Leela Kaveri

Leela Kaveri

Moderator
Teammitglied
Name: Leela Kaveri
Zugehörigkeit: Jedi-Orden
Rang: Padawan
Heimatwelt: Lianna
Spezies: Mensch
Profession: Ärztin/Forensikerin
Alter: 26
Haarfarbe:
schwarz
Augenfarbe: dunkelbraun
Größe: 175 cm
Gewicht: 56 kg
Eltern: Mutter Solveig Linwood - Immobilienmaklerin; Vater Ranjit Kaveri - Künstler, Hausmann
Meister: Arkon Revan

Biografie:


Geboren auf Lianna, Lola Curich. Als Kind wohlhabender Eltern beginnt sie Medizin zu studieren. Nachdem die Eltern bei einem Brand ums Leben kommen, schliesst sie ihr Studium in Rekordzeit ab und beginnt anschliessend als Forensikerin bei der Polizei zu arbeiten. Nach zwei Jahren eröffnet sie - finanziert durch das Erbe ihrer Eltern - eine eigene Klinik in einem der ärmeren Stadtteile. Zu ihr kommen auch Strassenkinder, Drogenabhängige und Kriminelle, die sie teilweise kostenlos behandelt. Sie finanziert die Arbeit quer, indem sie als Beraterin für Lola Curichs Polizei arbeitet.
Kürzlich entdeckte Jediritter Arkon Revan ihre Machtbegabung und begann sie auf Coruscant auszubilden.


Erscheinungsbild:

Die junge Frau macht den Eindruck einer gut trainierten Ausdauersportlerin und ist eher drahtig als muskulös. Leelas Jedi-Tunika ist dunkelgrau und endet knapp über den Knien. Ihre Ärmel ließ sie aus praktischen Erwägungen so ändern, dass sie eng anliegen. Darunter trägt sie robuste, schwarze Stiefel und eine Hose aus festem Stoff in der gleichen Farbe. Ihre etwas mehr als schulterlangen, schwarzen Haare trägt sie zumeist offen oder zu einem lockeren Pferdeschwanz im Nacken zusammengefaßt. Leela trägt keinerlei Schmuck.

Leelas Lichtschwert:

Lichtschwert2.jpg



Eigenschaften:

Leela wirkt verschlossen und kühl. Neben ihrer Arbeit hat sie kaum Interessen. Allerdings ist sie wegen ihrer unparteiischen Professionalität sowohl in Lola Curichs Unterwelt als auch bei ihren Kollegen sehr geschätzt. Wie die meisten Lianner trägt sie immer mindestens eine Waffe bei sich und kann auch damit umgehen. In ihrem Fall sind das ein ELG-3A Blaster und ein Defender Sporting Blaster, beide gut gepflegt.

Machtfähigkeiten:

