Puuhh... das wird Arbeit. Ich weiss jetzt kommt ne Menge Text, aber ich habe mich diesmal wirklich bemueht, eventuellen Missverstaendnissen und Undeutlichkeiten vorzubeugen. Also versucht es ruhig mal genau durchzulesen.
Callista Ming schrieb:
Strafrechtlich argumentier ich jetzt gar nicht, denn da ist dieser Aspekt schon lange wiederlegt, einfach indem Auftraggebener ebenso hart bestraft werden, wie der Ausführende.
Mord: eine Straftat. Anstiftung zum Mord: eine Andere. Oder irre ich mich da? Ich hab nicht mitgekriegt, wo das strafrechtlich wiederlegt wurde, kannst du mir ein Zitat nennen? Ich bin ja in der Tat kein Jurastudent und greife auch oft auf meine eigene Meinung zurueck. Also muss man die Diskussion nicht hundert prozentig am aktuellen rechtssystem fest machen. Aber bin natuerlich interresiert mehr zu erfahren. Also wenn da nicht noetiger Weise ein Unterschied gemacht wird, BITTE ich darum es mir aufzuzeigen
Callista Ming schrieb:
Der Mensch setzt sich intensiv mit dem bevorstehenden Tod des Opfers auseinander. Er jongliert die Gedanken förmlich hin und her. Und aus einer perversen Neigung heraus freundet er sich mit dem Gedanken derart an, das es schließlich zur Vergabe des Auftrages kommt. Und während dessen Ausführung er tiefe Befriedigung und ein schier unendliches Machtgefühl über andere hat. Wo da die Überwindung ist? [...] In alle diesen Phasen würde ein gesunder Menschenverstand ins stocken geraten, von seiner Tat abkommen, den Fehler einsehen. Nicht derjenige. er zieht das knallhart durch, was für normale Menschen ein unglaublich hohes Potential an krimineller Energie bedeutet
Und der Auftragskiller. Für den ist das eh routine. Sein Wesen ist vom winkenden Geld schon so vergiftet, das er die Menschen, die er erschießt, schon nicht mehr als solche wahrnimmt, sondern einfach nur als Auftrag und Arbeit, die erledigt werden muss. Es ist für ihn kein Mord in dem Sinne mehr, wo andere Hemmungen verspüren, sondern da wird nur noch abgedrückt und fertig ist
Mir scheint, du wiederlegst dich zum Teil selbst. Ich wiederhol fuer dich noch mal deine eigenen Worte: Auftraggeber --> "Jongliert die Gedanken foermlich hin und her" Moerder --> "die Menschen, die er erschiesst, schon nicht mehr als solche wahrnimmt". Damit hast du deine eigene These, das der Auftraggeber in der Regel noch verdorberner ist, wiederliegt. Oder? Du scheinst sie doch zu mindest auf eine Stufe zu stellen. Und was perverse Machtgefuehle usw betrifft: 1. seeeehr subjective und mit Sicherheit nicht allgemeingueltig und 2. Das kann ein Moerder etwa nicht haben? Aber okay, vorrangig gehts mir ja darum, zu verdeutlichen, dass der Moerder als "schlimmer" angesehen werden sollte, nicht dass er nur nicht harmloser ist.
Zuerst muss ich noch mal etwas klarstellen: Natuerlich muessen beide hart bestraft werden (ob mit der Todesstrafe, wie manche meinen, ist wieder eine ganz andere Diskussion). Es geht mir nicht und ging mir auch nie darum zu sagen: "Der Auftraggeber ist doch gar nicht so schlimm..." Selbstverstaendlich ist er das. Ich wollte nur zeigen, dass man auch bei den abscheulisten Dingen immer noch versuchen sollte zu differenzieren. Das ist fuer mich wahre und einigermassen objective Gerechtigkeit.
