Kadajj Riyoss

Kadajj Riyoss

shake your rage!
Spezies:
Rattataki

Alter:
l8 Standardjahre alt

Familienstand:
verheiratet mit Josea Gear
und erwartet dessen Kind


Herkunft:
Geboren auf Rattatak, Schicksal der Eltern unbekannt. Im Alter von sechs Jahren wurde sie vor einem Flüchtlingsheim in Theed auf Naboo ausgesetzt und alles, was sie wusste, war ihr Name und ihr Alter. Seitdem besitzt sie eine offizielle ID als Bewohnerin von Naboo.

An die Zeit davor kann sie sich nicht erinnern. Mit dreizehn kehrte sie für einige Jahre nach Rattatak zurück, was sie dort erlebte, behielt sie allerdings für sich und zog bis zu ihrer Begegnung mit den Jedi auf Naboo mit ihrem Droiden LVN-5 durch die Galaxis, zwischen den Fronten von Imperium und Neuer Republik.

Aussehen:

Augenfarbe: weiß, Pupillen und Iris nicht sichtbar.
Hautfarbe: kalkweiß, Lippen schwarz
Haare: bis auf die pechschwarzen dichten Wimpern keine
besondere
Kennzeichen: schwarze Tätowierungen auf Kopf, Stirn und Wangen, sowie über den ganzen
Körper verteilt (seit dem Aufenthalt auf Rattatak)

Größe: 1,70 m groß
Statur: schlank, eher durchschnittliche Körperkraft


Charakter:
allgemein

positive Eigenschaften:
- ruhig (wenn sie nicht gereizt wird oder hungrig ist)
- geduldig (s.o.)
- ehrlich
- sehr kinderfreundlich
- ehrgeizig

negative Eigenschaften:
- eitel
- ziemlich von sich selbst überzeugt, wirkt dadurch recht überheblich
- makabrer Humor
- unkontrollierte Gefühlsschwankungen, wird schnell aggressiv und hat Fressattacken
- nutzt gern die Schwächen und Ängste anderer aus
- beleidigend offen

im Kampf
- leicht reizbar
- aggressiv
- hat Schwierigkeiten sich zu beherrschen

Interessen
- Holofilme, zumeist Trash-Horror und Historienschinken
- alles was glänzt
- gutes und reichhaltiges Essen, am liebsten Mando-Küche, rohes Fleisch und frisches Blut
- alte Geschichten und Sagen
- Josea Gear



Kleidung:
Rattataki-Kleidung:
Kadajj trägt an Unterarmen und Hals enganliegende goldfarbene metallene Ringe, die allerdings flexibel sind. Oberarme und –körper sind von gräulich-weißen Bandagen bedeckt, über denen sie eine vorne offene Weste aus einem schwarzen lederartigen Material trägt, die kurze Ärmel hat. Ihre Beine sind bis zu den Knöcheln bandagiert, darüber trägt sie eine schwarze dreiviertel Hose aus demselben Material wie die Weste. Die Füße stecken in Halbstiefeln mit weichen Sohlen. Darüber trägt Kadajj einen langen schwarzgrünen Wickelrock, der von einem breiten Gürtel zusammengehalten wird, dessen Enden fast bis zum Boden reichen. Meistens verbirgt sie ihre Kleidung unter einem hellen, verwaschenen Kapuzenmantel.

"Zivil"-Kleidung:
Schwarze körperbetonte, aber nicht zu enge Tunika mit hohem Kragen, ebensolche Hosen. Darüber der dunkelgrüne Kampfrock mit Gürtel. Außerdem behält sie dazu die Arm- und Halsringe an. Über dieser Kleidung trägt sie einen meergrauen Kapuzenumhang aus samtähnlichen Stoff mit weinblattartigen Mustern, der leicht bläulich schimmert.

Besondere Fähigkeiten:
Sie kann selbst aus Schrott funktionsfähige Droiden konstruieren und programmieren. Sie verdiente sich daher ihren Lebensunterhalt mit der Reparatur und Konstruktion von Droiden, obwohl sie nie eine Ausbildung in diesem Fach erhalten hatte.
Ihr Begleiter LVN-5 ist ein Droide, den sie einem IG-100 Magna Guard nachgebaut hat.
Kann sich einmal gelesenes oder erklärtes gut behalten und meist auch gleich praktisch anwenden.
Sie ist eine schnelle und ausdauernde Läuferin mit einem guten Orientierungssinn, der ihr auch beim Navigieren im Weltraum zu gute kommt.

Kampftechniken:
Waffenlose Selbstverteidigung,
sicherer Umgang mit Blastern und Metallschwertern, am liebsten beidhändig
Ihr Kampfstil ist mandalorianisch geprägt, durch die Zeit auf Rattatak ziemlich brachial geworden.

Bewaffnung:







Kadajj legt großen Wert darauf, ihre Waffen sorgfältig zu behandeln und gut zu pflegen.


sonstige Besitztümer:

Speederbike, das ehemals einem imperialen Verwaltungsbeamten gehörte.

Nubian J-type Star Skiff, allerdings mit einem verbesserten Offensivsystem und anderen Kleinigkeiten. Vorbesitzerin war eine umbaranische Inspektorin namens Tarin Parr, deren Identität Kadajj auf imperialem Gebiet nutzt.

Wie bei ihren Waffen legt Kadajj besonders bei ihrer Raumyacht Wert auf gute Behandlung, so dass die glänzende Chromhülle stets gut gepflegt ist und intakt bleibt. Scheut bei Schäden keinerlei Kosten und Mühen.

Sprachen:
Basic (mit einem starken Mando-Einschlag), Rattataki (meist nur in äußerster Wut) Mando’a, Twi’leki, etwas Durese und Huttisch

Zugehörigkeit:
Zurzeit keine




Machsensitivität:

hatte sich bislang in Kampfsituationen durch überschnelle Reaktion und Intuition gezeigt, was sie immer für unheimlich viel Glück hielt.
Der endgültige Beweis wurde von Brianna Kae entdeckt, als Kadajj eines ihrer verloren gegangenen Schwerter durch unbewusste Levitation wieder an sich zog.
Seitdem wurde sie von Wes Janson und Kestrel Skyfly sowie Sarid Horn mitbetreut, bei denen sie zunächst gelernt hat, bewusst zu levitieren und zeigt eine gewisse Begabung für Machtstöße.
Durch Briannas Anleitung war sie nun auch fähig auf kurze Distanz die Auren von Machtnutzern zu erspüren. Die stärkste Verbindung hat sie zu ihrem ungeborenen Kind und ist empfänglich für Träume und Visionen, die ihr Bilder von zukünftigen Ereignissen zeigen.

Während einer Jedi-Mission auf Alzoc III wird Kadajj von einer Vision und Ahnungen dazu veranlasst, sich von den Jedi abzusetzen und nach Lianna zu reisen, wo sie nach Erklärungen sucht.
 
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NPCs

LeVord Nindus

Leiter des Flüchtlingsheims auf Naboo, in dem Kadajj aufwuchs. Da er dort ihre wichtigste Bezugsperson war, ist sie um sein Wohlergehen sehr besorgt. Obwohl er ein eher vorsichtiger, leicht ängstlicher Mensch ist, hält sie viel von seiner Besonnenheit. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist er fünfzig Jahre alt, ist allerdings schon recht ergraut, was aber den väterlichen Eindruck verstärkt. Seine Frau war schon in jungen Jahren verstorben, sie hatten keine Kinder.


Kamee
17jährige, grünhäutige Twi'lek, die mit Kadajj im Heim aufwuchs und sich entschloss, Nindus zu helfen, als die anderen Twi'leks aus dem Heim Naboo verließen. Sie ist freundlich und hilfsbereit, aber manchmal etwas naiv. Kamee ist eine ausgezeichnete Köchin, die nur zu gerne hungrige Mäuler stopft.

LVN-5
Wächterdroide nach dem Vorbild eines IG-100 Magna Guard , den Kadajj als Kind zunächst in Spielzeuggröße gebaut hatte. Im Laufe der Jahre wurde er zwei Meter groß, und durch die zahllosen Ergänzungen aus verschiedensten Droidenteilen kann er auch als Protokoll-, Butler- und Pilotdroide fungieren.
Seit seiner Entstehung hat er sich noch keine einzige Speicherlöschung unterziehen müssen, da Kadajj eigenständiges und kreatives Denken bei ihm fördern will, was manchmal zu bizarr wirkenden Anwandlungen von Neugier führen kann.
Normalerweise führt er keine Waffen mit sich, ansonsten überlässt ihm Kadajj die DC-15 oder einen Elektrostab.

LVN-5 wird von Kadajj der Einfachheit halber Levon oder Lev'ika genannt.





Fives aka Rayshe'ade
Im dritten Jahr von Kadajjs Heimaufenthalt gaben zwei verhüllte Frauen, die ihre Herkunft verschwiegen, aber mit mandalorianischem Akzent sprachen, drei Mädchen und zwei Jungen in Nindus' Obhut.
Sie freundeten sich schnell mit der sehr einsamen Kadajj an, doch als Noola, die älteste und Anführerin der Fünferbande dreizehn Jahre alt wurde, verließen sie das Heim.
Allerdings hatten die Fives Kadajj geschworen, spätestens nach zwei Jahren zurückzukehren. Sie hielten ihren Schwur und holten Kadajj ab, um sie nach Rattatak zu bringen.
Sie bestreiten ihren Unterhalt als Söldner, Leibwächter oder Kopfgeldjäger, bei sehr guter Bezahlung auch als Babysitter für Huttlinge; bevorzugt für Miro, Sprössling von Rulla dem Hutten auf Tatooine.
Die Fives bestehen aus Noola (18 Jahre), Sahanna (17 Jahre) und Coss Sirga (15 Jahre) sowie Rhithik (17,5 Jahre) und Veera Koor (16 Jahre), die sich alle als Geschwister sehen inklusive Kadajj als sechstes Familienmitglied.
 
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Vergangenheit

Im Alter von ca. sechs Jahren wurde sie vor der Tür eines Heims für Flüchtlingskinder auf Naboo ausgesetzt. Von dem Mädchen war nichts weiter als ihr Name zu erfahren und der Heimleiter LeVord Nindus hatte große Bedenken ein Rattataki-Kind aufzunehmen. Allerdings stellten sich diese als unbegründet heraus, da Kadajj sehr in sich gekehrt war, das weder mit den anderen Kindern stritt noch sich mit den anderen anfreunden wollte. Nur wenn sie sah, dass ein Kind ungerecht behandelt wurde, konnte sie sehr aufbrausend werden und legte sich ohne Zögern auch mit größeren an.

Da sie gerne für sich blieb, las sie sehr viel – und als sie einmal einen Datenwürfel über die Konstruktion und Programmierung von Droiden in die Hände bekam, wollte sie mehr darüber erfahren.
Nindus, der sie bald in sein Herz geschlossen hatte, besorgte ihr soviel Lektüre wie er konnte, was damit endete, dass sie aus Schrottteilen einen Miniaturdroiden baute, der das exakte verkleinerte Ebenbild des Küchenservos im Heim war. Dieser konnte nicht nur Speisen zubereiten, sondern beherrschte auch alle Sprachen aus den Herkunftswelten der Kinder im Heim. So schuf sie einige weitere Mini-Droiden, darunter Astromechas, Protokolldroiden und zu Nindus’ Entsetzen einen Wächterdroiden, der aber nur ungefährliche (aber schmerzhafte) Stromstöße verschoss.
Zu dieser Zeit, es waren drei Jahre vergangen, seit Kadajj im Heim war, kamen zwei verhüllte Frauen zu Nindus, die ihre Kinder dort unterbringen wollten.
Sie wollten zwar nicht verraten, wo sie herkamen, aber Nindus kam ihr Akzent bekannt vor.
„Es kann sein, dass wir nicht wieder zurückkehren werden, aber wenn, wollen wir unsere Kinder wohlbehalten vorfinden. Außerdem haben wir sie gelehrt, nach den Traditionen unseres Volkes zu leben und wir legen Euch nahe, dass Ihr sie dabei nicht behindern solltet.“
„Wieso wollt Ihr sie ausgerechnet bei mir abgeben? Habt Ihr keinen Clan, bei dem Ihr sie zurücklassen könnt?“
„Wir sind die letzten unseres Clans – der Konflikt zwischen Republik und Imperium hat unser Volk in alle Winde zerstreut und wir wollen unsere Nachkommen in Sicherheit wissen, bis sie alt genug sind.“
Die beiden Frauen redeten in ihrer eigenen Sprache zu den Kindern, zwei Jungen und drei Mädchen, die daraufhin ernst und entschlossen nickten und verabschiedeten sich. Die Frau, die mit Nindus gesprochen hatte, zeigte auf ein großes, in verschlissene Tücher gewickeltes Paket, dass sie mit sich geschleppt hatten.
„Wenn die Zeit gekommen ist, werden sie danach verlangen. Gebt es ihnen oder sie werden es sich mit Gewalt holen.“
„Ja, das werde ich,“ entgegnete Nindus mit leichtem Unbehagen und als die Frauen das Heim verließen, hatte er das Gefühl, dass er sie nicht mehr wieder sehen würde.
Kadajj, die wenn sie nicht las oder einen Droiden baute, oft in Nindus’ Nähe war, hatte das Gespräch auf dem Treppenabsatz in der Empfangshalle unauffällig, aber mit großem Interesse verfolgt.
„Wer beobachtet uns?“, fragte das Mädchen misstrauisch, das das älteste der fünf Neuankömmlinge war.
„Das ist Kadajj, eine Rattataki,“ antwortete der Heimleiter, „sie ist schon seit drei Jahren hier.“
„Wo sind ihre Eltern?“
„Das weiß ich nicht, sie wurde hier vor der Tür gefunden.“
Die Rattataki blieb auf der Treppe sitzen, aber scheppernd und klirrend stakste der kleine Wächterdroide nach unten.
Die Anführerin der Neuankömmlinge musterte ihn eingehend, dann ging sie in die Hocke und versuchte ihn anzustupsen. Der Wächter, der ihr gerade bis zu den Knien reichte, ging in Verteidigungsstellung, während aus seinem Schockerstab die ersten Stromblitze knisterten.
Das fremde Mädchen schaute erst konsterniert, lachte dann und winkte Kadajj zu.

Zum ersten Mal in ihrer Zeit im Heim, hatte die Rattataki Freunde gefunden. Noola, die Anführerin der „Fives“, wie sie sich selbst nannten, war in Kadajjs Alter und sie interessierte sich sehr für deren ungewöhnliches Talent, auch wenn sie selbst nicht viel davon verstand.
Die Rattataki blühte in Gesellschaft ihrer neuen Freunde auf, sie wurde etwas zugänglicher und lebhafter. Die Fives zeigten ihr Tricks, wie sie sich mit bloßen Händen wehren konnte oder auch mit Stöcken und anderen Dingen. Kadajj begann nun ihren Sinn für Gerechtigkeit auch mit härteren Mitteln durchzusetzen und die Fives halfen ihr mehr als gern dabei. Der Heimleiter hatte den Frauen versprochen, dass er ihre Kinder im Ausleben ihrer Traditionen nicht behindern würde, aber er wollte es nicht zulassen, dass andere dadurch verletzt würden.
Die Fives und die Rattataki hörten ihm aufmerksam zu, als er sie ermahnen musste, nachdem Kadajj einem Twi’lekjungen einen Stein auf den Kopf geschleudert hatte.
„Er tut so, als ob die anderen Twi’lekmädchen sein Eigentum wären,“ verteidigte sie sich, „er zieht sie an den lekku und er isst ihnen fast alles weg.“
„Deswegen ist er auch so fett,“ ergänzte Noola aufgebracht.
„Es ist gut, dass ihr aufpasst,“ sagte Nindus, „und ich weiß, dass Ohun sehr gemein sein kann. Dennoch dürft ihr hier keinem wehtun, das sind die Regeln. Ihr müsst ihm auf eine andere Weise zeigen, dass sein Verhalten gemein ist, denn sonst werdet ihr genauso wie er.“
„Also müssen wir ihm zeigen, dass wir besser sind und wir mehr Ehre haben, stellte Rhithik, der zweitälteste der Fives, fest.
„Genau so ist es,“ antwortete Nindus erleichtert, dass die Kinder fast von selbst auf eine friedliche Lösung gekommen waren.
Kadajj und Noola war jedoch anzusehen, dass ihnen dieser Lösungsweg nicht passte und es geschah noch einige Male, dass er Kadajj und die Fives ermahnen musste.

Vier Jahre vergingen, ohne dass die beiden Frauen, die die Fives zu ihm gebracht hatten, wieder auftauchten.
An einem Tag, von dem Noola sagte, dass es ihr dreizehnter Geburtstag wäre, verlangte sie von Nindus das Paket, das ihre Mütter ihm gegeben hatten.
„Ich danke Euch für die Fürsorge, die Ihr uns entgegengebracht habt,“ sagte sie sehr förmlich zu ihm, als er es mit Hilfe des mittlerweile wesentlich vergrößerten Wächterdroiden vom Dachboden in die Empfangshalle brachte, wo er es auf einen eigens herbei gerückten Tisch wuchtete, um den sich auch die anderen Fives und Kadajj versammelt hatten.
„Ihr seid den Anweisungen unserer Mütter nach Euren besten Möglichkeiten gefolgt und habt somit bewiesen, dass Ihr ihres Vertrauens würdig wart. Doch nun bin ich mit dem heutigen Tag erwachsen und kann die Verantwortung für meine Familie alleine übernehmen. Ich werde mit Rhithik, Sahanna, Veera und Coss von hier weggehen und nach den Traditionen unseres Volkes leben.“
Nindus war gerührt und obwohl er gewusst hatte, dass dieser Tag kommen würde, fiel es ihm nicht leicht, diese fünf gehen zu lassen. Und vor allem Kadajj. Sie stand da wie eine Salzsäule, die Kapuze ihres Umhangs tief ins Gesicht gezogen.
„Kadajj,“ wandte sich Noola an die Rattataki und versuchte einen Blick in ihre Augen zu erhaschen, „ wenn du willst, kannst du mit uns gehen. Wir könnten nach Rattatak fliegen und deine Familie suchen.“
„Es ist momentan sehr gefährlich, kreuz und quer durch die Galaxis zu fliegen,“ wagte Nindus einzuwenden, „und wie wollt überhaupt von Naboo wegkommen? Vielleicht wartet ihr noch ein wenig, bis sich die Lage wieder beruhigt hat.“
„Wir können hier nicht untätig herumsitzen,“ widersprach Noola heftig. „Dies ist nicht unsere Welt, auch wenn sie uns vier Jahre lang beschützt hat. Außerdem verfügen wir über mehr Mittel, als Euch vielleicht klar sein mag.“
„Wer soll denn Sura, Auma, Kamee und Louni helfen, wenn wir nicht mehr da sind,“ kam es unter der tief heruntergezogenen Kapuze hervor und es klang, als ob Kadajj ein Schluchzen unterdrücken wollte. „Nindus kann nicht überall sein.“
Noola nahm Kadajj in den Arm.
„Dann gebe ich dir ein Versprechen,“ sagte sie feierlich, „in einem, spätestens zwei Jahren kommen wir zurück. In dieser Zeit lehrst du sie, sich gegen den fetten Ohun zu wehren. Und dann fliegst du mit uns nach Rattatak. Das schwören wir dir bei unserem Leben.“
Die anderen Fives nickten zustimmend, und einer nach dem anderen ging zu Kadajj um sie zu umarmen.
Währenddessen kramte Noola hektisch in dem großen Paket auf dem Tisch.
„Ich habe noch etwas für dich,“ meinte sie geheimnisvoll, „und für Euch auch, Nindus.“
Sie übergab Kadajj zwei lange glänzende Klingen und ein Blastergewehr, bei dessen Anblick Nindus erschrak. Sein Schreck wurde größer, als Noola eine Blasterpistole herauszog.
„Keine Sorge, das ist ein Kinderblaster,“ grinste sie, „ich hoffe ja, dass Ihr ihn nie benötigen werdet, aber Kadajj kann Euch zeigen, wie man damit umgeht.“
Nun musste auch Kadajj trotz ihrer Tränen lachen. Die ganze Zeit hatten sie und die Fives heimlich geübt, wovon Nindus absolut nichts bemerkt hatte.
„Ich gebe euch auch ein Geschenk mit – damit ihr mich nicht vergesst,“ sagte sie, während sie versuchte, tapfer ihre Tränen zu unterdrücken und winkte dem Wächterdroiden. „LVN-5, du gehst mit Noola und den anderen mit und passt auf sie auf. Und du erinnerst sie heute in einem Jahr, dass sie mich abholen kommen und sie dich mir zurückgeben. Wenn das nicht klappt, im Jahr drauf.“
„Ja, Miss,“ schnarrte der Droide, „mitgehen, aufpassen und erinnern, zu Befehl.“
So verließen die Fives das Flüchtlingsheim.

Nindus stellte im Laufe der nächsten Tage fest, dass für Kadajj der Verlust ihrer Freunde schwerer wog, als er vermutet hatte. Sie wurde stiller, aber auch reizbarer und aggressiver, wenn es darum ging, schwächere Kinder zu verteidigen. Die Waffen, die Noola ihr geschenkt hatte, schloss er vorsichtshalber weg und er war froh, dass der Wächterdroide mit den Fives gegangen war, obwohl er ihr auch zutraute, dass sie einen simplen Waschautomaten in eine Killer-KI umprogrammieren konnte.
Kadajj beschäftigte sich wieder damit zu lesen oder an ihren Mini-Droiden zu basteln. Sie versuchte die Twi’lekmädchen zu überzeugen, sich nicht mehr von Ohun tyrannisieren zu lassen – mit eher geringem Erfolg, so dass sie ihnen immer wieder zu Hilfe kommen musste.

Auf diese Weise quälte sie sich durch die nächsten Wochen, in denen in rasenden Wutanfällen ihre Rattataki-Natur an die Oberfläche ihres ansonsten in sich gekehrten Wesens herausbrach.
Auch Nindus hoffte jeden Tag, dass die Fives sich an ihren Schwur halten würden – Kadajj war kein Kind mehr und irgendwann würde er sie nicht mehr im Zaum halten können, was dann geschehen könnte, wagte er sich nicht einmal auszumalen.
Die Zeiten waren gefährlich, und auch die Fives konnten in den Kriegswirren ein plötzliches Ende finden. Nein, sie mussten sofort zurückkehren und Kadajj mitnehmen.

