Tirahnn

[Tirahnn - Harad - Krankenhaus "Jadum", Behandlungszimmer c12] Mellah, Riuen (Jorko)

Endlich eine Reaktion, mit der Riuen etwas anfangen konnte, endlich eine Antwort. Angst, urplötzlich war Mellah Amorths Angst zum Greifen nah und wenn der Name Eowyns ausreichte, ließ das nur einen einzigen Schluss zu. Das hier war die richtige. Zwar konnte Riuen das Gesicht der Frau nicht sehen, aber ihr Körper sprach Bände. Das Stocken an der Tür, alles, was sie in dieser Sekunde ausstrahlte, die Art, wie sie sich zu ihm umdrehte. Die Tatsache, dass ihre Freundlichkeit verschwunden war. Sie kannte Eowyn und alles sah danach aus, als sei Melleah nicht nur eien Freundin Eowyns sondern auch eine der Republik. Dann warf sie ihn heraus und klang dabei so sehr wie Eowyn, dass Riuen nicht umhin kam zu lächeln und diesmal nicht als Jorko, sondern als er selbst. Was natürlich nichts an der Tatsache änderte, dass Mellah die Tür öffnete und gehen wollte.

„Warte eine Sekunde,“ kam es dann, in seiner normalen Stimme und Riuen bemühte sich, seiner Stimme etwas beruhigendes zu geben. Er unterdrückte den Impuls zwei Schritte zur Tür zu machen und diese zu schließen. Am Ende begann Mellah zu schreien und dann hatten sie wirklich ein Problem. Allerdings konnte er mit geöffneter Türe auch nicht sonderlich gut sprechen.

„Gib mir zwei Minuten mit geschlossener Tür. Sogar Eowyn hat mich länger ertragen und wegen ihr bin ich hier, auch wenn sie mich ganz ähnlich raus geworfen hat. Wegen ihr? Sagen wir eher… wegen ihrem Freund, Partner, Lebensgefährten, Fastmann oder was auch immer. Zwei Minuten und ich bin weg und keine Angst, ich bin kein Verräter.“ Riuen sprach leise, gedämpft, damit nur sie hörte, was er da sagte. Das kurze Lachen aber dannl war weniger im Flüsterton. „Nun ja, kommt zumindest drauf an, von welcher Seite aus wir das betrachten. Aber das kann ich so noch weniger sagen, als Zerebralparese.
Wäre sie eine echte Imperiale hätte sie längst jemanden gerufen und er wäre derjenige gewesen, der Angst ausgestrahlt hätte. Aber so? „
Zwei Minuten, dann bin ich weg, Ehrenwort.“ Aber hinter verschlossener Tür oder von ihm aus auch gerne ganz woanders.

[Tirahnn - Harad - Krankenhaus "Jadum", Behandlungszimmer c12] Mellah, Riuen (Jorko)
 
[Tirahnn - Harad - Krankenhaus "Jadum", Behandlungszimmer c12] Mellah, Riuen (Jorko)

Es fühlte sich an, als stünde Mellah mit dem Rücken zur Wand, obgleich die Tür hinter ihr offen war. Dieser Mann aber hatte sie in eine Ecke gedrängt, im übertragenen Sinne, und sie hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Sie war Ärztin... Ärztin, sie wollte und konnte nichts zu tun haben mit irgendwelchen Spionagen oder Doppeldeutigkeiten.
Der Chiss sah plötzlich so... anders aus, als er lächelte, fast, als hätte er sie erwischt, als wäre sie ihm in eine Falle getappt... Auch wenn er nicht bösartig aussah, dennoch. Hatte sie falsch reagiert? Mist!
Am besten ging sie jetzt einfach, dann konnte er ihr nichts mehr anhaben... Zumindest nicht direkt. Tharen würde wissen, was zu tun war.

Sie starrte ihr Gegenüber an, als er sie bat, zu warten. Bat? Befahl? Sie konnte es nicht mehr unterscheiden. Fast wäre sie dennoch gegangen, aber sein Tonfall, der, genau wie seine Mimik, plötzlich so anders wirkte, ließ sie zögern. Lange genug, dass er weitersprechen konnte.
Ihre Augen wurden riesig, als er Miri erwähnte. Er war wegen ihr hier? Wieso, wenn sie doch gerade erst einen Brief geschickt hatte? Und wieso, wenn sie ihn herausgeworfen hatte? Woraus? Jetzt war er doch wegen ihres Partners da? Kein Verräter... Zerebralparese... Ehrenwort... In Mellahs Kopf drehte sich alles, und sie war unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Das überforderte sie. Sie konnte mit Notfällen umgehen, sie konnte mit dem Tod kämpfen, wenn hier ein Notfall eingeliefert wurde, dann wurde sie ruhig und pragmatisch und konnte innerhalb Bruchteilen von Sekunden eine Entscheidung treffen. Aber das hier... woher sollte sie wissen, wer der Chiss vor ihr war? Woher sollte sie wissen, wie sie jetzt richtig handelte? Woher sollte sie wissen, wann er die Wahrheit sagte?
Hatte Miri ihn wirklich geschickt? Oder ihr Partner? Beide? Oder wollte man wissen, ob sie irgendwelche imperiumsfeindlichen Kontakte hatte? Wollte man wissen, auf welcher Seite sie stand? Das... das war zu viel. Erst dieser Brief, über den sie immer noch nicht ganz hinweg war, und jetzt... Vielleicht hatte er Recht.

Aber...

Aber...

Aber...

Ihr Kopf war leer. Die imaginäre Wand hinter ihr erdrückte sie beinahe, und nach vorne konnte sie auch nicht. Da half nur eines.

"Nein", flüsterte Mellah und schüttelte minimal den Kopf.
"Nein", noch einmal, und dann floh sie urplötzlich regelrecht aus dem Raum, ließ ihr Datapad einfach liegen, ignorierte die Rufe der Schwester und griff noch im Laufen nach dem Komlink in ihrer rechten Kitteltasche, um im nächsten freien Zimmer sofort Tharen anzurufen. Es war keine gesicherte Verbindung, aber sie würde sicher genug sagen können. Irgendwie. Sie brauchte Hilfe... sie schaffte das nicht allein. Außerdem... Egal, was das hier war, er musste die Kinder wegbringen. Sicher war sicher. Sie würde nicht das kleinste Risiko eingehen...

[Tirahnn - Harad - Krankenhaus "Jadum", Gänge] Mellah
 
Angst? Das war keine Angst, diese Frau bekam Panik und Panik war niemals gut. Nein, tatsächlich überhaupt niemals. Aber ihm waren die Hände gebunden. Jedes Wort wäre vergebene Liebesmüh. Vergebene Liebesmüh? Die hätte gar nicht sein müssen... Fokus. Mellah. Amroth. Leise kam ihr nein, als der Mann mit der blauen Haut sich noch immer nicht bewegte. Nicht nach vorne, nicht nach hinten, nicht zur Seite nein er hielt sogar die Luft an. Nur, um unter keinem Umstand irgendwie bedrohlich zu wirken. Denn wenn sie anfing zu schreien, dann hatte er ein gehöriges Problem. Und ein gehöriges Problem hatte er ohnehin schon, nämlich das, dass er hier nicht erfolgreich war. Nicht überhaupt nicht, aber nicht so erfolgreich, wie er es gerne sein wollte. Eine Botschaft war zu überbringen, nein eigentlich waren zwei Botschaften zu überbringen und bis jetzt hatte er weder die eine, noch die andere überbracht. Glücklicherweise, ja vielleicht war das ein wenig Galgenhumor, würden Eowyns Eltern sich nicht derart weigern können.
Mellah jedenfalls flüsterte zweimal ihr nein, obwohl eines völlig ausgereicht hätte und dann verschwand sie und das nicht einmal langsam. Kein Kollege konnte sie aufhalten, kein Ruf konnte sie abhalten, die Panik hatte sie erfasst. Ratio war ausgeschaltet und jetzt war sie im Überlebensmodus. Und wer, der überleben wollte, blieb schon stehen und sah seinen potentiellen Jäger noch einmal an und hörte, was er sagte? Nein, fress mich nicht! So eine Versicherung brauchte wohl niemand.

Sie verschwand in einem anderen Zimmer und verschwinden war das Stichwort des Moments.
"Ihr ist auf einmal ganz schlecht geworden...", mimte er noch einmal Jorko. "Kann ich mit einem anderen Kinderarzt sprechen? Wir waren doch noch nicht fertig, ich brauche einen Arzt!" Ersteres stimmte. Zweiteres nicht. Aber wen interessierte das schon? Mellah machte ihm eindeutig zu viel Arbeit.

***

Riuen verfolgte sie äußerst vorsichtig und mit einem Abstand, der sie nicht bemerken lassen würde, dass sie nicht alleine war. Zumindest nicht offensichtlich. Manch einer litt ja schon unter Verfolgungswahn, wenn er seinen eigenen Schatten bemerkte. Riuen der Stalker. Das war eine Rolle, die ihm ganz und gar nicht gefiel, aber was blieb ihm anderes übrig? Sie nahm nicht einmal einen Umweg. Ob sie überhaupt noch klar denken konnte? Ja. Wahrscheinlich wollte sie so schnell wie möglich zu Hause sein. Zu Hause wäre jetzt auch ein besserer Ort gewesen, als in einem zweiten Versuch eine Frau dazu zu bekommen, ihm zuzuhören. Aber was tat man nicht alls, wenn ein völlig aufgelöster Freund einen um einen Gefallen bat, der klang, als hinge ein Leben davon ab?

Das Haus war freistehend, mit Garten und Garage. Kein schlechter Ort. Idyllisch, aber für Riuen viel zu sehr im Grünen. Das Namensschild der Amroths verriet, dass sie Kinder haben mussten. Daher die Angst? Dass ihren Kindern etwas geschehen konnte? Es ließ ein paar Schlüsse zu. Immerhin einen, der ihm helfen konnte. Er seufzte, als er in seinem Rucksack nach einem Papier kramte auf das er so gar nicht stolz war. Ein Suchplakat. Ein imperialer Deserteur, auf den ein gehöriges Kopfgeld ausgesetzt war. Das er sich so ausweisen musste, hätte er nie gedacht. Und dennoch, eben jenes griff er, als er die Rückseite beschriftete. 'Ich konnte meine Identität nicht gleich Preis geben, du siehst warum. Das Ding bringt mich direkt an den Galgen. Ich brauche immer noch zwei Minuten um zu wissen, ob ich dir vertrauen kann. Dann bin ich weg. Ich habe eine Nachricht von Eowyns Partner. Ich warte 5 Minuten. Und sonst noch mal 5 Minuten b der nächsten vollen Stunde im nächsten Restaurant hier. Vielleicht ist dir das lieber.

Riuen

Ps: mach das Ding, nachdem du es gelesen hast bitte kaputt. Das Bild ist ziemlich unvorteilhaft, weiß ich selbst!'


Würde das reichen? Nein, wahrscheinlich nicht. Also musste diese Spieluhr eben vor der Türe stehen. Aber wirkte das nicht wie eine Bombe? Bis jetzt hatte der Chiss die Spieluhr nicht geöffnet, kannte den Inhalt nicht. Aber jetzt musste er sie öffnen, nur damit Eowyns verängstigte Freundin wusste, dass er hier wirklich in Frieden kam. So stellte er also die Spieluhr vor die Tür und sah, dass dort eine Kette lag und eine kleine Phiole mit Sand. DIE Phiole mit Sand. Wirklich!? Besser nicht darüber nachdenken.

Dann schob er das Plakat in den altmodischen Türbriefkastenschlitz hindurch, klingelte und entfernte sich vor der Haustür. 5 Minuten, ab jetzt. In fünf Minuten würde hier noch nicht alles vor Polizisten wimmeln. In 10 hingegen schon. Das Restaurant würde also eindeutig ein Problem werden.
 
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[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Hütte] Arda Targon und die Partisanen

Trotz der Wärme der hellen Sonne Tirahnns, deren Strahlen durch die Baumwipfel um eine kleine Lichtung in den Wäldern östlich von Rhovan schienen, fröstelten viele der in der schlichten Holzhütte im Zentrum der leeren Fläche versammelten Lebewesen. Der kalte Schauder, der einigen der elf Männer und Frauen verschiedener Spezies über den Rücken lief, hatte wenig bis nichts mit Temperaturen oder Sonnenschein zu tun, sondern mit einem Gefühl, das für zahlreiche Tirahnner seit Beginn der imperialen Besatzung zu einem ständigen Begleiter geworden war, die nagende Paranoia, ins Visier der neuen Herren dieser Welt zu geraten und für Kritik oder auch nur auf Verdacht verhaftet zu werden. Man erzählte sich Geschichten über ganz normale Bürger, die mitten in der Nacht verschwunden waren, ihre Familien, Freunde und Bekannte erhielten keine Auskunft darüber, was mit ihnen geschehen war, und was wohl am schlimmsten war, wer zu viele Fragen stellte, verschwand nicht selten selbst. Ein Klima des Misstrauens und der Angst herrschte auf der scheinbar so idyllischen Welt, denn es gab auch genügend Tirahnner, die sich mit dem Regime mehr oder weniger arrangiert hatten und wenn man an einen solchen Kollaborateur geriet, konnte schon ein falsches Wort genügen, um den Job zu verlieren oder unfreundlichen Besuch von der unter imperialer Kontrolle stehenden planetaren Polizei zu erhalten. Und das war noch das harmlosere Szenario, ganz besonders gefürchtet waren die Männer in zivil mit den kalten Augen, die bei bekannten Dissidenten an die Türen klopften und nach Verlassen des Hauses völlig eingeschüchterte Lebewesen zurückließen. Bis jetzt hatten es die Imperialen bei diesen vergleichsweise subtilen Methoden belassen und auf allzu offensichtliche Unterdrückungsmaßnahmen verzichtetet, wohl in dem Bestreben, Tirahnn möglichst geräuschlos und ohne große Unruhen ins Imperium zu integrieren. Irgendwann, so dachte man wohl, würde die Mischung aus Einschüchterung, Propaganda, Indoktrination und der ganz alltägliche Druck, sich anzupassen, dazu führen, dass die einst auf ihre Freiheit und Demokratie stolzen Tirahnner, deren Welt vor noch nicht allzu langer Zeit Teil der Neuen Republik gewesen war, sich mehr oder weniger bereitwillig dem Imperium unterwerfen würden.

Es war ein kluger Plan, ein weitsichtiger Plan, vor allem war es aber ein furchtbarer Plan, und Arda Targon ballte die Fäuste, als sie versuchte, sich nichts von ihrem Zorn anmerken zu lassen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Die ehemalige Polizistin, die sich angesichts der Wahl, entweder für das Imperium zu arbeiten oder den Dienst zu quittieren, für letzteres entschieden hatte, um ihre Ehre und Integrität zu wahren, stand in der Mitte des großen Hauptraums der spartanisch, aber liebevoll eingerichteten Hütte. Ihre wachen, neugierigen dunkelbraunen Augen huschten über über die Gesichter der Anwesenden und rasch beruhigte sich die sportliche Frau Mitte dreißig. Sie alle waren hierhergekommen, um etwas zu tun, nicht, um sich in Hass und Selbstmitleid zu suhlen. Fast automatisch straffte die dunkelhäutige Menschin ihre Haltung und ihre Gesichtszüge vermittelten zugleich Entschlossenheit und Verständnis. Für jeden in diesem Raum war es ein großes Risiko, an dieser Versammlung teilzunehmen, einige hatten durch das Imperium schon so viel verloren. Da war Ohtar, gekleidet in für Wald angemessener Kluft, ihr Fels in der Brandung, der großgewachsene Devaronianer mit den markanten Hörnern hatte zusammen mit ihr den Polizeidienst quittiert, weil er ihre Prinzipien teilte. Trotz seiner nichtmenschlichen Herkunft hätten wohl auch die Imperialen ihn gerne in den Reihen der neuen planetaren Polizei gesehen, er war ein zäher und kluger Zeitgenosse und hatte einst zu den Spezialkräften gehört, den Männern und Frauen, die man rief, wenn es wirklich brenzlig wurde und es galt, bewaffnete Geiselnehmer, Räuber, Mörder und ähnliche gefährliche Zeitgenossen festzunehmen oder auszuschalten. Aufgrund seines Alters war er in den Streifendienst gewechselt, Arda und er waren Partner geworden und verstanden sich blind. Als der Gehörnte ihren Blick bemerkte, lächelte er dünn und nickte ihr ermutigend zu, er vertraute ihr. Das galt auch für den Twi´lek und seine menschliche Frau, die neben dem ehemaligen Polizisten standen, Narmacil und Tiniri Dubril gehörte die Hütte, in der diese Versammlung stattfand. Die beiden waren beneidenswert glücklich miteinander und hatten als Jäger und Förster ein harmonisches Leben am Rand der Zivilisation geführt, bis das Imperium ihren Grund und Boden ohne Entschädigung beschlagnahmt hatte, um dort Bohrungen durchzuführen. Man hatte wohl nicht damit gerechnet, dass die beiden in dunkelgrüne Kleidung Eheleute Ärger machen würden. Vielleicht hätte man damit sogar richtig gelegen, wenn da nicht ein kleines, aber feines Detail gewesen wäre: Bevor sich die Menschenfrau mit den täuschen weichen, freundlichen Gesichtszügen und dem kurzen blonden Haare für ein ruhiges Leben in der Natur entschieden hatte, war Tiniri viele Jahre Mitglied der Scouts der Republikanischen Armee gewesen. Sie konnte besser mit einem Blaster umgehen und in den Wäldern überleben als jeder andere hier, und mit ihrem Mann, der diese Gegend wie seine Westentasche kannte und mehrere Male gefährliche Raubtiere zur Strecke gebracht hatte, die sich zu nah an bewohnte Gebiete herangewagt hatten, bildete sie ein eingespieltes Team. Der Twi´lek trug die Blessuren, die das raue Leben mit sich brachte, voller Stolz. Auf diese beiden war ebenfalls Verlass. Das galt auch für Minastan Hallas, der mürrisch dreinblickende Duros war zwar schon etwas über fünfzig Jahre alt, aber als imperiale Truppen versucht hatten, seine Ernte an sich zu nehmen, war er drauf und dran gewesen, sich ihnen nur mit einem alten Projektilwerfer bewaffnet in den Weg zu stellen. Einige zur Hilfe geeilte Nachbarn hatten es gerade noch geschafft, ihn davon abzuhalten und die Lage zu beruhigen, aber seit diesem Tag glommen die roten Augen des Nichtmenschen vor Zorn und dem Wunsch, es seinen Peinigern heimzuzahlen. Geräuschvoll holte der Duros Luft, ihm schien die Luft in der Hütte nicht allzu gut zu tun, aber er grimmig ließ er sich nichts anmerken. Arda respektieren den älteren Mann, er würde lieber verglühen als langsam verblassen. Das hatte er mit Aram Folcred gemeinsam, und als Arda einen Blick auf den traurig wirkenden jungen Menschen warf, dessen wuscheliges braunes Haar ihn noch jünger als seine kaum zwanzig Jahre wirken ließ, fühlte sie einen Kloß im Hals. Die Eltern des jungen Mannes waren bei der imperialen Invasion getötet wurden, niemand wusste, wie genau, aber was auch immer passiert war, Aram hatte es mitansehen müssen und an diesem Tag war etwas in ihm zerbrochen. Trauer hatte sich mit Hass gemischt und mehrere Male war er nur knapp der Verhaftung entgangen, weil mit ihm Mitleid empfindende Beamte der planetaren Polizei ihn hatten laufen lassen oder vorgewarnt hatten, nachdem er wieder einmal Steine auf imperiale Fahrzeuge geworfen hatte. Es gefiel Arda nicht, ein so junges Lebewesen an ihrem Kampf zu beteiligen, aber sie hatte ihn nicht davon abbringen können und wenn er in ihrer Nähe blieb, konnte sie vielleicht auf ihn aufpassen und ihn beschützen. Im Gegensatz zu dem Jungen brauchten die beiden exotischen Nichtmenschen Kirun und Beric keinen Schutz, die Tognath standen ein wenig abseits vom Rest der Gruppe, sahen aufmerksam zu, schwiegen aber. Wenn sie in diesem Moment kommunizierten, dann wohl nur miteinander, auf telepathischem Weg, jedenfalls hatten sie erklärt, dass sie das konnten, und Arda glaubte ihnen. Sie hatte die beiden an ihrem letzten Tag im regulären Polizeidienst getroffen, als Gefangene, die von einem Trupp imperiale Soldaten übel misshandelt worden waren, einzig und allein aus dem Grund, dass sie Nichtmenschen waren und nicht von Tirahnn stammten. Angesichts dieser Ungerechtigkeit hatte Arda nicht stillhalten können und sie hatte für eine Ablenkung gesorgt, so dass die beiden Tognath entwischt waren, ihre Dankbarkeit war der dunkelhaarigen Menschin sicher gewesen.


