wann sie soweit war?

Bevor sie ins Bett ging, wollte sie noch etwas erledigen. Sie setzte sich an ihren persönlichen Terminal und zeichnete eine Nachricht für ihre Eltern auf, in der sie sie über alles unterrichtete, was seit Lianna passiert war. Sie hatte absichtlich keinen Kontakt gepflegt. Je mehr sie darauf herumüberlegte, verschwammen jedoch die Gründe für diese Entscheidung. Und so redete sie fast eine Stunde lang, bevor sie die Holo-Aufzeichnung stoppte und den Sendeknopf drückte.

[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Militärbasis | Quartier | Faith & Dreibein]​
 
[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Öffentliche Schießanlage | Faith & Zweibein]

Faith fiel es schwer, sich zu konzentrieren. Ihre Brust hob und senkte sich nur leicht, denn sie atmete langsam und möglichst flach, um ihren Puls niedrig zu halten. Das war wichtig. Nur so war sie überhaupt in der Lage, ihren ausgestreckten Arm ruhig zu halten, während sie das Ziel mit dem rechten Auge fixierte. Etwa zwanzig Meter entfernt warf ein im Boden verbauter Holo-Projektor ein simuliertes Ziel in die ansonsten leere Luft. Sie hielt die Luft an. Dann drückte sie ab. Aus der DL-44 Blasterpistole in ihrer Hand löste sich ein einzelner roter Energiestrahl und zuckte durch die Anlage. Ein Signal ertönte als der getroffene Ring aufblinkte und zeigte, welche Punktzahl Faith getroffen hatte. Der Äußere gab fünf. Weiter innen lagen noch der Zehner- und der Fünfzehnerkreis. Schoss man daneben, gab es gar keine Punkte. Faith hatte die Zehn getroffen.

„Gesamtpunktzahl?, fragte sie Zweibein, während sie sich den Reif vom Kopf nahm, an dem eine Blende für das linke Auge befestigt war. Die R2-Einheit, die mit dem Computer der Schießanlage verbunden war, drehte das Kopfmodul in ihre Richtung, piepte einige hohe Tonfolgen und ließ den herausstehenden optischen Sensor im Kreis drehen. „655? Von wie vielen? Sie hatte ein ganzes Magazin auf unterschiedliche Distanzen geschossen. Zweibein pfiff zweimal lang und danach eine andere Tonfolge. „Ja, du hast Recht. Das ist wirklich schlechter als das letzte Mal. Der Umstand, dass ihre Eltern sich immer noch nicht zurückgemeldet hatten, schien sie mehr zu beschäftigen, als sie erhofft hatte. Vor zwei Wochen hatte sie ihre Holo-Nachricht abgeschickt und danach vergeblich jeden Tag auf eine Antwort gewartet. War sie die vorherigen Tage noch durch verschiedenste Aufgaben, Übungen und einem Einsatz auf Koli, dem kargen Eisfelsen im Duro-System, abgelenkt, war es ihr heute, an ihrem freien Tag, einfach zu viel geworden. Sie hatte versucht auf andere Gedanken zu kommen. Jedoch hatte weder Sport, noch eine Seifenoper im Holo-Net oder diese Schießübungen den gewünschten Effekt gebracht. Nichts davon konnte sie von dem Gedanken ablenken, dass die Navalon nicht zu erreichen war. Zuerst hatte sie sich nichts dabei gedacht. Ein paar Tage konnte die Kommunikation über unzählige Lichtjahre schonmal dauern, je nachdem, wo sich das Lazarettschiff ihrer Eltern gerade befand. Doch zwei Wochen schienen ihr ungewöhnlich. Danach hatte sie Nachforschungen angestellt. Der letzte bekannte Standort war eine Raumstation nahe Chalacta, welche die Passagiere eines havarierten Frachters voller Flüchtlinge aufgenommen hatte. Zwar befand sich dieses System noch in der Republik, doch es lag direkt an der Grenze zum Hutt-Raum, in dem sich die Verbrecher und Halunken nur so tummelten. Beunruhigend kam hinzu, dass Faith im Holo-Net mit mal mehr, mal weniger seriösen Berichten zugeschüttet wurde, nach denen sich auch vom Imperium und der nicht weniger berüchtigten Verbrecherorganisation der Schwarzen Sonne Aktivitäten in der Region vorweisen ließen. Sie hätte nur zu gern weitere Informationen gesammelt, doch ihr Dilemma bestand darin, niemanden zu kennen, der wichtig genug war, weitere Nachforschungen anstellen lassen zu können und ihr zudem einen Gefallen schuldete. Es war zu früh, um die republikanischen Behörden einschalten zu können, sie hatte jedoch weit mehr als einmal darüber nachgedacht, ihre ehemalige Meisterin Chesara um Hilfe zu bitten. Sie saß im Jedi-Rat und hatte nicht nur im Orden, sondern auch außerhalb einen sehr guten Ruf und kannte viele Leute. Die Meister-Padawan-Beziehung der beiden war jedoch zu glattkantig geendet und obwohl Faith die Rätin immernoch mochte, wollte sie sich nicht der Blöße hingeben, bei ihr um Hilfe zu betteln. Wer wusste schon, ob sich dies alles nicht als unberechtigte Sorge herausstellte? Vielleicht waren die Kommunikationssysteme des Schiffs kaputtgegangen und sie wurden gerade repariert, oder es gab einfach zu viel Arbeit an Bord, um sich die Zeit zu nehmen belanglose Gespräche mit der weit entfernten Tochter führen zu können, der es gut ging.