Einige Woche später war Kadajj nicht zum Essen erschienen, so dass Nindus ihre Mahlzeit auf ihr Zimmer brachte. Genauer gesagt, stellte er das Essen vor die verschlossene Tür und klopfte, wartete aber vergeblich, dass sie geöffnet wurde.
Resigniert ließ er das Tablett stehen und ging nach unten. Es dämmerte, und wieder würde ein Tag vergeblichen Wartens vorüber sein.
Der Türalarm schlug an und wie elektrisiert lief Nindus an die Überwachungsanlage. Das Holo zeigte eine behelmte Gestalt. Er schaltete die Gegensprechanlage ein. „Wer seid Ihr,“ fragte er gespannt. In letzter Zeit hatten sich immer wieder zwielichtige Gestalten gemeldet, die vorgaben, die Eltern von Kindern im Heim zu sein, doch das war die Masche von Sklavenhändlern, die so günstig an neue „Ware“ kommen wollten.
„Wisst Ihr nicht mehr, wer ich bin?“, fragte die Gestalt mit einer blechernen, aber vage als weiblich zu erkennenden Stimme zurück. Nindus erkannte ihren Akzent, blieb aber war misstrauisch.
„Woher soll ich wissen, dass Ihr diejenige seid, die Ihr vorgebt zu sein?“
Sie rollte mit den Augen, lachte aber dabei.
„Immer noch so ängstlich , Master Nindus.“
Ihr Gesicht verschwand und machte dem kahlen Kopf eines Wächterdroiden Platz.
„Ich bin LVN-5, Master Nindus,“ schnarrte er, „ich bin von Miss Kadajj den Misses und Masters Fives mitgegeben worden, um mitzugehen, aufzupassen und zu erinnern.“

Vom Herzen des Heimleiters fielen Steine wie ein Meteoritenschauer. Er öffnete die Tür und fünf Mandalorianer, in voller Rüstung und bis an die Zähne bewaffnet sowie ein Wächterdroide liefen in die Empfangshalle ein.
„Noola,“ rief er erfreut, „ Rhithik, Coss, Veera, Sahanna – ihr seid alle gekommen!“
„Wir hatten es geschworen,“ sagte Noola einfach, „wo ist Kadajj?“
„Sie ist oben in ihrem Zimmer und macht die Tür nicht auf.“
Nindus schilderte ihnen kurz die Geschehnisse der letzten Wochen.
„Es wird Zeit, dass sie mit uns kommt,“ meinte Sahanna, „wir waren in der Zwischenzeit auch auf Rattatak. Und wir alle glauben, dass sie dort hingehen sollte.“
Aus dem Treppenhaus gellte ein Schrei. Die Fives griffen zu ihren Waffen und LVN-5 zückte den Schocker.
„Kinder,“ ermahnte Nindus in dem gewohnten Ton des Heimleiters, „das hier ist ein Heim, kein Schlachtfeld.“
Die Mandalorianer entspannten sich.
„Verzeiht“ entschuldigte sich Rhithik, „in der letzten Zeit haben Schreie für uns immer Gefahr bedeutet.“
Auf den Schrei folgten die Geräusche von rennenden Füßen und wie ein Wirbelwind stürzte Kadajj den Fives entgegen und hätte sie vor Freude beinahe umgeworfen.
„Ihr seid wieder da,“ rief sie aufgeregt, während sie zum ersten mal seit ein paar Wochen wieder lachte.
„Wir sind gekommen, um dich mitzunehmen.Wenn du das willst?“
„Ja, ich werde mit euch kommen,“ sagte die junge Rattataki entschlossen. „Ich glaube, ich muss meine Heimat sehen – auch wenn ich keine Erinnerungen daran habe.“
„Wir können uns diesmal Zeit lassen – du brauchst nichts zu überstürzen und werden dann gehen, wann auch immer du bereit dafür bist.“
„Vielleicht können wir es Ohun noch einmal so richtig zeigen,“ schlug Kadajj vor, „ wenn Ihr es erlaubt, Nindus.“
Der Heimleiter nickte. „Aber lasst ihn an einem Stück, bitte. Ich möchte nicht, dass mein Heim in Verruf gerät.“
„Ich glaube, es reicht, wenn er uns sieht und weiß, dass wir ihn überall finden könnten,“ meinte Coss und streichelte liebevoll seine Blasterpistole.
Zwei Tage später brach Kadajj mit den Fives auf und nahm Abschied von Nindus und dem Heim, das das einzige richtige Zuhause war, das sie gekannt hatte....
 
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Kadajjs verlorene Geschichte

1. Rückkehr in eine fremde Heimat

Zehn Tage vor der geplanten Ankunft auf Rattatak schlief Kadajj schlecht. Die Alpträume waren so erschreckend realistisch, dass sie jedes Mal schreiend aufwachte.
Sie hatte jeden Datenfetzen verinnerlicht, den sie über Rattatak finden konnte. Die Fives hatten ihr alles zur Verfügung gestellt, was sie während ihres einwöchigen Besuchs auf Rattatak hatten herausfinden können. Bilder und Auszüge aus Datenbanken mit den Namen der Kriegsherren, die den Planeten mit blutigen Auseinandersetzungen überzogen. Neben den eingeborenen Rattataki bevölkerten zahlreiche andere Spezies den Planeten, die sich als Söldner verdingten und selbst nach Macht über die zahlreichen Heere strebten.
Rattataki zu sein bedeutete von Kindesalter an zu kämpfen und zu morden, bevor man selbst getötet wurde.
Selbst im Outer Rim, dessen Bewohner gewiss nicht zimperlich miteinander umgingen, versuchte man den Kontakt mit Rattataki soweit es ging zu vermeiden. Bis auf den schlechten Ruf dieser aggressiven Spezies als mordlüsterne Kriegstreiber wusste der Großteil der Galaxis so gut wie nichts über Rattataki, aber war völlig ausreichend um Abneigung, Furcht oder Schrecken oder meistens alles davon auszulösen.
Der Name Riyoss gehörte einem Clan von Heerführern in Äquatornähe, wie die Fives herausgefunden hatten. Jedoch waren alle Kontaktversuche fehlgeschlagen und für genauere Nachforschungen hätten sie sich auf ein Schlachtfeld wagen müssen, auf dem sich mindestens fünf Parteien gegenseitig abschlachteten. Noola und ihre Geschwister waren kampferprobt und keineswegs konfliktscheu, aber sie hielten das Risiko groß zwischen den Fronten für Söldner des jeweils anderen Heeres gehalten und niedergemetzelt zu werden.
Die Bilder von Rattataki-Kriegern verstörten und faszinierten Kadajj gleichermaßen. Sie waren in martialische, in dunklen Farben gehaltene Kleidung gehüllt, die mit Leder und anderen festen Materialien verstärkt war, um einerseits die Träger vor Verwundungen zu schützen und zum anderen absichtlich bedrohlich zu wirken. Diese Wirkung transportierten auch die Tätowierungen, mit denen die Rattataki ihre Gesichter und die haarlosen Köpfe verzierten.
Kadajjs Kopf und Gesicht waren einfach kalkweiß mit einem leichten Stich ins graublaue – nur ihre Lippen und Wimpern waren tiefschwarz.
Im Heim waren die Kinder, mit denen sie aufgewachsen war, Kadajjs Erscheinung gewöhnt – selbst an ihre Augen, die anscheinend keine Pupillen besaßen. Nindus hatte jedem erklärt, der es wissen wollte, dass sie Pupillen wie die meisten Wesen in der Galaxis besaß, nur dass sie genauso weiß wie Augäpfel waren. Wenn sie aus dem Haus ging, zog sie sich die Kapuze ihres Mantels tief in die Stirn, denn besonders Humanoide erschreckten sich leicht bei ihrem Anblick.
In Kadajjs Alpträumen füllte der rote Planet ihr gesamtes Blickfeld aus und sah mit tausenden weißen, leeren Augen an, bis sich ein Schwall aus roten Tränen auf sie ergoss oder sie musste sich alleine durch die trockene, felsige Landschaft schlagen, weil sie einen bestimmte Ort erreichen wollte, ihn aber nicht fand.
Sie versuchte mit Medikamenten ihr Schlafbedürfnis zu unterdrücken – das am nächsten Abend mit doppelter Stärke zurückkam und der Schrecken ihrer Alpträume intensivierte sich.

Zur Tageszeit an Bord unterhielt sie sich oft mit ihren Freunden über Rattatak und darüber, dass sie absolut nichts über ihre eigentliche Heimatwelt wusste.
„Und du kannst dich wirklich nicht an die Zeit erinnern, bevor du zu Nindus kamst?“, fragte Noola besorgt.
„Meine erste Erinnerung ist die, wie ich das Heim betrat und Nindus mich in Empfang nahm,“ erzählte Kadajj, „von allem was davor lag, meine Kindheit und wie ich nach Naboo gekommen war, weiß ich nichts.“
„Vielleicht hast du sehr schlimme Dinge erlebt,“ vermutete Veera, die bei Kadajj und Noola auf der kleinen Eckbank in der Messe der Simurgh saß. „Manchmal werden dann die Erinnerungen daran einfach verdrängt. Einigen anderen Kindern im Heim ist das auch passiert.“
„Sie wussten noch, wer ihre Eltern waren und wo sie herkamen. Ich kann mir nicht im Entferntesten vorstellen jemals auf Rattatak gewesen zu sein oder dass meine Eltern die meiste Zeit damit beschäftigt waren Blut zu vergießen.“
„Oder ein Jedi oder Sith hat deine Erinnerung ausradiert,“ kam es von Coss, der vorne mit Sahanna in der Pilotenkanzel saß.
„Bei einem Sith hätte sie nicht erst gar nicht überlebt,“ wandte Noola ein, „aber das mit dem Geistestrick erscheint mir gar nicht so abwegig – wobei es normale Leute wohl niemals herausfinden würden.“
„Geistestrick oder nicht; mir würde es erst einmal reichen, wenn diese Alpträume aufhören würden,“ seufzte Kadajj und rieb sich die Schläfen, „ich fürchte mich davor die Augen zu schließen, aber irgendwann muss ich auch schlafen.“
Die Ringe unter ihren Augen hatten einen bleiernen, ungesunden Farbton angenommen – der ihrer Erscheinung eine noch unheimlichere Wirkung verlieh.
„Du solltest diese Träume einfach auf dich zukommen lassen,“ meinte Noola, „sich dagegen zu wehren, macht sie nur noch schlimmer.“
„Was wird mir wohl anderes übrig bleiben...,“ gähnte Kadajj resigniert.

An einem kühlen, windigen Morgen betrat sie müde und ausgelaugt den felsigen Boden von Rattatak. Die Simurgh war in der Nähe einer Ortschaft gelandet, die Söldner von anderen Welten als Anlaufstelle nutzten, um von dort aus zu den Festungen der Kriegsherren zu ziehen, in deren Dienst sie treten wollten.
Der Anblick der kargen Landschaft löste bei ihr eher ein Befremden aus als das Gefühl, nach Hause gekommen zu sein. Nichts kam ihr hier bekannt vor. Auf der von tiefen Canyons durchzogenen Hochebene zog und zerrte der Wind an ihrer Kleidung und ließ sie frösteln. Sie schlang ihre Arme um sich, als ob sie diese Geste vor der Kälte schützen könnte, die von dieser Welt ausging.
Ein heftiger Windstoß fegte die Kapuze von ihrem Kopf. Kadajj schloss die Augen, während der Wind in ihren Ohren rauschte und ihr einen metallischen Geruch zutrug.
‚Blut – diese Welt ist mit Blut getränkt,’ erzählte ihr der Wind, ‚und du, Kadajj Riyoss, bist ein Teil von ihr.’

Fortsetzung folgt..
 
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2. Feuertaufe

Kadajj sank auf die Knie und presste die Hände auf die Ohren. Nein, sie wollte nicht hören, was der Wind ihr erzählte. Doch sie konnte die Stimme in ihrem Kopf nicht abstellen, die sie gemahnte, dass sie ein Kind dieser Welt war. Der ganze Planet sprach zu ihr, in ihrem Verstand, in ihrem gesamten Körper und ihrem Blut, das diese Mahnung mit jedem Herzschlag in ihr weiter verbreitete. Tränen liefen alsbald über ihr Gesicht, bis sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.
Es war Noola.
„Rattatak ist eine seltsame Welt, nicht wahr? Auch wir haben etwas gespürt, als wir das erste Mal hier waren; wie es für dich sein muss, kann ich nur erahnen.“
„Wie soll ich hier leben? Ich kenne nichts anderes als den Frieden von Naboo, wo das schlimmste Problem ein fetter, blauer Twi’lekjunge war, der Heimkinder terrorisiert hatte.“ Kadajj wischte sich mit dem Ärmel die Tränen ab.
„Dies ist deine Heimat, Kadd’ika. Sobald wir die ersten Rattataki sahen, wussten wir, dass du nicht auf Naboo bleiben kannst. Du bist wie sie.“
„Ich will keine Unschuldigen ermorden. Ich will kein Blut vergießen, nur weil es alle anderen Rattataki auch tun. Ich wollte den Planeten meiner Herkunft sehen, und vielleicht auch meine Familie wieder finden, aber das, was Rattatak mir verheißt – ich will es nicht und wünschte, ich wäre nie hierher gekommen.“
Noola kniete sich zu ihrer Freundin nieder und umarmte sie.
„Du bist verwirrt, weil du dich an nichts von hier erinnern kannst. Aber du wärest auf Naboo auf Dauer nie glücklich geworden – irgendetwas hätte gefehlt. Deine Natur passt nicht zu den Menschen dort. Auch wir hätten nie dort bleiben können, auch wenn wir Menschen sind. Unsere Art zu leben ist zu verschieden und so gingen wir, als es an der Zeit war.“
Geduldig wartete die Mandalorianerin bis Kadajj sich beruhigt hatte und gingen dann zusammen zur Simurgh zurück, wo sie die nächsten Schritte besprachen.
Zunächst hatten sie vor in der Ortschaft Hadd’i Kontakt zu Söldnern aufzunehmen, die eventuell in den Dienst des Riyoss-Clans treten wollten und die hoffentlich wussten, wo sich genau der Sitz dieses Clans befand.
„Wenn wir Glück haben, befinden sich Anwerber in Hadd’i,“ meinte Rhithik, „das letzte Mal hatten wir die Anwerbephase um einen Tag verpasst und der Ort war bis auf einige Nachzügler wie leergefegt.“
„Du solltest auf jeden Fall etwas militärischer aussehen,“ sagte Veera zu Kadajj, „nicht einmal kleine Kinder laufen hier unbewaffnet herum.“
Die Rattataki sah an sich herunter. Sie trug eine dunkelblaue Tunika, die seitlich geschlitzt war, darunter beigefarbene Hosen und dunkelbraune Stiefel. Nicht sehr beeindruckend auf einer Welt, die von Waffengewalt regiert wurde.
„Rhithiks Ersatzrüstung könnte dir passen, oder zumindest Teile davon,“ überlegte Noola, „das Jetpack wirst du wahrscheinlich nicht brauchen, aber zwei Blasterpistolen zusätzlich zum Gewehr und den Klingen. Mit dem Mantel darüber und einem passenden Gesichtsausdruck wird man dir eine erfahrene Kriegerin abnehmen.“
Zwar teilte Kadajj Noolas optimistische Einschätzung nicht, aber es war jedenfalls besser als unbewaffnet in einen Ort voller Kriegsfanatiker zu gehen.
So wurde sie in einen Harnisch gesteckt, bekam Arm- und Beinschützer angelegt und eine Kama umgegürtet. Eine der Blasterpistolen trug sie einem Armholster, die andere links am Gürtel und rechts die Schwerter. Das Gewehr hängte sie sich an einem Riemen über den Mantel.
„Wenn ich dort angegriffen werden sollte, muss ich wohl meinen Gegner wohl fragen, dass er kurz wartet, bis ich eine meine Waffen gezogen habe,“ zweifelte sie an Sinn der Waffenanordnung.
Die Fives lachten. „Hauptsache, du siehst bedrohlich aus. Mach ein böses Gesicht, und die meisten werden es sich zweimal überlegen eine Rattataki in Mando-Ausrüstung anzugreifen,“ grinste Noola. „Außerdem sind wir und LVN-5 dabei.“
Mit Noola, Rhithik und LVN-5 war sie kurz darauf in einem Speeder Richtung Hadd’i unterwegs, das in einer Talsenke nördlich von ihnen lag. Veera, Sahanna und Coss blieben in der Simurgh zurück.
Der Ort war eine trostlose Ansammlung von rötlich-grauen Gebäuden, die ca. 1000 Einwohner beherbergte. Auf einer halbwegs eingeebneten Fläche standen die Schiffe der verschiedenen Söldner, die sich in den Dienst der verschiedenen Warlords stellen wollten.
Kadajj sprach die ganze Fahrt über nichts. Sie hatte mit den Fives trainiert, konnte mit den verschiedenen Waffen geschickt umgehen, aber sie hatte diese noch nie in einer echten Auseinandersetzung angewendet, geschweige denn ein Lebewesen ernsthaft verletzt (die Schramme an Ohuns Kopf zählte nun wirklich nicht) oder gar getötet. Und sie war noch keinem Rattataki begegnet.
Schon von weitem waren Schreie und Blasterschüsse zu hören. Ihr schlug das Herz bis zum Hals und in gleichem Maße sank ihr Mut. In dem Harnisch glaubte sie nicht richtig atmen zu können, die Kama drückte und das Gewicht der Waffen wurde mit jeder Sekunde schwerer, in der sie sich Hadd’i näherte.
„Wir sind bei dir, vod’ika,“ flüsterte Noola Kadajj zu, bevor sie und Rhithik ihre Helme aufzogen, als sie den Ortseingang erreichten. Dieser wurde von einem Torbogen markiert, der zahllose Einschusslöcher und Brandspuren aufwies. Hinter dem Bogen lag mitten auf der Straße ein abgestürzter Transportspeeder – seine Ladung, auslaufende Fässer und Metallkisten, war in weitem Umkreis verstreut und fetter schwarzer Rauch stieg aus dem Gefährt auf. Trotzdem hatten sich verschiedene Personen hinter dem Speeder verschanzt, die auf einen bislang unsichtbaren Gegner auf dem Torbogen feuerten.
„In Deckung,“ rief Rhithik und befahl LVN-5 den Speeder zu beschleunigen. Noola bedeutete Kadajj sich in den Fußraum der Rückbank zu kauern, während sie ihr Blastergewehr in Anschlag hielt. Rhithik zog seine Pistolen und sicherte sie nach vorne.
Der Droide trat aufs Gas, worauf der Speeder mit einem gewaltigen Ruck durch das Tor jagte und prompt von beiden Seiten beschossen wurde. Rhithik nahm die Schützen hinter dem Transporter vor ihnen ins Visier, Noola eröffnete das Feuer auf die Angreifer auf dem Torbogen und Kadajj schämte sich dafür, dass sie sich versteckte, als die Laserschüsse über sie hinweg zischten.
Plötzlich streifte ein weiterer Schuss Noolas Helm – es roch nach Ozon und angesengtem Metall und die Mandalorianerin wankte zur Seite. Kadajj schrie auf. Den Beschuss vergessend, verließ sie ihre Deckung um Noola am Arm festzuhalten, damit sie nicht aus dem Speeder fiel.
„Schon gut,“ ertönte Noolas verzerrte Stimme aus dem Helm, „mir ist nichts passiert; war nur ein Streifschuss.“
Sie nahm wieder das Gewehr in Anschlag und begann weiter zu schießen. Alles in Kadajj weigerte sich, sich wieder in den Fußraum zu kauern. Ohne weiteres Nachdenken zog sie die Blasterpistolen und feuerte in die Richtung, aus der die Schüsse kamen. Keine halbe Minute später hörte der Beschuss von beiden Seiten auf und sie fuhren unbehelligt auf der Hauptstraße von Hadd’i weiter.
Kadajj saß wie aus einem Traum erwacht auf der Rückbank, die Pistolen krampfartig umklammert.
„Habe ich jemanden getötet?“, fragte sie wie betäubt.
„Zumindest nicht alle auf dem Torbogen. Ich habe noch einige Gestalten gesehen, die sich bewegt haben,“ antwortete Noola. Ihre Bemerkung klang, als ob sie unter dem Helm grinsen würde. „Jedenfalls hast du so viele ausgeschaltet, dass sie aufgehört haben, uns zu beschießen. Ob sie tot oder nur verwundet sind, kann ich dir nicht sagen.“
„Es ist ein komisches Gefühl,“ sagte Rhithik, „wenn man auf einmal jemanden getötet haben soll. Aber in dieser Situation ist dein Überlebenswille stärker als dein Verstand.“
„Ich habe nur eine verschwommene Erinnerung daran, dass ich die Blaster zog und auf alles feuerte, was sich dort oben bewegt hat. Sie durften nicht mehr zurückschießen. Als ob ich von etwas fremdem gesteuert würde...“
„Du hast einen guten Instinkt, Kadd’ika. Wenige behalten ihre Nerven, wenn sie zum ersten Mal in eine solche Situation kommen.“
„Aber niemand ist so bleich wie du geworden,“ fügte Noola hinzu.
Der Witz über ihre Hautfarbe war schon tausendmal gebracht worden, doch Kadajj musste lachen - ein bisschen hysterisch vielleicht, so dass der Schock über den Schusswechsel und mögliche Todesopfer nicht mehr so schwer wog.
Sie hatte ohne Zögern Lebewesen willentlich erschossen. Kadajj Riyoss war auf Rattatak angekommen.

Fortsetzung folgt...
 