Grundfertigkeiten:
  • Geschwindigkeit: routiniert
  • Levitation: passabel
  • Machtangriffe abwehren: passabel
  • Machtmut: ungelernt
  • Machtsprung: gering
  • Machtstoß: passabel
  • Machtsinne: eindrucksvoll
Aktive Machtfertigkeiten / Kampffertigkeiten:
  • Droiden ausschalten: ungelernt
  • Energie absorbieren: ungelernt
  • Lähmung: ungelernt
  • Lichtschwertwurf: passabel
  • Machtbruch: ungelernt
  • Machtgriff: ungelernt
  • Machtschrei: ungelernt
  • Perfektionierte Körperbeherrschung: routiniert
  • Rage: ungelernt
Passive Machtfertigkeiten / geistige Kräfte:
  • Atemkontrolle: passabel
  • Bestientrick: ungelernt
  • Empathie: routiniert
  • Empfindungen weiterleiten: ungelernt
  • Gedankentrick: ungelernt
  • Gedankenverschmelzung: ungelernt
  • Geistige Abschirmung: passabel
  • Heilen: routiniert
  • Illusionen erzeugen: ungelernt
  • Perfektioniertes Navigieren: ungelernt
  • Psychometrie: ungelernt
  • Technische Intuition: ungelernt
  • Telepathie: gering
  • Tiefschlaftrance: ungelernt
  • Verschleierung: passabel
  • Visionen: gering
  • Voraussicht: passabel
  • Wachstumsschub: ungelernt
Fortgeschrittene Techniken:
  • Bruchpunkt: ungelernt
  • Energiebündelung: ungelernt
  • Essenz transferieren: ungelernt
  • Gedankenkontrolle: ungelernt
  • Kampfmeditation: ungelernt
  • Lebensentzug: ungelernt
  • Machtblendung: ungelernt
  • Machtblitze: ungelernt
  • Machtsturm: ungelernt
  • Machtangriffe absorbieren: ungelernt
  • Manipulation des Geistes: ungelernt
  • Materie manipulieren: ungelernt
  • Morichro: ungelernt
  • Reflektieren: ungelernt
  • Wasserbeherrschung: ungelernt
  • Zermalmen: ungelernt
Lichtschwertformen:
  • Form I - Shii-Cho: passabel
  • Form II - Makashi: ungelernt
  • Form III - Soresu: ungelernt
  • Form IV - Ataru: ungelernt
  • Form V - Shien / Djem So: ungelernt
  • Form VI - Niman: ungelernt
  • Form VII - Juyo (Vaapad): ungelernt

Bekanntschaften:


Arkon Revan – ihr Meister
Ikarus Bloodmoon und Nico Jedaii - Padawananwärter, die auf Arkons Schiff als blinde Passagiere von Lianna nach Coruscant reisten und von Leela entdeckt wurden.
Ty Kenobi – mehrere erfreuliche Begegnungen mit dem kleinen Sonnenschein im Tempel, gemeinsame Reise nach Ilum
Ganner – Sparrings- und Trainingspartner während ihrer Padawanzeit
Siva – Ganners Meisterin, die Leela einige Lektionen mit ihrem Padawan gemeinsam unterrichtete, später teilten sie eine etwas peinliche Drogenerfahrung; Leela betrachtet sie als Freundin
Eowyn – erteilte Leela den Auftrag, für sie die Leiche eines Chagrianers zu obduzieren, später implantierte sie der Rätin auf ihren Wunsch eine spezielle Kapsel in einem ihrer Zähne.
Ian – flüchtige Begegnung in der Kantine, floh nach Tys Geburtstagsständchen, später war er wie Eowyn kurz Leelas Patient
Riuen - interessanter Abend im "Happy Nexu"
Sahra Kenobi – gemeinsame Reise nach Ilum
Ferak Koltari - s.o.
Juna Choway - auf Ilum kennengelernt und auf Herz und Servomotoren geprüft
Wes Janson - hat Leela die Prüfung zur Ritterin abgenommen und sie davon überzeugt, dass sie weiterhin dem Orden angehören sollte
Mya (NSC) - ihre Gegnerin beim Lichtschwertkampf während ihrer Jedi-Prüfung
Arkadi Duval - es ist kompliziert
 
Zuletzt bearbeitet:
"Bist du sicher, dass du das alleine machen willst?" Edwards Stimme war kaum moduliert und sein Gesicht gab nicht preis, was er dachte, als er die leise Frage an mich richtete. Falls er Zweifel hegte, dass ich mein Vorhaben zuende bringen könnte, zeigte er es nicht. Ich war dankbar dafür – und froh, ihn als Partner an meiner Seite zu haben.
Als ich bei Lola Curichs Polizei als forensische Beraterin mit meiner Arbeit begann, traf ich gelegentlich auf den Freiberufler, dessen Hilfe meine Kollegen mitunter in Anspruch nahmen, wenn Maßnahmen erforderlich waren, die außerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse lagen. Ich hatte Edward dabei nie anders als hochprofessionell und sehr effizient erlebt. Ob es legal war, ihn hinzuzuziehen, wußte ich nicht und ich fragte auch nicht danach. Einen Edward zu haben, war praktisch...