Ein Pfiff Zweibeins riss sie aus ihren Gedanken. Sie lächelte dem Droiden zu, der ihr seit Monaten ein treuer Begleiter war.
„Du kannst abschalten, danke. Er beendete die Trainingssequenz für Faiths Schießbahn und schaltete den Computer ab, ehe er sich von der Schnittstelle löste. Der Verbindungsarm klappte jedoch nicht wieder in sein Gehäuse zurück und machte ratternde Geräusche.

„Klemmt dein Arm wieder?“, fragte sie im Ton einer Mutter, die Schmutz aus dem Gesicht ihres Kindes wischt, während sie sich zu ihm hinunterbeugte und versuchte einen kleinen Gegenstand zu entfernen, der sich in einem seiner Zahnräder verkeilt hatte. „ Wie hast du denn das schon wieder hinbekommen?“ Sie biss sich angestrengt auf die Unterlippe, kam jedoch mit ihren Fingern nicht an den unzähligen Upgrades vorbei, die der Droide im Laufe seines Lebens eher unfachmännisch eingebaut bekam. Faith hatte schon ihr Möglichstes versucht, um den Droiden auf Vordermann zu bringen, musste jedoch irgendwann einsehen, dass die Herstellung einer einwandfreien Betriebsbereitschaft ein Langzeitprojekt bei dieser Astromecheinheit darstellte.

„Probleme mit dem Droiden?“ Es war eine männliche, raue Stimme die da sprach. Jetzt erst nahm Faith Notiz von der Person, die sich hinter ihnen befand. Ohne sich umzudrehen werkelte sie weiter an dem Droiden herum. „Keine Probleme, nein.“ Ein angestrengtes Geräusch entfuhr ihr, als sie endlich ihre Finger an den Kabeln im Innern vorbeigewunden und das Teil mit dem Fingernagel ihres Zeigefingers aus den Zahnrädern lösen konnte. Sofort fuhr der Computerarm ordnungsgemäß in den künstlichen Körper des kleinen Droiden zurück.

„Nichts für ungut, aber den Droiden sollte ich entsorgen. Ich hole einen neueren aus der Werkstatt für diese Station. Vielleicht eine R8-Einheit.“

„Nichts für ungut, aber wenn Sie meinen Droiden anrühren…“ Sie erhob sich, um sich umzudrehen und zu sehen, wer sie da angesprochen hatte. Als sie den Kopf herum warf, wäre sie vor Überraschung jedoch rücklings beinahe über den Droiden gefallen. Was sie sah, passte so gar nicht zu der rauen, unfreundlich klingenden Stimme. Der Mann in grauer Arbeitskleidung mochte Anfang, höchstens Mitte Zwanzig gewesen sein. Ein kurzer Flaum bedeckte sein Kinn, über dem sich ein voller Mund, eine perfekt symmetrische Nase und dunkle, nuss-farbige Augenbefanden. Eingerahmt wurde seine sonnengeküsste Gesichtshaut von dunklen Haaren, die sich leicht über Stirn und das halbe Ohr lockten. Ein halbes Dutzend kurzer, knochiger Hörner sprossen daraus hervor. Faith konnte nicht anders, als diesen Zabrak für wunderschön zu erklären.