Die Lebewesen, die Arda bis zu diesem Moment gemustert hatte, waren Kämpfer. Sie waren entschlossen, etwas zu unternehmen, Leib und Leben zu riskieren und sich gegen das Imperium zu stellen, mit allen notwendigen Mitteln. Alle von ihnen konnten mehr oder weniger gut mit Blastern umgehen, wobei lediglich Arda, ihr Partner und Tiniri eine formelle Ausbildung genossen hatten. Narmacil war ein geübter Jäger, hatte aber nach eigenem Bekunden noch nie auf ein intelligentes Lebewesen geschossen, und das galt auch für Minastan und Aram. Beide waren auf Farmen aufgewachsen und es gehörte für einige Familien zur Tradition, zum Schutz vor Raubtieren, zur Jagd und zur Verteidigung Waffen zu besitzen, meist Sportblaster oder ältere Projektilwerfer, teilweise von Generation zu Generation vererbt. Arda traute ihnen zu, mit einer Waffe vernünftig umzugehen, aber das war eine Sache, ein Kampf hingegen eine andere. Kirun und Beric waren schweigsame Zeitgenossen und über sie wusste sie nur sehr wenig, aber nach allem, was sie gesehen hatte, waren die beiden sehr gut in der Lage, eine Blasterpistole zu halten und abzufeuern. Sie war sich nicht sicher, glaubte aber, dass die Tognath reisende Händler waren, und diese achteten oft auf einen gewissen Selbstschutz. Ja, manchmal hatte sie den Eindruck, die beiden waren sogar zu weitaus mehr in der Lage und hätten vielleicht eine paramilitärische Ausbildung genossen, da war eine gewisse...Professionalität in ihrem Verhalten, aber sie war sich nicht sicher. Das also waren die Kämpfer. Es war gut, sie an ihrer Seite zu wissen, aber mit ihnen allein würde sie nichts bewegen können, sie brauchte die anderen Mitglieder ihrer Gruppe nicht weniger. Da war Damrod Anborn, der Kubaz studierte gerade neugierig sein Datapad und merkte gar nicht, dass ihn jemand musterte. Er hatte für eine IT-Firma in Harad gearbeitet und war ein findiger Tüftler und Bastler, alles, was mit Technik zu tun hatte, begeisterte ihn. Obwohl im Grunde unpolitisch, hatte er es gewagt, gegen neue Vorschriften der imperialen Besatzer in seiner Firma zu protestieren und war deshalb entlassen worden. Diesem Schicksal war die drahtige Devaronianerin, die neben ihm auf einer umgekippten Kiste saß, entgangen, Kahnda Nelom war einfach unersetzbar. Die finde Gehörnte war eine alte Freundin von Ohtar und arbeitete in einem großen Logistikzentrum in Harad, sie kannte so gut wie jeden Händler und Lageristen dort persönlich oder indirekt und hatte auch einige Kontakte in Tirahnn, der Hauptstadt. Es gab so gut wie nicht, dass sie nicht besorgen konnte, von Haarspray bis zu nagelneuen Komlinks. Sie gab sich nach außen hin gehorsam und war so gut in ihrem Job, dass die Imperialen sie im Amt belassen hatten, aber sie musste vorsichtig sein. Heikel war auch die Frau, die hinter der Kiste stand und ihrer eleganten Kleidung ein wenig deplatziert wirkte, Nimery Harding war ein Stadtkind durch und durch und hatte etwas glamouröses, weltläufiges an sich. Die hübsche Balosar, bei deren strahlenden Lächeln und aufwändigem Schmuck Arda fast ein wenig verlegen wurde und sich sehr burschikos vorkam, lebte noch nicht so lange auf Tirahnn, hatte sich aber rasch integriert und viele Freunde gewonnen. Ihre Arbeit als Journalistin brachte sie in Kontakt mit wichtigen und angesehenen Lebewesen und obwohl sie ein wenig oberflächlich wirkte, war Nimery fest von den Werten der Neuen Republik überzeugt und heuchelte bloß Treue gegenüber dem Imperium, um an Informationen zu kommen. Sie war für die kleine Gruppe Augen und Ohren, und diese Aufgabe erfüllte sie mit Bravour.

Für einen kurzen Moment gestattete sich Arda ein stolzes Lächeln. Es hatte mehrere Monate gedauert, all diese Lebewesen in einer Gruppe zu vereinen. Die ehemalige Polizistin hatte bereits früh nach ihrem Dienstende den Entschluss gefasst, etwas auf die Beine zu stellen, und alles an Material und Informationen zusammengekratzt, das sie ohne Verdacht zu erregen sammeln konnte. Eine der ersten Lektionen, die sie gelernt hatte, war ebenso schlicht wie überlebensnotwendig: Halte die Gruppe klein und überschaubar. Jedes einzelne Lebewesen in diesem Raum war entweder ihr oder einem anderen Mitglied der Widerstandszelle bekannt und vertraut, ein guter Freund, ein langjähriger Arbeitskollege, ein Pate oder sogar über drei Ecken verwandt. Man kannte sich, man wusste, wo der andere politisch stand und ob er auch gewillt war, etwas zu unternehmen. Vertrauen war die Grundlage jeden Widerstands, für jeden hier würde Arda die Hand ins Feuer legen. Sie vertraute nicht blind, nachdem sie vorsichtig bei ehemaligen Kollegen und Freunden auf Tuchfühlung gegangen war, hatte sie alle neuen Mitglieder der Zelle gründlich überprüft, sie hatte noch einen Teil ihrer alten Ausrüstung und eingeschränkten Zugriff auf die Datenbanken. Anfangs waren es nur sie und Ohtar gewesen, dann die Dubrils, die beiden Tognath, und langsam aber sicher war der Kreis der Eingeweihten gewachsen. Nun war es genug. Sie hatten sich getroffen, an verschiedenen Orten, an denen man sicher vor Überwachung war, sie hatten diskutiert und Pläne geschmiedet, Material gesammelt und geübt, und jetzt, endlich, nach Monaten der fieberhaften Vorbereitung, konnten sie anfangen. Gemeinsam würden sie ein Signal des Widerstands und der Unbeugsamkeit senden und allen zeigen, dass Freiheit und Demokratie auf Tirahnn noch stark waren. Arda holte tief Luft und räusperte sich, und rasch verstummten die Gespräche, die einige noch geführt hatten. Sie war als Anführerin akzeptiert worden, nicht durch Einschüchterung oder Härte, sondern weil man ihr vertraute und sie achtete, und dieses Vertrauen würde sie nicht enttäuschen. Der Blick ihrer braunen Augen wanderte über alle Anwesenden, suchte ihre Gesichter und sie erhielt entschlossenes Nicken. Es war soweit. Geschickt aktivierte Arda einen kleinen tragbaren Holoprojektor, der vor ihr auf einem rustikalen Holztisch stand, und nun ein Abbild Tirahanns schuf, eine Erinnerung an das, wofür sie eintraten, und lehnte sich etwas nach vorn. Ihre ruhige, klare Stimme vermittelte Selbstvertrauen und Autorität.


„Meine Freunde...nach all der Zeit, die wir zusammen verbracht haben, kann ich euch nicht anders nennen. In den letzten Monaten ist mir jeder einzelne von euch ans Herz gewachsen, ich habe euch kennenlernen dürfen. Ich habe gehört, was das Imperium euch und euren Familien angetan hat, was sie unserer geliebten Heimatwelt angetan haben. Ich habe in eure Gesichter geblickt und den Schmerz und den Zorn gesehen, den jeder aufrechte Tirahnner empfindet. Mit der Tyrannei des Imperiums konfrontiert hat jeder auf dieser Welt eine Wahl zu treffen: Widerstand oder Kollaboration. Sich dem Imperium zu unterwerfen bedeutet, auf alles zu spucken, was uns heilig ist. Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung. Das sind die Werte der Neuen Republik und das sind unsere Werte, und dafür werden wir kämpfen.“


Arda machte eine kleine Pause und versuchte, ihre Nervosität zu unterdrücken, Ansprachen waren nicht unbedingt ihre Stärke. Aber sie schien einen Nerv getroffen zu haben, ihre Worte fanden zustimmenden Murmeln und Nicken und sie spürte eine aufgeregte Energie in der Luft, den Wunsch, zu handeln. Die ehemalige Polizistin holte tief Luft und warf Ohtar einen kurzen Blick zu, der Devaronianer lächelte ihr ermutigend zu. Sie konnte das schaffen. Sie musste das schaffen. Ein paar Knopfdrücke und das Holo veränderte sich, es zeigte nun eine Straße, die von Rhovan nach Harad verlief. Ein vergleichsweise schlichter Weg, den sie früher oft gefahren war.


„Das hier ist eine der beiden großen Straßen von und nach Harad. In den letzten Monaten haben wir entweder zusammen oder einzeln alles vorbereitet, um dort zuzuschlagen, und ich bin stolz auf euch alle. Ihr habt beobachtet, was auf der Straße vorgeht, euch die Anzahl und Art der Fahrzeuge gemerkt und wann sie unterwegs sind, ihr habt Material gesammelt, Waffen bereitgestellt, Komlinks, Nahrung, einen Sammelpunkt, Sprengsätze gebaut und euch mental wie körperlich auf diesen Moment vorbereitet. Meine Freunde...Partisanen von Harad. Das ist unsere Stunde. Wir werden den imperialen Versorgungskonvoi auf dieser Straße angreifen und den Besatzern zeigen, dass Tirahnn wieder frei sein wird!“


Aufregung hatte sich in ihre Stimme geschlichen und nun applaudierte einige, mitgerissen von den Emotionen in diesen Worten, doch Arda hob eine Hand, damit alle wieder ruhiger wurden.


„Ich weiß, dass ihr alle das Imperium so hart wie nur möglich treffen wollt. Glaubt mir, ich teile diesen Wunsch, aber einen offenen Kampf können wir nicht gewinnen. Wir werden einen Krieg der Nadelstiche führen, schnell zuschlagen und wieder verschwinden in alle Himmelsrichtungen. Wir müssen unvorhersehbar sein, nicht zu greifen und zu erfassen, nur so können wir überleben. Vergesst das niemals. Wenn die Imperialen uns festnageln, sind wir erledigt. Passt jetzt gut auf. Tiniri, bitte.“


Die ehemalige Aufklärerin stand auf und platzierte sich vor dem Holo und obwohl sie weder sonderlich groß war oder besonders laut sprach, hörten ihr alle aufmerksam und gebannt zu. Sie war die Expertin, sie kannte sich mit solchen Dingen aus und wenn sie gewollt hätte, wäre sie die Anführerin, aber die blonde Menschin hatte nie Ambitionen in diese Richtung gezeigt, sie war offenkundig mit ihrer Rolle zufrieden. Als sie sprach, verschwand die freundliche, umgängliche Försterin und machte etwas kühlem und professionellem Platz, einer Jägerin, die nicht auf Tiere, sondern feindliche Soldaten aus war.


„Wir wissen, dass der imperiale Konvoi jeden Werktag um genau 08:00 in Harad aufbricht und sich auf den Weg macht, um Außenposten in der Region mit Nachschub zu versorgen. Bis jetzt hat noch niemand diesen Konvoi angegriffen oder irgendwelche anderen Aktionen durchgeführt, die Imperialen rechnen also nicht mit einem Hinterhalt. Ich und mein Mann haben sie aus dem Schutz der Wälder beobachtet, sie sind...unvorsichtig. Unvorbereitet. Das ist unsere Chance. Die nächste imperiale Einheit ist fast eine Stunde entfernt, wir haben also ein Zeitfenster, um zuzuschlagen. Hier, seht ihr die enge Kurve? Da müssen sie auf jeden Fall langsamer werden. Wir werden die improvisierten Sprengsätze, die Damrod gebaut hat, einmal mitten auf der Straße und links und rechts davon vergraben. Sobald die Imperialen in Position sind, zünden wir sie und greifen aus dem Schock heraus an. Hier oben, dieser Hügel, ist unsere Ausgangsstellung. Wir sind durch die Bäume gedeckt und haben freies Schussfeld. Also, eine schöne Linie entlang des Gebiets, an dem Imperialen vorbei müssen, die Sprengsätze zünden, angreifen und dann verschwinden wir sofort wieder in den Wäldern, teilen uns auf und treffen uns wieder am Sammelpunkt.“


Minastan, der sich auf seinen Projektilwerfer stützte, hob eine Hand und Tiniri nickte ihm zu.


„Warum bilden wir nur auf einer Seite der Straße eine Linie und nicht auf beiden?“


Als Reaktion wölbte die ehemalige Soldatin eine Augenbraue, blieb aber ruhig.


„Weil wir dann Gefahr laufen würden, uns gegenseitig zu beschießen und nicht die Imperialen. Nehmt es mir nicht übel, aber keiner von euch hat Erfahrung in so was. Je einfacher und übersichtlicher der Plan, desto besser.“


Zufrieden mit dieser Antwort nickte der Duros und Tiniri fuhr nach einem kurzen Blick zu Arda fort.


„Wir haben Glück. Dank der Informationen, die Nimery gesammelt hat, wissen wir, dass wir es definitiv nur mit zwei unbewaffneten leichten Speedern zu tun haben werden. Vorne, das Führungsfahrzeug. Fahrer, Beifahrer, zwei Passagiere. Es dient zum Schutz und stellt für uns die größte Gefahr dar, also konzentrieren wir uns darauf. Dahinter das eigentliche Transportfahrzeug. Fahrer und Beifahrer. Sechs von denen gegen elf von uns, mit dem Überraschungsmoment und Schock auf unserer Seite. Wir können das hinkriegen.“


Damit beendete die blonde Menschin ihren Part und Arda nickte ihr dankbar zu und trat wieder an den Tisch, sie blickte alle ruhig an.


„Fragen? Anmerkungen?“


Niemand antwortete und so nickte die ehemalige Polizistin zufrieden.


„Gut. Bereitet eure Waffen vor und dann schlaft euch gründlich aus. Wir werden morgen all unsere Kräfte brauchen, aber ich bin mir sicher, dass wir es gemeinsam schaffen werden. Für Tirahnn.“


Energisch wurde dieses Bekenntnis zu ihrer Heimat wiederholt, dann zerstreuten sich alle und widmeten sich ihren Aufgabe. Arda starrte auf das Holo, dann deaktivierte sie das Gerät und betrachtete prüfend ihren Blasterpistole, ein schlichtes, schon etwas älteres Modell. Einst hatte es ihrem Vater gehört und als Dank für seinen langjährigen Dienst in der planetaren Polizei hatte er sie in den Ruhestand mitnehmen dürfen, ein Zeichen der Wertschätzung. Sie war ein Symbol, hatte Ardas Vater ihr einst erklärt, dafür, dass er die Bürde trug, seine Mitbürger vor all denen zu beschützen, die ihnen Leid zufügen wollten. Morgen würde sie diesem Zweck wieder dienen. Morgen würden alles beginnen...oder alles enden.


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[Tirahnn - Harad - Krankenhaus "Jadum"] Mellah

Sie hatte sich für den Tag selbst krankgeschrieben - ein scheinbar urplötzlicher Infekt, bei einer Kinderärztin nichts unübliches, und keiner wollte eine kranke Ärztin im Krankenhaus herumrennen sehen, die spucken musste. Die Krankenschwester hatte ihre plötzliche Blässe nur zu sehr überzeugt und sie mit mitleidigem Blick und guten Wünschen nach Hause geschickt, während sie schon am Kom hing, um eine Vertretung zu organisieren.
Sie hatte Tharen nicht viel sagen können, aber es war genug, dass er verstanden hatte. Er würde sich um die Kinder kümmern und dann nach Hause kommen, dort konnte sie jetzt erst einmal in flottem Tempo das Nötigste einpacken. Sie hatten Pläne für diesen Fall... Nur hatte sie gehofft, er würde nie eintreten.

Sie fuhr auf direktem Weg nach Hause. Sie war nicht geschult darin, Verfolger zu erkennen oder gar abzuschütteln, und jeder, der sie im Krankenhaus aufgespürt hatte, würde ohnehin irgendwie ihre Adresse herausfinden. Jetzt fühlte sich Mellah wieder ein wenig wie während einem Notfall. Die Anamnese war gestellt, nun mussten die Maßnahmen ergriffen werden. Auch, wenn sie sich bei der Anamnese absolut nicht sicher war. Wer war dieser Mann? Sicher nicht "Jorko"... und Lynn gab es wohl vermutlich auch nicht. Gehörte er zum Imperium? Wäre nicht ungewöhnlich bei einem Chiss. Oder stand er doch auf ihrer Seite, auf der von Tharen, ihr, Miri und noch so vielen anderen? Woher sollte sie das wissen? Tharen würde erst in ein, zwei Stunden wieder da sein, frühstens. Bis dahin musste sie sich daheim verbarrikadieren und warten. Beziehungsweise alles zusammensuchen, was sie brauchten, falls Tharen darauf bestehen würde, dass sie untertauchten.

