Lianna

Lianna

Mino
Lianna wurde geboren, kurz nachdem ihre Mutter von ihrem Heimatplaneten "geschmuggelt" worden war. Wie sich einige Leser vielleicht denken können, hieß dieser Planet Lianna.
Ihr gesamtes Hab und Gut wechselte nach der unbequemen, quälenden Zeit im Laderaum zwischen Ersatzteilen, Blastern und defekten Droiden ihren Besitzer. Es wurde ihr viel mehr genommen, als vereinbart wurde, weshalb ihre Mutter nur das besaß, was sie trug, als sie der wirklich unsympathischen Crew beim verlassen der Atmosphäre hinterher starrte.


Lianna.
Für ihre Mutter bedeutet diese Aneinanderreihung von Buchstaben das Streben nach Freiheit, nach Unabhängigkeit, ohne jemanden oder etwas zu haben, nach dem man sich richten müsste, ohne jeglichen Zwang der eigenen Intuition nach gehen zu können.

Lianna - Dieses Wort beinhaltete so viel an Träume und Wünsche, aber besaß so wenig an Realität.


Heute turnt der zur Person gewordene Wunsch ihrer Mutter nach Freiheit in den unteren Ebenen Coruscants herum, immer auf der Suche nach Nahrung und Geld, um für den einzigen, erblindeten Verwandten zu sorgen.

Mit 16 Jahren besitzt Lianna die außergewöhnliche Fähigkeit, sich unbemerkt in den Ebenen fortzubewegen. Vielleicht doch nicht so außergewöhnlich, schließlich ist sie dort ein Niemand. Sie ist flink und beweglich, was überlebenswichtig für ihren Lebensunterhalt ist. Von großem Nutzen ist auch ihre kleine, zierliche Statur von 1,53 Metern, wenn sie in der Menge verschwindet sowie die kurzen Haare und die einfachen, schlichten Kleidungsstücke.

Auch wenn sie darin geübt ist, zu verschwinden und aufzutauchen, wie es ihr beliebt, sie sich so schlicht hält, erlaubt sie sich dennoch einen Anflug von Extravaganz, indem sie sich selbst Muster um ihre dunkelgrünen Augen malt. In diesen Mustern schwingt auch Selbstvertrauen mit, da sie trotz der einzigartigen Zeichnungen unentdeckt bleiben kann, was sie auch weiß.

Dieses große Maß an Selbstvertrauen kann ihr aber auch zum Verhängnis werden, wenn sie versucht, sich in der grausamen und harten Welt der Erwachsenen zurecht zu finden.
Vor allem, wenn es darum geht, Nachrichten, Briefe oder Verträge zu lesen, spielt sie ein Selbstvertrauen, was ihr nicht gegeben ist, Denn Lianna hat nie eine Schule besuchen können und kann damit auch nicht lesen oder schreiben.
Das Wenige, was sie an Bildung genossen hat, hat sie in der kleinen ein-Zimmer-Wohnung im hinteren Teil einer Bar aufgesaugt, was sie ihr Zuhause nennt.
Sie bleibt in den großen Wortgefechten- wie überall in ihrem Leben - vorerst im Hintergrund und Beobachtet die gesamte Szenerie. Sie kann zwar keinen einfachen Text entziffern, aber in der Gestik, Mimik und im Verhalten von Personen kann sie meistens alles lesen, was sie wissen muss, um sich behaupten zu können.
Sie ist immer auf der Hut, misstrauisch und angespannt. Das Leben, was sie führt, hat keinen Platz für das Kind, das sie eigentlich noch ist. Nur bei ihrer Mutter kommt es gelegentlich vor, dass sie sich etwas entspannen kann. Und dann, wenn man sich die Mühe gibt, in der Bar zu sitzen und über das Geschrei und die Unterhaltungen hinaus zu Lauschen, kann man ein klares, helles Kinderlachen hören, was genauso schnell verschwindet, wie es aufgetaucht ist.

Wenn es morgens wird und sie sich von der Schnelligkeit, vom Trubel der unteren Ebenen zurückziehen möchte, ohne einen sorgenden Blick auf ihre bereits schlafende Mutter werfen zu müssen, oder wenn sie wie fast immer nicht schlafen kann, klettert sie nach oben. Denn oben kann sie das seltene Licht zwischen fünf hohen Türmen schimmern sehen, was sie wie eine magische Kraft immer wieder zu sich holt.





