Das Problem der Geschichtsdarstellung in Film und Serie

Admiral X

Porg of Porgs
Es ist ja kein großes Geheimnis, dass Filme oder Serien, die in vergangenen Epochen wie der Antike, dem Mittelalter etc. spielen, in den seltensten Fällen (gibt es denn überhaupt entsprechende Beispiele?) historisch korrekt sind. Damit meine ich nun nicht unbedingt die erzählte Geschichte, die sich um fiktive Charaktere dreht oder die Vita einer historischen Figur abwandelt, sondern mehr das "Äußere". Zu sehr vielen Historienfilmen liest man, dass beispielsweise die Kleidung nicht in die dargestellte Zeit passt, oder dass Bauwerke nicht maßstabsgetreu umgesetzt werden, etc.

In den letzten Tagen habe ich mir, nicht zum ersten Mal, öfter die Frage gestellt: Warum ist das eigentlich so? Dass ein Film eine erfundene Geschichte um erfundene Figuren in der Vergangenheit ansiedelt, ist denke ich durchaus legitim. Aber es wäre an sich doch keine Schwierigkeit, das Drumherum authentisch darzustellen. Ein gutes Beispiel ist der berühmte Film "Gladiator", im Wikipedia-Eintrag hierzu heißt es, dass die Gladiatoren teils mit Waffen kämpfen, die es erst später in der Geschichte gab, oder gar völlig erfundene Helme etc. tragen. Da stelle ich mir einfach die Frage: Wieso zum Teufel stattet man die Schauspieler Statisten nicht einfach mit Waffen, Rüstungsteilen oder ganz allgemein Kleidung aus, die es in der dargestellten Zeit tatsächlich gab? Es gibt genügend Historiker, die hierbei beratend wirken können, um Authentizität zu schaffen, die historischen Fehler bei Kleidung, Waffen etc. lassen sich ja auch nachweisen. Dass ein Film selbst mit fachkundiger Mitwirkung nie ein vollkommen genaues Bild der Vergangenheit entwerfen könnte, versteht sich von selbst. Aber warum versucht man es nicht zumindest und schafft Authentizität und historische Korrektheit zumindest da, wo es möglich wäre?

Und nochmal zum oben angedeuteten Thema des Umgangs mit tatsächlichen historischen Personen: Ich kann verstehen, wenn kleine Abwandlungen oder Ausschmückungen gemacht werden, die der Dramaturgie zuträglich sind. Letzten Endes ist ein Film halt ein Film und keine wissenschaftlich fundierte Doku. Sich aber derart grobe Brüche mit der Realität zu leisten, wie beispielsweise den römischen Kaiser Commodus, der im Rahmen einer Verschwörung in seinem Bad erdrosselt worden ist, als persönlichen Antagonisten der erfundenen Hauptfigur zu inszenieren und ihn dann in der Gladiatorenarena beim Schwertkampf draufgehen zu lassen, ist eigentlich schon dreist, wenn man es sich mal genau überlegt. Warum macht man so etwas? Wäre dann besser gewesen, konsequenterweise auch die Figur des Antagonisten zu erfinden, anstatt die reale Vergangenheit um eine wirklich existierte Person so zu entzerren.

Wie seht ihr die Thematik? Stört euch so etwas auch, oder legt ihr überhaupt keinen Wert auf historische Korrektheit in Filmen und Serien? Bin gespannt :)
 
Auf historische Genauigkeit lege ich wenig bis gar keinen Wert. Gehe ich ins Kino will ich mich unterhalten lassen und nicht darüber nachdenken ob der 3. Legionär in der zweiten Reihe das richtige Gladius trägt.
Das fällt mir auch ziemlich leicht weil ich nicht über das nötige Hintergrundwissen verfüge wie beispielsweise mein Freund Jedihammer.
Mich ärgern viel mehr Logikfehler oder Plotholes größer als Scheunentore.
Ich kann zum Beispiel die HdR Trilogie nicht mehr so richtig genießen weil ich mich frage warum zur Hölle Frodo nicht mit nem Adler zum Schicksalsberg fliegt und Ring rein Ende.
 
Ich kann zum Beispiel die HdR Trilogie nicht mehr so richtig genießen weil ich mich frage warum zur Hölle Frodo nicht mit nem Adler zum Schicksalsberg fliegt und Ring rein Ende.

