[Fiction, Oneshot] Nenn mich nicht so....

Obawan

seit ihrem 9. Lebensjahr heimlich in Obi-Wan verli
Hallo ihr lieben. Wieder mal was von mir....:D

Personen:
Obi-Wan Kenobi, Anakin Skywalker

Zeit:
kurz nach Qui Gons Tod

Genre: Drama/Allgemein (aber is nich alles ein bisschen Drama?)

Kurzbeschreibung: Qui Gon ist tot und Anakin wird von dem trauernden Obi-Wan nicht so behandelt, wie er es sich vorgestellt hat



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Erneut brach die Nacht über Theed herein. Die Hauptstadt von Naboo leuchtete jetzt schon die zweite Nacht in blassen rosafarbenen Tönen- die Farbe der Trauer auf diesem Planeten. Überall hingen Lichter, fast alle Bewohner trugen Trauerkleidung, die Gungans hatten unzählige Opfergaben auf einem Altar im Hof dargebracht. Die Königin unternahm viel, um ihre Anteilnahme an Qui Gons Tod zum Ausdruck zu bringen, der ganze Planet nahm Anteil an dem Verlust, den der Jedi-Orden erlitten hatte. Doch mir spendete all das hier keinerlei Trost.

Ich hörte die Stimmen der Leute schon gar nicht mehr, die mir ihr Mitgefühl aussprachen. Ich nickte nur noch ab, setzte ein unechtes Lächeln auf und ging weiter. Ihre leeren Phrasen bedeuteten mir nichts, denn keiner von ihnen wusste, dass sich ein tiefer Abgrund in mir aufgetan hatte, der all ihre nett gemeinten und tröstenden Worte einfach verschlang.

Ich wusste, dass ein Jedi nicht so denken sollte. Ich musste diesen Verlust akzeptieren, genauso wie den Tod an sich, denn er war ein Teil des Lebens. Aber das KONNTE ich nicht einfach hinnehmen!

Ich klammerte mich so fest an den Fensterrahmen vor mir, dass ich glaubte, das Holz könnte jeden Augenblick unter meinen Fingern bersten. Meine Kehle schnürte sich zu, ich konnte nicht mehr atmen und bekam Panik. Es fühlte sich an, als würde sich eine riesige Faust um meinen Lungen schließen und mich ganz langsam ersticken.

Ich rief mir ins Gedächtnis, was ich vor langer Zeit gelernt hatte.

- Nur wie wir auf unsere Geühle reagieren, unterscheidet die Jedi von anderen Lebewesen. Jedes Gefühl ist es wert, gespürt zu werden. Lass es durch dich hindurchfließen und dann entlasse es wieder in die Macht.-

Bei ihm hatte das immer funktioniert. Wenn er zornig oder ungeduldig gewesen war, waren diese Empfindungen stets nur kurz aufgeblitzt und dann wieder verschwunden, um einen Pol der Ruhe zu hinterlassen. Ich schüttelte den Kopf, die Gedanken an ihn machten es nur schlimmer.

Der Abgrund in meinem Herzen wurde wieder ein Stück tiefer, meine Muskeln verkrampften sich, meine Augen begannen zu brennen. Das verräterische Zeichen für einen dieser unerklärlichen Weinkrämpfe, die mich in den letzten Stunden immer wieder heimgesucht hatten und wegen denen ich keinen Schritt mehr vor die Tür setzte aus Angst, jemand könnte mich- einen Jedi- bei solch einer Schwäche beobachten.
Ich wusste, dass ich mich niemals an den Tod gewöhnen würde, aber dass ich mich jemals so elend und verloren fühlen würde wie jetzt, hätte ich nicht für möglich gehalten.

Nur sehr langsam erlangte ich die Kontrolle über meinen Körper wieder. Die Verzweiflung zog sich zurück wie ein wildes Tier, das nur darauf wartet, erneut anzugreifen. Sie hinterließ nichts als Leere. Dann hörte ich seine Stimme wieder in meinem Kopf. 'Er ist der Auserwählte. Bilde ihn aus.'

Ungerechter Zorn ergriff von mir Besitz. Nach all den Jahren hatte er so kurz vor seinem Tod kein einziges Wort für mich übrig gehabt. So viele gemeinsame und manchmal auch äußerst schwierige Missionen lagen hinter uns. Wir hatten eine Bindung zueinander aufgebaut, die alles übertraf was ich bisher erlebt hatte. Und trotzdem hatte er keinen Gedanken mehr an mich verschwendet, sondern mir ein Versprechen abgenommen, dass ich nicht halten konnte und es auch gar nicht wollte. Ich hatte ihm mein Wort aus der Situation heraus gegeben. Es war sein letzter Wille gewesen, ich hatte meinem Meister die letzte Bitte nicht abschlagen können.

