Fresia (Fre'ji-System)

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Der Wassergleiter jagte über das Meer hinweg, die aufreibenden Wellen schneidend wie ein Messer, das einen sichtbaren Schnitt in frischer, steif geschlagener Sahne hinterließ. Giselles Haare, ergriffen vom Wind, entwickelte ein Eigenleben und ihr Rock begehrte auf, alles zu entblößen. Die Vahla stand dicht neben Gebbs, während Fleetfire mit lauter Stimme ein paar kurze Informationen zu ihrem Kurs über den Lärm des Gleiters und der Wellen hinweg rief. „Big Pearl“ nannten sie den Ort, an dem sie ins Wasser gehen und nach dem Lumium tauchen würden. Giselle prägte sich diese Informationen gut ein. Notizen würde sie sich erst später machen. Für Arbeiten unter Wasser war ihr Datapad nicht geeignet und sie hatte es in ihrer Tasche gelassen. Aber wenn sie später ihren Bericht über die heutige Tour schrieb, konnte sie noch immer auf die Hilfe er anderen Anwesenden zurück greifen.

Sie begann die Taucherausrüstung aus ihrer Folie zu wickeln, als Exodus sich in ihre Richtung sie schob. Wenn er ihr eine Einweisung in die Aurüstung geben wollte, gerne. Giselle hatte keinerlei Ahnung, wie das Atemgerät und das daran verbundene Sprechstück funktionierte.


“Ich hoffe, ich mache das nicht kaputt.“

Murmelte Giselle, als sie den Anzug auseinander faltete und Gebbs bat, kurz die handlichen technischen Komponenten für sie zu halten. Exodus lächelte sie zu, als er neben ihr zum Stehen kann und beugte sich zu ihm, als er begann, sie mit gedämpfter Stimme etwas zu fragen, sodass ihn keiner der Umstehenden hörte. Wo sie sich umziehen würden, wollte er wissen. Giselle schaute sich um.

“Hmm, du hast Recht.“ Überlegte sie. “Viel Platz ist hier nicht.“

Prüfend betrachtete sie den in ihrem Arm liegenden, hautengen Anzug.

“Ich sehe uns schon auf einem Bein herum hoppsen, um überhaupt da hinein zu kommen.“

Ein Lachen erschien auf ihrem Gesicht. Die Nautolaner hatten es da praktischer. Keiner von ihnen benötigte irgendeine Art von Schutzanzug oder Sauerstoffgerät. Ihre Haut passte sich den kühlen Temperaturen, die ihrer natürlichen Umgebung entsprach, problemlos an und sie waren imstande vollkommen ohne Hilfsmittel unter Wasser zu atmen.

“Aber das kriegen wir schon hin. - Ah, Niko? Könntest du vielleicht kurz das hier nehmen?“

Giselle wandte sich an einen der Nautolaner, drückte ihm den Anzug in die Hand und bückte sich, um die mehrfach um ihre Fußgelenke gewickelten Bänder ihrer Sandalen zu lösen. Die wollte sie unter Wasser schließlich nicht an behalten und Exodus ging besser auch barfuß. Andernfalls, so dachte Giselle amüsiert, würde er die Gelegenheit noch nutzen, ihr heimlich ein zweites Paar Schuhe auf die Liste von Dingen zu schreiben, die sie ihm schuldete.

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Das musste doch ein Scherz sein. Teil ihres neckischen Spiels, das Giselle schon heute Morgen so lustvoll fortgeführt hatte. Er fragte, wo sie sich umziehen konnten und sie bemerkte nur, wie wenig Platz hier war – und dass sie auf einem Bein hopsen mussten, um in den Anzug zu steigen. Exodus entglitten die Gesichtszüge als sie langsam die Schnüre ihrer Sandalen löste. Eins zu Null für Giselle, dieser Gag war ihr wirklich gelungen.

„Jaaah.“

machte Exodus ratlos, unsicher, was er mit dieser Situation anfangen sollte. Giselle war völlig unbeeindruckt: Den ersten Sandalen hatte sie mittlerweile abgestreift. Danach nestelte sie am zweiten Fuß herum und warf dem starr neben ihr stehenden Exodus einen Blick zu, der wohl auffordernd gemeint gewesen war. Ja, sicher, sie wollte, dass er sich jetzt auch hier auszog. Alles klar. So lief das Spiel. Sie zog sich aus, er zog sich aus, haha!
Dann klappte Exodus der trockene Mund auf. Seine Assistentin hatte sich beider Sandalen entledigt und stieg jetzt in das erste Bein des hautengen Taucheranzugs. In einem Rock. Wenn Zeit dazu gewesen wäre, hätte Exodus sich mit der flachen Hand auf die Stirn geklatscht. Er hatte sich ja schon gedacht, das Giselle freizügig veranlagt war – und diesen Umstand auch schon ausgiebig genossen – aber das ging nun wirklich nicht mehr. In diesem Moment brach die ihm anerzogene coruscantische Etiqette durch und während die Vahla schon den zweiten Fuß in das Bein des Anzugs gesteckt hatte und dabei so sehr herumhampelte, dass ihr Rocksaum gefährlich nach oben hüpfte, ging Exodus zu ihren Füßen in die Knie und umschloss mit seinen Fingern den Taucheranzug. Er drückte den Stoff etwas nach unten und Giselles Finger, mit der sie den Anzug – und damit zwangsläufig auch ihren Rock – hatte hochziehen wollen, griffen ins Leere. Damit hatte er sie zumindest davor bewahrt, ihren Rock unbewusst noch weiter nach oben zu schieben. Exodus legte seinen Kopf in den Nacken und sah sie eindringlich an, während ihm auffiel, dass der Versuch sie vor weiterer Entblößung zu bewahren zumindest aus seiner neuen Perspektive nicht vollends geglückt war. Immerhin war er der einzige, der hier so dämlich zu ihren Füßen kniete und damit den Anblick bekam, den vermutlich alle männlichen Wesen auf diesem Schiff freudig erwartet hatten. In einem Anflug von Anstand versuchte er, nicht allzu intensiv hinzusehen. Aber die Blicke der anderen spürte er deutlich auf seinem Hinterkopf. Langsam richtete er sich wieder auf und sah Giselle eindringlich an. Dann schüttelte er den Kopf, schob seine Lippen direkt vor ihr Ohr und flüsterte energisch:


„Das geht so nicht. Du kannst dich doch hier nicht einfach ausziehen.“

Sie hatte innegehalten, was das Ziel seiner Rettungsaktion gewesen war, also fügte er noch hinzu:

„Und ich auch nicht.“

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Giselle hielt inne, obgleich sie schon zu einem guten Viertel in dem engen Neoprenanzug steckte und schaute verdutzt auf Exodus herab, der vor ihr hockte und die hoch gekrempelten Beine des Anzugs aus ihrer Griffweite gezogen hatte, um sie daran zu hindern, sich weiter anzuziehen. Giselle zog die Brauen zusammen. Wollte er, dass sie dieses Ding anzog oder nicht? Erst als er wieder aufstand, begann es Giselle zu dämmern. Das war so ein Menschending. Alle starrten in ihre Richtung, als er sich dicht zu ihr lehnte und in ihr Ohr flüsterte, dass sie sich auf keinen Fall hier ausziehen konnte. Giselle seufzte. Warum musste er es so kompliziert machen? Was war dabei, sich kurz diesen Anzug anzuziehen? Keiner der Anwesenden würde Giselle irgendetwas weg gucken.

“Warum nicht?“

Wisperte sie zurück.

“Ich kann schlecht im Rock schwimmen gehen.“

Dass sie dies nicht konnte, wussten sie beide, aber das war auch nicht die Frage. Sich Nikos und Gebbs interessiertem Blick unangenehm bewusst, sah Giselle Exodus fragend an. Für sie war nichts dabei, sich auszuziehen. Nacktheit gehörte zu den natürlichsten Dingen des täglichen Lebens. Unter den Vahla war es vollkommen normal, ein freies, ungezwungenes Körpergefühl zu entwickeln. Bei den meisten Kulturkreisen der Menschen war dies jedoch anders, gerade bei solchen, die in großen Städten lebten. Status und Ruf wurden fest gemacht an Besitz und gesellschaftlichem Erfolg. Dazu gehörte das Auftreten in prunkvoller, teurer Kleidung. Man zeigte, was man besaß anstelle dessen, womit man gesegnet war.

“Ähem.“

Ein Räuspern zu ihrer Linken ließ Giselle und Exodus gleichermaßen in Gebbs Richtung schauen.

“Ihr könntet auch zuerst mit Fleetfire zur Plattform und euch dort umziehen. Wenn ihr dann zurück zur Pearl kommt, holen zwei von uns euch im Wasser ab.“

Schlug der Nautolaner vor und zuckte mit den Schultern. Das erschien eine recht einfache Lösung zu sein. Einfach, aber unnötig. Gebbs Blick ging zwischen ihr und Exodus hin und her. Giselle atmete tief ein.

“Das entscheidet der Boss.“

Sagte sie und schaute ihrerseits abwartend zu Exodus. Er war der Chef und er hatte das Sagen. Wenn er entschied, dass sie erst zur Plattform fahren würden, würden sie das tun, auch wenn Giselle fand, dass sie dadurch lediglich Zeit verlieren würden. Für sie brauchte er den ursprünglichen Plan nicht zu ändern.