Daheim war alles so wie immer. Aldor streichte um ihre Beine, aber sie hatte keine Zeit, um ihn jetzt zu umsorgen. Wenn sie verschwanden, würden sie ihn natürlich mitnehmen, aber bis dahin musste er sich gedulden. Miris Brief... sie musste ihn unbedingt noch vernichten, darum hatte Miri gebeten. Aber erst die Kindersachen...
Im oberen Stockwerk warf Mellah alles notwendige in eine große Reisetasche und vergaß auch die Lieblingsspielsachen der beiden nicht. Kurz bevor die Tasche voll war ertönte ein Klingeln, und Mellah erstarrte. Tharen würde nicht klingeln. Sie hatten sie wohl tatsächlich verfolgt... sie... oder er...?
In rasanter Geschwindigkeit war Mellah im Schlafzimmer und holte den Blaster aus dem Safe. Im Laufen steckte sie das Energiepack hinein. Sie wusste zwar nicht, ob sie damit auf jemanden schießen konnte... aber wenn es hart auf hart kam, war es besser, die Waffe in der Hand zu haben.

Sie hätte Tharen zustimmen sollen, als es darum ging, eine Kamera vor der Tür zu installieren, aber sie hatte einfach die kleine Idylle in ihrem Heim nicht durch so etwas offensichtlich Gafahreindämmendes zerstören wollen. Langsam näherte sie sich der Tür. Sie konnte durch den Briefkastenschlitz sehen... wenn sie sich trauen würde. Aber bevor es dazu kam, entdeckte sie das Papier auf dem Boden, altmodisches Papier - und darauf das Bild jenes Chiss gedruckt.
Mellah runzelte die Stirn. Auch auf der Rückseite stand etwas geschrieben, und nun war es wieder da, das Chaos. Woher sollte sie wissen, dass das Ding echt war? Woher? Es sah echt aus, ja, aber ein geschickter Fälscher... andererseits, wäre es nicht lächerlich, all diesen Aufwand zu betreiben, nur um sie auszuspionieren? Sie wusste nicht, was Tharen trieb, aber er war sicherlich nicht Leiter des gesamten Widerstandes auf Tirahnn...
Sie musste tapfer sein. Und ohnehin, wenn sie nicht öffnete, und die Polizei stand draußen... was würde es nutzen? Nichts.

Mellah legte die Kette vor die Tür und öffnete jene langsam, den Blaster erhoben und jederzeit bereit, ihn in Position zu bringen und abzudrücken. Da stand niemand vor der Tür, zumindest sah sie niemanden durch den Spalt. Ein ungewöhnlicher Fleck erregte dann aber ihre Aufmerksamkeit aus dem Augenwinkel, ein Fleck, der vor der Haustüre nichts zu suchen hatte. Mellah ging in die Hocke und betrachtete die kleine Kiste, die vor der Tür stand, eine offene Kiste, die ziemlich wie eine Spieluhr aussah, und darin eine Kette mit Anhänger und eine Phiole... Was sollte das?
Mellah blickte wieder auf, sie hatte einmal gehört, dass man nie zu lange an einen Punkt sehen sollte, wenn man in Gefahr war. Ähnlich wie beim Gleiterfahren. Doch sie sah noch immer niemanden, und so griff sie durch den Türspalt hinaus, konnte die Kette gerade so erreichen. Das Ding sah aus wie ein Medaillon...
Sie erhob sich aus der Hocke und zog sich ein paar Meter von der Tür zurück, bevor sie den Anhänger öffnete und die Luft anhielt. Das war... Miri! Eindeutig. Auch, wenn sie sie lange nicht mehr gesehen hatte, das hier war eindeutig Miri in einem
richtig schicken Kleid und wahnsinnigen Ohrringen... Und das andere Bild... es war länger her, aber auch das war Miri. Eine jüngere Miri. Es gab nur zwei Möglichkeiten, wie der Chiss an dieses Bild gekommen sein konnte... entweder, er war ins Haus der El'mireths eingebrochen, oder... Miri hatte es ihm gegeben.

Mellah atmete leicht auf und schloss die Augen. Vielleicht war diese ganze Story wirklich wahr. Vielleicht kam der Chiss wirklich von Miris Partner. Aber ganz sicher konnte sie sich nicht sein.
Noch immer wünschte sie, dass Tharen hier wäre, aber bis Tharen zurück war... die fünf Minuten waren beinahe vorbei, schätzte sie, und garantiert würde sie diesen... sie konnte den Namen nicht einmal denken, diesen Chiss nicht öffentlich treffen. Nicht, wenn er gesucht wurde.

Sie näherte sich wieder der Tür, den Blaster noch immer bereit, und rief nach draußen.

"Zwei Minuten. Nicht mehr."

[Tirahnn - Rhovan - Heim der Amroths, Flur] Mellah, draußen Riuen
 
[Tirahnn - Rhovan - Heim der Amroths, Flur] Mellah, draußen Riuen

Riuen konnte nicht abstreiten, dass seine Nervosität stieg. Mit dem Imperium war nicht zu scherzen und jede Minute, die er hier stand, jede Minute, in der Mellah nichts tat, war gefährlich für ihn. Würde sie ihn verraten? Der Chiss behielt sein Chronometer genau im Auge, denn hier kam es auf jede Sekunde an. Die Umgebung hatte er längst erfasst, aber nur den Teil, den er mit bloßem Auge sehen konnte. Sackgassen und all das würden, wenn sie auftauchten, en Problem darstellen. Er hätte sich von Ian nicht derart beeinflussen lassen sollen. Etwas mehr Planung, etwas mehr Information. Keine Zeit hin oder her, Ians Leben war nicht das einzige, dass auf dem Spiel stand und ein klein wenig hing Riuen dann doch an seinem eigenen. Vielleicht auch ein klein wenig mehr. Dann öffnete sich die Tür, einen kleinen Spalt. Nicht, dass Riuen Mellah jetzt sehen konnte, dafür fehlte ihm schlicht der Röntgenblick. Den hätte er sonst genutzt, um vorher in ihren Kopf zu blicken, er hätte sich all das gespart. Erst der Spalt, dann der Arm. Sie griff nach der Kette, die in der Spieluhr lag. Hoffentlich war das Bild oder die Bilder, die Locke, die in Karbonit eingefrorene Träne Eowyns oder was auch immer in dem Amulett war, aussagekräftig genug. Das Chronometer jedenfalls sagte, dass noch 30 Sekunden übrig waren und siehe da, Mellahs Stimme ertönte und sie gewährte ihm zwei Minuten. Keine länger. Wie überaus großzügig. Tirahnner hatten Gastfreundschaft nun wirklich nicht erfunden. Erst Ewoyn, dann Mellah. Zwei Leute. Keine repräsentative Statistik, aber für den Chiss informativ genug. Nur wenige Schritte trennten ihn vor den Tür und was musste er da sehen? Mellah und einen Blaster. Welch lieblicher Anblick. Frauen mit Waffen. Sonderlich anziehend war das gerade nicht. Aber die Uhr tickte und es galt die 120 Sekunden mit dem zu füllen, was er brauchte.

„Ich habe eine Holonachricht für dich von Eowyns Partner. Du kannst sie nur ein einziges Mal ansehen, danach wird sie sich löschen. Und ich habe eine Nachricht für Eowyns verstorbene Eltern. Auch diese Nachricht wird sich, sobald sie abgespielt wurde, löschen. Wenn du sie nicht zum Grab bringst, gib mir die Adresse und ich tue es.“ Wie viele Sekunden waren vergangen? Keine 120. „Ich bin kein Feind der Republik. Aber des Imperiums. Und daher musste ich sicher gehen, dass du die richtige Mellah bist. Dich zu verängstigen war nicht mein Ziel. Ich kenne beide Nachrichten nicht. Aber ich versichere dir im Namen des Ordens aus dem ich komme, dass das hier kein falsches Spiel ist. Ich habe hier die beiden Holos“, er hielt sie hoch, damit Mellah sie sehen konnte und damit sie sich versichern konnte, dass es kein Sprengstoff oder anderes gefährlcihes Zeug war. Auch, wenn Riuen glaubte, dass die Nachricht durchaus explosiv sein konnte. „Ich werde sie so legen, dass du sie greifen kannst. Du musst mir versprechen, dass du das eine an das Grab der El’mirtehs bringst. Oder du sagst mir, dass ich es tun muss. Dann bin ich weg.“ So legte er die Holos vor die Tür, so das Mellah sie greifen konnte. „Und glaub mir, das Ding willst du nicht benutzen.“ Damit ging er wieder ein paar Schritte zurück. „Ich bin keine Gefahr, auch wenn ich Blastermündungen ziemlich hässlich finde.“ Sie würde niemanden rufen, da war Riuen sicher. Sie war keine echte Imperiale. Nur hieß das nicht, dass sie den Blaster nicht gegen ihn richtete.


[Tirahnn - Rhovan - Heim der Amroths, Flur] Mellah, draußen Riuen
 
[Tirahnn - Rhovan - Heim der Amroths, Flur] Mellah, draußen Riuen

Zugegeben... Mellah hatte keine Ahnung, wie lange genau nun zwei Minuten waren, und sie hatte nicht vor, diese mit Blick auf ihr Chrono zu verbringen. Trotzdem wollte sie einfach nicht länger mit ihrem "Besucher" sprechen als nötig - zumindest nicht momentan. Später vielleicht... wenn Tharen da war. Wenn es nämlich stimmte, was er sagte, dann kannte er Miri und auch ihren Partner - und konnte ihr ein paar Fragen beantworten, die sie in einem Brief nicht stellen konnte. Wenn es stimmte, dann würde sie unglaublich gerne mit ihm sprechen. Auch, wenn sie ihn jetzt indirekt mit einer Waffe bedrohte. Aber sie musste sich schützen, das musste dieser Mann verstehen.
Er kam näher, jetzt sah sie ihn durch den Türspalt, und Mellah hörte ihm aufmerksam zu.
Warum auch immer Miris Partner ihr eine Nachricht schickte. Und auch noch ihren... Eltern?!? Hatte sie sich gerade verhört? Okay, Miris Typ schien sonderbar zu sein.
Dass der Chiss sie plötzlich duzte war ihr schon im Krankenhaus aufgefallen, aber sie ignorierte es, wie vorhin. Seine Quasi-Entschuldigung nahm sie ebenfalls hin - klar musste er aufpassen. Sie aber auch. Und hätte es nicht irgendeine andere Lösung gegeben als dieses fürchterliche Versteckspiel?!? Und sein Wort war eben nur etwas wert, wenn er auch wirklich aus diesem Orden kam. Wenn nicht war es keinen müden Credit wert.

Der Chiss, für den sie noch immer keinen Namen hatte, legte die zwei Nachrichten auf den Boden und zog sich zurück. Wenn es stimmte, was er sagte... Sie würde sich niemals sicher sein können. Aber langsam war das Konstrukt wesentlich zu kompliziert, um sie einfach nur bei irgendetwas zu ertappen. Langsam schüttelte sie den Kopf.

"Ich will es auch nicht benutzen, aber ich werde, wenn ich muss. Sie werden verstehen, dass auch ich vorsichtig sein muss."

Er war schließlich nicht der einzige, der hier ein Risiko einging, und sie hatte sich noch nicht einmal darauf vorbereiten können. Außerdem hatte sie Familie. Sie redete weiter, ohne die Waffe zu senken, mit diesem Risiko musste er nun leben. Wenn er nichts Dummes machte, dann war das ja auch kein Problem, sie konnte mit diesem Ding umgehen. So halb. Zumindest hatte Tharen ihr die Grundlagen gezeigt, als das Imperium auf Tirahnn etabliert worden war...

"Es steht mir nicht zu, diese Nachricht wegzubringen, ich kenne diesen Mann ja nicht einmal. Erledigen Sie das - Westfriedhof, Sektion G, Reihe 14. Ein Familiengrab."

Sie bezweifelte, dass es in dieser Reihe noch ein weiteres Grab mit der Aufschrift "El'mireth" gab, er würde es schon finden. Dann war da aber noch diese eine Sache. Wenn er die Wahrheit sagte, wirklich die Wahrheit sagte...

"Aber... wartet noch einen Moment. Wenn alles stimmt, was Sie sagen..."

Tharen würde es anhand dieses Fahndungsfotos sicher überprüfen können, und dass das Gesicht übereinstimmte sah selbst sie.


"Wie kann ich Sie erreichen? Wie kann ich eine Antwort schicken? Wie kann ich..."

Sie strich sich leicht nervös die kaum vorhandenen Haare hinter das Ohr, obwohl ihre Frisur mit dem Pferdeschwanz noch hervorragend saß. Zugegeben, er würde das nicht tun müssen, denn wenn er die Wahrheit sagte, dann würde auch er ihr nicht hundertprozentig trauen können. Aber das hier war die Gelegenheit, mehr herauszufinden. Allerdings auf seine Gefahr hin, aus seiner Perspektive, und diese Frage zu stellen, während sie einen Blaster quasi im Anschlag hatte, war vielleicht nicht sonderlich höflich.

"Wie kann ich Sie vielleicht noch ein paar Dinge fragen?"

[Tirahnn - Rhovan - Heim der Amroths, Flur] Mellah, draußen Riuen
 
[Tirahnn - Rhovan - Heim der Amroths, Flur] Mellah, draußen Riuen

Bis jetzt hatte er Mellah ja reichlich viele Gründe geleifert, den Blaster zu benutzen. Hatte er sie dich im Geheimen aufgesucht, an einem völlig abgeschiedenen Ort, an dem es ein Leichtes gewesen wäre, sie zur Strecke zu bringen. Auch wenn er ihre Vorsicht leicht übertrieben fand, sie war nachvollziehbar. „Natürlich verstehe ich das. Deswegen bin ich auch unbewaffnet.“ Riuen hatte keinen Blaster mit sich, kein Messer, nichts. Das mochte unklug sein, aber die Vorsicht verlangte von ihm, so unauffällig wie möglich zu sein. Außerdem war er Jorko gewesen. Ein liebender Vater, ein Mechaniker, da war keine Waffe nötig. Mellah stand es nicht zu, die Nachricht weg zu bringen? Riuen runzelte die Stirn. Wie auch immer. Er bekam die Adresse und das sollte genügen. Ian hatte nicht gesagt, dass mellah die Überbringerin sein musste und selbst wenn, sollte er sie zwingen, wo da doch ein Blaster mehr oder minder auf ihn gerichtet war? Gerade wollte Riuen den Rückweg antreten, als Mellah ihn aufhielt. Wie sie ihn erreichen konnte, wenn sie Fragen hatte? Riuen lachte leise. „Dinge Fragen oder mir die Imps auf den Hals hetzen?“ Sie hatte das Plakat gesehen. Ihr irgendetwas zu geben, was seinen Aufenthaltsort verriet, war äußerst gefährlich. Aber Riuen hatte für solche Fälle vorgesorgt. Die zwei Schritte, die er von der Tür gemacht hatte, näherte er sich nun wieder, legte eine Gerätschaft vor sie. „Da. Es gibt nur einen Kontakt, das Ding kann mich nicht orten und es wird um 3 Uhr früh nicht mehr funktionieren. Bis es dunkel wird muss ich ohnehin hier bleiben, wegen der Nachricht.“ Schließlich ließ auch sie sich nur einmal abspielen und das würde Riuen nachts tun, wenn kein ungebetener Gast kam. „Oh und eins noch, ich weiß nicht, wie er drauf war, als er die Nachricht ausgesprochen hat, aber er ist ein guter Kerl, das sollst du wissen.“ Für ihn war es nun allerdings höchste Zeit zu gehen. „Also, man schreibt sich vielleicht. 3 Uhr. Mehr kann ich nicht anbieten und das Plakat…“ Er musste sie hoffentlich nicht daran erinnern, dass sie es zerstören musste.

[Tirahnn - Rhovan - Heim der Amroths, Flur] Mellah, draußen Riuen
 
[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Hügel bei der Straße zwischen Harad und Rhovan] Arda Targon und die Partisanen

Wie ein riesiger roter Feuerball kroch Tirahnns Sonne langsam hinter dem Horizont empor und stieg mit majestätischer Ruhe in die Höhe, gänzlich unberührt von allem, was auf der von ihren Strahlen erhellten Welt geschah. Es war ein wunderschöner Anblick...und der letzte Sonnenaufgang, den manche auf Tirahnn erleben würde, schoss es Arda durch den Kopf, als die dunkelhaarige Frau geschickt einem umgeknickten Ast auswich und sich weiter den Weg durch die dichten Wälder bahnte. Sie vertrieb den düsteren Gedanken, so wie das Licht die Nacht vertrieb, und eilte weiter, gefolgt von den anderen Partisanen aus ihrer Gruppe, mit Ausnahme der Dubrils, das in dieser Umgebung sehr erfahrene Ehepaar lief ein Stück voraus und wies ihnen den Weg. Der Jäger und die ehemalige Soldatin kannten dieses Gebiet wie ihre Westentasche und bewegten sich mit einer natürlichen, geschickten Sicherheit, die Arda half, sich zu beruhigen und ihre Nervosität in den Griff zu bekommen. Mit ihren Eltern war sie öfters im Wald wandern gewesen, aber es war eine Sache, als Freizeitvergnügen hierher zu kommen, und eine gänzlich andere Sache, zwischen Bäumen und Büschen zu leben und genau zu wissen, wo es verborgene Pfade gab, wie man Tieren am Besten aus dem Weg ging und wo man notfalls frisches Wasser finden konnte. Ohne Narmacil und Tiniri wäre sie hier aufgeschmissen, es musste so deutlich gesagt werden, und die früher im Polizeidienst in Harad tätige Menschin war ihnen dafür unendlich dankbar. Sich den imperialen auf offenem Gelände im direkten Kampf zu stellen wäre Wahnsinn und in den Städten und Dörfern liefen die Partisanen Gefahr, Unschuldige ins Visier der Besatzer zu schieben, und das wollte Arda zumindest zum jetzigen Zeitpunkt unbedingt vermeiden. Noch rechnete der Feind nicht mit organisiertem Widerstand oder größeren Angriffen, noch konnte sich ihre Gruppe relativ frei bewegen und zuschlagen, ohne mit starker Gegenwehr rechnen zu müssen. Aber all das würde sich heute ändern, die Attacke auf den Versorgungskonvoi zwischen Harad und Rhovan würde ein Weckruf sein, für alle aufrechten Tirahnner, aber auch für die Imperialen. Alle würden wissen, dass der Traum von einem freien, gerechten und demokratischen Tirahnn noch nicht besiegt war. Viele würde vorsichtig abwarten, auf weitere Erfolge hoffend, aber sich nicht aktiv beteiligen. Einige wenige würden sich zusammenschließen, um inspiriert von dem Vorbild der Partisanen selbst zu kämpfen oder passiven Widerstand zu leisten. Diejenigen, die sich mit der imperialen Besatzungsmacht arrangiert hatten, würden einen Eindruck von dem Preis für ihren Verrat bekommen. Und die Imperialen, arrogant, schwerfällig und übermächtig, würden einen schmerzhaften Nadelstich erleiden müssen. Weniger der konkrete materielle Schaden war wichtig, den die Partisanen anrichten konnten, dieser war eher klein. Aber die symbolische Wirkung würde groß sein, ein Kratzer im scheinbar unüberwindlichen Panzer der Imperialen, unter dem Tirahnn zu ersticken drohte. Wenn die Tirahnner sahen, dass man sich den Besatzern entgegenstellen und gewinnen konnte, würde ihr Widerstandsgeist erwachen, darauf hoffte Arda und darauf vertraute sie. Ein einzelner Stein konnte eine Gerölllawine auslösen, ein einziger Funken ein Feuer entfachen. Jemand musste den Anfang machen, und das würden sie und ihre Freunde sein. Sie waren die Ersten, die Vorboten der Erhebung gegen die Tyrannei. Arda gestattete sich ein kleines, wehmütiges Lächeln. Träume. Hoffnungen. Wie lange würde sie angesichts der grimmigen Realität daran festhalten können?