„Verzeihung, ich wusste nicht, dass das Ihr Droide ist. Ich dachte, er gehört zu unseren Verwaltungseinheiten.“ Seine Stimme klang, nun da sie das Gesicht und das sanfte Lächeln dazu sah, überhaupt nicht mehr so rau. Stattdessen schien sie einen sanften Basston angenommen zu haben. Sie spürte, wie ihr warmes Blut in die Wangen schoss.

Nein... Doch. Ja, das ist mein Droide. Sein Name ist Zweibein. Wie zum Beweis deutete sie auf die Art wie er sich fortbewegte, als er just in diesem Moment ohne das dritte Rad, das er zum Rollen benötigt hätte, davonwackelte.

„Soll ich mir das mal ansehen?“, fragte der Zabrak, der offensichtlich ein Techniker des Unternehmens war, welches die Schießanlage betrieb.

„Nicht nötig, danke. Seine Beine funktionieren perfekt, er hat einfach einen Sprung in der Platine“. Faiths Versuch eines Lachens endete in einem merkwürdigen Japsen. Wiedereinmal musste sie sich eingestehen, dass sie im Flirten eine Niete war. Sie erinnerte sich an das letzte Mal, auf Lianna, als sie die Anwesenheit des Jedi-Ritters Steven Crant so nervös gemacht hatte. Damals hatte sie sich nicht wie eine angehende Jedi gefühlt, und in diesem Moment nicht wie eine 2nd Lieutenant der Armee, die noch vor wenigen Wochen getarnt unter Imperialen Einheiten gegen Yevethaner gekämpft hatte. Sie fühlte sich eher wie ein dreizehnjähriges Mädchen. Zu ihrer Erleichterung lachte er jedoch auch.

„Verstehe.“ Er streckte ihr die Hand entgegen.„Ich bin Paru.“

Bereitwillig schlug sie ein. „Faith.“

„Freut mich Faith" Eine kurze Pause folgte. "Vielleicht bin ich zu forsch. Ich bin neu hier und kenne noch nicht so viele Leute. Also sagen Sie mal, haben Sie heute Abend schon was vor? Es gibt da so einen Klub…“

[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Öffentliche Schießanlage | Faith, Paru & Zweibein]
 
[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Handelsmodul | Faith & Kyra ]

Faith konnte es kaum glauben. Sie hatte sich noch nie mit einem Mann verabredet. Selbst als Kind oder später als Jugendliche hatte sie sich nie mit einem Jungen getroffen. Wie denn auch? Sie war das einzige Kind an Bord der Navalon und die kurze Zeit, die sie für Reparaturen oder zum Aufladen der Vorräte auf Planeten oder an Raumstationen verbrachten, reichte kaum aus um Freundschaften schließen zu können. Ihre Kindheitsfreunde waren der Kapitän des Lazarettschiffs, die Krankenschwester, der Schiffsjunge (der auch mehr als Zehn Jahre älter als sie war) und die anderen Mitglieder der Navalon-Mannschaft. Es war also kein Wunder, dass sie sich wie ein ängstliches Kind fühlte, wenn sie Männer traf, die Interesse an ihr zu haben schienen, oder an denen sie selbst ein gewisses Interesse hegte.