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Giselle zeigte kein besonders großes Verständnis für seine hastige Intervention. Die Vahla kam Exodus in diesem Moment, ohne etwas dafür zu können, wie ein kleines Mädchen vor, dem er die Sitten der Erwachsenen erklären musste. Aber derlei Dinge unterschieden sich von Kultur zu Kultur. Wenn es denn überhaupt eine kulturelle Frage war und nicht einfach nur ein seiner Assistentin inhärenter Hang zum Nudismus. Exodus atmete nach ihrer Erwiderung tief durch. Natürlich konnte sie nicht im Rock tauchen gehen – da würde man ihr erst Recht auf den blanken Hintern starren können. Immerhin wäre Fleetfire unter Wasser nicht dabei, sondern nur die Nicht-Menschen und er selbst. Bevor Exodus zu einer Antwort ansetzen konnte, räusperte sich einer der Nautolaner, der ihr Gespräch und ihre Aktion, wie alle anderen auch, verfolgt hatte, und machte einen Vorschlag: Sie sollten mit Jost Fleetfire bis zur Plattform fahren, sich dort umziehen und dann wieder zurückkehren. Ja, das war ein vernünftiger Vorschlag. Zeitaufwendig zwar und mit Jost Fleetfire an der Backe, aber vernünftig. Oder nicht? Giselle hatte den Taucheranzug schon zu einem Teil an und sie jetzt zu zwingen, das Ding wieder auszuziehen, würde der ganzen Aktion nur noch mehr Aufmerksamkeit bescheren. Vor seinem inneren Auge blitzte das Bild von Giselle auf, das er bei seiner vermeintlichen Heldentat zu sehen bekommen hatte. Dann blickte er weiter an ihr hoch. Es war nicht zu erkennen, ob sie unter dem Top überhaupt noch etwas anderes trug. Nein, entschied er. Das kam nicht in Frage. Wenn sie wenigstens einen Bikini getragen hätte ...
So arglos wie Giselle war, hatte er das Gefühl sie beschützen zu müssen. Oder begann er langsam besitzergreifend zu werden? Unten am Strand hatte er Giselles fast nackten Körper an sich gedrückt. Wollte er jetzt verhindern, dass irgendwer anders diesen Anblick ebenfalls genießen konnte? Nein, entschied er für sich. Besitzergreifend war er nicht. Das war nicht sein Stil. Dennoch schob er den Gedanken bei Seite und nickte dem Nautolaner zu. Dann sah er wieder zu Giselle. Seine Assistentin erklärte dem fragenden Nautolaner, Exodus habe das entscheiden, ob sie sich hier umziehen durfte oder nicht. War ihr Tonfall etwa bockig? Erneut kam er sich vor wie ein strenger Vater. Obwohl der Gedanke, zu entscheiden, ob sie sich auszog oder nicht, auch etwas Aufregendes hatte. Aber nicht jetzt.


„Die Idee klingt vernünftig. Wir fahren zur Plattform.“

entschied er schließlich und sah Giselle dabei nicht an, sondern warf stattdessen einen knappen Blick in die Runde.

„Hier gibt’s also nichts zu sehen.“

Oh man, was ein Drama. An jedem anderen Ort hätte er Giselles Drang zur Entkleidung nicht unterbunden, sondern freudig darauf hingefiebert. Naja, an fast jedem zumindest. Er vermied es Giselle dabei zuzusehen, wie sie sich wieder aus dem Anzug schälen würde und blickte zur noch weiter entfernten Plattform im Meer. Immerhin bekam er dann die Gelegenheit sich ihr Lumium-Lager schon einmal anzusehen. Wenn Giselle dann immer noch den Drang hatte sich vor ihm auszuziehen ... vielleicht vergaß er seine Ritterlichkeit dann doch für einen Moment.

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So waren die Würfel gefallen. Exodus hatte Gebbs Vorschlag angefangen. Die Nautolaner würden im Wasser bei Big Pearl abgesetzt wie geplant, während Exodus und Giselle weiter zur Plattform fahren würden um sich dort, während Fleetfire die Auffangbehältnisse holte, umzuziehen. An der Vorgehensweise war nichts Verwerfliches. Es war eine gute Lösung und Giselle war sicher, dass Exodus Gebbs dankbar für den Vorschlag war. Ihr war klar gewesen, als der Nautolaner diese Idee geäußert hatte, dass Exodus sie annehmen würde. Es war das Einfachste gewesen, auch wenn Giselle seine Ansicht, dass sie sich nicht auf dem Gleiter hätte umziehen können, nicht teilte. Sie sagte jedoch nichts, denn es war, wie sie gesagt hatte: es war an ihm gewesen, die Entscheidung über eine Verzögerung des Tauchgangs zu treffen und er hatte es getan. Als Leiter des Projektes hatte er das Sagen und Giselle hatte sich damit zu arrangieren, ob sie damit zufrieden war oder nicht. Problematisch war lediglich, in einem Fall wie diesem, der mittlerweile vertrautere Umgang zwischen ihnen. Situationen wie diese waren der Grund dafür, warum es ratsam war, Privates von Geschäftlichem zu trennen – was sie nicht konsequent taten.

Ihre Beine steckten bis knapp über dem Knie in dem engen Taucheranzug. Der Rest des Anzugs lag wie Ballast über ihren Füßen. Giselle hatte aufgehört, sich weiter anzuziehen, doch sie machte auch keine Anstalten, sich wieder aus dem extrem schwerfälligen Stoff heraus zu schälen. Sie blieb einfach dort stehen, wo sie war, ohne sich zu bewegen und bot einen seltsamen Anblick, in ihrer scheinbar eigenartigen Kleiderwahl, bestehend aus einem luftigen Rock und nur zur Hälfte angezogenen Hosen aus Neopren. Giselle war sich bewusst ob der Blicke, die ihr von verschiedenen Seiten zugeworfen wurden. Einige blieben an ihr hängen, andere wanderten hinüber zu Exodus.


“Ich zeige dir dann nachher, wie das Mundstück funktioniert.“

Bot Niko ihr an. Der Nautolaner war einer von denen, mit denen Giselle sich bereits abends in der geselligen Runde im Camp unterhalten hatte. Er war gut befreundet mit Jak und Gebbs und hatte sich dem Projekt auf Fingers Mark angeschlossen, weil er hoffte, dass sich die Erwähnung einer Firma wie der Wingston Corporation gut in seinem Werdegang machte. Giselle nickte ihm zu.

“Abgemacht.“ Antwortete sie. “Dann vertraue ich darauf, dass du mich gleich abholst, wenn ich vollkommen unvorbereitet in die Fluten geworfen werde.“

Sie grinste Niko zu. Kurz darauf erhob sich Jost Fleetfires Stimme über den Köpfen der Crew:

“Erste Station! Big Perl! Alle Mann von Bord!

Bewegung kam in die Truppe und die ersten Nautolaner sprangen ins Wasser. Das war also die Stelle, an der das Lumiumvorkommen am größten war. Natürlich konnte man von ihrer jetzigen Position aus – über Wasser – noch nichts erkennen. Sobald Exodus und Giselle zurück kamen, würden sie aber auch Gelegenheit haben, zu tauchen.

“Alle von Bord außer der Boss und seine Mieze.“

Hörte Giselle eine Stimme nuscheln, während es auf dem Deck des Gleiters leerer wurde. Dass manch einer so sprach, überraschte sie nicht. Es war klar, dass es Gerüchte gab, die gab es immer. Sou und Zera waren von dem Moment an mistrauisch gewesen, als Giselle ihr Zelt betreten hatte, um dort ihren Schlafplatz aufzuschlagen, sie hatten begonnen sich ihre eigene Geschichte zusammen zu reimen, nachdem Giselle und Exodus gemeinsam im Dschungel gewesen waren und natürlich begannen die Arbeiter zu reden, wenn Exodus seiner Assistentin im Beisein aller untersagte, sich an Ort und Stelle umzuziehen. Sie waren nur noch zu dritt, inklusive dem Piloten, als sie ihre Fahrt zur Plattform, die ein Stück weiter in Richtung der nächstgelegenden Insel lag, fortsetzten. Giselle stand an der Reling und schaute aufs Meer hinaus. Fleetfire rief ihnen zu, dass sie in wenigen Minuten da waren. Abgesehen von dieser knappen Information sprach niemand. Bis sie die Plattform erreichten, dauerte es tatsächlich nicht lange. Sie war von mittlerer Größe – ziemlich exakt 100 Quadratmeter, wie Giselle aus den Dokumenten im Terminal des Camps entnommen hatte. Fleetfire hielt den Gleiter an einer der Anlegestellen, von wo aus eine kleine Treppe den Ausstieg aus diversen Fahrzeugen und den Aufstieg auf die Plattform erleichterte.

“Nächstes Ziel!“

Rief er laut, bevor Exodus' Blick, ob es seine Absicht gewesen war oder nicht, ihn zum Schweigen brachte. Giselle bewegte sich nicht vom Fleck. Mit über der Hälfte des schweren Anzugs an ihren Beinen hängend, konnte sie nicht einen einzigen Schritt machen, ohne vornüber zu fallen, geschweigedenn die wenigen Stufen zur Plattform hinauf steigen.

"Ich ziehe mich hier an."

Kündigte sie an, während Fleetfire mit großen Schritten über das Deck stakste, um die Auffangbehältnisse zu holen.

"Es sei denn, du bestehst weiterhin darauf, dass ich mich auf der Plattform umziehe. In diesem Fall müsstest du mich jedoch dort hinauf tragen."

Forderte sie ihn heraus. Sie wusste nicht, ob er das tun würde. Wieviel lag ihm daran, seinen Willen durchzusetzen? In Giselles Augen blitzte es auf. Sie verstand, auch wenn es ihm vermutlich nicht bewusst war, dass er in ihrem Interesse gehandelt hatte. Die Sache war, sie schätzte ihn dafür. Vielleicht sogar ein Stück weit zu viel.

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So hatte er sich das nicht vorgestellt. Ein gemeinsamer Nachmittag mit Giselle hatte es werden sollen. Ein arbeitssamer Nachmittag zwar, aber eben mit Giselle. In der Regel bedeutete das nicht nur seriöse Arbeit, sondern auch mal einen Spaß zwischendurch – insgesamt also eine lockere Atmosphäre. Jetzt hatten sie eine Meinungsverschiedenheit und die Art und Weise, wie sie das Thema ausgefochten hatten, barg das Potential für einen Streit. Das Problem dabei war: Er war hier der Chef und damit verbot sich eine ordentliche Streitkultur eigentlich. Selbst wenn Giselle nicht seiner Meinung gewesen wäre, hätte sie hier vor versammelter Mannschaft kaum eine Szene machen können, ohne seine Autorität deutlich zu untergraben. Das war nicht in ihrem Sinn, so viel spürte Exodus. Ihr sonstiges Verhalten – oder Nicht-Verhalten – einzuordnen viel ihm allerdings schwer. Sie schwieg, genau wie er. Oder zumindest schwieg sie ihm gegenüber. Mit einem der Nautolaner wechselte sie ein paar Worte, was Exodus nicht entging, da er immer noch dicht neben ihr stand. Über Big Pearl hielt Jost Fleetfire den Gleiter schließlich an und ließ die Nautolaner das Deck verlassen. Einer nach dem anderen sprangen sie ins Wasser. Einigen von ihnen merkte man die Vorfreude deutlich an. Das Wasser war eben ihr Element. Exodus sah ihnen gedankenverloren zu. Sagte Giselle nur nichts zu ihm, weil er ebenfalls nicht das Wort ergriff? War das ihre Art mit Autorität umzugehen? Er hatte die Entscheidung gefällt und damit gab es nichts mehr zu sagen, weil sie sich jetzt wieder eindeutig auf die berufliche Schiene begeben hatten? Als im Dschungel der Konflikt mit den Mon Calamari aufgekommen war, hatte sie ihre Meinung auch vehement vertreten. Andererseits war die Lage dort auch dringlicher gewesen – und die Vertrautheit zwischen ihnen noch nicht so groß, wie nach den gemeinsamen Erlebnissen im Dschungel und am Fuße der Klippe. Außerdem – und jetzt warf er ihr wieder intensivere Blicke zu – trug sie noch immer die Hälfte des Neopren-Anzugs. Er war davon ausgegangen, dass sie sich dem Ding nach seiner Entscheidung entledigen und erst auf der Plattform wieder anziehen würde, aber in diesem Punkt überraschte sie ihn wieder einmal und er spürte leichten Ärger darüber in sich aufkeimen.
Dann erreichten sie die Plattform und Fleetfire warf ihnen beiden fragende Blicke zu. Bevor Exodus das Wort an Giselle richten konnte, ergriff sie selbst die Initiative und erklärte, sie würde sich hier auf dem Schiff umziehen. In ihrem Neoprenanzug konnte sie sich kaum bewegen, erkannte auch Exodus jetzt. Sollte er jedoch darauf bestehen, dass sie sich auf der Plattform umziehe, betonte sie und Exodus tauschte eindringliche Blicke mit ihr, konnte er sie natürlich auch dort hinüber tragen. Seine Mundwinkel zuckten und er schüttelte ungläubig den Kopf. War sie jetzt nur bockig oder meinte sie das ernst, aus einer Perspektive, die er wieder nicht verstand? Einen Moment lang sagte er nichts und nahm sich die Zeit darüber nachzudenken. Er hatte einmal gelesen, dass gut funktionierende Paare Streitigkeiten häufig so auflösten, dass sie alles wie einen Scherz oder eine Nichtigkeit wirken ließen. Nun waren er und Giselle kein Paar in dem Sinne – aber vielleicht ließ sich der Gedanke ja auch auf Arbeitsbeziehungen anwenden. Oder Freundschaften. Oder Mitteldinger zwischen diesen beiden Polen. Er legte den Kopf schief und brachte endlich wieder ein Grinsen zustande. Alles wie einen Scherz aussehen lassen ...