Besagte Realität holte sie just in diesem Moment ein, als Nimery weiter hinten einen überraschend deftigen Fluch ausstieß, offenbar wäre sie fast über einen Stein gestolpert und als Arda einen kurzen Blick über die Schulter warf, lächelte die Balosar entschuldigend und tippte demonstrativ gegen ihre geholsterte Blasterpistole. Ohtar hatte ihr lange und aufwändig erklärt, wie wichtig es war, die Waffe ordnungsgemäß zu sichern und nicht mit dem Finger am Abzug herumzulaufen, und die Journalistin hatte schließlich ihren Stolz heruntergeschluckt und sich etwas beibringen lassen. Also nickte Arda ihr lobend zu, strich eine verirrte Strähne aus ihrem Gesicht und sah wieder nach vorne. Die adrette Nichtmenschin mochte praktische Sportkleidung statt eines schicken Kleids tragen, aber es war offensichtlich, dass sie im Wald und im Kampf nicht von großem Nutzen sein konnte. Das galt auch für Damrod, den eigenbrötlerische Kubaz-Techniker, und Kahnda, das Logistikgenie. Sie waren keine guten Kämpfer, aber Kriege wurden auch nicht von Kämpfern allein gewonnen, die drei hatten andere Fähigkeiten, die mindestens genauso wichtig waren, wenn nicht sogar wichtiger. Für den bevorstehenden Hinterhalt hätte Arda sie gerne in Sicherheit gewusst, aber angesichts der Tatsache, dass sie nur elf Partisanen waren, konnte sie niemanden entbehren. Also hatte die dunkelhäutige ehemalige Polizistin ihnen die Aufgabe zugewiesen, in einem gewissen Abstand als Nachhut zu agieren und sobald sie in Position waren Rücken und Flanken zu sichern, damit die eigentlichen Kämpfer angreifen konnten. Sie konnte nur hoffen, dass es funktionieren würde, und als hätte er ihre Gedanken gehört, kam Ohtar ein wenig näher und der Devaronianer lächelte ihr ermutigend von der Seite zu.


„Schon mal keine ungewollte Schussabgabe. Sie macht Fortschritte. Hab Vertrauen, Arda. Wir sind Partisanen, wir müssen das Beste aus dem machen, was wir haben.“


Meinte der gehörnte Nichtmensch erst trocken, dann ernst, und schulterte sein A280 Blastergewehr, eine Waffe, die er früher bei den Spezialkräften der Polizei von Tirahnn verwendet hatte. Die Seriennummer an dem modernen Blaster hätte dies bestätigt, war aber sorgfältig entfernt worden. Ohtar war damals der Meinung gewesen, dass er dem Imperium war seine Dienstmarke, aber nicht seine Ausrüstung überlassen musste, und hatte so viel wie möglich diskret beiseite geschafft. Unter anderem deshalb trugen er und Arda als einzige in der Gruppe leichte Brustpanzer, die einen gewissen Schutz gegen leichte Blaster boten, nicht aber gegen Modelle, wie sie vom Militär benutzt wurden. Der Rest der Gruppe musste ohne solchen Schutz zurechtkommen und sie boten einen ziemlich improvisierten Anblick, gehüllt in alles von Jägerkleidung über Wanderklamotten bis hin Teilen von Uniformen der alten tirahnnischen Polizei. Ihre Bewaffnung war nicht minder exotisch, während Othar und Tiniri über moderne Blastergewehre verfügten, trug der Rest ein Sammelsurium aus alten Dienstpistolen, Sportblastern und sogar über Generationen vererbten Projektilwerfern. Sie konnten von Glück reden, dass sie es nicht mit Sturmtruppen zu tun bekommen würden, gegen deren Rüstungen wäre der Großteil ihrer Waffen wie ein Tropfen auf einen heißen Stein. Aber ihr alter Partner hatte Recht, sie mussten mit dem arbeiten, was sie hatten. Also nickte Arda dankbar, ihre Stimme wurde ein wenig weicher, als sie mit ihrem langjährigen Freund sprach.


„Ich weiß. Und falls ich es je vergessen sollte, wirst Du mich daran erinnern.“


Der Devaronianer reagierte mit einem leisen Lachen und klopfte ihr auf die Schulter, dann erhöhten sie ihr Tempo, sie mussten rechtzeitig in Position sein. Über verschlungene Wege näherten sie sich ihrem Ziel, einem vom Bäumen bedeckten Hügel an der Straße zwischen Harad und Rhovan. Im Schutz der Dunkelheit hatten die Dubrils und Damrod zuvor improvisierte Sprengsätze vergraben und nun beeilten sich alle, in Stellung zu gehen, und legten sich flach ins Gestrüpp in der Nähe des Hügelrandes. Arda warf einen Blick auf ihr Chrono, noch drei Stunden, bis der imperiale Konvoi hier eintreffen würde. Die Sonne ging von ihr aus gesehen rechts auf und würde die Imperialen blenden, aber was ihnen richtig Probleme bereiten würde, waren die Sprengsätze. Damrod hatten sie in liebevoller, aufwändiger Arbeit aus verschiedenen erstaunlich leicht zu beschaffenden Bestandteilen zusammengebastelt und Arda kam in den Sinn, dass sie den Kubaz früher wohl dafür verhaftet hätte und ganz schön schockiert gewesen wäre, wie leicht das ging. Aber das war früher gewesen, in einem alten Leben. Vorsichtig kroch die ehemalige Polizistin vorwärts und nahm ihre Position ein, die Partisanen bildeten entlang des Hügelrandes eine Linie. Jetzt hieß es, abzuwarten, und die Stunden vergingen quälend langsam, immer wieder überprüften die Widerstandskämpfer ihre Waffen und Chronos und spähten aufmerksam zur Straße. Zum Schutz vor Erkennung hatten sie alle schlichten Stoffmasken aufgesetzt, die zumindest Arda mit der Zeit ganz schön juckten, aber das konnte ebenso ihre Anspannung sein. Endlich, es war genau 08:30, regte sich Tiniri, die mit Elektroferngläsern die Umgebung im Auge behielt, und gab das vereinbarte Zeichen. Arda fühlte, wie ihr Herz schneller schlug, und sie spähte hinaus, die Ohren gespitzt. Ja, da war es, das Geräusch von Motoren, und es kam näher! Ohtar, der neben ihr lag, nickte ihr zu und entsicherte seinen Blaster, und ein vielstimmiges Klicken folgte, als die anderen es ihm gleichtaten. Damrod, etwas weiter hinten, schluckte nervös und umklammerte den Zünder für die Sprengsätze. Die imperialen Speeder kamen jetzt in Sicht, sie fuhren recht schnell, wohl um ihre leichte Verspätung aufzuholen, und blieben dabei ziemlich dicht zusammen. Zu dicht, fand Arda, wenn das Führungsfahrzeug unerwartet...oh. Das war gut. Das war richtig gut. Angespanntes Schweigen herrschte und niemand rührte sich, ein ungeheurer Druck lastete auf allen und wuchs mit jeder Sekunde. Die imperialen Speeder bogen in die Kurve ein, wurden langsamer...und Tiniris Hand schnellte nach oben, das erlösende Zeichen! Arda reagierte sofort, presste sich gegen die Erde, öffnete ihren Mund und hielt sich die Ohren zu, um sich vor der Explosion zu schützen. Die Imperialen erreichten die Todeszone, Damrod drückte beherzt auf den Auslöser und...

Der Knall war lauter als alles, was Arda in ihrem ganzen Leben gehört hatte, und als die Druckwelle sie traf, schmerzten ihre Zähne und Knochen und trotz der Hände an ihren Ohren hörte sie einen langen Moment lang nur ein schrilles Kreischen, aber sie zwang sich, genau hinzusehen. Drei Feuerbälle stiegen den Himmel, vermischt mit aufgewirbelter Erde und Dreck. Das Führungsfahrzeug war genau vor der ersten Bombe gewesen, als diese explodiert war und es wie eine riesige Faust getroffen hatte, die Wucht der Explosion hatte den Speeder vorne nahezu zerfetzt und zum Halt gebracht. Arda glaubte, panische Schreie zu hören, als das ihm folgende Versorgungsfahrzeug versuchte, zu bremsen und in das Heck des ersten Speeders krachte, an den Seiten eingedellt von den anderen beiden Sprengsätzen kam das Fahrzeug unter dem Kreischen von Metall vom Halt. Vorsichtig hob Arda den Kopf und legte mit ihrem Blaster an, Flammen loderten aus dem Führungsfahrzeug und für einen Moment herrschte eine gespenstische Stille, dann kletterte erst eine Gestalt aus dem Versorgungsspeeder dann eine weitere, sie taumelten nach vorne und versuchten, einem Dritten zu helfen, der noch in dem brennenden Speeder saß. Arda zögerte einen winzigen Moment, dann hob sie ihren Blaster und brüllte, spülte ihre Zweifel und Mitleid fort in einem zornigen Schrei.


„Für Tirahnn!“


Die anderen Partisanen stimmten in den Schlachtruf mit ein und eröffneten das Feuer, ein Hagel aus Blasterschüssen und Projektilen prasselte auf die Imperialen herab, die gar nicht zu begreifen schienen, was gerade passierte. Einer wurde beinah sofort getroffen und fiel in den Straßengraben, der zweite hechtete zur Seite und versuchte, hinter dem Speeder in Deckung zu gehen, aber Ohtar oder Tiniri zielten sorgfältig und streckten ihn nieder. Arda schoss auf den Speeder, drückte wieder und wieder den Abzug, und erst jeder erwiderten die verbliebenen Imperialen, zwei an der Zahl, das Feuer, ihre Schüsse zielten ungefähr auf den Hügel, gingen aber größtenteils daneben, wie wohl auch die meisten Salven der Partisanen. Der Schusswechsel wäre wohl noch eine ganze Weile weitergegangen, wenn sich die Flammen nicht vom ersten Speeder auf den zweiten ausgedehnt hätten und den Imperialen nur noch der Versuch der Flucht blieb. Offenbar in Panik rannten sie los und versuchten, die Wälder zu erreichen. Einen erwischte Minastan auf halber Strecke, als er voller Angst über die Schulter blickte und stolperte, wohl ein Glückstreffer aus seinem alten Projektilwerfer, aber der zweite kam gefährlich nah an den Waldrand heran, lief im Zick-zack und hielt keine Sekunde inne.


„Ich krieg ihn nicht, verdammt! Er entkommt!“


Brüllte Arda frustiert, da stand Aram, der neben ihr gelegen hatte, mit einer seltsamen Ruhe auf, der junge Mann legte sorgfältig mit seinem Projektilwerfer an, kniff ein Auge zusammen, hielt den Atem an und drückte ab. Trotz des Lärms hörte Arda diesen Schuss deutlicher als alle anderen und der Imperiale brach zusammen, fiel mit dem Gesicht nach vorne am Rand des Waldes zu Boden und Blut rann neben seinen Körper auf die Grashalme und färbte sie rot. Stille. Eine unheimliche, bedrückende Stille, nur das Knistern der Flammen war zu hören. Für einen Moment lagen alle wie angewurzelt da und Arda sah zu dem Jungen, dessen Augen von Kälte, Trauer und Zorn gleichermaßen erfüllt waren, dann schüttelte sie den Kopf und sprang auf.


„Los, alle los! Schnappt euch alles, was ihr tragen könnt, und dann weg hier!“


Aus ihrer Starre erwacht sprinteten die Partisanen den Hügel hinab, näherten sich vorsichtig den Speedern und machten sich pietätlos an den Leichen der Imperialen zu schaffen, nahmen ihnen Waffen, Brustpanzer und soweit möglich die Uniformen ab und warfen sie dann in die noch immer brennenden Speeder. Arda wurde von dem Geruch übel und sie versuchte, nicht in das Gesicht der Leiche des Toten zu blicken, den sie gerade zusammen mit Ohtar den Flammen übergeben hatte, die braunen Augen des Imperialen schienen sie anklagend anzustarren und es half nicht, dass er wohl nur ein paar Jahre älter als Aram war.


„Scheiße. Verdammte Scheiße.“


Flüsterte die ehemalige Polizistin und war dankbar, als Ohtar sie an der Schulter packte und fortzog, sie mussten sofort verschwinden. Die Partisanen teilten sich in drei Gruppen auf und eilten in verschiedene Richtungen davon, um über mehrere Wege zu ihrem Sammelpunkt, der Hütte im Wald, zu gelangen. Arda war froh, sich bewegen zu können und fort von dem Hinterhalt zu kommen, ihr Atem ging schnell, als sie zwischen den Bäumen durch hastete. Es war getan. So oder so, es war getan. Der Geist war aus der Flasche, jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie hatten nun alle imperiales Blut an den Händen kleben und man würde von dem Hinterhalt erfahren, Tirahnner und Besatzer zugleich. So fing es an.


[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Auf dem Weg zur Hütte] Arda Targon und die Partisanen
 
[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Wald | Riuen

Riuen hatte nicht das Gefühl, dass Mellah ihm die Imperialen auf den Hals hetzen würde, dennoch war es notwendig vorsichtig zu sein. Nicht, dass ihn am Ende noch jemand einbuchtete. Schließlich hatte er weder eine Waffe dabei, noch sonst etwas, was zur Verteidigung sonderlich von Nutzen war. Zwei gesunde Beine und Minimalkenntnisse in der Macht mussten ihm helfen und was sollte er sagen? Sein Frühwarnsystem funktionierte sehr gut. Keine Ärgernisse, keine Gefahren. In jedem Fall konnte er den Friedhof, dessen Adresse er besaß, erst bei Einbruch der Dunkelheit besuchen. Was hieß, dass es vermutlich klüger war, das Holo, das Ian aufgezeichnet hatte, bis dahin auf zu bewahren. Nur für alle Fälle. Ein Schließfach kam nicht in Frage, aber ein anderes, brauchbares Versteck war schnell überlegt. Eine kleine Kiste, an einem Ort vergraben…

Jetzt musste der Chiss sich nur beschäftigen und da es noch immer hell war, war es besser, er blieb als Jorko gekleidet. Noch immer mit silbernen, unordentlichen Haaren, noch immer mit zerknittertem Hemd und noch immer mit Flecken auf der Hose, begab sich Jorko so tiefer in den Wald, der nun einen Schatz barg, den er nachher, welch Wortwitz, wieder bergen konnte.
Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, gab es nichts und niemanden, vor dem er sich im Wald hätte fürchten müssen. Zumindest nutzte Riuen keinen Hauptweg, sondern hier und da ein paar Trampelpfade, aber niemand war unterwegs, was schon mal einen Vorteil darstellte. Dabei wäre ein Gesprächspartner durchaus interessant gewesen. Oder natürlich eine Gesprächspartnerin. Aber Jorko war vermutlich nicht der Traum jeder Frau, war er doch ein wenig zu zerzaust und mit diesem wirklich schlechten Aftershave besprüht. Sprühen schien das Stichwort des Moments zu sein, denn es begann zu regnen. Wo kam dieser Umschwung so plötzlich her? Weder Riuen noch Jorko waren Wetterexperten. Aber das bisschen Regen würde ihn schon nicht umbringen, schließlich war die silberne Haarfarbe wasserfest und benötigte ein spezielles Shampoo, um es wieder los zu werden. Außerdem war ein bisschen Regen im Wald nicht so schlimm, denn die Blätter waren wie lauter kleine Schirme. Nicht dicht, aber besser als nichts. Allerdings dauerte es nicht lange, bis der Regen sich verdichtete und das war allgemein kein gutes… Nein, das Donnergrollen war noch weniger ein gutes Zeichen. Machtsinne warnten nicht vor Gewittern und Riuen hatte nicht bemerkt, dass er sich geradewegs ins Gewitter bewegt hatte. War das Wetter ein Taktiker, dann ein sehr, sehr guter. Denn das Gewitter schwoll an und auch wenn er gerade nicht mehr Jorko war, auch wenn er so aussah, selbst der nicht ganz so kluge Mechaniker hätte gewusst, dass Baum und Blitz nicht gerade gut harmonierten. Außerdem war seine bescheidene Körpergröße von fast zwei Metern ein weiterer, ausschlaggebender Grund, doch lieber ein sicheres Plätzchen zu suchen. Im Wald. Lustig. Wo der Wald ja nur von sicheren, überdachten Plätzen – eine Hütte! Da war eine Hütte! Riuen nahm die Beine in die Hand und rannte nun, denn inzwischen war er nicht nur nass bis auf die Knochen, nein, das Gewitter war direkt über ihm. Die Hütte war perfekt und als ein Blitz beinahe direkt neben ihm einschlug, achtete der Chiss auf gar nichts mehr, als er geradewegs in die Hütte stürmte und die Türe hinter sich verschloss. Etwas atemlos musster de dennoch, mit dem Gesicht zur Tür gewandt, lachen.
„Was für ein sch…“ Doch ihm blieben die Worte im Mund stecken, als er sich herum drehte und nun in lauter Blastermündungen starrte. Warnung der Ma-hacht. Wo warst du? Wohl vom Blitz getroffen? „Mit so einem Empfangskomitee hätte ich gar nicht gerechnet, das wäre wirklich nicht nötig gewesen,“ sagte er dann, hob vorsorglich die Hände und wo auch immer Riuen das Lächeln hernahm, es erschien. Ja, es erschien sogar zeitgleich mit einem ganz, ganz miesen Gefühl. War das die altbekannte Verzögerung von Blitz und Donner? Ian konnte ihm nicht böse sein, eine Nachricht immerhin, hatte er ja überbracht…


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[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Auf dem Weg zur Hütte] Arda Targon und die Partisanen