Ohne dass ich etwas dagegen unternehmen konnte, erschien die Szene wieder vor meinen Augen. Und da war sie auch wieder. Die Verzweiflung.
Sein Körper war in meinen Armen erschlafft, obwohl ich so verzweifelt versucht hatte, ihn mit Hilfe der Macht zu heilen. Nichts von seiner unendlichen Stärke war mehr da gewesen, als er mich mit einem Lächeln auf den Lippen einfach so verlassen hatte. Er hatte mich allein gelassen in einem Leben, dass so anders war ohne ihn und mit Aufgaben, denen ich nicht gewachsen war.

“Meister?” riss mich eine leise Stimme aus meinen Gedanken.

Ich verzog das Gesicht, als hätte man mich geohrfeigt.

“Nenn mich nicht so.”

Meine Stimme klang tief und abweisend.

“Aber-”

“Nein!
Ich möchte allein sein.”

Ich sprach so leise, dass ich mich selbst kaum hören konnte.

”Aber ihr wollt schon tagelang nichts anderes als allein sein.” fuhr er schüchtern fort. Offenbar machte ich ihm Angst.

“Warum bist du hier?” fragte ich in die Dunkelheit zwischen uns.

“Meister Yoda hat Kontakt zu uns aufgenommen. Er wird in Kürze auf Naboo eintreffen.”

Ich seufzte und sammelte mich halbwegs. Dann drehte ich mich um. In warme Kleider gehüllt, stand Anakin in der Tür zu meinem Quartier.

“Ich möchte, dass du wieder gehst.” sagte ich und versuchte, ruhig zu klingen.

“Ist es wegen Qui Gons Tod?”

Ich zuckte zusammen, als er seinen Namen erwähnte.

“Ich weiß, dass er dir versprochen hat, dass du ein Jedi-Ritter wirst. Aber ich werde deine Ausbildung nicht übernehmen. Also geh bitte wieder.”

“Warum wollt ihr mich nicht als euren Schüler?”

“Ich kann dich nicht ausbilden, Anakin-”

Ich zögerte.

“-und ich möchte es auch nicht.”

Ich spürte, dass meine Worte den Jungen trafen, aber das war mir im Moment gleichgültig. Ich wollte nur wieder allein sein.

“Aber jetzt, nachdem Qui Gon tot ist, dachte ich-”

Eine gewisse Bitterkeit lag in Anakins Stimme als er dieses Mal Qui Gons Namen aussprach.

“Anakin, ich habe gerade erst meine eigene Ausbildung abgeschlossen. Ich wäre kein guter Meister, glaub mir.”

Davon, dass ich meine Ausbildung wirklich abgeschlossen hatte, konnte allerdings auch nicht die Rede sein. Ich wurde aus ihr heraus in eine Welt voller Schmerz, Intrigen und Unsicherheit gerissen.
Und auch, wenn ich mir die Prüfungen herbeigesehnt hatte, wenn ich mir nichts sehnlicher gewünscht hatte, als endlich ein Jedi-Ritter zu sein- ich hatte noch mit einigen Monaten gerechnet, die ich und Qui Gon gemeinsam als Meister und Padawan verbringen würden. Mit einem Abschied hatte ich zwar gerechnet, aber nicht mit einem für immer.
Ich brauchte Zeit.
Zeit, um mich zu verabschieden, um zu trauern und wieder zu mir selbst zu finden. Doch das Leben ging erbarmungslos weiter, und lies mir keine Zeit für all diese Dinge.

'Das Ende der Tod ist nicht. Nur ein weiterer Weg zur Macht er ist.'

Meister Yodas Worte ergaben plötzlich keinen Sinn mehr für mich.

Ein leises Schluchzen holte mich erneut aus meinen Gedanken. Ich drehte mich um und verspannte mich unwillkürlich.

“Anakin.” sprach ich den Jungen an.

Er weinte. Große Tränen kullerten seine Wangen hinab. Nichts Ungewöhnliches, ich hatte schon einige Kinder weinen sehen. Was mir regelrecht Angst machte, war die Tatsache, dass der Junge in diesem Moment vor Zorn fast zu explodieren schien.

Ich ging einen Schritt auf ihn zu, obwohl mir mein Instinkt befohl, ihm fern zu bleiben.

“Anakin.” sagte ich dieses Mal etwas lauter und kniete mich vor ihn.

“Ich konnte die Ablehnung der Ratsmitglieder mir gegenüber spüren. Wenn ihr mich nicht ausbildet, wird niemand es tun!”

Ich streckte die Hand nach Anakins Schulter aus und hielt inne, noch bevor ich ihn berührte.

Dieses Kind umgab eine Vergenz der Macht, das stimmte. Aber diese Vergenz war im Begriff, sich dunkel zu färben. Sein unerklärlicher Zorn und seine Ängste bewirkten das. Ich überwand mich und zog ihn in mein Zimmer. Die Tür schloss sich zischend hinter ihm.

“Ankakin, du musst dich beruhigen.” sprach ich ihn an.

“Atme.”

Ich bemühte mich, verständliche Worte für ihn zu finden.

“Stell dir vor, dein Mund ist ein Ventil. Lass all deine Gefühle mit deinem Atem entweichen.”

