Bothawui (Bothan-System)

- Bothawui ? Am Rande Drev?Starns ? Akemis Elternhaus ? Cris, Masao, Miu, Hana ?

Weitere Erklärungen blieben ihr erspart, da ihre Mutter auch so zu verstehen schien, worum es ging. Diesen Eindruck hatte Akemi jedenfalls und gleichzeitig hoffte sie, dass es so war, damit sie nicht selbst aussprechen musste, wie nahe sie und Cris sich standen. Dieser kam nun auch, gemeinsam mit Masao, zu ihnen herüber und Akemi beobachtete, wie er sich sichtlich nervös und unsicher bei ihrer Mutter vorstellte. Dies war der Moment der Momente...oder einer von vielen, die sie noch zu bewältigen hatten. Akemi hielt die Luft an. Miu Akanato betrachtete Cris mit wachsamem Blick, als unterzöge sie ihn einer flüchtigen Prüfung, während er sich bei ihr vorstellte. Ihre Miene war ernst, aber nicht abweisend, eher undurchdringlich fordernd. Schließlich jedoch lächelte sie ihr warmes Lächeln, beugte sich zu Cris herüber, zog ihn zu sich herunter und küsste ihn auf die Wange.

"Willkommen in Drev'Starn, Cris. Und willkommen daheim."

Eine Sekunde lang schloss Akemi dankbar die Augen und schickte ein Gebet an all die Götter, zu denen zu beten sie erzogen worden war. Warum hatte sie sich nur all diese Gedanken gemacht? Masao hatte Recht gehabt und sie hätte es auch uneingeschränkt wissen müssen. Ihre Eltern liebten sie. Punkt.

"Wo habt ihr euer Gepäck?"

Fragte Miu und deutete auf den Gleiter.

"Masao, lauf und hol die Sachen von deiner Schwester und von Cris. Akemi, du schläfst bei Hana. Cris kann Masaos altes Zimmer benutzen."

Gehorsam nickte Akemi.

Okay.

Sagte sie und warf Cris einen schiefen und zugleich entschuldigenden Blick zu, während Miu Hana ins Haus scheuchte, um nach Daiki zu sehen, der wohl seinen Mittagsschlaf hielt.

"Wir essen heute Abend, wenn dein Vater nach Hause kommt"

Sagte Miu zu Akemi.

"Und ich mache noch ein paar Häppchen für später. Ich bin sicher, du hast eine Menge zu erzählen."

Diese letzten Worten sagte Miu Akanato mit Nachdruck und Akemi musste schlucken. Es war der Tonfall einer Mutter, die genau weiß, dass ihr Kind etwas zu beichten hat. Stumm nickte Akemi.

Ja, in Ordnung.

Erwiderte sie.

- Bothawui ? Am Rande Drev?Starns ? Akemis Elternhaus ? Cris, Masao, Miu, Hana ?
 
- Bothawui ? Am Rande Drev?Starns ? Akemis Elternhaus ? Mit Cris, Masao -

Sie beobachtete, wie Masao und Cris das Gepäck zum Haus brachten. Ihre Mutter war in der Küche verschwunden und Hana war auch im Haus. Es war seltsam, wieder hier zu sein, aber es tat unheimlich gut. Ihr war eine unbeschreiblich große Last von den Schultern gefallen, als sie verstanden hatte, dass ihre Mutter sie noch immer als ihr Kind annahm, dass sie ihr nicht böse war, sie nicht verurteilte, sondern sie einfach nur liebte. Das Wissen um Irms Tod war Akemi nahe gegangen, doch sie verdrängte es, so wie sie es immer tat. Es fiel ihr schwer mit solchen Dingen umzugehen, daher versuchte sie so normal wie möglich weiter zu machen.

Die Zimmer sind oben. Ich komme mit rauf.

Erwiderte Akemi, als Cris sie nach Masaos altem Zimmer fragte. Natürlich gefiel es ihm nicht, dort übernachten zu sollen, aber daran konnte sie nicht viel ändern. Für ihre Mutter stand fest, dass sie vorerst hier blieben - auch wenn längst nicht geklärt war, wie lange das sein würde - und gemeinsame Betten für Unverheiratete gab es nicht. Das war ein Gesetz, das nicht gebrochen werden konnte, so lange Miu Akanato das Sagen hatten.

Akemi stieg vorneweg die Treppe hinauf. Hinter ihr folgen Cris und dann Masao mit dem Gepäck. Im Obergeschoss angekommen wandte sie sich nach rechts und öffnete die Tür zu Masaos altem Zimmer, das noch ungefähr so aussah wie zu der Zeit, als er noch hier gewohnt hatte. Es war schlicht eingerichtet, besaß ein normales, bequemes Bett, einige klassische Möbelstücke und einen Arbeitstisch am Fenster. An den Wänden hingen vereinzelte Fotos von Landschaften und einige Baupläne, die Masao während seiner Studienzeit angefertigt hatte. Akemi öffnete ein Fenster und suchte dann in einem der Schränke nach frischer Bettwäsche.


Hast du noch das Bettzeug mit den tanzenden Ewoks?

Fragte sie in Masaos Richtung und versuchte, sich das Lachen zu verkneifen.

"Ich werf gleich was nach dir."

Ernsten Blickes wandte er sich an Cris.

"Sowas habe ich niemals besessen."

Im selben Moment erschien Hanas Gestalt in der Tür.

"Ich schlaf mit den Ewoks."

Siehst du!

Akemi zog schlichte weiße Wäsche aus dem Schrank.

Sie existiert noch!

Stirnrunzelnd verzog Masao das Gesicht.

"Das sollte ich mir ansehen..."

Murmelte er, schnappte sich Hana, die begeistert kicherte und verschwand mit ihr in deren Zimmer. Akemi warf die Bettwäsche auf das Bett und lehnte sich an Cris, um ein paar ungestörte Minuten genießen zu können.

Ich bin so erleichtert...

Sagte sie.

Ich habe es mir viel schwieriger vorgestellt.

Mit einem Grinsen sah sie auf.

Meine Mama akzeptiert dich. Da kannst du stolz drauf sein.

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- Bothawui - Am Rande Drev'Starns - Akemis Elternhaus - Obergeschoss - Masaos Zimmer - Mit Cris -

Langsam aber sicher schien alles in Ordnung zu kommen. Es lag noch ein Stück Weg vor ihnen, aber diese Strecke würden sie auch noch bewältigen können. Irgendwie ging es immer weiter, irgendwie ließ sich alles lösen. Ja, irgendwie fand alles ein gutes Ende. Die positive Denkweise gefiel Akemi, war sie doch auch immer eine Optimistin gewesen. Die Zeit beim Geheimdienst hatte sie die harten und grausamen Dinge des Lebens und der Galaxis kennen lernen lassen, doch was blieb ihr noch, wenn sie dies als das einzig existierende ansah? Nicht alles war unrecht und schlecht und nicht jeder erfuhr nur Böses. Schuld konnte vergeben werden und Versöhnung führte zu Neuanfängen. Wichtig war Ehrlichkeit und genau die musste Akemi endlich ihren Eltern gegenüber zugestehen.

Sie wandte sich ab und fuhr fort das Bett zu beziehen. Als sie vorhin mit dem Gleiter angekommen waren und Akemi aus dem Fenster heraus das Haus ihrer Eltern betrachtet hatte, war ihr das Haus wie der schönste Ort in der ganzen Galaxis vorgekommen. Jetzt, wo sie in Masaos altem Zimmer stand, wurde ihr bewusst, dass sie den Raum viel größer in Erinnerung gehabt hatte. Auch die schmale Treppe und der Flur im Obergeschoss kamen ihr viel kleiner vor als früher. Dabei hatte sich nichts von all dem verändert. Sie selbst war es, die nicht mehr die selbe war wie früher, zumindest nicht vollständig. Sie war noch immer Akemi und noch immer das Mädchen, das auf Bothawui aufgewachsen war, aber sie war nicht mehr das Mädchen, das hierher gehörte. Zuviel war geschehen, dass sie geprägt hatte und zuviel war mit diesem Planeten geschehen. Das Imperium hatte Bothawui eingenommen und den Frieden vertrieben. Und Irm, die herzensgute Irm, war tot. Dies war nicht mehr der Ort von früher, nicht mehr der Ort, an dem Akemi leben wollte.


Ja, ich habe sie vermisst.

Antwortete Akemi schließlich und schüttelte das Kopfkissen aus.

Seltsamerweise fühle ich mich ihnen gar nicht fremd. Nicht einmal meiner Mutter. Vielleicht liegt das an ihrer Art.

Sie lachte leise.

Mama geht einfach wieder zurück in die Küche und arbeitet weiter... sie kann nicht so gut ihre Gefühle zeigen, glaube ich. Warum, weiß ich nicht.

Akemi zuckte mit den Schultern und strich die Bettdecke glatt.

So, ich glaube, darin lässt sich gut schlafen.

Meinte sie und nahm Cris an der Hand.

Und jetzt will ich meinen kleinen Bruder ansehen. Ich habe so viel von ihm verpasst. Er ist jetzt drei Jahre alt. Komm, wir schauen mal, ob er noch schläft.