Es war gut, dass sie sich bewegen musste, um rasch zu dem Unterschlupf in der Hütte zu gelangen. Wäre Arda stehen geblieben und darüber nachgedacht, was gerade passiert war, hätte sie nicht dafür garantieren können, dass ihre Übelkeit sie nicht überwältigt hätte. Sie hatte zum ersten Mal ein intelligentes Lebewesen getötet und egal, wie oft die dunkelhäutige Menschin dieses Szenario in der Theorie durchgespielt hatte, gleichgültig, was die Ausbilder bei der Polizei erklärt hatten, sie fühlte sich schrecklich und ihre Hände zitterten noch immer ein wenig. Der Anblick der imperialen Soldaten, von Blasterschüssen niedergestreckt oder von der Explosion der improvisierten Sprengsätze getötet, würde sie lange, lange Zeit in ihren Alpträumen verfolgen, davon war die Partisanin überzeugt. Tirahnn musste befreit werden, jemand musste sich den Imperialen entgegenstellen und die unter der Besatzung leidenden Wehrlosen verteidigen, und das ging nicht ohne Opfer, das war ihr bewusst. Aber es war eine Sache, darüber nachzudenken, und eine vollkommen andere, es zu tun. Arda versuchte, den Gedanken abzuschütteln, dass auch ein Teil von ihr auf dieser Straße gestorben war, sie konnte sich diese Schwäche nicht leisten. Die anderen hatten auch sichtlich mit sich zu kämpfen und brauchten ihre Anführerin, sie musste ihnen ein Vorbild sein und ihnen in dieser schwierigen Situation halt geben. Die ehemalige Polizistin holte tief Luft, straffte sich und brachte das Zittern unter Kontrolle, sie setzte eine entschlossene Miene auf und als die suchenden Blicke der anderen Partisanen sie fanden, nickte sie ihren Freunden zu und schaffte es, ein schmales, ermutigendes Lächeln auf die Reihe zu bekommen. So schrecklich es war, sie hatten heute ein Zeichen gesetzt und den Imperialen gezeigt, dass Tirahnn sich nicht kampflos unterwerfen würden, das war es wert. Das musste es wert sein. Nur, wenn ihre Taten einen Sinn hatten, einen Zweck, waren sie gerechtfertigt, sonst war es nichts anderes als blanker Mord und das durften sie niemals vergessen. Besorgt blickte sie zu Aram, die Miene des jungen Mannes war schwer zu lesen. Von ihnen allen lastete wohl die größte Last auf ihm, er wusste ganz genau, dass er einen der Imperialen getötet hatte, dass er verantwortlich war. Der Rest konnte sich irgendwie herausreden, konnte sich sagen, dass sie nur geschossen hatten, aber sie hatten nicht gesehen, wie jemand getroffen zu Boden fiel und starb. Arda nahm sich vor, mit ihm zu reden, sie durfte ihn nicht allein lassen, sonst würde der Hass auf die Besatzer ihn auffressen. Sie alle mussten versuchen sich daran zu erinnern, dass sie nicht nur gegen etwas kämpften, sondern vor allem für etwas. Für ein freies, friedliches, demokratisches Tirahnn, das wieder Teil der Neuen Republik war. Daran mussten sich die Partisanen festhalten, ja festklammern wenn nötig. Die ehemalige Polizistin fühlte sich ein wenig besser und sie eilte weiter, es war ihre Aufgabe, einen der drei Trupps, in die die Partisanen sich aufgeteilt hatten, zum Sammelpunkt zu führen, Ohtar und Tiniri leiteten die anderen beiden Gruppen. Rasch warf sie einen Blick auf ihr Chrono, mittlerweile würden die Imperialen am Ort des Angriffs eingetroffen sein, ein Grund mehr, sich zu beeilen und über verschlungene Pfade zur Hütte zu gelangen. Die Wälder boten einen gewissen Schutz vor neugierigen Augen und da es möglich war, dass die Besatzer Jäger und Kanonenboote einsetzen würden, war es umso wichtiger, gut verborgen zu bleiben. Ein kurzer Blick in die Lücken zwischen den Baumkronen brachte die Erleichterung, dass zumindest im Moment sie niemand aus der Luft verfolgte, zugleich aber brachten die dunklen Wolken, die sich dort oben langsam zusammenzogen, einen weiteren Grund, auf´s Tempo zu drücken. Das Wetter konnte auf Tirahnn recht schnell umschlagen und wenn man Pech hatte, geriet man zu dieser Jahreszeit mitten in ein heftiges Gewitter. Als erste Regentropfen ihre Haut berührten, hielt Arda kurz inne und winkte den anderen zu.


„Schneller! Es ist nicht mehr weit, aber wir müssen uns beeilen, hier ist es nicht sicher.“


Zustimmendes Nicken folgte und die Partisanen bahnten sich so schnell wie möglich einen Weg durch das dichte Unterholz. Manch einer fluchte, als er über einen Ast stolperte oder der Pfad zwischen dichtem Gebüsch kaum zu erkennen war. Immerhin hatten sie noch Tageslicht, nachts waren die Wälder nochmal eine ganz andere Geschichte. Arda war eher ein Stadtkind, auch wenn sie viel Zeit hier verbracht hatte, und sie wusste nur zu gut, dass man sehr leicht die Orientierung verlieren konnte. Glücklicherweise erkannte sie einen großen, abgeknickten Baum wieder, die Lichtung war ganz nah und endlich konnte sie auch die Hütte sehen, die Erleichterung war bei allen spürbar. Und gerade rechtzeitig, denn der Regen wurde stärker und in der Ferne war erstes Donnern zu hören, es war fast schon schlagartig deutlich dunkler geworden. Arda fiel ein weiterer Stein vom Herzen, als sie am Eingang Ohtar erblickte, der Devaronianer winkte ihr zu und die Partisanen rannten die letzten Meter, erleichtert schloss Minastan die Tür hinter ihnen, der ältere Duros war ganz schön außer Atem. Auch Arda musste erst einmal wenig Luft schnappen und wischte sich Schweiß von der Stirn, als sie aufblickte, sah sie Tiniri und die anderen Mitglieder der beiden Gruppen, alle hatten es geschafft. Müde, erschöpft und nass, aber sie hatten es geschafft, das war die Hauptsache und erleichtert lächelte Arda allen zu, sie brauchte einen Moment, um ihre Stimme und richtigen Worte zu finden und richtete sich auf.


„Ich bin froh, euch alle hier zu sehen. Was wir heute getan haben, war nicht einfach...und es wird auch nicht einfacher werden. Aber es ist notwendig, und wenn wir weiter zusammenhalten, dann...dann werden wir es schaffen.“


Es war keine rhetorische Meisterleistung, aber die erwartete auch niemand, sie waren alle gleichermaßen fertig, jetzt, da der Adrenalinrausch abflaute, und sehnten sich nach etwas Ruhe. Die Partisanen verteilten sich im Raum, einige setzten sich einfach auf den Fußboden, den Rücken gegen die Wände gelehnt, und dösten vor sich hin. Narmacil und Tiniri umarmten sich innig und Arda betrachtete das Ehepaar mit einem Lächeln, es war schön zu sehen, wie zwei Lebewesen so liebevoll miteinander umgingen. Minastan machte sich daran, in der bescheidenen Küche warmen Tee aufzusetzen, der alte Duros war stolz auf seine Kochkünste und hatte versprochen, für eine heiße Mahlzeit zu sorgen. Suchend sah sich Arda um und entdeckte Nimery, die Balosar hatte damit zu kämpfen, aus ihren Stiefeln zu kommen, ein Anblick, der Arda tatsächlich schmunzeln ließ, aber ihr Lächeln verschwand rasch, als sie Aram entdeckte, der braunhaarige Mensch saß etwas abseits, sprach mit niemandem und reinigte seinen Projektilwerfer. Ohtar, der neben der ehemaligen Polizistin stand, registrierte ihre Sorge und warf ihr einen Seitenblick zu.


„Nachher rede ich mit ihm.“

Murmelte Arda und war froh, als ihr alter Freund ihr auf die Schulter klopfte und sie aufmunternd anlächelte. Sie konnten alle froh sein, dass sie noch am Leben und unversehrt waren, und als draußen der Regen immer heftiger prasselte und Blitz und Donner den Wald in ein sehr gefährliches Gebiet verwandelten, war Arda mehr als erleichtert. Die ehemalige Polizistin fing gerade an, sich etwas zu entspannen, da wurde wie aus dem nichts die Tür aufgerissen und ein Mann (Riuen) stürmte herein. Für einen Moment saßen oder standen alle völlig perplex da und Arda war wie erstarrt vor Schreck. War ihnen jemand gefolgt? Sie hatten keinen Wachposten vor der Tür, wenn da gleich eine ganze imperiale Truppe anrücken würde, um...Panik drohte, sie zu überwältigen, doch dann setzten ihre Reflexe ein und sie zog in einer fließenden Bewegung ihre Blasterpistole und entsicherte sie, das Klicken fügte sich ein in einen Chor, als die anderen Partisanen es ihr gleich taten und der Fremde nun in ein ganzes Arsenal aus Blastern, Projektilwerfern und im Fall von Nimery einem ausgezogenen Stiefel blickte. Es war ein kleines Wunder, dass keiner von ihnen sofort abdrückte, und so bekam Arda Gelegenheit, den Unbekannten schnell zu mustern. Blaue Haut, rote Augen...ein Chiss? Aber die Haare waren seltsam, silbern, das...das passte doch nicht. Völlig durchnässt war der Mann und seine Kleidung zerknittert und teilweise schmutzig, und was seltsamerweise am eindrücklichsten war, war der Geruch von billigem Aftershave. Arda stand dem Fremden am nächsten und so konnte sie seine Verblüffung genau sehen, doch er fing sich rasch, riss einen flotten Spruch und lächelte, während er langsam die Hände hob. Baff blinzelte die ehemalige Polizistin, bevor sie ihre Fassung wieder fand.


„Die Hände da, wo ich sie sehen kann, und keine hektischen Bewegungen! Ohtar, absichern! Alle anderen, ganz ruhig, okay?“


Ihr Partner reagierte so schnell, wie man es von einem Profi erwarten konnte, und zielte mit seinem Blasterkarabiner auf den Oberkörper des Chiss, während Arda vorsichtig ihre Waffe im Holster verstaute, ein Paar Handschellen nahm und sich vorsichtig näherte, ihre dunklen Augen ruhten fest auf dem Fremden.


„Umdrehen, Gesicht zur Wand!“

Befahl sie und als er der Anweisung nachkam, drehte sie seinen Arme auf den Rücken, schob ihn gegen die Wand und legte ihm Handschellen an, bevor sie ihn rasch, aber gründlich abklopfte. Keine Waffen, immerhin ein Lichtblick. Sie packte den Chiss an der Schulter und drückte ihn zu Boden, so dass er schlussendlich im Schneidersitz vor ihr saß, Ohtar hielt weiterhin die Waffe auf ihn gerichtet. Nun, da der erste Schreck verrauchte, hatten alle Zeit, zu überlegen, und prompt brach ein Stimmgewirr los.


„Der muss ein imperialer Spion sein! Er ist uns gefolgt!“

Rief Nimery aufgeregt und schwenkte ihren Stiefel, um dann peinlich berührt festzustellen, dass sie gar keinen Blaster in den Händen hielt. Skeptisch verschränkte Arda die Arme vor der Brust und betrachtete den Fremden. Sie hatte sorgfältig darauf geachtet, dass ihrer Gruppe niemand gefolgt war, und Ohtar und Tiniri hatten das sicher auch getan. Trotzdem...


„Kennt ihn jemand? Vielleicht ein Jäger, der auf die Pirsch ging? Farmer kann er nicht sein, ich kenne die Leute hier...und da ist keiner von seiner Sorte dabei.“


Das war Minastan, der ältere Duros hielt seinen Projektilwerfer fest in den Händen und musterte den Chiss (Riuen) nachdenklich, allgemeines Kopfschütteln folgte und Narmacil kam etwas näher und beäugten den Blauhäutigen


„Keine Waffe, keine Jagdkleidung, keine Ausrüstung, vom Wetter überrascht...nein. Kein Jäger. Oder ein sehr, sehr schlechter.“


Stellte der Twi´lek trocken fest. Nun mischte sich Nimery wieder in die Diskussion ein, die Balosar schien Angst zu haben.


„Kein Jäger und kein Farmer, und er taucht hier einfach so auf? Er muss ein Imperialer sein! Außerdem ist er ein Chiss, und die sind doch mit dem Imperium verbündet, das weiß man doch! Er hat unsere Gesichter gesehen, was...“


Bedrohlich baute sich nun Aram vor dem Fremden auf und machte schon Anstalten, seinen Projektilwerfer anzulegen, da trat Ohtar rasch neben ihn, schüttelte tadelnd den Kopf und bedeutete dem Jungen, die Waffe zu senken, bevor er Nimery ansah.


„Beruhigt euch. Seine Spezies muss nichts heißen, in Ordnung? Überlasst das Arda und mir. Falls er ein Imperialer oder ein Kollaborateur ist, kümmern wir uns darum, aber was, wenn er einfach nur auf der Flucht vor dem Gewitter war? Wir töten keine Unschuldigen und wir verfallen auch nicht in Panik.“


Verkündete der Devaronianer eindringlich und Arda nickte zustimmend, langsam kehrte etwas Ruhe ein und so ging die ehemalige Polizistin in die Hocke und musterte den Unbekannten eindringlich.


„Tut mir leid, aber die Handschellen bleiben vorerst dran. Wer sind Sie und was machen Sie hier? Und versuchen Sie nicht, uns anzulügen...mein Partner und ich wurden dafür ausgebildet, das zu merken, und der Rest der Gruppe ist verdammt nervös. Geben wir ihnen keinen Grund, noch misstrauischer zu werden, okay?“


Die dunkelhäutige Frau lächelte diplomatisch und in der Hoffnung, so für ein wenig Ruhe sorgen zu können. Sie mussten unbedingt herausfinden, wer dieser Mann war. Wenn er nämlich doch ein Imperialer sein sollte...sie mussten es schnell herausfinden. Sehr schnell.


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War das ein klassisches ‚Vom Regen in die Traufe‘ kommen? Nicht so wirklich. Eigentlich hatte er da draußen ein Gewitter gegen das nächste eingetauscht. Aber irgendwie favorisierte Riuen vom Blitz getroffen zu werden und nicht von lauter Waffen. Tod durch den Blitz hätte man ironischerweise Erleuchtung nennen können, durchlöchert von Lasern und einer Rakete hingegen… Nun, dem konnte man keinerlei heroische Bezeichnungen anhängen. Riuen brauchte gar nicht zu hören, dass er die Hände da lassen sollte, wo man sie sehen konnte.
„Sichtbar genug?“, wollte er stattdessen wissen, rekte die Arme noch höher und wackelte mit den Händen, um zu zeigen, dass da nichts irgendwo versteckt war. Eine Frau mit dunklerer Haut trat auf ihn zu, fixierte ihn und Riuen tat schlicht, was man tun musste, wenn man einem etwaigen Tod ins Auge sah: zurück starren. Natürlich drehte er sich zur Wand, denn jeder Versuch der Flucht wäre sein sicheres Todesurteil gewesen. Ein machtsturm wäre hier nützlich gewesen, aber Riuen war nicht einmal in der Lage dazu, einen kleinen Windhauch entstehen zu lassen, von Flatulenzen einmal abgesehen. Der Chiss ließ sich den Arm auf den Rücken drehen, die Handschellen anlegen und auch sonst alles mit sich machen. Was für ein krönender Abschluss des Tages. Mellah hatte immerhin nur einen Blaster besessen und nicht ganz genau auf ihn gezielt. Das hier? War beinahe spannend, wenn Riuen nicht mittendrin gesteckt hätte. Eine wilde Diskussion entbrannte und auch diese, wäre, von außen betrachtet amüsant gewesen. Aber wie es der Zufall so wollte, betrachtete Riuen die Sache nicht von außen, sondern ziemlich mitten im Geschehen und das hier war sicher keine Sendung a la ‚Verstehen sie Spaß?!‘.

Man vermutete in ihm einen imperialen Spion? Oh, oder doch ein Jäger? Zu schelcht ausgerüstet? Glorreiche Erkenntnis! Also doch wieder ein Imperialer oder ein Kollaborateur. Nicht, dass sie ihn hätten fragen können, während sie sprachen, als wäre er nicht anwesend. Leider aber waren die Waffen noch immer auf ihn gerichtet, was ein wenig surreal wirkte. Aber dann, lenkte endlich ein Devaronianer ein. Sie töteten keine Unschuldigen. Wie unglaublich erleichternd. Hätte Riuen gewusst, wo er hier überhaupt gelandet war. Eine gruppe radikaler Tierschützer schloss er aus, denn so oft wie die Worte „imperial“ gefallen waren, ließ das hier ganz anderes vermuten. Und wenn diese Vermutung richtig war und es sich hier um eine kleine Zelle handelte, die gegen das Imperium agierte, bestand doch eine ganz gute Chance, hier lebend wieder heraus zu kommen. Zumal sie alle nicht wirkten, als hätten sie sonderlich viel Erfahrung darin, andere zu töten. Die versteinerten Mienen von vorhin, die offenkundige Überraschung, das Bisschen, dass Riuen mitbekommen hatte reichte, um ein paar vage Vermutungen treffen zu können. Die Frau, die ihm die Handschellen angelegt hatte richtete dann das Wort direkt an ihn. Wer er war und was er hier wollte? Das Kreuzverhör begann und Riuen musste seltsamerweise an Ereen denken, die so oft über seine Taktik geschimpft hatte. Nur ein Grund mehr, sie nicht zu ändern.

Ich bin weder ein Imperialer, noch irgendein Kollaborateur. Bloß jemand, auf den heute schon zu oft irgendeine Waffe gerichtet worden ist.“ Bestimmt wäre ein angstvolles Beantworten der Fragen irgendwie besser, aber das wäre einfach nicht Riuen gewesen und da er die Rolle des Jorko wohl nun besser ablegen sollte… „Wollt ihr wissen, wer ich bin, oder wie mein Name ist?“ Zählte das unter ‚nervös machen‘? Die Frage war schließlich nicht spezifisch genug gestellt und die juneg Dame, die ihn abgetastet hatte, hätte schlicht seinen Geldbeutel und die gefälschte Idee nehmen können. „Ich wurde von diesem netten Gewitter überrascht, die Waldhütte tauchte auf, ich suchte Zuflucht und der Rest… dürfte euch bekannt vorkommen.“ Er konnte wohl kaum verraten, dass er hier war, um Nachricht zu überbringen. Irgendwie würde ‚Ich bin der Freund eines Mannes, der eine Nachricht für die Freundin seiner Freundin überbring‘ nicht gerade wie die Antwort klingen, die ihm hier weiter half. Nicht, dass es da etwas gegeben hätte, dass er als Hilfe sah. Machten sie auch nicht den Eindruck, Imperiale zu sein, wusste Riuen nicht, mit wem er es hier zu tun hatte. Eine Splittergruppe, Kopfgeldjäger, Verrückte? Eine wilde Mischung aus allem? Eine Maus gefangen in einem Meer aus Mausefallen, so kam er sich vor. Jeder Schritt würde ihm das Genick brechen. Wenn hier also jemand nervös wurde und schoss, dann doch bitte auf einen Riuen der am Ende doch seine große Klappe gehalten hatte.