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Zwischengeschehen 1

(Kurzbeschreibung: Lianna holt ihre Mutter mit Hilfe eines Freundes aus ihrem ehemaligen Zuhause und erfährt beim Abschied nebenbei, dass es im Viertel Heilungsmöglichkeiten für das Virus gibt)

Sie musste sich, trotz Wes' Beschreibung, noch ein Mal Durchfragen, bevor sie den Ausgang des Tempels erreichte, den sie gefühlt vor einer Ewigkeit das erste Mal durchschritt. Es war dunkel geworden, trotzdem sah sie noch Menschen und andere Spezies auf dem Platz vor dem Tempel stehen. Ihre Bitten und Wünsche schienen am Tag noch nicht angehört worden zu sein und sie lagerten vor dem Gebäude, um am nächsten Tag ihr Glück zu versuchen. Allerdings sah Lianna ebenfalls in Roben gekleidete, wohl zum Tempel zugehörige Personen, die von Gruppe zu Gruppe gingen, um sicher zu gehen, dass es ihnen gut ging und sie versorgten. Kranke wurden auch noch spät in der Nacht aufgenommen, so gab es nur gering weniger Trubel als am Tage.

Kurz überlegte sie sich, ob sie zu Fuß gehen sollte, aber Lianna war zusammen mit Nebbra in einem Taxi hergekommen und würde sie zu Fuß gehen, würde es ewig dauern, bis sie dort ankam. Sie erinnerte sich dann daran, dass das Gefährt vom Tempel bezahlt werden würde und ihre Mutter würde sie ebenfalls nur mit einem Taxi hierher schaffen können.

Lianna durchschritt den Platz und winkte sich einen Fahrer heran, der sie misstrauisch beäugte.

"Ich nehm kene Bettler mit, Bübchen! Kostenlose Fahrten gibt's hier nich."

Das Mädchen war versucht, eine schnippische Antwort zu geben. Wie schnell manche vom Aussehen auf den Charakter schlossen, stieß ihr immer wieder negativ auf. Aber sie hatte Glück, dass er überhaupt reagiert hatte und bezweifelte, ob andere Fahrer überhaupt anhalten würden.

"Und ich kann bezahlen. Es wird eine Hin- und Rückfahrt geben. Also entweder wir kommen überein oder dir entgeht ein gutes Geschäft."
Ihr Gesicht zeigte keinerlei Regung, sie würde ihm nicht die Genugtuung geben, beleidigt worden zu sein.

Nach kurzem Zögern nickte er und bedeutete ihr, einzusteigen. Sie nannte den Namen der Bar, Zahirar Antar's Theke, und wollte sich gerade in den Sitz zurücklehnen, als sich ihr Blick mit dem Blick des Fahrers kreuzte.

"Für soweit unten musste aber ordentlich blechen, und bis zur Bar gibt's nich, ist mir zu riskant."

"Dann halte eben am Eingang der Ebene und warte da auf mich. Ich muss jemanden abholen. Credits gibt es erst, wenn wir wieder wohlbehalten am Tempel sind, dass das klar ist."

Nachdem sie gestartet waren, erlaubte sie sich, aus dem Fenster zu sehen und Revue passieren zu lassen, was heute geschehen war.
Sie hatte sich mit den Umständen abgefunden, in denen sie und Zita lebten, mit dem Raum, den sie als ihr Zuhause betrachteten, mit den Raufbolden und Halunken auf der Straße. Damit, dass es keine Seele gab, der man wirklich trauen konnte, außer ihrer eigenen und damit, ihr und das Überleben ihrer Mutter damit zu sichern, etwas von Anderen zu nehmen, die es vielleicht auch nicht so gut hatten, wie sie es nach außen hin darstellten. Es gab nur wenige Regeln, die es in dieser Umgebung zu befolgen galt, und je schneller man das akzeptierte und verinnerlichte, desto schneller konnte man sich auch mit der Gegenwart abfinden.

Nächstenliebe und Nachsicht zählten weiß Gott nicht dazu.

