Emanzipierung in Filmen/Serien - im Guten wie im Schlechten?

Dr. Sol

Sith Lord aus Leidenschaft
Teammitglied
Der Titel ist sperrig, aber mir fällt gerade kein besserer ein.

Das Thema Emanzipierung wird ja heutzutage immer größer geschrieben. Der Wunsch besteht nach stärkeren, realistischeren weiblichen Figuren, die unabhängig von ihren männlichen Kollegen "agieren". Emanzipierte Rollen also.

Nun habe ich mir aber überlegt, wenn man das Thema Emanzipation wirklich ernst nimmt, muss man auch die Schattenseiten davon berücksichtigen. Figuren passieren in Filmen oder Serien oft grausame Dinge, und bislang habe ich das Gefühl dass Männer stärker davon betroffen sind als Frauen.

Ich will mal als Beispiel die Serie "Hannibal" nennen. WARNUNG: Die folgenden Zeilen enthalten Spoiler zur Serie sowie zur Romanvorlage "Roter Drache" von Thomas Harris.
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Im Laufe der Geschichte lernen wir in der Serie den Serienkiller Francis Dolarhyde (der "rote Drache") kennen. In der Romanvorlage bringt dieser den Reporter Freddie Loanes in seine Gewalt (welcher in der Verfilmung von Brat Ratner übrigens von Philip Seymour Hofmann gespielt wird). Während der Gefangenschaft wird Loanes brutal verstümmelt und am Ende bei lebendigen Leibe verbrannt.
Nun die Serie: Hier gibt es auch eine Figur namens Freddie Loanes, aber diesmal wird diese von einer Frau verkörpert. In der Serie wird nun nicht Loanes vom "Drachen" verstümmelt (was übrigens sehr explizit gezeigt wird), sondern eine andere (männliche) Figur. Für den Verlauf der weiteren Story war es prinzipiell egal wer nun geopfert wird. Ich hab mich nur gefragt: Wieso haben die Macher das gemacht? Wieso wurde der Kerl geopfert und nicht die Frau (welche, nebenbei, wohl die unbeliebteste in der Serie war). Hatten die Macher zu viel Schiss dass die Zuschauer es ablehnen wenn plastisch gezeigt wird wir eine zarte Frau gefoltert und bei lebendigen Leibe verbrannt wird? Die Serie war ja so schon ab 18

Wie seht ihr das mit der Emanzipation in Filmen/Serien? Seit ihr auch der Meinung dass eine Frau prinzipiell die selbe scheiße durchleben sollte wie Männer? Oder ist das dem Zuschauer am Ende nicht zuzumuten?
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Titel ist sperrig, aber mir fällt gerade kein besserer ein.

Das Thema Emanzipierung wird ja heutzutage immer größer geschrieben. Der Wunsch besteht nach stärkeren, realistischeren weiblichen Figuren, die unabhängig von ihren männlichen Kollegen "agieren". Emanzipierte Rollen also.

Nun habe ich mir aber überlegt, wenn man das Thema Emanzipation wirklich ernst nimmt, muss man auch die Schattenseiten davon berücksichtigen. Figuren passieren in Filmen oder Serien oft grausame Dinge, und bislang habe ich das Gefühl dass Männer stärker davon betroffen sind als Frauen.

Bis Schattenseiten hatte ich ja gedacht, du willst auf etwas anderes hinaus.

Und zwar auf weibliche Bösewichte: Die fehlen mir teilweise ziemlich.
Die Serie hat mit weiblichen Moriaty da endlich mal etwas gewagt.

Fiese und gemeine weibliche Figuren sind imo noch selten (auch wenn es sie gibt, Game of Thrones kenne ich ja auch). Aber da scheint es mir noch durchaus Aufholpotential zu geben.