3. Der Spiegel der Seele

Während eines Zwischenstopps auf Tatooine hatte Kadajj schon einen Vorgeschmack darauf bekommen, was es bedeutete im Outer Rim zu leben. Gesetzlose aller Couleur gingen ihrer Beschäftigung bei helllichtem Tage nach, nur auf ihren eigenen Profit und ihr Überleben bedacht. Rücksicht auf das Wohl anderer zählte nicht, und wer schwach war, hatte immer das Nachsehen bis hin zum Verlust seines Lebens. Wobei das nicht einmal zu den wahrhaft schlimmen Folgen zählte. Aber hier klebte an den Händen jedes einzelnen Blut. Nicht nur an den Händen, korrigierte sich Kadajj, jeder war von Kopf bis Fuß in Blut getränkt und nur vor wenigen Minuten hatte sie sich selbst befleckt.
Dennoch musste sie hoch erhobenen Hauptes den Boden dieses unheilvollen Ortes betreten.

„Geh voraus und such uns einen freien Platz an der Bar,“ wies Noola sie an, bevor sie eintraten, „wir sind in deinen Dienst getreten und kurz davor zur Festung deines Clans abzureisen.“
„Soll ich meinen echten Namen nennen?“
„Nein, weil wir nicht wissen, ob es schon Söldner gibt, die ebenfalls in die Dienste des Riyoss-Clans getreten sind. Lass mich kurz überlegen – du heißt Asajj Ventress. Der Ventress-Clan hat seine Festung in der nördlichen Hemisphäre, im Westen. Von dort kommt niemand hierher, aber du hast uns hier abgeholt, weil wir es durch einen Ausfall unserer Antriebssysteme nicht weiter geschafft haben.“
„Das hört sich gut an,“ meinte Kadajj, „zumindest für mich.“
„Es wird schon schief gehen,“ versicherte Rhithik. „Levon bleibt am besten hier und bewacht den Speeder.“
„Hast du zugehört,“ wandte sich Kadajj an den Droiden, „du erzählst niemandem, wer wir sind. Mein Tarnname ist Asajj Ventress, und Noola und Rhithik sind meine Söldner, vergiss das nicht.“
„Zu Befehl, Miss Asajj. Speeder bewachen, niemandem erzählen, nicht vergessen.“

Kadajj holte tief Luft und zog sich die Kapuze tiefer in die Stirn. Sie stellte sich vor, sie hätte ihr ganzes Leben nichts anderes getan, als Blut zu vergießen und Söldner zu kommandieren, bis sie es beinahe selbst glaubte und zog ein grimmiges Gesicht.
Die dämmerige Cantina war überfüllt und laut, aber weniger dreckig als sie erwartet hatte. Ohne nach recht oder links zu sehen, steuerte sie mit Noola und Rhithik die Bar an, die ebenfalls hoffnungslos überfüllt war.
„Ich werde dort nie im Leben einen freien Platz finden,“ flüsterte Kadajj Noola zu.
„Mach dir dort Platz,“ antwortete Noola so leise es ging, „zeig ihnen, dass du stärker bist.“
„Siehst du dort die Stelle, wo der Wookiee und die beiden Rodianer stehen? Dort ist es nicht so voll,“ sagte Rhithik.
Ohne Zweifel würde es einer Konfrontation kommen und Kadajj wurde heiß und kalt. Sie durfte sich nicht blamieren – nicht vor ihren Freunden, nicht als Rattataki und vor allem nicht vor sich selbst.
Der Wookiee kam ihr mindestens doppelt so groß vor wie sie selbst und die betrunkenen Rodianer sahen aus, als ob sie nur darauf warteten, jemandem ein Loch in den Schädel oder sonst wohin zu feuern.
Entschlossen kämpfte Kadajj ihre Angst nieder, worauf sie sich auf einmal wie von außen zusah, wie sie mit wehendem Mantel und festen Schritten auf die Stelle zuschritt. Der Wookiee war auf ihre Größe geschrumpft und die Rodianer sahen aus wie Spielzeugpuppen aus buntem Plastik.
„Platz da,“ herrschte sie das Trio an, das in seinem Gespräch innehielt und sie anstarrte.
Der Wookiee legte seinen Kopf zur Seite, während die Rodianer ihre Drinks abstellten.
„Was gibt’s da zu glotzen,“ fuhr Kadajj im selben Ton weiter, „oder willst du als Fellteppich in meiner Festung landen? Schieb ab.“
Darauf gab der Wookiee einen grollenden Laut von sich – er hob seine riesigen haarigen Arme, schien sich aber dann eines besseren zu besinnen und verließ in einem großen Bogen seinen Platz. Nun hatte Kadajj Platz für sich und die Mandalorianer.
Die Rodianer traten ebenfalls ein Stück zur Seite. Sie schnatterten sich etwas in ihrer eigenen Sprache zu, und winkten dann den Wookiee zu sich. Ab und zu warfen sie noch einige verstohlene Blicke auf die Neuankömmlinge, kümmerten sich dann aber um ihre eigenen Dinge.

Als Kadajj sich an den Bartresen lehnte, merkte sie, dass ihre Hände zitterten. Sie hatte das Geschehen wie in einem Traum über sich selbst miterlebt und realisierte langsam, was sie getan hatte.
„Das war verdammt cool,“ meinte Noola beeindruckt „mein erstes Aufeinandertreffen mit einem Wookiee ging ein wenig anders aus.“
„Was ist denn passiert?“
„Habe ihm den Arm gebrochen. Und ein paar Rippen glaub ich.“
Noola und Rhithik nahmen ihre Helme ab. Jetzt hatte Kadajj Zeit sich in der Cantina umzusehen.
Die Söldner kamen von den verschiedensten Welten. Sie sah Trandoshaner, Menschen, Twi’lek, weitere Rodianer und Wookiees, Duros, Gamorreaner, Zabrak und viele weitere, deren Spezies sie nicht kannte.
Selbst wenn sie nicht bewaffnet gewesen wären, sie strahlten alle Gewissenlosigkeit und Brutalität aus. Kadajj glaubte wieder die Botschaft des Windes zu hören und das Blut zu riechen, als sie ihren Blick durch die Cantina schweifen ließ. Und bei einer Gestalt, an der ihr Blick hängen blieb, war dieses Gefühl besonders deutlich. Sie stand mit dem Rücken zu ihr, und befand sich in einem Gespräch mit einer Twi’lek und einem Zabrak. Wie sie aussah, konnte Kadajj nicht erkennen, denn sie trug einen langen dunklen Kapuzenmantel.
„Kann es sein, dass da vorne ein Rattataki steht,“ wandte sie sich an Noola ohne den Blick von der dunklen Gestalt abzuwenden.
„Ja, vermutlich der Angehörige eines Clans aus der Umgebung um Söldner anzuwerben."
Kaum, dass Kadajj sich nach der Auseinandersetzung mit dem Wookiee beruhigt hatte, stand ihr die nächste Konfrontation bevor.
„Warte ab,“ sagte Noola, „ er wird den Zwischenfall bemerkt haben und auf dich zukommen. Wenden wir uns lieber unseren fabulösen Drinks zu.“

Mit Widerwillen nippte Kadajj an dem grünlichbraunen Gebräu, das ihr serviert worden war. Noola und Rhithik hatten es als das einzige halbwegs trinkbare bezeichnet, das keinen Alkohol enthielt. Es war wohl eine viertel Stunde vergangen, als Noola Kadajj antippte.
„Er hat sein Gespräch beendet,“ raunte sie ihr zu, „und kommt nun in unsere Richtung. Denk an das, was wir abgesprochen haben.“
Die Mandalorianerin und ihr Bruder standen auf, als der Rattataki näher kam. Kadajj konnte ihn nicht sehen, aber förmlich die forschenden Blicke in ihrem Rücken spüren.
„Versperrt mir nicht den Weg zu eurer Herrin, Mandalorianer,“ hörte sie ihn sprechen. Die Stimme klang ruhig – zu ruhig, und deshalb gefährlich.
„Wir sind ihre Leibwächter,“ erwiderte Noola bestimmt, „wir tun, was uns aufgetragen wurde.“
„Fürchtet sie sich so, dass sie Leibwächter braucht?“, fragte der Rattataki spöttisch und Kadajj wusste, dass sie nun zu reagieren hatte. Sie stand auf und drehte sich herum.
„Nein, ich habe besseres zu tun, als mich mit simplen Messerstechern abzugeben. Tretet zur Seite, Mandalorianer.“
In der Cantina war es plötzlich sehr still geworden – alle Augen waren auf die beiden Rattataki gerichtet.
Zwei Schritte vor ihr stand ein hoch gewachsener Rattataki. Zwar hatte er ruhig gesprochen, doch von ihm ging eine unverhohlene Aggressivität aus, die die Luft flirren ließ. Er war etwas älter als Kadajj, vielleicht 19 oder 20 Standardjahre, doch sein Gesicht war von zahllosen Kämpfen gezeichnet. Bläuliche Narben zogen sich über seinen ganzen Kopf und an seinen Schläfen prangten keilförmige Tätowierungen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben sah sie in die Augen eines anderen ihrer Art. Wie die ihren schienen sie leer zu sein, ohne sichtbare Iris und Pupillen, doch sie konnte erkennen, dass sich seine Gefühle in ihnen widerspiegelten. Es gab ein Sprichwort auf Naboo: Die Augen sind der Spiegel der Seele und nun war sie davon überzeugt, dass es stimmte.
Er war neugierig und interessiert daran zu erfahren, wer sie war, und dennoch bereit sie ohne Zögern zu töten, wenn er es für nötig hielt.
Ohne zu wissen weshalb fand sie sein hochwangiges Gesicht anziehend.
„Wer seid Ihr,“ fragte sie, um nicht weiter ihre Gedanken vertiefen zu müssen.
„Ich bin Gozu Morrhadd vom Clan der Morrhadd aus dieser Provinz“ stellte er sich knapp vor und wartete darauf, dass sie ihm offenbarte, wer sie war.
„Mein Name ist Asajj Ventress, vom Clan der Ventress.“
Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wo genau der Ventress-Clan herkam, nur dass er sich irgendwo auf der nördlichen Hemisphäre befand und sie konnte Noola in diesem Augenblick nicht danach fragen.
„Mir ist kein Clan dieses Namens bekannt, Ihr müsst von weit herkommen.“
„Ich komme aus dem Norden. Meine Leibwächter mussten hier notlanden.“
Gozu Morrhadd erwiderte nichts, sondern musterte Kadajj und ihre Begleiter eindringlich. Ob er von dieser Geschichte überzeugt war, konnte sie nicht einschätzen, doch es war klar, dass er ihr nicht traute. So wie er niemandem traute.
„Es muss wohl etwas an den Geschichten dran sein, dass die Sitten im Norden seltsam sind. Vor allem, dass Ihr Mando-Ausrüstung tragt.“
„Ein Zeichen der Hochachtung meiner Leibwächter, die sich bestimmt gut in meiner Sammlung von Rüstungen und Waffen macht.“
Wieder schwieg Gozu Morrhadd eine Weile lang. Die Spannung unter den Gästen der Cantina stieg, als ob sie einem Schauspiel folgten, das sich seinem Höhepunkt näherte.
„Ich finde es höchst beeindruckend, dass es Euch gelungen ist, Mandalorianer in Eure Dienste zu nehmen. Für gewöhnlich sind sie zu stolz um nach Rattatak zu gehen.“
„Sie stehen in meiner Schuld; und ich kann gute Krieger stets gebrauchen.“
„Wie jeder von uns. Ich beneide Euch sehr.“
Je länger sich dieses Gespräch hinzog, umso mehr kam sich Kadajj von Gozu wie von einem Raubtier belauert vor, das immer engere Kreise um sie zog.
„Was wollt Ihr von mir,“ ging sie in die Offensive, „ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“
Gozu brach in lautes Gelächter aus.
„Ihr gefallt mir, werte Asajj Ventress. Ich habe Euren Auftritt mitverfolgt, als Ihr die Bar betreten habt. Der Wookiee hätte Euch mit bloßen Händen in Stücke reißen können, ohne dass Eure Leibwächter in der Lage gewesen wären, Euch zu helfen. Ihr müsst wirklich eine so beeindruckende Person sein, dass Ihr Wookiees mit Worten bezwingt und Mandalorianer an Euch binden könnt.“
Bildete es Kadajj sich nur ein, oder flirtete Gozu mit ihr? Sie warf Noola einen fragenden Blick zu, worauf diese nur unmerklich mit den Achseln zuckte.
„Ich möchte Euch und Eure Leibwächter auf die Festung Morrhadd einladen. Da mir keine Fehde von unserem Clan mit dem Euren bekannt ist, denke ich, dass ich Euch zumindest für einen Tag trauen kann.“
„In spätestens drei Tagen werde ich von meinem Clan zurück erwartet.“
„Ich verstehe. Mir sind die Konsequenzen bekannt.“
„Dann werde ich Euer Angebot annehmen.“
In den Augen des Rattataki sah Kadajj Zufriedenheit und etwas wie Erleichterung. Das Misstrauen war jedoch nicht ganz verschwunden, wie auch seine aggressive Ausstrahlung. Sie musste vorsichtig bleiben, auch wenn es sie freute, dass sie Gozu näher kennen lernen würde.

Fortsetzung folgt...
 
Die letzte Bastion

Die Festung des Morrhadd-Clans befand sich eine dreiviertel Stunde mit dem Speeder von Hadd’i entfernt und Gozu hatte darauf bestanden bei Kadajj auf dem Rücksitz mitzufahren.
Ihnen folgte ein Transportspeeder, der mit Söldnern bemannt war.
„Ihr habt nicht sehr viele Söldner aus Hadd’i mitgenommen,“ sagte Kadajj um ein Gespräch in Gang zu bringen.
„Zur Zeit herrscht relative Ruhe in dieser Gegend,“ entgegnete Gozu mit einer gelangweilten Handbewegung, „wir veranstalten alle drei Monate Gladiatorenspiele, was für einige Warlords in der Umgebung eine Gelegenheit darstellt, ihre besten Kämpfer zu testen oder sich neue zuzulegen. Das wird bei Euch wohl so ähnlich ablaufen...“
„Gewiss,“ antwortete Kadajj so kühl wie möglich. „Bedauerlich, dass ich morgen bereits weiterreisen muss.“
Für ihre letzte Äußerung hätte sie sich am liebsten auf die Zunge gebissen, weil ihr klar wurde, dass auch der Riyoss-Clan unter den Zuschauern sein könnte.
„Vielleicht kann ich es einrichten, mir wenigstens den ersten Tag Eurer Veranstaltung anzusehen,“ fügte sie schnell hinzu.
Gozu schien sich wirklich zu freuen, und gerade das versetzte Kadajj in große Aufregung. Ihr Herz klopfte so schnell und laut, dass es jeder hören musste. Vor allem Gozu, der wirklich nah neben ihr saß.
Sie musste jegliche Nervosität unterdrücken, um keinen Verdacht zu erregen und war etwas erleichtert, als sich die Festung endlich zeigte – ein wuchtiger trapezförmiger Klotz, der auf einem Felsvorsprung am Ende des Canyons lauerte.

Die Repulsortriebwerke der Speeder schafften es gerade bis auf die Plattformen der Festung Morrhadd – nur ein oder zwei Meter höher hätten sie den Maximalabstand zum Boden überschritten und wären abgestürzt. Gozu sprang behände aus dem Fahrzeug und bot Kadajj galant seinen Arm an, als sie ausstieg.
Zögerlich berührte sie ihn. Unter dem Schaft des schwarzen Handschuhs spürte sie gut ausgeprägte Muskeln und kaum, dass sie mit beiden Füßen auf dem Boden ließ sie ihn wieder los, als ob sie auf eine glühendheiße Stahlplatte gegriffen hätte.
Sie war froh, dass sie die ganze Zeit die Kapuze aufbehalten hatte, beneidete allerdings Noola und Rhithik um ihre Helme, die das ganze Gesicht verbargen.
Schwungvoll warf Gozu seinen Mantel zur Seite und enthüllte eine muskulöse, breitschultrige Statur. Sein Oberkörper war von einer gepolsterten Weste bedeckt, die bestimmt schussfest war. Darunter trug er eine Art Hemd aus einem schwarzen lederähnlichen Material. Die Arme waren mit einem grauen Stoff bandagiert - zumindest sah dieser Stoff so aus, als ob er aus Bandagen bestünde. Auch sein breitnackiger Hals war komplett davon bedeckt und mit Lederstreifen verstärkt.
Ein heller Gürtel hielt die dunkel glänzende Schärpe um die Körpermitte zusammen und bildete den Übergang zu einer schwarzgrünen weiten Hose. Seine Beine steckten in gepanzerten schwarzbraunen Stiefeln.
Im Gegensatz zu den bulligen Kriegsherren und Clanführern, die Kadajj auf Holobildern gesehen hatte, wirkte Gozu trotz seines kräftigen Körpers elegant und seine Bewegungen waren geschmeidig.
„Geht es Euch nicht gut?“, fragte er plötzlich. Kadajj erschrak. Sie war so vertieft in die Betrachtung des Rattataki gewesen, dass sie nicht gemerkt hatte, dass alle bereits ausgestiegen waren und darauf warteten, die Plattform zu verlassen.
„Nein, ich meine, also...Ihr...Eure Festung ist sehr beeindruckend,“ erwiderte sie verwirrt.
Gozu zog in Andeutung eines Lächelns die Mundwinkel nach oben, schaute sich dann aber nach den drei Personen um, die die Plattform betreten hatten.
Eine Rattatakifrau in Begleitung zweier massiger, schwer bewaffneter Männer näherte sich ihnen mit raschen Schritten.
Sie war einen Kopf kleiner als Gozu und sah älter aus. Ihr Gesicht war schmal, nahezu hager und von Narben und Tätowierungen ähnlich wie Gozu sie hatte, übersät. Allerdings sah ihre Kleidung weniger kriegerisch aus. Sie trug ein langes dunkelgrünes Kleid, mit schräg aufgesetzten golddurchwirkten Streifen. Darüber trug sie eine bronzefarbige Tunika und erst auf den zweiten Blick erkannte Kadajj, dass es ein Schuppenpanzer war.
In ihrem Armen trug sie ein schlafendes Baby, das in blaugraue silberbestickte Decken gehüllt war. Im Gegensatz zu seiner Mutter hatte es ein weiches rundes Gesicht, das sich weiß und rein von den dunklen Decken abhob.
„Das ist meine Schwester, Samarr Morrhadd, Oberhaupt des Morrhadd-Clans, und Makaii, ihr Sohn,“ stellte Gozu sie vor.
„Samarr, dies ist Asajj Ventress, vom Ventress-Clan aus der nördlichen Hemisphäre.“
„Willkommen,“ schnarrte Samarr und brachte es fertig, nicht ganz so unfreundlich zu klingen wie sie aussah. „Was führt Euch in diese Provinz?“
„Meine neuen Leibwächter mussten in der Nähe von Hadd’i notlanden,“ sagte Kadajj, während sie versuchte weniger freundlich und vor allem aggressiver zu klingen.
„Tatsächlich?“ entgegnete Samarr mit einem lauernden, kalten Blick auf Noola und Rhithik.
„Mandalorianer... Wie viel bezahlt Ihr ihnen?“
„Nichts. Sie stehen in meiner Schuld und ich nehme dafür ihre Dienste in Anspruch.“
Samarr kniff skeptisch die Augen zusammen.
„Bemerkenswert,“ meinte sie schließlich, „hoffentlich sind die beiden keine getarnten Kopfgeldjäger.“
„Dann würde ich sie töten,“ sagte Kadajj wie aus der Blasterpistole geschossen.
Sie konnte sich Noolas und Rhithiks Grinsen bildlich vorstellen.
Das Baby seufzte und ächzte im Schlaf, worauf sich Samarrs Gesichtsausdruck von lauernder Skepsis zu Besorgnis wandelte. Als es friedlich weiterschlief, sah sie erleichtert aus und sofort zeigte sie ihrem Gast die vorherige abweisende Miene.
„Ich habe Miss Ventress zu den Spielen eingeladen, bevor sie übermorgen in den Norden zurückkehrt,“ erklärte Gozu seiner Schwester, die zunächst wieder die Augen zusammenkniff, dann aber nickte.
„Ihr könnt mit Euren Leibwächtern im Ostflügel wohnen.“
Damit war die Begrüßung erledigt und Samarr rauschte mit ihren Begleitern von der Plattform.
Gozu wies den Zabrak und die Twi’lek an, die Söldner zur Arena zu bringen.
„Kommt mit mir, Miss Asajj, wir sehen uns die Neuen am besten gleich an,“ schlug er in aller Selbstverständlichkeit vor.
Dann erzählte ihr ein wenig vom Ablauf der Gladiatorenspiele, ging aber nicht in Details – vermutlich, weil er annahm, dass sein Gast sowieso wusste, worum es ging.
Als das Gespräch, oder vielmehr sein Monolog stockte, fühlte sich Kadajj gezwungen, etwas zu sagen.
„Das Kind Eurer Schwester, wie alt ist es denn?“
Das Bild des friedlichen Babys hatte sich in ihrem Kopf festgebrannt – es stand in einem solch krassen Kontrast zu der grausamen Welt, in das es hinein geboren wurde. Wenn es bloß einen Weg gäbe, es vor dem Blutvergießen zu bewahren.
„Makaii ist drei Monate alt – Samarr liebt ihn abgöttisch und würde für ihn ganze Armeen mit den bloßen Händen vernichten.“
Kadajj hegte keine Zweifel an Gozus Aussage.
„Sein Vater ist bestimmt auch auf ihn stolz,“ meinte sie.
Ihr Begleiter verlangsamte seine Schritte.
„Er wäre es...“, erwiderte er kurz, worauf Kadajj merkte, dass sie etwas unpassendes gesagt hatte. Sie fragte sich, ob sie sich entschuldigen sollte, wie es bei den Naboo üblich war, wenn versehentlich ein sensibles Thema angeschnitten wurde, aber dann fuhr Gozu fort:
„Mojj Kossus war ein Heerführer, der seit über zwei Jahren mit verschiedenen Söldnerheeren und Clans in der Nachbarprovinz Comon um die Vorherrschaft kämpfte. Vor einem Jahr kam er hierher, weil er neue Söldner brauchte. Mojj wollte sich die Kämpfer ansehen, die wir für die Arena angeheuert hatten. Galeen, der Zabrak, den Ihr vorhin gesehen habt, erregte sein Interesse. Samarr wollte ihn nicht hergeben und er forderte sie zum Kampf, bei dem sie sich ineinander verliebten. Allerdings musste Mojj wieder nach Comon, allerdings nicht ohne Samarr einen Heiratsantrag gemacht zu haben. Sie folgte ihm um an seiner Seite zu kämpfen, aber als sie merkte, dass sie schwanger war, kehrte sie hierher zurück.
Zwei Tage vor der Geburt traf ein Transporter auf der Festung ein. Mojj war schwer verletzt worden, doch er wollte noch die Geburt seines Kindes erleben. Doch er erlag seinen Verletzungen, bevor einen halben Tag später sein Sohn zur Welt kam.“
Kadajj biss sich hart auf die Unterlippe um nicht in Tränen auszubrechen. Soviel Leid....
„Seitdem tobt in Samarr ein unbändiger Hass auf alles, was aus Comon kommt – ihrer Ansicht nach hat Warlord Subai Kossus das Heer seines Cousins als Kanonenfutter verheizt und sie meint, dass der verbündete Riyoss-Clan Mojj im Stich gelassen hat.“
Riyoss.
Dieses Wort ließ sie wie in einer Cryo-Kammer erstarren, um gleich von einem heißen Lavastrom überflutet zu werden.
Riyoss.
Die Familie, die von ihrer Gastgeberin für den Tod ihres Ehemannes verantwortlich gemacht wurde.
„W-wie ist der Krieg in Comon ausgegangen?“
„Lord Kossus und Lady Ashû Riyoss konnten ihre Gegner bis fast auf den letzten Mann aufreiben, unter großen Verlusten. Sie haben in der letzten Woche aus Hadd’i und anderen Orten viele neue Söldner rekrutiert und werden auch während der Spiele nach geeigneten Kämpfern Ausschau halten.“
„Was meint Ihr, wie Eure Schwester reagieren wird?“ Kadajj zitterte am ganzen Körper und hoffte, dass Gozu nichts bemerken würde.
Er lachte.
„Samarr wird nicht begeistert sein, aber seit jeher gilt unsere Festung während der Spiele als neutraler Boden. Wir würden von allen Warlords und Söldnerführern aus zwei Provinzen bekämpft werden, wenn sie ihren Rachegefühlen nachgibt. Vor Euch hat sie übrigens großen Respekt, dass Ihr Mando-Krieger als Leibwächter gewinnen konntet. Sie hätte sie gerne kämpfen gesehen; von daher ist es sehr bedauerlich, dass Ihr uns so bald verlasst.“
„Es geht nicht anders,“ versetzte Kadajj knapp und konnte eine Entschuldigung gerade noch herunterschlucken.