Weil Sauron mit anfliegenden Adlern leichtes Spiel hätte, wenn er ohne Ablenkung in Barad-dûr sitzend vollen Rundumblick über Mordors Grenzen hinaus hat...?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mich ärgern viel mehr Logikfehler oder Plotholes größer als Scheunentore.
Ich kann zum Beispiel die HdR Trilogie nicht mehr so richtig genießen weil ich mich frage warum zur Hölle Frodo nicht mit nem Adler zum Schicksalsberg fliegt und Ring rein Ende.

Ok, das führt zwar ins Off-Topic, aber dazu sei gesagt, dass mir das eine ganze Zeit lang auch so ging. Ich erhielt irgendwann die Erklärung, dass die Adler den Gefährten zu Hilfe kommen, weil sie eine Art freundschaftliches Verhältnis zu Gandalf haben, sie sich jedoch nicht in den eigentlichen Konflikt einmischen wollen. Daher erscheinen sie nur, wenn jemand gerettet werden muss, und verschwinden dann wieder. Ich bin nicht versiert genug in der Tolkien-Welt, um zu beurteilen, ob das stimmt, aber es erscheint gewissermaßen plausibel und passt daher für mich. Wobei @Minzas Erläuterung auch nicht einer gewissen Logik entbehrt.

Woran ich aber bei Herr der Ringe, bzw. der Vorgeschichte, die im Prolog des ersten Teils gezeigt wird, immer hängen bleibe: Elrond wird Zeuge, wie der Ring von Isildur Besitz ergreift und sieht ihm auch noch zu, wie er damit hinausspaziert. Wieso hat er Isildur nicht an Ort und Stelle k.o. geschlagen (oder es zumindest versucht), ihm den Ring abgenommen und ins Feuer geworfen?

Oh, und noch was: Gollum intrigiert im dritten Teil gegen Sam, indem er, während die Hobbits schlafen, die Krümel des Lembas-Brotes auf Sams Umhang legt und das Brot hinunter wirft, um es so darstellen zu können, als habe Sam die letzten Vorräte heimlich vertilgt. Die beiden Hobbits schlafen gefährlich nah am Abgrund, warum also schubst Gollum sie im Schlaf nicht hinunter und holt sich dann den Ring von Frodos Leiche?
 
Ich kann zum Beispiel die HdR Trilogie nicht mehr so richtig genießen weil ich mich frage warum zur Hölle Frodo nicht mit nem Adler zum Schicksalsberg fliegt und Ring rein Ende.

Weil der Eine Ring jeden verdirbt. Je mächtiger das Wesen, umso schlimmer das Ergebnis. Und Gwaihir ist ziemlich mächtig, denn er ist nicht nur ein großer Adler, sondern, wie die Ents, ein berührtes Wesen. Möglicherweise sogar ein Maiar.
 
Gute Erklärung Admiral...
Daher erscheinen sie nur, wenn jemand gerettet werden muss, und verschwinden dann wieder.
Allerdings bedroht Sauron doch ganz Mittelerde oder nicht? Mehr zu retten geht doch schon nicht mehr oder?

@icebär danke für die Anregung.

Weil der Eine Ring jeden verdirbt. Je mächtiger das Wesen, umso schlimmer das Ergebnis. Und Gwaihir ist ziemlich mächtig, denn er ist nicht nur ein großer Adler, sondern, wie die Ents, ein berührtes Wesen. Möglicherweise sogar ein Maiar.

Ich bin in den Feinheiten nicht bewandert da ich die Trilogie nie gelesen habe.
 
Die Adler mischen schon nicht gern in solchen Dingen mit, der Hauptgrund ist aber immer noch eine gewisses Ausgeliefertsein gegenüber Saurons Macht (von magischen Angriffen hin zu aktiven Verführungsversuchen... darum rühren Gandalf und Co das Teil ja auch nicht an)

Isildur wird garantiert nicht den Thronerben eines verbündeten Hauses angreifen, nachdem er weiß, dass schon soviel Blut an Elbenhand klebt (Stichwort "Brudermord")
 
Ich würde unterscheiden zwischen (in Klammern Beispiele):
  • gänzlich fiktionale Filme (Herr der Ringe)
  • phantastische Filme im realen Setting (Die Schöne und das Biest)
  • Filme mit "scheinbar" historischem Hintergrund (Gladiator)
  • Filme mit echtem historischen Hintergrund bzw. Ziel, diesen zu vermitteln (Luther)
Wirklich stören mich solche Sachen nur beim letzen.
 