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- Bothawui - Am Rande Drev'Starns - Akemis Elternhaus - Obergeschoss - Masaos Zimmer - Mit Cris -

Mit Cris im Schlepptau trat Akemi auf den Flur hinaus und hielt auf Daikis Zimmer zu, wobei sie aus Hanas Zimmer Masaos Stimme vernahm. Akemi betätigte den Öffnungsmechanismus und die Tür fuhr fast geräuschlos zur Seite. Es war ein winziger Raum und in einer Ecke stand Daikis Bett, indem auch schon Akemi selbst geschlafen hatte, als sie noch klein gewesen war. Daneben stand ein Stuhl, auf dem ein Märchenbuch lag. Daiki lag auf dem Bauch und schlief. Sein heller Haarschopf leuchtete im Licht eines Sonnenstrahls, der durch das Fenster genau auf sein Bett fiel. Leise trat Akemi an das Bett heran und betrachtete ihren kleinen, schlafenden Bruder. Es war ein unglaublich friedlicher Anblick, ein Bild voller Unschuld, wie er still dalag und nur sein regelmäßiges Atmen zu hören war. Dieses süße, vollkommen hilflos Wesen war ihr Bruder. Etwas in Akemis Brust zog sich zusammen. Er war ihr kleiner Bruder und er würde auf einem Planeten aufwachsen, der dem Imperium unterlag und der von den Spuren des Krieges gezeichnet war. Würde er, wenn er älter war, jeden Tag an der Ruine von Irms Gästehaus vorbei fahren? Würde er die Schäden in Drev'Starn zu sehen bekommen, die Nachwirkungen der Bombardierungen? Noch ehe sie zu Ende denken konnte, bewegte sich die kleine Gestalt in ihrem Bett und wälzte sich auf den Rücken. Ein Laut des Entzückens entwich Akemi, als sie nun einen vollständigen Blick auf das Gesicht ihres Bruders werfen konnte. Der jedoch kniff fest die Augen zusammen und ballte eine kleine Faust um die Bettdecke, ehe er plötzlich wach war und genau in Akemis Gesicht blickte.

Ohh... hallo du...

Sagte Akemi und ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht.

Na, hast du gut geschlafen?

Daikis Blick wanderte zu Cris, dann setzte er sich auf und zeigte mit seinem kleinen Zeigefinger auf Akemi.

"Hallo!"

Sagte er, zeigte auf Cris und wiederholte mit Nachdruck:

"Hallo!"

Verblüfft wechselte Akemi einen Blick mit Cris.

Ja, hallo!

Erwiderte sie lachend.

Na, kleiner Mann, weißt du denn noch, wer ich bin?

Daiki zog eine Schnute und schüttelte den Kopf, während er sich auf seine kurzen Beinchen stellte, in einer Hand ein Stofftier, das eine undefinierbare Kreatur darstellte, und sich dabei in der Bettdecke verfing.

"Heute gibts Grünkohl!"

Rief er aus. Ein Lachen ertönte im Hintergrund.

"Ist ja gar nicht wahr."

Masao kam ins Zimmer und stuppste Daiki in die Seite, der prompt umfiel.

"Ich weiß nicht, warum, aber der Typ hier steht auf Grünkohl. Wenn er könnte würde er sich den ganzen Tag damit vollstopfen."

Er kitzelte Daiki am Bauch und der Kleine quietschte vor Vergnügen.

"Na, kleiner Mann, hast du deine Schwester denn auch ordentlich begrüßt?"

Fragte er und Daikis Augen wurden größer

"Wo ist Hana?"

Fragte er und sah aus, als wäre etwas ganz schlimmes geschehen. Masao schüttelte den Kopf.

"Nein, nicht Hana. Akemi. Du weißt doch, wer Akemi ist. Das hab ich dir doch erzählt, weißt du noch?"

Daiki machte ein angestrengtes Gesicht.

"Kemi macht Reisen."

Sagte er unsicher und schaute Akemi schüchtern an.

"Bist du Kemi?"

Schwach nickte sie. Um ihr Herz herum wurde es ganz warm.

Ja, bin ich... ich bin Kemi.

Aufgeregt schaute Daiki Masao an.

"Meine Schwester!"

Flüsterte er ungläubig. Masao nickte.

"Ganz genau. Umarm sie zur Begrüßung.

Erneut stellte Daiki sich auf und streckte Akemi seine Arme zur Begrüßung entgegen.

"Hallo, Schwester."

Sagte er feierlich und strahlte über sein ganzes Gesicht. Tränen stiegen Akemi in die Augen.

Hallo, kleiner Bruder.

Erwiderte sie, nahm ihn auf ihren Arm und drückte ihn fest an sich.

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Mit Nachdruck hatte Masao Daiki immer wieder von seiner Schwester Akemi erzählt, die leider nicht bei ihnen sein konnten, weil sie auf einer langen Reise war. Er hatte unbedingt vermeiden wollen, dass sein kleiner Bruder ohne das Wissen über seine Schwester aufwuchs. Seine Eltern hatten nicht mit ihrem jüngsten Kind über Akemi gesprochen, dessen war sich Masao ziemlich sicher. Der Schmerz hatte zu tief gesessen, die Trauer war zu überwältigend. Aber da es irgendeiner hatte tun müssen, hatte Masao eben immer wieder die gleiche Story gegenüber seinem Bruder wiederholt, damit dieser sie sich genau einprägte und wusste, worum es ging, wenn er langsam älter wurde. Es hatte funktioniert. Akemi hatte Daiki auf dem Arm und der klammerte sich wie ein Äffchen um ihren Hals. Wie einfach die Dinge sein konnten, die einem vor Glück die Tränen in die Augen trieben?

Cris? Blick und dessen Zunicken hatte Masao bemerkt. Vermutlich wollte er ihm danken. Masao nickte zurück. Mehr und mehr schien Cris ein feiner Kerl zu sein. Am Anfang hatte Masao wirklich ordentlich daneben gelegen.


Okay, ich werde mich dann erstmal für ne Weile verabschieden. Ich muss dringend ins Büro und sehen, was da so los ist. Aber zum Abendessen bin ich wieder zurück.

Meinte er entschuldigend und nickte Cris, als Zeichen, dass er verstanden hatte, zu.

?Was mitbingen!?

Krähte Daiki lautstark. Masao tat empört.

Dir soll ich was mitbringen?

Daiki nickte mit Engelsgesicht.

Na, das überleg ich mir noch.

Flüchtig küsste er Akemi auf die Wange.

Bis später!

Rief er und machte sich auf den Weg.

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Nachdem Masao weg war, löste Akemi Daikis Ärmchen von ihrem Hals und stellt den kleinen Jungen auf dem Boden ab.

Puh, du wiegst mindestens eine Tonne!

Stellte sie fest und hockte sich neben ihn.

Das hier ist übrigens Cris. Du musst nett zu ihm sein, ich hab ihn nämlich sehr gerne.

Mit großen Augen sah Daiki Cris an.

?Daiki auch sehr gerne.?

Sagte er und kratzte sich am Ohr. Akemi runzelte die Stirn.

Du hast Cris auch sehr gerne?

Der Dreijährige nickte.

?JAAAA!?

Rief er und umarmte innig Cris? Bein. Lachend sah Akemi zu Cris hoch.

Da siehst du?s? alle mögen dich.

Sagte sie grinsend und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss zu geben.

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Als Daiki in lautes Gejubel ausbrach, wandte Akemi sich lachend ab.

Okay, das reicht!

Meinte sie und wandte sich zur Tür.

Lasst uns lieber hinunter gehen. Ich muss mal nachsehen, ob Mama Hilfe in der Küche braucht.

Sie stieg die ersten Stufen der Treppe hinunter und drehte sich dann noch einmal zu Cris um.

Aber du könntest draußen mit Daiki im Garten spielen... hier liegt bestimmt irgendwo ein Ball oder sowas rum.

Sie streckte ihre Hand aus und streichelte dem kleinen Bruder über den Haarschopf.

Dann könnt ihr in aller Ruhe über die hübschesten Frauen der Galaxis reden.

Grinsend steckte sie Cris die Zunge heraus, ehe sie sich unten am Treppenabsatz nach rechts wandte, um die Küche aufzusuche. Cris würde es vielleicht gut tun, ein wenig mit Daiki zu spielen, einem Kleinkind, das noch nicht in der Lage war die gesamte Situation zu erfassen und sich eine Meinung zu bilden. Es war sicherlich nicht leicht für Cris, plötzlich hier zu sein. Er hatte Angst nicht angenommen zu werden oder die Schuld für Akemis Verschwinden zugeschoben zu bekommen.

Ihre Mutter stand an der Küche und schnitt Gemüse. Akemi schloss die Tür hinter sich und trat näher.


Soll ich dir helfen, Mama?

Miu Akanato sah auf und lächelte flüchtig.

"Ja, du kannst die hier waschen."

Sie deutete auf eine Schale mit Früchten, die es vermutlich zum Nachtisch geben sollte. Akemi ließ Wasser in eine Schale gleiten und machte sich an die Arbeit.

"Warst du schon bei Daiki?"

Ja, gerade eben. Cris ist jetzt mit ihm draußen.

Miu warf ihrer Tochter einen Seitenblick zu.

"Wie lange kennst du ihn schon?"

Akemi zögerte.

Seit... seit ich Naboo verlassen habe. Wir haben uns kurz zuvor kennen gelernt.

Aus den Augenwinkeln sah sie, wie ihre Mutter schwach nickte.

"Er ist dieser Cris Star, nicht wahr?"

Für einen Moment erstarrte Akemi. Aber ja, natürlich... der Deckname, den sie damals auf Naboo benutzt hatten. Erinnerungen an ihre erste gemeinsame Mission wurden wach.

Ja. Mama... es tut mir leid, dass ich gelogen habe. Ich weiß, ich hätte es nicht tun dürfen. Es war falsch.

Akemi schluckte. Sie hatte so vieles verdorben. Wie konnte sie das jemals wieder gutmachen?

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"Vielleicht haben wir dich zu sehr unter Druck gesetzt. Oder dir zu viele Freiheiten gelassen."

Miu Akanato legte das Gemüsemesser bei Seite, wischte sich die Hände an einem Tuch ab und trat ans Fenster. Durch die Gardine hindurch blickte sie hinaus in den Garten, wo Cris sich mit Daiki beschäftigte.

"Ich weiß nicht, was wir falsch gemacht haben. Aber wir..."

Ihr habt nichts falsch gemacht!

Rief Akemi aus und schüttelte energisch den Kopf.

Ganz bestimmt nicht. Es lag an mir.

Miu verzog den Mund zu einem traurigen Lächeln, wandte ihrer Tochter jedoch noch immer den Rücken zu.

"Ich wünschte, das hätte ich meinen Eltern damals sagen können."

