Lässt nur eine Sache zu: es ist Rens Unterbewusstsein, der sich selbst für den Mord an seinem Vater vergibt. Ohne Rücksicht auf seine Schuld oder sonstwas. Einfach nur "ich hab dich getötet, aber jetzt vergebe ich mir für diese Untat... und wenns in Form meines Vaters selbst ist". Und das finde ich ekelhaft...
Ich denke nicht, dass die Szene so verstanden werden möchte. Das Figuren-Fünfeck „Han-Leia-Luke-Ben-Rey“ wurde hier, auf den Vatermord und dessen Umstände auf der Starkiller-Basis in Episode VII bezugnehmend, auf eine gewisse Weise zu einer Auflösung geführt. Der von Snoke (bzw. Sidious) zum Kylo Ren manipulierte Ben Solo tötet seinen Vater auf der Brücke der SKB, um seine innere Zerissenheit in totale Dunkelheit zu reißen (was ihm jedoch nicht wirklich gelingt). Han hatte vermutlich ein arg mulmiges Gefühl, man hat ihm die Überzeugung, Ben zurückbringen zu können, aber durchaus abgenommen - umso überraschter wirkte er, als Ben ihn aus kürzester Distanz angriff; trotzdem habe ich das Streicheln von Bens Wange immer als väterlich und verzeihend interpretiert. (Ich meine auch, dass dies von offizieller Seite einmal als „vergebende Geste“ kommuniziert wurde; bin mir aber nicht sicher.) Ich halte es für absolut denkbar, dass Ben diese gemeinhin wohlwollend bis liebevoll zu wertende, letzte Geste seines Vaters auch als solche wahrgenommen hat; immerhin war seine Mimik daraufhin auch sehr bleich und weich. Erst als Chewbacca ihn aus Rachegefühlen mit seinem Bogenspanner attackiert, kam der „Kylo Ren“ bis Filmende wieder zum Vorschein. Dahingehend gehe ich einfach mal davon aus, dass Ben die Vergebung seines Vaters in der Folgezeit als Erinnerung respektive Empfinden stets in sich getragen hat, diese aber in forcierter Dunkelheit (Kylo Ren) sozusagen verdrängt hat. Seine Mutter konnte er in Episode VIII aus seinem TIE-Silencer heraus nicht töten; später auf Crait (nach den Ereignissen in Snokes Thronsaal) befahl er jedoch „keine Gefangenen“ zu machen und verlor zunehmend die Kontrolle. Die Konfrontation mit seinem Onkel Luke machte ihn rasend und ich denke, das
Gefühl, Luke mit seinem Schwert zu töten (was er zweifelsohne gespürt haben wird, bemerkte er die Projektion erst Sekunden danach), hatte eine reinigende Wirkung für ihn: auf der einen Seite dürfte die Sehnsucht nach Rache an Luke schlagartig nachgelassen haben, auf der anderen Seite wurde ihm dieses Gefühl der erlangten Rache kurz darauf wieder genommen, da Luke ihn dazu gebracht hatte, erneut ein unbewaffnetes Familienmitglied töten zu wollen und dabei selbst Zeit für den verbliebenen Widerstand schinden sowie der Galaxis symbolisch Hoffnung geben konnte. Ich möchte nicht soweit gehen zu sagen, dass Luke auch Ben selbst in diesem Moment ein Stück weit (zu welchem in der Folge gezeigten humanen Verhalten auch immer) inspiriert hat, doch er hat definitiv zu dessen Beruhigung beigetragen und hat selbst für seinen Moment der Schwäche in der verhägnisvollen Nacht in Bens Hütte „gezahlt“. Kurz ausgedrückt: Der bewaffnete Meister spielt mit dem Gedanken, den unbewaffneten Schüler zu ermorden und treibt diesen auf die dunkle Seite. Später durchlebt der tobende Schüler das Gefühl, seinen unbewaffneten Meister (aus Rache) zu ermorden und wird dadurch wieder ein kleines Stück Mensch. Diese letzte Lektion, dieser feine Unterschied war es, der Luke (und dessen Entschuldigung, Reflexion und Opfer) fortan immer in Ben leben ließ. In Episode IX fokussiert sich Kylo Ren auf Rey und will mit ihr Darth Sidious endgültig stürzen. Als die verwirrte Rey ihn auf Kef-Bir von einer passiv-defensiven Kampfart bis ans Äußerste bringt (er holt mit dem Schwert aus, während sie kaum mehr parierend am Boden liegt), greift die immer noch von der Explosion in TLJ geschwächte Leia nach ihrem im Kampf gegen Rey siegreichen Sohn und möchte ihn anscheinend besänftigen. In der Folge sticht Rey den unbewaffneten Ben in den Bauch. Leia stirbt, Ben wird sterben. Rey wiederum spürt die dunkle Seite ihn ihr, erkennt ihren Fehler und schenkt ihrem bisherigen Widersacher (zu dem sie jedoch auch eine mysteriöse Verbundenheit spürt, das Stichwort lautet mutmaßlich „Zweiklang“) in einem Akt der Reue, aber auch des Vertrauens, die Gesundheit. Ben bleibt zurück, hat eine ähnliche Wunde wie einst sein Vater gespürt und trotzdem Vergebung und Vertrauen erfahren. Dies (und eventuell eine gewisse, letzte macht-telepathische Mithilfe von seiner Mutter Leia) hat Ben nochmal die finale Begegnung mit seinem Vater ins Gedächtnis gerufen. Wie es sich angehört hat, wie es sich angefühlt hat, was sein Vater bewirken wollte. Er hört Entschlossenheit, er fühlt Vergebung und er versteht Hans Vertrauen in das Gute. Han redet nicht wirklich (als Geist oder ähnlichem) mit ihm, doch Hans Handlungsstrang zum furchtlosen Vater, der sich sogar der dunklen Seite stellt, wird hier zu Ende geführt. Seine letzten Worte und seine letzte Geste tragen Früchte. Han
hat Leias letzten Wunsch erfüllt: Er hat Ben zurück gebracht. Ben war ab diesem Zeitpunkt, so denke ich, zwar nicht mit sich im Reinen, aber er war entschlossener denn je, seinen Vater und seine Mutter zu ehren und Rey mit allem, was er hat, im Kampf gegen Darth Sidious zur Seite zu stehen.