Niemals hätte sie gedacht, dass ein Tag, eine Situation dazu führen würde, dass nun ihr ganzes Leben umgekrempelt wurde. Es war schwer, Nebbra glauben zu schenken, als sie Lianna mit den Jedi vertraut machte und ihr sagte, sie würde dazu gehören. Erst, als Wes Janson, einer der Jedi-Räte, sie "offiziell" aufnahm, schien sie im Innersten auch daran zu Glauben, dass es Wirklichkeit war.
Das Üben mit dem Sand hat ihr Spaß gemacht und sie auf eine ganz andere, befriedigende Art und Weise beansprucht, als sie bisher kannte. Auch, wenn es anstrengend war, hat es sich richtig angefühlt, wie ein Stück Heimat und Frieden.

Musste sie nun wirklich nicht mehr stehlen, nie mehr? Wie würde es nach Heute weitergehen?

Der unhöfliche Taxi-Fahrer unterbrach ihre Gedanken, indem er abrupt anhielt und sie ansprach.

"So, wir sind am Eingang. Bevor ich dich rauslasse, will ich aber ne Sicherheit von dir haben, damit de auch wieder auftauchst."

Eine Sicherheit? Sie hatte nichts bei sich, was wertvoll war. Außer vielleicht...

Lianna reichte ihm den Zylinder, den sie noch immer in der Hand hielt. Ohne groß darüber nachzudenken wusste sie, dass dieser mit buntem Sand befüllte Gegenstand das Wertvollste in ihrem Besitz war.

Er schaute sie abschätzend an.

"Is' das dein ernst?"

Sie drückte, ohne darauf einzugehen, die Tür auf und verschwand im dichten Gedränge der Straße.

Lianna kannte sich hier sehr gut aus und auch viele Gesichter, die ihr begegneten, waren ihr bekannt. Einigen von ihnen hatte sie bereits Credits oder Lebensmittel aus der Tasche gezogen, aber sie schienen sie nicht mit der Tat zu verknüpfen. Sie war sich auch sicher, dass viele sie überhaupt nicht wahrnahmen, dafür bildete sie viel zu wenig potentielle Gefahr. Trotzdem gab sie sich Mühe, im Schatten zu bleiben und beobachtete die Personen um sich herum aufmerksam. Man konnte nie wissen, ob es nicht doch jemand auf einen selbst abgesehen hatte, hier unten verfolgte schließlich jeder seine eigenen Ziele. Und jeder, unausgenommen jeder, trug eine versteckte Waffe mit sich, was sehr gefährlich werden konnte.
Polizeidroiden wurden der Menge nicht Herr und lebendige Sicherheitsbeauftragte trauten sich nur in Gruppen auf die Straße, wenn überhaupt.
Die Lebewesen, die sie begegnete, sahen ausgezehrt aus. Die Gesichter glichen einer einzigen traurigen Masse. Überall war Lärm, entweder von den Spielern, die es so gut wie an jeder Ecke gab, oder von Gruppen oder Personen, die sich gegenseitig anschrien.

Schnell wich sie einer Twi'lek aus, die durch einen Schlag durch die Gegend geschleudert wurde. Sie zückte einen Dolch und holte zum Gegenschlag aus, da wollte Lianna lieber nicht mitmachen. Am Besten, man mischte sich nirgends ein.

Sie hätte wohl lieber jemanden mitnehmen sollen, die Aufgabe, ihre Mutter hier durch zu schleusen, schien ihr nun schwieriger als am Anfang. Mit der späten Uhrzeit hatte sie nicht gerechnet.

Kurzerhand bog sie in eine Seitengasse ein und schritt zwischen auf der Erde umherlungernden Wesen hindurch zu einer schäbigen Tür. In der Gasse roch es streng nach Urin und Erbrochenem, keiner kam freiwillig hierher, wenn er nicht woanders hin konnte.
Das alte Holz sperrte sich etwas gegen den Druck, den Lianna aufwand, aber sie wusste, was sie tun musste, um die Tür in Bewegung zu bringen. Nachdem sie ihre Schulter in das Material drückte und gleichzeitig die Klinke heranzog, öffnete sich der Eingang leicht. Sie hörte die Klingel und blickte sich im Flur um.

"Torg, bist du da?"
Ka'Ath Torg war ein ausgestoßener Sakiyaner, den Lianna vor zwei Jahren kennen lernte.

Er war alt, er war arrogant und er war ein Freund. Oder So etwas ähnliches.