Erstaunt öffnete Akemi den Mund, doch die Frage, die sie stellen wollte, brachte sie nicht über die Lippen. Ihre Mutter hatte noch nie von ihren eigenen Eltern gesprochen. Akemi wusste nichts über ihre Verwandtschaft. Ihre Familie bestand nur aus ihren Eltern und ihren Geschwistern. Dass sie irgendwo in der Galaxis noch Großeltern hatte, war ein ferner Gedanke für sie.

"Als dein Vater und ich heiraten wollten, waren unsere Familien dagegen. Sie haben es nicht erlaubt."

In Mius Stimme schwang ein Unterton, der den Schmerz und die Traurigkeit vieler Jahre belegte.

"Aber wir haben uns geliebt und uns schließlich gegen unsere Eltern gestellt. Wir sind durchgebrannt und nie wieder zurück gekehrt."

Endlich drehte sie sich zu Akemi herum. In ihren Augen stand die Verzweiflung einer Mutter, die um den Verlust ihres Kindes wusste.

"Verstehst du... als du plötzlich verschwunden bist habe ich mich immer wieder gefragt, ob ich genau die gleichen Fehler gemacht habe wie meine Eltern damals. Dabei wollte ich nie so werden wie sie. Ich habe nie daran gedacht mich mit ihnen zu versöhnen... und nun warst du fort...womöglich auch für immer."

Akemi fühlte sich leer. In den Augen ihrer Mutter hatte sich die Vergangenheit wiederholt. Wie hatte sie ihr das nur antun können?

Du hast mir nie von früher erzählt.

Hilflos schüttelte Akemi den Kopf.

Wenn ich das gewusst hätte...

Hätte es etwas geändert? Es war sinnlos, eine solche Behauptung aufzustellen.

Bitte verzeih mir, Mama. Ich wollte dir und Papa nicht weh tun.

Miu nickte.

"Ich weiß, Akemi. Ich weiß es."

Erneut warf sie einen kurzen Blick aus dem Fenster. Dann ging sie wieder hinüber zur Küchenzeile, griff nach dem Gemüsemesser und nahm ihre Arbeit wieder auf.

"Lass uns weitermachen. Sonst werden wir nicht rechtzeitig fertig, bis dein Vater nach Hause kommt."

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Wie war es nur möglich, dass sie sich nie Gedanken darüber gemacht hatte, wie es ihren Eltern ergangen war, als diese jung gewesen waren? Akemi wusste nichts über deren früheres Leben und wie es gewesen war, bevor sie nach Bothawui gekommen waren. Zu diesem Zeitpunkt war Masao ein kleiner Junge gewesen und Akemi war zur Welt gekommen, noch während sie im Hyperraum an Bord eines Schiffes gewesen waren. Aber was war davor geschenen und was direkt danach? Dunkel erinnerte Akemi sich, dass sie ihre Eltern ein paarmal danach gefragt hatte. Aber das war lange her. Sie hatte immer nur ausweichende Antworten bekommen, die zu nichts führten. Ob Masao mehr wusste? Vielleicht konnte er sich an irgendetwas erinnern. Während sie das Obst wusch, warf Akemi ihrer Mutter einen verstohlenen Seitenblick zu. Sie wollte sie so vieles fragen. Warum waren beide Familien gegen eine Bindung zwischen ihrer Mutter und ihrem Vater gewesen? War irgendetwas schlimmes vorgefallen? Das alles konnte doch nicht grundlos gewesen sein. Doch Akemi hatte nicht den Mut, ihre Mutter zu fragen. Sie war gerade erst zu ihrer Familie zurück gekehrt... sie konnte jetzt nicht beginnen die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen und auf die Beantwortung ihrer Fragen zu bestehen. Nicht jetzt.

Sie schwiegen weiterhin. Gab es nichts zu sagen? Akemi war sich sicher, dass ihre Mutter ihren Gedanken nachhing und ihre Zeit brauchte, um mit der neuen Situation fertig zu werden. Diese Zeit wollte Akemi ihr geben. Sie wusste, dass es schwer war und dass sie nicht erwarten konnte, dass mit einem Mal alles wieder so war wie früher. Das konnte sie schlichtweg nicht verlangen. Dafür hatte sie selbst zu viel falsch gemacht. Ab und zu warf sie einen Blick nach draußen. Es war rührend, Cris mit Daiki spielen zu sehen. Er konnte das gut, auch wenn er selbst es sich vermutlich gar nicht zugetraut hätte sich mit einem Kleinkind zu beschäftigen. Wobei... wo war eigentlich Hana? Akemi runzelte die Stirn. Sie hatte sie nicht mehr gesehen, seit Masao mit ihr in ihrem Zimmer verschwunden war. Sie musste noch immer oben sein. Akemi wandte sich zu ihrer Mutter.


Brauchst du mich noch? Ansonsten würde ich gerne mal nach Hana sehen.

Miu Akanato nickte abwesend.

"Ja, mach das ruhig. Ich komme hier allein zu Recht."

Okay...

Akemi wusch sich die Hände, trocknete sie flüchtig ab und verließ die Küche, um die Treppe nach oben zu laufend, immer zwei Stufen gleichzeitig nehmend. Oben angekommen wartete sie einen Moment vor Hanas Zimmertür um zu horchen, ob von drinnen ein Geräusch kam. Doch es war still. Schließlich klopfte sie vorsichtig.

Hana? Bist du da drin? Ich bin's, Akemi.

Rief sie fragend.

"Ja...komm rein."

Antwortete eine dünne Stimme. Akemi öffnete die Tür, trat ein und schloss sie hinter sich. Hanas Zimmer, das sie früher mit ihr geteilt hatte, war fast noch unverändert, seit Akemi das letzte Mal hier gewesen war. Ihr Bett stand noch an der gegenüber liegenden Seite der Wand und auch die anderen Möbel waren alle an ihrem alten Platz. Hana hockte auf einem Stuhl vor dem Fenster und sah hinaus. Sie hatte ein Zeichenbrett mit einem Blatt Papier darauf in der Hand und auf der Fensterbank lagen ein paar Stifte. Akemi trat näher zu ihrer kleinen Schwester und blickte über deren Schulter auf das gemalte Bild. Es zeigte eine große runde Sonne, ein paar Bäume und ein Haus.

Das ist schön. Hast du das jetzt gerade gemalt?

Fragte sie und hockte sich neben Hanas Stuhl auf den Boden. Die Siebenjährige nickte.

“Hmm, das ist unser Haus. Und die Sonne scheint auch so wie heute.“

Hana griff nach einem roten Stift und malte bunte Früchte in den Baum. Lächelnd strich Akemi ihrer jüngeren Schwester über den Kopf und das dünne, feine Haar.

Magst du mit mir hinunter kommen? Wir könnten was spielen, wenn du Lust hast.

Hana ließ den Stift sinken, drehte sich um und sah Akemi strahlend an.

“Meinst du wirklich?“

Fragte sie ehrfürchtig. Akemi musste lachen.

Na klar! Du suchst dir aus, was wir machen.

“Au ja!“

Geschwind rutschte Hana von ihrem Stuhl herunter, zog ihre Schuhe an und warf sich Akemi um den Hals.

“Jetzt wird alles wieder gut…“

Nuschelte sie in Akemis Shirt hinein und drückte sich fest an sie. Überrascht legte Akemi die Arme um Hana.

Natürlich wird es das…

Erwiderte sie lahm. Im nächsten Augenblick griff Hana glücklich lächelnd nach ihrer Hand und zog sie aus dem Zimmer hinaus, die Treppe hinunter und hinaus in den Garten, wo Cris noch immer mit Daiki beschäftigt war.

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Sobald Hana und Akemi nach draußen kamen, stürzte sich auch schon Daiki auf sie. Es war ein wunderbares Gefühl für Akemi, ihren kleinen Bruder so wohlauf und voller Energie umher tollen zu sehen. Als er bei ihnen angekommen war - gefolgt von Cris, beugte sich Akemi zu ihm herunter, um eine kleine Blume entgegen zu nehmen, die er ihr hinhielt.

Wow, für mich? Dankeschön.

Sagte sie und küsste ihn auf den Kopf.

Die ist sehr hübsch.

Kurzerhand steckte sie sich die Blume in die Haare.

Aber jetzt musst du noch eine für Hana pflücken, sonst ist es ungerecht.

Ob er den Sinn von "ungerecht" verstand blieb ungewiss, doch Daiki hoppelte sofort wieder davon, um auch für seine andere Schwester einen schmucken Haarschmuck zu besorgen.

Hey, war das deine Idee?

Fragte sie Cris und piekste ihn grinsend in die Seite. Hana zupfte an ihrem Shirt.

"Spielen wir jetzt was?"

Aber sicher!

Akemi zwinkerte Cris zu und wandte sich an ihre Schwester.

Also, wozu hast du Lust?

Die Zeit verging wie im Fluge. Sie spielten Verstecken, "Schmugglerbande" und "Räuberjagd". Akemi genoss jede Sekunde. Es war toll, in die Spiele, die sie früher selbst mit Masao gespielt hatte nach so langer Zeit noch einmal einzutauchen. Für Cris war dies alles Neuland, doch da die Regeln alle einfach waren, hatte er keine Probleme dem Spielablauf zu folgen :-)D ) und Akemi hatte das Gefühl, dass es ihm Spaß machte. Hana verhielt sich ihm gegenüber eher distanziert und wortkarg, doch Akemi machte sich keine Sorgen darum. Hana war seit jeher eher schüchtern und misstrauisch gewesen. Daiki hingegen war wie Akemi. Sie selbst hatte früher jeden Fremden angelacht und ihre Freundschaft der ganzen Galaxis angeboten. Man sah deutlich, dass Daiki ähnlich aufgeschlossen war. Sie waren eben mehr wie ihr Vater, während Hana in dieser Hinsicht ihrer Mutter glich.

Die Sonne verkroch sich mehr und mehr. Es wurde Abend und damit auch kühler. Als wieder eine Runde des aktuellen Spiels beendet war, ließ sich Akemi ins Gras fallen, womit sie Hanas Begeisterung erntete, die ihr es sofort gleich tat.