Es war auch noch nie vorgekommen, dass sie nichts zum Anziehen fand. Zwar war sie ebenfalls noch nie in einem Klub gewesen, aber sie stellte sich vor, dass man dort nicht mit Alltagskleidung aufkreuzte. Die meisten Stücke ihres privaten Kleiderschrankes bestanden aus Roben, Tunika und Umhängen. Die waren weniger modisch als zweckmäßig. Dasselbe galt für ihre Offiziersuniformen. Sie würde sich lächerlich vorkommen, zu einer privaten Veranstaltung in Uniform zu erscheinen. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als neue Kleidung zu kaufen. Zum Glück verdiente man beim Militär der Neuen Republik genug Credits, um sich gelegentlich einen persönlichen Luxus leisten zu können. Bisher hatte sie das verdiente Geld eher für Ersatzteile ausgegeben, die sie für das Zusammenflicken ihres Droiden benötigte und den Rest einfach gespart. Sie hatte eigentlich vorgehabt, das Geld irgendwann an die Galactic Health Care Organisation zu spenden, auf die sie angewiesen waren. Als Jedi würde sie zwar kein Geld verdienen, doch bekam vom Orden alles, was sie zum Leben brauchte.


So kam es, dass sie sich kurzerhand Kyra schnappte, mit der sie sich inzwischen auch privat immer besser verstand, und einige Modeläden der Orbitalstadt aufsuchte. Leider wurde ihnen relativ schnell bewusst, dass die Auswahl nicht besonders groß war. Die Raumstation Rana Prime, die in Ausmaßen und Bewohnerzahl zwar einer Stadt glich, aber natürlicherweise die Einschränkungen hinnehmen musste, die es in einer so lebensfeindlichen Umgebung wie dem Weltraum gab, war in praktische Module eingeteilt. Das Modul, das die Einkaufsläden beheimatete, war jedoch eines der kleinsten. Von diesen Läden bestand zudem die geringste Anzahl der Läden aus Bekleidungsgeschäften. Doch mit der Stilsicherheit der modebewussten Coruscanti hatte Faith es gut getroffen. Zu guter Letzt fanden sie nämlich doch noch den kleinen Laden einer beleibten Bothanerin, deren Mode in erster Linie nicht für Menschen entworfen wurde, nach ein paar fachgerechten Änderungen der Schneiderin jedoch ausgezeichnet passte. Schließlich wurde es eine Jacke aus künstlichem Leder, die mit orangenen und weißen Akzenten daherkam, eine Tunika in beigefarben mit modernem Schnitt, die zudem über eine Kapuze verfügte und eine dunkle Hose. Alles in allem fand Faith, dass sie noch nie besser aussah.

Als es in Richtung Abend ging, verließ Kyra Faiths Quartier, jedoch nicht ohne ihr vorher unablässig Tipps geben zu wollen, wie sie sich im Laufe des Abends verhalten sollte. Zwar war die blonde Frau ihr sehr dankbar zuvor beraterisch tätig gewesen zu sein, doch nach einem etwa zweistündigen Monolog über die Frage der Rollenverteilung von Mann und Frau in der Zabrak-Gesellschaft war Faith ebenso froh, als endlich Ruhe einkehrte. Als die Tür ins Schloss fiel, atmete sie zunächst tief durch. Das Treffen war erst in einer Stunde verabredet. Da sie für die Wegstrecke ins Unterhaltungsmodul in etwa dreißig Minuten brauchen würde, hatte sie etwa noch dreißig weitere Minuten, um sich nach dem bisher eher stressigen Verlauf des Tages herunterzufahren.

„Irgendwelche neuen Nachrichten?“, fragte sie an Zweibein gewandt. Der Astromechdroide, der bis dahin still im Standby an einer Ladestation beim Schreibtisch verbracht hatte, erwachte surrend und piepend zum Leben.

„Von wem?“ Kurz erfasste sie die Aufregung und Hoffnung keimte irgendwo tief in ihr auf. Gab es endlich Nachricht von ihren Eltern? So hoch, wie ihre Emotionen sie in diesem kurzen Moment hievten, so gnadenlos fiel sie auch wieder herab, als Zweibein die Enttäuschende Mitteilung machte, dass es sich bei der hinterlassenen Nachricht um den Major handelte.