Während ihrer Unterhaltung hatten sie die Festung durchquert und einen breiten Balkon erreicht, der die Arena überblickte, welche in ein natürliches Amphittheater an der Rückseite der Festung eingefügt war.
Sie wusste nicht ein und aus – was sollte sie tun, wenn sie einem ihrer Angehörigen begegnete? Sich immer noch als jemand anders ausgeben? Zugeben, dass sie ihre wahre Identität verschleiert hatte? Samarr Morrhadd einen weiteren Grund liefern, einen Groll auf ihre Familie zu hegen und besonders auf sie? Und was würde Gozu denken?
Noola, Rhithik und Levon liefen direkt hinter ihr, und sie hätte alles dafür gegeben, mit ihnen ungestört reden zu können.
Kadajj war trotz der Nähe ihrer Freunde auf sich allein gestellt.

In der Arena waren Rattataki und andere Krieger dabei, sich auf die Kämpfe des nächsten Tages vorzubereiten.
Nur ein Gemenge von verschwommenen Leibern sowie das gelegentliche Aufblitzen von Schwertern und Blasterladungen erreichte sie aus der lichtdurchfluteten Arena. Aber was deutlich zu ihr drang, war eine gewaltige Welle von Aggression – sie hatte das Gefühl, dass sie sich dagegen stemmen musste um nicht fortgeschwemmt zu werden. Aber das Blut in ihren Adern kam nicht mehr zur Ruhe, das feuerheiß seine Botschaft in ihr ausbreitete. Nur ihr Verstand war die letzte Bastion, die sie davor bewahrte, sich schreiend in die Arena zu stürzen.
Doch schon einmal war diese Bastion zusammen gebrochen, als sie in Hadd’i in das Kreuzfeuer am Ortseingang geraten war. Kadajj krallte ihre Finger in die steinerne Brüstung des Balkons, bis sie schmerzten.
Gozu, der neben ihr stand, strahlte wie eine Sonne vor Kampfeslust. Er sah wundervoll aus.

Fortsetzung folgt...
 
(zwei Kapitel im Doppelpack :))

Der Ruf des Blutes

Der junge Rattataki-Krieger machte eine einladende Handbewegung – und Kadajj nickte, ohne dass sie es wollte. Hilfesuchend sah sie Noola und Rhithik an, aber sie konnten nichts für sie tun. Nur ein zuversichtliches „Oya!“, gaben sie ihr auf den Weg in die Arena mit. Jeder Schritt abwärts brachte sie der Kapitulation vor ihrer Natur näher, die Bastion der Vernunft bröckelte und zerstob, als sie schließlich auf dem staubigen Boden stand. Es gab keine Zweifel mehr, keine Unsicherheit und keine Bedenken hinderten sie in den Kampf zu gehen.
Freudig erregt schaute sie sich nach einem Gegner um und sah direkt in Gozus lächelndes Gesicht. Nichts Hinterhältiges oder Falsches war darin zu sehen, nur die pure Vorfreude auf ein Duell.
„Wozu Zeit mit Söldnern verschwenden, Miss Asajj,“ meinte er leichthin, als er mit einem Vibroschwert angriff. Gedankenschnell parierte sie mit ihren eigenen und der Kampf begann. Alles, was sie von den Fives gelernt hatte, kam ihr jetzt zugute. Sie startete einen prompten Konterangriff, der Gozu zunächst in die Defensive drängte, welcher aber nach der ersten Überraschung ihre Attacken mühelos abwehren konnte.
„Ihr spielt doch nur,“ provozierte er sie zwischen zwei Schlagabtauschen, „ haltet Euch zurück oder seid Ihr nur eine Anfängerin?“
Dieses Wort brachte Kadajj in Rage – weil er völlig Recht hatte und sie wollte nicht, dass er es merkte. Verletzter Stolz wechselte sich mit gerechtfertigter Beschämung ab, beides war jedoch hier in der Arena fehl am Platze. Gozu wartete auf ihren nächsten Schritt, während sie sich sammelte um in ihr Innerstes zu lauschen. Völlig unvoreingenommen vernahm sie den Ruf ihres Blutes, ihrer Heimat Rattatak und ließ sich von ihm treiben.
Kadajj setzte bei ihrem Angriff eine Finte mit dem linken Schwert, die Gozus Aufmerksamkeit von dem anderen ablenken sollte – allerdings durchschaute er gerade noch ihre Taktik und konnte den Schlag mit dem rechten Schwert abwehren. Instinktiv erkannte sie aber die Blöße, die er sich nun links gab und nutzte die Gelegenheit, einen Hieb gegen die ungeschützte Taille zu führen.
Kreischend rutschte die Klinge an der gepanzerten Weste des Rattataki ab. Gozu hebelte das rechte Schwert aus ihrer Hand und packte mit einer blitzschnellen Bewegung ihre Linke.
Kadajj stieß einen Schrei aus. Nicht weil sein harter Griff wirklich schmerzte, sondern aus Überraschung darüber, wie sich das Blatt gewendet hatte. Das Schwert hielt sie krampfhaft fest.
„Wer seid Ihr, Miss Asajj?“ knurrte er bedrohlich, „ohne den Harnisch hättet Ihr mich ohne weiteres ernsthaft verwunden können.“
Seine aggressive Ausstrahlung färbte auf Kadajj ab.
„Seid Ihr so ein schlechter Kämpfer, dass Ihr mir es so einfach gemacht habt,“ fragte sie zurück. Er verstärkte den Druck auf ihre Hand dermaßen, dass sie glaubte, er würde ihr sie brechen, aber ließ ihr Schwert nicht los.
Gozu schnaufte gereizt, dann entspannten sich seine Gesichtszüge plötzlich.
„Du gefällst mir wirklich, Asajj Ventress aus dem Norden – ich hätte schon an deinem Auftritt in der Cantina erkennen müssen, dass ich mir nichts als Ärger mit dir einhandeln werde.“
Er ließ sie los, sammelte ihr verlorenes Schwert auf und reichte ihr es respektvoll mit beiden Händen.
„Eine gefährliche Gegnerin bist du – ich habe dich wirklich unterschätzt,“ gab er zu, worauf Kadajj geschmeichelt lächelte, als sie ihre Waffe entgegennahm. Bevor sie auch nur reagieren konnte, nahm er ihr Kinn und küsste sie.
Der erste Kuss ihres Lebens! Und das auf diesem grausamen Planeten...! war der erste Gedanke, der ihr dabei durch den Kopf schoss. Danach dachte sie nichts mehr, als sie diese Berührung zu genießen begann.
„Du solltest besser auf deine Deckung achten,“ ermahnte er sie halb ernst, halb scherzhaft, als sie sich voneinander gelöst hatten.
„Ich habe immer noch meine Schwerter in Händen,“ versetzte sie keck, „und du hast nicht auf deine Rückendeckung geachtet.“
Noch vor einigen Stunden bei ihrer Ankunft auf Rattatak war ihr diese Welt wie einziges grauenhaftes Jammertal vorgekommen, ganz zu schweigen von ihren quälenden Selbstzweifeln. Doch nun schien sich die Lage gar nicht so übel zu entwickeln.
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie beobachtet wurden – auf dem Balkon standen neben Noola, Rhithik und Levon, Samarr mit ihrem Sohn in den Armen, ihre beiden Gefolgsmänner sowie drei weitere Rattataki, die sie nicht kannte.
„Wir haben Gäste bekommen,“ stellte Gozu wenig begeistert fest.
„Wer sind sie?“ Kadajj gefiel Gozus Reaktion nicht, denn diese drohte ihre neu entdeckte gute Laune zunichte zu machen.
„Ich habe dir doch von Mojj Kossus erzählt – dort oben steht sein Cousin Lord Subai Kossus mit Lady Ashû Riyoss und ihrem Vater Obacc Riyoss.“

Kadajjs gute Laune wurde wie befürchtet von einem schwarzen Loch unaufhaltsam aufgesogen. Während des Duells mit Gozu (und dem nachfolgenden Kuss) war es vollkommen unwichtig geworden, weshalb sie überhaupt hier war, dass sie sich unter einem anderen Namen vorgestellt hatte und dass Gozus Schwester nicht gerade freundliche Gefühle für ihre Angehörigen hegte.
Die Sonne stand so, dass sie direkt auf den Balkon schien und alle dort Anwesenden gut zu erkennen waren.
Samarr umklammerte mit einem verbissenen Gesichtsausdruck ihr Baby, das immer noch oder wieder schlief und stierte unvermittelt auf die Arena, als ob ihre Besucher überhaupt nicht vorhanden wären. Ihre Gefolgsmänner flankierten sie, so dass Subai Kossus etwas abseits von ihr stand. Er war fast so groß wie LVN-5 und noch breitschultriger als Gozu. Bei ihm sah Kadajj zum ersten Mal einen Bart an einem Rattataki, der sich schmal an seinen kantigen Kiefern entlang zog. An ihm stach seine bronzefarbene Rüstung hervor, die hell im Sonnenlicht glänzte.
Neben ihm stand Lady Ashû Riyoss – das erste, was Kadajj zu ihr einfiel, war dass sie auf einer zivilisierten Welt eine Society Lady oder eine Schauspielerin sein könnte. Sie hatte die Ausstrahlung eines mondän und selbstbewussten Stars,. Auch ihre Kleidung hatte das gewisse Etwas. Unter einem körperbetonten, ärmellosen Kleid in Dunkelblau mit hohem Kragen waren ihre Arme von einem sehr engen und durchsichtigen Netzstoff bedeckt. Um Hals und Unterarme trug sie etwas, das wie die Bandagen aussah, wie sie auch Gozu hatte, nur dass sie metallisch-golden schimmerten. Am auffälligsten waren die Tätowierungen auf ihrem Gesicht: Von ihren unteren Augenlidern zogen sich jeweils ein schwarzer, sich verjüngender Streifen über die Wangen bis zum Kiefer und auf ihrem Kopf prangten seitlich verschlungene Ornamente, die geradezu verspielt wirkten.
Dennoch war unverkennbar, dass diese Frau gefährlich war – sie strahlte es noch stärker als Samarr oder Gozu aus und Kadajj konnte sich gut vorstellen, dass sie eine rücksichtslose Feldherrin war.
Der alte Rattataki an ihrer Seite musste Ashûs Vater sein. Er war in einen schwarzen Mantel gehüllt und stützte sich auf einen Stock, stand aber ungebeugt und erhobenen Hauptes. Auf der dünnen, faltigen Haut schienen sich die alten Narben und Tätowierungen zu einem wuchernden grauen Geschwür zusammengeschlossen zu haben. Obacc Riyoss sah wahrhaft wie ein Geist aus, der einem üblen Alptraum entsprungen war.
Meine Familie, dachte Kadajj ohne Begeisterung.

Familienbande

Auf dem Weg zum Balkon erzählte Gozu, dass Lady Ashû darauf gehofft hatte Mojj zu heiraten. Da er aber Samarr begegnet war, zerschlug sich ihr Vorhaben und war seit dem nicht gut auf das Oberhaupt des Morrhadd-Clans zu sprechen – zumal sie ein Kind von Mojj bekommen hatte und somit Familienbande zum Subai Kossus bestanden.
Nicht gut auf sie zu sprechen, dachte Kadajj, was das wohl hier bedeutete. Die Euphorie in ihr war vollständig abgeklungen und sie fühlte sich fast so verzweifelt wie kurz nach ihrer Ankunft auf Rattatak. Allein Gozus Anwesenheit ließ ihr einen kleinen Lichtblick.
Je näher sie Samarr und ihren Besuchern kamen, umso deutlicher war zu spüren, wie viel Feindseligkeit zwischen den beiden Frauen herrschte. Samarr hielt ihr Baby fest, als ob ihr es jeden Augenblick weggenommen werden könnte.
Die drei weißen Augenpaare, die sich auf Kadajj richteten, als sie mit Gozu auf die Aussichtsterrasse kam, ließen sie mit Schaudern an ihren Alptraum zurück denken. Sie musterten sie zwar nicht direkt feindselig, aber Kadajj kam sich vor, als ob sie auf einem Tibannafass saß, an dem gerade ein Zünder aktiviert worden war.
Der geisterhafte Obacc Riyoss stand ihr am nächsten. Er war unheimlich – seine grau-weiße, papierdünne Haut hing in schlaffen Falten an seinem Gesicht herunter, so dass sie fast wie abblätternde Farbe wirkte. Kadajj glaubte, dass er uralt sein musste, mindestens hundert Standardjahre. Seine Augen hingegen hatten im Gegensatz zu seinem Aussehen einen sehr vitalen Ausdruck, und als Kadajj sich traute einen längeren Blick auf sie werfen, kamen sie ihr fanatisch vor.
Sein Gehstock war aus einem glänzend schwarzen Material gefertigt, mit einem fein ziselierten goldenen Knauf und konnte wohl zu mehr als nur zu einer Stütze verwendet werden.
„Wer ist dieses Kriegermädchen, Gozu Morrhadd?“, fragte er mit einer rauen tiefen Stimme an ihr vorbei.
Kadajj fühlte sich mit einem Mal beleidigt.
„Mein Name ist...Asajj Ventress,“ fuhr sie ihn an, „wagt Ihr es etwa nicht, mit mir selbst zu reden?“
Obacc Riyoss lachte wie eine Mischung aus einem asthmatischen Akk-Hund und einer kowakianischen Affenechse, die beide kurz davor waren zu ersticken.
„Eine scharfe Zunge, wie Euer Schwert,“ entgegnete er, nachdem er sich beruhigt hatte, „ dabei seht Ihr so harmlos aus, Kind.“
Erst jetzt fiel Kadajj auf, dass sie die einzige Rattataki hier war, deren Gesicht und Kopf völlig frei von Narben oder Tätowierungen war. Nur Makaii, Samarrs Sohn, sah genauso aus, was sie peinlich berührte.
„Und wenn schon,“ überspielte sie ihre Verlegenheit, „unterschätzt mich nicht!“
„Ich bin Obacc Riyoss, Oberhaupt des Clans der Riyoss aus Comon, junge Kriegerin. Ich und meine Tochter Ashû begleiten Warlord Subai Kossus, der hier seinen Neffen besucht.“
Kadajj gab nur ein zögerliches „Mhm“ von sich. Auf ausgefeilte Begrüßungsrituale legte hier wohl niemand Wert. Ashû Riyoss, die Kadajj mit einem ziemlich misstrauischen Blick bedachte, nickte ihr nur kurz zu, während der massige Warlord auf sie zu trat und ihr hart (aber herzlich) auf die Schulter hieb.
„Ihr habt den guten Gozu ganz schön in Verlegenheit gebracht – und nicht nur mit Eurem Schwert,“ röhrte er und klang dabei nicht einmal unfreundlich.
„Miss Ventress ist noch bis morgen mein Gast, Subai,“ sagte Samarr eisig, aber unter der beherrschten Oberfläche musste ein Vulkan brodeln.
„Wunderbar,“ erwiderte Ashû mit einer dunklen rauchigen Stimme, die bei vielen Humanoiden als äußerst verführerisch galt, „dann könnt Ihr uns noch einmal eine Kostprobe Eures Könnens zeigen. Aber ich würde noch lieber Eure Leibwächter kämpfen sehen.“
„Sie sind meine Leibwächter, keine Gladiatoren,“ widersprach Kadajj heftig.
Lady Ashû wurde ihr langsam unheimlicher als Obacc. Und dabei gehörte sie zu ihrer Familie. Vielleicht waren sie sogar Geschwister, doch Kadajj spürte nichts, das sie verband. Blut ist dicker als Wasser, sagte man auf Naboo, aber die Fives vertraten die Philosophie, dass Familie über der Blutsverwandtschaft stand. So gehörte sie wie selbstverständlich zu den fünf Mandalorianern, auch wenn sie Rattataki war und nicht vorhatte nach den resol’nare zu leben. Ebenfalls sah sie in Nindus, dem Heimleiter eine Art Vaterfigur und fühlte sich Levon, der aus totem Metall und einigen Schaltkreisen bestand, näher als Ashû und Obacc.
„So sollen sie ihre Arbeit tun,“ versetzte Ashû bösartig lächelnd. Was das bedeutete, erfuhr Kadajj kaum einen Wimpernschlag später, als Ashû einen Dolch auf sie schleuderte, der hinter ihrem Rücken in der Schärpe gesteckt hatte. Das gezackte Messer flog langsam als ob die Luft sich verdickt hätte, zumindest kam es Kadajj so vor. Dennoch konnte sie sich kaum rühren und schloss nur die Augen.
Sie spürte ein kurzes Brennen an ihrer Schläfe und hörte ein metallisches Klirren, worauf sie die Augen öffnete. Noola und Rhithik standen mit ihren Blastern im Anschlag vor Ashû, die ihrerseits einen Blaster direkt auf Kadajj gerichtet hielt. Vor Samarr hatten sich deren Gefolgsmänner mit erhobenen Schockerstäben aufgebaut.
„Dieses Mädchen ist ein Dämon, Lady Morrhadd,“ bellte sie aufgebracht, „niemand weicht einfach so einem fliegenden Messer aus.“
„Sie ist nicht ausgewichen, Lady Riyoss, Ihr habt einfach nur schlecht gezielt,“ gab Samarr höhnisch lachend zurück. Ihr Baby strampelte im Schlaf und reckte winzige geballte Fäuste, worauf seine Mutter entzückt lächelte.
Kadajj spürte, dass etwas ihrer Schläfe hinab rann – die Messerklinge hatte sie gestreift und ihre Haut geritzt. Nachdenklich tippte sie in die feuchte Spur, die sich über ihre Wange hinzog und betrachtete ihren blutigen Zeigefinger. Sie war sich ziemlich sicher, dass Ashû sehr gut mit dem Messer werfen konnte und beabsichtigt hatte, sie im Gesicht zu treffen. Doch diesmal war es ihr nicht gelungen – aus welchen Gründen auch immer. Lord Subai und Obacc Riyoss standen dabei, als ob sie das alles kalt ließe, während Gozu sein Vibroschwert gezogen hatte und bereit war, die Messerwerferin von hinten zu erschlagen.
LVN-5 wirkte unbeteiligt, er hätte jedoch auf einen Wink seiner Erbauerin den Schädel Lady Ashûs schneller einschlagen können, als dass es irgendein lebendes Wesen hätte verhindern können.
Kadajj spürte keine Angst. Weder vor dem gezogenen Blaster, den die Feldherrin auf ihren Kopf richtete, noch nach dieser Messerattacke.
„Lady Riyoss – wenn Ihr gefragt hättet, wäre ich auch gegen Euch in der Arena angetreten. Aber Ihr scheint einem offenen Kampf lieber aus dem Weg gehen zu wollen,“ sagte Kadajj gelassen zu ihr.
„Aaaah, dafür sollte ich Euch Euren sauberen Schädel wegblasen,“ fuhr ihr Gegenüber gereizt auf, „ich halte mich hier nur zurück, weil mein Lehnsherr mit diesem Anwerberpack verwandt ist. Wie Ihr wollt, dummes Kind. Morgen trete ich gegen Euch an und dann zeige ich Euch, was es heißt eine Riyoss zu beleidigen!“
„Genug,“ brüllte Gozu, „senkt Euren Blaster oder ich schlage Euch den Kopf ab!“
Der Zünder an Kadajjs imaginärem Tibannafass zählte die letzten Milisekunden herunter und dann würde alles explodieren.
Obacc Riyoss hob den schwarzen Stock und tippte grob seine Tochter in den Rücken, worauf sie den Blaster wieder sicherte und in ihre Schärpe steckte.
„Komm, Asajj,“ forderte Gozu Kadajj auf, „wenn ich hier noch länger bleiben muss, erschlage ich diese feige Wompratte wirklich.“
Ashû knirschte deutlich hörbar mit den Zähnen, blieb aber ruhig, während Samarr unverhohlen ihre Genugtuung zur Schau stellte. „Dein Vater würde sich über diesen Kampf sicher genauso freuen wie ich,“ gurrte sie ihrem Sohn zu, der inzwischen aufgewacht war und freudig gluckste.

