Freispruch im Mannesmann-Prozeß

Horatio d'Val

Ritter der Kokosnuss
Wie in den Nachrichten zu sehen, zu lesen und zu hören war, wurde heute morgen das Urteil gesprochen - Freispruch für alle Angeklagten.

Was denkt Ihr über dieses Urteil?

Ich persönlich halte es für einen Fehler, denn in meinen Augen haben sich hier (wieder einmal) Top-Manager auf dem Rücken anderer selber bereichert. Kein Job, fast keine Leistung auf dieser Welt ist es wert, mit solchen Summen belohnt zu werden - die man sich auch noch untereinander zugeschachert hat.

Die Staatsanwaltschaft hatte Esser außerdem Käuflichkeit vorgeworfen: Er habe eine Prämie von 15 Millionen Euro dafür erhalten, dass er der anfangs von ihm vehement abgelehnten Übernahme des traditionsreichen Mannesmann-Konzerns durch Vodafone Anfang des Jahres 2000 am Ende doch zugestimmt habe.


Auch ein sehr schöner Punkt:
Die Düsseldorfer Wirtschaftsstrafkammer hatte in einem Rechtsgespräch am 31. März bereits die Auffassung vertreten, die Zahlungen seien zwar aktienrechtlich unzulässig, erfüllten aber nicht den Straftatbestand der Untreue.
Wie kann ich eine unzulässige Handlung/Zahlung begehen, gleichzeitig aber keine Gelder veruntreuen, wenn ich mich an Geld bediene, welches mir nicht zusteht?

Mein Fazit....der "kleine Mann" wäre für eine vergleichbare Handlung wieder mal in den Bau gewandert, die Großen kriegen noch nicht mal einen entrüsteten Blick....

Für mich persönlich war der negative Höhepunkt dieses Prozeßes der Ausspruch "Hier werden die einzigen bestraft, die Werte schaffen". Eigentlich bin ich ein friedlicher Mensch, aber hätte dieser.....Mensch vor mir gesessen, hätte ich mich wohl vergessen. Das war ein Schlag ins Gesicht für jeden einzelnen Menschen in dieser Republik. Für jeden der morgens aufsteht und zur Arbeit geht, für jeden, der ein Kind groß zieht - was ein viel höherer Wert ist, als dieser Esser wohl jemals erarbeiten oder begreifen wird.
Und das beste ist - er behauptet von sich, Werte zu schaffen. Aber seine Arbeit ist ein Dreck wert ohne die zahllosen armen Schweine, die seine Ideen in die Tat umsetzen....

Alle dafür hätte er bestraft werden müßen...

@Juristen
Kommt mir jetzt bitte nicht mit Paragraphen - es mag einen Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit geben, aber darüber ist man in diesem Prozeß schon lange hinaus. Auch ist es eine Tatsache, daß Recht zunehmend nicht mehr wirklich was mit der Realität zu tun hat. Das was wir hier erlebt haben ist ein schlechter Witz und in meinen Augen ein Armutszeugnis für unsere Justiz.


Abschließend ein kleines, den Punkt treffendes Bild:
Plakat250_dpa_381.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe eigendlich nichts anderes erwartet.Spätestens seit das Gericht im März diese Aussage machte.Warum wurde dann überhaupt weiter verhandelt ?
Sie sehe es wie Horatio,einen Kleinen hätte man dafür wohl ins Loch geschickt.
Aber gut,wenn es unsere Gesetze so hergeben.

Was mich am meisten wurmt,ist die Tatsache,daß der "Arbeitervertreter" Zwickel
sauber aus der Sache kommt.
 
Sowas wie Gerechtigkeit gibt es in der Welt nunmal nicht.
Wirtschaftlich gesehen haben wir uns in den letzten Jahren wieder richtung der Zeit um die Industrialisierung bewegt. Oben kassieren einige ab unten verbleiben die Anderen.
 
Um es gleich vorne weg zu sagen, dass sie nicht bestraft werden (können) ist Falsch.


Wie kann ich eine unzulässige Handlung/Zahlung begehen, gleichzeitig aber keine Gelder veruntreuen, wenn ich mich an Geld bediene, welches mir nicht zusteht?

Das ist anscheinend durchaus möglich. Es ist ja auch nicht jeder ein Mörder, der einen Menschen getötet hat. Das dies hier nicht bestraft werden kann ist allerdings ein klares Zeichen dafür, dass der Straftatbestand nicht weit genug gefaßt ist.

Dass Esser aus diesen Freispruch ableitet, er habe sich korrekt verhalten, ist schlicht unerträglich. Das Verhalten der Beteiligten ist moralisch trotzdem verwerflich .