Ziemlich misstrauisch anderen Lebewesen gegenüber hatte es etwas gedauert, bis er und Lianna auf einen gemeinsamen Nenner kamen. Als sie den kleinen Jungen, den sie auf einer Straße aufgelesen hatte zu ihm brachte, hatte er sich dem Kind nicht annehmen wollen und eine vernichtend große Summe für seine Fähigkeiten verlangt, genauso wie die Beschaffung von Utensilien. Aber Lianna war einverstanden gewesen. Nicht immer konnte sie Credits ergattern und musste mit dem Schmuck auf den Schwarzmarkt gehen, Handel um Handel bis sie nach und nach beschaffen konnte, was Torg verlangte.

Ihm ging es zuerst gehörig gegen den Strich, dass ein so junges Mädchen es schaffte, seine immensen Forderungen zu erfüllen. Irgendwann veränderte sich seine Einstellung, wenn auch schleichend, akzeptierte er die entstandene Beziehung. Es war für beide eine Symbiose.

Nun halfen sie einander, Lianna beschaffte Dinge für ihn, spendete sogar ab und an Blut, und dafür versorgte er ihre Mutter und auch sie, falls sie Hilfe benötigte.

"Aha."
Torg kam gerade aus einem Hinterraum, welcher als Behandlungszimmer genutzt wurde und wischte sich an einem Lappen die Hände ab. Hinter ihm schleppte sich ein gequält dreinblickender Rodianer zu einem wartenden Freund. Während beide langsam auf den Ausgang zustrebten, verabschiedete er den Mann: "Beim nächsten Mal solltest du wohl nicht so knauserig sein und doch die Betäubungsspritze bezahlen."

Er brummte nur etwas unverständliches und humpelte von seinem Begleiter gestützt hinaus.

"Was brauchst du?"
Torg mochte kein Small-Talk, er kam immer gleich zur Sache, was Lianna an ihm gefiel. Kurz blickte sie sich um, sie sah keine weiteren Patienten im Laden.

"Kannst du kurz zumachen und mir bei etwas helfen?"

"Kommt drauf an, was und wie viel du bereit bist zu zahlen. Wie immer."
Viele würden ihn als unhöflich betrachten, aber sie wusste, dass es nicht so gemeint war. Jeder musste zusehen, wo er blieb.

"Ich werde umziehen. Aber allein kann ich meine Mutter nicht sicher durch die Straßen bringen, ich brauche dabei deine Hilfe. Im Gegenzug kannst du alles nehmen, was in unserem Heim ist. Das ist nicht viel, aber alles, was wir haben. Ich habe keine Verwendung mehr dafür."

Er verschränkte die Arme und schnalzte mit der Zunge.

"Du hast doch nicht etwa den großen Coup gelandet und verheimlichst es mir."

Lianna zuckte darauf nur mit den Achseln. Es war besser für sie, das Geschehene klein zu halten.

"Wie man es nimmt, würde ich sagen. Ich werde es dir auf dem Weg berichten, ich muss es auch noch Zita erzählen."
Nach einem Moment, in dem er sie abschätzend ansah, zog er einen Bund Schlüssel aus einer seiner Taschen und bedeutete ihr, voran zu gehen.

Sie wartete, während er den kleinen Laden abschloss und einer Frau ein paar Credits in den Schoß warf. Sie würde aufpassen, dass Keiner unerwünscht eindrang. Ein paar der Herumsitzenden protestierten leise, dass nicht sie ausgewählt wurden.

Die Personen in diesem Viertel kannten mehr oder weniger den wortkargen, hellhäutigen Sakiyaner und achteten ihn. Es gab kaum jemanden, der seine Dienste noch nicht für sich selbst oder für einen Freund in Anspruch nehmen musste. Durch ihre relativ bekannte Begleitung war Lianna zwar nicht mehr unsichtbar, aber viel sicherer unterwegs, was sich für sie lohnen würde. Eine blinde Frau und ein junges Mädchen waren allein viel zu leichte Beute für Überfälle oder Angriffe, die durch Alkohol entstanden.

Ohne ein Wort zu wechseln kamen sie zügig bei Zahirar Antar's Theke an und durchschritten die Bar. Wie gewöhnlich war sie gut gefüllt, Musik und Stimmen vermischten sich zu einem großen Surren, welches durch die stickige Luft schwang.
Mit einem kurzen Blick zu ihrem Begleiter entschuldigte sie sich bei ihm. Durch seine angeborenen weit entwickelten Sinne musste es alles Andere als ein Vergnügen sein, durch so einen Raum zu laufen. Sein angewiderter Blick bestätigte ihre Vermutung und sie bemühte sich,schnell durch die Menge zur Ausschenke und zur Tür dahinter zu gelangen.