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Arda hätte sich ohrfeigen können und ihre Wangen brannten unter dem eingebildeten Schlag. Sie war doch die Anführerin der Gruppe, wie hatte sie zulassen können, dass niemand den Eingang bewacht hatte? Was, wenn dieser Chiss (Riuen) vielleicht sogar absichtlich ihrem Trupp gefolgt war und sie es nicht bemerkt hatte? Wenn er wirklich ein imperialer Spion war und...Die ehemalige Polizistin musste sich zwingen, tief Luft zu holen und sich aufs hier und jetzt zu konzentrieren, Spekulation, Panik und Selbstvorwürfe brachten sie nicht weiter. Man verließ sich auf sie und sie würde ihre Freunde nicht enttäuschen, egal, was passierte. Mental versuchte die dunkelhäutige Frau, eine Checkliste abzuarbeiten, so wie man es ihr beigebracht hatte. Der Verdächtige war gesichert und vorläufig untersucht worden, zumindest war er unbewaffnet. Damit war schon mal eine mögliche Gefahr gebannt, der rotäugige Nichtmensch konnte niemanden angreifen und Ohtar behielt ihn streng im Auge, jederzeit bereit, einzugreifen. Nach wie vor war die Aufregung unter den Partisanen verständlicherweise groß und einige von ihnen machten weiterhin Anstalten, den Fremden an Ort und Stelle zu lynchen. Sie hatten Angst und waren noch voller Aufregung von dem Überfall, aber das durfte keine Rechtfertigung für sinnlose, blindwütige Gewalt sein. Wie ihr Partner gesagt hatte, sie töteten keine Unschuldigen. Aber Arda musste etwas unternehmen, damit ihr die Kontrolle über die Situation nicht entglitt, und rasch fixierte sie Aram, Nimery und Minastan. Der Junge war das größte Problem, in seinen Augen brannte kalter Hass auf alles und jeden, der mit dem Imperium zu tun hatte, und die Balosar war in ihrer Sorge nicht minder gefährlich. Sie musste die beiden von dem Fremden (Riuen) trennen, durfte sie aber nicht allein lassen. Also Minastan, der ältere Duros war vernünftig und ruhig und konnte auf sie aufpassen. Ardas Stimme war ruhig und ließ keinen Widerspruch zu.


„Ihr drei, bezieht Position am Eingang und den Fenstern und passt auf, dass sich niemand der Hütte nähert. Wenn ihr etwas verdächtiges seht, nicht schießen, sondern gebt Bescheid.


Aram öffnete schon den Mund, um zu widersprechen, da legte ihm Minastan die Hand auf die Schulter und schob den Jungen vorwärts, und Nimery, die erleichtert wirkte, von dem Verdächtigen weg zu kommen, trottete hinter ihnen her. Ein Problem weniger, hoffte Arda, zumindest für eine Weile. Langsam kehrte ein wenig Ruhe ein und die anderen Partisanen senkten ihre Waffen, misstrauisch und alarmiert, aber nicht mehr drauf und dran, den Chiss an Ort und Stelle zu erschießen. Die Frage, wer dieser Fremde war und was er wollte, war damit aber nicht geklärt, umso wichtiger war es, die Sache schnell anzugehen. Schnell, aber richtig. Der Mann mit dem seltsamen silberschwarzen Haar hatte keinen Widerstand geleistet und wirkte sogar recht locker, fast schon ein wenig...vorlaut, und das irritierte Arda. Sie kannte solches Verhalten von Kriminellen, die einen auf dicke Hose machten und sich unbeeindruckt gaben, ganz besonders, wenn sie von einer Frau verhaftet und befragt wurden. Meist hörte das sehr schnell auf, wenn den Großmäulern klar wurde, dass sie ein ernstes Problem hatten und diese Masche bei ihr nicht zog. Und wenn dann noch Ohtar einschüchternd im Raum gestanden hatte, war meist auch das letzte bisschen Ego verflogen. Aber das hier war keine Polizeiwache und sie waren auch keine Polizisten mehr, die das Recht im Rücken hatten und sich auf den Staat verlassen konnten. Die Partisanen waren Gesetzlose, Kriminelle, zumindest wenn man die Imperialen fragen würde, und sie konnten sich nicht leisten, entdeckt zu werden. Dieser Chiss (Riuen) hatte ihre Gesichter gesehen, er wusste nun, wo sich die Hütte befand, und wenn er halbwegs klug war, würde er aus dem aufgeregten Wortwechsel folgern können, dass sie keine Freunde des Imperiums waren. Er wusste nun viel. Zu viel. Wenn er doch ein Spion war, ein Kollaborateur oder schlicht entschied, zu den Behörden zu gehen und sie zu melden...Sie musste herausfinden, wer er war. Schnell.

Falls der Fremde Angst hatte, zeigte er sie jedenfalls nicht, er versicherte ruhig, dass er weder ein Imperialer noch ein Kollaborateur sei, bloß ein Mann, auf den an diesem Tag schon zu oft eine Waffe gerichtet worden war. Arda kniff die Augen zusammen und betrachtete ihn prüfend, skeptisch verschränkte sie die Arme vor der Brust. Er schien wirklich nicht sonderlich eingeschüchtert zu sein, und wenn er log, dann tat er das ziemlich überzeugend. Ja, der Blauhäutige traute sich sogar, eine Gegenfrage zu stellen und Wortklauberei zu betreiben, da wurde es der Menschin zu bun und sie funkelte ihn warnend an.


„Das ist kein Spiel, und wir stellen hier die Fragen.“


Der Chiss ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und behauptete, er wäre bloß auf der Flucht vor dem Gewitter ganz zufällig über die Hütte gestolpert und so in dieser Situation gelandet. Arda wölbte eine Augenbraue, warf Ohtar einen kurzen Seitenblick zu und packte den Blauhäutigen zwar nicht gerade sanft, aber auch nicht unnötig hart am Kragen und zog ihn nach oben, für einen Moment waren sich ihre Gesichter so nah, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. Whiskey? Und ziemlich billiger noch dazu. Die ehemalige Polizistin war schlimmeres gewohnt und blieb ruhig, während ihr devaronianscher Partner sich daran machte, den Fremden nun äußerst gründlich abzuklopfen und zu überprüfen, geschickt fischte er einen Geldbeutel und einen ID-Chip aus seinen Taschen und betrachtete beide eingehend, bevor er sie geschickt Arda zuwarf.


„Sieht soweit echt aus, aber ohne Labor schwer zu sagen. Kleingeld und ein Foto. Peilsender oder ähnliches finde ich nicht, aber wenn er ein Imperialer ist, sind die sicher gut versteckt.“


Merkte ihr Partner ruhig an, so professionell wie eh und je. Arda nickte und klappte die alte, zerknitterte Geldbörse auf, beäugte sie eindringlich und hielt dem Chiss dann das Foto vor die Nase. Ihre Stimme war ruhig und ernst, sie ließ keinen Zweifel daran, dass die ehemalige Polizistin keine Lust auf Spielchen hatte.


„Sie hätten uns die Mühe ersparen können, „Jorko“ - falls das Ihr richtiger Name ist. Seltsam, laut dem ID-Chip stammen Sie hier aus der Gegend, aber erstens wüsste ich von keiner Chiss-Familie in der ganzen Umgebung und, was wohl wichtiger ist, Sie klingen nicht wie ein Tirahnner. Entweder sind Sie also erst kürzlich hierher gezogen oder...“


Die dunkelhäutige Menschin ließ den Satz unvollendet, er würde schon verstehen und Antworten liefern. Jedenfalls hoffte sie das, auch um seinetwillen.


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Langsam aber sicher bekam Riuen seine Aufregung in den Griff und auch die Warnung der Macht sorgte nicht mehr dafür, dass sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Das hier waren keine imperialen Schergen, diese Vermutung wurde immer mehr Gewissheit. Riuen kannte deren Praktiken zu gut, denn die Monate beim Imperium hatte und würde er wohl nie vergessen. Diese Leute hier waren anders. Unsicher in allem, was sie taten. Sie alle strahlten völlig anderes aus, zumindest konnte Riuen schemenhaft Eindrücke gewinnen und um in Blciken etwas zu erkennen, brauchte es nicht unbedingt Fähigkeiten in der Macht. Der Chiss war Taktiker, er hatte sich mit Krieg beschäftigt, auch, was dieser in Wesen auslöste. Zwangsläufig also hatte Riuen sich damit auch mit Grundzügen der Psychologie beschäftigt. Hier schien nicht einmal wirklich klar, wer der Anführer war, wobei die Vermutung nahe lag, dass seine Fesselungskünstlerin entweder gerade diese Rolle übernahm, oder wirklich dafür vorgesehen war. Sie schickte drei ihrer Leute aus, Tür und Fenster zu bewachen. Nur ein weiteres Zeichen dafür, dass diese Truppe hier alles andere als routiniert in dem war, was sie tat. Andernfalls hätte diese Bewachung vorher gestanden und Riuen abgefangen, noch bevor er mit einer Zehe die Hütte hätte betreten können. Aber gut. Kein Spiel, keine Fragen von seiner Seite aus. Wenn das mal nicht ‚Nach Wahrheit oder Pflicht‘ klang. Ihr warnendes Funkeln, keine Spielchen zu betreiben entging Riuen nicht. „Keine Spielchen, eure Regeln, alles klar.“ Irgendwann würde er sich ein Tattoo stechen lassen, am besten mitten auf die Stirn. Eines, das kundgab, wie viel er von Regeln hielt. Da aber packte die Frau (Arda) ihn schon am Kragen, zog ihn die Höhe und da Riuen es gerne mochte, atmen zu können, half er auch hier mit und wehrte sich nicht. Braune Augen starrten in rote, was der Beginn einer Romanze sein konnte, oder das Kräftemessen zweier, die zu viel Adrenalin im Körper hatten, endete damit, dass der Dev ihn ein weiteres Mal abtastete und den Geldbeutel aus Riuens Tasche fischte. Gut, dass er das Holo nicht bei sich trug. Ein Griff in seine Gesäßtasche hätte nur noch das altmodische Kom preisgegeben, das keine einzige Nummer enthielt. Der Dev inspizierte alles genau, war wohl ein Kenner seines Fachs. Die kombinationsgabe der Frau war nicht von schlechten Eltern und sie schien die Gegend zu kennen, wenn sie behaupten konnte, dass ihr keine Chiss-Familie bekannt war. Eine frau aus der Verwaltung? Irgendeine Behörde? Einwohnermeldeamt? Polizei? Privatdetektivin? Ich-stelle-hier-die-Fragen jedenfalls beendete ihren unvollendeten Satz mit einer Drohung.

„Nein, ist tatsächlich nicht mein richtiger Name und wenn ich es auch nicht mag, wenn mir Herren am hintern herum grabschen: Da ist noch ein altes Komgerät, das nicht verfolgt werden kann und keinen Peilsender enthält. Wenn sie sich das also kurz ausleihen wollen…“ Besser er machte keine seltsame oder gar zweideutige Bewegung mit der Hüfte. Wenn Mellah ihm am Ende keine Fragen stellen konnte, war das ihre Schuld, hätte sie ihm auch einfach früher trauen und ihm alle Fragen direkt stellen können. „Mein richtiger Name ist Amar’iue’nahrdi, das könnt ihr gerne überprüfen und ihr habt Beweisstück Nummer eins dafür, dass ich ein Feind des Imperiums bin. Kein gutes Bild, dass man da von mir gemacht hat, aber wenigstens hab ich da meine normale Haarfarbe…“ Viel blieb ihm ja nicht übrig, als zumindest einen Teil der Wahrheit preis zu geben. Und ob er nun von Imperialen enttarnt wurde oder von irgendwelchen Zellen, oder was auch immer, spielte ja nun wirklich keine Rolle. „Als Riuen kann ich hier, leider nicht herum laufen, wenn ich nicht entweder tot, oder gleich wieder in Gefangenschaft enden will. Deswegen also die gefälschte Idee.“ Was er hier tat… Nun. „Sagen wir sonst, ich hab einen kleinen, nicht direkten Familienbesuch abgestattet und dann wurde ich,“ der Chiss hielt kurz inne, als überlege er, „vermutlich aufgrund meiner Hautfarbe Diskriminiert und in Handschellen gelegt.“ Sekunden sah er die Frau vor sich an. „Ich habe keine Ahnung wer ihr seid, aber als Deserteur bin ich ganz sicher kein imperialer Spion. Ein imperilaer Verräter hingegen schon und mit Verlaub, ich stelle diese Frage nicht,“ war ja nicht erlaubt, „aber ich vermute mal, ihr auch nicht? Das Gerät da,“ nun folgte doch ein kleiner Hüftschwung, „ist ohne Nummern und um 3 Uhr heute Nacht kaputt. Leider muss ich bis dahin irgendwie erreichbar sein. Wenn wir das alles hier also nicht unnötig hinaus zögern würden, wäre ich überaus dankbar.“ So, Ehrlichkeit hoch zehn. „Wenn es mir aber erlaubt ist, noch etwas zu sagen,“ nicht, dass es hier einer Antwort bedurfte, „solltet ihr euch vor Imperialen verstecken, ist das hier ein schlechter Ort. Ich meine, ich entdeckte ihn durch Zufall.“

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Es waren Fehler passiert, die nicht hätten passieren dürfen, und diese Fehler gefährdeten nun alles, was die Partisanen in den letzten Monaten so mühsam und unter Inkaufnahme großer Risiken erreicht hatten. Arda fühlte sich verantwortlich, nein, sie fühlte sich nur nur verantwortlich, sie war es! Die ehemalige Polizistin hatte akzeptiert, dass die anderen Mitglieder der Zelle sie zur Anführerin gemacht hatten, und damit hatte sie auch eingewilligt, die Verantwortung zu tragen, im Guten wie im Schlechten. Man verließ sich darauf, dass die dunkelhäutige Menschin die korrekten Entscheidungen traf und sie in die richtige Richtung lenkte, und sie war spektakulär gescheitert. Der lebende, atmende Beweis für ihr Versagen saß in der Form eines Chiss (Riuen) vor ihm, von dem die Hälfte der Partisanen wohl noch immer glaubte, dass er entweder ein imperialer Spion oder ein Kollaborateur und damit ihrer aller Tod war. Nur mit Müh und Not und dem beherzten Eingreifen von Ohtar war gelungen zu verhindern, dass der Blauhäutige an Ort und Stelle in Panik gelyncht wurde. Was waren das für Zustände, die Arda hatte aufkommen lassen? Sie war keine Polizistin mehr, aber das hieß noch lange nicht, dass sie so ein Verbrechen hätte akzeptieren können. Die Decke zwischen Zivilisation und Barbarei war dünn, ganz besonders in der Extremsituation eines Krieges, aber das durfte keine Entschuldigung sein, um alle Grundsätze über Bord zu werfen. Arda zwang sich, tief Luft zu holen und sich zu beruhigen, wenn sie jetzt völlig die Beherrschung verlor, würde die Lage erst richtig eskalieren. Immerhin waren die lautstarksten Befürworter eines überstürzten Handelns erst einmal außer Reichweite, das entspannte die Lage ein wenig und half der früheren Gesetzeshüterin, wieder die Übersicht und Kontrolle zu erlangen, und der „Gefangene“ zeigte sich soweit kooperativ und willigte ein, ihre Regeln zu befolgen, als sie ihn am Kragen packte und hochzog, er leistete keinen Widerstand und nahm ihr damit die schwierige Gratwanderung ab, wie weit sie gehen wollte und konnte, um ihn wenn nötig zur Räson zu bringen. Es war schwierig, in den roten Augen dieses Mannes Absichten oder Gefühle zu erkennen, auf eine seltsam faszinierende Weise schafften sie es gleichzeitig sehr ausdrucksstark und völlig nichtssagend zu sein. Chiss waren bekannt für ihr hohes Maß an emotionaler Kontrolle und ihre ruhige, analytische Natur, aber es gab keine Regel ohne Ausnahme und Arda wollte nicht eine ganze Spezies in einen Topf werfen, das war unhöflich und zudem noch schlechte Ermittlungsarbeit.


„Gut. Das erspart uns allen viel Ärger.“


Gab sie glatt zurück und lockerte demonstrativ ihren Griff, um zu signalisieren, dass Kooperation belohnt werden würde. Man musste Verdächtige richtig behandeln, wenn sie sich anständig verhielten, musste man auch anständig sein, dann konnte eine Eskalation oft vermieden werden. Leider nicht immer, denn es gab auch den Typ Kriminellen, der nur auf Konfrontation aus war und jede ausgestreckte Hand wegschlug, mit denen musste man bestimmt und wenn nötig auch hart umspringen und ihnen aufzeigen, wie die Regeln aussahen. Der Chiss (Riuen) schien eher gewillt zu sein, die Grundlagen des Umgangs zu akzeptieren, und auch wenn er ein freches Mundwerk hatte, schien er sie weder beleidigen noch provozieren zu wollen. Tatsächlich gab er sogar bereitwillig preis, dass sich noch ein Komlink in seiner Gesäßtasche befand und die Partisanen es sich gerne ansehen konnten. Arda warf einen kurzen Blick zu Ohtar und der Devarionaner lächelte dünn, und jetzt wurde ihr klar, warum ihr Partner das Gerät scheinbar „übersehen“ hatte, als er den Rotäugigen abgetastet hatte. Das war ein Test gewesen, ein Versuch herauszufinden, ob der Fremde versuchen würde, sie zu täuschen oder nicht.

„Danke für die Kooperation.“


Ardas Worte waren genuin und sie nickte Ohtar zu, der ehemalige Polizist machte sich ans Werk, schnappte sich das Komlink und überprüfte es gemäß der Devise „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ gründlich, bevor er seiner Partnerin zunickte.