Fortsetzung folgt...
 
Kleider machen Kriegerinnen

Gozu brachte Kadajj, Noola, Rhithik und Levon in ein hohes, dunkles Gemach mit einem Nebenraum, das ihnen als Gästezimmer dienen sollte.
Da er keine Anstalten machte zu gehen, verzogen die beiden Mandalorianer und der Droide sich nach nebenan.

„Ich hätte sie wirklich geköpft, wenn sie noch länger den Blaster auf dich gerichtet hätte,“ sagte er ernst. „Ashû ist eine Ausgeburt des Bösen und eine gnadenlose Kriegerin – was sie als Feldherrin so erfolgreich macht.“
Trotz aller Abneigung schwang Bewunderung in Gozus Stimme mit. Wenn die halbe Galaxis Rattataki generell als blutrünstige Monster ansah, und ein Rattataki eine andere als Ausgeburt des Bösen bezeichnete, konnte es sich nur um ein Kompliment handeln.
„Du musst morgen nicht gegen sie antreten – kehre in den Norden zurück. Auch wenn du eine ausgezeichnete Kämpferin bist und mich in Bedrängnis gebracht hast– ich habe dir angemerkt, dass du noch keine Kriegserfahrung hast...“
„War das so offensichtlich?“, murmelte Kadajj peinlich berührt.
„Deine Art zu kämpfen ist einfach zu fair und es ist ja nicht zu übersehen, dass du dir noch keine Auszeichnungen erworben hast,“ wies er sie auf den Umstand hin, dass ihr Kopf keinerlei Tätowierungen trug.
Diese Äußerung beschämte Kadajj umso mehr. Gozu machte sich wirkliche Sorgen – zu Recht, denn den Kampf gegen ihn hatte sie mit mehr Glück als Verstand bestanden und was hatte sie bloß geritten dieser Mordmaschine ein Duell anzubieten? Kadajj war auf einer der friedlichsten Welten der Galaxis aufgewachsen, auf der man solche Gewalt nur aus Holofilmen kannte (und Kadajj hatte wirklich sehr viele Holofilme gesehen).
Darüber hinaus wusste er nicht einmal, wer sie wirklich war. Wer hätte auch ahnen können, dass Ashû und Obacc Riyoss ausgerechnet an diesem Tag bei den Morrhadd erschienen würden.
Wenn sie sich Gozu offenbarte, was sollte er von ihr denken? Dass sie eine Betrügerin oder eine Spionin war? Zu Lady Ashû konnte sie schlecht gehen, da sie nun deren Zorn herausgefordert hatte.
„Sie würde es sich zweimal überlegen, dich über ganz Rattatak zu verfolgen – zumal sie es sich mit Subai verscherzen würde, wenn sie wegen ihres gekränkten Stolzes ihre Verpflichtungen im Stich ließe.“
„Ich kann ihr diese Genugtuung nicht geben.“ Kadajj war es ernst. Sie glaubte, dass sie sich dieser Verantwortung stellen musste, und sie wollte noch mehr über ihre Familie herausfinden. Nein, Flucht war keine Option, auch wenn es ein bequemer Ausweg aus dieser vertrackten Situation zu sein schien.
„Wie du willst. Aber eher werde ich sie selbst in Stücke hacken, bevor sie auch nur die geringste Chance hat, dich umzubringen. Das schwöre ich dir.“
„Dann werde ich ihr keine geben,“ entgegnete Kadajj entschlossen. Gozus Versprechen versetzte ihr einen kleinen Stich ins Herz – er war der einzige Rattataki hier, der zu ihr hielt – und derjenige, den sie über ihre Herkunft belogen hatte.
„Du bist eine wahre Kriegerin,“ flüsterte er ihr ins Ohr, um sie dann erneut zu küssen. Für diesen Moment vergaß sie ihre Sorgen und wünschte sich, er würde nie enden.

Danach strich er ihr besorgt über die Wange. „Ich werde dir beistehen, soweit ich in dieser Lage kann. Und du solltest morgen etwas anderes als diese Mando-Ausrüstung tragen. Wo ist deine normale Kleidung?“
„Ich habe ehrlich gesagt nur damit gerechnet meine Leibwächter abzuholen und gleich in meine Heimat zurückzukehren...“
Sie fand es selbst sehr bedenklich, dass ihr solche Lügen so leicht über die Lippen gingen. Die Fives konnten lügen, dass sich Durastahlträger bogen, aber für sie war es moralisch verwerflich die Unwahrheit zu sagen. Wieso hatte sie sich bloß zu dieser Notlüge über ihre Identität hinreißen lassen – sie verstrickte sich immer mehr Lügen, deren Folgen unabsehbar waren.
„Dann lasse ich dir etwas Passenderes sowie eine Mahlzeit für dich und deine Leibwächter bringen.“
„Danke,“ erwiderte Kadajj matt.
„Ich muss gleich wieder nach Hadd’i fahren, werde aber gegen Abend wieder bei dir sein,“ verabschiedete Gozu sich und küsste sie noch einmal kurz.

Kaum, dass die Tür hinter ihm zugeschlagen war, ließ sie sich auf einen der wuchtigen Stühle fallen. Noola, Rhithik und Levon gingen zu ihr.
„Kadd’ika, was hast du dir da nur eingehandelt?“ Noola lächelte, aber wie Rhithik sah sie besorgt aus.
„Ich hätte nie hierher kommen sollen...“
„Wer hätte schon gedacht, dass die Familie deines Verehrers im Clinch mit deinen Verwandten befindet. Vor allem diese Ashû...“
„Sie ist wirklich bösartig, und so...aaah...unheimlich heiß,“ schwärmte Rhithik „vor allem wenn sie wütend ist.“
„Du kannst ja morgen an Kadd’ikas Stelle mit ihr in die Arena...“

Es klopfte an der Tür – Levon schritt würdevoll hin, um sie formvollendet zu öffnen und nach dem Anliegen des Besuchs zu fragen.
„Ich bringe Essen und die Kampfkleidung für Miss Asajj Ventress,“ hörte Kadajj eine weibliche Stimme mit Twi’leki-Akzent sagen.
„Lass sie rein, Levon,“ forderte sie den Droiden auf, bevor er eine förmliche Anmeldung verlautbaren konnte.
Die blauhäutige Twi’lek war in einen schwarzen Kampfanzug gekleidet, der so körperbetont geschnitten war, dass Rhithik nach Luft schnappte. Sie übergab Kadajj ein in dunkles Tuch gehülltes Paket und ließ von einem klapprigen Servodroiden das Essen servieren.
„Ihr könnt Euch jederzeit an mich wenden, falls Ihr weitere Wünsche habt,“ sagte sie zu Kadajj, „mein Name ist La’ora.“
Die Rattataki bedankte sich mit einer Phrase auf Twi’leki, was diese überrascht, aber wohlwollend zur Kenntnis nahm.
„Ich hätte wirklich einen Wunsch an sie,“ seufzte Rhithik, nachdem sie gegangen war, was ihm einen heftigen Tritt ans Schienbein von Noola einbrachte.

Das Essen bestand aus großen gebratenen Fleischstücken mit einer Beilage aus bräunlichen Knollen und schmeckte überraschend gut. Kadajj, Noola und Rhithik verzehrten gierig die großzügigen Portionen – seit ihrem Aufbruch hatten sie nichts mehr gegessen und waren dementsprechend hungrig. Nachdem sie zufrieden ihre Mahlzeit beendet hatten, drängten Noola und Rhithik ihre Freundin sich die Kampfkleidung anzusehen.
Kadajj wickelte aus dem schwarzen Tuch eine Art halterloses Top, das aus gräulich-weißen Bandagen zu bestehen schien. Bei näherem Ansehen erkannte sie, dass die Stoffstreifen ineinander genäht oder sonst wie befestigt waren. Sie bestanden aus einem dicken groben Material, in das weiße Metall- oder Kunststofffäden eingearbeitet waren, aber sich trotzdem ein wenig dehnen ließ. Aus demselben Stoff waren lange Ärmelstulpen und zwei strumpfartige Gebilde ohne Fußlinge gefertigt. Es folgte eine Langjacke mit kurzen Ärmeln, die allerdings nur am Kragen um den Hals und um die Hüfte verschließbar war, so dass sie vorne einen Ausschnitt frei ließ. Sie war wie auch die Dreiviertelhose aus einem lederartigen, leicht schimmernden schwarzen Material geschnitten,. Zu dem Paket gehörte noch ein langer schwarzgrüner Rock, eine Gürtelschärpe aus einem schwarz glänzenden seidenähnlichen Stoff und ein Paar weicher Halbstiefel, ebenfalls schwarz.

„Kein Wunder, dass sie hier alle so schlecht gelaunt sind,“ scherzte Noola, „wenn sie den ganzen Tag in solchen depressiv gefärbten Klamotten herumlaufen müssen.“
„Aber an Ashû es extrem sexy aus,“ wandte Rhithik ein, „und vielleicht will Kadd’ikas Verehrer, dass sie morgen gut aussieht.“
Die beiden Mandalorianer taten wirklich ihr Bestes um Kadajj aufzuheitern. Sie rang sich ein Lächeln ab, um deren Bemühungen zu würdigen.
„Ich frage mich, von wem diese Kleider stammen,“ überlegte Kadajj. Die Stücke sahen aus, als ob sie ihr passen könnten.
„Vielleicht hat er noch eine Schwester. So dürr wie Samarr ist, dürften ihr diese Sachen zu groß sein. Probier sie doch einmal an,“ schlug Noola vor.

Zögerlich willigte Kadajj ein und verzog sich in den Nebenraum, wo zwei primitive Pritschen und ein Waschbecken mit einem fleckigen Spiegel die einzige Ausstattung waren.
Sie war froh aus der Rüstung zu kommen. Warum es die Fives so liebten in ihrer bes’kargam herumzulaufen, würde sie nie verstehen. Zwar bot die Rüstung neben dem unbestrittenen Sicherheitsaspekt auch nach außen einen gewissen Coolness-Faktor, indes fühlte sie sich nach diesen paar Stunden wie in einer Blechbüchse. Einerseits heiß es, dass ein Mando’ade mehr als seine oder ihre Rüstung wäre, aber andererseits hieß würde das Tragen der Rüstung zu den Prinzipien ihrer Kultur gehören. Vielleicht brauchten diejenigen, die sich als Söldner und Kopfgeldjäger verdingten, eine Rechtfertigung vor ihren Brüdern und Schwestern, die auf eine friedlichere Weise lebten.

Dann entledigte sie sich des verschwitzten Overalls und wusch sich, so gut es am Waschbecken ging. Die bandagenartige Unterkleidung sowie Jacke und Hose waren ziemlich einfach anzuziehen. Der Rock und die Schärpe waren ein wenig komplizierter, da sich ihr das System, wie sie gewickelt werden mussten nicht erschloss. Nach mehreren Versuchen hoffte sie, dass diese Kleidungsstücke so befestigt wurden, wie sie sich das dachte, denn sie hatte keine Geduld mehr und fühlte sich gereizt. Wie sie sich in diesem Outfit in einem Kampf bewegen sollte, ohne sich darin zu verheddern, war Kadajj noch schleierhaft. Immerhin hatte der Rock hinten und vorne einen Schlitz, der ihr genug Bewegungsfreiheit beim Laufen ließ. Die Halbstiefel schienen nach den ersten Schritten einigermaßen zu passen. Sie hatten bequeme, aber nicht zu weiche Sohlen und machten kaum Geräusche.

In dem Spiegel versuchte Kadajj einen ersten Eindruck von sich in ihrer neuen Kampfmontur zu erhaschen. Auch wenn sie nur ihren Oberkörper sah - es war, als ob jemand komplett fremdes entgegenblickte. Die Rattataki im Spiegel sah kämpferisch und aggressiv aus, obwohl Kadajjs Blut sich schon längst beruhigt hatte und weder Narben noch Tätowierungen Kopf und Gesicht bedeckten.
Doch da war die Wunde an ihrer Schläfe, die sie total vergessen hatte. Der Schnitt war nicht tief und hatte schon begonnen zu verschorfen, doch war er fast länger als ihr Zeigefinger.
„Ich will keine Narben,“ sagte sie zu der Kriegerin im Spiegel.

Kopfschuss

Kandooosiiii,“ riefen Noola und Rhithik bewundernd aus, als sie Kadajj in ihrem neuen Outfit sahen. Diese Kleidung war für ihren Geschmack zu körperbetont, denn man konnte nun deutlich ihre Formen erkennen, die gerade in den letzten zwei Jahren immer weiblicher geworden waren. Die Kleidungsstücke waren trotz ihrer robusten Stoffe angenehm zu tragen, so dass es ihr leicht fallen würde, sich in ihnen zu bewegen. Nur der Rock war ungewohnt.
„Deinem Gozu wird das sicher gefallen,“ vermutete Noola mit einem neckischen Unterton.
„Meinem Gozu,“ echote Kadajj mit violett angelaufenen Wangen, „na gut, wir haben uns geküsst, aber deshalb ist er noch lange nicht...“
Siedend heiß fiel ihr ein, dass Gozu sie in dieser Kleidung sehen würde. Rasch griff sie nach ihrem Mantel und wickelte ihn um sich.
Morgen musste sie in diesen Kleidern vor der ganzen Festung gegen Ashû antreten, die sich ihren Sachen viel wohler fühlte und auch sicherer bewegen konnte. Wenn Kadajj sich in dem Rock verhedderte, würde das nicht nur peinlich werden, sondern hätte auch aller Voraussicht nach fatale Folgen.

„Lasst uns trainieren,“ schlug sie ihren beiden Freunden vor, „ich muss mich an diese Klamotten gewöhnen.“
Es gelang ihr recht schnell in der Kampfkleidung Drehungen, Ausfallschritte und Sprünge auszuführen und der Rock behinderte sie fast gar nicht, doch um zu rennen, war der Raum zu klein. Sie hatte Bedenken, dass sie rennen musste und der Rock sich um ihre Beine wickelte.
„Naja, dein cya’rika hat doch gesagt, dass er Ashû in Stücke schlägt, bevor sie dich umbringt,“ meinte Rhithik, „auch wenn es sehr schade wäre...“
„Dann hast du immer noch La’ora,“ versetzte Kadajj bissig, kniff aber ein Auge dabei zu. Das Training hatte ihre Stimmung wesentlich verbessert und sie fühlte sich, als ob sie gleich der mordlüsternen Feldherrin entgegen treten könnte. Hoffentlich hielt dieses Gefühl bis morgen an. Allerdings hing immer noch die Frage im Raum, wie und ob sie sich ihren Verwandten offenbaren sollte. Noola und Rhithik waren der Meinung, dass sie bis nach dem Duell warten und dann erst mit Obacc Riyoss sprechen sollte.
„Zwar ist Ashû die Kriegsheldin, aber der Alte sieht aus, als ob er mehr zu melden und auch mehr Verstand hätte. Diese wahnsinnige Messerwerferin war nur am Geifern gewesen, seit sie den Balkon betreten hatte,“ erzählte Noola, „und als ihr geknutscht habt, war sie kurz davor, Feuer zu spucken.“
„Sie ist bestimmt scharf auf Gozu, nachdem sie bei Mojj keinen Erfolg hatte. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie Samarr eins auswischen will, wenn sie sie schon nicht umbringen darf.“
Rhithiks Worte versetzten Kadajj in hellen Aufruhr. Ihr Herz schlug schneller, eine ungute Hitze breitete sich in ihr aus und sie wurde wütend.
„Nein, nein,“ rief sie aufgeregt und hieb mit der Faust so hart auf den Tisch, dass das Geschirr einige Zentimeter hoch sprang und beim Zurückfallen auf die Tischplatte beängstigend laut klirrte. Betretene Stille machte sich breit. Kadajj ließ sich auf einen der Stühle fallen, wo sie ihr Gesicht in den Händen barg.
„Oh nein, es hat schon angefangen,“ flüsterte sie entsetzt, „ich werde wie sie...“
„Du bist ein Kind dieser Welt, Kadd’ika. Stell dir vor, dir wäre etwas in der Art auf Naboo passiert, niemand hätte es verstanden. Deshalb hat dir Nindus dein eigenes Zimmer gegeben, um zu verhindern, dass sich jemand von dir bedroht fühlt, wenn du wütend bist –auch wenn du es nicht so meinst.“
Noola legte beruhigend die Hände auf die Schultern ihrer Freundin.
„Das bedeutet nicht, dass du deiner Wut freien Lauf lassen sollst, aber bei dir äußern sich bestimmte Gefühle heftiger als bei Menschen oder was weiß ich wem. Wie ich schon gesagt hatte, Naboo war auf Dauer nicht die richtige Welt für dich – ob es dieser Planet ist, wirst du noch herausfinden müssen.“

Ein Teil ihres Verstandes sagte ihr, dass Noola Recht hatte, ein anderer wollte dagegen halten, dass es nie soweit gekommen wäre, wenn sie auf Naboo geblieben wäre. Und ein weiterer Teil machte ihr klar, dass sie nun einmal hier war, weshalb sie sich mit dieser Situation auseinandersetzen musste, ob sie wollte oder nicht.
„Ich hätte das mit Gozu und Ashû nicht erwähnen sollen,“ entschuldigte Rhithik sich kleinlaut, „manchmal kann ich einfach meine Klappe nicht halten, wenn mir solche Gedanken durch den Kopf schießen.“
„Ist schon gut, Rhith’ika,“ erwiderte Kadajj, „ich mag ihn schon viel zu sehr, als dass er mir egal sein könnte.“
Erschöpfung sowohl körperlicher als auch geistiger Art breitete sich in ihr aus. Dieser Tag, der sich seinem Ende neigte, war voller überraschender Wendungen gewesen – für ihren Geschmack waren es etwas zu viele.

Sie war dabei sich wieder zu beruhigen, als es an der Tür klopfte.
„Das ist Gozu,“ hoffte sie und öffnete, aber nicht er stand vor der Tür, sondern Samarr, diesmal ohne Makaii.
„Mädchen, das ist eine riesige Dummheit, die Ihr begeht,“ schnauzte sie Kadajj an und trat ohne Einladung ein.
„Nicht, dass ich darüber traurig wäre, wenn Lady Riyoss etwas zustoßen sollte. Dieses durchgeknallte Stück Rancordreck,“ spuckte Samarr wie angeekelt heraus, „verdient eine Lektion, doch sie ist nicht umsonst eine gefürchtete Kriegsherrin und sie hält Euch für leichte Beute.“
„Soll sie mich doch unterschätzen,“ erwiderte Kadajj scheinbar unbeeindruckt und kam sich ziemlich großmäulig dabei vor.
„Das wird sie nicht, keine Sorge. Wenn sie merkt, dass sie verlieren wird, lässt sie einen ihrer Scharfschützen von der Tribüne aus auf Euch schießen. So hat sie es mit einigen meiner Krieger gemacht und auch mit der ursprünglichen Besitzerin dieser Kleidung, vor über zwei Jahren. Anscheinend hat Gozu nicht besonders Glück mit seinen Frauen.“
„Wieso wurde sie nicht zur Rechenschaft gezogen? „
„Weil der oder die Schützen nie gefasst werden konnten. Sie schossen mit schallgedämpften Projektilwaffen und verschwanden dann. Außerdem – sie können zielen.“ Dabei tippte sie mit ihrem Zeigefinger direkt in die Mitte von Kadajjs Stirn, als sie auf das gescheiterte Messerattentat anspielte.
„Ich werde dennoch gegen Lady Riyoss kämpfen,“ erwiderte Kadajj trotzig, „ich will nicht feige von hier fliehen und mich lächerlich machen.“
Wieso sagte sie das bloß, wenn selbst die schroffe Samarr sie warnte und ihr quasi ein Hintertürchen offen hielt? Am liebsten hätte sie sich für diese Worte selbst geohrfeigt.
„Nun, wenn Ihr so todesmutig seid, ich werde Euch nicht im Weg stehen. Falls Euch aber etwas an Gozu liegt, überlegt es Euch gut.“ Mit diesen Worten drehte Samarr sich auf dem Absatz um und verschwand, nicht ohne die Tür knallend ins Schloss zu werfen.

Befangen zupfte Kadajj an dem Bandagenärmel, der bis über den Handrücken ging. Gozu hatte schon einmal eine...Freundin wegen Ashû verloren.
Die Gelegenheit zum Rückzug war endgültig vorbei. Ihre Freunde hatten sich die Mühe gemacht sie hierher zu bringen. Gozu unterstützte sie sogar noch und auch wenn es makaber erschien, er vertraute ihr die Kleidung seiner ehemaligen...Freundin an, die wahrscheinlich auf Ashûs Veranlassung getötet worden war.
Halb erwartete sie Blut oder Einschusslöcher auf der Kleidung zu sehen, doch alle Stücke waren sauber und so gut wie neu. Ihr fiel Samarrs Geste ein - Kopfschuss.

Fortsetzung folgt...
 
Keine Frage der Ehre

Bis zu Gozus Rückkehr tropften zäh die Stunden und Minuten dahin –das Zwielicht der Abenddämmerung auf Rattatak dauerte ein halbes Leben.
Samarrs Worte ließen Kadajjs Verzweiflung immer größer werden, doch sie konnte nicht mehr umkehren – sie war durch ihre eigenen Taten und Worte hier gefangen.
Noola und Rhithik versicherten ihr immer und immer wieder, dass sie ihr zur Seite stehen würden und begannen einen Plan auszuarbeiten, wie sie den Attentäter erwischen konnten, bevor er auch nur abdrücken konnte.

Als es dunkel geworden war, klopfte es erneut und noch bevor Levon auch nur einen einzigen Schritt tun konnte, stürzte Kadajj zur Tür, um zu öffnen.