Bereits hinter der ersten Tür wurde es merklich stiller. Kurz liefen sie durch einen schmalen Gang, dann gelangten sie auf den Hinterhof des Gebäudes.

Drei Schritte, und Lianna öffnete ihre Haustür, während sie gleichzeitig eine bestimmte Reihenfolge von Klopfzeichen auf dem Brett machte, um ihre Mutter zu signalisieren, dass sie zurückgekehrt war.

"Lianna, Gott sei Dank! Endlich bist du wieder zu Hause!"
Ihre Mutter schnellte vom einzigen Stuhl im Raum hoch und tastete sich hastig an der Wand entlang zur Tür.
"Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, du hast noch gar nicht geschlafen!"

Das Kind, was sie noch war, ergriff die nach ihr ausgestreckten Hände und streichelte kurz sanft mit ihren Daumen über die Handrücken.

"Es ist alles in Ordnung, Mama, aber es gibt ein paar Dinge, die ich erzählen muss. Komm, lass uns erst ein Mal eintreten."
Sie drehte Zita und geleitete sie zum Bett, wo sie ihr bedeutete, sich zu setzen.
"Bei mir ist Torg, erschrecke bitte nicht."

"Was macht er denn hier? Bist du etwa verletzt?"
Sie machte Anstalten, sich wieder zu erheben und begann, mit ihren Händen den Körper ihres Kindes ab zu suchen. Lianna fing die Hände wieder ein und beschwichtigte sie.

"Nein, mir geht es gut, das habe ich doch schon gesagt. Gedulde dich bitte kurz, ich erkläre das alles gleich."
Ihm bot sie den letzten Stuhl an, der noch heil geblieben war. Bis vor einiger Zeit hatten sie zwei besessen, aber das Holz der Möbel ist Morsch geworden und so hatte einiges sein Ende im Ofen gefunden.

Als sich beide gesetzt hatten, setzte Lianna zum Sprechen an.

"Ich habe es Torg bereits gesagt, deswegen ist er hier. Mama, wir werden umziehen. Wir werden keinen Tag länger in diesem mickrigen, nassen Raum verbringen. Wir werden das wenige, was wir behalten möchten, nehmen und von hier verschwinden."
Stille folgte ihren Worten. Zögerlich setzte ihre einzige Verwandte dann zum Sprechen an.

"Aber wie... wohin sollen wir denn gehen, Lianna? Wir haben doch kein Geld, wir können uns selbst dieses Zimmer kaum leisten!"
Ihre Stimme brach. Eine Träne zog sich über ihre Wange Bahn, so sehr schmerzte es sie, wie wenig sie doch ihrer Tochter bieten konnte.

"Ich bekomme ab heute regelmäßig Geld. Ich habe eine andere Arbeit für mich gefunden, fern von diesem Viertel. Wir müssen uns aber etwas beeilen, das Lufttaxi wartet an der Schleuse und der Fahrer ist von der ungeduldigen Sorte. Außerdem muss ich zurück. Torg hilft uns. Verstehst du, Mama? Wir lassen das alles hinter uns!"

"Nun sag uns doch endlich, was für eine "Arbeit" du bekommen hast, dass du dir eine neue Wohnung weiter oben leisten kannst."
Schnell schickte sie dem Mann einen mahnenden Blick zu. Er wusste, dass sie ihrer Mutter nicht gebeichtet hatte, womit sie ihr Geld verdiente, weshalb sein Tonfall ihr zu verräterisch klang.
Aber er grinste nur spöttisch.

"Ich werde eine Jedi."

Wieder folgte Stille.

Schließlich wurde sie von dem Glucksen des alten Sakiyaners unterbrochen. Sie hatte ihn noch nie Lachen hören. Früher hatte sie gedacht, er besäße überhaupt keinen Humor und jetzt? Saß er vor ihr und konnte sich vor Lachen kaum beherrschen.

Zita brachte zwischendurch nur ein entrüstetes "Lianna...!" heraus, was aber in den Geräuschen Torgs unterging.

Sie hatte mit ihrer Geduld zu kämpfen. Es war ja verständlich, dass es etwas sehr Unwahrscheinliches war, aber hatte sie ihm je Anlass gegeben, ihren Worten zu misstrauen? Sollten sich die Beiden nicht eher freuen, als so zu reagieren?