„Sieht sauber aus.“


Merkte er knapp an und Arda fühlte Erleichterung, sie lächelte sogar ein wenig, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie und die anderen Partisanen verraten worden waren, war damit gewaltig gesunken. Nun rückte der Fremde auch mit seinem Namen heraus, seinem richtigen Namen. Die Art und Weise, wie er diesen komplizierten Namen so melodisch und beiläufig aussprach, nötigte Arda Respekt für alle ab, die sich mit der Sprache der Chiss befassten. Riuen, so lautete offenbar die Kurzversion für Außenstehende, erklärte, dass er ein Feind des Imperiums war und eine Überprüfung das beweisen würde, als gesuchter Mann war er natürlich mit einer gefälschten ID unterwegs. Ohtar machte sich sofort ans Werk und rief die gespeicherten Fahndungslisten auf, die das Imperium nach der Machtübernahmen zwangsweise ganz oben bei der Priorität der planetaren Polizei angesetzt hatte. Während sich der Gehörnte darum kümmerte, hörte Arda geduldig der restlichen Geschichte von Riuen zu. Ein Familienbesuch, Fahnenflüchtiger, ein Gerät, das angeblich nur bis zu einer bestimmten Uhrzeit funktionierte. Das war ein starkes Stück und Arda wölbte eine Augenbraue, skeptisch, aber bereit, dem Chiss zuzuhören, der nun tatsächlich die Wahl ihres Verstecks kritisierte und darauf verwies, dass er per Zufall darüber gestolpert war. Arda errötete und ihre dunklen Augen funkelten mit einer Mischung aus Zorn und Scham, mahnend hob sie den Zeigefinger und rückte ein Stück näher.


„Wir Partisanen müssen mit dem arbeiten, was wir haben, und besitzen nicht den Luxus, das Imperium aus Villen zu bekämpfen, die überall...“


Erschrocken hielt die menschliche Frau inne und hätte sich auf die Zunge beißen können, perplex senkte sie den Blick. Sie hatte sich gerade wie eine blutige Anfängerin provozieren und wertvolle Informationen entlocken lassen. Am liebsten wäre sie im Boden versunken, da räusperte sich Ohtar und ein hielt ein Datapad neben das Gesicht des Chiss.


„Ein Fahndungsaufruf für einen Riuen, ehemaligen Lieutenant der Armee, gesucht wegen Fahnenflucht, Hochverrat und Widerstands gegen die imperiale Ordnung. Ist ziemlich alt, aber mit hoher Priorität gekennzeichnet. War auf jeden Fall schon viele Jahre im System, bevor er hier aufgetaucht ist. Alter und Aussehen passen. Und die Persönlichkeit offenbar auch.“


Ein Anflug von grimmigen Humor blitzte auf, als der Devorianer seine Zähne präsentierte und Riuen eingehend musterte. Arda hielt inne, legte den Kopf und betrachtete nun ihrerseits den groß gewachsenen Nichtmenschen eingängig. Wenn man sich das Haar schwarz vorstellte...ja, die Ähnlichkeit war enorm, das musste er sein.


„In Ordnung, Riuen. Entweder ist das also eine schon vor Jahren geplante Aktion von IGD oder ISB...oder Sie sind tatsächlich weder ein imperiale Agent noch ein Kollaborateur. Mein Partner scheint zu letzterem zu neigen und ich bin bereit, ihm zuzustimmen. Sagen wir also, ich glaube Ihre Geschichte und bin bereit, Ihnen die Fesseln abzunehmen...werden Sie dann keinen Ärger machen?“


Als die Antwort zufriedenstellen ausfiel, nickte die ehemalige Polizistin und entfernte wie versprochen die Handfesseln, die Anspannung im Raum war spürbar, doch als nichts passierte, beruhigten sich alle rasch wieder, erleichtert und froh. Arda sah zu Riuen auf und lächelte freundlich, ihre Stimme war ein wenig weicher als zuvor.


„Ein Feind des Imperiums ist ein Freund der Partisanen. Ich bin Arda, das ist Ohtar, mein Stellvertreter. Wir sind Teil einer Gruppe, die hier in der Gegend den Kampf gegen die Besatzung aufgenommen hat. Und ja, die Hütte ist wirklich nicht ideal, aber sie ist das beste Versteck, das war haben.“


Eine Pause und Arda blickte kurz streng drein, eine Bemerkung vorhin hatte sie verstimmt.


„Und nein, ich habe Ihnen diese Handschellen nicht angelegt, weil Sie ein Chiss sind. Wir sind einfach nur...vorsichtig. Sind wir miteinander klar? Gut. Dann reden wir jetzt darüber, wie es weitergeht. Mein Vorschlag ist simpel: Ich lasse Sie gehen, Sie tun, was auch immer Sie hier tun müssen, und dann verlassen Sie Tirahnn so schnell wie möglich wieder. Wenn Sie gefangen werden und uns verraten...Sie verstehen. Vielleicht, und das ist der Alternativvorschlag, verraten Sie mir auch, was genau Sie vorhaben, Riuen, und wir helfen Ihnen dabei, um das Risiko für alle Beteiligten zu verringern.“


Das war, wie Arda fand, ebenso großzügig wie vernünftig. Aber wie würde der Chiss darauf reagieren?


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Ersparter Ärger war gut, viel ersparter Ärger noch besser und inzwischen war Riuen klug genug zu wissen, wann es besser war, keinen Widerstand zu leisten. Ereen wäre unheimlich stolz auf ihn gewesen. Wenn sie überhaupt je in der Lage dazu gewesen war, ein ehrliches Gefühl zu empfinden. So ganz sicher konnte der Blauhäutige das schließlich nicht wissen. Die Frau hier zumindest lockerte ihren Griff, was schon mal ein gutes Zeichen war. „
Ich steh auf mein Leben,“ kommentierte Riuen, als sie sich für die Kooperation bedankte. Bedankte. War das nicht ein weiterer Hinweis darauf, dass diese Gruppe neu und sehr unbedarft war? Sie hatten noch einiges zu lernen, wirklich noch einiges.
Riuens Komlink wurde überprüft und, oh Wunder, als sauber befunden. Die Erleichterung, die danach von der Frau ausging, war überdeutlich spürbar und der Chiss konnte gar nicht anders, als schief zu Grinsen, vor allem, als da ein Anflug eines Lächelns auf ihren Zügen erschien. „Diese
Begrüßung wäre mir vorhin lieber gewesen,“ merkte er an, was tatsächlich kein Flirtversuch war. Zumindest… kein ernstahfter.

Dann aber rückte die Werte Dame nach Riuens Kritik mit einer goldenen Information heraus. Partisanen. Aha. Also waren sie wirklich eine kleine Zelle, die sich gegen das Imperium verschworen hatte.
„…. Herumstehen und wahrscheinlich mit dem Blut unschuldiger erbaut worden sind?“; beendete Riuen den halben Satz und grinste dabei nicht, sondern klang grimmig, was für ihn, in dieser Deutlichkeit, eine Seltenheit war. Unterbrochen wurden sie nicht nur von dem Räuspern und dem Erkennen, zu viel preisgegeben zu haben, sondern auch von dem Dev, der näher getreten war und das Fahndungsbild neben Riuen hielt. „Das ist nicht meine Schokoladenseite…“ Um aber ein wenig zu helfen von der Echtheit seiner Person zu überzeugen, ahmte Riuen den Gesichtsausdruck des Bildes nach, das verkniffene Grinsen, dass nicht erlaubt gewesen, aber dennoch zu erkennen war. „Für irgendwas muss der Friedensvertrag ja gut sein und die Imps können auf republikanischem Boden nicht verlangen, dass ich ausgeliefert werde.“ In den drei Jahren hatte Riuen häufiger Probleme gehabt, nicht entdeckt zu werden. Erst, seit er bei den Jedi war, war das anders, wie ihm gerade bewusst wurde. Möglicherweise vermutete ihn dort auch niemand. Ein machtempfänglicher Chiss? Aberglaube! Ein machtempfänglicher Chiss, der sich ausbilden ließ? Ein Eklat. Ein Grund ihn zu enterben und auf Lebzeiten zu meiden. Aber dem Dunstkreis seiner Familie hatte Riuen sich endlich entwenden können. Dabei durfte er eigentlich nie jemandem erzählen, wie lange das gedauert hatte, denn was würde ihn sonst noch von einemvierunddreißigjährigen unterscheiden, der zu Hause bei Mama und Papa wohnte?
„Ich bin bloß ein Chiss, der Regeln nicht mag, schon gar nicht, wenn sie im Zusammenhang mit dem Imperium stehen. Und da ich nicht so dumm bin, wie ich in diesem Outfit aussehe, werde ich sicher keinen Ärger machen.“ Was ihn von den Fesseln befreite. Arda und Othar also. Riuen nickte ihnen beiden zu. Othar war also ihr Stellvertreter, ähnliches hatte der Chiss ja vermutet. Aber wenn diese Hütte das beste Versteck war, das sie hatten? „Etwas weniger verstecktes wäre eine Alternative. Ein gegründeter Verein für die Aufzucht irgendeiner Pflanze oder so… Dinge, die so langweilig sind, dass sie schon allein deshalb nicht verdächtigungswürdig sind. Serviettenfalten. Auf Gras Lieder pfeifen. So was braucht ihr.“ Keine Waldhütte. Da hinterließ man bei einer Flucht nur Spuren.

Die beiden Vorschläge, die Arda ihm dann unterbreitete waren beide nicht ideal. Der erste war ganz in Ordnung, der zweite? Nein. „
Vielleicht habe ich eine andere Idee, denn Nummero zwei muss ich leider ablehnen. Ich muss auf eine Antwort warten und noch eine persönliche, ziemlich geheime Nachricht überbringen. Wenn ich nicht wieder in die Arme von Partisanen oder gar Imps laufe, sollte das ganz gut so funktionieren. Aber,“ und Riuen hob beschwichtigend die Hände, „ich glaube, ihr könntet Hilfe gebrauchen. Irgendwas darüber bekannt, ob die tirahnnischen Politiker…“ Riuen stoppte, als ihm auffiel, wie ähnlich tirahnnisch und tyrannisch klang und wie gut das zum Imperium passte, „daran interessiert sind, Tirahnn wieder der Republik anzugliedern?“ Vielleicht konnten die Jedi sich ja dafür einsetzen. Vielleicht würde Eowyn dann etwas nachsichtiger mit ihm umgehen und ihm wieder erlauben, sie etwas weniger zu nerven?

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Die Erleichterung, die Arda angesichts der kooperativen Haltung von Riuen und der Tatsache, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach kein imperialer Spion war, empfand, war der ehemaligen Polizistin fast schon unangenehm. Als Anführerin der Partisanen musste sie wenn nötig auch mit den Maßnahmen des Imperiums zurechtkommen, aber zu ihrer Verteidigung und der ihrer Freunde hatte keiner von ihnen Erfahrung darin, sich einer brutalen Besatzungsmacht entgegenzustellen. Sie standen alle noch ganz am Anfang ihres Kampfes, Fehler und Unsicherheiten waren kaum zu vermeiden, und solange sie nicht geschnappt wurden, konnten sie daraus lernen und besser werden, das war zumindest die optimistische Sichtweise. Die Hoffnung, dass sie gewinnen konnten, durften sie trotz aller Rückschlägen niemals aufgeben, nur dann hatten sie eine Chance, etwas zu bewirken. Mit einem gewissen Gefühl des Neides registrierte Arda, wie unglaublich locker, geradezu nonchalant, Riuen wirkte, der Blauhäutige riss flotte Sprüche und kommentierte das Geschehen trocken, als würde er nicht einmal ansatzweise Angst empfinden. Sie fragte sich, wie viel davon echt war und wie viel bloß ein Trick, um die Haltung und Kontrolle zu bewahren und im Angesicht von Tod und Schmerz ruhig zu bleiben. Offenbar hatte sich der Nichtmensch dafür entschieden, der grimmigen Situation mit Humor zu begegnen, und für ihn schien es ganz gut zu funktionieren. Sein Grinsen angesichts ihres schmalen Lächelns hatte etwas ansteckendes, dieser verwegene, unerschrockene Ausdruck war beeindruckend und irgendwie auch charmant. Beinah so, als würde sie sich ertappt fühlen, wich die dunkelhäutige Menschin kurz dem Blick der roten Augen aus und blinzelte, sie räusperte sich, ihr Lächeln wurde wieder etwas schmaler und verschwand schließlich ganz, als Riuen abrupt ernst und düster ihren angefangenen Satz beendete. Mit dem Blut Unschuldiger erbaut, das fasste die Situation erschreckend gut zusammen, und betrübt nickte Arda, ihre Stimme klang belegt.


„Die Imperialen wollen auf Tirahnn eine neue Ordnung etablieren, auf dem Rücken von uns allen. Sie wollen uns unterdrücken und alles vernichten, was uns wichtig ist. Deshalb kämpfen wir, und deshalb müssen wir so vorsichtig sein.“


Gab sie entschlossen zurück, sie wollte vor diesem Fremden nicht schwach und hilflos wirken. Prompt wechselte die Stimmung wieder, als Riuen amüsiert für den Vergleich mit seinem Fahndungsholo posierte. Die Ähnlichkeit war wirklich verblüffend, das musste er sein. Sogar das verschmitzte Grinsen passte und Arda fragte sich, warum dieser Mann dem Imperium den Rücken gekehrt hatte, sie glaubte, eine Ahnung zu haben. Die Imperialen, mit denen sie es bis jetzt zu tun gehabt hatte, waren auf eine schockierende Weise...grau gewesen, stumpfe Befehlsempfänger, die ohne zu hinterfragen taten, was man ihnen auftrug, und erwarteten, dass sich ihnen alle unterordneten. Sie waren nicht dumm, nein, aber es schien alles unter einem erstickenden Schleier zu liegen. Arda war aus Überzeugung Polizistin geworden, es brauchte Ordnung und Regeln, damit die Gesellschaft funktionierte, aber das Imperium hatte alles über Bord geworfen, was außerhalb dieses Korsetts lag, und duldete nicht die geringste Abweichung. Aber je fester sie zudrückten, desto mehr entglitt ihnen die Kontrolle, desto mehr wehrten sich die Leute, und darin lag der Schlüssel. Arda nickte zustimmend, als Riuen darauf verwies, dass die Neue Republik ihn nicht einfach ausliefern würde.


„Ja. Tirahnn ist leider kein republikanischer Boden...nicht mehr. Aber das wird es wieder sein. Bis dahin kann ich nur dazu raten, den imperialen Truppen und der planetaren Polizei aus dem Weg zu gehen. Wenn man Sie entdeckt, Riuen, dann wird man Sie verhaften und verhindern, dass irgendjemand davon erfährt, was mit Ihnen passiert ist. Wir...wir haben das schon erlebt.“


Als hätte er ihre Gedanken zuvor gehört stellte Riuen klar, dass er Regeln nicht sonderlich mochte, ganz besonders nicht imperiale Regeln, und nun musste Arda lächeln und sie war froh, dem sympathischen Chiss die Fesseln abnehmen zu können.


„Freut mich, dass wir uns auch darin einig sind.“


Die ehemalige Polizistin wölbte eine Augenbraue, als Riuen prompt Vorschläge für ein besseres Versteck brachte.


„Ein...Kleingartenverein?“


Brachte sie mit einer Mischung aus Unglauben und Nachdenklichkeit heraus. Nahm der Blauhäutige sie auf den Arm oder war das ernst gemeint? Wenn Arda so darüber nachdachte...ein Seitenblick zu Ohtar folgte, der mit den Schultern zuckte und wohl gerade ähnliche Überlegungen anstellte. Rasch konzentrierte sie sich wieder, als Riuen auf ihre Vorschläge antwortete. Hilfe lehnte er ab, sein Auftrag klang überaus geheimnisvoll und mysteriös. Eine persönliche, geheime Nachricht, diese Verkleidung, die gefälschte ID, eine Vergangenheit beim Imperium...Stattdessen bot der Nichtmensch selbstbewusst den Partisanen Hilfe an und erkundigte sich mit beschwichtigend erhobenen Händen, ob es politische Akteure gab, die weiterhin der Neuen Republik die Treue hielten. Arda schwieg einen Moment und verschränkte die Arme vor der Brust, wachsam musterte sie Riuen.


„Arbeiten Sie für die Neue Republik, Riuen? Hat vielleicht der Geheimdienst Sie hierher geschickt? Ich...wir können jede Hilfe gebrauchen, die man uns anbietet.“


Sie gab sich Mühe, nicht zu hoffnungsvoll zu klingen, aber die Vorstellung, die Neue Republik könnte den Partisanen trotz des unseligen Friedensvertrags vielleicht im Geheimen helfen, war einfach zu verlockend. Die Menschin zögerte kurz, dann nickte sie knapp. Was sie Riuen jetzt sagen würde, war kein Geheimnis und gewiss nichts, was die Geheimdienste beider Seiten nicht schon wussten oder ahnten.


„Es gibt einige Politiker, die weiterhin treu zur Neuen Republik stehen. Die allermeisten stehen unter Hausarrest oder sitzen in Gefängnissen, man wollte keinen Aufstand provozieren, indem man sie hinrichtet. Wie hilfreich sie sein können, weiß ich nicht, sie haben sicher Angst um ihre Familien und wissen, dass sie unter ständiger Beobachtung stehen. Ein paar sind auf freien Fuß, schwer zu sagen, ob man sie ungefährlich hält oder sie Kollaborateure sind, denn die gibt es leider auch. Vielleicht...mir fällt nur eine Politikerin ein, der ich wirklich vertraue. Sie heißt...“


Arda kam nicht dazu, den Satz zu beenden, da schnitt eine ruhige Stimme ihr das Wort ab.


„Simone Camille Favreau.“


Das war Aram gewesen, der junge Mann musste von seinem Posten am Fenster aus zugehört haben. Arda lag eine scharfe Ermahnung auf der Zunge, aber sie nickte zustimmend.


„Ja. Frühere Kuratorin des Museums der Alten Republik hier auf Tirahnn. Sie war von den vielen, die nicht unter dem neuen Regime weiterarbeiten wollte, wohl die prominenteste Persönlichkeit. In Tirahnn leitet sie ein soziales Projekt und ich habe gehört...nun, Gerüchte eigentlich nur, von Leuten, die mit dem Widerstand sympathisieren, dass sie von dort aus gegen das Imperium arbeiten soll. Wenn es jemanden gibt, dem ich das zutrauen würde, dann ihr.“


Erklärte die ehemalige Polizistin nachdenklich und mustert nun Riuen, die Hoffnung auf eine positive Antwort ist förmlich körperlich zu spüren. Wenn die Neue Republik ihnen zur Seite steht, dann...dann gibt es doch noch eine reelle Chance.


[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Hütte] Arda Targon und die Partisanen, Riuen
 
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Der Chiss spürte sehr deutlich, dass sein Lächeln wirkte und er wusste, dass er, wenn er es darauf anlegte, bei den meisten Frauen vollen Erfolg damit hatte. Da gab es Typen wie Ian, denen man ein Lächeln geradezu herauszwingen musste und dann gab es eben Riuen der bewusst charmant grinsen konnte und wusste, was er damit erreichte. Arda hjer wurde nervös, räusperte sogar und wich seinem Blick aus. Komische Situation, wenn man jemanden gefangen nahm und ihm dann freundlich zulächeln musste, dachte sich der Chiss und grinste nur noch mehr. Leider war das nächste Thema keines, das es erlaubte zu grinsen. Das Imperium hatte seine dreckigen Finger überall im Spiel. „Auf welchem Planeten, der für sie nicht irgendeinen Vorteil bringt, wollen sie das nicht,“ was keine Frage, sondern eine Feststellung war. Das Imperium war berühmt dafür, sich Planeten mit Gewalt zu bemächtigen um dann, auf welche Art auch immer, Raubbau zu begehen. Das war nie anders gewesen. In der Republik würde niemand wagen, sich selbst zum Imperator auszurufen.