„Gozu,“ rief sie, sprang an ihm hoch und küsste ihn stürmisch.
„Es tut mir Leid – ich bin aufgehalten worden,“
erwiderte der Rattataki überrascht und erfreut zugleich, während er sie festhielt.
“Eine Auseinandersetzung zwischen zwei Söldnergruppen – wir sind dort hinein geplatzt und haben einige Zeit gebraucht, bis wir das Problem lösen konnten.“
An seinem Kopf, auf seiner Kleidung und an seinen Händen klebte Blut – besorgt sah Kadajj ihn an, doch er schien sich nichts daraus zu machen. Nachlässig wischte er sich das Blut an seinen Händen an den Schläfen ab. Es schien nicht seins zu sein und sie wagte es nicht zu fragen, weil diese Geste so selbstverständlich wirkte.

Neben dem leichten Schrecken über Gozus Anblick verspürte sie noch etwas anderes – es war der Geruch des Blutes, der in ihre Nase stieg und ein ähnliches Gefühl wie vorhin der Arena auslöste. Sie fand, dass sich die rote Farbe unheimlich gut auf seiner weißen Haut mit den dunklen Tätowierungen machte – er sah so...attraktiv aus und die Vorstellung, wie er sich kämpfend Bahn brauch und Blut vergoss, war überaus erregend.

„Ich wäre gerne dabei gewesen,“
flüsterte sie in sein Ohr und schnappte nach seinem Ohrläppchen. Er gab ein überraschtes Knurren von sich, das sich rasch zu einem Ausdruck von Wohlbefinden änderte.
“Du siehst gut aus, Asajj - ich hätte dich auch gerne dabei gehabt, aber es ist wichtig, dass du für morgen bereit bist,“
entgegnete er nach einem weiteren Kuss.
„Ich bin bereit – du musst dir keine Sorgen machen. Meine Leibwächter wollen während des Kampfes nach dem Schützen Ausschau halten...“
“Also hat es Samarr dir erzählt...und du willst dich Ashû trotzdem stellen,“
sagte Gozu. Er klang nicht resigniert oder enttäuscht, sondern als ob eine böse Erinnerung wieder hoch geholt worden wäre.
„Ja, das werde ich – und ich werde diesen Kampf überleben, das schwöre ich dir. Ich werde ihr nicht die Genugtuung geben, feige davon zu rennen.“

Darauf gab er ihr keine Antwort, sondern drückte sie noch fester an sich – und sie fragte sich, ob er es nicht lieber hätte, wenn sie sich wie ein Feigling benahm. Jetzt war es indessen zu spät, ihre Meinung zu ändern und alles in ihr wehrte sich dagegen, davonzurennen. Sie war bereit, und wenn es heute Abend sein musste.

In diesem Augenblick war ihr aber nichts lieber als mit Gozu zusammen zu sein, dem strahlenden, blutverschmierten Rattatakikrieger und ehe sie den nächsten Gedanken darüber fassen konnte, wie es weiter gehen sollte, trug er sie aus dem Raum heraus.
„Wo gehen wir hin?“,
fragte sie verwirrt, worauf er nur lächelte.
“Für heute nacht werde ich dein Leibwächter sein,“
erwiderte er und küsste sie erneut.

Natürlich hatte sie es tief in ihrem Herzen gewusst, dass es so passieren würde und wenn sie ehrlich war, hatte es ihr Rattataki-Innerstes auch so gewollt. Dieser Mischung aus Blut, Stärke, Gefahr und diesem attraktiven jungen Rattataki hätte sie wohl auch nie widerstehen können – nicht unter diesen Umständen und nicht auf dieser Welt.
Morgen könnte sie bereits schon tot sein, mit einem kleinen sauberen Loch in ihrem sauberen, weißen Kopf – sie musste einfach diese erste und wohlmögliche einzige Nacht mit Gozu auskosten.

Er ließ sich nicht anmerken, ob er erstaunt darüber war, dass sie noch keinerlei Erfahrung in diesen Dingen hatte – er schaffte es, ihr sowohl die nötige Zeit zu geben als auch sein eigenes Begehren nicht zu kurz kommen zu lassen – so lange, bis sie selbst wusste, was sie von ihm wollte. Als sie schließlich ermüdet und zufrieden ineinander verschlungen zusammen lagen, glaubte Kadajj, dass es keinen großartigeren Zustand als diesen geben konnte. Ihr erster Kampf gegen ihn hatte sich ähnlich angefühlt – doch dabei hatte noch das tiefere Gefühl der Verbundenheit und das völlige Ineinanderaufgehen gefehlt.

„Kämpfe und sieg gegen dieses Monster,“
waren Gozus letzte Worte, bis sie zum letzten Mal für lange Zeit in großem Frieden mit sich und dem Universum einschlief.

Soweit Kadajj sich erinnern konnte, hatte sie ohne Alpträume einen langen und erholsamen Schlaf gehabt. Gozu weckte sie bei Tagesanbruch, doch leider konnten sie den Morgen nicht in aller Ruhe zu zweit verbringen. In einem Naboo-Holodrama wäre er jetzt mit Blumen und einem wunderbaren Frühstück ans Bett gekommen, aber sie befanden sich in der sehr grausamen und blutigen Realität von Rattatak.
Wenigstens ließ er ihr ein heißes Bad ein und nahm sich die Zeit, sie ausgiebig zu massieren. Sie fühlte sich ein wenig angespannt und nervös, doch je näher der Beginn der Arenakämpfe kam, umso mehr stieg die Erregung und somit auch die Vorfreude auf das Duell.

Gozu half ihr auch dabei, die Kampfkleidung anzulegen – es fühlte sich fast wie ein Ritual an; eine ähnliche Stimmung trat auf, wenn die Rayshe’ade ihre Rüstungen anlegten und dabei mandalorianische Kampflieder anstimmten, selbst wenn es nur darum ging, die nächste Cantina zu stürmen.

Erst als er sie darauf ansprach, wurde Kadajj bewusst, dass sie angefangen hatte das „Dha werda verda“ zu summen.

„Was singst du?“
wollte er wissen, als er ihren Rock zurechtzog und so zusammenwickelte, wie es sein sollte.

„Es ist ein altes Kampflied meiner...meiner Leibwächter – es heißt Dha werda verda....“,
begann Kadajj zögerlich, weil ihr unwillkürlich klar wurde, wie unpassend....

“Wovon handelt es?“,
unterbrach Gozu ihre Antwort.

„Es geht um das Erbe der Mandalorianer....die Asche der Taung brennt in den Herzen der Mandalorianer, wir sind der Zorn der Schattenkrieger, die ersten edlen Söhne des Mandalore, lasst die, die vor uns stehen den Nachthimmel erleuchten, unsere Rache brennt noch heller...“

„Du sprichst von diesem Lied, als ob es auch dir etwas bedeuten würde,“
stellte er fest und sah ihr fragend in die Augen.

“Es ist ein Lied für Krieger – ob es nun...“

„Es ist ein Lied für die Kinder des Mandalore, nicht für uns, Asajj. Uns geht es nur darum, andere zu töten, damit wir nicht von diesen umgebracht zu werden, weil es in unserer Natur liegt. Für uns ist eine Notwendigkeit – deine Leibwächter können sich entscheiden, ob sie für dich töten oder auf Kopfgeldjagd gehen und sich dabei noch etwas auf ihre Ehre einbilden. Hier gibt es keine Ehre – in welcher Traumwelt bist du denn aufgewachsen?“,
fuhr er sie aufgebracht an und kam damit wieder der Wahrheit gefährlich nahe.

Ja, Kadajj war in einer Traumwelt aufgewachsen – auf dem wunderbaren und friedlichen Naboo, und nicht auf irgendeiner düsteren, kalten Festung im Norden Rattataks..

„Und wenn schon – es gefällt mir einfach und passt dazu, in einen Kampf zu ziehen. Ist mir doch egal, ob es hier um Ehre oder nicht geht. Es ist nur ein Lied, Gozu. Dann hör eben nicht hin,“
fauchte Kadajj zornig zurück und griff nach ihren Schwertern. Sie war wütend, weil ihr das Lied etwas bedeutete - sie war keine Mandalorianerin, aber es stand für sie für die Verbundenheit mit ihren Geschwistern, die mit Herz und Seele der Tradition ihres Volkes folgten. Doch das konnte sie ihm nicht sagen, und dies machte sie noch wütender.

Wenn er damit beabsichtigt hatte, sie in die richtige Stimmung für den Kampf zu bringen, hatte er es geschafft – aber sie ahnte, dass dem nicht so war. Ehre und Ideale gab es hier nicht und führten am Ende noch dazu, dass man tot auf irgendeinem Schlachtfeld lag. So wie sie Ashû am gestrigen Tag erlebt hatte, waren es lächerliche oder verachtenswerte Begriffe.

“Ich will nicht, dass du stirbst,“
blaffte Gozu sie an und zog sie trotz der gezückten Schwerter an sich.
“Wegen ihr ist schon einmal jemand gestorben, der mir fast so viel wie du bedeutet hat und noch viele andere...“
“Ich - werde - nicht - sterben!“,
widersprach Kadajj heftig und wand schnaubend sich aus seinem Griff. Viel brauchte es nicht mehr, bis sie ihn angreifen würde.

„Ashû Riyoss ist eine Wahnsinnige und nicht einmal ihr Vater hat sie unter Kontrolle, wenn sie da draußen steht und töten will!“,
hielt Gozu ihr bebend vor Wut noch einmal vor Augen, worauf in ihr alles hoch kochte. Für wen hielt er sie eigentlich?

„Das weiß ich bereits! Hör auf, mich wie ein kleines Kind zu behandeln!“
schrie sie ihn schließlich in glühendheißem Zorn an und hieb mit den Schwertknäufen auf seine gepanzerte Brust ein, bis sich die ersten kleinen Dellen zeigten. Grob schubste er sie von sich weg.
“Du beschädigst nur die schönen Griffe – spar dir deine Kraft für Ashû auf. Wir müssen jetzt los, junge Kriegerin,“
knurrte er düster. Kadajj machte sich erst gar nicht die Mühe, die Schwerter einzustecken, sondern trug sie offen in den Händen mit nach draußen auf den Balkon, wo sich schon Samarr mit ihrem Kind, ihren Gefolgsleuten sowie den Anführern der Söldner, Galeen und La’ora, versammelt hatten. Subai Kossus und Obacc Riyoss hatten sich ebenfalls eingefunden, wie auch Noola, Rhithik und Levon.

Die Tribüne um die Arena war brechend voll – das Publikum aus Söldnern und Kriegern verfolgte fast gelangweilt einen Kampf zwischen einem Trandoshaner und zwei Reeks. Sie warteten auf den Höhepunkt – das Duell zwischen der fremden Kriegerin aus der Norden und einer durchgedrehten Mordmaschine.

„Lady Riyoss möchte ihren großen Auftritt haben – deshalb geruht sie, uns hier warten zu lassen, bis die Vorkämpfe zu Ende sind – oder sie hat zuviel Angst, dass Miss Ventress sie hier schon einmal mit ihren Schwerter kitzeln könnte,“
ätzte Samarr voller Hohn, während Makaii lachte und strampelte – Subai grinste erst nur und brach dann in dröhnendes Gelächter aus, während Obacc Riyoss nur einen sehr genauen und forschenden Blick auf Kadajj warf, dem sie nur mit Mühe stand hielt.

Ihre Geschwister standen scheinbar ungerührt und stumm da, doch Kadajj wusste, dass sie sich über ihre Helmcoms in ständigem Austausch befanden. Gerne hätte sie jetzt ein Mini-Comlink im Ohr gehabt, um wenigstens mithören zu können – als ob Levon ihre Gedanken gelesen hätte, trat er auf sie zu und drückte ihr das Gerät in die Hand. Sie gab vor, es in ihren Gürtel zu stecken, ließ es aber in einer unauffälligen Bewegung, als ob sie sich über die kleine Wunde an der Schläfe striche, in ihrem Ohr verschwinden.

„Wir werden uns erst unter das Publikum mischen, wenn euer Kampf beginnt. Ashû soll nicht mitbekommen, wie gut wir beide aussehen und ich denke, dass der Attentäter sich ebenfalls erst dann auf seine Position begeben wird,“
erzählte Noola von ihrem Plan.

Kadajj nickte fast unmerklich, während sie auf die Arena starrte. Der Trando hatte bereits das erste Reek erledigt, tat sich aber mit dem zweiten schwer. Die Zuschauer langweilten sich und fingen an, den Kämpfer und das Tier auszupfeifen. Auch zischten schon die ersten Blasterschüsse in den Arenasand, um den Forderungen nach mehr Action Nachdruck zu verleihen.

Sie konnte es kaum erwarten, sich mit Ashû zu messen – sie brannte förmlich darauf, auch wenn ihrem Nacken die kalte Angst saß, weil sie nicht wusste, wie es danach weiter gehen sollte – falls es ein Danach geben sollte. Zum ersten Mal dachte sie daran, dass sie sterben könnte.

Fortsetzung folgt...
 
Kadajjs Rückkehr

Während sich der Trandoshaner mit dem verbliebenen Reek abmühte, war Kadajjs Blick auf dem getöteten Tier hängen geblieben. Noch vor einigen Augenblicken war es voller Leben und Wut gewesen und jetzt lag es wie ein zerbrochenes Spielzeug hingestreckt im blutigen Arenasand. Es war ein Spielzeug gewesen, das nur leben wollte und es würde nicht lange dauern, bis sein Artgenosse oder sein Schlächter das Schicksal des Reeks teilte.

Sie konnte es sich nicht vorstellen, wie es war zu sterben – erst vor kurzem hatte sie selbst zum ersten Mal getötet – sie wusste nicht, wer diese Leute waren oder wie sie aussahen, nur dass es darum ging zu verhindern, dass sie und ihre Geschwister getötet wurden. Doch bald würde ihr eine wahnsinnige Killerin gegenüber stehen, die genau das vorhatte und das sie auf gar keinen Fall zulassen konnte. Der Gedanke zu sterben ängstigte sie nicht – sie wollte bloß verhindern, dass es geschah. Mehr Angst machte ihr die Unsicherheit darüber, was geschehen sollte, wenn sie überlebte…

Die aufgeheizte Stimmung in der Arena, der Geruch von frisch vergossenem Blut und jedem Tropfen, der seit Ewigkeiten auf Rattatak vergossen worden war, schwemmten letztendlich jeden ihrer Zweifel hinweg. Ungeduldig verfolgte Kadajj den zäh vor sich hin dümpelndem Zweikampf zwischen dem Reptiloiden und einem aus vielen kleinen Wunden blutenden Reek, das zwar wütend versuchte, den Trando mit den Hörnern fortzufegen, aber bereits zu ermattet war. Die Zuschauer waren unzufrieden, bis ein markerschütternder heller Schrei die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich zog. Aus dem Katakombenausgang unter dem Balkon schoss eine schmale Gestalt hervor, die mit wahnwitziger Geschwindigkeit auf den Trandoshaner und das Reek zuraste.

Ashû Riyoss stürzte sich auf das Reek, sprang auf den Rücken des gehörnten Tieres und hieb mit einer Art kurzem Spieß in dessen Genick. Es bockte und tobte und brüllte, doch sie ließ sich nicht von ihm abwerfen und hackte immer wieder mit lauten Schreien auf das Tier ein, das nach kurzer Zeit mit einem kleinen, seufzenden Schnaufen mit den Beinen einknickte und leblos auf den Arenaboden sank.

Verdutzt war der Trando einige Meter zurück gewichen und war unschlüssig, was er tun sollte, als die Rattataki-Kriegerin von ihrem Opfer herunter sprang. Dabei zückte sie ein dreischneidiges Vibroschwert in der Rechten, während sie in der Linken einen Dolch hielt, worauf ihm endlich klar zu werden schien, was sie wollte und brachte seinen Dreizack in Verteidigungsstellung. Selbst aus der Entfernung konnte Kadajj gut erkennen, dass Ashûs Gesicht von einem wahnsinnigen Grinsen verzerrt war. Die Schreie und Pfiffe von den Tribünen waren einer atemlosen Stille gewichen, die plötzlich von dem Zischen des fliegenden Dolches zerschnitten wurde. Die Waffe landete im rechten Auge des Trandoshaners, der mit einem erstickten Schrei rückwärts stolperte, aber wankend stehen blieb.

Die Verletzung war schwer, doch sie tötete den Gegner nicht – der Trando riss sich die Waffe aus seinem zerstörten Sehorgan und versuchte die Angreiferin mit einigen hilflosen Bewegungen mit seinem Dreizack auf Distanz zu halten, worauf hin Ashû begann lauthals zu lachen.
Kadajj wurde klar, dass dasselbe Schicksal ihr gestern auch geblüht hätte, wenn Lady Riyoss sie nicht…verfehlt hätte. Sie hatte den Eindruck, dass ihre Verwandte spielte und dass der Trando keine Chance mehr haben würde. Nicht mit dieser Verletzung und nicht gegen diese durchgeknallte Bestie…

„Dem geb ich keine fünf Minuten, bis sie ihn zu Echsensushi verarbeitet hat,“

hörte Kadajj Noola über das Mini-Comlink, worauf Rhithik zustimmend brummte. Kaum, dass sie sich bewusst war, was sie da hörte, nahm sie Anlauf und sprang über die Brüstung des Balkons. Dass sie hart auf dem Arenaboden landete, nahm Kadajj kaum zur Kenntnis und rannte so schnell sie konnte auf die Kontrahenten zu. Der Aufschrei der Menge und Ashûs vermischte sich mit dem dumpfen Aufprall auf den fast zwei Meter großen Reptiloiden, mit dem sie ein Stück weit über den Sand schlitterte.

Danach folgte wieder Stille. Benommen richtete Kadajj sich auf, immer noch ihre Schwerter umklammert, während der Trando ächzend auf dem Boden lag. Dass ihr ganzer Körper von dem Zusammenprall schmerzte, spielte momentan keine große Rolle, denn vor stand mit einer abscheulichen Grimasse und vor Wut sprühenden Augen Ashû Riyoss.

„Ihr konntet es wohl kaum abwarten, in Euer Verderben zu laufen, dummes Gör. Aber wie Ihr wollt – passenderweise hat Gozu Euch schon in die Kleidung einer Toten gesteckt,“

geiferte die Kriegerin erbost, während sie sich Kadajj langsam näherte.

„Für die Ihr zu unfähig und zu feige wart, sie selbst zu töten, hu’tuun…“

zischte Kadajj wütend und erhob die Schwerter.

„Haha, meint Ihr, Ihr könnt mich mit Euren Mando-Schimpfwörtern beleidigen? Die Rüstungen Eurer Leibwächter werden sich gut in meiner Sammlung machen,“

gab Ashû hämisch lachend zurück, worauf Kadajj unversehens angriff. Im Gegensatz zu dem spielerischen Duell gegen Gozu war dies ein Kampf auf Leben und Tod – doch auch hier hatte sie das Gefühl, dass Ashû spielte, während es für Kadajj tödlicher Ernst war.
Alles woran sie dachte, war die Kriegerin davon abzuhalten sie zu töten – Ashû war eine Kämpferin, die sich nicht lange mit Taktik aufhielt, sondern ihren Angriff parierte, sofort mit wuchtigen Schwerthieben zurück schlug und dabei kaum auf ihre eigene Deckung achtete.

Dennoch fiel es Kadajj nicht leicht mit dem zweiten Schwert Schläge zu setzen, die ihre Gegnerin in Bedrängnis bringen konnten. Mehr als einmal kam Ashûs Schwert ihrem linken Arm gefährlich nahe und nur ihrer schnellen Reaktion verdankte sie es, dass sie nicht verletzt wurde. Die beiden Klingen schienen mit ihren Händen verwachsen zu sein und ein Eigenleben zu führen, denn der Kampf zog so schnell an ihrem Bewusstsein vorbei, dass sie nicht einmal wusste, was sie da eigentlich genau tat.

Vor ihr schwebten ein vor Wahnsinn und Wut verzerrtes Gesicht und eine bedrohliche summende Klinge, die jederzeit ihrem Leben ein rasches und schmerzliches Ende bereiten konnten. Das musste sie verhindern, und wenn es bedeutete, dass sie ihr Gegenüber töten musste. Davon angefeuert, verfiel sie in dieselbe Taktik und drängte Ashû unter Aufgabe ihrer Deckung zurück – sie spürte mehrere beißende Schmerzen an ihrer Hüfte, doch diese heizten ihre Angriffslust nur noch mehr an und hieb wie besessen auf ihre Kontrahentin ein, die mittlerweile ihr Schwert mit beiden Händen umklammert hielt.

Sie wird müde, dachte Kadajj triumphierend, worauf sich ihr Mund zu einem ähnlichen Grinsen verzog, das Ashû anfangs auf den Lippen gehabt hatte. Diese verlegte sich von beidhändigen Paraden auf schnelle Drehungen um dem Trommelfeuer von Kadajjs Schwerthieben auszuweichen. Doch dann begann die junge Rattataki sich Ashûs Manövern anzupassen und sie wusste, dass sie die Wahnsinnige besiegen konnte, deren Bewegungen allmählich schwerfälliger wurden und bei jedem Streich, den sie noch führen konnte, vor Zorn und Anstrengung schrie.

Mit relativ geringer Mühe drückte Kadajj mit beiden Schwertern die Klinge der Gegnerin herunter und führte mit der rechten einen Streich gegen Ashûs Oberkörper. Allerdings duckte sich diese und die Schwertspitze streifte ihre Stirn. Ein tiefroter Riss klaffte auf der weißen Stirn und Blutspritzer folgten dem Streich – kaum eine Sekunde später zuckte Kadajj wie unter einem Peitschenhieb auf ihrer Schultern zusammen, während Ashû überraschend nach hinten kippte und das Schwert aus ihren Händen fiel.

Gegen jede Vernunft stürzte Kadajj auf die Gefallene zu, dachte aber zumindest daran, das Schwert aus ihrer Reichweite zu kicken. Ashû blutete aus der Stirnwunde und aus einer Stelle kurz unterhalb des linken Schlüsselbeins, war aber bei Bewusstsein.

„Ashû-Ra….“,

entfuhr es Kadajj besorgt, so dass die Angesprochene unter Schmerzen, Zorn und Schadenfreude anfing zu lachen.

