Telos - Orbit - Fähre – Ian
Ein paar Stunden später war es so weit. Die Fähre war im Orbit und noch ein bisschen später landete sie schließlich. Alles in Ian schrie danach um zukehren und wieder kam er sich ohne die Kette, die er sonst immer trug nackt vor. Bevor er die Fähre verließ, schloss er die Augen und atmete noch einmal tief durch. Dann stieg er aus und betrat zum ersten mal seit langer Zeit wieder den Bodens einer Heimat.
Der Wind pfiff ihm um die Ohren. Ein Blick verriet ihm, dass sich nichts verändert hatte. Die gleiche Spelunke wie damals stand noch und sie sah genau so aus, wie das letzte Mal, als Ian sie gesehen hatte. Auch der große Fleck an der Tür, war immer noch da. Sein Herz klopfte bis zu seinem Hals, als er langsam an der Spelunke vorbeilief. Entlang, an vielen Straßen und Geschäften, entlang an tausend Erinnerungen, von denen er gedacht hatte, sie wären schon längst vergessen.
Bilder aus seiner Kindheit mischten sich mit dem Realem. Der Wind blies unangenehm, jedenfalls kam es Ian so vor. Es dauerte nicht lange, als er eine Gasse durchschritt, die in eine andere führte. Endlose Wege und Gassen machten s ich breit und Ian kam es vor, als wäre er schon Stunden gelaufen. Seine Beine fühlten sich an wie Blei und bei jedem Schritt, drohte die Gefahr, dass er einfach zusammenbrechen würde. Er lief und lief, schaute sich dabei fast nicht um. Als Kind hatte er gelernt nur auf den Boden zu sehen, den Kopf niemals zu erheben und hier, auf Telos, kamen die alten Muster wieder. Er lief noch ein ganzen Stück, bis er schließlich zu einem Vorplatz nahm. Dort holte er sich ein Taxi, was etwas ausherhalb der Stadt flog. Dorthin, wo sein leben begann.
Während des Fluges sprach er kein Wort. Auch nicht, als es landete und Ian dem Mann das Geld reichte. Er sah ihm nicht in die Augen, hörte das Gemurmel des alten nicht. Wieder betrat er festen Boden und wieder wurden seine Beine schwer. Doch als er vorhin glaubte, seien Beine wären aus Beton, so glaubte er jetzt, dass ein noch größeres Gewicht an ihnen hing. Der Weg der eigentlich immer fünfzehn Minuten gedauert hatte, brauchte jetzt das doppelte. Doch Ian achtete nicht auf die Zeit. Die nächste Häuserzeile machte sich breit, als der junge Mann schließlich stehen blieb und endlich vom Boden aufsah. Sein Atem ging schneller und sein Brustkorb hob und senkte sich.
Es war restauriert worden. Die Farbe war anders. Die Tür und die Fenster. Und da, wo einst der Antikladen war, war jetzt ein anderes Geschäft. Eines für Bekleidung. Alles sah freundlicher aus, doch es wirkte falsch. Surreal und einfach anders. Ian sah an die Stelle, wo einst das Schiff der Piraten stand, doch dort. Wie bei einer Fatamorgana konnte Ian den Umriss des Schiffes wahrnehmen, doch da war nichts. Wieder atmete der Adept tief durch, als er näher zu seinem einstigen Haus ging. Abermals stauten sich Erinnerungen an. Hier, an diese Ort, hatte er vieles gelernt. Dinge erlebt, die er nicht kannte kannte. Er erinnerte sich an den Tag, als er Tahiri das erste Mal küsste und er ihre Umarmung spürte. Als er das erste Mal liebe empfand und zum ersten Mal fühlte, wie ihm warm ums Herz wurde. Er spürte ihre warme Wange an der seien, als er sie in die Arme schloss und dann auf einmal war alles wieder weg. Die Gesichter der Piraten tauchten auf. Obwohl wieder alles in seinem Körper danach schrie, um zudrehen, zu verschwinden, zu fliehen, ging Ian weiter auf seine einstige Wohnung zu. Wenige Sekunden später, lächelteeine Frau ihn an.
"Herzlich willkommen in Clairs Bekleidungsladen. Haben sie irgendwelche besonderen Wünsche?"
Die Frau sah ihm direkt in die Augen und ihr Blick war unangenehm. Ihre Freundlichkeit wirkte ebenso unecht, wie alles andere.
"Darf ich mich umsehen. Ich habe hier früher gelebt."
Ian merkte sofort, wie sich die Haltung der Frau änderte und genauso der Ausdruck in ihren Augen.
"Wir sind ein Kleidungsladen. Kein Museum!",
fauchte sie. Und um all die anderen Gefühle, die Ian bisher gehegt hatte, legte sich jetzt auch noch der Zorn. Doch was hatte er auch erwartet. das alles so geblieben war, wie damals, als er Telos verließ? Aus seiner Geldbörse kramte er ein Paar Credits raus, so viele bis die Augen der Frau anfingen zu glänzen und sie ihm schließlich doch erlaubte sich umzusehen.
Eigentlich hatte er nicht vor ihr etwas zu bezahlen. Doch Gedanken manipulieren konnte er nicht und sie bestrafen wollte er auch nicht. Schließlich betrat er de Wohnung und sein Herz stockte beinah. Der Schrank, der dort in einer Ecke stand, war der, den er selbst gemacht hatte, den, den er Tahiri geschenkt hatte! Er war einer der wenigen Möbel, die den Brandt überlebt hatten. Wieder stieg Zorn in ihm auf. Wie kam diese Person nur an dieses Stück?