@ Juristen
Kommt mir jetzt bitte nicht mit Paragraphen - es mag einen Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit geben, aber darüber ist man in diesem Prozeß schon lange hinaus.

Dein Bild von Juristen scheint mir falsch zu sein, es gibt überhaupt keinen Grund hier mit §§ zu "kommen".

Die Tatsache, dass diese Leute nicht bestraft werden können, weist auf einen Fehler im Normengefüge hin, der behoben werden muß.

Aber im Moment muß man eben mit dem handeln, was man hat. §§ sind die Werkzeuge der Juristen. Du kannst auch kein Loch in eine Wand bohren wenn du keine Bohrmaschine hast. Juristen können im Strafrecht niemanden verurteilen, wenn sie den passenden § nicht haben.

Auch ist es eine Tatsache, daß Recht zunehmend nicht mehr wirklich was mit der Realität zu tun hat.

Recht hat eine Menge mit Realität zu tun, es ist nur so, dass die Realität immer etwas vorraus ist. Die Gesetze der letzten 20 Jahre waren fast ausschließlich Reaktionsgesetze auf bereits bestehende Tatsachen. Dem Gesetzgeber fehlt die Weitsichtigkeit außerdem braucht er zu lange um Gesetze zu erstellen (bis zu 5 Jahre).

und in meinen Augen ein Armutszeugnis für unsere Justiz

NEIN !
Dies hieße die wahren Schuldigen davon kommen zu lassen, dies sind nämlich die Politiker. Die Politiker haben es versäumt der Justiz rechtzeitig ein Werkzeug in die Hand zu geben, um sowas bestrafen zu können, sie sollten daher den Ball auch etwas flach halten. Die Justiz muß nur die Versäumnisse des Gesetzgebers ausbaden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke auch man sollte die Justiz nicht zu hart rannehmen. Der Rechtsstaat (Juristen Gerichte) ist eine der sozialsten Errungenschaften der Menschheit weil er uns zu einem grossen Teil vor Anarchie und dem "Recht des Stärkeren" beschützt. Das dumme ist halt nur das er bei weitem nicht perfekt ist und wohl nie sein wird. Und wie gesagt Krimminelle oder Betrüger oder schlicht Menschen mit weniger sozialem Menschenbild oder einer gehörigen Portion Egoismus , finden halt oft eine Lücke im Gesetz und nutzen die aus. Da kann der einfache Anwalt nichts dafür.
Natürlich muss man auch das Gegenteil sehen. Viele Juristen kennen das Gesetzt extrem gut und wissen d.h auch wie mans zu seinen eigenen Gunsten auslegen kann und wo schwächen sind die man ausnutzen kann.
Von daher muss man halt wie Darth Gi kon sagt das Gesetz ständig anpassen und aus Fehlern lernen.
 
Darth Ki Gon schrieb:
Um es gleich vorne weg zu sagen, dass sie nicht bestraft werden (können) ist Falsch.
Ja, sie können bestraft werden....wenn Vodafone gegen die gemäß Aktienrecht unzulässigen Zahlungen vorgeht. Sonst geht es nicht....
Und eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!
Auch nicht schlecht - da verstößt jemand gegen Recht und der Staat kann nichts unternehmen....wow....geiler Rechtsstaat..... :rolleyes:

Darth Ki Gon schrieb:
Das ist anscheinend durchaus möglich. Es ist ja auch nicht jeder ein Mörder, der einen Menschen getötet hat. Das dies hier nicht bestraft werden kann ist allerdings ein klares Zeichen dafür, dass der Straftatbestand nicht weit genug gefaßt ist.
Tut mir leid, mir will das einfach nicht in den Kopf.....gemäß oben angesprochenem Aktienrecht waren die Gelder nicht rechtmäßig. Demzufolge wären meiner Meinung nach alle darauf basierenden Entscheidungen und Beschlüße ebenso unzulässig und somit quasi illegal! Und Dummheit schützt vor Strafe nicht - ein salopes "Das wußte ich nicht" oder "da bin ich falsch beraten worden" zählt meines Erachtens auch nicht.
Polemisch ausgedrückt ist ja auch illegal, wenn ich einen Menschen totfahre, nachdem ich ein Auto entwendet habe.... ;)
 