„Also gut.“

In einer einzigen Bewegung ging er vor ihr in die Hocke, packte sie mit beiden Armen knapp unter dem Hintern an den Oberschenkeln und schwang sie über seine Schulter. Jetzt konnte er ihren Gesichtsausdruck nicht mehr sehen und kaum abschätzen ob ihr die Sache gefiel oder nicht. Zur eigenen Rechtfertig sagte er noch:

„Du hast es nicht anders gewollt.“

Der Unterton seiner Stimme war fröhlich und sein Grinsen wurde breiter. Ja, dieser Wechsel zwischen Arbeits- und Privatmodus – darüber würde er noch einmal nachdenken müssen. Oder er wartete einfach ab, wie sich die Dinge weiter entwickelten. Das klang in seinen Ohren eigentlich sogar nach dem besseren Plan. Sie kannten sich erst einige Tage und das war der erste Vorfall dieser Art. Abwarten war wirklich ein guter Plan. Mit Giselle über der Schulter stapfte er über das Deck und grinste auch Jost Fleetfire zufrieden an.

„Hier entlang, Sir.“

sagte der Pilot und Exodus überging sein ironisches „Sir“ diesmal sogar. Fleetfire fuhr eine kleine Rampe zu der etwas höher gelegenen Plattform aus. Diese kleine Basis im Ozean diente vor allem zur Lagerung des Lumiums und entsprechend war sie auch ausgestattet. Außer einem Kran, einem containerartigen Führungshäuschen und weiteren kleineren Containern, in denen leere und gefüllte Lumium-Behälter aufbewahrt wurden, befand nicht viel auf der Plattform. Exodus‘ Augen blieben an dem kleinen Führungshäuschen des Krans hängen. Dort würde er Giselle absetzen und dann konnte sie sich endlich, ganz vernünftig und geschützt vor weiteren Blicken – auch wenn außer ihm nur noch Fleetfire hier war – umziehen. Ob sich ihr Rock dabei nach oben schob oder nicht, spielte dann nur noch in Exodus‘ Fantasie eine Rolle.

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Giselle wusste nicht, ob sie überrascht darüber sein sollte, dass er auf sie eingegangen war. Sie hatte ihn nicht einschätzen können, was er dachte oder wie er die Situation empfand und wie seine Reaktion daher wohl ausfallen würde. Zwar hatte sie es nicht für ausgeschlossen gehalten, dass er sie tatsächlich zur Plattform tragen würde, doch sie war sich dessen auch nicht sicher gewesen. Dass er es jetzt tatsächlich tat – wenn auch auf eine abstruse, komische und lustige Art und Weise – freute sie um so mehr. Fröhlich zappelte sie mit den Beinen, als er sie über seine Schulter warf. Die leicht angespannte Stimmung an Bord des Gleiters war so gut wie vergessen.

“Du Spaßvogel! So hatte ich das nicht gemeint!“

Rief sie lachend und ließ die Arme baumeln.Ihre Position war denkbar ungünstig. Sie konnte gar nichts tun, nur abwarten, bis Exodus sie irgendwo wieder abstellte. Mit Giselle im Gepäck stieg Exodus die kurze Treppe hinauf und ihren ersten Besuch auf der Plattform erlebte die Vahla kopfüber. Viel gab es jedoch ohnehin nicht zu sehen. Die einfachen Container, die als Lager für das agebaute Material dienten, waren kaum einer Erwähnung wert und auch nicht besonders ansehlich.

“Soll ich meine Eindrücke mit dir teilen?“

Fragte Giselle, während sie leicht hin und her schwang.

“Der Boden ist... stabil, denke ich, und.... ja. Ich könnte dir noch etwas über deine Schuhe erzählen.“

Schlug sie vor und grinste. Exodus war auf einen der Container zu gegangen. Ein winziges in der Wand eingelassenes Fenster, direkt neben der Tür, ließ darauf schließen, dass es sich dabei um eine Art Büro handelte und nicht um eines der Lager. Mit einem Zischen öffnete sich die Tür und das Licht um Giselle wurde etwas dunkler, als Exodus eintrat, sich leicht nach vorne beugte und seine Assistentin wieder auf ihre beiden Füße stellte. Mit beiden Händen strich sich Giselle ihre Haare nach hinten und blinzelte zweimal, um sich wieder an den plötzlichen Perspektivenwechsel zu gewöhnen. Es gab nicht viel zu sehen, Giselle erkannte aber nun, dass es sich nicht um ein normales Büro handelte, indem sie sich befanden, sondern um das Führerhaus einer maschinellen Anlage und wenn es nach Exodus ging, dann sollte sie sich offenbar hier umziehen.

“Gut, vielen Dank für den Shuttle-Service.“

Sprach sie, deutete zur Tür und legte ihre Hand in Exouds' Rücken, um ihn hinaus zu schieben.

“Dann bis nachher.“

Sie langte nach dem Griff, mit dem man die altmodische, manuell verschließbare Tür zu zog, hielt jedoch in ihrer Bewegung inn und berührte stattdessen Exodus noch einmal am Arm.

“Hey...“ Sagte sie und lächelte ihm zu. “Danke.“

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„Meine Schuhe?“

Giselle zappelte vergnügt mit den Beinen, während sie Exodus von ihrem Ausblick aus ihrer neuen Perspektive erzählte. Er kam nicht umhin, auf seinen eigenen Ausblick zu schielen. Giselles Hintern befand sich direkt neben seinem Gesicht und bedeckte größere Teile seines Sichtfeldes. Und natürlich der an ihren Füßen hängende Taucheranzug, der so betrachtet irgendwie wie ein Störkörper wirkte.

„Über die kann ich dir auch etwas erzählen. Zum Beispiel, das es mein letztes funktionstüchtiges Paar ist.“

Vielleicht hätte er diesen Punkt noch mit auf die Einkaufsliste für Hill City setzen sollen: Ein neues Paar Schuhe. Mit der Zeit würde sich aber sicherlich auch die Gelegenheit ergeben, selbst nach Hill City überzusetzen und eine Einkaufstour zu unternehmen. Im besten Fall natürlich mit Giselle an seiner Seite, vielleicht unter dem Vorwand eine Modeberaterin zu brauchen. Er machte sich eine gedankliche Notiz und lachte über ihre weiteren kundgegebenen Erkenntnisse.

„Der Boden ist also stabil? Da bin ich beruhigt. Ansonsten müssten wir unsere ohnehin schon lange Liste von Dingen, die ausgebessert oder repariert werden müssen, erneut erweitern.“

Mit diesen Worten betrat er die kleine Führerkabine des Krans, sah sich mit einem flüchtigen Blick um und stellte Giselle sanft auf dem Boden ab. Hier konnte sie sich umziehen, es hatte sogar – von dem Fenster nach draußen abgesehen – fast etwas von einer richtigen Umkleidekabine. Die Vahla bedankte sich artig für den Shuttle-Service, wie sie es nannte, und verabschiedete sich – „bis nachher“. Exodus legte den Kopf schief und schmunzelte ihr entgegen.

„Das klingt, als würdest du viel Zeit einplanen. Wenn du doch noch Hilfe brauchst, ruf mich einfach.“