Ich bin mir sicher, jeder hatte mal jemanden in seinen Leben, den er nahezu hasste. Der einem dermassen auf den Sack ging, das einem bereits bei dessen ersten Saetzen das Blut in den Kopf schoss. Klar haette ihn niemand von uns toeten wollten oder toeten lassen. Man muss sich aber auch ehrlich fragen: Waehre man in Traenen ausgeborchen, wenn er doch durch irgend welche anderen Umstaende gestorben waere? Man ist sicher geschockt, ueberrascht, auf negative Art und Weise verbluefft. Die wenigsten wuerden einen Gedanken wie "Irgendwo ist es gut so" in ihrem Herzen erlauben. Aber so richtig traurig? Schwer zu sagen... Wenn man sich auf irgendwelchen "dubiosen" Websites rumtreibt, kann man schon einige Leute kennen lernen, die den Gedanken, eine bestimme Person umzubringen, nicht so schlecht finden. Die vielleicht sogar davon fantasieren. Wirklich tun wird es keiner oder nur ein minimaler Teil. Halten wir fest: Jemanden den Tot zu wuenschen ( ich mein wirklich zu
wuenschen) ist einfacher, als ihn auch wirklich umzubringen. Ist ja auch logisch.
Was stimmt ist, das ein gezielter Auftrag noch einiges mehr an Ueberwindung kostet. Es stimmt, dass man in der Regel Fuer und Wieder abwiegen muss und sich mit diesem Gedanken auch auf eine bestimmte Art und Weise "anfreunden" muss. Doch trotz dieser verachtungwuerdigen Tat, trotz der sicher noetigen harten Bestrafung... Er sieht dem Opfer nicht in die Augen. Er hat nicht den Finger auf dem Abzug. Er ist nicht bereit zu morden. Er ist bereit Morde in kauf zu nehmen, sie zu billigen, sie als noetige Sache anzusehen, darauf hinzuarbeiten, dass einer geschiet. Ja und dies kann und darf nicht geduldet werden! Aber ... aber er bring im Endeffekt niemanden um. Er bezitzt immer noch einen gewissen Abstand zum Geschehen, kann es verdraengen, kann natuerliche auch perverse Freude haben, doch solche
sehr persoenliche Dinge koennen nicht beruecksichtigt werden. Tatsache bleibt, er besitzt nicht die Kurage, den Mut, den Willen oder tut es auch einfach aus logischen Gruenden nicht. Ein Moerder besitzt dies alles und missachtet die groessere Chance einer Festmache. Er ist bereit offener gegen das Gestz zu verstossen. Er hat den Finger auf den Abzug und drueckt ab. Und deswegen ist seine noetige Ueberwindung groesser. Er muss immer noch eine groessere (theoretische) Ueberwindung beweltigt haben, um gegen dieses Gesetz zu verstossen und dem sollte Rechung getragen werden.
Beide gehoeren hart bestraft und doch je nachdem, was sie fuer eine Ueberwindung aufgebracht haben. Wie weit ihre Hemmschwelle bereits verschwunden ist. Und ich nutzte die ganze Zeit dieses laestige Wort "theoretisch", da die praktische Hemmschwelle, oder die praktische Ueberwindung, die aufgebracht wurde, natuerlich stets an anderen Punkten liegt.
Talon Karrde schrieb:
Dem Ansatz und der Logik dahinter folgend müsste jemand der dir eine Ohrfeige verpasst härter bestraft werden, als der, der dir die Beine bricht. Man kann ja schließlich davon ausgehen, dass ersteres 1000 mal weniger Überwindung benötigt.
Ich hab mir den angesprochenen Beitrag noch mal durchgelesen, weiss aber nicht, wie du auf diesen Schluss kommst. Ich wollte anhand der Ohrfeige und der gebrochenen Beine nur das Prinzip der Ueberwindung verdeutlich. Demnach kosstet eine Ohrfeige weniger Ueberwindung, als beide Beine zu brechen. Deswegen wird dass Brechen der Beine haerter bestraft. Waere meine Logik an diesem Beispiel falsch, muesste mehr Ueberwindung kosten, eine Ohrfeige zu verpassen, als beide Beine zu brechen..