Ich bin erledigt! Das war's für heute.

Rief sie und streckte die Arme aus.

Hana, du bist der absolute Ober-, Ober-, Oberschmuggler und ein erstklassiger Räuber.

Sie setzte sich ein wenig auf und schielte zu Cris hinüber.

Cris war ganz passabel, aber zu nem Titel reichts noch nicht.

Ihm die Zunge rausstreckend griff sie nach Daiki, warf ihn auf den Rücken und kitzelte ihn.

Und du bist ein kleiner, frecher Racker!

Lachend und glucksend wand sich Daiki unter ihren Händen wie ein Wurm. Plötzlich hielt Akemi inne, blickte auf und sah zum Haus hinüber. Dort war alles ruhig, doch Akemi hatte etwas gehört. Ihr überdurchschnittllich gutes Gehör hatte ein eindeutiges Geräusch vernommen, noch bevor es für die anderen zu erkennen war. Erst Sekunden später kam ein Speeder in Sicht und hielt vor dem Haus.

"Da ist Papa!"

Rief Hana, sprang auf und rannte auf den Speeder zu, dem im gleichen Moment Shin Akanato, ein gutaussehender, hochgewachsener Mann, entstieg, dessen Haare so dunkel waren wie die Masaos.

"Papa!"

Echote Daiki. Langsam erhob sich Akemi aus dem Gras und beobachtete ihren Vater, der sie noch nicht bemerkt hatte. Hana kam bei ihm an, wirbelte um ihn herum und redete auf ihn ein. Die Haustür öffnete sich und Miu Akanato erschien.

"Hoch, hoch!"

Quengelnd presste sich Daiki an Akemi und verlangte auf den Arm genommen zu werden. Sie gab ihm nach und setzte ihn auf ihre Hüfte. Im gleichen Augenblick schaute Shin Akanato zu ihnen hinüber. Akemi schluckte.

Jetzt kommt das Schwerste...

Sagte sie leise zu Cris.

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Ihrem Vater hatte sie immer näher gestanden als ihrer Mutter. Sie war seine Prinzessin gewesen und gleichzeitig sein kleiner Wildfang. Er hatte gebilligt, was Miu Akanato zu schelten gepflegt hatte. Wenn Akemi etwas gewollt hatte, war sie immer zu ihm gegangen, weil sie gewusst hatte, dass er ihr nur schwer widerstehen konnte. Shin Akanato hatte immer Verständnis für das Wesen seiner Kinder gehabt, er hielt es für richtig sie ihre eigenen Wege gehen und ihre eigenen Fehler machen zu lassen, damit sie lernen konnten, was das Leben ihnen bot. Er war es auch gewesen, der durchgesetzt hatte, dass Akemi ihre Chance auf Naboo bekam. Sie hatte es ihm damit gedankt, dass sie eines Tages einfach verschwunden war.

Wortlos blickte Shin zu ihnen hinüber.


Ich hoffe, du hast Recht.

Sagte sie leise an Cris gewandt ohne sich zu bewegen. Doch sie spürte seine Hand auf ihrer Schulter und wusste, dass er bei ihr war. Nun wandte sie sich ihm halb zu und übergab ihm Daiki.

Hier, nimm du ihn.

Bat sie.

Komm, wir gehen hinüber...

Regungslos stand ihr Vater noch immer vor dem Gleiter mit dem er nach Hause gekommen war, einem uralten Modell, das bereits seit Akemis Kindheit im Besitz der Familie war. Er schaute sie mit einem undeutbaren Blick an, sodass sie nicht wusste, was er wohl dachte. Doch als sie sich ihm näherte, flackerte ein gemächliches Lächeln über seine Züge.

"Meine Große ist zurück."

Er schüttelte den Kopf, so als könnte er nicht glauben, dass dies kein Traum war. Unsicher blieb Akemi ein Stück vor ihm stehen.

Hallo Papa...

Sagte sie und merkte, wie es ihr die Kehle zuschnürte. Schwach sichtbare graue Fäden durchzogen seine Schläfen. Seine Züge waren scharf und markant, ein weniger deutlicher als früher. Doch ansonsten hatte er sich kaum verändert. Er sah noch immer genauso gut aus wie früher, hatte nichts von seiner Attraktivität und seinem Charme verloren. Sein eindringlicher Blick musterte sie.

"Was hast du mit deinen Haaren gemacht?"

Fragte er schließlich. Verwirrt blickte Akemi ihn an.

Meine...?

Lachend trat er einen Schritt vor und zog sie fest an sich.

"Komm und lass dich umarmen, Tochter."

Obwohl sie zuerst noch leicht überrumpelt von seiner Reaktion war, schloss Akemi ein weiteres Mal dankbar die Augen und lehnte sich an ihn. Sie hatte eine wunderbare Familie, an der sie nicht hätte zweifeln dürfen. Es gab nichts, wovor sie sich fürchten musste. Shin drückte sie heftig an sich und küsste sie auf den Scheitel, während er ihr immer wieder über den Kopf strich. Währenddessen begriff Akemi, dass es nur zwei Orte in der weiten Galaxis gab, an denen sich eine Frau endlos sicher fühlen konnte: in den Armen ihres Mannes und in denen ihres Vaters.

Erst als er sie langsam los ließ, war sie wieder fähig zu sprechen. Doch als sie zu einer Entschuldigung ansetzen wollte, schüttelte er den Kopf.


"Sag nichts, Liebes. Es ist alles in Ordnung. Wir wussten doch, dass du zurück kommen würdest."

Sie selbst war sich da weniger sicher gewesen, doch sie hörte auf ihren Vater und sagte nichts. Stattdessen nickte sie lediglich, brachte ein Lächeln unter Tränen zustande und wandte sich zu Cris herum, um ihn ihrem Vater vorzustellen.

Papa, das ist Cris.

Eine Sekunde lang stockte sie.

Ich liebe ihn.

"Oh!"

Shin Akanato sah überrascht auf und blickte erst Akemi, dann Cris und schließlich wieder Akemi an, bevor er einen Blick zum Haus hinüber warf. Erst jetzt bemerkte Akemi, dass ihre Mutter dort die ganze Zeit über gestanden hatte, mit Hana an ihrer Seite, um die sie einen Arm gelegt hatte. Als der Blick ihres Mannes sie traf, hob Miu auffordernd die Augenbrauen. Hastig drehte sich Shin wieder zu Cris.

"Na dann, wenn das so ist..."

Breit lächelnd klopfte er Cris auf die Schulter.

"Willkommen in unserer Familie."

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- Bothawui – Drev’Starn – Gleiter –

Dass Neil ihm hatte helfen wollen, hatte Masao am Ende leider nichts genutzt. Er war es selbst schuld, das wusste er und hätte die Entscheidung bei ihm gelegen – wäre er an Ger’res Stelle gewesen - so hätte er das gleiche getan wie sein Chef. Von Anfang an war von Masao viel erwartet worden und er war bereit gewesen alles zu geben. Letztendlich jedoch gehörte seine Loyalität seiner Familie und die hatte seine Hilfe gebraucht. Er zweifelte nicht daran, dass es richtig gewesen war, Akemi zu suchen und zurück nach Bothawui zu bringen. Und wenn das das Ende seiner Karriere bei „Ger’res & Partners“ bedeutete, dann sollte es eben so sein.

Auf der anderen Seite war er nun ein freier Mann. Manchmal hatte die Arbeit im Architekturbüro ihn schier erdrückt. Lange Zeit war ihm das recht gewesen, weil er sich dann nicht mit anderen Dingen hatte auseinandersetzen müssen; mit Akemis Verschwinden beispielsweise, oder mit seiner Unfähigkeit eine längere Beziehung einzugehen. Jetzt aber, da er fristlos entlassen worden war, hatte er das Gefühl, endlich seinen eigenen Träumen nachgehen zu können. Er hatte eine Menge Visionen und Vorstellungen von prachtvollen Türmen und aufsehend erregenden Schlössern. Wenn er sich selbstständig machte, würde er sich seine Projekte selbst aussuchen können. Und immerhin besaß er genügend positive Referenzen, um irgendwo Fuß zu fassen. Doch wo war dieses Irgendwo? Sicherlich nicht auf Bothawui.

Er lenkte den Gleiter das letzte Stück zum Haus hinüber und parkte ihn genau neben dem seines Vaters. Die ganze Familie hatte sich vor dem Haus versammelt. Es war ein wundervoller, tröstender Anblick. Masao verharrte ein paar Sekunden auf dem Fahrersitz seines Gleiters, ehe er ausstieg. Seine Familie hatte alles Glück dieser Galaxis verdient. Das sowie einen Neuanfang.


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Wie einfach alles sein konnte. Die Tränen ihrer Wiedersehensfreude und der unendlichen Dankbarkeit darüber, dass ihre Familie sie noch immer liebend aufnahm, versiegten allmählich. Ein strahlender, überglücklicher Ausdruck begann Akemis Gesicht zu erhellen. Es war alles gut. Ihre Mutter hatte ihr verziehen, ihr Vater hatte ihr verziehen. Ihre Geschwister hielten zu ihr, so wie sie es immer getan hatten. Und alle nahmen sie Cris bei sich auf, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres auf der Welt. Dieser Tag würde ihr immer in Erinnerung bleiben. Daiki krähte laut und entschlossen in alle Richtungen, dass er Hunger auf Grünkohl hatte und Masaos Gleiter fuhr vor. Nun waren sie komplett. Glücklich lehnte sich Akemi an Cris. Sie hoffte, dass er sich genauso gut fühlte wie sie. Masao kam lächelnd auf sie zu und legte Shin Akanato eine Hand auf die Schulter.

?Na, Überraschung gelungen??

Wollte er wissen. Shin warf ihm einen Blick zu.

?Überraschung ist gar kein Ausdruck. Gut gemacht, mein Junge.?

Er streckte eine Hand aus und fuhr Akemi über die Wange.

?Unsere Kleine ist endlich wieder zu Hause.?

