Nicht SW- Filmtipp: Flickering Lights

Jiyuu

Neu-Hessin
Ja ich weiss, das ist ziemlich Off-Topic, aber schliesslich ist das hier ja (angeblich) auch erlaubt, und deshalb möchte ich einfach mal einen nicht SW-Film vorstellen, den in Deutschland keine Sau kennt, der in Dänemark aber absoluter Oberkult ist!
In Flickering Lights geht es um 4 erfolglose Gangster, die mit einem Koffer voll Geld aus ihrem tristen Leben fliehen möchten und ein Restaurant aufmachen. Das dabei natürlich alles mögliche schiefgeht, ist klar, denn die Jungs haben noch nie irgendetwas gebachken gekriegt... Ich fand den Film jedenfalls sehr lustig, teilweise auch nachdenklich und kann ihn nur empfehlen!

Hier noch ein Interwiew mit dem Regisseur....(absolut durchgeknallt...)

FLICKERING LIGHTS"-REGISSEUR ANDERS THOMAS JENSEN

"Ich breche mit jeder Dogma-Regel"

Seine Drehbücher sind an Obskurität kaum zu überbieten, in seiner dänischen Heimat genießt der Nachwuchs-Regisseur und Oscar-Gewinner bereits Kultstatus. Mit SPIEGEL ONLINE sprach Anders Thomas Jensen über tote Kühe, Dogma-Verdrossenheit und seinen ersten Spielfilm "Flickering Lights"


Rolf Konow

Regisseur Jensen: "In Dänemark ist es völlig normal, Kühe artgerecht zu töten"


SPIEGEL ONLINE: Herr Jensen, Sie sind Co-Drehbuchautor mehrerer Dogmafilme, wie zum Beispiel dem Berlinale-Preisträger "Mifune" von Søren Kragh-Jacobsen. Ist "Flickering Lights" auch nach Dogma-Statuten gedreht?
Anders Thomas Jensen: Nein, im Gegenteil. Er bricht mit jeder Dogma-Regel. Ich hatte es satt: Dogma, Dogma und noch mal Dogma in Dänemark. Ich mag diese Filme zwar, aber ihre Ästhetik ist auf die Dauer langweilig für das Auge. Also habe ich versucht, meine eigene Kategorie Film zu erfinden.

SPIEGEL ONLINE: ...die offenbar gut ankommt. In Dänemark haben beachtliche 400.000 Zuschauer Ihren ersten Spielfilm gesehen. Wie bereits in Ihren früheren Drehbüchern und Ihren drei oscarnominierten Kurzfilmen sind die Charaktere in "Flickering Lights" Männer mit skurrilen Macken. Gibt es in Dänemark keine durchgeknallten Frauen?

Jensen: Das ist mir so noch gar nicht aufgefallen. Meistens findet man so etwas ja nur in Gesprächen mit Journalisten heraus. Aber irgendwie stimmt's. Vielleicht mache ich meinen nächsten Film über durchgeknallte Frauen. Aber im Ernst, die Mädels in "Flickering Lights" sind auch ziemlich komisch.


Arsenal

Filmszene aus "Flickering Lights": Vier Ganoven auf dem Weg in die Freiheit


SPIEGEL ONLINE: In Ihrem Film dreht der schießwütige Gangster Arne, gespielt von Mads Mikkelsen, einfach durch und knallt eine ganze Kuhherde ab. Wie haben Sie das technisch bewerkstelligt?

Jensen: Wir haben eine Kuh gekauft und sie für die Szene erschossen. Das heißt, für die Nahaufnahme haben wir eine Attrappe benutzt. Den tatsächlichen Todesschuss hat ein Veterinär gesetzt. Alle anderen Tiere waren betäubt.

SPIEGEL ONLINE: Wie bitte, Sie haben eine Kuh erschossen? Hatten Sie keine Probleme mit dem Tierschutz?