Als er sich endlich beruhigt hatte, schaffte es die ältere Frau endlich, ein paar Worte zu sprechen.

"Wie... wie kommst du denn darauf, dass du eine Jedi wirst? Ich dachte du wärst zufrieden mit deiner Arbeit als Laufbotin?"

"Hast du hier schon jemals einen Jedi gesehen, kleines dummes Mädchen? Ich bezweifle, dass sie sich wirklich für unsereins interessieren."
Es schien ihr, als ob er noch etwas hinzufügen wollte, sich dann aber selbst zurück hielt.

Ein Seufzer drang aus ihrer Kehle.

"Ich bin heute früh nochmal aufgebrochen und begegnete einer Frau, einer Elomin. Nachdem ich ihr etwas brachte, was ihr herunter gefallen war, bot sie mir ein Essen an. Ich bin mit ihr gegangen und es stellte sich heraus, dass sie zum Jedi-Tempel gehörte. Wir unterhielten uns und sie fragte mich, ob ich mich nicht testen lassen wollte."

Hierbei verschwieg sie geflissentlich, unter welchen Umständen es dazu kam.

"Es stellte sich heraus, dass ich wohl machtsensitiv bin. Das heißt, dass ich eine Jedi werden kann, wenn ich wollte. Sie haben mir erlaubt, dich mit in den Tempel zu nehmen, Mama, wenn ich bei ihnen eine Ausbildung anfange, und ich habe zugestimmt. Es ist mir egal, was ihr darüber denkt, aber ich werde es keinen Tag länger dulden, dass du hier in diesem Zimmer hockst. Wir bekommen eine Wohnung, Nahrung, Kleidungsstücke. Du kannst nicht nein sagen, ich werde dafür sorgen, dass du mitkommst, ob du willst oder nicht! Du wolltest doch immer, das wir hier raus kommen, dass es uns besser geht, das hast du dir doch heute Morgen noch gewünscht!"

Sie wurde hitzig und begann, von einem Ende des Raumes zum Anderen zu laufen, was aber durch die geringe Distanz nicht zu der Beruhigung führte, die sie sich damit wünschte.

"Sag du doch auch etwas zu ihr", fuhr sie schließlich ihren Begleiter an, bemerkte dabei nicht, wie unhöflich sie sich gerade gebärdete.

Torg war nach ihrer Erklärung sehr still geworden. Er erhob sich, berührte Zita am Ellenbogen und zog sie hoch.

"Gibt es etwas, was ihr mitnehmen wollt?"

Beide schüttelten nach kurzer Zeit den Kopf. Ihnen wurde klar, dass es nichts gab, was sie behalten wollten, absolut nichts, was sie an diesen Ort erinnern konnte.
Ihre Mutter schien sprachlos zu sein. Dankbar, dass er die Situation in die Hand nahm, berührte sie ihn kurz an der Schulter. Er schaute sie nicht an, nickte aber. Der Mann verstand, was sie ihm damit sagen wollte.
Sie nahmen ihre Mutter in die Mitte und nahmen den Weg zur Schleuse auf.
Die Anderen in der Bar, auf der Straße machten ihnen - nun ja, Torg- Platz und sie kamen schnell und ohne Probleme voran, dabei fiel kein Wort zwischen ihnen.

Als sie an ihrem Ziel ankamen, erblickte Lianna sofort einen wütenden, umherstampfenden Taxi-Fahrer mit einem Zylinder in der Faust.

"Dort hinüber."

Der Fahrer sah sie und sein Gesicht erlebte ein Wechselbad der Gefühle von starker Wut über Erleichterung zu betonter Gleichgültigkeit.

"Jede Person kostet extra."
Er warf ihr ihr Übungsgerät zu und machte sich dann daran, Zita zu helfen.

Währenddessen wandte sie sich noch ein letztes Mal ihrem Freund zu.

"Danke, dass du mich unterstützt hast, Ka'Ath. Das werde ich dir nicht vergessen."

Torg schaute in die Ferne.

"Du bist dir sicher, was du tust? Wenn das alles eine Luftblase war, weiß ich nicht, wie deine Mutter damit umgeht. Es war richtig von dir, es mir erst bei euch zu erzählen. Hier unten sind nicht viele gut auf so ein Thema zu sprechen. Immer hieß es, deine Leute würden den Armen, Kranken und Schwachen helfen, aber davon sehen wir hier nichts. Man möchte meinen, dass der Ausbruch des Virus da was dran geändert hätte, aber ich habe noch nie in meinem Leben einen Jedi gesehen. Manchmal glaube ich, dass sie nichts weiter als eine überspitzte Legende sind, die sich die Leute erzählen, um Hoffnung zu schüren."