...auch jetzt, wo er mir half, ein Problem zu lösen, ohne dabei die Behörden zu belästigen. "Ich krieg' das hin." antwortete ich ihm mit einem halben Lächeln, das eher dazu diente mich selbst zu ermutigen. Seine Antwort bestand in einem kurzen Nicken – Edward war kein Freund großer Worte. Bevor ich die Tür zu dem Labor öffnete, die er für mich entriegelt hatte, drückte er mir noch einen Holdout-Blaster in die Hand.
Ich hatte nicht vor, die Waffe zu benutzen, aber ich wußte die Geste zu schätzen. Das Labor gehörte jemandem, den ich gut zu kennen glaubte: Mit Tyrone Jamison verbanden mich einige Monate gemeinsame Forschungszeit, zwei Fachaufsätze und eine kurze Affäre. Jetzt war ich hier, um ihn hinter Gitter zu bringen.

In meiner Klinik war eine Leiche verschwunden... und dann noch zwei. Ich wollte nicht warten, bis diese peinlichen Vorfälle durch meine Kollegen bei der Polizei aufgedeckt werden würden und vielleicht noch die Presse davon Wind bekäme und begann der Sache selbst nachzugehen. Es stellte sich heraus, dass das Kaveri Medical nicht das einzige betroffene Krankenhaus auf Lianna war und das es keine zwei Leichen gab, die von der gleichen Spezies stammten.
Das irritierte mich, weil es mich an meine eigene Arbeit erinnerte: Einer meiner letzten Artikel, der republikweit Anerkennung erntete, behandelte die Extrahierung von Täter-DNA aus verschiedenen Geweben von unterschiedlichen Spezies – zum Glück hatte ich dafür Zugriff auf jede Menge Forschungsmaterial gehabt. Nur die Beschaffung der Einverständniserklärungen der Angehörigen und der ganze Papierkram war eine lästige Notwendigkeit. Ich hatte die Methode auf einem CSD-Kongress in Coronet vorgestellt...und jetzt hatte ich den Eindruck, dass sich jemand die Arbeit erleichterte und eine Abkürzung nahm.

Obwohl die Vermutung weithergeholt war, verstärkte sich mein Gefühl, es mit einem Kollegen zu tun zu haben. Schliesslich bat ich Edward, sich darum zu kümmern - immerhin mußte ich ja nebenbei auch noch meine Arbeit machen. Es dauerte nur wenige Tage, bis er herausfand, wer für die Diebstähle verantwortlich war. Ich war nicht überrascht, dass es sich dabei um Jamison handelte - nur, dass ich seine kriminelle Energie unterschätzt hatte. Menschenkenntnis war noch nie meine Stärke gewesen.

Als ich Edward eine Bezahlung anbot, schüttelte er nur mit dem Kopf. "Aber du bist mir einen Gefallen schuldig." meinte er und lächelte. Ich fand dieses Lächeln ein wenig enervierend: Ich hatte in Coronet mal einen Sandpanther im Zoo gesehen - selbst als dieser die Zähne gefletscht hatte, hatten seine Augen mehr Wärme ausgestrahlt als Edwards in diesem Moment. Ich zuckte mit den Schultern: Immer nur ein Problem nach dem anderen. Jetzt würde ich mich erst einmal um Jamison kümmern. Mit Edward konnte ich mich später beschäftigen.

Ich betrat das abgedunkelte Labor und nahm beiläufig die hochwertige Ausstattung zur Kenntnis. Unter meinen Sohlen quietschte der Fußbodenbelag und ein paar Geräte piepsten schläfrig oder summten leise im Standby. Ein DNA-Sequenzer arbeitete noch - ich erkannte sein geschäftiges Rattern im hinteren Teil des Raumes. Aber mein Ziel war das kleine Büro nebenan. Sauber, aufgeräumt, Standard-Katalog-Einrichtung. Keine Bilder an der Wand, keine vertrockneten Büropflanzen im Regal, nicht mal ein zerknülltes Stück Flimsi im Mülleimer. Sah aus wie mein eigener Arbeitsplatz.