Akemi lächelte. Ja, sie war wieder zu Hause. Und wenn das so weiterging, würde sie vor Glück platzen. Obwohl das leise Knurren ihres Bauches, das auch sie mittlerweile erreicht hatte?

?Abendessen!?

Mius Stimme drang zu ihnen hinüber und Daiki begann auf Cris? Arm zu zappeln. Shin Akanato setzte sich in Bewegung.

?Ihr habt es gehört. Abmarsch in die Küche, oder eure Mutter wird euch was erzählen.?

Munter hakte sich Akemi bei Cris unter.

Du hattest Recht.

Sagte sie leise zu ihm, während die anderen bereits vorgingen.

Du meintest, dass alles gut wird. Jetzt habe ich keine Zweifel mehr, egal was noch kommt.

Sie gab ihm einen Kuss und zog ihn dann eilig mit ins Haus. Miu Akanato mochte es nicht, wenn man zu spät zum Essen kam. Doch sie kamen noch rechtzeitig, denn Akemis Mutter stellte gerade die Schüsseln auf den Tisch. Es gab einen bunten Gemüseauflauf, Hackbällchen mit zwei verschiedenen Soßen und Erdäpfel ähnliche Beilagen.

?Daiki kannst du in seinen Kinderstuhl setzen.?

Sagte Hana zu Cris, die ganz plötzlich neben ihm aufgetaucht war.

?Er ist noch zu klein um auf einem richtigen Stuhl zu sitzen.?

Hana selbst nahm neben Daiki Platz. Miu lächelte, während sie sich auf den Stuhl zu Daikis anderer Seite setzte.

?Du kannst dich dort drüben hinsetzen, Cris.?

Sie wies auf den Platz ihr gegenüber. Akemi zog ihn mit sich und platzierte sich neben ihm. Shin und Masao saßen an den beiden Kopfenden des Tisches.

?So, ich glaube, wir haben alles??

Akemis Mutter warf einen Blick zur Küchenzeile hinüber und überprüfte, ob sie irgendetwas vergessen hatte. Doch jeder hatte Teller und Besteck und das Essen war ebenfalls aufgetragen. Gierig streckte Daiki eines seiner kleinen Händchen nach den Töpfen aus. Resolut hielt Miu ihn zurück.

?Oh nein, nichts da!?

Der Dreijährige bekam einen Klapps auf die Finger.

?In diesem Haus wird kein Essen angerührt, bevor wir nicht dafür gedankt haben.?

Offen blickte sie zu Cris hinüber.

?Cris, möchtest du das Tischgebet sprechen??

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Konzentriert starrte Akemi auf die Tischplatte hinunter, während sie Cris’ gefaltete Hände nachahmte, so wie sie es alle getan hatten, außer Daiki, der noch nicht verstehen konnte, was hier vorging. Es fiel ihr schwer ruhig zu bleiben. Am liebsten hätte sie Cris vor seinem ausgedachten Gebet – denn natürlich war ihr vollkommen klar, dass seine Zeilen weder Hand noch Fuß hatten – bewahrt, doch er war so zustimmend auf Mius Vorschlag, er sollte das Tischgebet sprechen, eingegangen, dass sie es nicht über sich gebracht hatte ihn vor den anderen bloß zu stellen indem sie wahrheitsgemäß zugab, dass er nicht besonders viel mit Religionen am Hut hatte. Als er mit seiner Danksagung für das Abendessen geendet hatte, war es still im Raum. Akemi hatte nicht den Mut aufzusehen und Cris ins Gesicht zu blicken. Sie fürchtete einen Lachanfall. Gleichzeitig hätte sie ihm gerne unter dem Tisch das Knie getätschelt, doch ihre Hände waren noch immer ineinander verschränkt. Cris letzte Worte hingen noch über ihnen, als Miu Akanato sie plötzlich wiederholte.

“Überall und für immerdar.“

Leises Gemurmel erhob sich von Seiten Masao und Akemis Vater.

“Überall und für immerdar.“

Akemi hielt die Luft an und schaute auf. Miu lächelte sie an.

“Guten Appetit, alle miteinander.“

Das war noch einmal gut gegangen. Möglichst unauffällig warf Akemi Cris einen kurzen Seitenblick zu und nun hatte sie auch Gelegenheit ihm beruhigend das Bein zu tätscheln.

“Akemi, reich doch bitte Cris’ Teller hinüber. Nein, Masao! Zuerst bekommt Cris etwas.“

Großzügig verteilte Miu Gemüse und Hackbällchen auf Cris’ Teller, so als hielte sie ihn für halb ausgehungert.

“Mamaaaaa! Daiki auch!“

Hana stieß ihren kleinen Bruder an.

“Du sollst nicht in der dritten Person von dir reden.“

Masao, der über Eck neben Hana saß, kniff seine Schwester in die Ohren.

“Als ob er wüsste was das bedeutet, Miss Neunmalklug.“

“Auaaa! Masao lass loooos!“

Miu reichte Cris seinen voll beladenen Teller zurück und wandte sich dem ihres Mannes zu, während sie seelenruhig ihre Kinder zurecht wies.

“Masao, zieh deine Schwester nicht an den Ohren und Hana, hör mit dem Geschrei auf. Das hier ist ein Familienessen und kein Volksfest.“

Lächelnd schaute Miu zu Cris hinüber.

“So geht es hier nicht immer zu.“

Versuchte sie die Situation zu erklären. Shin schnaubte belustigt.

“Nein, nur die meiste Zeit über.“

“Ach, das stimmt doch gar nicht!“

Akemi genoss die Atmosphäre. Wie lange war es tatsächlich her, dass sie mit ihren Eltern und allen ihrer Geschwister an einem Tisch gesessen hatte? Dazu war es nicht mehr gekommen, als sie noch auf Naboo gewesen war. Damals war sie zu ihrem Geburtstag von ihrer Familie besucht worden, doch Masao hatte aus geschäftlichen Terminen nicht mitkommen können. Somit war das letzte gemeinsame Abendessen, an das sie sich erinnern konnte, noch vor ihrer Karriere als Schauspielerin gewesen.

So konfus es am Tisch auch zuging, irgendwann hatte jeder einen reichlich beladenen Teller vor sich stehen und sie begannen zu essen.


“Also,“

Miu knetete Daikis Auflauf zu einer breiigen Masse.

“welcher ist dein Heimatplanet, Cris? Dein Gebet war sehr schön.“

Wie auf Kommando verschluckte Akemi ein Stück Hackbällchen, sodass sie husten musste. Klirrend landete ihre Gabel auf dem Teller, während sie nach Luft rang. Hilfsbereit klopfte ihr Masao mit heftigen Schlägen auf den Rücken. Prompt landete das verschluckte Stück Fleisch wieder auf dem Teller.

Man, nicht so fest!

Beschwerte sie sich ächzend.

“Trink einen Schluck Wasser.“

Miu Akanato war durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Daiki starrte seiner älteste Schwester mit großen Augen an.

“Geht’s wieder, Kleines?“

Erkundigte sich Shin. Akemi nickte.

Ja… alles okay.

Miu lächelte zuversichtlich.

“Siehst du. Es kommt alles wieder in Ordnung.“

Erneut bewegte sich ihr Blick zu Cris hinüber.

“Erzähl ruhig weiter.“

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Im Grunde war das Abendessen damit gelaufen. Die Gewissheit, dass sie über etwas sprechen mussten, konnte nicht länger aufgeschoben werden. Zerstreut schob Akemi mit der Gabel ihr Essen auf dem Teller herum, während Cris sie fragend, und um Hilfe und Bestätigung bittend anblickte.

Nun, mh?ja? da gibt es so einiges.

Ihre Mutter hob eine Augenbraue.

?Das denken wir ebenso.?

Unsicher warf Akemi einen Blick zu ihrem Vater hinüber. Er hatte seine Mahlzeit nicht unterbrochen, während sie selbst kaum angefangen hatte. Dass sie der Wahrheit nicht ausweichen konnte, hatte sie ja nun endlich verstanden. Aber musste es ausgerechnet jetzt sein? Nach dem Essen hätte es besser gepasst. Sie hätten sich in Ruhe hinsetzen können, während Daiki und Hana zu Bett gegangen waren. Das hätte es einfacher gemacht. Zumindest glaubte Akemi das oder wollte es glauben. Andererseits war für so etwas doch nie der richtige Zeitpunkt. Das waren diese Gespräche, die man mit Sorgfalt führen wollte um große Gefühlsausbrüche zu vermeiden und niemanden zu verletzten. Alles musste gut geplant sein, die Worte wohlüberlegt ? und am Ende würde es ohnehin in einer Katastrophe enden. So was ließ sich nicht verhindern. Die Verstimmung war praktisch vorprogrammiert. Vielleicht machte es tatsächlich keinen Unterschied, ob sie sofort zur Sache kommen sollten. Andererseits hasste Miu Akanato Streitereien zu Tisch und außerdem war dies alles nichts, was für Daikis und Hanas Ohren bestimmt war. Cris und Akemi befanden sich auf feindlichem ? auf imperialem ? Gebiet. Es war ein Geheimnis und musste ein Geheimnis bleiben, wer sie wirklich waren. Das Risiko, dass einer von den beiden Kindern darüber zu einem ungünstigen Zeitpunkt plaudern würde, war hoch.

Also was Cris meint ist, dass wir nachher gerne in Ruhe mit euch sprechen würden.

Nacheinander sah Akemi erst ihren Vater und dann ihre Mutter an. Miu Akanato deutete unauffällig in Hanas Richtung. Akemi nickte bestätigend.

?Wir werden es uns nachher gemütlich machen.?

Stimmte Akemis Mutter zu. Erleichtert nickte Akemi, während Shin sich nachdenklich mit dem Stiel der Gabel gegen sein Kinn klopfte.

?Wenn mich nicht alles täuscht hab ich noch eine Flasche von diesem guten Wein im Keller.?

Fragend blickte er zu Masao hinüber.

?Oder hatten wir die schon aufgemacht??

Energisch schüttelte Masao den Kopf.