Zu dem Punkt:

Figuren passieren in Filmen oder Serien oft grausame Dinge, und bislang habe ich das Gefühl dass Männer stärker davon betroffen sind als Frauen.
Ich hatte und habe bei den Serien oft das Gefühl, dass Frauen andere grausame Dinge passiert.
In Staffel 3 wird einem Kerl von seinem Bruder die Brust verbrannt. In Staffel 4 vergewaltigt der Bruder brutal seine eigene Ehefrau.
Mich hat beides beschäftigt. Hätte man es genau andersrum drehen können? Mhhh ...

Zum Töten:
Wenn in Serien Frauen getötet werden, setzen sich die Macher halt dem Klischee "Damsel in Distress" aus. Da ist das Beispiel wohl Jadzia Dax, die beim Beten für eine Schwangerschaft als Kollateralschaden stirbt. Das hat ein gewisses Geschmäckle ...

Es bedarf eines guten Drehbuchs, damit zumindest bei mir ankommt: Man, das war jetzt echt scheisse heftig! Da ist mein (Lieblings)beispiel (doofes Wort an der Stelle) Todd aus NCIS. Sie rettet ihren Chef, redet mit ihm, hat einen lockeren Spruch auf den Lippen -> und stirbt. Die Stelle habe ich schon x-mal gesehen und sie geht mir trotzdem heute noch nah. Und ich denke, auch bei einem Kerl wäre mir das so gegangen. Aber das liegt eben auch daran, dass die Stelle (in meinen Augen) genial inszeniert ist.

Soweit meine (unsortierten) Gedanken
 
Die Frage ist halt, ist es schon frauenfeindlich wenn man fordert dass Frauen in solchen Szenen ähnlich behandelt werden wie Männer.

Noch mal zur "Problematik" um die es mir geht. Ich habe eine Romanvorlage und die Serienumsetzung. In beiden Varianten kommt eine Figur vor die den selben Namen und die selbe Funktion trägt. Doch in der Vorlage ist die Figur ein Mann, in der Serie eine Frau. Im Buch wird die Figur brutal ermordet. In der Serie wird die Figur verschont und stattdessen eine andere (männliche) Figur ungebracht. Für den weiteren Verlauf der Story ist es unerheblich wer von beiden stirbt. Deswegen ist meine einzige Erklärung dafür dass das in der Serie geändert wurde eben der dass wir es dort mit einer Frau zu tun haben.
Ich habe mich über die Änderung geärgert muss ich gestehen. Nicht weil ich gerne mit ansehe wie Frauen Gewalt angetan wird. Es ist nur so: Die Figur ist sowohl im Roman als auch in der Serie so angelegt dass man sie hasst. Als Kenner der Romanvorlage habe ich mich daher schon auf den Moment "gefreut" wo man sie endlich los wird. Tja, und dann kam der Moment nicht.

Deswegen stellt sich die Frage: Würdet ihr sagen dass die Mehrheit der Zuschauer es ablehnen würde, wenn ähnlich drastische Gewalszenen bei Frauen gezeigt werden wie bei Männern? Wenn ja, findet ihr das richtig so? Eigentlich sollte es egal sein ob nun ein Mann oder eine Frau auf dem Bildschirm gefoltert wird. Mensch ist nun mal Mensch. Auch wenn man Frauen nach sagt dass sie etwas schmerzempfindlicher sind als Männer (was für manche vielleicht sogar ein Argument gegen solche Szenen sind). Man kann natürlich auch argumentieren dass solche Szenen bei Frauen weniger effektvoll sind und sich die Darstellung sexueller Gewalt dazu besser "eignet". Wobei ich, wie @riepichiep schon angestoßen hat, der Meinung bin dass man den Spieß dazu auch umdrehen kann. Das soll jetzt bitte nicht als Forderung verstanden werden, mehr Gewalt an Frauen im Fernsehen zu zeigen. Häusliche Gewalt an Frauen ist real und soll hier keineswegs verharmlost werden. Es geht hier eher um die Frage wie in gewissen Genres, insbesondere in solchen mit hohem Gore Gehalt, mit diesem Thema ungegangen wird. Und tatsächlich fallen mir gerade nur Beispiele ein in denen Männer verstückelt, zersägt, von Kugeln durchsiebt etc werden. Ein Gegenbeispiel das mir gerade als erstes durch den Kopf schoss ist Amanda im ersten Teil von "Saw", die zwar überlebt aber um haaresbreite einen äußerdt brutalen Tod gestorben wäre. Weiteres Beispiel wäre vielleicht noch ein bisschen Lara Croft im Tomb Raider Reboot, die ja doch ziemlich viel einstecken muss.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich glaube es gibt einen Unterschied zwischen Gewalt im Sinne von Folterung und sexueller Gewalt. Letztere dient immer der Demütigung des Opfers (auch bei der Vergewaltigung von Männern durch Männer), wird aber (fast) immer gegen Frauen einsetzt.