Dann legte sie ihm ihre Hand auf den Rücken und schob sachte nach draußen. Exodus leistete etwas mehr Widerstand als nötig gewesen wäre, ließ sich dann aber doch bereitwillig aus dem Führerhäuschen bugsieren. Nicht, dass er nicht auch selbst herausgefunden hätte. Aber diese neue körperbetonte Art von ihr gefiel ihm. Er war durchaus gewillt diese Gelegenheiten zu nutzen. Gerade als er ihr vollends den Rücken zugewandt und schon aus der Tür hinaus getreten war, berührte sie ihn noch einmal am Arm und ein angenehmes Kribbeln breitete sich über Exodus‘ Rücken aus. Sein Blick traf ihren und fing dann ihr Lächeln auf. Sie bedankte sich erneut bei ihm und diesmal klang es weniger wie ein Scherz, sondern vollkommen Ernst. Exodus blinzelte ihr entgegen, unschlüssig, was er darauf sagen sollte. Giselle war ihm ein Rätsel. Nicht nur das große, ihn schier verrückt machende, Geheimnis, das sie umgab, sondern auch ihre viele ihrer Handlungen im Alltag. Manchmal jedoch zeigte sie ihm etwas, das ihn verstehen ließ. So wie in diesem Moment. Ihr Verhalten auf dem Gleiter ihm gegenüber war nicht trotzig oder bockig gewesen. So viel hatte er schon erkannt. Aber sie war ihm auch noch ehrlich dankbar.
Seine Lippen öffneten sich, bereit einen seiner üblichen Sprüche loszulassen, irgendwas Witziges, ein Flirt. Dann schlossen sie sich wieder, ohne dass er etwas gesagt hatte. Manchmal tat es einfach gut, zu wissen, dass man etwas richtig gemacht hatte. Gerade für ihn, der er so viele Fehler gemacht hatte, war das ein besonderes Gefühl und ein besonderer Moment. Dann brauchte es keine Worte – nur ein Lächeln. Einen Herzschlag lang blieb er so stehen, sah sie an und deutete ein Nicken an. Er wollte es nicht kaputt machen. Seine Augen funkelten, als er Giselle schließlich wortlos den Rücken zukehrte und das Führerhäuschen verließ.
Sein Bruder hatte ihn einmal mit einer wuchtigen Rede aufrütteln wollen. Er hatte ihn einen Versager genannt und Exodus vorgehalten, er könne ein besserer Vater, ein besserer Freund und ein besserer Mensch sein. Aramân hatte dieses weit zurückliegende Gespräch heute vielleicht vergessen – Exodus hingegen nicht. Die Worte seines Bruders waren die Wahrheit gewesen und hatten sich deshalb in seinem Kopf festgesetzt. Er hatte in seinem Leben in vielerlei Hinsicht versagt, nichts war ihm bewusster als diese Tatsache. Giselle wusste von dieser Vergangenheit nichts und vielleicht fiel es ihr deshalb leichter, ihn nicht zu verurteilen, sondern stattdessen auch einmal die positiven Seiten seines Handelns zu sehen. So wie jetzt.
Exodus ließ das Führerhäuschen mit wenigen Schritten hinter sich und blieb mit seinem eigenen Taucheranzug-Paket hinter einem der Container stehen. Dort zog er sich bis auf die Shorts aus und stieg mit den Füßen in die Beine des Neoprenanzugs. Giselle hatte sich auf dem Schiff tatsächlich nicht besonders umständlich angestellt – den enganliegenden synthetischen Stoff über die Haut zu bekommen, stellte sich also größere Herausforderung heraus, als Exodus gedacht hatte. Der kleine Sauerstofftank der Atemmaske war im Brustbereich des Anzugs angebracht, während die Maske selbst an einem Schlauch verbunden vor Exodus‘ Bauch hin und her baumelte, als er schließlich den Reisverschluss unter seinem Kinn zuzog. Er beließ es vorerst bei diesem Zustand, bemerkte aber zufrieden, dass in die Maske ein Kommunikator eingebaut war, der ihm erlauben würde, unter Wasser mit Giselle zu sprechen. Die Kommunikation mit den Nautolanern würde sich als schwieriger herausstellen, aber im Endeffekt musste er den Nichtmenschen beim Abbau keine Anweisungen geben, sondern ihnen stattdessen selbst zuhören. Seine Klamotten faltete er grob zusammen und steckte sie anschließend zusammen mit den Schuhen in die Plastikverpackung des Taucheranzugs. Damit war er startklar.
Mit nackten Füßen wanderte er den Weg zum Führerhäuschen zurück und blieb neben der Tür, vor der fensterlosen Seite des Gebäudes, stehen. Er konnte von hier aus nicht erkennen, ob Giselle schon fertig umgezogen und zu Jost Fleetfire zurückgelaufen war. Auf Nummer sicher gehend klopfte er einmal gegen die metallerne Tür und rief fragend:


„Giselle?“

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Die Tür schloss sich hinter Exodus und Giselle sah hinunter zu ihren Füßen, wo der Großteil des Taucheranzugs noch darauf wartete, von ihr getragen zu werden. Erleichterung darüber, dass zwischen Exodus und ihr alles in Ordnung war, bemächtigte sich ihrer. Sie hätte nur ungerne gesehen, dass sie über eine Meinungsverschiedenheit wie dieser miteinander stritten. Manchmal sah man die Dinge einfach verschieden. Jeder von ihnen hatte seine eigene Perspektive auf das Leben, das sie so unterschiedlich führten. Exodus war in eine vermögende, vermutlich wohlbehütete Familie hinein geboren worden und hatte, so stellte Giselle sich seine Jugend vor, schon früh gelernt die Geschäfte seines Vaters eines Tages zu übernehmen. Giselle hingegen war aufgewachsen in einer lebendigen Gemeinschaft unabhängig von den großen Themen der Galaxis. Sie hatte gelernt die Natur zu schätzen und zu lesen. Toleranz war wichtig gewesen, doch in Kontakt mit anderen Völkern war sie nur selten gekommen. Das hatte sich erst geändert, als sie nach Alderaan geflogen war. Das Wichtigste war, dass sie andere Denk- und Herangehensweisen respektierten und vielleicht sogar voneinander lernten. Bevor sie sich weiter in den hautengen Anzug schob, streifte sich Giselle ihren Rock und danach ihr Top über den Kopf und ließ beides zu Boden fallen. Nur in einem weißen Spitzenhöschen bekleidet, machte sie sich daran, weiter in die Beine des Anzugs zu steigen, dessen strenger Geruch ihr unangenehm in die Nase stieg. Das Material roch, als sei es chemisch behandelt worden. Exodus hatte sie zwar gerade eben noch damit aufgezogen, dass sie klang, als plane sie viel Zeit ein, um sich umzuziehen, tatsächlich brauchte Giselle aber wirklich einige Minuten. Sie war gerade erst fertig, als es gegen die Wand des Führerhauses klopfte und sie Exodus' Stimme nach ihr rufen hörte.

"Ich bin so gut wie fertig."

Rief sie, zog noch einen Reißverschluss zu und bückte sich, um sich ihre abgelegte Kleidung unter den Arm zu klemmen. Ihre Sandalen befanden sich ohnehin noch an Deck des Wassergleiters. Die Tür öffnend trat Giselle heraus. Exodus' Anblick brachte sie zum Lächeln. Einen Award für das stimmgste Modedesign würden diese Anzüge nicht gewinnen, mal davon abgesehen, dass sie reichlich unbequem waren.

"Fühlst du dich auch so unbeweglich?"

Wollte Giselle wissen und streckte einen Arm probeweise weit von sich. Sie fühlte sich schrecklich eingeengt, fast wie eingesperrt. Auf den Tauchgang selbst freute sie sich nach wie vor, doch sie war froh, wenn sie wieder ihre eigenen Sachen würde anziehen können.

"Wo steckt eigentlicht Fleetfire?"

Giselle ging ein paar Schritte an dem Führerhaus vorbei, um einen Blick auf den Gleiter zu erhaschen, der noch immer unten an der Anlegestelle lag. Der Pilot stand hinter der Steuerung des Gleiters, die Hände in den Hosentaschen, wippte auf seinen Füßen vor und zurück und pfiff ein Lied vor sich hin. Giselle grinste.

"Sieht so aus, als würde er nur auf uns warten."

Sagte sie.

"Willst du direkt weiter oder hattest du noch vor, dir das Lager anzusehen?"

Wollte sie wissen. Sie hatte keine Ahnung, ob sie noch die Zeit hatten, sich umzusehen, oder ob die Nautolaner eilig auf die Auffangkörbe warteten.

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[ Fresia – Fingers Mark – Meer – Plattform | mit Giselle und Jost Fleetfire ]

Es gab diese bestimmten Klischees über das weibliche Geschlecht: Frauen kauften viel ein (vor allem Schuhe), sie besuchten beim abendlichen Ausgehen immer zu zweit die Toilette und sie brauchten lange beim Umziehen. Letzteres war in der Regel – und zumindest Exodus‘ eigener Erfahrung nach – dem Umstand geschuldet, dass sich Frauen, vor ihrem Kleiderschrank stehend, nicht entscheiden konnten, was sie jetzt anziehen sollten. Giselle entsprach diesem Klischee trotzdem irgendwie, auch wenn die Auswahl ihrer Garderobe schon getroffen worden war. Exodus stand wartend vor ihrer provisorischen Umkleide. Sie war so gut wie fertig, tönte ihre Stimme dumpf aus dem Inneren der Kabine. Dabei hatte sie ihm gegenüber sogar einen doppelten Vorsprung gehabt. Aber tatsächlich öffnete sich kurz darauf die Tür und die fertig umgezogene Giselle trat zu ihm nach draußen. Ihr Partnerlook brachte Exodus zum Schmunzeln. Giselles Gesicht zierte zwar ebenfalls ein Lächeln, mit ihrem neuen Kleidungsstück blieb sie aber kritisch. Unbeweglich fühlte sie sich. Exodus sah an sich herunter und schob nachdenklich die Unterlippe vor. Dann beugte er mehrmals den rechten Arm, als wollte er Giselle seinen durchtrainierten Bizeps demonstrieren. Die Bewegung in dem Anzug erzeugte ein Quietschen.

„Wirklich etwas steif.“

befand Exodus sachlich.

„Hoffentlich passen sich die Dinger unter Wasser noch ein bisschen an. Diese kleinen Schuppen hier –“

Mit dem Finger fuhr er an seinem eigenen Arm über den Stoff und trat einen Schritt näher zu Giselle, damit sie besser sehen konnte, was er meinte.

„– sollen für einen natürlichen Auftrieb unter Wasser sorgen. Das sollte uns das Schwimmen erleichtern, wenn uns der Anzug dabei schon sonst keinen Gefallen tut.“

Seine Assistentin besah kurz die feine Struktur des Stoffes, blickte sich dann aber nach Fleetfire um. Da sie ihn – genau wie Exodus vorher schon bemerkt hatte – von hier aus nicht sehen konnten, trat sie hinter dem Führerhäuschen hervor und erspähte Fleetfire beim Gleiter. Ihr Pilot war schon startklar. Den Gleiter hatte er mit einem Dutzend etwa zwei Kubikmeter großer Kisten beladen. Ob die Nautolaner wirklich genug Lumium abbauen würden, um die Behälter zu füllen? Exodus war gespannt. Er hatte bisher nur vage Zahlen über die Menge des Abbaus in den Unterlagen von Bas Goarland gelesen. Es mit eigenen Augen zu sehen, würde die Einschätzung ihres Fortschritts deutlich erleichtern.

„Ich denke wir können sofort einsteigen. Wir müssen nach unserem Abstecher ohnehin noch einmal hierher zurück. Dann können wir uns genauer umsehen. Obwohl es so viel auch nicht zu sehen gibt.“

meinte er achselzuckend. Damit war es beschlossene Sache. Giselle verließ die Plattform als erste über den kurzen Steg zum Gleiter. Exodus folgte ihr auf dem Fuße. Ihm entging nicht, dass Fleetfire der Vahla wieder ein Augenzwinkern zuwarf.