?Als ich den Wein letztens trinken wollte, hast du ihn mir nicht gegeben, weil du ihn für eine besondere Gelegenheit aufheben wolltest.

?Du hast Recht. Ich erinnere mich.?

In Shins Blick lag etwas liebevolles, als er zu Akemi hinüber blickte.

?Ich denke, heute ist so eine Gelegenheit. Und Cris hat bestimmt auch nichts gegen einen guten Tropfen einzuwenden!?

Also hatte sie doch noch einmal eine kurze Schonfrist und wenn es sich nur um ein oder zwei Stunden handelte. Irgendwie, obwohl sie wusste dass es nichts brachte, war Akemi dankbar.

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Das Essen lief in einem ruhigen Gang weiter. Shin berichtete von einigen Dingen, die sich auf der Arbeit zugetragen hatten oder die er in Drev'Starn gehörte hatte und Miu bat ihn, sich ihrem elektrischen Mixer anzunehmen, der den Geist aufgegeben hatte. Da bei den Akanatos nichts fort geworfen wurde, was eventuell noch zu reparieren war, war es für Shin eine Selbstverständlichkeit, das Geräut genauestens unter die Lupe zu nehmen. Nach dem Essen half Akemi ihrer Mutter den Tisch abzuräumen und das Geschirr in den Spüler zu räumen, während Hana und Daiki zwischen ihren Füßen herum tollten und Shin die Flasche Wein aus dem Keller herauf holte. Schließlich, nachdem Miu ein paar Häppchen auf einer Platte ins Wohnzimmer gestellt hatte, schickte sie Hana und Daiki nach oben, wo sie noch ein wenig spielten durften, bevor es ins Bett ging. Daiki begann zwar sich zu beschweren, doch Hana hatte ihn mit ihrer ruhigen Art gut im Griff und schaffte es ihn nach oben zu bringen, ohne dass das Geschrei besonders groß wurde.

Dann waren nur noch Shin, Miu, Masao und Akemiund Cris übrig. Akemi fühlte sich ein wenig wie im Gerichtssaal, als sie gemeinsam im Wohnzimmer saßen und die Augen ihrer Eltern erwartungsvoll auf sie gerichtet waren. Die Mienen hatten sich ein wenig verändert, zwar zeugten sie noch immer von Liebe und Glück über die Rückkehr ihrer Tochter, doch Akemi sah sich ebenso sehr der Erwartung gegenüber, dass sie alles erzählte: die Wahrheit, von Anfang bis Ende.


Es hat alles auf Naboo angefangen... dass Cris und ich uns begegnet sind.

Unsicher sah sie zu ihm hinüber. Er saß auf der Couch direkt neben ihm und sie legte ihm eine Hand auf sein Bein, damit er sie schützend mit der seinen bedeckte.

Ihr werdet das vielleicht für Unsinn halten, aber ich wusste sofort, dass da irgendwas wichtiges zwischen uns ist...

Die Blicke ihrer Elten waren aufmerksam auf sie gerichtet. Masaos Züge waren undurchdringlich, als Akemi ihm einen hilfesuchenden Blick zu warf. Früher hatte er sich immer für sie eingesetzt und ihr beigestanden, aber diesmal konnte er es nicht. Obwohl sie wünschte, dass es anders wäre, verstand sie ihn. Was sollte er auch sagen? Es gab nichts, das er für sie tun konnte.

Also bin ich mit ihm gegangen.

Die Formulierung entsprach nicht ganz der Tatsache, dass sie ihm gefolgt war, aber Akemi schaffte es nicht zu sehr ins Detail zu gehen - was in diesem Falle auch völlig unwichtig war. Sie wollte es schnell hinter sich bringen diese Geschichte zu erzählen und es durch einzelne Ausschmückungen nicht noch schwieriger machen als es ohnehin schon war. Außerdem war ihr der Anfang ihres Kennenlernens mit Cris eine wichtige Erinnerung, die sie tief in ihrem Herzen trug und die - wie sie leicht selbstsüchtig glaubte - nur sie beide etwas anging.

Allerdings gab es da eine Sache, die alles etwas komplizierter machte...

Nun kam der entscheidende Punkt. Nervös fuhr Akemi sich mit der Zunge über die Lippen.

Cris war...und ist noch immer...ein... ein Agent im Namen des Geheimdienstes der Neuen Republik.

Ruckartig wandte sich Miu Akanatos Kopf in Cris' Richtung und sie holte bereits Luft um etwas zu sagen.

...Also bin ich ebenfalls dem Geheimdienst beigetreten, dessen Auflagen unter anderem darin bestanden den Kontakt zu meiner Familie abzubrechen.

Die unausgesprochenen Worte blieben Akemis Mutter ihm Hals stecken, während ihr Blick nur ungläubig von Cris zu Akemi und wieder zurück wanderte. Shin Akanato saß ruhig in seinem Sessel, ein gefülltes Weinglas in der Hand. Er schaute Akemi unbewegt an, doch in seinen Augen lagen weder Anschuldigung noch Enttäuschung, sondern die einfache Ermunterung weiter zu erzählen. Akemi schluckte. Ihre Lippen waren wie ausgetrocknet und ließen sich auch durch ihre Zunge nicht befeuchten.

Vor euch sitzen Captain Cris Sheldon und 2nd. Lieutenant Akemi Akanato... seit ich dem Geheimdienst beigetreten sind haben wir viele Aufträge zu erledigen gehabt, im Namen der Republik. Wir waren viel unterwegs und... naja... viel mehr... gibt es da nicht zu erzählen.

War ihr Geständnis also damit beendet? Seltsamerweise fühlte Akemi sich keineswegs besser, jetzt, wo die Wahrheit heraus war. Sie drückte Cris' Bein und lehnte sich erschöpft an ihn, während sie es vermied den Blicken ihrer Eltern direkt zu begegnen. Eine Weile herrschte Schweigen. Es schien, als habe Miu Akanato durch die unerwarteten Eröffnungen vergessen, was sie vorhin hatte sagen wollen, oder als habe sie ihre Sprache verloren. Gemächlich trank Shin von seinem Wein, ehe er das Glas auf dem Wohnzimmertisch abstellte und mit seinem ruhigen Blick Cris fixierte.

"Haben Sie auch noch etwas dazu zu sagen, Captain Sheldon?"

Fragte er.

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Cris' Worte zu hören und dabei nicht zu weinen war beinahe ein Ding der Unmöglichkeit. Mühevoll hielt Akemi ihre Tränen zurück, doch sie war nicht stark genug ihre Gefühle zu verbergen und so zeugten feuchte Wangen von ihre Reue und ihren Schuldgefühlen. Sie sah ihre Eltern nicht an, konnte ihnen nicht in die Augen sehen nachdem sie ihnen erzählt hatte, wer und was sie geworden war. Frieden war in dem Hause ihrer Eltern immer groß geschrieben worden und nun hatte sie selbst ihren Platz in dem großen Krieg zwischen Republik und Imperium, ein Krieg, der vielleicht niemals enden würde. Wie hatte sie ihre Erziehung in den Wind schlagen können? Für ihre Eltern musste es so aussehen, als hätte sie rein gar nichts gelernt, als wären alle ihre Mahnungen, Belehrungen und Bitten umsonst gewesen. Doch das stimmte so nicht. Hatte sie sich nicht auf die richtige Seite geschlagen? Hatte sie nicht in Cris einen ehrlichen und anständigen Mann gefunden, der sie liebte und sich mit seinem Leben schützend vor sie stellen würde, der alles für sie gab und ihr alles schenkte? Auch das musste doch etwas zählen.

Als Cris geendet hatte, hing ein unheimliches Schweigen wie trübe Nebelschwaden über ihnen. Akemi lehnte ihren Kopf an Cris' Schulter. Sie war erschöpft, ihre Kehle war trocken und in ihrem Kopf hämmerte es ungemütlich. Für seine Worte war Akemi Cris unendlich dankbar. Er verteidigt sie und stellte sich vor sie, obgleich er das nicht musste. Aber es gab ihr ein Gefühl der Sicherheit, dass er zu ihr hielt und dass er bei ihr war.


"Wenn das so ist, dann haben wir wohl auch keine Wahl..."

Die Worte Shins waren mehr ein leises Murmeln zu sich selbst, wenn sie auch laut genug waren, dass sie jeder im Raum hören konnte. Akemi schloss schmerzhaft die Augen, als ihr Vater bereits fortfuhr:

"Wir haben immer gewusst, dass Akemi eines Tages das tun wird, was ihr Herz ihr sagt, selbst wenn das bedeutet, weit fort von uns neu zu beginnen."

Er sprach über Akemi, als sei sie nicht anwesend, doch das lag weitestgehend daran, dass sich Shin direkt an Cris wandte.

"DU hast das gewusst, Shin! DU wolltest immer, dass es so kommt!"

Miu Akanatos aufgeregte Stimme fuhr schneidend dazwischen.

"Du hast immer gehofft, dass sie so unabhängig wird wie du nie sein konntest!"

Stille herrschte im Raum, als sich Akemis Eltern stumm anblickten. Shin schüttelte den Kopf.

"Nein, Miu, das ist nicht wahr."

In seinem ruhigen Tonfall lag nichts als das schlichte Wissen um Wahrheit.

"Und das weißt du auch. Außerdem müssen wir keine alten Geschichten ausgraben um uns mit dem Leben unserer Tochter zu beschäftigen."

In Mius Augen funkelte es und sie presste ärgerlich die Lippen zusammen.

"Das ist richtig."

Erwiderte sie spitz.

"Aber wir beide wissen ebenso gut, dass du immer eine Schwäche für deine Tante Chiyo hattest!"

Ungehalten stand Miu auf.

"Ich weiß genau, was du tun wirst, Shin. Du wirst es ihr wieder erlauben, genauso wie all die anderen Dinge, die du ihr immer und immer wieder erlaubt hast! Du befürwortest was sie tut."

In den Augen von Akemis Mutter standen Tränen, doch sie gab sich alle Mühe aufrecht zu bleiben. Es war Masao, der schließlich als nächstes sprach.