Experten sind halt teuer - und da viele Produktionen (insbesondere im Serienbereich) so schön ziemlich knappe Etats haben, spart man halt gerne bei solchen Dingen. Zumal sie den meisten (Mainstream-)Zuschauern im Detail eh nicht auffallen.

Hinzu kommt wohl auch, dass es eine gewisse Tradition ist. Sowohl im antiken Theater als auch bei Shakespeare, Goethe und Co hat man manches Detail stets an den aktuellen Geschmack der Zuschauer angepasst.

So jedenfalls meine Einschätzung.

Grüße,
Aiden
 
Experten sind halt teuer - und da viele Produktionen (insbesondere im Serienbereich) so schön ziemlich knappe Etats haben, spart man halt gerne bei solchen Dingen

Ja, manchmal wird's mit dieser Handhabe aber auch eher seeeeeeeehr Deppenhaft. Wenn zum Beispiel willkürliches Geographieglücksrad gespielt wird. Wo jetzt bestimmte weltbekannte Gebäude seit tausend Jahren stehen, das ist in meinen Augen nämlich auch eine Form von Geschichtswissen:

16784c50c89f5c496.jpg
 
Das hier ist noch krasser. Ich habe mich im Kino krank gelacht:
CbwuSM-XIAIgZut.jpg

aus: Charlie und die Schokoladenfabrik, 2005

Die gezeigte Stadt ist Gengenbach im Schwarzwald.
 
Ich habe von knapp sechs Jahren schon die selbe Frage hier im Forum gestellt. Mittlerweile bin ich etwas gelassener geworden und störe mich nicht mehr so arg daran, sondern freue mich lieber wenn dann mal ein Film auf mich authentisch wirkt.
 
Ja, manchmal wird's mit dieser Handhabe aber auch eher seeeeeeeehr Deppenhaft. Wenn zum Beispiel willkürliches Geographieglücksrad gespielt wird.

Das möchte ich auch nicht schönreden. Wobei das amerikanische Publikum mit Deutschland bloß Alpen und Lederhosen verbindet. Ich glaube, zumindest beim A-Team war das jedenfalls mal die Erklärung der Produzenten, weshalb man in Frankfurts Hintergrund die Alpen sehen könne. ^^

Mir geht es bei meinem Beitrag aber eher um Kleidung, Rüstungen, Waffen und architektonische Details. Bis auf denjenigen, die sich beruflich oder hobbymäßig eh mit solchen Themen beschäftigen, fällt es halt kaum auf, wenn Gladiator XYZ einen Fantasiehelm trägt oder die gezeigte Burg eigentlich fünfzig Jahre später so hätte aussehen dürfen.

Grüße,
Aiden
 
Mir geht es bei meinem Beitrag aber eher um Kleidung, Rüstungen, Waffen und architektonische Details. Bis auf denjenigen, die sich beruflich oder hobbymäßig eh mit solchen Themen beschäftigen, fällt es halt kaum auf, wenn Gladiator XYZ einen Fantasiehelm trägt oder die gezeigte Burg eigentlich fünfzig Jahre später so hätte aussehen dürfen.

Und genau deshalb finde ich diese historischen Ungenauigkeiten so bedenklich, weil der typische Zuschauer eben verständlicherweise nicht über die Kompetenz verfügt, die Darstellungen kritisch zu sehen. Das kann bei Leuten, die unreflektiert an Filmproduktionen herangehen, sogar zu einer Beeinflussung ihres Geschichtsbildes führen (kann man sich vielleicht schwer vorstellen, aber ich hab tatsächlich schon Leute erlebt, die ihr vermeintliches Wissen eben tatsächlich aus Filmen bezogen haben). Nun kann man natürlich sagen ok, daran geht letztlich aber auch niemand zugrunde, wenn er denkt die Gladiatoren/römischen Soldaten etc. hatten die und die Waffen, und das wäre auch durchaus ein berechtigter Einwand. Vielleicht fehlt mir da als Geschichtsstudent mittlerweile einfach die Distanz - gerade Gladiator war vor plus minus zehn Jahren mal einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, dann glaube ich, dass ich ihn mir heute gar nicht mehr in Ruhe anschauen könnte :D
 