„Wir wären dann soweit.“

erklärte er dem Piloten überflüssigerweise, um dessen Aufmerksamkeit von Giselle abzulenken. Selbst an seine Assistentin gewandt, erklärte er:

„Unsere Sauerstofftanks halten maximal 90 Minuten. Auf den Tanks steht aber die Empfehlung, nach 60 Minuten wieder zur Wasseroberfläche zurückzukehren. Darauf müssen wir achten.“

Exodus tippte zum Unterstreichen seiner Worte auf den kleinen Tank an seiner Brust. Mit wenigen Schritten erreichte er das Bug des Gleiters und ließ sich auf der dort angebrachten Bank nieder. Jost Fleetfire hatte seinen Platz hinter den Steuerkonsolen eingenommen und so saß Exodus dem Piloten genau gegenüber. Sie sahen sich für einen Moment in die Augen und blickten dann fast zeitgleich zu Giselle. Zwischen ihnen beiden hatte sich eine Art Konkurrenzkampf entwickelt, bemerkte Exodus. Jost Fleetfires Motive waren dabei mit Sicherheit genauso zweifelhaft wie seine eigenen. Aber dieses Rennen würde der Pilot nicht machen. Exodus war Giselle näher gekommen, als alle anderen Männer der Crew und er war fest davon überzeugt, dass er seinen Vorsprung noch weiter ausbauen konnte. Gemütlich lehnte er sich auf der Bank zurück und breitete die Arme auf der Lehne aus. Wenn Giselle sich jetzt neben ihn setzte, lag sein Arm schon fast automatisch um ihre Schulter. Ganz zufällig natürlich. Plötzlich mischte sich Fleetfire ein.

„Giselle, soll ich Ihnen mal zeigen, wie man dieses Baby hier steuert? Wenn Sie wollen, können Sie auch selbst mal ans Steuer.“

Bildete er es sich nur ein oder hatte Jost Fleetfire ihm da eben durch seine riesige Brillengläser einen herausfordernden Blick zugeworfen? Pah! So ein Freak. Er vergaß wohl, mit wem er es zu tun hatte: Mit Exodus Wingston, ganz genau!

[ Fresia – Fingers Mark – Meer – Gleiter | mit Giselle und Jost Fleetfire ]
 
- Fresia - Fingers Mark - Meer - Plattform - Wassergleiter – Mit Exodus und Jost Fleetfire –

Der Besuch des Lumium-Lagers wurde auf später verschoben und so stiegen Exodus und Giselle wieder in den Wassergleiter, in dem ihr Pilot, Jost Fleetfire, bereits auf sie gewartet hatte. Im Gehen hatte sich der Taucheranzug noch schwermütiger angefühlt als schon zuvor und Giselle hoffte, ebenso wie Exodus, dass sich dies unter Wasser verbessern würde. Bis zu ihrem Tauchgang mussten sie sich jedoch noch ein klein wenig gedulden, bis sie wieder zurück am „Big Pearl“ waren. Ihr Pilot stand jedenfalls schon bereit hinter der Steuerkonsole, Exodus hatte sich gemütlich auf eine der Bänke gesetzt und Giselle war gerade im Begriff, sich ebenfalls zu setzen, als Fleetfire zu ihr hinüber rief und ihr anbot, ihr die Steuerung des Gleiters zu erklären. Etwas überrascht schaute Giselle auf.

“Oh.“ Die Vahla hielt in ihrer Bewegung inne, zuckte gleichmütig mit den Schultern und lächelte. “Klar, warum nicht.“

Mit drei schwungvollen Schritten war sie bei Fleetfire angelangt, stellte sich neben ihn an die Steuerkonsole und rieb sich, ihren Arbeitswillen gespielt unterstreichend, die Hände.

“Okay, Captain, dann zeigen Sie mir mal, wo's lang geht.“

Forderte sie ihn auf und warf Exodus einen grinsenden Blick zu. Fleetfire zeigte auf einen großen Schalter.

“Hiermit gebe ich dem Baby Saft.“

Erkärte er und sah Giselle ernst dabei an.

“Das ist das Wichtigste. Bitte, versuchen Sie ruhig den Hebel umzulegen. Nur zu!!“

Eifrig schaute er die Vahla an. Das Lächeln aus Giselles Gesicht wollte nicht mehr verschwinden. Den Hebel umzulegen würde sie gerade noch so schaffen, dachte sie sich, und demonstrierte Fleetfire auch sogleich, dass das allein kein großes Problem für sie war.

“Bravo! Bravo!“

Jubelte er fast ein wenig übertrieben und deutete auf einen weiteren Knopf auf der Konsole. Giselle verkniff sich ein Seufzen. Wenn er ihr jeden einzelnen Knopf und Schalter erklären würde, würde es Abend werden, bis sie am Big Pearl angelangt waren. Trotzdem hörte sie ihm geduldig zu und vor allem den Gleiter, mit seiner Hilfe, über die Wellen zu jagen, machte einen riesen Spaß. Lange dauerte es jedoch nicht, bis sie wieder an ihrem Ziel angelangt waren und Fleetfire übernahm es, den Wassergleiter anzuhalten.

“Endstatiooon!“

Rief er fröhlich und tätschelte Giselle den Rücken.

“Das haben Sie ganz fabelhaft gemacht wirklich! Nicht wahr, Mr. Wingston, Sir?“

Giselle lachte.

“Na, ich denke, ich kann noch einiges lernen.“

Sagte sie und stieg das kleine Podest herab. Vehement schüttelte Fleetfire den Kopf.

“Nun stellen Sie ihr Licht nicht unter den Scheffel! Das war wirklich ganz große klasse, vor allem für einen Anfänger. Das können Sie mir ruhig glauben. Ich kann das beurteilen, ich bin schließlich Profi.“

Giselle nickte.

“Ja, das stimmt.“

Sagte sie und sah im gleichen Moment zwei Köpfe, die aus den Wellen auftauchten, direkt neben dem Wassergleiter – Niko und... wie hieß der andere noch gleich?

“Hey! Bereit zum Abtauchen?“

Rief Niko fragend und Giselle machte sich daran, über die Brüstung zu klettern.

“Ja, wir sind startklar.“

Sagte sie, legte die Schwimmflossen für die Füße an und ließ sich ins Wasser fallen. Niko war sofort bei ihr, griff nach ihrer Maske und zeigte ihr, wie sie diese richtig anlegte.

“Gut, wenn Mr. Wingston dann auch so weit ist, kann es los gehen. Oder hat noch irgend jemand Fragen?“

Stumm schüttelte Giselle den Kopf. Nein, Fragen hatte sie nicht. Sie war einfach nur sehr gespannt, was sie unter Wasser erwarten würde.

- Fresia - Fingers Mark - Meer - "Big Pearl" - Mit Exodus, Niko, Nautolaner –
 
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[ Fresia – Fingers Mark – Meer – Gleiter | mit Giselle und Jost Fleetfire ]

Seine lässig auf der Lehne ausgebreiteten Arme fanden in einer Verschränkung vor der Brust wieder zueinander. Jost Fleetfire hatte Giselle mit seiner Piloten-Lehrstunde davon abgebracht, sich zu ihm zu setzen. Jetzt stand sie bei ihm und ließ sich die Einzelheiten des Gleiters erklären. Fleetfire tat dabei, als wäre es eine Wissenschaft für sich und lobte Giselle nach ihrem Erfolg entsprechend überschwänglich. Exodus wandte verärgert den Blick ab. Sollte er doch seinen Spaß haben. Zu viel mehr als ein paar zufälligen Berührungen während dieser kleinen Lektion würde er nicht kommen, ganz sicher nicht.
Natürlich dauerte die Lehrstunde den kompletten Weg bis zum Treffpunkt über der „Big Pearl“ und Exodus saß wie ein Dummkopf allein in der Spitze des Gleiters. Bis Fleetfire schließlich gedehnt die Endstation ihrer kurzen Fahrt ankündigte. Fast zeitgleich streckten zwei Nautolaner ihre Köpfe aus dem Wasser – sie wurden schon erwartet. Giselle schnappte sich ein Paar Schwimmflossen, die noch zum perfekten Taucher-Outfit fehlten und an Bord auf sie gewartet hatten. Exodus griff nach dem zweiten vorhandenen Paar und zog sich die langen Schlappen über die nackten Füße. Die Vahla sprang als erstes über die schmale Brüstung des Gleiters ins Wasser. Einer der Nautolaner zeigte ihr, wie sie die Atemmaske anziehen musste, während Giselle sich mit Tretbewegungen über Wasser hielt. Dann folgte Exodus ihr und ließ sich galant ins Wasser gleiten. Hier an der Wasseroberfläche hatte der Ozean noch eine angenehme Temperatur, doch weiter unten würde es sicher kühler werden. Durch den Neoprenanzug bekamen sie davon hoffentlich nicht allzu viel mit. Der zweite Nautolaner hielt sich neben Exodus im Wasser und erklärte ihm ebenfalls knapp, wie die Maske korrekt aufzusetzen war. Sie bedeckte seinen kompletten Mund und Nasenbereich, sowie die Augenpartie, während kleine Stöpsel an beiden Seiten hingen, die er sich in die Ohren drücken sollte. Die Erkundigung des Nautolaners nach offenen Fragen verneinte Exodus kopfschüttelnd. Mit beiden Augen schielte er auf die Maske, die jetzt vor Nase und Mund saß.


„Test, test.“

Neben ihm ruckte Giselles Kopf herum und ihre Blicke trafen sich. Der Kommunikators funktionierte offenbar einwandfrei. In seinen Ohren knackte es und er hörte seine Assistentin ebenfalls ein paar Worte zum Testen sagen. Er streckte ihr den erhobenen Daumen entgegen.

„Dann mal los.“

sprach Exodus in die Maske hinein, hielt für einen Moment in seinen Tretbewegungen inne und ließ sich unter die Wasseroberfläche sinken. Schlagartig verschwanden die Geräusche um ihn herum und seine Machtsinne meldeten sich, ob der veränderten Wahrnehmung. Es war wie das Eintreten in eine vollkommen neue blaue Welt. Kein Wind pfiff ihm mehr um die Ohren, stattdessen bemerkte er jetzt das gleichmäßige Atmen von Giselle, das der Kommunikator ihm übertrug. Er sah zu ihr hinüber und begann wieder mit Tret- und Schwimmbewegungen, um sich etwa drei Meter unter der Oberfläche auf der Stelle zu halten. Sie war ebenfalls untergetaucht und er versuchte lächelnd ihren Blick aufzufangen. Dann blickte er sich orientierungssuchend um. Tief unter ihnen schimmerte es hell und geheimnisvoll. Das musste Big Pearl sein. Man konnte schon von hier aus die weiten Gesteinslandschaften sehen und einige Schwärme Fische, die sich um die Felsen herumdrückten.
Einer der beiden Nautolaner schwamm dicht neben ihm. Seine Lekku zuckten auffällig deutlich in verschiedene Richtungen. Unter Wasser orientierten sie sich über ihre Lekku, und wenn Exodus sich recht erinnerte, über Gerüche. Ob er gerade die anderen tief unten ortete? Dabei war das eigentlich gar nicht nötig, man musste einfach nur dem Licht entgegen schwimmen. Oder versuchte er Exodus' und Giselles Geruch aufzunehmen? Exodus blickte an sich selbst herunter und hielt einen Arm vor seine Augen. Der Stoff wurde dank dem Wasserkontakt etwas weicher und damit beweglicher und auf den kleinen Schuppen hatten sich tausende winzige Luftbläschen festgesetzt. Das musste der Trick sein. Er spürte förmlich, wie die Bewegungen ihm immer leichter fielen. Der Nautolaner zog ein kleines Gerät aus seiner Bauchtasche und befestigte es an seinem Ohr.