Grundsätzlich finde ich, dass man nicht sexualisierte Gewalt genauso gut gegen Männer wie gegen Frauen einsetzen kann. Als aktuelles Beispiel fällt mir ein Kriminalroman ein, in dem eine Frau entführt und ziemlich über misshandelt wird (planmäßig werden nach einer Art Lehrbuch die einzelnen Schritte "abgearbeitet", um eine Information zu erhalten". Das ist sozusagen "Gleichberechtigung" im übelsten Sinn. Aber ich könnte mir denken, dass das allgemeine Publikum da anders denkt.
 
Ich finde es grundsätzlich schwierig, irgendwelche Tendenzen auszumachen. Jede Wertung hängt primär davon ab, was man sich so anschaut. Da macht es sicherlich einen großen Unterschied, ob man sich "Der Tod und das Mädchen" von 1994 angesehen hat oder etwa "AvP2". Der gemeinsame Nenner dürfte bei diesen beiden Filmen dann wohl auch Sigourney Weaver heißen, obwohl sie im Letzteren gar nicht mehr mitgespielt hat. Dafür hat sie mit ihrer Rolle als Ellen Ripley aber eine altbekannte und mittlerweile genretypische Vertreterin (in AvP2 ist es dann die Army-Pilotin und Mutter, Kelly O'Brien) hinterlassen, während an anderen stellen dieses Streifens schon sehr krasse (und storymäßig absolut nebensächliche) Grausamkeiten an Frauen sehr deutlich gezeigt werden. Inwiefern man bei einem inhaltlich derartig dürftigen Sci-Fi-Streifen noch von Emanzipation sprechen kann, nur weil man ein paar hochschwangere Frauen auf der Entbindungsstation von einem Alien infizieren lässt oder die blonde Schultussi von einem Predator-Gadget geköpft wird, will mir da nicht so recht einleuchten, geht es doch eigentlich nur darum, den Bodycount möglichst abwechslungsreich in die Höhe zu treiben.
Da finde ich den Ansatz, den "Der Tod und das Mädchen" macht, im Sinne dieses Threads deutlich interessanter: Ein Opfer von Folter begegnet ihrem vermeintlichen Peiniger Jahre später und sie versucht, ihn, ebenfalls durch Folter und Demütigung, zu einem Geständnis zu bringen. Sehr intensiv und ein düsterer und geschlechterübergreifender Blick in menschliche Abgründe.

Klar ist für mich jedoch, dass man dieses Thema eben nicht ohne Weavers filmischen Beiträge der letzten Jahrzehnte diskutieren kann.
 
Es gibt auch Filme, wo Frauen mehr Leid angetan wird. "Die Wanderhure" zum Beispiel. Ihr wird grausam mitgespielt. Und Frauen sind grundsätzlich eher Opfer sexueller Natur als Männer.
 
Ein sehr kontroverses Werk in diesem Zusammenhang ist Sucker Punch von Zack Snyder. Ich würde es einen positiven Beitrag zur Emanzipation nennen, da es die Message hat, dass jeder die Kontrolle über seine eigene Realität hat. Die weiblichen Charaktere kämpfen im Film gegen die Unterdrückung und für ihre Freiheit, ohne dass es zu einem Racheplot kommt. Und dabei ist ihre Stärke nicht die Kampffähigkeit, sondern ihr Geist.
 
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