Jensen: Wieso? Es ist in Dänemark völlig legal, Kühe zu kaufen und sie artgerecht zu töten. Jeden Tag sterben Tausende von Kühen. Statt auf dem Schlachthof, ist unsere eben ein paar Meter weiter auf der Weide gestorben. Ich habe keine Probleme damit und bin im übrigen auch kein Vegetarier.

SPIEGEL ONLINE: Also kein "No animal was hurt during the making of this movie" im Abspann. Was war für Sie der größte Unterschied zwischen dem Drehen von Kurz- und Langspielfilmen?

Jensen: Das könnte man mit einem 100-Meter-Lauf und einem Marathon vergleichen. Kurzfilmdrehs brauchen eine Woche, für "Flickering Lights" brauchten wir zehn. Bei Kurzfilmen kann man Figuren nicht ausführlich beschreiben. Die Idee von "Flickering Lights" Films war jedoch, gleich vier Charaktere differenziert darzustellen. Zur Unterstützung habe ich dann trotzdem Kurzfilm-Elemente wie Flashbacks eingesetzt.

SPIEGEL ONLINE: Was haben Sie gelesen oder gesehen, um einen derart schwarzen Humor zu entwickeln?


Arsenal

Durchgeknallte Typen: Stefan (Nikolaj Lie Kaas, l.) hat einen Fress-Tick, Torkild (Søren Pilmar, M.) liebt Soap-Operas, Arne (Mads Mikkelsen, r.) ballert gern in der Gegend herum


Jensen: Witzig, ich habe als Jugendlicher weder etwas von schwarzem Humor gewusst oder gesehen. Im Gegenteil, ich habe mich nur für Filme von Billy Wilder und Stanley Kubrick interessiert. Allerdings lese ich in letzter Zeit immer mehr über die europäische Geschichte. Wenn man sieht, wie viel Sinnloses wir schon angestellt haben, muss man wohl einfach schwarzen Humor entwickeln.

SPIEGEL ONLINE: Wie erklären Sie sich, dass so viele Europäer bei der Oscarvergabe gerade in der Kategorie "Kurzfilm" so gut abschneiden?

Jensen: In Amerika gibt es jede Menge Talent, auch für Kurzfilme, aber kein Geld dafür. Das fließt immer gleich in potenzielle Blockbuster. In Europa bekommen wir für auch für Kurzfilme Fördermittel, deshalb können wir Produktionen von hervorragender Qualität machen.

SPIEGEL ONLINE: Wenn man sich die oscarprämierten Kurzfilme anschaut, fällt auf, dass oft die politischen Themen ausgezeichnet wurden. Auch Ihre Kurzfilme waren alle nominiert, aber nur für "Election Night" (1999), der von rassistischen Vorurteilen erzählt, haben Sie einen Oscar gewonnen...

Jensen: Stimmt. Das entspricht der Tendenz in Spielfilmen, Behinderungen zu porträtieren und dafür einen Oscar zu bekommen.

SPIEGEL ONLINE: Und was halten Sie davon?


Arsenal

Frauen im Männer-Kino: Auch Hanne (Sofie Gråbøl, r.) ist ein bisschen durchgeknallt


Jensen: Manchmal nervt es mich, zumal die schauspielerische Darstellung der Behinderungen oft schlecht ist. Wahrscheinlich ist es für den Zuschauer interessant, sich mit den Behinderten zu identifizieren. Und die prämierten Filmleute glauben dann natürlich, sie seien wichtig, schließlich ist der Oscar mehr als nur ein Preis.

SPIEGEL ONLINE: Hatten Sie eigentlich Probleme, "Flickering Lights" zu finanzieren?