„Ich schwimme vor, dann kommen sie und Niko schwimmt hinter Ihnen her. Dann gehen Sie uns nicht verloren.“

Aha, ein Kommunikator. So konnten sie sich ebenfalls mit den Nautolanern verständigen. Die Freude auf einen Privatkanal mit Giselle ebbte jäh ab. Immerhin vernahm er noch immer leise ihren Atem.

„Alles klar bei dir?“

fragte er in Richtung der Vahla und verfolgte mit den Augen den Nautolaner. Niko – der andere der beiden – hielt sich noch auf der Stelle, bis Exodus und seine Assistentin sich ebenfalls in Bewegung gesetzt hatten. Einige wenige Züge reichten aus, um eine gerade Bahn unter Wasser zu schwimmen. Big Pearl – immer dem Licht entgegen.

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Die Maske und der Kommunikator funktionierten. Giselle konnte atmen, sie konnte sprechen und sie konnte Exodus hören. Aufgeregt tauchte sie unter, hinein in eine neue Welt. Fresia unter Wasser zu erleben würde wieder eine ganz neue Erfahrung sein. Giselle hatte bereits das Leben auf der Oberfläche kennen gelernt und auch wenn sie noch viel darüber würde lernen und entdecken müssen, hatte sie das Gefühl, sich immer besser auf diesem Teil des Planeten zurecht zu finden. Hier unten wartete jedoch noch eine weitere, weitaus größere und vielleicht sogar noch geheimnisvollere Welt auf sie – eine Welt, die erleuchtet wurde vom Glanz seines seltenen Schatzes: Lumium. Die beiden Nautolaner nahmen Exodus und Giselle in ihre Mitte. Die Nichtmenschen bewegten sich ganz natürlich und ohne Schwierigkeiten im Wasser. Das hier war ihr wahres Element.

Während sie tauchten, versuchte Giselle so viele Eindrücke wie möglich in sich aufzunehmen. Dies war eine Gelegenheit, die so schnell nicht wieder kommen würde. Zuerst erschien ihr die Sicht schwammig und es brauchte einige Minuten, bis sich ihre Augen an die relative Dunkelheit gewöhnt hatten – und das, obwohl es so knapp unter der Wasseroberfläche noch verhältnismäßig hell war. Mit der Zeit ging dies jedoch besser und als sie tiefer gingen und sich ihr Körper begann wie schwerelos anzufühlen, bemerkte sie die ersten Fischschwärme, die sich in rasender Geschwindigkeit an ihnen vorbei schoben, kehrt machten, sie umkreisten und dann ins Nichts verschwanden.


“Ich fühle mich, als würde ich fliegen.“

Schilderte sie Exodus' ihren ersten Eindruck, als er sich über den Kommunikator nach ihrem Befinden erkundigte. Durch die Knöpfe in ihren Ohren konnte sie das leicht rauschende Andeuten eines Lachens hören.

“Der Vorteil ist, dass du hier nicht abstürzen kannst.“

Antwortete Niko. Es war eine gute Idee, dass die beiden Nautolaner, die sie nach unten begleiteten, ebenfalls mit Kommunikatoren ausgestattet waren, um den beiden Gasttauchern Instruktionen und Anleitungen zu geben. So riet Niko Giselle, langsamere Fußbewegungen zu machen, um Energie zu sparen – ein Ratschlag, den sie sofort beherzigte. Und dann sahen sie es. Wie ein Nebelschleier schien sich das Wasser vor ihnen zu öffnen. Eine Wand, die ihnen zuvor den Blick noch verwehrt hatte, schien sich wie von Zauberhand zur Seite zu schieben. Unten auf dem Meeresboden lagen sie, die leuchtenden Steine.

“Das ist fantastisch!“

Rief Giselle begeistert aus und nahm den Anblick, der sich ihr bot, vollkommen in sich auf. Weiß leuchtende, auf dem Erdboden fest gewachsene Steine zierten den feinen Sand, umrahmt von roten, gelben und bräunlichen Korallenriffen.

“Ich habe so etwas noch nie gesehen.“

“Kommt, hier entlang.“

Wies Niko sie an und erst jetzt sah Giselle die restlichen Nautolaner, die im Schatten eines riesigen Gesteinsbrockens damit bereits mitten in ihre Arbeit vertieft waren. Ausgestattet mit speziellen Werkzeugen, die Giselle namentlich nicht benennen konnte, bauten sie das Lumium ab.

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[ Fresia – Fingers Mark – Meer – unter Wasser | mit Giselle, Niko und weiteren Nautolanern ]

Big Pearl zu beschreiben war keine leichte Sache. Im Grunde war es eine Höhle von größerem Ausmaß – in etwa wie eine mittlere Lagerhalle. Da die Höhle aber nach oben hin zur Hälfte offen war, sah es wiederum mehr aus, wie eine zur Seite gekippte Schüssel. Das Lumium breitete sich wie ein leuchtendes Spinnennetz in dieser schüsselartigen Höhle aus. An den Knotenpunkten konnte man besonders große Lumium-Brocken im Gestein erkennen, die sich dann in schmaler werdenden Armen nach außen hin ausbreiteten und sich an ihren Enden wieder mit weiteren leuchtenden Adern verbanden. Es war ziemlich schön anzusehen und Exodus war drauf und dran zu bedauern, das Big Pearl, wenn sie hier fertig waren, nie wieder so aussehen würde. Andererseits gab es rund um Fingers Mark sicher noch weitere dieser bezaubernden Lumium-Stätten. Mit dem Armen ruderte er gleichmäßig durch den Ozean und seine Füße traten gemächlich Wasser. Giselle tat über den Kommunikator kund, wie fantastisch sie es hier unten fand. Und das war es wirklich. Fast andächtig sah Exodus den Nautolanern bei der Arbeit zu. Sie waren immer in Pärchen unterwegs. Einer von ihnen trug ein großes Werkzeug, das einem Gewehr ähnelte, allerdings in einem kreisförmigen rohrähnlichen Aufsatz endete, der auf die Lumium-Adern gesetzt wurde. Exodus wusste, dass diese Geräte mit Unterdruck arbeiteten. Sie zogen das Lumium damit aus dem Gestein, ohne viel von der eigentlichen Höhle zu zerstören. Wenn das Unterdruck-Gewehr den Stein nicht aus eigener Kraft extrahieren konnte, dann kam der jeweils zweite Nautolaner zum Einsatz und versuchte mit dem einem meißel-ähnlichen Werkzeug den Leuchtstein vorsichtig mit Hebelbewegungen zu lockern. War das geglückt, wurde der Stein sorgfältig und vorsichtig in einem dafür vorgesehen Gefäß versehen. Diesen Prozess sah sich Exodus mehrere Male an. Es war bewundernswert, wie problemlos die Nautolaner sich dabei nahezu reglos im Wasser hielten und die Arbeit so hochkonzentriert verrichten konnten. In das Gespräch zwischen Giselle und dem Nautolaner schaltete er sich nicht ein, bis Niko ihn selbst ansprach:

„Mister Wingston, Giselle – wollen Sie es auch mal versuchen?“

Exodus vollführte zwei Schläge mit den Armen, um sich auf der Stelle zu halten und blickte fragend zu Giselle hinüber, ehe er antwortete.

„Ja, ich würde es gerne mal testen. Sofern wir dabei nichts kaputt machen.“

Niko zwinkerte mit seinen großen schwarzen Augen.

„Seien Sie nur vorsichtig.“

Der Blick des Nautolaners wanderte in Big Pearl umher, bis er zwei seiner Kollegen ausfindig gemacht hatte, die gerade eine Reihe von Steinen in ihren Tragebeutel gelegt hatten. Plötzlich drang ein merkwürdiges Geräusch an Exodus‘ Ohren – lang gezogene hohe und tiefe Töne, die zusammen wie tausend Stimmen wirkten – und als er bemerkte, dass sich Nikos Lippen bewegten, wurde ihm klar, dass das Nautila sein musste. Die Sprache der Nautolaner, die sie für gewöhnlich nur unter Wasser benutzten. Dann sahen die beiden arbeitenden Nichtmenschen zu ihnen herüber und setzten sich in Bewegung. Einer von ihnen hielt Exodus wortlos das Unterdruck-Gewehr hin, während der andere Giselle den Beutel und den Meißel hinhielt. Diese Rollenverteilung rang Exodus ein schiefes Grinsen ab. Der Mann bekam das schwere Werkzeug und die Frau war für die filigrane Arbeit vorgesehen. Über den Kommunikator der Atemmaske räusperte er sich.

„Damenwahl.“

erklärte er an Giselle gerichtet.

„Du darfst aussuchen.“

Was war er doch für ein Gentleman.

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Giselle nahm den Meißel und den Beutel entgegen, den einer der Nautolaner ihr im Wasser entgegen gestreckt hatte. Exodus und sie durften tatsächlich versuchen, selbst Lumium abzubauen.

“Ist okay, ich nehme das hier.“

Sagte Giselle durch den Kommunikator, als Exodus ihr die Wahl überließ. Sie war zufrieden damit, ihn den ersten richtigen Versuch machen zu lassen. Niko machte eine Geste mit der Hand.

“Dann folgt mir.“

Sagte er und schwamm voraus. Exodus und Giselle folgten ihm, mitsamt ihren Werkzeugen, zu einer der Adern, die bereits angefangen worden waren zu bearbeiten. Giselle sah sich um. Das Bild, das sich ihnen hier unten bot, war wie aus einem Märchen. Einen solch edlen Schatz an wertvollen Steinen, wie die Natur ihn bot, hatte sie noch nie gesehen. Es war im Grunde eine Schande, was sie hier taten. Nicht nur, dass sie die Steine auf gewaltsame Art und Weise aus ihrer natürlichen Umgebung lösten, der Nutzen, für den sie diesen Abbau betrieben, war auch noch eine vollkommen unnötige, rein kommerzielle Angelegenheit. Das Lumium wurde benutzt zur Aufrüstung von Luxus an Bord von Sternschiffen. Große Politiker, reiche Unternehmer und alle anderen Personengruppen, für die die Schiffe der Wingston Corporation erschwinglich waren, würden sich freuen über selbst leuchtende Elemente in den Wänden ihrer Kabinen. Dafür zerstörten sie auf Fresia die Natur.