Und genau deshalb finde ich diese historischen Ungenauigkeiten so bedenklich, weil der typische Zuschauer eben verständlicherweise nicht über die Kompetenz verfügt, die Darstellungen kritisch zu sehen. Das kann bei Leuten, die unreflektiert an Filmproduktionen herangehen, sogar zu einer Beeinflussung ihres Geschichtsbildes führen (kann man sich vielleicht schwer vorstellen, aber ich hab tatsächlich schon Leute erlebt, die ihr vermeintliches Wissen eben tatsächlich aus Filmen bezogen haben). Nun kann man natürlich sagen ok, daran geht letztlich aber auch niemand zugrunde, wenn er denkt die Gladiatoren/römischen Soldaten etc. hatten die und die Waffen, und das wäre auch durchaus ein berechtigter Einwand. Vielleicht fehlt mir da als Geschichtsstudent mittlerweile einfach die Distanz - gerade Gladiator war vor plus minus zehn Jahren mal einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, dann glaube ich, dass ich ihn mir heute gar nicht mehr in Ruhe anschauen könnte :D
Zu deiner Schlussthese - ja, dir fehlt die Distanz.
Ich merke es bei jedem/r, wenn ich Filme/Serien über ihr/sein Fachgebiet gucke. Die Distanz fehlt. Mein Partner fragt mich mittlerweile auch "Und, geht das überhaupt?" ;-) Meistens ist die Antwort "nein". Frage ist dann immer, ob ich (oder der jenige) sich so darüber aufregt, dass ihn das rauszieht.
(Beispiel "Die Schöne und das Biest": Es gibt viele, die sich über den schwarzen Priester aufregen, weil "das damals ja noch nciht so war". Ich falle bei dem Film jedes Mal aus der Geschichte, wenn Belle dem Mädchen Lesen beibringen will und die das mit einem ENGLISCHSPRACHIGEM Buch versuchen ;-))

Dann wäre die Frage, ob die Beeinflussung des Geschichtsbildes nicht schon längst passiert ist. Ich sage nur "Wikingerhelm" (und gehe davon aus, ein Geschichtsstudent versteht mich ;-)). "Schuld" ist wohl Richard Wagner an der Stelle.
 
Das möchte ich auch nicht schönreden. Wobei das amerikanische Publikum mit Deutschland bloß Alpen und Lederhosen verbindet. Ich glaube, zumindest beim A-Team war das jedenfalls mal die Erklärung der Produzenten, weshalb man in Frankfurts Hintergrund die Alpen sehen könne. ^^
Das passiert den Besten. Heidi ist ja auch auf einen Frankfurter Kirchturm gestiegen, um nach den Alpen Ausschau zu halten. Wahrscheinlich war ihr Bild vom A-Team verzerrt. :D
 
Hier fällt mir gerade William Wallace und der Film Braveheart ein, der Film strotzt ja gerade zu von Geschichtlichen Ungenauigkeiten. So benutz ja auch Wallace in diesem Film ein Langschwert, einen Zweihänder mit Parierstangen und so weiter, der eher dem 15. oder. 16 Jahrhundert entspricht. Der Film spielt aber nunmal im 13 Jahrhundert, da benutzte man noch die einhändigen Kurzschwerter.

Der Kicker daran ist, es existiert in der Tat ein sogenanntes Wallace Schwert, welches von William geführt worden sein soll, und dieses sieht so aus.
250px-Wallace_sword.jpg

Daran orientiert sich nämlich der Film. (Ist aber nicht damit identisch.) Die Sache ist nur die, es ist wahrscheinlich eine Fälschung aus dem frühem 16 Jahrhundert, da es so anachron ist mit der Art wie es Geschmiedet ist. Aber es soll wohl aus drei Teilen alter Schwerter aus dem 13. Jh. neu geschmiedet worden sein.
Insofern ist Geschichte eben doch komplizierter als man denkt und so kann auch ein Anachronismus noch einen historischen Hintergrund haben. ;)
 
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