Doch es war nicht gut sich darüber zu ärgern, er war nicht wegen einem Schrank gekommen und so lief er weiter in der Wohnung der Frau herum, die ihm die ganze Zeit auf der Pelle hing. Seine Schritten führten ihn in den Raum, in dem die Piraten Tahiri umgebracht hatten und fast augenblicklich erschien das Bild ihres zerschundenen Körpers wieder.
Er stellte sich einen Moment genau an diese Stelle, als er schließlich in die Knie ging und seien Hand auf den Boden legte. Noch während er das machte, hörte er ein verächtliches Schnauben, aber er ignorierte es und schloss die Augen für einen Augenblick. Ein paar Minuten verharrte er in dieser Position , als er schließlich aufstand.
"Ich danke euch,",
sagte er und es schwang wirklich vielDankbarkeit in ihm mit. Doch ihren Bekleidungsladen betrat er nicht. Das war nicht nötig. Stattdessen verließ er ihr Haus wieder und machte sich auf den Weg zu dem Platz, an dem er Tahiri begraben hatte. Diesmal fiel es ihm schwer zu atmen. Von dort aus wo er stand, nah er den kleinen Platz schon wahr. Doch diesmal bemühte e sich schneller dorthin zu gelangen. Er blieb wieder einen Moment stehen und Atmete tief durch. Er musste sich von all dem befreien.
Nach wenigen Sekunden war er angelangt. Unweit von ihm stand einriesiger Baum und darunter ein Grabstein. Die Letter, die er selbst in den Stein gehauen hatte, waren nicht verblasst sondern noch genauso schön wie damals. Als er schließlich direkt vor dem Grabstein angekommen war, ließ er sich auf die Knie fallen, legte eine Hand auf den Grabstein und schloss die Augen. In seiner Tasche kramte er nach der Kette mit dem Anhänger. Er schloss sie fest in die eine Hand, während die andere immer noch auf dem Grabstein ruhte.
"Tahiri..."
Seine Stimme war leise, doch miteinem Mal fühlte er sich besser.
"Es tut mir so Leid, dass ich zu spät kam und dich nicht retten konnte"
Seine Stimme war nur noch in Flüstern.
"Ich bin gekommen, damit ich dich loslassen kann. denn ich weiß, dass es so nicht weitergeht. Ich liebe dich immer noch und vielleicht wird ein Teil meines Herzens dich für immer lieben, aber ich muss dich gehen lassen. Deinet Willen und auch meines Willen. Ich konnte es all die Jahre nicht und wollte es nicht. Ich weiß, das das egoistisch und falsch war. Aber du musst es verstehen. Du hast mir gezeigt, was es bedeutet geliebt zu werden. Ich weiß, am Anfang war es bestimmt nicht leicht für dich, weil ich einfach unbeholfen war und nie wusste, wann ich dich in den Arm nehmen sollte und wann nicht."
Langsam wurde seine Stimme fester und schließlich öffnete er die Augen und legte die Kette auf den Grabstein.
"Du hättest es dir gewünscht, da bin ich mir sicher. es tut mir Leid, das es so kommen musste."
Ein kleiner Wind wehte um seine Ohren, beinahe so, als ob es Tahiris Antwort gewesen wäre.
"Als ich zurück von meiner Arbeit kam, bin ich gekommen um dich zu meiner Frau zu nehmen. Als ich dich im Laden sah, ich hätte zu dir gehen sollen. ich weiß, dass du schon tot warst, doch trotzdem. Es wäre besser gewesen. Tahiri... Ich habe geglaubt, dass ich niemals von dir loskommen kann und ich habe mich an jede Erinnerung geklammert die ich mit dir hatte, an jeden Augenblick. Jetzt, nach all den Jahren, lasse ich dich gehen. ich habe geglaubt, dass ich niemals wieder jemanden finden werde, den ich annähernd so schön finde wie dich. Ich weiß, das ich mich geirrt habe."
Er dachte an Alisah...
"Ich glaube, ich habe meinen Frieden jetzt gefunden und ich möchte, dass du es weißt. Vielleicht ist es unsinnig mit einem Grab zu reden, aber nicht für mich. Und irgendwie fühlt es sich richtig an."
Diesmal schloss er die Augen wieder und konzentrierte sich auf die Kette. Er wollte dafür sorgen, dass sie eins mit dem Grabstein wurde, dass sie mit ihm verschmolz. Er merkte nicht, dass es ihn Anstrengung kostete und auch die tränen, die sich ihren Weg bahnten spürte er nicht. Er hatte es geschafft. Er hatte sie gehen lassen. All seine unguten Gefühle waren verschwunden. Als er wieder aufstand und noch ein letztes Mal auf den Grabstein sah, zeichnete sich ein kleines Lächeln uf seinem Gesicht ab.
"Ich danke dir,"
sagte er und diesmal wusste er, dass er es geschafft hatte. Nein, er hatte nicht versagt. Langsam, ohne noch einmal auf den Grabstin zurückzusehen, machte er sich auf den Weg zurück.
Telos - Platz auf dem Tairi begraben ist - Ian