„Sieh an, die kleine Kadajj ist wieder da, willkommen zuhause,“

gurgelte ihre Cousine Ashû-Ra Riyoss höhnisch - sie bekam sich vor wahnsinniger Heiterkeit kaum noch ein und mit diesem Gelächter sollte die schlimmste Zeit in Kadajjs Leben beginnen.

Fortsetzung folgt...
 
Im Schoß der Familie

Sie war ihr zu nahe gekommen, als Ashû-Ra von ihrem eigenen Scharfschützen niedergestreckt auf dem blutgetränkten Arenaboden lag. Kadajj hatte sich neben sie gekniet, um sich ihre Verletzung anzusehen und dann hatte sich Ashû langsam aufgerichtet, immer noch geschüttelt von ihrem irren Gekicher. Plötzlich wurde sie von ihr mit den Worten „meine liebste Kadajj“ umarmt, und das letzte, was sie spürte war, wie sich die Zähne der Rattataki-Kriegerin in ihren Hals schlugen.

Die Welt um sie erstarrte für einen Augenblick – die Arena, die Tribüne mit den Zuschauern, unter denen sich irgendwo Noola und Rhtihik befinden mussten. Sie konnte aber nicht mehr den Kopf drehen um zu dem Balkon zu blicken, von wo aus Gozu und die anderen den Kampf beobachtet hatten, denn alles wurde schwarz um sie.

Die Schwärze lichtete sich und machte zunächst einem verwaschenen Dunkelblau Platz, aus dem sich ein alptraumhafter schmutzig-weißer Kopf schälte, der irgendwie geschmolzen aussah.

Kadajj wollte schreien, aber es kam nur ein hilfloses Krächzen aus ihrem Mund.

„Bleib liegen,“

sagte eine dunkle Stimme aus der Richtung des Kopfes, der neben ihr in der Luft schwebte. Sie blinzelte, aber viel bewegen hätte sie sich sowieso nicht können, da ihre Glieder sich wie mit Blei gefüllt anfühlten.

„Es ist ein seltsamer Zufall, dass du ausgerechnet jetzt aufgetaucht bist, Kadajj. Ashûs Plan konnte dank deiner Hilfe besser als erwartet durchgeführt werden.“

Erst jetzt begann sie das Gesicht des Sprechers zu erkennen – Obacc Riyoss, der ihr Onkel sein musste, wenn Ashû ihre Cousine war. Das wusste sie hundertprozentig, obwohl sie sonst keinerlei Erinnerung an diese Ausgeburt des Wahnsinns hatte. Auch kam ihr das Oberhaupt des Riyoss-Clans nicht bekannt vor, wie auch das dunkle Zimmer in dem sie lag.

„Welcher Plan? Und wo bin ich hier? Wo sind meine vode und mein Droide?“,

fragte sie mühsam – ihr ganzer Hals und Nacken schmerzte wie bei einem gewaltigen Muskelkater, jede Anspannung brannte wie Feuer. Um Obacc besser sehen zu können drehte sie ihren Kopf vorsichtig zur Seite, wobei sie bemerkte, dass ihr Hals eingewickelt sein musste.

„Wenn du damit die Mandalorianer meinst – drei von ihnen sind hier, die anderen sind Gefangene von Samarr Morrhadd,“

sagte Obacc, bevor er fortfuhr:

„Du bist zuhause, Kadajj, und befindest dich in der Festung unseres Clans. Ashû hat sich das geholt, von dem sie denkt, dass es ihr zusteht und dein Erscheinen hat Samarr und Gozu Morrhadd unvorsichtig gemacht. Sie hatte ein leichteres Spiel gehabt, als sie es erwartet hatte…“

Als sie gerade fragen wollte, was Ashû zustehen würde, hörte sie von weitem ein Baby schreien – es klang gleichzeitig zornig, verzweifelt und traurig.

„Makaii – warum hat sie das getan? Es ist Lady Morrhadds Kind, nicht ihres!“,

Kadajj wäre sofort aufgesprungen, wenn sie gekonnt hätte, doch sie war kaum in der Lage, sich überhaupt hochzustemmen. Ohnmächtige Wut stieg in ihr hoch – sie wünschte sich, sie hätte Ashû getötet, als sie die Gelegenheit hatte. Obacc schien nicht im Geringsten davon beeindruckt zu sein, was seine Nichte davon hielt und erzählte mit ruhiger Stimme weiter.

„Sie hat sich an Lady Morrhadd gerächt – dafür, dass sie ihr Mojj Kossus weggenommen hat. Natürlich hätte Ashû sie lieber umgebracht, aber da sie Subai Kossus’ Schwiegertochter ist, wäre das ungünstig für unser Verhältnis zu ihm gewesen. Auf diese Weise jedoch, hat sie Lady Morrhadd und Lord Kossus in der Hand – nicht zuletzt dank deiner Hilfe.“

Jedes Wort von Obacc Riyosss traf Kadajj wie eine schallende Ohrfeige – und nun würde Gozu sie für eine Verräterin halten. Dabei war sie selbst das Opfer dieses perfiden Plans einer Wahnsinnigen geworden, und er würde es nie erfahren…

„Das habe ich nie gewollt – gebt das Kind zurück, und lasst mich und meine Geschwister frei,“

begehrte Kadajj auf, doch Obaccs Gelächter zerschlug alle ihre Hoffnungen.

„Die Morrhadds stellen gerade eine Armee für einen Vergeltungsschlag auf, dummes Mädchen. Wie naiv bist du denn geworden? Immerhin bist du immer noch eine Kriegerin geblieben, und wenn dir Makaiis Wohl am Herzen liegt, wirst du deine Talente selbstverständlich für deinen Clan einsetzen – jetzt wo du endlich in den Schoß deiner Familie zurückgekehrt bist,“

sagte er mit einem leisen, aber gefährlichen Unterton in der Stimme und verließ das dunkle Zimmer, während Kadajj Tränen der Verzweiflung aus den Augen liefen. Immer und immer wieder kehrten ihre Gedanken zu jenem Augenblick zurück, als Ashû mehr oder weniger hilflos vor ihr auf dem Boden der Arena lag. Hätte sie diesem durchgedrehten Biest nur den Rest gegeben, dann wäre es nie soweit gekommen.

Ein wenig später klopfte es an der Tür, als sie in ihrer Verzweiflung dahindämmerte. Auf einen erneuten Besuch von Obacc oder gar Ashû konnte sie gern verzichten, doch als die Tür sich öffnete, erkannte sie, dass es keine Rattataki waren, sondern Coss, Veera und Sahanna.

„Warum seid ihr hier? Ihr hättet in der Simurgh bleiben und Noola und Rhithik befreien sollen…“

Nichtsdesto war der Anblick ihrer Geschwister ein Hoffnungsschimmer in dieser schier ausweglosen Situation

„Rhithik und Noola hatten gerade noch einen Notruf absetzen können, bevor sie ihnen die gesamte Ausrüstung abgenommen haben. Sie waren einfach zu viele gewesen und haben sie in irgendeinen ihrer Kerker gesteckt. Noolas letzte Anweisung war, dass wir uns um dich kümmern sollen – sie und Rhithik würden schon zurechtkommen. Also haben wir das getan,“

erzählte Sahanna und lächelte aufmunternd, obwohl auch ihr anzusehen war, dass sie sich alles als glücklich fühlte.

„Wir haben dieser bleichen Schreckschraube erzählt, dass die Simurgh einen Triebwerksschaden hat und Ersatzteile braucht, die es hier garantiert nicht gibt. Zum Glück kennt sich keiner mit Prototypen von MandalMotors aus, als dass sie es heimlich ausprobieren könnten. Jeder, der unautorisiert in das Schiff eindringen will, wird erst mal kräftig durchgegrillt“

fügte Veera mit einem hinterhältigen Grinsen hinzu, das Kadajj ansteckte. Sehr mühsam stemmte sie sich hoch.

„Vod’ike – ich bin so froh, dass ihr da seid. Aber wir müssen vorsichtig sein, Ashû ist unberechenbar und sie hat ein Baby in ihrer Gewalt. Vorerst müssen wir kooperieren, bis wir die Gelegenheit haben, ihr das Kind wegzunehmen und seiner Mutter zurückzubringen. Dann müssen wir noch Noola, Rhithik und Levon befreien…“

Sie schmiedeten solange Pläne, bis Kadajj müde wurde. Ashû hatte ihr eine tiefe Bisswunde in Nacken und Hals gerissen, die nur knapp an der Halsschlagader vorbei gegangen war. Sie hatte das Gefühl, dass es eine Warnung gewesen war.

Fortsetzung folgt…
 
Eingekesselt

Hatte es in den folgenden Tagen für Kadajj noch die Hoffnung gegeben, dass es irgendeine Möglichkeit gab, dem grauenhaften Ort zu entkommen, an dem sie quasi eine Gefangene ihrer eigenen Familie war, so war sie rascher geschwunden als eine Pfütze Wasser auf Tatooine. Als sie sich von Ashûs Bissattacke erholt hatte und sie zum ersten Mal aufstehen konnte, durfte sie sogleich den gesamten Clan kennen lernen, der auf der Festung lebte. Die erschreckendste Begegnung war die mit Oni gewesen – Ashûs jüngerer Schwester, die vielleicht zwei oder drei Jahre älter als Kadajj war. Sie sah trotz der Narben und Tätowierungen relativ freundlich aus, und sie schien den Auftrag zu haben, sich um Makaii zu kümmern.

Kadajj fiel ein Stein vom Herzen, als sie sah, dass es dem Baby von Samarr Morrhadd gut ging und er von Oni recht liebevoll behandelt wurde. Dennoch war dem Kind deutlich anzumerken, dass es seine gewohnte Umgebung vermisste und ihr wurde wieder bewusst, dass sie an allem Schuld war, dass sie eine Verräterin in Gozus Augen war. Sie hätte auf ihre Instinkte hören müssen, als Ashû überwältigt auf dem Arenaboden lag. Wenn sie sie getötet hätte, wäre es auch für die Morrhadds zu akzeptieren gewesen, dass sie eine Riyoss war.

Als ob sie wüsste, was ihrer Cousine durch den Kopf ging, fing Ashû an, ölig zu grinsen, worauf Kadajj vor Wut und Scham zu bebte und schließlich versuchte sie zu ignorieren.

„Darf ich ihn auf den Arm nehmen?“,

fragte sie Oni. Das Mädchen warf erst einen fragenden Blick auf seine Schwester, als diese nickte, übergab sie Kadajj das Bündel aus Kissen und Decken, in dem Makaii gebettet war. Das Kind fing an sich lautstark über die Veränderung zu beschweren, so dass Oni ihren Kopf neigte, wie um ihm etwas Tröstendes zu sagen, doch sie bekam nicht mehr als ein hilfloses Stammeln heraus. Ihr Gesicht verfärbte sich grau-violett, und in den Augen der Rattataki standen Tränen des Zorns und der Verzweiflung.

Erst begriff Kadajj überhaupt nicht, was mit Oni los war, doch dann dämmerte es ihr, dass sie nicht sprechen konnte. Ashû lachte leise vor sich hin, während Kadajj versuchte, das aufgebrachte Baby zu beruhigen und die Stumme weiter vergeblich um Worte rang.

„Zeig’s ihr, Oni, was passiert, wenn man seinen Mund nicht halten kann,“

forderte sie ihre Schwester mit schnurrender Stimme auf, was schlimmer war, als wenn sie schrie. Oni gab ein tonloses Fauchen von sich und bleckte ihre Zähne, aber Ashû behielt ihr öliges Grinsen bei und lehnte sich genüsslich in den schweren Holzstuhl zurück. Die stumme Rattataki schnaufte, dann wandte sie sich wieder Kadajj zu, die unwillkürlich einen Schritt zurückgewichen war. Sie griff sich in den Nacken, löste die Halsringe und wickelte die Bandagen um ihren Hals ab und reckte trotzig das Kinn, sodass Kadajj deutlich die mit wuchernden Narben bedeckte Kehlkopfgegend erkennen konnte.

Sie wusste sofort, wem das Mädchen den Verlust seiner Stimme zu verdanken hatte. Mit brennendem Hass sah sie, dass trotz der starken Narbenbildung Ashû geradezu chirurgisch präzise gearbeitet haben musste.

„Es reicht, ich will das nicht mehr sehen. Du bist ein Monster, Ashû-Ra…“



Kadajj warf Oni einen bedauernden Blick, als ob sie sich auch bei ihr entschuldigen wollte, dass sie die Chance nicht ergriffen hatte, diese Ausgeburt des Wahnsinns zu erledigen. Ihr stummes Gegenüber schüttelte nur den Kopf und machte sich wieder daran, den Halsschutz anzulegen, der sie nicht vor ihrer gestörten Schwester hatte retten können. Makaii strampelte nervös und boxte mit seinen kleinen Fäusten Löcher in die Luft, aber wenigstens schrie er nicht. Das hätte Kadajj endgültig fertig gemacht.

Sie schaukelte ihn hin und her und sang ihm Bruchstücke einiger Kinderlieder vor, die sie noch von Naboo in Erinnerung hatte. Ihr kam es vor, als ob es Jahrhunderte her wäre, dass sie den friedlichen Planeten verlassen hatte, aber wenigstens konnte sie sich daran erinnern. Wahrscheinlich musste es gute Gründe geben, weshalb sie sich an überhaupt nichts von ihrer Kindheit auf Rattatak erinnerte – wenn sie so ähnlich wie das war, was sie gerade hier erlebte, war sie ihrer Amnesie beinahe dankbar dafür. Der Gedächtnisverlust hatte sie nur bei Ashû im Stich gelassen und sie würde das Bild von Onis zerschnittener Kehle immer vor Augen haben.

Vom Hof der Festung drangen aufgeregte Schreie in den Raum, wie von Repulsordüsen beschleunigt sprang Ashû auf und lehnte sich aus dem Fenster. Eigentlich wollte Kadajj nicht sehen, was dort geschah, denn sie konnte es riechen – der metallische Dunst von altem und frischem Blut mischte sich mit Gerüchen von Angst und Erregung. Auch Makaii konnte es riechen – er quietschte aufgeregt und zappelte immer heftiger, so dass Kadajj befürchtete, er könnte herunterfallen, wenn sie an das Fenster ging. Da zupfte Oni an ihrem Ärmel und machte eine Geste, die bedeutete, dass sie ihr das Baby wieder geben sollte.

„Wird wohl besser sein,“

meinte sie und drückte Makaii einen Kuss auf die Stirn. Zum Glück war Ashû auf das Geschehen im Hof fixiert, so dass sie nicht sah, was Kadajj tat. In ihr flackerte die Idee auf, ihre Cousine einfach aus dem Fenster zu stoßen – doch dann richtete sich deren Blick auf sie.

„Komm her und sieh das das Schauspiel an, Cousinchen…“

winkte Ashû sie herbei, als ob die Königin von Naboo in einer Parade durch die Straßen Theeds ziehen würde. Kadajj wollte nicht an das Fenster gehen, aber es schien etwas zu rufen – genauso wie in dem Augenblick, als sie die Stimme Rattataks gehört hatte.

In dem grob viereckigen Hof hatte eine Meute aus Rattataki und Söldnern eine Devaronianerin und einen kräftigen Rattataki-Krieger in die Enge getrieben, der Kadajj in einer Schrecksekunde an Gozu erinnerte. Die Frau hielt zwei Vibroschwerter in den Händen, während der Krieger einen schweren Repetierblaster in den Armen hielt. Beide waren schon aus mehreren Schnittwunden verletzt, sie sahen ausgezehrt und mitgenommen aus, doch schienen wild entschlossen zu sein, sich gegen die Meute zu wehren.

Sie hatten keine Chance – von der gegenüberliegenden Galerie des Hauptgebäudes sah Kadajj einen Schemen, der eine Feuerwaffe im Anschlag hielt. Es musste der Scharfschütze sein, der auch normalerweise Ashûs Gegner in der Arena erledigte.
Anscheinend wollte sie die Devaronianerin und den Krieger in dem Glauben lassen, dass sie sich doch noch irgendwie freikämpfen konnten.

„Ghâsh, wo willst du denn hin?“,

rief Ashû über die Köpfe ihrer Söldner hinweg. Sie saß seitwärts mit kokett übereinander geschlagenen Beinen im Fensterrahmen, eine Hand lässig an ihren Blaster gelegt, mit der anderen hielt sie sich an dem Fensterkreuz fest.

Nur ein gezielter Stoß, dachte Kadajj, nur ein Stoß, dann würde Ashû unten auf dem Boden liegen, und alles hätte ein Ende, doch dann ruckte der Kopf der Wahnsinnigen in ihre Richtung

„Na, würdest du’s gerne rausfinden, ob du mich herunter schubsen kannst? Der Letzte hat es vor ungefähr einer Woche versucht, aber jetzt ist unser lieber Großvetter K’oug bedauerlicherweise Madenfutter.“

Ashû seufzte und lächelte verzückt wie an eine schöne Erinnerung.

„Aber um dich mache ich mir keine Sorgen. Du wirst eine brave Kadajj sein, nicht wahr, Oni?“

Kadajj wagte es nicht einmal sich umzudrehen – auch wenn Oni ihre Schwester hasste und sich um Makaiis Wohlergehen sorgte, so würde sie dennoch alles tun, was sie ihr befahl. Das Kind lebte nur noch, weil die Wahnsinnige mit dieser Geisel zwei Clans in der Hand hatte – und Kadajjs Gehorsam.

Für Ashû war damit die Sache erledigt und sie wandte sich dem Geschehen unten im Hof zu. Der Krieger, der Ghâsh hieß, hielt immer noch den Mob aus Söldnern in Schach und schien sich halb in Sicherheit zu wähnen.

„Lass mich und Fyala gehen, Ashû, dann lasse ich auch diesen räudigen Söldnerhaufen am Leben. Soviel kann ich dir nicht bedeutet haben…“

Der gelangweilt-amüsierte Gesichtausdruck der Rattataki wandelte sich in Sekundenbruchteilen zu einer wutverzerrten, raubtierhafen Fratze.

„Du bist überhaupt nicht in der Lage ein Urteil über meine Gefühle zu fällen, großer Krieger Ghâsh. Dir steht es nicht zu, von mir etwas zu verlangen. Dann geh doch mit deiner kleinen pelzigen Schlampe, wenn sie noch gehen kann,“

geiferte sie und machte eine wegwerfende Handbewegung. Kadajj hörte so etwas wie das Ploppen einer Sektflasche, worauf die Devaronianerin mit einem Schrei zu Boden fiel. Sie lebte noch und war bei Bewusstsein, als Ashû mit Kadajj unten im Hof ankam. Die Vibroschwerter surrten immer noch und ihre Bewegungen erinnerten an Fische, die man an Land geworfen hatte. Fyala versuchte nach ihnen zu greifen, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr, während der Krieger unschlüssig da stand und nicht wusste, was er tun sollte, obwohl er den Blaster immer noch feuerbereit in den Händen hielt.

Fortsetzung folgt...
 
The Mouth of Madness

In diesem Augenblick, als Ghâsh, der große Rattataki-Krieger völlig hilflos vor Ashû stand, obwohl er in der Lage gewesen wäre, sie mit dem Repetierblaster zu erschießen, wurde Kadajj klar, dass diese Frau haargenau die Schwächen anderer erkennen konnte und sie gnadenlos ausnutzte. Es hatte ihr nicht gereicht, Fyala einfach umzubringen, denn sie wollte Ghâsh leiden sehen.

Neben ihm wandte sich immer noch die Devaronianerin auf dem Boden – an ihrem Rücken war ein kleines Loch zu sehen, das kaum blutete, aber es musste sie gelähmt haben. Unwillkürlich drehte Kadajj den Kopf hoch zur Galerie – Ashûs Schütze musste ein Meister seines Fachs sein, aus dieser Entfernung genau die Stelle zu treffen, die die Geliebte des Rattataki-Kriegers nur bewegungsunfähig machte. Sie musste großes Glück gehabt haben, dass Noola und Rhithik rechtzeitig verhindert hatten, dass der Scharfschütze sie traf.

Die Wahnsinnige ließ sich eine Schale bringen, in der es vor Maden wimmelte. Sie sahen ziemlich gewöhnlich aus, doch Ghâsh stöhnte gequält auf.

„Sie wird auf den Felsen kommen – du weißt, was das heißt,“

lächelte sie ihn maliziös an und nahm eine der Maden aus der Schale, welche sie dem Krieger für einige Augenblicke unter die Nase hielt. Er brannte förmlich vor Hass und Zorn, er hätte Ashû in zwei Teile schießen können, doch er tat es nicht. Kadajj verachtete ihn dafür, genauso wie sie sich dafür verachtete, nicht rechtzeitig gehandelt zu haben.

„Lass sie gehen, dann werde ich hier bleiben und alles tun, was du von mir verlangst,“

sagte er stattdessen und ließ den Blaster fallen. Fyala heulte protestierend auf – sie schien nicht mehr in der Lage zu sein zu sprechen, während Ashûs Lächeln beinahe sanft wurde. Sie drückte Kadajj die Schale in die Hand, und trat über den sich hilflos windenden Leib der Devaronianerin auf Ghâsh zu. Dabei erinnerte sie Kadajj an eine Manka-Katze, die im Begriff war über ein Töpfchen Sahne herzufallen. Ashû drückte Ghâsh gegen die Mauerwand, schlang ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn gierig, und zu Kadajjs Entsetzen, erwiderte er ihren Kuss.

Nicht nur, weil Ghâsh Gozu ein wenig ähnelte, sondern weil die Leidenschaft zwischen den beiden echt zu sein schien. Kadajj war neidisch auf sie, weil sie von Gozu getrennt war, nicht durch die Entfernung, sondern auch durch ihren Verrat. Und Ghâsh war dabei, Fyala zu verraten. Mit diesen miserablen Gedanken starrte sie auf die wimmelnden Maden und schnippte einige von ihnen auf den Boden.

Unterdessen trennte sich Ashû sich unversehens von Ghâsh, sie zog ihn mit sich über den Hof und verschwand mit ihm im Innern der Festung. Nur einige Minuten später konnte jeder hören, was im Schlafzimmer der Kriegerin geschah. Kadajj presste sich die Hände auf die Ohren, als die Schale scheppernd zu Boden fiel und schloss ihre Augen. Sie wollte nicht mehr hier sein, sie wollte lieber die Verachtung der Morrhadd-Familie ertragen und in deren tiefstes Verlies geworfen werden, als es noch länger mit dieser durchgedrehten Höllenbrut auszuhalten.