Sie verstand, was er da sagte. Bis vor einem Tag dachte sie genau das Gleiche über den Jedi-Orden. Aber dieser Tag, heute, hatte sie gelehrt, dass sie falsch lag, dass es die Jedi wirklich gab. Und zumindest von einer Jedi kannte sie die Überzeugung, die sich mit den Mythen deckte. Wenn Lianna ihr Glauben schenken konnte, war es wirklich ein Anliegen des Ordens, zu helfen. Und sie hatte gesehen, wie Kranke in den Tempel geleitet wurden, wie die Wartenden umsorgt wurden. Das konnte nicht alles eine leere Lüge sein.

Gleichzeitig hörte sie aus seinen Sätzen bereits die Distanz zwischen ihnen, was sie traurig machte. Torg begann sie- wenn vielleicht auch unterbewusst- bereits von den Leuten im Viertel zu trennen, als ob sie nicht dazu gehören würde. Als ob sie schon immer zu den Jedi gehört hätte, die in seinen Augen nichts für die Bürger taten.
Seine Worte verletzten sie auch auf eine sonderbare Art und Weise, aber sie versuchte, es ihm nicht übel zu nehmen, er hatte es vermutlich nicht einmal bemerkt.

"Weißt du, Torg. du könntest mitkommen. Du als Mediziner wirst beim Orden bestimmt gebraucht, und dort bist du sicherer vor dem Virus und vor anderen Krankheiten. Du könntest auch ein Besseres Leben führen."

Sie sah, wie sich ein kleines Lächeln auf sein blassen Gesicht schlich.

"Nein, Lianna. Die Leute brauchen jemanden, der sich in der Medizin auskennt, hier verdiene ich mir mein gutes Geld. Wenn die Gerüchte wahr sind, würde ich für die Behandlungen bestimmt keine Credits und keine Gefallen mehr verlangen dürfen. Ich lebe hier im Luxus, ich bin hier angesehen und kann so viel Verlangen, wie ich will. Das gebe ich doch nicht für Nächstenliebe her! Und falls ich irgendwann auch an dem Virus erkranken sollte, gehe ich lieber zu Leuten, die einen wirklich heilen können anstatt zu den Jedi. Das, was du mir für meine Hilfe angeboten hast, ist im übrigen sehr dürftig. Du schuldest mir was, ob Jedi oder nicht."

Nun stahl sich auch auf ihr Gesicht ein kleines Lächeln.
Torg war ein bezeichnender Bewohner der unteren Ebenen, im Jedi-Orden würde er wirklich nicht hinein passen. Ihm war es immer wichtig gewesen, dass er bei allen Abmachungen einen Gewinn erzielte, obwohl er ihr mit den letzten Sätzen auch liebevoll zu verstehen suchte, dass es nicht das letzte Mal war, dass sie von einander hörten. Und dass er sie nicht vergessen würde.

Eine Sache allerdings machte sie doch stutzig.

"Ich dachte, es könnte niemand das Virus heilen?"

"Da bist du wohl falsch informiert. In der Nähe gibt es ein paar Leute, die das schon ein paar Mal gem-..."
Der Sakiyaner wurde herrsch vom Fahrer unterbrochen.

"Bürschchen, wenn ihr zwei nich bald einsteigt oder euch vonenander verabschiedet, flieg ich ohne dich los!"

Siedend heiß fiel ihr ein, dass ihre Mutter wartend im Lufttaxi saß und Lianna sie noch ins Quartier bringen musste. Wes und Alisah waren bestimmt bereits in der Cantina, während sie sich hier verquatschte. Aber es fiel ihr ungeahnt schwer, sich von Torg zu verabschieden. Er gehörte die letzten Jahre zu ihrem Leben dazu und war das Einzige, was sie bedauernd zurück ließ.

Er schien es zu bemerken und schob sie in Richtung Fahrzeug.

"Ich werde nicht vergessen, dass du mir noch was schuldest..", flüsterte er ihr noch leise zu, ehe er sie hinein steckte und die Tür schloss.
 
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