"Mama, komm her und setz dich wieder."

Er erhob sich ebenfalls, legte einen Arm um sie und zog sie in den Sessel, in dem er zuvor noch gesessen hatte. Er selbst nahm auf der Lehne Platz und streichelte seiner Mutter über den Rücken.

"Es hilft doch nichts, wenn wir uns jetzt gegenseitig Vorwürfe machen, wegen Dingen, die schon so lange zurück liegen."

Versuchte Shin seiner Frau zu erklären. Miu wischte sich ungeduldig über die Augen.

"Aber um diese Dinge geht es! Es ging immer darum!"

Beharrte sie. Akemi öffnete die Augen und schaute endlich wieder ihre Eltern an, die in Rätseln sprachen. Sie hatte keine Ahnung, worum es überhaupt mittlerweile ging. Fragend suchte sie Masaos Blick, doch der wich ihr aus.

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Das Stichwort war gefallen. Masao hatte es kommen sehen und sich gefragt, was geschehen würde, wenn es soweit war. Seine Vermutungen, dass Miu Vorwürfe gegenüber Shin erheben würde, bestätigten sich nun. Wie eine stumme Bitte um Versöhnung lag seine Hand auf der Schulter seine Mutter, doch diese ließ sich nicht erweichen. In ihren Augen flammte es auf und die alten Diskussionen erreichten die Gegenwart. Masao spürte Akemis Blick auf sich, doch er konnte ihn nicht erwidern. Es tat ihm leid, dass die Belange seiner Schwester nun hinein gezogen wurden in einen Streit, der älter war als Masao selbst. Doch seit er ein kleiner Junge war hatten sie nicht mehr über dieses leidige Thema gesprochen, genau genommen seit sie Coruscant verlassen hatten um auf Bothawui neu anzufangen. Seitdem hatte Tante Chiyo einfach nicht mehr existiert, zumindest nicht in Shin Akanatos Familie.

Mama, so kommen wir nicht weiter.

Masao versuchte es behutsam. Verärgert wandte sich Miu zu ihm herum.

“Das ist eine Sache zwischen deinem Vater und mir. Misch dich nicht ein.“

Ihr Ton war strafend, doch Masao konnte nicht einfach stumm nicken und sie weiterhin gewähren lassen, damit sie alles nur noch schlimmer machte.

Mama, es geht hier um nichts anderes als um Akemi und um die Entscheidungen, die sie alleine getroffen hat. Nichts und niemand hat sie beeinflusst, schon gar nicht Papas Erziehung!

Seine Mutter erwiderte nichts, doch sein Vater schüttelte den Kopf.

“Lass gut sein, Masao. Deine Mutter will es nicht verstehen.“

Verächtlich schnaubte Miu.

“Oh doch, ich verstehe sehr gut. Du hast…“

Ungeduldig sprang Masao auf.

Nein, Mama! Versteh doch endlich: Papa hat damals alles für uns aufgegeben! Wir waren ihm wichtig und nicht Tante Chiyo und ihre Ideale!

Miu Akanato schüttelte den Kopf.

“Wir haben beide unsere Familien hinter uns gelassen, aber nur, weil es keinen anderen Ausweg mehr gab! Dein Vater war bereits enterbt, als wir geflohen sind und Tante Chiyo war mal wieder spurlos verschwunden! Es hat nichts gegeben, was ihn gehalten hätte!“

“Also gut, Miu. Das genügt jetzt.“

In Shins scharfer Stimme lag etwas Endgültiges.

“Bring jetzt die Kinder zu Bett. Es ist schon spät.“

Er schaute seine Frau nicht an. Masao hatte den Blick zu Boden gerichtet, als seine Mutter sich schließlich wortlos erhob und den Raum verließ. Die Tür glitt leise zur Seite, als sie hinaus ging und schloss sich hinter ihr mit einem kurzen Zischen.

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Es hätte beruhigend für Akemi sein können, dass es nicht mehr nur um sie, um ihre Fehltritte und um ihr Versagen ging. Aber dem war nicht so, denn sie wusste, dass sie zumindest den Anstoß für die lautstarke Diskussion gegeben hatte, die zwischen ihren Eltern los gebrochen war. Viel mehr war es eigentlich ein Streit, der nur mit wenig aufschlussreichen Worten ausgetragen wurde, der die Beteiligten dafür aber umso schlimmer zu treffen schien. Außer Akemi. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was überhaupt los war. Wer war "Tante Chiyo"? Ihre Eltern hatten sich noch nie gestritten, jedenfalls hatte Akemi es noch nie erlebt. Zwischen ihnen existierte eine tiefe Liebe, die auf den Grundmauern gegenseitigen Respekts aufgebaut war. Irgendetwas - oder irgendjemand - hatte diese Mauer nun jedoch erschüttert und Akemi schien es, als habe sie mit ihrem Verschwinden und nun mit dem Geständnis, dass sie für den Geheimdienst arbeitete, einen großen Teil dazu beigetragen, dass das Fundament einzustürzen drohte. Sie hielt Cris' Hand noch ein wenig fester, als er vorschlug sich zurück zu ziehen, nachdem Miu den Raum verlassen hatte. Akemi wollte nicht, dass er ging, denn sie brauchte ihn doch hier! Wie sollte sie den Mut aufbringen ihrem Vater ins Gesicht zu blicken, wenn Cris nicht an ihrer Seite war? Ihr stummer Blick bat ihn zu bleiben, als sie ihn von der Seite ansah. Bisher hatte sie noch nie erlebt, dass ihr Vater ihrer Mutter einen Befehl gegeben hatte, doch soeben hatte er sie aus dem Zimmer hinaus geschickt und Miu hatte sich gefügt ohne ihm zu widersprechen. Weder die eine noch die andere Seite konnte Akemi verstehen. Wie konnte sich ihr Vater anmaßen ihre Mutter so zu behandeln - noch dazu vor den Augen anderer - und wie konnte ihre Mutter sich so etwas einfach gefallen lassen? Fragen über Fragen lauerten in Akemi, doch sie wagte nicht eine einzige zu stellen, bis Shin Akanato schließlich von selbst das Wort ergriff.

"Nein, Cris. Bleib ruhig da."

Erwiderte er auf Cris Bemerkung, dass er die Familie besser alleine lassen sollte.

"Es ist nicht nötig, dass du gehst. Nach allem, was ihr beiden - du und Akemi - erzählt habt, verbindet euch sehr viel."

Shin goss sich erneut in sein Weinglas ein, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schwenkte das Glas leicht hin und her, sodass die dunkelrote Flüssigkeit zarte Wellen schlug, wie ein Sturm, der den Ozean in Aufruhr versetzt.

"Ich verstehe eure Geschichte und eure Beweggründe."

Nun sah er Akemi direkt ein und die junge Geheimdienstagentin musste schwer schlucken. Was würde jetzt kommen?

"Und Miu tut es ebenso. Genau das ist das Problem. Sie hat Angst, denn was ihr erlebt, haben wir auf ähnliche Weise vor langer Zeit durchmachen müssen. Akemi... deine Mutter und ich haben damals unsere Familien verlassen, um gemeinsam mit unseren Kindern in Frieden leben zu können. Das war kurz vor deiner Geburt. Masao war ein kleiner Junge."

Shin warf seinem Ältesten einen kurzen Seitenblick zu, doch Masao hatte sich erhoben und war zum Fenster hinüber gegangen. Er hatte ihnen den Rücken gekehrt und schaute hinaus in den Garten, über den sich die Dämmerung gelegt hatte. Shin seufzte tief.

"Unsere Familien waren gegen unsere Verbindung. Wir gehörten unterschiedlichen Religionen an, sowie gegensätzlichen politischen Parteien. Das machte damals alles sehr kompliziert."

Einen kurzen Moment hielt er inne und trank einen Schluck Wein.

"Jedenfalls... haben sich unsere Familien gegeneinander gestellt und uns jeglichen Kontakt zu einander verboten. Und wir sind dann nach Bothawui gereist, um fernab ein neues Leben zu beginnen. Verstehst du, Akemi... damals hat deine Mutter ihre Familie verlassen und plötzlich wurde sie von ihrer eigenen Tochter verlassen... als wiederhole sich alles. Das ist... nicht einfach für sie."

Aus den Augenwinkeln sah Akemi, wie Masaos Schultern kurz zuckten, so als stieße er einen lautlosen, verächtlichen Laut aus. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Stirnrunzelnd sah sie ihren Vater an.

Ja. Das hat Mama mir bereits erzählt. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit, nicht wahr?

Shin schwieg und wandte den Blick ab.

Papa, ich will wissen, was hier los ist!

Er antwortete nicht. Verständnislos und verwirrt schaute sie wieder zu Masao hinüber.

Masao, du weißt, worum es geht.

Stellte sie mit überraschender Fassung fest. Langsam wandte er sich zu ihr um.

"Ja. Papa, du musst es ihr erzählen. Ansonsten tue ich es."

Shin lehnte seinen Kopf gegen die hohe Sessellehne und schloss für ein paar Sekunden die Augen, ehe er sie wieder öffnete und ins Leere blickte.

"Tante Chiyo war die jüngste Schwester meines Vaters. Ich habe sie immer gemocht, von klein auf. Sie war eigenwillig, störrisch und sehr extrem, aber sie hatte ein gutes Herz. Außerdem war sie groß darin Dinge zu verändern und das zu sagen wozu anderen der Mut fehlte. Sie war eine Rebellin und politisch stark engagiert. Außerdem gehörte sie verschiedenen... Gruppierungen an."

Shin hielt inne, trank einen kräftigen Schluck Wein und es schien, als sei er vollständig in die Vergangenheit versunken. Wie gebannt hörte Akemi ihm zu. Es war das erste Mal, dass sie etwas über das Leben ihrer Eltern erfuhr, das sie geführt hatten bevor sie nach Bothawui gekommen waren.