Giselle hatte einen Kloß im Hals, als sie Exodus dabei zusah, wie er sein Werkzeug ansetzte und sich von Niko zeigen ließ, wie er es zu bedienen hatte. Er packte das Unterdruck-Gewehr mit beiden Händen fest. Offenbar erforderte die Verwendung einiges an Kraft. Kein Wunder also, dachte Giselle, dass die Nautolaner alle so gut in Form waren. Das Werkzeug hinterließ eine runde, zylinderförmige Aushöhlung, als Exodus das Lumium aus dem Stein gezogen hatte. Triumphierend wandte er sich zu Giselle um. Mit einiger Verspätung hielt die Vahla ihm den Beutel hin und nahm das agebaute Material darin auf. Das Lumium war gefangen.


“Das ging problemlos.“

Sagte Niko. Giselle hörte ihn durch ihre Ohrstöpsel.

“Saubere Arbeit, Mr. Wingston. Giselle, möchtest du es jetzt mal versuchen?“

Giselle sah die Blicke auf sich gerichtet. In ihrer Hand hielt sie noch immer den Beutel mit dem erhaltenen Lumium, das neben ihr im Wasser trieb, noch immer leuchtend, aber... traurig, irgendwie.

“Nein.“ Antwortete Giselle. “Ich glaube nicht. Ich habe verstanden, wie es funktioniert.“


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Das Unterdruck-Gewehr lag ihm schwer in den Händen, während Exodus mit beiden Beinen versuchte, eine gerade Position unter Wasser beizubehalten. Die Schwierigkeit lag nicht im Gewicht des Geräts selbst, das unter Wasser ohnehin zu vernachlässigen war, sondern darin, das Gewehr gegen den Stein drücken zu müssen. So musste man kontinuierlich mit den Beinen treten um den Druck aufrecht zu erhalten. Dieser Vorgang gelang Exodus beim ersten Mal dennoch ganz gut und kurz darauf löste sich einer der leuchtenden Steine aus seiner natürlichen Fassung. Giselle übernahm dabei pflichtbewusst den Job der Assistentin und legte den Stein in den dafür vorgesehenen Beutel. Ihren Meißel hatte sie nicht einsetzen müssen. Exodus sah sie zufrieden an und Niko fragte über das Kommunikationssystem, ob Giselle die Rollen tauschen und es ebenfalls versuchen wollte. Sie lehnte ab.

„Dann mache ich noch einen.“

sagte er an Niko gewandt und setzte das Werkzeug wieder an. Er nahm sich einen besonders großen Klumpen vor und drückte den Abzug. Keine Bewegung des Steins. Der steckte ganz schön fest. Hoffnungsvoll drückte er noch einmal den Abzug und das Gewehr bemühte sich mit aller Kraft den leuchtenden Stein aus der Wand zu holen. Doch es gelang nicht, wenn überhaupt, dann hatte er sich nur wenige Milimeter bewegt. Ratlos sah Exodus zu Niko, der wiederum mit dem Arm auf Giselle verwies. Sie hielt den Meißel in der Hand und sein fragender Blick traf ihren. Gleichzeitig spürte er eine leichte Veränderung ihrer Aura. Oder war sie eben schon da gewesen? Seit sie untergetaucht waren, hatte er – fast instinktiv – ihre Aura erspürt und sie nicht mehr losgelassen. Vielleicht hing das mit seiner Rettungsaktion zusammen. Vielleicht hatte er unbewusst das Gefühl, es könnte jederzeit wieder zu einem solchen Zwischenfall kommen und er musste entsprechend eingreifen. Das war natürlich Unsinn. Trotzdem leuchtete ihre Aura nicht mehr so fröhlich, wie das üblicherweise der Fall war. Die Erklärung – oder zumindest ein Teil davon – folgte auf dem Fuße. Statt zu ihm herüber zu schwimmen und sich an die Arbeit zu machen, hielt sie ihm den Meißel demonstrativ hin. In Exodus' Augen kam das einer stummen Ablehnung gleich. Der Projektleiter blickte von ihr hinüber zum Lumium-Stein. Er zögerte, den ihm dargebotenen Meißel zu ergreifen. Ohne das simple Werkzeug würden sie den Stein allerdings nicht lösen können. Für einen Moment passierte gar nichts – Exodus dachte nach.

„Niko.“

sagte er schließlich über den Kommunikator, sah dabei aber wieder zu Giselle.

„Ich glaube wir sind hier fertig.“

Sein Blick ruhte immer noch auf der Vahla. Sie gehörte zu einem naturverbundenen Volk und hatte schon den Mon Calamari Verständnis für ihren Ärger über das Fällen der Bäume entgegen gebracht. Kein Wunder, dass sie sich selbst nicht – und so musste es ihr erscheinen – an der Natur vergreifen wollte. Das wiederum verdarb Exodus auch ein wenig den Spaß an der Sache. Er war ihr nicht böse, er sah es nicht als Aufgabenverweigerung an. Aber weitermachen wollte er unter diesen Umständen auch nicht. Sie hatten gesehen, wie es hier unten ablief und er hatte einen Stein selbst gelöst. Das musste reichen. Auch wenn vermutlich gerade einmal zwanzig Minuten vergangen waren.

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Niko zeigte ihnen den Rest der Höhle und den bisherigen Erfolg ihrer Arbeiten. Die Nautolaner waren alle bei der Sache und kaum einer sah auf, während Exodus und Giselle an ihnen vorüber schwammen. Während seiner Führung unter Wasser erklärte ihnen, dass Exodus bei seinem ersten Versuch Glück gehabt hatte. Nur die wenigsten Lumiumbrocken ließen sich problemfrei losen. Meistens, so ließ er den Projektleiter und seine Assistentin wissen, mussten sie auf die Hilfe des Meißels zurück greifen und den bereits gelockerten Stein aus seiner „Fassung“ heraus schlagen. Dies beanspruchte sehr viel Zeit, sodass der Abbau, selbst mit einem großen Team, recht langsam voran ging. Sie waren noch nicht ganz eine Standardstunde unter Wasser, als sie beschlossen, dass es an der Zeit war, an die Oberfläche zurück zu kehren. Giselle hieß diese Entscheidung willkommen. Trotz der Schönheit von „Big Pearl“ sehnte sie sich wieder nach echtem Sauerstoff und der warmen Luft der Oberfläche. So tief unter Wasser war es auf die Dauer, trotz des gut schützenden Anzugs, den sie trug, recht kalt geworden. In Begleitung von zwei Nautolanern, Niko war diesmal unten geblieben, schwammen Exodus und Giselle zurück nach oben und tauchten wieder auf. Die Maske von ihrem Gesicht nehmen zu können, empfand die Vahla als echte Wohltat.

“Ich muss sagen, das war eine gute Lehrstunde.“

Sagte sie, als sie über eine Trittleiter wieder an Bord des Wassergleiters kletterten, wo Jost Fleetfire sie bereits erwartete.Als erstes nahm Giselle die großen Schwimmflossen von ihren Füßen, die sie beim Laufen an Land lediglich behindern würden. Ihr Blick wanderte hinauf zum Himmel. Der Wind, noch immer kräftig, aber wieder im Begriff wärmer zu werden, schob die Wolken noch immer fleißig an, sodass sich mehr und mehr blaue Lücken auftaten. Das gute Wetter kehrte zurück. In ihrer Hand hielt Giselle noch immer den Beutel mit dem Lumium, das Exodus eigenhändig abgebaut hatte. Niko hatte ihm angeboten, es zu behalten, als Erinnerung. Interessiert betrachtete Giselle das Souvenir. Es war das erste Mal, dass sie Lumium bei Tageslicht sah. Es leuchtete nunmehr nicht mehr ganz so intensiv, schimmerte lediglich schwach, doch sobald es dunkel würde, würde sich das wieder ändern.

“Weißt du schon, was du damit machen wirst?“

Fragte Giselle, als Fleetfire den Gleiter gestartet hatte und wieder über die Wellen zurück zur Bucht jagte. Exodus' und Giselles Besichtigung der Abbauarbeiten war beendet und damit würden sie wieder an Land zurück kehren. Das Lager auf der Plattform würden sie sich ein andermal ansehen.

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[ Fresia – Fingers Mark – Meer – Wassergleiter | mit Giselle und Jost Fleetfire ]

Das Durchbrechen der Wasseröberfläche war wie aus einem Ei zu schlüpfen. Sie verließen diese schöne, aber dumpfe Welt und kehrten zurück in die laute, klare und helle Realität. Der Unterwasserausflug kam ihm fast unwirklich vor in all seiner Fremdheit. Exodus verspürte zumindest nicht das Bedürfnis, sein Team noch einmal bei der Arbeit zu besuchen. Was vielleicht auch an dem kleinen Zwischenfall mit Giselle lag. Die Vahla kletterte vor ihm die Leiter des Gleiters hoch und begrüßte Jost Fleetfire als erstes. Der Pilot lehnte gelangweilt über den Kontrollen des Gleiters.

„Einmal wieder zurück an Land? Bis die anderen fertig sind und wieder hoch kommen, dürfte noch eine ganze Menge Zeit vergehen.“

„Ja.“

erwiderte Exodus knapp und fragte sich, ob die Auslassung des sonst so obligatorisch ironischen „Sir“ jetzt ein gutes oder schlechtes Zeichen war. Fleetfire machte sich an die Arbeit und setzte den Gleiter zielstrebig in Bewegung. Exodus ließ sich – eine hohe Geschwindigkeit des Gleiters erwartend – wieder auf der Bank im Bug nieder. Diesmal setzte sich Giselle neben ihn. Seinen Arm hatte er natürlich vergessen vorsorglich auf der Lehne auszubreiten. Aber dieser kleine Kampf zwischen ihm und Fleetfire schien ohnehin zu pausieren.

„Was ich damit mache?“

echote Exodus die Frage seiner Assistentin, die den Lumium-Stein aus dem kleinen Beutel herausgeholt hatte und jetzt betrachtete.

„Ich weiß auch nicht.“

Er zuckte mit den Schultern. Darüber hatte er sich noch gar keine Gedanken gemacht. Was sollte er schon mit dem Lumium-Stein anfangen? In einigen Wochen und Monaten würde er tausende der Steine haben. Auf diesen einen kam es doch nicht an. Ihm zumindest nicht. Aufmerksam studierte er Giselles Profil, während hinter ihr die Wellen hochspritzten. Fleetfire hatte langsam das Tempo erhöht.