Ardas Warnung nahm Riuen mit einem schiefen, grimmigen Grinsen auf. „Leider weiß ich um die Behandlungen des Imperiums.“ Er hatte sie am eigenen Leib erlebt und Riuen würde die Schmerzen die er erlitten hatte, nachdem man ihn mehrfach zusammengeschlagen hatte, sicher nicht vergessen. Eine hauchdünne Narbe die an der linken Schläfe war nur eine kleine Erinnerung, auch wenn man diese kaum sah, wusste man nicht, dass sie auch dort war.

Unglauben machte sich breit, als Riuen ein paar Versteckvorschläge machte und dennoch bestätigte er diese. „
Ein Kleingartenverein ist eine gute Sache. Was wird man eher durchsuchen? Eine abgelegene Hütte im Wald oder ein Gartenhaus, das mitten unter dem Feind liegt? Das Imperium glaubt, dass es sehr mächtig ist und wer sehr mächtig ist, geht nicht davon aus, dass man direkt vor seinen Augen einen Scheißhaufen legt.“ Was es einfacher machte. Suchte man sich zu verstecken lief man, wenn man es nicht klug genug anstellte, schon allein deshalb Gefahr entdeckt zu werden, weil man viel zu nervös war.
„Ist nicht gelogen wenn ich behaupte, irgendwie wirklich für die Republik zu arbeiten. Ich bin auf dem Weg ein Jedi zu werden, allerdings fehlt mir noch jemand, der mich unterweist. Aber ich habe dort ein paar Freunde.“ Und so etwas wie eine Lieblingsfeindin, stellte er fest und grinste kurz, als er Eowyn schier vor sich sehen konnte. „Geschickt hat mich aber niemand deswegen, sondern nur wegen der Nachricht.“ Wenn es auf Tirahnn Politiker gab, die sich für eine Rückführung zur Republik einsetzen würden, wäre das von großem Vorteil und tatsächlich nannte einer der Männer den Namen einer Frau, die offensichtlich Ardas vertrauen genoss. Simone Favreau. Riuen ging eine imaginäre Liste aller bekannten Politiker durch, die sich planetenübergreifend einen Namen gemacht hatten, aber an den Namen dieser Frau konnte Riuen sich nicht erinnern. „Möglicherweise ist der Friedensvertrag auch hierbei eine Hilfe. Hapes ist nicht zu weit entfernt und ebenfalls republikanisch. Das kann ein Vorteil sein. Leider liegt Tirahnn sonst allgemein etwas,“ er sah Arda entschuldigend entgegen, „ungünstig.“ Mitten im imperialen Gebiet. Aber Hapes war, wie gesagt, nicht weit, was ein kleiner Hoffnungsschimmer war. „Auf jeden Fall kann ich mir vorstellen Verbindungen herzustellen.“ Ob es wirklich klug war, preiszugeben, dass er sogar eine tirahnnische Jedi kannte? Noch nicht. Vielleicht später.

[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Hütte] Arda Targon und die Partisanen, Riuen
 
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Es tat gut zu hören, dass auch jemand, der nicht von Tirahnn stammte, die Beweggründe der Partisanen nachvollziehen konnte und nicht blind für die Grausamkeiten war, die im Namen des Imperiums auf so vielen Welten verübt wurden. Arda liebte ihren Heimatplaneten, aber sie war deshalb nicht blind für das, was im Rest der Galaxis vor sich ging. Wenn die ehemalige Polizistin zu sich selbst ehrlich war, dann wusste sie, dass in dem titanischen Ringen zwischen Neuer Republik und Imperium, das durch den Friedensvertrag lediglich unterbrochen worden war, Tirahnn bloß eine Welt unter vielen war. Überall in der Galaxis schrien die Unterdrückten auf und war die Erde gefärbt von dem Blut derer, die sich der Tyrannei entgegengestellt hatten. Sie war nicht naiv, auf Mon Calamari verfügte man nicht über unbegrenzte Ressourcen und musste über das Schicksal von Trillionen Lebewesen entscheiden, und dennoch, sie hatte gehofft, so sehr gehofft, dass die Neue Republik Unterstützung schicken würde. An dem düsteren Tag, an dem der Himmel über ihrer Heimat vom Kreischen von TIE-Jägern erfüllt gewesen war und das Donnern von Sturmtruppenstiefeln alle anderen Geräusche verdrängt hatte, an diesem Tag, an dem die mutigen Verteidiger schlussendlich ihre Waffen hatten strecken müssen, hatte Arda gefleht und gehofft, hatte sich an die Vorstellung geklammert, dass durch ein Wunder Tirahnn nicht fallen würde, dass die Macht nicht zulassen würde, dass es soweit kommen würde. Ja, das war naiv gewesen, abergläubisch, vielleicht auch dumm und aus Verzweiflung geboren, eine Bitte zusammengebastelt aus dem wenigen, was sie über die ominöse höhere Kraft gehört hatte, nach deren Willen sich angeblich die ebenso berühmten wie mysteriösen Jedi richteten, aber in dunklen Tagen der Besatzung hatte sie daraus Kraft bezogen und diese Kraft brauchte die dunkelhäutige Frau jetzt mehr als je zuvor. Arda hatte akzeptiert, dass angesichts der politischen Lage Hilfe von außen unwahrscheinlich. Niemand würde den Tirahnnern diesen Kampf abnehmen, wenn sie ihre Freiheit wiedererlangen wollten, dann mussten sie das aus eigener Kraft schaffen, mit ihrem Einsatz, ihrem Mut und wenn nötig auch mit ihren Leben. Irgendwann würde ihre Heimatwelt die Fesseln abschütteln, und andere Welten würden folgen. Also nickte die ehemalige Polizistin, als Riuen aussprach, was sie dachte, der Chiss machte den Eindruck, als hätte er mit eigenen Augen gesehen und am eigenen Leib erfahren, was es bedeutete, unter imperialer Herrschaft zu leben. Dieser Mann wusste, wie es sich anfühlte, wenn alles, was einem wichtig war, zerbrochen und erstickt wurde, und für einen Moment glaubte Arda Schmerz in seinen roten Augen erkennen zu können. Es war seltsam, wie verbunden sie sich mit diesem Fremden fühlte, der Blauhäutige verknüpfte ein charmantes, freches Selbstbewusstsein, das er mit gewinnenden Grinsen zur Schau trug, mit einer klaren Einsicht und Ernsthaftigkeit angesichts dessen, was in der Galaxis wirklich passierte. Arda ertappte sich dabei, wie sie länger als nötig in seine Augen blickte und es bedauerte, dass die düsteren Themen sein Grinsen grimmig hatten werden lassen, und so versuchte sie ein entschuldigendes Lächeln und räusperte sich.

„Es tut mir leid, das zu hören. Ich weiß, dass wir auf Tirahnn nicht die einzigen sind, denen das Imperium alles genommen hat, und ich wünschte, ich könnte mehr tun. Aber im Moment...können wir froh sein, hier irgendetwas auszurichten.“


Die ehemalige Polizistin fand es fast schon erleichternd, dass Riuen den Unglauben der Partisanen angesichts seiner Alternativvorschläge für eine Tarnung offenbar zu amüsieren schien, und sie musste zugeben, dass seine Argumentation Sinn ergab. In ihrer Arroganz übersahen die Imperialen oft das, was direkt vor ihrer Nase lag, und etwas so langweiliges, banales wie ein Verein, das konnte funktionieren, flog unter dem Radar. Arda lächelte und ihre Stimme klang formell, als sie zu einer Antwort ansetzte.


„Wir...wir werden darüber nachdenken. Danke für die Vorschläge, Riuen. Die Partisanen von Rhovan wissen jede Hilfe zu schätzen.“


Und konnten sich nicht den Luxus leisten, irgendein Angebot abzulehnen, fügte die Menschin trocken hinzu. Mit einem Mal bekam ihre Hoffnung auf republikanische Unterstützung neuen Auftrieb, als der Chiss erklärte, dass er tatsächlich „irgendwie“ für die Neue Republik arbeitete. Noch während Arda über diese Formulierung nachdachte, ließ Riuen eine Bombe platzen und ihre Augen weiteten sich vor Überraschung, Unsicherheit und Bewunderung. Ein Jedi? Er war ein Jedi? Nun, auf dem Weg, einer zu werden, wie er es formulierte, aber dennoch, so wie er es aussprach, stand wohl tatsächlich ein Mitglied des Ordens vor ihr. Ehrfürchtige Stille herrschte und die Partisanen in Hörweite blickten den Blauhäutigen voller Neugier an, einige flüsterten aufgeregt miteinander und Arda warf Ohtar einen Seitenblick zu, selbst ihr unerschütterlicher Partner wirkte beeindruckt. Fast schon automatisch straffte die ehemalige Polizistin ihre Haltung, sie fühlte sich, als würde sie frisch aus der Ausbildung kommend vor dem Chef der ganzen planetaren Polizei stehen. Hatte ihre Stimme vorhin halbwegs formell geklungen, achtete sie nun ganz genau auf jedes Wort und den angemessenen Respekt.


„Ihr...Ihr seid ein Jedi? Wir fühlen uns geehrt! Wenn ich...wir...Euch irgendwie bei Eurer Mission helfen können, dann könnt Ihr auf die Partisanen zählen, Meister Jedi. Wir Tirahnner haben die Dienste der Jedi für die Neue Republik nicht vergessen.“


Ardas Augen funkelten, sie war mit Geschichten über die heroischen und selbstlosen Friedensstifter aufgewachsen, die ihre außergewöhnlichen Kräfte für das Gute einsetzten und wo immer es nötig war eingriffen, um der Gerechtigkeit zu dienen. Jedi waren für sie halb mythische Gestalten, Lebewesen, die auf einer ganz anderen Ebene existierten, weise und gütig und die Verkörperung von allem, für das die Neue Republik und die auf Tirahnn gelebten Werte standen. Einem Mitglied des Ordens tatsächlich gegenüberzustehen war eine Ehre, ein Privileg, das sie mit Demut erfüllte, auch wenn sie gestehen musste, dass Riuen nicht ganz dem Bild entsprach, das sie von Jedi hatte. Aber das lag bestimmt nur daran, dass er heimlich hier war, deshalb konnte er vermutlich auch nicht sagen, dass er ein richtiges Mitglied des Ordens war. Ja, sie konnte sich den großgewachsenen, stattlichen Chiss hervorragend in einer dieser Roben vorstellen, die Jedi doch trugen, das Lichtschwert in der Hand und die Dunkelheit zurücktreibend. Jetzt errötete sie doch ein wenig und prompt schluckte Arda, blinzelte und versuchte sich zu konzentrieren. Riuen war also nur wegen der Nachricht auf Tirahnn, das nahm ihr ein wenig den Wind aus den Segeln, aber sie folgerte sofort messerscharf, dass es sich um einen Auftrag der Jedi handeln musste und er deswegen wohl nicht offen darüber reden konnte, also nickte sie bloß eifrig und hörte zu, als der Chiss darauf verwies, dass der Friedensvertrag und die Nähe zum republikanischen Hapan vielleicht helfen würden, Tirahnn trotz seiner ungünstigen Lage Unterstützung zukommen zu lassen. Ja, ihre Heimatwelt lag mitten in imperialen Gebiet, aber jetzt...ein Jedi war hier und Riuen versprach sogar, sich dafür einzusetzen und entsprechende Verbindungen herzustellen. Arda reagierte mit einem ungestümen Lächeln und hätte den Blauhäutigen am liebsten umarmt, aber der Respekt vor einem Jedi verbot das natürlich und stattdessen legte Arda ernst ihre rechte Hand an ihr Herz, eine alte Tradition, mit der Tirahnner Verbundenheit und Loyalität ausdrückten, und es erfüllte sie mit Stolz, als die teilweise auf dem Boden sitzenden Partisanen aufstanden und es ihr gleich taten, sogar die zuvor so misstrauischen Wachen am Fenster folgten dem Beispiel und eine feierliche Stille herrschte, Arda nickte langsam und betrachtete Riuen mit ruhiger, entschlossener Miene.


„Der Orden der Jedi und die Neue Republik können auf uns zählen. Tirahnn hat nicht vergessen, wem seine Treue gehört. Wir haben es nicht vergessen. Was auch immer man von uns verlangt, wir sind bereit. Tirahnn hält stand.“


Ein Moment der Stille folgte, dann stimmten die anderen Partisanen mit ein. Minastan, sonst so griesgrämig, hatte Tränen in den Augen, der ältere Duros zitterte und er stützte sich auf Nimery, die Balosar hielt ihn liebevoll fest, als wäre er ihr eigener Vater. In Arams Augen glomm Entschlossenheit und Ohtar, der neben Arda stand, strahlte eine schier unerschütterliche Ruhe und Selbstsicherheit aus. Namcil und Tiniri, Mann und Frau, Gefährten so vieler Jahre, standen Seite an Seite, stolz und ungebrochen. Kahnda und Damrod hatten von ihren Datapads aufgeblickt, die Devaronianerin und der Kubaz legten ihre Ausrüstung beiseite. Der Moment war überwältigend. Sie waren alle nur aus einem Grund hier. Sie waren Freunde, Gefährten, und gemeinsam...gemeinsam würden sie ihre Heimat befreien.


„Tirahnn hält stand.“

Erklang es wie aus einem Mund. Fast jedem Tirahnner waren diese Worte vertraut. Angesichts der gewaltigen Überlegenheit der imperialen Invasionsstreitmacht war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Welt fallen würde, aber die kleine, nur unzureichend ausgerüstete republikanische Garnison hatte mit außergewöhnlichem Mut und Zähigkeit ihre Stellung gehalten und es so vielen Zivilisten ermöglicht, aus dem Kampfgebiet zu fliehen. Nicht wenige Tirahnner waren dank dieses Opfers dem Tod durch Querschläger und Turbolaserfeuer entkommen und die letzte Kombotschaft aus der eingeschlossenen Basis hatte sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. Tirahnn hält stand.


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[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Hütte] Arda Targon und die Partisanen, Riuen

Eigentlich war es verrückt, dass das Imperium schon so lange bestand, dass es überhaupt Anhänger fand. Es war lange her, dass es einem Sith mit Hilfe gelungen war, die Jedi von Coruscant zu vertreiben, den Rat zu entmachten und mit dem daraus entstehenden Galaktischen Imperium, für eine Zeit voller Greueltaten zu sorgen. Diese alte Geschichte war sogar aus den Geschichtsbüchern verschwunden, lange Zeit. Darth Arcanious hatte seinerzeit ganze Arbeit geleistet und was hatte sich seitdem verändert? Erst das Aufbäumen einer vergleichsweise kleinen Gruppe und der Sturz und Tod des Imperators hatten wieder zu einer friedlicheren Zeit geführt. Bloß nicht lange genug und seitdem ging es, wenn man es stark verkürzte und auf das wesentliche reduzierte, doch ständig um den Kampf zwischen Sith und Jedi. Dachte der Chiss an die Geschichte zurück,
konnte er nur grimmig werden. Dieses Thema war ein sensibles, eines bei dem selbst er hatte lernen müssen, optimistisch zu bleiben. Dabei hatte er einen Hang dazu, alles, was mit dem Imperium zu tun hatte, zu verteufeln. Aber das wäre nicht weitsichtig genug gewesen. Aufstand und Widerstand waren wichtig und wenn Arda und ihre kleine Truppe auch noch nicht optimal vorbereitet waren, sie taten etwas. Etwas, das den Kampfgeist von früher in Riuen erweckte, nicht, dass er je verschwunden war, aber gerade flammte er ein wenig auf. Ähnlich der seltsamen Gefühlslage, die da gerade von Arda zu ihm schwappte. Er gefiel ihr. Das war ziemlich deutlich und wenn das hier ein Disco gewesen wäre, oder etwas ähnliches… Aber das war es nicht. „Mit irgendetwas fängt es an.“ Es brachte nichts, anders zu denken. Nach den Sternen zu greifen war Blödsinn, vor allem, wenn man auf dem Erdboden war. Realistische Ziele waren gute und mit kleinen Schritten fing es nun einmal an.

Die Situation änderte sich schlagartig, als Riuen erwähnte, dem Jedi Orden anzugehören. Oh, sie änderte sich dermaßen, dass Riuen furchtbar warm wurde. Liebte er Aufmerksamkeit sonst, fühlte sich das gerade nach sehr viel zu viel an. Denn nahezu alle Anwesenden im Raum schienen ihn nun ehrfürchtig anzublicken. Sicher, irgendwie fühlte Riuen sich stark geschmeichelt, aber er konnte sich nicht mit Lorbeeren schmücken, die er gar nicht verdiente. Er war ein Anwärter. Nicht weniger, aber nun einmal nicht mehr und da war die leise Befürchtung, dass diese Gruppe nun zu viel darauf setzte. Meister Jedi. Ach du meine Güte. Die bedächtige Stille nach Ardas Worten und die darauf folgenden Bekenntnisse der Gruppe… Riuen fühlte sich nicht nur geschmeichelt, nicht irgendwie geehrt, sondern auf seltsame Weise berührt und so, als gehöre er zu dieser Gruppe. Das war so nicht geplant gewesen. Nein, seine Mission war zu Beginn beinahe simpel im Vergleich zu dem, was sie nun wurde.
„Ich würde gerne behaupten, dass meine Mission etwas mit der Befreiung Tirahnns zu tun hat, aber das wäre das Vortäuschen einer Tatsache, die nicht existiert.“ Das musste klar gestellt werden. „Noch bin in ein Anwärter, der darauf wartet, ausgebildet zu werden und ich kann nur für mich sprechen, nicht für die Jedi, aber ich bin bereit, meine Unterstützung zu bieten.“ Ohnehin, wenn die Nachricht an Eowyns Eltern überbracht worden war, hatte er Zeit. Zwar würde er hier kaum jemanden finden, der ihn ausbildete, aber die Befreiung Tirahnns hatte Priorität. Priorität. Hier hatte er sich ganz zweifellos auf etwas eingelassen, dass eine große Sache war und das, ohne zu zögern. „Simone Camille Favreau. Können wir eine Verbindung zu ihr herstellen? Sie kontaktieren? Wie viele seid ihr? Gibt es noch andere? Verbündete, Freunde, Interessierte?“ Sein taktischer Modus sprang an. Informationssuche. Damit begann alles.

[Innerer Rand | Zeemacht-Sternhaufen | Tirahnn | Waldgebiet östlich von Rhovan | Hütte] Arda Targon und die Partisanen, Riuen
 
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