Obwohl sie sich die Ohren zuhielt, drang zu ihr das Gewimmer der gelähmten Devaronianerin durch – es war einfach zuviel für Kadajj, weshalb sie ihr einen Tritt in die Seite verpasste.

„Hör auf!“,

schrie sie die Verletzte an, die durch die Tritt auf den Bauch gerollt war. Die Maden aus der herunter gefallenen Schale waren zielstrebig auf die kleine Schusswunde gekrochen und eine nach der anderen versuchte, sich dort Zugang zu verschaffen.

Die Söldner und Krieger betrachteten dieses Schauspiel mit einer Mischung aus Abscheu, Sensationsgier und purer Angst, und Kadajj hatte das Gefühl, dass sie von allen angestarrt wurde.

„Und ihr hört auf mich anzuglotzen – sie stirbt, tut doch irgendwas,“

brüllte sie in die Runde, die ein paar Schritte zurückwich, aber sonst nichts tat. Einige Rattataki lachten verhalten, was Kadajj noch wütender machte und mit gezogenen Schwertern auf sie losstürmen ließ. Die Frau und die beiden Männer gingen zwar in Verteidigungsstellung, aber an ihren belustigten Mienen änderte sich nichts.

„Sie weiß wirklich nicht, was Muskelmaden sind,“

spottete die Kriegerin, und ihre Kameraden verzogen die vernarbten Gesichter zu einem höhnischen Grinsen. Dann aber wurde sie ernst.

„Junge Kriegerin, wenn die Maden erst einmal in ihrem Körper sind, gibt es keine Rettung mehr für sie. Sie wird von innen aufgefressen, und weil Ihr die Schale verschüttet habt, wird es vielleicht schnell gehen,“

erklärte sie lakonisch, was Kadajj mitten in der Bewegung erstarren ließ. Es war ihre Schuld – sie hatte einige Maden zu Boden geschnippt und die restlichen einfach fallen lassen.

„Aber ich habe das nicht gewollt und Ashû wollte sie gehen lassen, weil…“

Zu mehr kam sie nicht, denn erst fingen die Krieger an zu lachen und dann flog etwas mit einem widerlichen Knirschen neben die gepeinigte Rattataki zu Boden, als ob…
Kadajj wollte es nicht sehen, aber sie konnte nicht ihren Blick von dem zertrümmerten Schädel abwenden, der noch vor einigen Augenblicken einem stolzen großen Krieger gehört hatte.
Fyala sah ebenfalls, was mit Ghâsh geschehen war und schrie mit einem Ton auf, der Kadajj durch Mark und Bein ging. Sie konnte es nicht mehr hören – und es wäre für alle am Besten, wenn sie die Devaronianerin von ihrem Leid erlöste.

„Gib mir deinen Blaster,“

verlangte sie von der Rattataki-Kriegerin, die sie über die Muskelmaden aufgeklärt hatte. Aber diese schüttelte den Kopf, worauf von weiter oben Ashûs Stimme ertönte.

„Nein – sie kommt auf den Felsen. Entweder verreckt sie dort, oder macht ihrem elenden Leben selbst ein Ende. Du kannst ihr ja Ghâshs hübschen Schädel als nette Erinnerung mitgeben,“

rief sie mit einem kalten, irren Lachen, als sie sich aus dem Fenster lehnte um die Szene auf dem Hof zu betrachten. Angewidert sah Kadajj nach oben – Ashû sah aus, als ob sie roten Lippenstift verschmiert hätte, und fing an nach Oni zu schreien, wobei sie deutlich das kalte Glitzern von ziseliertem Durastahl in ihrem Mund sehen konnte.

Beklommen fasste sich Kadajj an den eigenen Hals – Ashû-Ra Riyoss wusste, wie sie die Schwächen anderer für sich ausnutzen konnte.

Fortsetzung folgt…
 
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Der Felsen

Nur zu bald erfuhr Kadajj, was es bedeutete, wenn jemand von Ashû auf den Felsen geschickt worden war. Es war ein schmaler Vorsprung von ungefähr einem Meter Breite und etwa zwei Metern, der von dem Bergrücken hervorsprang, an dessen Flanken die Festung des Riyoss-Clans emporragte und ausgerechnet von der Seite des Flügels, in dem Kadajj untergebracht war, hatte man die beste Aussicht darauf.

Fyala, die unglückliche Devaronianerin, die den Fehler begangen hatte, sich in Ghâsh, den nunmehr kopflosen Favoriten Ashûs zu verlieben, lag dort nun schreiend und wimmernd unter höllischen Schmerzen, weil sie von einer ganzen Schale Muskelmaden von innen aufgefressen wurde, die Kadajj kurz zuvor in ihrem hilflosen Zorn hatte fallen lassen. Ashû hatte sich geärgert, weil ihr Opfer kürzer leiden musste, als wenn sie ihr nur eine oder zwei verpasst hätte und Kadajj in ihr Zimmer gesperrt. Nicht ehe, bis sie ihr ausführlich beschrieben hatte, was auf dem Felsen schon seit Jahren geschah. Gefangene, ungehorsame Söldner und missliebige Familienmitglieder oder einfach diejenigen, die sich Ashû gerade herauspickte, bekamen einige der Maden versetzt und wurden auf den Vorsprung gebracht. Sie fand es recht amüsant, ihre Opfer dabei zu beobachten, wie sie sich unter den Schmerzen solange wanden, bis sie starben oder sich aus Verzweiflung vom Felsen in die darunter liegende Schlucht stürzten.

Um diesen Ort hatte sich eine Kolonie von aasfressenden Flugtieren gebildet, die in stetiger Erwartung von frischem, wehrlosem Fleisch, um den Felsen kreisten.

„So haben beide etwas davon – sie bekommen leichte Beute und ich kriege keinen Gestank und kein Ungeziefer in die Festung“, hatte Ashû mit der Zufriedenheit einer fleißigen corellianischen Hausfrau verkündet und war von dannen gerauscht, um Fyala den Kopf des Rattataki-Kriegers wieder abzunehmen.

„Der gehört immer noch mir!“, schrie sie die gemarterte Devaronianerin so laut an, dass es die ganze Festung hören konnte und die Aasfresser erschrocken aufstoben, versetzte der hilflosen Frau einen Tritt, dann sie packte den Schädel, den sie wie eine wertvolle Vase zurück in die Festung trug. Kadajj stand wie erstarrt am Fenster und konnte sich nicht abwenden – neben dem Entsetzen und dem Ekel schien sie dennoch irgendetwas an der ganze Szene anzuziehen. Sie wollte es nicht wahrhaben, aber es war wieder die Faszination für die Gewalt und das Blut, die ihr in jeder Faser ihres Körpers eingeschrieben war. All das war in ihr wieder wach geworden und sie fühlte sich trotz der Schrecken lebendiger als sie sich es je auf Naboo hätte vorstellen können. Wenn sie an diese friedliche Zeit zurückdachte, glaubte sie, damals wie unter starken Beruhigungsmitteln gestanden zu haben.

Mit Tränen in den Augen und die Hände auf die Ohren gepresst, lehnte sie auf der Bank des offenen Fensters, das zum Felsen zeigte. Es war kaum eine Stunde her, dass sie Fyala ähnlich behandelt hatte, nur weil deren Schreie sie genervt hatten. Plötzlich ragte ein bekanntes Gesicht von oben herunter.

„Coss’ika!“, rief sie fast zu Tode erschrocken, doch der Junge grinste nur und ließ die Arme baumeln. Der Festungsgraben war ungefähr sechzig Meter weiter unten.

„Die Schreckschraube hat gedacht, sie könnte uns einsperren, allerdings hat sie nicht daran gedacht, dass es noch andere Wege nach draußen als die Tür gibt. Was geht da eigentlich ab und was will sie mit dem Schädel?“

In kurzen Worten fasste sie die Geschichte zusammen, wie Fyala auf dem Felsen gelandet war und welches Ende ihr bevorstehen würde. Coss pendelte nachdenklich über dem Abgrund hin und her - er wurde an den Füßen von seinen Schwestern gehalten, die ihm drohten loszulassen, wenn er nicht ruhig hielt, aber er tat so, als ob er sie nicht hörte.

„Ich habe doch meine Verp dabei – ich erschieße sie, ohne dass der verrückte Kahlkopf es merkt und wenn ich sie richtig erwische, fällt sie auch gleich runter…“, schlug er vor, so dass Kadajj ein Stein vom Herzen fiel. So würde die Devaronianerin nicht länger unter ihrem Qualen leiden, die sie hauptsächlich Kadajj zu verdanken hatte.

„Könnt ihr zu mir herunter kommen, wenn es von hier aus geht?“

„Klar, wir wollten sowieso zu dir, wir haben dich weinen hören“, erwiderte Coss einfach und griff nach dem Fensterrahmen, um sich in das Zimmer zu ziehen. An einem improvisierten Seil aus Decken folgte ihm Sahanna, und zum Schluss Veera, die das Verpinen-Gewehr mitbrachte. Diese Waffe, die präzise und lautlos Projektile verschoss, war ein Erbstück, das die Eltern der Rayshe’ade ihren Kindern hinterlassen hatten und Coss konnte am besten damit umgehen.

„Ich will nicht, dass sie da liegen bleibt und von diesen Aasfressern zerstückelt wird…“, sagte Kadajj, während der jüngste Rayshe’ad das Gewehr in Anschlag nahm. Zwar würden diese Aasfresser auch unten über den Körper herfallen, aber sie wollte sie nicht mehr sehen. Zu sehr fraß das schlechte Gewissen an ihr, als ob auch sie das Stück Aas wäre, wie das sie sich vorkam.

„Mmh, schwierig…sie müsste sich ein Stück weiter zur Seite bewegen“, murmelte der Junge hochkonzentriert. Kadajj ließ den Kopf hängen und barg ihr tränennasses Gesicht in den Händen. Fyala war durch den Schuss in den Rücken gelähmt – sie hatte keine richtige Kontrolle mehr über ihren Körper. Oh, wenn sie sich doch nur zur Seite drehen könnte, nur ein kleines Stück…sich diese Bewegung mit geschlossenen Augen vorzustellen war so einfach, wenn es doch in der Wirklichkeit dort drüben auch so sein könnte.

Sie hörte das erbärmlich leidende Wesen qualvoll aufschreien, und hörte Veeras nüchterne Stimme: „Sie dreht sich…ke serim, Coss’ika!“ Das nächste Geräusch war ein feines Klicken, als der Junge den Abzug drückte. Kadajj riss die Augen auf, und sah wie Fyala vom Felsen stürzte.

„Wie bestellt!“, rief Sahanna erfreut und tätschelte ihren kleinen Bruder am Hinterkopf, der stolz in die Runde strahlte. Auch Veera hob nur für einen kurzen Moment ihre Mundwinkel, aber an ihren Augen konnte man sehen, dass sie ebenfalls sehr stolz auf Coss war. Die Freude und die Erleichterung über den präzisen Schuss hielten bei Kadajj hingegen nicht lange an. Sie sank auf die Knie und weinte bitterlich – das Leiden der Devaronianerin hatte ein Ende gefunden, während ihres weiterhin anhalten würde.

„Ich weiß gar nicht, wie dir danken soll, Coss. Euch allen. Ihr müsst das alles wegen mir ertragen…“, schluchzte sie und krümmte sich vor den Schmerzen, die ihr das Geschehene verursachte. Fast gleichzeitig knieten sich alle drei zu ihr hin.

„Wir sind für dich da, weil wir es so wollen und weil du unsere Schwester bist. Und wir werden es schon irgendwie hier herausschaffen, dann wird alles gut..“, versuchte Sahanna sie zu trösten, doch Kadajj hatte das Gefühl, dass alles nur noch schlimmer werden würde.

Aus den Gängen der Festung hörte sie Ashû vor Wut darüber schreien und toben, dass der Spaß mit Fyala nur von so kurzer Dauer gewesen war und ihr Opfer es geschafft hatte, sich selbst das Leben nehmen. Sie fand zu Kadajjs Glück nie heraus, was wirklich geschehen war.

(Fortsetzung folgt…)
 
Ohne Ausweg I

Jeder Tag auf der Festung ihrer Familie war auf seine eigene Weise der schlimmste. Nicht einmal im Schlaf fand Kadajj Ruhe vor dem immerwährenden Grauen, in dem sie seit fast einem Monat feststeckte. Sie konnte mit der Gewalt leben, sie konnte mit dem Blut leben – aber sie konnte nicht ertragen, dass sie die Gefangene einer Wahnsinnigen war. Obacc Riyoss, Ashû-Ras Vater und Oberhaupt des Clans tat nicht einen Fingerschlag oder sagte je ein Wort, um dem Treiben seiner ältesten Tochter Einhalt zu gebieten. Der uralte, gespensterhafte Rattataki sah zu, wie sie ihre jüngeren Geschwister quälte und verhöhnte, wie sie willkürlich Leute folterte und umbrachte. Ihm schien es völlig gleichgültig zu sein oder vielleicht hieß er es sogar gut – Kadajj sah ihn nur selten, denn er erschien höchstens zu den gemeinsamen Abendmahlzeiten der Familienangehörigen, ansonsten schien er die meisten Zeit in seinen Räumen im obersten Stockwerk zu verbringen.

Insgesamt gehörten zum Riyoss-Clan siebzehn Personen, die durchgehend auf der Festung lebten. Einige andere hielten sich auf Spähposten oder in Heerlagern in der Provinz verstreut auf. Neben Oni hatte Ashû noch vier weitere jüngere Geschwister, die vierzehnjährigen Zwillingsbrüder Akki und Tenn, die sechzehn Jahre alte Karu-Ra und den elf Jahre alten Ajjun. Eine Mutter schien es nicht zu geben, und die Frau, die ab und zu auf der Festung auftauchte, um Obacc zu besuchen, interessierte sich nicht für dessen Sprösslinge. Die restlichen Angehörigen bestanden aus den Familien von Obaccs Brüdern und Schwestern, die allerdings weniger furchterregend als das Clanoberhaupt und seine Tochter waren. Jeder von ihnen war ein Krieger – Kadajj konnte förmlich das Blut riechen, das sie an ihren Händen kleben hatten – doch niemand war auf so eine schreckliche und kranke Weise grausam wie Ashû.

Sie hatte einen rasiermesserscharfen Verstand, der ihr half die Schwächen anderer genau zu erkennen und gegen sie zu verwenden – im Kampf oder zu ihrem persönlichen Vergnügen. Der Tod ihres untreuen Liebhabers Ghâsh und der Devaronianerin war nur der Höhepunkt eines perfiden Schauspiels, das Ashû schon monatelang inszeniert hatte. Die Affäre mit Fyala war ihr von Anfang an bekannt gewesen, und selbst die sorgsam geheim gehaltenen Fluchtpläne waren ein Teil der Inszenierung. Ashû-Ra Riyoss hatte die Fäden in der Hand gehabt und jeden Augenblick genossen – bis zu dem Zeitpunkt, als die Devaronianerin ihr viel zu schnelles Ende fand. Es schien, als ob sie nicht wusste, wer dafür verantwortlich war, denn es geschah nicht Offensichtliches, was darauf hindeutete, dass Kadajj, Veera, Sahanna und Coss bestraft würden.

Einige Tage nach jenem Vorfall ordnete Ashû für Kadajj Kampftraining an, was wenigstens ein schwacher Lichtblick war und die Rayshe’ade durften dabei zusehen. Ihr Trainer war ein Cousin namens K’zanh – ein brummiger Berg aus Muskeln, der allerdings ungeheuer wendig und beweglich war. Er war grob und blaffte Kadajj ständig an, einige Male kassierte sie mächtige Ohrfeigen, wenn ihre Deckung schlecht war oder Angriffe nur halbherzig ausführte. Dennoch half er ihr auf seine Weise, denn sie brannte dadurch darauf, es ihm zu zeigen – wenn es ihr gelang, blitzte etwas wie Stolz in seinen Augen auf. Nach einer Woche Training schaffte sie es, ihn am Arm zu verwunden, worauf er anfing grölend zu lachen.

„Nicht schlecht, kleine Kriegerin. Ich denke, dass du jetzt soweit bist…“, grinste er und winkte einer der Festungswachen, während Kadajj sich zum ersten Mal seit sie hier war, über etwas freuen konnte. Sie war außer Atem und der Schweiß rann ihr in Strömen vom Kopf, doch sie fühlte sich gut. K’zanhs Blut tropfte von der Spitze ihres Schwerts, und ehe sie sich versah, netzte sie den Finger ihrer freien Hand und führte es zum Mund. Oh, dieser Geschmack – er löste ein wildes, verwirrendes Gefühl in ihr aus. So etwas Schönes hatte sie nur gespürt, als sie Gozu geküsst und später mit ihm geschlafen hatte.

„Das ist es, was echte Rattataki ausmacht, Kadajj – unsere Seele liegt nicht im Kopf oder im Herzen – Blut ist es, was uns leben lässt und uns antreibt“, sagte K’zanh und ging auf sie zu. Er ließ sich von seinem eigenen Blut auf die Handfläche tropfen und drückte sie quer über ihr Gesicht. Der Geruch aus Eisen und Salz war überwältigend; sie musste sich zusammen reißen, um nicht vor Entzücken einfach ohnmächtig zu werden.

„Du bist schon immer eine Kriegerin gewesen, aber irgendwas hat es verschüttet, als du weg warst. Doch jetzt bist du wieder hier…“

Halb hoffte sie, dass er etwas über die Umstände ihres Verschwindens oder über ihre Eltern erwähnte, doch er tat es nicht, wie auch alle anderen. Kadajj war für eine Weile weg gewesen, und jetzt war sie wieder da. Mit einer instinktiven Bewegung wischte sie sich den Schweiß von der Stirn, damit er ihr nicht in die Augen lief. Faszinierte starrte sie ihren blutig-verschwitzten Handrücken an, doch da donnerte ihr K’zanhs Pranke ins Gesicht.

„Was habe ich dir gesagt, dummes Kind. Lass dich nie ablenken, wenn du im Kampf bist“, brüllte er sie an. Kadajj riss ihr Schwert hoch, aber K’zanh war schneller.

„Der Kampf ist doch vorbei, di’kut! Lass mich in Ruhe!“,schrie sie zu zurück und versuchte die Parade zu umgehen. Wieder lachte der gewaltige Rattataki, wobei er ihr Schwert einfach zurückstieß und Kadajj einige Schritte zurücktaumelte. Als sie sich sammelte, um ihn erneut anzugreifen, begriff sie was er gemeint hatte. Die Festungswächter kamen auf sie zu, und ihnen folgten in Ketten gelegt drei Gefangene – zwei Nikto und ein monströses, fast drei Meter großes Wesen.

Sie hatte schon auf Naboo davon gehört, dass das Imperium genetische Experimente mit verschiedenen Spezies durchgeführt hatte, um Superkrieger zu erschaffen, unter anderem mit den Eingeborenen des Planeten Nelvaan, der gar nicht einmal so weit von Naboo entfernt war. Das blaufellige, wolfsartige Ding – eine andere Bezeichnung wollte ihr nicht einfallen – sah unglücklich und wütend aus, und sogar der massige K’zanh wirkte gegen ihn klein. Die Wächter nahmen allen dreien die Fesseln ab und entfernten sich, so schnell sie konnten, als sie ihnen Vibroschwerter hingeworfen hatten. Das nelvaanische Ungeheuer gab ein grausiges, Rancor-artiges Heulen von sich – es stürmte mit seinem missgestalteten Körper vor, um sich das größte der Schwerter zu schnappen und fegte mit seinem freien Arm die beiden Nikto zu Boden, von denen einer nicht mehr aufstand.

Trotz des Grauens, das diese abartige Züchtung verbreitete, waren seine Stärke und seine Wut faszinierend, so dass Kadajj sich schneller als gedacht wieder fasste. Sie hatte nur eines ihrer mandalorianischen Schwerter – das andere hatte K’zanh an sich genommen und war auf die Tribüne gegangen, wo bereits Ashû zufrieden grinsend wartete.

„Verdiene es dir, Cousinchen“, rief sie mit honigsüßer Stimme und winkte fröhlich mit der kostbaren Waffe.

„Das Schwert gehört Kadajj!“, schrie Coss von der Galerie, von wo aus er mit Sahanna und Veera dem Kampftraining zugesehen hatte. „Gib es ihr zurück, du shab’la jiriaad!“ Wenn seine Schwestern ihn nicht zurückgehalten hätten, hätte er sich auf die wahnsinnige Rattataki gestürzt, um ihr das Schwert zu entreißen. Die beiden Schwerter waren Erbstücke des Sirga-Clans, die die Rayshe’ade schließlich Kadajj geschenkt hatten.

„So was aber auch – nun habe ich es aber, kleiner Mandalorianer. Und wer weiß, vielleicht braucht sie es bald nicht mehr…“, knurrte Ashû in seine Richtung. Dann hellte sich aber wieder ihr Gesicht auf, und Kadajj wusste, dass sie etwas vorhatte, was ihr ‚Spaß’ machen würde. Der Nelvaaner kam mit schweren Schritten näher, doch darum konnte sie sich momentan nicht kümmern. Coss war in großer Gefahr, und sie musste es verhindern.

Sie hörte K’zanh wütend und besorgt auf sie einschreien, und wenn er hier unten gewesen wäre, hätte er sie wohl gehörig für ihre Ignoranz verprügelt. Aber sie konnte nicht zulassen, dass Ashû ihrem kleinen Bruder etwas antat. Zwischen ihr und der Tribüne hatte sich das Ungeheuer wie ein riesiger Felsbrocken platziert, der sie nicht durchlassen würde. Der Nikto hielt sich seitlich hinter ihm, in der Hoffnung, dass er ihn nicht bemerken würde. Bevor sie Ashû daran hindern konnte, Coss irgendetwas Schlimmes anzutun, musste sie dieses Ungeheuer aus dem Weg räumen.

(Fortsetzung folgt...)
 
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