„Was will er?“, fragte sie gereizt. Der Droide piepste und pfiff. „Morgen früh in seinem Büro?“ Zustimmendes Surren folgte. Sie wusste nicht, was der Duros-Major von ihr wollte. Normalerweise gab er die Befehle, die direkt den Zug betrafen, an Lieutenant Both. Sie hoffte, dass es nicht um die Grav-Ball-Aktion von vor zwei Wochen ging. Das glaubte sie jedoch nicht, denn das wäre unmittelbar am nächsten Tag geschehen und der Duros, den sie verletzt hatte, hatte ihr bereits verziehen, als sie sich persönlich bei ihm entschuldigt hatte. Das kleine Mysterium dieser Frage würde sie jedoch erst morgen lösen können. Ein schneller Blick auf das Chronometer an der Wand sagte ihr, dass es Zeit war zu gehen. „Bis später“, rief sie Zweibein zu, während sie sich -schlagartig viel besser gelaunt- die neue Jacke umwarf und durch die zur Seite fahrende Tür schritt.

Als sie aus der Bahn zum Unterhaltungsviertel stieg, war es, als wäre sie in einer anderen Welt. Überall waren fluoreszierende Neon-Lichter. Werbetafeln, die Getränkemarken oder verschiedene Unterhaltungsmedien anpreisten, waren an jeder Straßenecke, auf jedem Dach und an kreisenden Säulen zu sehen. Die Luft war warm und stickig. Dazu stank es nach einer Mischung aus Schweiß verschiedenster Spezies und Ammoniak. Faith konnte sich jedoch nicht erlauben stehen zu bleiben, denn eine ungeheure Masse an Personen bahnten sich ihren Weg in die Etablissements. Noch nie hatte sie auf Rana Prime so viele Lebewesen auf einem Haufen gesehen. Duros und Menschen schienen dabei die Minderheit darzustellen. Sie sah Arkona, Dugs, Farghul, Gran und etwas, dass nach der Beschreibung ein Gungan sein musste. Dazu unzählige Spezies, deren Namen sie nicht kannte und die sie auch noch nie zuvor gesehen hatte. Zum ersten Mal wurde ihr tatsächlich bewusst, dass Duro nahe zweier wichtiger Handelsrouten lag und wieviele Frachter-Piloten aus den entlegensten Regionen sich hier tatsächlich zu jeder Zeit herumtrieben. Staunend ließ sie sich von der lebendigen Masse mitziehen und hielt Ausschau nach dem „Power Plan“, dem Klub, in dem sie sich mit Paru treffen wollte. Sie kam vorbei an Tanz- und Sportbars, Restaurants, klassischen Cantinas, und Theatern, in denen die neusten Holo-Filme vorgeführt wurden. Hin und wieder kamen ihr Duros-Sicherheitskräfte entgegen, die betrunkene Besucher abführten oder lautstark mit Gruppen feierwütiger Piloten diskutierten. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie das große, bunte Namensschild des „Power Plans“ entdeckte. Immer wieder hatte sie nervös auf den Chronometer an ihrem Handgelenk geschaut und ihr war bewusst, dass sie sich verspätete.

„Da bist du ja“, begrüßte der attraktive Zabrak sie, als sie in Sicht- und Hörweite kam, wirkte dabei jedoch eher erleichtert als verärgert. „Ich wusste nicht, dass hier so viel los ist“, führte sie entschuldigend an und deutete fassungslos auf die vielen Gäste. „Das ist doch noch gar nichts.“ Er führte sie zu einem Tisch, der überraschenderweise frei blieb, obwohl die Lokalität an sich ziemlich überlaufen war. Dabei redete er einfach ungezwungen drauf los. „Auf Nar Shaddaa sieht es fast überall so aus, ganz zu schweigen von den Unterhaltungsvierteln auf Coruscant.“