Ich fiel in seinen schnellen und tiefen Atemrhythmus mit ein und senkte allmählich die Frequenz der Atemzüge. Ich stellte erleichtert fest, dass er sich an mir orientierte. Allmählich spürte ich schließlich, wie er sich beruhigte und die gewaltige Konzentration an Macht um ihn herum geringer wurde.

Plötzlich schrie eine innere Stimme in mir, ich solle ihn so schnell wie möglich wegschicken. Und zwar nicht nur aus meinem Zimmer.
Ich hatte das Gefühl, ihn aus der Galaxis verbannen zu müssen. Ein Bild nahm in meinem Kopf Gestalt an. Anakin in einem gewaltigen, tiefschwarzen Machtstrudel.
Ich schüttelte den Kopf, er war einfach zu gefährlich, um ihn auch nur ansatzweise darin zu unterrichten, seine enormen Fähigkeiten zu gebrauchen. Sein Charakter lies eine Ausbildung in meinen Augen nicht zu.

“Was war das?” holte Anakins ängstliche Stimme mich erneut aus meinen Gedanken.

Jähes Mitleid für den Jungen überkam mich. Wie sollte er auch wissen, was eben mit ihm passiert war. Er verstand die Komplexität der Macht noch nicht und wieso er sie benutzen konnte. Ich seufzte schwer. Ohne eine Ausbildung würden seine Probleme größer werden je älter er wurde. Und ohne eine Unterweisung konnte er zu einer großen Gefahr für sich selbst und andere werden, das wurde mir jetzt klar.

Qui Gon hatte diese Tatsache bereits gekannt, bevor sie mir bewusst geworden war. Er hatte Anakin ausbilden wollen. Ich war für ihn plötzlich Nebensache gewesen, denn Qui Gon glaubte fest daran, dass Anakin der Auserwählte war. Schmerzlich kehrte die Erinnerung an die letzten Momente meines Meisters wieder in meine Gedanken zurück.

'Er ist der Auserwählte. Er bringt das Gleichgewicht. Bilde ihn aus. Versprich es mir.'

Ich hatte es ihm versprochen, doch jetzt war ich mir nicht mehr so sicher. Dieses Kind barg großes Potential und große Gefahr zugleich. Möglicherweise war er der Auserwählte. Möglicherweise würde er das Gleichgewicht bringen, aber vielleicht auch nicht.

Ich fühlte mich im Moment nicht mal dazu in der Lage, klar zu denken, wie also sollte ich den Auserwählten ausbilden?

“Ich werde mich beim Rat dafür einsetzen, dass du einen besseren Meister als mich bekommst.” sagte ich leise zu Anakin.

Dieser sah zu Boden und wirkte unzufrieden.

“Wieso möchtest du unbedingt, dass ich dich ausbilde?”

“Naja. Ihr kanntet Qui Gon doch am besten von allen, oder? Ich mochte ihn und euch mag ich auch. Ich vertraue euch.”

Mir wurde klar, dass ich mir eben selbst etwas vorgemacht hatte, als ich Anakin gesagt hatte, ich würde einen anderen Meister für ihn finden.
Ich hatte gesehen, wozu dieser Junge in der Lage war und welche Gefahr von ihm ausgehen könnte. Kein anderer Meister würde ihn akzeptieren.

Ich schluckte schwer. Es wäre eine große Talentverschwendung. Das einzige Schicksal, welches ihm unter diesen Umständen noch zu Teil werden könnte, wäre eine oberflächliche Ausbildung im Tempel bis zu seinem 13. Lebensjahr. Anschließend würde man ihn zum Agri-Korps schicken. Er würde Farmer werden und auf irgendeinem abgelegenen Planeten schadstoffresistente Nutzpflanzen züchten.

Ich sah Anakin an.
In seinen blauen Augen spiegelten sich Verzweiflung und Wut. Gefühle, die ich einst ebenfalls in Bezug auf meine Zukunft empfunden hatte.

Auch ich sollte zum Agri-Korps geschickt werden. Kurz zuvor hatte Qui Gon mich als seinen Padawan abgelehnt. Mein größter Traum war es schon immer gewesen, ein Jedi-Ritter zu werden und ich erinnerte mich noch genau an das Gefühl, als er einfach so zerplatzt war.

Doch als es beinahe zu spät gewesen war, hatte Qui Gon auf seine Gefühle vertraut und mich angenommen. Er hatte sich auf meine Ausbildung eingelassen, obwohl es ihm schwer gefallen war, Menschen zu vertrauen seit sein ehemaliger Padawan Xanatos ihn verraten hatte. Er hatte mich ausgebildet, obwohl er unsicher gewesen war. Er war immer dem Willen der Macht gefolgt.

Vielleicht sollte ich das auch tun.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wow, wieder einmal eine tolle Geschichte!! Obi-Wans Gefühle, seine Traurigkeit, seine Zweifel bzgl. Anakins Ausbildung sind sehr gut beschrieben. :) Hast wirklich Talent. Freue mich schon auf weitere Storys. :)
 
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