„Du kannst ihn gerne haben.“

verkündete er und versuchte es mit einem Lächeln. Er hatte das Gefühl, das sie der Zwischenfall unter Wasser nicht sonderlich belastet hatte, aber der Drang sie ein wenig aufzumuntern, überkam ihn dennoch. Zu spät kam ihm der Gedanke, dass sie den Stein vielleicht ebenfalls ablehnen würde – so wie sie es abgelehnt hatte, ihn aus seiner natürlichen Fassung zu entfernen. Möglicherweise hingen diese beiden Dinge zusammen. Möglicherweise aber auch nicht. Sein Lächeln wurde noch ein wenig breiter, in der Hoffnung, sie damit zur Annahme dieses kleinen Geschenks zu überzeugen.

[ Fresia – Fingers Mark – Meer – Wassergleiter | mit Giselle und Jost Fleetfire ]
 
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Der Stein aus reinem Lumium wog schwer in Giselles Hand. Im Wasser war er nur ein stummer Begleiter gewesen, hier an Land, wo die Schwerkraft wieder die Regeln beherrschte, war das etwas anderes. Er hatte etwas Einsames an sich, hier oben an Land, wo er so gar nicht hin gehörte. Giselle legte ihren Kopf leicht schief und betrachtete ihn eingehend. Wie eine Vahla im großen Strom der Galaxis, dachte sie. Auch sie gehörte hier nicht hin. Sie hätte bei ihresgleichen sein sollen, dort wo sie verstand und verstanden wurde. Die Galaxis war groß, Kulturen waren unterschiedlich und Exodus Wingston war ein Geschäftsmann, der nicht sah, dass er Fingers Mark seines Schatzes raubte. Dem Stein in ihrer Hand, so leblos er auch war, kam sich Giselle auf einmal sehr verbunden war.

“Danke.“ Sagte Giselle, als Exodus ihr anbot, sie könne das Lumium an sich nehmen. Er hatte ohnehin keine Verwendung dafür. “Ich behalte es.“

Jost Fleetfire war nicht besonders gesprächig. Alleine auf dem Wassergleiter zu warten, während die Nautolaner arbeiteten, hatte scheinbar seine Laune verdorben. Ob gewollt oder nicht, sein Verhalten passte zu der allgemeinen Atmosphäre. Auch Giselle befand sich nicht mehr auf einem Stimmungshoch, wie noch vor ihrem Tauchgang. Der Anblick von „Big Pearl“ hatte ihr gezeigt, dass das, was sie auf Fingers Mark taten, im Grunde nichts war, das man unterstützte. Warum hatte sie dies nicht schon früher gesehen? So richtig war ihr nicht bewusst gewesen, wie selten und besonders dieser Rohstoff war, den die Wingston Corporation besitzen wollte.

Zuück in der Bucht von Palm Island, in direkter Nähe des Camps, sprang Giselle barfuß aus dem Wassergleiter und auf die Felsen. Ihre Kleidung, ihre Schuhe und den Stein trug sie in ihren Händen. Ihres Taucheranzugs würde sie sich in ihrem Zelt entledigen. Diesmal, und das freute Exodus sicherlich, hatte sie nicht vor, sich in aller Öffentlichkeit zu entblättern.


“Ich ziehe mich zuerst um und sehe mir anschließend noch einige Unterlagen im Verwaltungszelt an.“

Sagte Giselle, als sie gemeinsam mit Exodus über den Strand zurück zum Lager ging. Ihr Chef deutete hinüber zu seiner Hütte. Er habe dort noch zu tun, sagte er. Giselle nickte.

“Ich bin froh, dass wir den Ausflug gemacht haben.“

Sagte sie.

“Ich denke, das hat uns einen guten Einblick in die tägliche Arbeit der Mitarbeiter gegeben, vor allem in Hinblick auf die die Kalkulationen der Mengenbeschaffung. Vermutlich müssen wir da noch einige Zahlen korrigieren. Das sehe ich mir nachher noch einmal an.“

Inzwischen waren sie bei den Zelten angekommen. Wie üblich saßen einige der Nautolaner, die nicht zur Schicht eingeteilt waren, gemütlich im Sand. Etwas weiter entfernt spielten einige im hüfthohen Wasser mit einem Ball. Die Stimmung um sie herum war gelöst. Giselle lächelte schwach. Seit sie die Vahla verlassen hatte, hatte sie gelernt sich anzupassen. Sie hatte viel gelernt und lernte noch immer dazu. Es war ein stetiger Prozess, eine ewige Weiterentwicklung. Manches jedoch, wusste sie, konnte auch die Galaxis von den Vahla lernen.

- Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Strand – Camp – Mit Exodus -
 
[ Fresia – Fingers Mark – Strand – Camp | mit Giselle und Jost Fleetfire ]

Nach dem Verlassen des Gleiters und eine knappen Verabschiedung von Jost Fleetfire traten Giselle und Exodus gemeinsam den Rückweg zum Camp an. Exodus steuerte dabei – da er entschied, genau wie Giselle, barfuß zu bleiben – den Weg über den Strand an. Im Prinzip waren die Strecken gleichwertig. Man konnte von der Bucht aus, den näher am Dschungel gelegenen Trampelpfad wählen, der sich besser für die Fahrzeuge eignete. War man aber zu Fuß unterwegs, dann genügte ein Schlenker hinter der Bucht und der Weg führte am Strand zum Camp zurück. Dort spazierten sie entlang, beide noch im Neoprenanzug. Die Stimmung aber passte sich nicht der Kulisse an. Giselle war sehr sachlich und sprach davon, gleich nachdem sie sich umgezogen hatte, ins Verwaltungszelt zu wollen, um sich einige Unterlagen anzusehen. Manchmal überraschte ihn ihre Selbstdisziplin wirklich. Er hätte nichts dagegen gehabt, wenn sie sich zumindest eine kurze Pause hätte gönnen wollen. Das war nämlich genau das, was er jetzt im Sinn hatte. Exodus blickte sich um und sah den Wellen dabei zu, wie sie die Fußspuren, die sie hinterließen, nach und nach verschwinden ließen. Wenn sie Fingers Mark wieder verließen, würde man kaum bemerken, dass sie hier gewesen waren. Die Natur holte sich vieles wieder zurück. Nur unter Wasser würde ein Unterschied deutlich werden. Aber wie häufig kam dort unten schon jemand hin? Die Mon Calamari waren nur sehr wenige und bei dieser ausschweifenden Unterwasserlandschaft, konnte er kaum mit Sicherheit sagen, ob sie den Abbau überhaupt bemerken würden.
Als das Camp und Exodus‘ Hütte in Sichtweite kamen, deutete er mit der rechten Hand auf seine kleine Unterkunft.


„Ich habe auch noch zu tun. Mein Vater – der Präsident – wartet sicherlich schon auf einen ausführlichen Bericht von hier. Und jetzt, wo ich alles gesehen habe, fällt der auch noch ein bisschen gehaltvoller aus.“

Den Bericht wollte und musste er tatsächlich schreiben, vorher allerdings, würde er für eine Viertelstunde die Beine hochlegen. Ihr einstündiger Tauchausflug hatte Muskelpartien angesprochen, die sonst weniger beansprucht wurden und ihn entsprechend angestrengt. Giselle ergänzte noch, sie werde einige Berechnungen machen, bezüglich des Lumium-Abbaus. Exodus nickte ernst. Unter Wasser hatte Niko ihnen noch deutlich gemacht, wie mühsam und zeitaufwendig der Abbau war und Exodus und seine Assistentin hatten das mit eigenen Augen bestätigen können. Vermutlich waren ihre Schätzungen wirklich zu hoch gegriffen. Das würde das Projekt aber kaum stoppen. Der Lumium-Abbau würde sich auch bei geringerer Menge noch lohnen.

„Also gut. Wir können uns ja später wieder treffen, wenn ich fertig bin. Dann sehe ich mir deine Zahlen an.“

Er verabschiedete sich mit einem schmalen Lächeln und freute sich schon auf den letzten Metern zu seiner Hütte, gleich in seinem Sessel versinken zu können. Die Anschaffung dieses Mobiliars war wirklich eine kluge Idee von Bas Goarland gewesen.

Während er es sich im Sessel, in frischen Klamotten, gemütlich gemacht und für einen Moment die Augen geschlossen hatte, war er gedanklich die Nachricht an seinen Vater durchgegangen. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, nachzufragen, ob Yuna noch einmal im Penthouse gewesen war. Es interessierte ihn schon. Es interessierte ihn, was sie mit ihrem Leben anfing und ob der Rest ihrer Familie – denn dazu gehörten Alad und Miku mittlerweile – bei ihren Planungen noch eine Rolle spielten. Aus reinem Selbstschutz hatte er sich schließlich dagegen entschieden. Seine Flucht nach Fresia hatte den Sinn gehabt, Abstand von alledem zu bekommen und auf andere Gedanken zu kommen. Seinen Vater jetzt danach zu fragen und sich womöglich unbewusste Hoffnungen zu machen, wenn er hörte, das Yuna noch da gewesen war, … wäre einfach dumm. Und Dummheit war eine Eigenschaft, die Exodus Wingston sich ungern anheften wollte. Also blieb er in seiner Nachricht sachlich. Er erzählte von den überraschenden Wetterbedingungen, ohne genau auf Bas Goarlands fehlende Warnung diesbezüglich einzugehen, von der Stimmung im Team, von dem ersten Aufeinandertreffen mit den eingeborenen Mon Calamari, von ihrer heutigen Besichtigung des Abbau-Prozesses und – natürlich – von seiner bezaubernden Assistentin Giselle Givenchy. Allzu ausufernd ließ er die Schwärmerei über die Kompetenz der Vahla dann aber doch nicht werden. Er wollte nicht den Eindruck erwecken, besonders nachdrücklich über Yuna hinweg zu sein und das mit Lobhudeleien auf eine andere Frau zu unterstreichen.

Nachdem er die Nachricht abgeschickt hatte und in seinen Abschlussworten noch Grüße an Miku untergebracht hatte, verließ er seine Hütte wieder. Die Beine waren ausreichend entspannt und er wollte Giselle gegenüber nicht den Eindruck von Faulheit erwecken. Der Umstand, nicht mehr nass zu sein und wieder frische Kleidung zu tragen, tat sein übriges, um Exodus‘ Lebensgeister wieder zu wecken. Sein Laufschritt zum Verwaltungszelt war zügig, auch wenn eine Hand lässig in seiner Tasche vergraben war. Wie so häufig in letzter Zeit griff er in der Macht hinaus um Giselles Aura zu erspüren. Sie war noch bei der Arbeit. Fleißiges Mädchen. Er war gespannt zu sehen, was ihre Berechnungen ergeben hatten.


[ Fresia – Fingers Mark – Strand – vor dem Verwaltungszelt ]
 
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