Faith beäugte ihn interessiert. „Du bist also schon ziemlich herumgekommen?“

„Könnte man sagen. Ich war die letzten Jahre so etwas wie ein Frachter-Pilot“, erklärte er, derweil eine junge Twi`lek ihre Bestellung aufnahm. „Für mich einen Corellianischen Whiskey und für die junge Dame…?“ Er machte eine Handbewegung, die sie auffordern sollte, ihren eigenen Wunsch zu äußern. „Für mich das gleiche, danke“, platzte sie völlig überfordert heraus. Sofort danach bereute sie es. Gab es hier nicht so etwas wie eine Getränkekarte? Sie hatte doch keine Ahnung, was man hier bestellen konnte! Darüber hinaus hatte sie noch nie in ihrem Leben Alkohol getrunken. Paru schien ihr die Gedanken von der Stirn ablesen zu können, sagte jedoch nichts und besah sie stattdessen nur mit einem abschätzenden Blick. Faith suchte schnell nach etwas, was vom Thema ablenkte. „So etwas wie ein Frachter-Pilot?“ Ihr Blick folgte der Twi´lek-Kellnerin, die hinter einem Tresen verschwand, vor dem eine Gruppe weiblicher Echani ausgelassen tanzte. „So etwas“, schloss er bestätigend und mit der Stimme eines Mannes, der es dabei belassen wollte. Faith schätzte, dass er lediglich Mechaniker oder Hilfskraft an Bord gewesen war, dies jedoch nicht zugeben wollte und hakte daher nicht weiter nach.

Die beiden verstanden sich prächtig. Fast drei Stunden hatten sie miteinander verbracht, in denen sie sich über die belanglosesten Dinge unterhielten. Sie hatten getrunken (Faith hatte für ihr Glas Corellianischen Whiskey beinahe den ganzen Abend gebraucht), getanzt und hinterher einen Happen vom Hinterhof-Grill eines altersschwachen Squibs gegessen, den Paru als absoluten Geheimtipp offenbarte. Danach hatte Faith sich verabschiedet und war mit der Bahn zurück in ihr Quartier gefahren. Als sie schließlich im Bett lag, konnte sie nicht aufhören zu lächeln. Es war einer der schönsten Abende seit langem.

Am nächsten Morgen weckte sie Zweibein. Das künstliche Licht schmerzte ihre Augen und ein Stechen im Kopf bewies die Qualität des vortäglichen Whiskeys. Nachdem sie sich in der Nasszelle frischgemacht und die Dienstuniform angelegt hatte, schlenderte sie in Richtung Stabsgebäude. Als sie sich bei der Vorzimmerdame anmeldete, stellte sie fest, dass sie mehrere Stimmen aus Major Vodos Büro vernahm, obwohl sie gerade zur rechten Zeit kam. Nach Aufforderung trat sie ein und stellte fest, dass sich alle Mitglieder der 8. Gruppe des 4. Trupps versammelt hatten. Faith nahm Haltung an und salutierte. „Rühren, Lieutenant. Guten Morgen“, begrüßte sie Major Vodo. Sie selbst fragte sich immer noch, was dies zu bedeuten hatte. Schweigend und geduldig beäugte sie ihre vier Mitstreiter, die unter der Führung von Corporal Quin Ran-Wii standen. Außer ihm waren die Privates Taylor Tradeseeker, Allana Nex und Kyra Kronn, die ihr am Vortag in Modefragen beigestanden hatte, anwesend. Faith ließ sich zu keiner Reaktion hinreißen, als letztere mit Nicken und Augenzwinkern eine Andeutung dazu verlangte, wie der Abend verlaufen war. „Wie ich bereits ihren Kammeraden mitgeteilt habe, werden sie für eine Sonderaufgabe nach Coruscant versetzt. Dort werden sie sich mit Lieutenant Commander Duval zusammenfinden und über die weiteren Missionsschritte informiert werden, über die man mir leider keine Kenntnis angedeihen ließ. Ich mag es nicht, wenn mir eine ganze Gruppe, inklusive Führungsoffizier weggenommen wird, und würde daher gerne ein paar Takte mit diesem Lieutenant Commander Duval wechseln. Leider wurde das Ganze von höherer Stelle abgesegnet und mir bleibt keine andere Wahl. Ihr Flug geht um Zwölfhundert.“

[Duro | Orbitalstadt Rana Prime | Militärbasis| Major Vodos Büro | Faith & Major Vodo, Cpl Ran-Wii, Pvt Tradeseeker, Pvt Nex, Pvt Kronn]
 
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