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich so einen Stuss nicht von mir gegeben hab
Furia Lynn schrieb:
Theoretische Größe? Wer legt diese theoretische Größe fest? Du? Schon mal daran gedacht, dass es bei der Unmenge an Straftaten und ihrer möglichen Begehung (Tun, Unterlassen, Täterschaft, Mittäterschaft, Anstiftung, Beihilfe) ein Unmenge theoretischer Größen der Überwindung geben wird? Zu jeder Straftat (und der Form ihrer Begehung) ungefähr so viele, wieviele Menschen Du befragst. Ist Dir das genug an Schwammigkeit?
Ich fuehl mich zwar geschmeichelt, dass du mir die Aufgabe des Festlegens der Strafmasse zu gestehen willst, eigentlich ist dafuer jedoch die Gesellschaft zustaendig. Um genauer zu werden - bei einer Demokratie wie unserer - die Regierung. Und natuerlich ist diese Groesse immer unterschiedlich. Deswegen das Woertchen "theoretisch". Diese Theory bassiert auf dem Bild unserer Gesellschaft eines normalen Durchschnittsmenschen. Die Ueberwindung kommt zu trage, wie "weit vom Schuss ab" solch ein Mensch dann von dem angenommen Normalzustand sein wurde. Oder eben wie viel Ueberwindung er brauchen wuerde. Da koennen dann allerdings halt Faktoren wie Drogen, Krankheiten physicher oder psychischer Natur und noch andere Sachen die Endauswertung beeinflussen. Und nein, ich lege auch nicht den besagten Normalzustand fest. Ich ging aber einfach mal davon aus, dass dieser Normalzustand bedeutet: Man verstoesst nicht gegen Gesetze und schaedigt nicht andere Menschen.
Furia Lynn schrieb:
Was hat Horas Beispiel mit dem Stammesrat mit Volksverhetzung zu tun? Bei dem einen geht's um einen Mord, bei dem anderen um die Verunglimpfung eines ganzen Volkes
Tja, ich find auch, dass das kein so gekonntest Beispiel war... Aber warum sich Horatio dafuer entschieden hat, Stammesraete irgendwelcher ehtnischen Gruppen einzubeziehen, musst du ihn schon selber fragen.
Furia Lynn schrieb:
Schon mal geguckt was man alles machen muss um einen Mord zu begehen? So Leute gehören meiner Ansicht nach an den Galgen, Knast ist noch zu wenig. Wenn solche Leute weniger als lebenslänglich kriegen, dann gute Nacht...
Wie bereits erwaehnt, gehoert die Frage um die Todesstrafe in ein anderes Themenfellt. Was "weniger als lebenslaenglich" angeht... Habe ich das irgendwo erwaehnt? Um die Sache klar auszudruecken: Noe.
Furia Lynn schrieb:
Du willst mir nicht wirklich erzählen, dass Du der Überzeugung bist, dass "Einfachheit" ein Grundgedanke des Rassismus ist... [...]Und glaub mir, es ist erst recht nicht einfach zu sagen ob eine Person eine bestimmte Straftat begangen hat oder nicht.
Das ist es sicher nicht. Aber wie die Todesstrafe gehoert das in ein anderes Themenfelt. Ich hab im Uebrigen auch nie das Gegenteil behauptet.
Was die Einfachheit betrifft, zetiere ich mich doch glatt mal selbst:
Ich schireb "Menschen haben es gerne einfach. Wo Einfachheit herrscht, gibt es klare Grenzen, klare Dinge die schlecht sind, klare Dinge die gut sind. Das heisst, man kann sich von seinen Gedanken herr klar auf etwas einrichten. Und das gefaellt den Menschen. Das gefaellt mir, dir, jedem. Und BITTE versteht mich jetzt nicht falsch. Dieser Drang zur Einfachheit muss keineswegs zu Rassismuss oder chronischer Engstirnigkeit reichen. Er kann sich auch nur in den kleinsten, unwichtigsten Bereichen des Lebens austoben. Und die menschliches Psyche ist zu klompex, als dass man nicht an irgend einen Beispiel zeigen koennte, dass das nicht immer 100%ig greift. Also bitte keine Kruemelkackerein.