Jensen: Nein, die jetzigen Produzenten hatten schon auch schon alle meine Kurzfilme produziert, wir waren also ein eingespieltes Team. Ich kenne aber Leute, die eine Durststrecke von drei bis vier Jahren durchgemacht haben, bis sie wieder an Gelder gekommen sind. In Dänemark gibt es nämlich drei Kategorien von Regisseuren: Die Brillanten, wie Lars von Trier und Bille August, bekommen immer Fördermittel. Dann kommen die Unentdeckten und schließlich die große Masse der "Nobodies". Die haben vielleicht schon einen Hit gelandet, wurden vielleicht sogar schon "entdeckt", für ihr nächstes Projekt gibt ihnen aber niemand Geld. Also ist es ist in Dänemark fast besser, erst einen Flop zu landen. Dann denken die Förderer später, sie hätten ihn zum Star gemacht.

SPIEGEL ONLINE: Was ist Ihr nächstes Projekt?

Jensen: Ich hatte Glück und konnte zusammen mit mehreren Produzenten und einem Radiosender den Film "The Green Butchers" finanzieren. Er handelt von zwei Schlachtern. Wir drehen in acht Wochen.

SPIEGEL ONLINE: Lassen Sie mich raten: Es geht wieder um zwei durchgeknallte Typen?

Jensen: Genau.

Anders Thomas Jensen
Anders Thomas Jensen gilt in seiner Heimat als Kult-Regisseur und Hoffnungsträger. Der 30-jährige Filmemacher wurde zunächst für seine Drehbuch-Arbeiten bekannt. Unter anderem war Jensen an dänischen Erfolgsfilmen wie "In China essen sie Hunde" (Regie: Lasse Spang Olsen) oder Mifune (Regie: Søren Kragh-Jacobsen), beide 1999, beteiligt. Nebenbei betätigte sich Jensen als Kurzfilmregisseur und wurde mit drei Produktionen für einen Oscar nominiert. Für "Election Night" (1999) bekam er die begehrte Hollywood-Trophäe schließlich verliehen. "Flickering Lights" ist der erste Langspielfilm des erklärten Dogma-Gegners.



SPIEGEL ONLINE: Was halten Sie vom deutschen Film?

Jensen: Nach Dänemark schaffen es nur die großen Namen wie Fassbinder, Schlöndorf oder Wenders, aber leider keine zeitgenössischen Filme. Unser Filmmarkt sieht so aus: Wir zeigen ungefähr 30 Prozent Eigenproduktionen, dann jede Menge Hollywood und ein bisschen französisches Kino - sonst nichts.

SPIEGEL ONLINE: Würden Sie für Hollywood arbeiten?

Jensen: Jeder möchte mal für Hollywood arbeiten. Aber natürlich würde ich dabei gerne möglichst viel selber bestimmen. Daher würde ich wohl eher in Deutschland arbeiten, wo man freier ist, genau das zu tun, was man möchte.

SPIEGEL ONLINE: Was macht Ihnen mehr Spaß: Drehbücher zu schreiben oder Regie zu führen?

Jensen: Skripte entwickeln natürlich! Beim Schreiben ist alles möglich. Am Set haben immer viele Leute eine Meinung, und die Schauspieler sehen vieles anders, wollen bestimmte Sachen nicht sagen, diese Rebellen.

SPIEGEL ONLINE: Wo steht Ihr Kurzfilm-Oscar?

Jensen: Zu Hause, in einem Karton. Ich ziehe gerade innerhalb Kopenhagens um.

SPIEGEL ONLINE: Gibt es das Restaurant, in dem sich die vier Ganoven in "Flickering Lights" häuslich einrichten, eigentlich wirklich?

Jensen: Nein, aber neulich rief jemand an, ob er seine Gaststätte nach "Flickering Lights" benennen dürfte. Ich habe ihm gesagt: Machen Sie ruhig, aber ich glaube nicht, dass Sie viele Gäste haben werden. Bei den schlechten Köchen...

Das Interview führte Patricia Batlle


No animal was hurt during the making of this interview





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Hallo!
Da saß ich gar nicht lange dran, weil das Interwiew bei spiegel-online war, habe ich es einfach nur "markiert" und hierherkopiert. Abgetippt hätte ich das nie im Leben, ich bin ja nicht verrückt!
 
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