"Als ich deine Mutter kennen lernte, Akemi, war ich 26 Jahre alt. Miu war 17. Dein Großvater mütterlicherseits war einer jener erfolgreichen Politiker dieser Zeit. Leider deckten sich seine Ansichten, Vorstellungen und Ideale nicht mit denen meiner Familie und schon gar nicht mit denen von Chiyo. Von Anfang an gab es Spannungen, nicht zuletzt auch wegen unserer unterschiedlichen Religionen. Kurz gesagt, eine feste Bindung zwischen uns war unerwünscht. Aber wir trafen uns weiterhin heimlich und es dauerte nicht lange bis Miu mit Masao schwanger war. Also haben wir geheiratet. Meine Eltern waren vollkommen dagegen, Mius Vater gab uns zähneknirschend seinen Segen, da er als Politiker ein Mann von öffentlichem Interesse war und nicht wollte, dass seine Tochter ein uneheliches Kind zur Welt brachte. Während Mius Schwangerschaft hatte ich kaum Kontakt zu meiner Familie und als Masao geboren wurde, entschieden wir uns zu einer Segnung nach Mius Glauben. Als mein Vater davon Wind bekam, änderte er sein Testament und enterbte mich.?

Shins letzte Worte hatten einen bitteren Beigeschmack. In seinem Gesicht erkannte Akemi die Enttäuschung und den Schmerz der Vergangenheit und es schien ihr, als erlebe er alles noch einmal oder als rolle er zum ersten Mal nach vielen, vielen Jahren, dies Geschichte wieder auf.

?Ich hatte zu dieser Zeit eine sichere Stelle und Mius Eltern waren wohlhabend. Es fehlte uns an nichts. Doch dann tauchte Chiyo wieder auf. In ihrem Leben gab es immer Phasen, in denen sie plötzlich spurlos verschwand. Das hatte mit ihrem politischen Engagement zu tun. Entweder reiste sie um an verschiedenen Orten für Aufruhr zu sorgen oder sie tauchte unter um vor dem Gesetz zu flüchten. Demonstrationen, Sabotageakte, Anschläge: all diese Dinge gingen oftmals auf Chiyos Konto. Aber auch ihre heftigen Ansprachen hatten es in sich. Während ihrer Glanzzeit hielt sie viele Reden und, um es milde auszudrücken, sie hatte ein riesiges und unverschämtes Mundwerk. Nach und nach hatte sie ein Verfahren nach dem anderen am Hals und einige Zeit hat sie sogar unter gerichtlichem Gewahrsam verbracht. Aber das hat ihr nichts ausgemacht. Chiyo war zäh und sobald sie wieder auf freiem Fuße war machte sie dort weiter wo sie aufgehört hatte. Als sie plötzlich wieder auf Coruscant war, nahm sie Kontakt zu mir auf und ich traf mich mit ihr. Sie lernte Masao kennen, der gerade seine ersten Schritte machte und überhäufte ihn mit Geschenken. Doch sie lehnte es strikt ab Miu zu begegnen.?

Endlich, zum ersten Mal seit er erzählte, sah Shin Akemi an.

?Das hat deine Mutter verletzt. Aber ich habe es nicht über mich gebracht Tante Chiyo zurück zu weisen und ihr zu verwehren ihren Großneffen zu sehen. Sie war vollkommen vernarrt in Masao und mit der Zeit gewöhnte ich mir an meine Tante regelmäßig zu besuchen. Miu war das ganze gar nicht Recht. Es gefiel ihr nicht, dass Masao Vertrauen zu einer Person fasste, die seine Mutter und deren Vater verachtete und mehr als einmal warnte Miu mich, dass Chiyo etwas im Schilde führte. Aber ich habe nicht auf sie gehört und ihre Bedenken als unsinnig abgewiesen. Das war ein Fehler. Als Masao vier Jahre alt und Miu mit dir, Akemi, schwanger war, verübte eine unbekannte Gruppenbewegung einen Mordanschlag auf deinen Großvater mütterlicherseits, den Vater deiner Mutter. Doch er überlebte. Und für uns war es keine Frage, wer hinter dem Attentat steckte. Miu sagte umgehend als Zeugin gegen Tante Chiyo aus, doch ich konnte es nicht. Für mich war Tante Chiyo immer eine wichtige Bezugsperson gewesen. Als Kind habe ich sie verehrt und geliebt. Die Tatsache, dass ich nicht öffentlich gegen sie sprechen konnte, zeichnete einen Riss zwischen Miu und mir. Gleichzeitig setzte Mius Vater alles daran Tante Chiyo festnehmen und verurteilen zu lassen. Chiyo tauchte jedoch wieder einmal unter. Hätte man sie festgenommen, wäre sie vermutlich hingerichtet worden. Sie hatte sich einfach zu viele Vergehen geleistet. Doch sie war spurlos verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt. Der Wahnsinn deines Großvaters ging weiter. Er machte mich für den Mordversuch mit verantwortlich, ließ mich beschatten und versuchte mir etwas nachzuweisen. Es gab? unzählige weitere Zwischenfälle? Dinge, die alles noch schlimmer machten als sie es ohnehin schon waren. Eines Tages hielten Miu und ich es nicht mehr aus. Wir brachen alle Brücken hinter uns ab, kauften einen kleinen Frachter und ließen unsere Familien und unser Leben auf Coruscant hinter uns. Wir reisten nach Bothawui und auf dem Weg dorthin, wurdest du geboren??

Der Tonfall in Shins Stimme machte deutlich, dass dies das Ende der Geschichte war. Bedrückt erwiderte Akemi den Blick ihres Vaters.

?Verstehst du jetzt, worum es deiner Mutter geht??

Langsam nickte sie.

Ja.

Sagte sie leise.

Ich glaube schon.

- Bothawui - Am Rande Drev'Starns - Akemis Elternhaus - Wohnzimmer - Cris, Shin, Masao -
 
- Bothawui - Am Rande Drev'Starns - Akemis Elternhaus - Wohnzimmer - Mit Cris, Masao, Shin -

Die Geschichte, die ihr Vater erzählt hatte, klang wie aus einem abenteuerlichen Roman. Sie hatte etwas unwirkliches, aber vielleicht lag das auch daran, dass all diese Ereignisse schon so viele Jahre zurück lagen und Akemi keinen Bezug zu den Figuren hatte, die in der Geschichte vorkamen - ausgenommen ihre Eltern und ihr Bruder natürlich. Sie hatte keine Ahnung, um welche politischen Akte es sich in dieser Zeit gehandelt hatte und ihr Vater schien diese Auskünfte bewusst zurück gehalten zu haben. Zumindest kam es ihr so vor. Demnach konnte sie nur Spekulationen anstellen über die damalige Situation und über die verschiedenen Loyalitäten ihrer Verwandtschaft. Was ihr jedoch überdeutlich bewusst wurde war der Grund für Miu Akanatos strenge Fürsorge, ihre Ängste und ihren Wunsch, ihre Kinder in einer Umgebung aufwachsen zu lassen, die fern von allem Übel lag. Miu Akanato hatte das Ausmaß politischer Uneinigkeiten am eigenen Leibe erfahren. Tante Chiyo mochte ein extremer Fall gewesen sein, aber die Angst war in Miu gesäht. Das genügte, damit sie zu der Überzeugung gelangte, nie mehr mit Politik in Berührung kommen zu wollen und auch ihre Kinder so lange wie möglich davon fern zu halten. Das schlechte Gewissen zerstampfte Akemi wie der gnadenlose Fuß eines AT-AT's. Die mittlerweile verständlichen Bemühungen ihrer Mutter hatten zu nichts geführt, denn Akemi war über Nacht verschwunden und ohne das Wissen ihrer Familie zum Geheimdienst gewechselt. Als Akemi vorhin die Wahrheit vor ihren Eltern ausgebreitet hatte, musste es ein Schock für ihre Mutter gewesen sein. Jetzt konnte sie alles nachempfinden. Aber wie hätte sie all dies vorher ahnen sollen? Man hatte ja nie mit ihr darüber gesprochen.

Es tut mir so schrecklich Leid!

Akemi fehlten die Worte.

Ich wollte doch nicht...

Hilflos hob sie die Hände und schüttelte den Kopf. Sie hatte keine alten Wunden aufreißen wollen. Genau genommen hatte sie überhaupt niemanden verletzen wollen. Doch das hatte sie durch ihr Handeln unweigerlich getan.

Ich muss... mit Mama sprechen.

Akemi schob ihre Hand aus Cris' Umklammerung und erhob sich.

Ich bin gleich wieder da.

Murmelte sie ihm zu und ging zur Tür. Bevor sie diese erreichte, machte sie wieder auf dem Absatz kehrt und kehrte zur Sitzgruppe zurück. Auf dem Tisch stand Cris' unberührtes Weinglas. Sie ergriff es, schenkte voll ein und trank es mit wenigen Zügen aus. Als sie es wieder abstellte, ging sie erneut zur Tür und verließ den Raum, so wie ihre Mutter einige Minuten vor ihr. Wahrscheinlich war sie oben. Mit schnellen Schritten lief Akemi die Treppe hinauf. Weil es die erste Tür gegenüber des Treppenabsatzes war, warf Akemi vorsichtig und möglichst leise einen Blick in Daikis Zimmer. Dort saß ihre Mutter auf einem Stuhl neben dem Bett ihres Jüngsten. Daikis tiefe und regelmäßige Atemzüge waren zu hören. Akemi schloss die Tür hinter sich und ging langsam auf ihre Mutter zu.

"Komm ruhig näher, er schäft wie ein Stein."

Mius leise Stimme war warm und einfühlsam. Akemi zog sich einen Hocker heran und setzte sich neben sie. Ein dämmriges Nachtlicht brannte und warf einen sanften Schimmer auf Mius Gesicht. Für einige Augenblicke sah sie unglaublich jung aus und Akemi fragte sich, wie sie wohl gewesen war, zu jener Zeit, als sie ihren Vater kennen gelernt und bevor das ganze Familiendrama begonnen hatte.

- Bothawui - Am Rande Drev'Starns - Akemis Elternhaus - Daikis Zimmer - Mit Miu, Daiki (schlafend) -
 
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