Das man zum Beispiel einen Lieblingsyoghurt hat, ohne wirklich versucht zu haben, alle fuer einen leicht erlangbare Yoghurtarten zu testen, ist ein Ausdruck des Dranges nach Einfachheit. Der schmeckt nun mal sehr gut und das reicht. Damit ist er mein Lieblingsyoghurt. Es ist keine schlimmer Sache, nicht unbedingt den wirklich besten Yoghurt herausgefunden zu haben. Und es ist schliesslich
einfacher. Kein Problem also.
Uneindeutigkeit frustiert den Menschen. Aktuellstes Beispiel: Die Ungewissheit, welche Partei als Regierung wirklich die Beste ist.
Rassismus kann als so eine tolle Sache sein, weil es alles schoen vereinfacht: Ich bin gut, der ist bloed. Ich gehoer zur tollen Rasse, der zur bloeden. Klare Grenzen. Man weiss wohin, mit seinen Hass. Man steht auf der Sonnenseite des Lebens. Yihaaa, ein hoch auf die Einfachheit und Eindeutigkeit!"
Fazit: Doooooch, genau das will ich sagen. Du waerst ueberrascht, wie viel Uebel auf der Welt im Endeffekt darauf bassiert. Darauf nicht genug nachzudenken. Darauf sich von truegerischen Emotionen leiten zu lassen, schlicht und ergreifend, weil es einfacher ist (versteht mich nicht falsch, Emotionen sind ne tolle Sache, aber leider auch manchmal gefaehrlich...).
Furia Lynn schrieb:
Schon mal daran gedacht, das Du Blödsinn schreibst und deswegen keiner versteht was Du meinst?
Ob dus glaubst oder nicht, ich musste lachen, als ich das gelesen hab. Nicht schlecht gekontert, doch leider entbehrt der Spruch jediglichen, sachlichen Wert.
Furia Lynn schrieb:
Und jeder, ausnahmslos jeder, der seine Fingerchen bei sowas im Spiel hat, hat genausoviel Unrecht auf sich geladen.
Waerst du auch der Meinung, wenn (um ein sehr krasses Beispiel zu waehlen), jemand deiner gesamten Familie die Waffe an den Kopf haelt und sie nur ueberleben, wenn du jemand anderen erschiesst? Das ist diese typische Reduzierung auf das Simpelste, von der ich sprach. DAS ist fuer mich gefaehrlich. Einfach alle Kopf ab! So eine Einstellung ist menschenverachtend und bringt dich in eine gefaehrliche Naeh zur Einstellung des Moerders. Ich nehme nicht an, dass du je jemanden umbringst
, aber solche Gedanken allein sind schon wirklich schlimm genug.
Furia Lynn schrieb:
Dein Beispiel führt zu Selbstjustiz. Wenn ich jetzt den Totschlag in einem solchen Falle milder bestrafe, dann sinkt die Hemmschwelle für Selbstjustiz. Denn allem anschein nach ist das doch mehr oder weniger ok, wenn ich finde, dass jemand es verdient hat verprügelt zu werden. Das deutsche Strafsystem soll präventiv sein. Prävention erreicht man nicht indem man zeigt, dass das umbringen von Menschen nach eigenem Gutdünken weniger schlimm ist, solange man nur denkt, dass sie es verdient haben. Das endet in Selbstjustiz und Anarchie.
Die mögliche Strafmilderung ergibt sich in einem solchen Fall aus einer möglichen Begrenzung der Schuldfähigkeit.
Der einzige Teil deines Beitrags, der (fuer mich) richtige und gute Argumente besitzt. Das sowas ne tolle Idee waere, hab ich allerdings gar nicht behauptet.
Ich wollte nur auf die Moeglichkeit des Falles hinweisen, den du als absolut abstruss verschriehen hattest. Ich habe diese Justiz allerdings auch wirklich nie vertreten. Im keinen Teil meiner Argumente. Mir fiel jediglich auf, dass sowas momentan tatsaechlich moeglich ist. Aber du hast recht, das ist keine Gerechtigkeit, in der man generell milder bestraft wird, weil man den Mord fuer gerechtfertigt hielt.