Mit der Ernennung von Annegret Kramp-Karrenbauer demonstriert die Regierung Merkel in erster Linie eines: Weiterhin bestenfalls höflich kaschiertes Desinteresse an einer glaubwürdigen und engagierten deutschen Sicherheitspolitik gegenüber unseren Partnern. AKK ist von verteidigungspolitischen Aufgaben, Wissen oder gar Expertise bis jetzt gänzlich unberührt geblieben. Damit steht sie als Verteidigungsministerin nicht allein und das ist auch nicht zwingend ein Ausschlusskriterium (da es im Ministerposten mehr auf Führungsqualitäten, Durchsetzungsvermögen und politisches Feingefühl ankommt), es stellt sich aber die Frage, wieso die Parteien überhaupt verteidigungspolitische Sprecher und Beauftragte haben, wenn diese nicht in der höchsten Verantwortung zum Zug kommen.
Mehr und mehr wirkt AKK wie eine Verlegenheitslösung - oder böser formuliert - die Urlaubsvertretung. Die zweifelhafte wirtschaftliche Bilanz des Saarlands, ihre augesprochen dünnhäutigen und unsouveränen Antworten auf Kritik (siehe Rezo-Video), die Tatsache, dass sie angekündigt hatte, eben kein Ministeramt zu übernehmen, die Tatsache, dass sie parallel auch noch Bundesvorsitzende der CDU ist und 2021 höchstwahrscheinlich so oder so das Amt nicht mehr ausüben wird, das alles lässt an ihrer Eignung zweifeln und es drängt sich die Frage auf, wieso ausgerechnet sie Verteidigungsministerin werden musste.
Auf jeden Fall tritt AKK ein schweres Erbe an, so wie ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen auch. Die Probleme in der Bundeswehr sind nicht neu und haben sich besonders unter dem "Lügenbaron" zu Guttenberg dramatisch zugespitzt. Schlecht geplante oder ganz ausgesetzte Beschaffung von dringend benötigten Ersatzteilen, die Umwandlung von der Wehrpflicht zur Berufsarmee ohne gut überlegtes und umgesetztes Konzept zum Gewinnen und Halten von Personal, die massiven Verzögerungen und Kostensteigerungen bei neuen Projekten, wodurch alte, wartungsintensive und zunehmend unzuverlässige Ausrüstung viel länger als geplant und damit auch deutlich teurer im Dienst bleiben muss, gewachsene Ansprüche bei Auslandseinsätzen und (wieder) der klassischen Bündnisverteidigung, ein enger Etat, der "Wasserkopf" der Bürokratie, die Fähigkeitslücken, die durch externe Berater geschlossen werden müssen, Frust und Ärger und daraus resultierende Abgänge. All das sind Dinge, deren Entstehen nicht von der Leyen zu verantworten hatte, zu deren Bekämpfung sie aber zu spät zu wenig getan hat. Hinzu kamen unglückliche Aktionen - 250.000 Soldaten und zivilen Mitarbeitern pauschal ein "Haltungsproblem" zu unterstellen, wenn man selbst deren Vorgesetzte ist, heißt nichts anderes, als sich vor der eigenen Verantwortung zu drücken.
Für die deutsche Sicherheitspolitik, die Bundeswehr und ihre Angehörigen ist es zu wünschen, dass sich AKK im Amt vielleicht doch als besser als gedacht erweist, aber man kann es schwer jemanden verdenken, der daran zweifelt.