Also ich sehe das Problem so, dass ihnen ja Untreue vorgeworfen wird... und genau genommen ist das auch meiner Meinung nach ein Fall, bei dem nicht das Strafgericht zuständig sein sollte, sondern das Unternehmen selbst klagen muss... bei anderen Betrügern geht es halt über beide Wege, aber das Gerichtssystem wäre effektiver, wenn man das miteinander verknüpfen könnte... Zumal man sagen muss, dass der Vorgang der Bereicherung, solange es dem Unternehmen nutzt oder jedenfalls nicht schadet keine Untreue ist. Sonst wäre jedes Gehalt Untreue oder auch jede andere Abfindungszahlung... Das Problem ist hier einfach, dass diese Leute halt quasi selbst bestimmen wieviel sie bekommen und deshalb sind die Zahlungen unmäßig hoch. Beim Gehalt ist das anders das regelt die Unternehmensspitze mit demjenigen bzw. die Inhaberversammlung und diese hohen Zahlungen sind für die Leitung einer solchen Stelle anscheindet gerechtfertigt bzw rentabel... die Abfindungen hingegen, werden soweit ich weiß halt vom Chef festgelegt und können notfalls vor Gericht beanstandet werden, wenn es zu keiner Einigung kommt..... Zudem kommt, dass viele Leute sich bei der Fusion etwas versprochen hatten und diese Leute hatten wohl noch alle einer mehr oder weniger langen Vertrag... diese Fusion hätte also entweder nicht stattfinden können, der Vorstand musste sich mit ihnen einigen oder sie hätten ihr Gehalt troz nicht erbrachter Leistung weiter bezogen; also hat er halt in den sauren Apfel gebissen und kräfitge Zahlungen genehmigt. Genau genommen ist das Arbeitnehmergesetz bzw teilweise überzogene Arbeitnehmergesetze der Grund, warum soetwas nicht bestraft werden kann... denn ansonten hätte man einfach kündigen können und warten bis die Frist abläuft.... aber die Gesetze hätten es ihnen ermöglicht die Fusion noch mehrere Monate über das Gericht aufzuahlten und das wäre das Unternehmen wahrscheinlich auch noch teurer gekommen.
Ich habe schon öfter Fälle gehört, wo es Probleme macht Leute loszuwerden und das muss nichtmal ganz oben sein... der "normale" Arbeitert mag da noch nicht soviele Möglichkeiten haben, aber auf höheren Positionen werden komischerweise meistens recht lange Kündigungsfristen eingeräumt, sogar länger als vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Dazu kommt, dass ein "normaler" Arbeiter auch nach der Kündigung bis zum Ende der Frist arbeiten muss, aber bei höheren Positionen hat dann die Unternehmensführung bzw die Inhaber einfach zuviel Angst davor, dass die Person durch nicht illegale Handlungsweisen das Unternehmen schädigen könnte z.B. aus fadenscheinigen gründen Kundenwünsche nicht erfüllen und sie somit fürs nächste Mal abschrecken o.Ä.
 
Horatio d'Val schrieb:
Ja, sie können bestraft werden....wenn Vodafone gegen die gemäß Aktienrecht unzulässigen Zahlungen vorgeht. Sonst geht es nicht....
Und eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus!
Auch nicht schlecht - da verstößt jemand gegen Recht und der Staat kann nichts unternehmen....wow....geiler Rechtsstaat..... :rolleyes:

Ein Verstoß gegen das Aktienrecht ist strafrechlich wohl nicht relevant. Man bräuchte also einen strafrechtlich relevanten Verstoß. Auch wenn das nun im konkreten Fall kein schönes Licht wirft, was mitunter einen Rechtsstaat ausmacht ist, dass man nach Gesetzen verurteilt wird und nicht weil es den zuständigen Richter gerade mal so paßt.

Es passieren nun mal Fehler. Recht ist nicht in Stein gemeißelt, sondern fließend. Wenn der Gesetzgeber will, dass so etwas bestraft wird, muß er tätig werden. Das Gericht fühlte sich ja mit der zwingenden Entscheidung auch nicht wohl.

Tut mir leid, mir will das einfach nicht in den Kopf.....gemäß oben angesprochenem Aktienrecht waren die Gelder nicht rechtmäßig. Demzufolge wären meiner Meinung nach alle darauf basierenden Entscheidungen und Beschlüße ebenso unzulässig und somit quasi illegal! Und Dummheit schützt vor Strafe nicht - ein salopes "Das wußte ich nicht" oder "da bin ich falsch beraten worden" zählt meines Erachtens auch nicht.
Polemisch ausgedrückt ist ja auch illegal, wenn ich einen Menschen totfahre, nachdem ich ein Auto entwendet habe.... ;)

Dummheit, vielleicht nicht, aber Unwissenheit schützt in einer Reihe von Fällen unter gewissen (hohen) Vorraussetzungen jedoch schon vor Strafe.
 
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