Um mir Zugang zu Jamisons Computer zu verschaffen, benutzte ich ein kleines Stück Technik aus Edwards Spielzeugkiste. Es überzeugte die KI, dass ich Tyrone war oder umging sie oder tötete sie - keine Ahnung. War auch egal. Ah..da waren meine.. ähm, seine Dateien. Ich verschaffte mir einen kurzen Überblick über Jamisons Arbeit und nickte anerkennend. Tyrone hatte begonnen, in der DNA verschiedener Spezies nach Übereinstimmungen zu suchen. Das wurde vereinzelt gemacht, um Nachwuchs für gemischtrassige Paare zu konstruieren. Aber das sah mir nicht nach zielgerichteter Hybridforschung aus. Tyrone suchte nach etwas anderem - ich konnte nur noch nicht erkenne, nach was. Leider fehlte mir für einen genaueren Blick die Zeit. Ich beeilte mich, alles für mich zu kopieren und anschliessend die Spuren von Tyrones Arbeit von seinem Computer zu tilgen.

Wenig später hörte ich die Labortür. Schnell packte ich Edwards Spielzeug wieder ein und umrundete den Schreibtisch, sodass ich ihn im Rücken hatte und die Bürotür vor mir. Das war sicher nicht die klügste taktische Entscheidung - aber immerhin war es Tyrone und nicht irgendein Verbrecher. Ich schuldete ihm eine Erklärung, bevor ich ihn festnehmen ließ. Aber als sich die Schritte durch das Labor näherten, rutschte Edwards Blaster wie von selbst in meine rechte Hand. Eng an meine dunkle Hose gelegt, wäre die kleine Waffe - von von meiner Hand ohnehin fast verdeckt - gut verborgen und sicher nicht das erste, auf das Tyrones Blick fallen würde. Bis zu diesem Moment hatte ich mich in meiner Entscheidung sicher gefühlt, ihn alleine zu konfrontieren - aber jetzt spürte ich mein Herz schneller klopfen und meine Knie weich werden. Vorsichtshalber lehnte ich mich gegen den Schreibtisch. Hatte ich Angst? Nein. Das war Lampenfieber.

Die Tür ging auf und Tyrone stand vor mir: Er war fast einen Kopf größer als ich und schlank, fast schlacksig - so wie ich ihn in Erinnerung hatte. Auch er trug, wie jeder gute Lianner, einen Blaster an der Seite. Ob er damit umgehen konnte, wußte ich jedoch nicht. "Lee!", fuhr er mich erschrocken an. "Was machst du hier?" In diesem Augenblick wünschte ich mir, ich hätte eine Flasche Wein mitgebracht, statt eines Blasters, dann könnten wir... "Ich hab' auf dich gewartet, um dich zu überreden, dich zu stellen und deine Diebstähle zu gestehen." sagte ich stattdessen leise und wischte den letzten Gedanken zur Seite. Kurz sah er fast schuldbewußt aus. Dann schloß Tyrone die Augen und als er sie wieder öffnete sah ich nur noch Entschlossenheit darin. Das würde dann wohl doch nicht ganz so einfach werden.

"Warum sollte ich das tun?"
ein halbes ungläubiges Lachen huschte über sein Gesicht, als er verärgert einen Schritt auf mich zu trat. In dem kleinen Büro stand er damit direkt vor mir. Ich ließ ihn. Meine Nervosität war verschwunden. Ich wußte jetzt, dass ich die Situation beherrschen konnte. "Weil ich sonst das LCPD rufe und du deine Chance vertust, deine Haft zu verkürzen, wenn du dich selbst stellst." Noch während ich sprach, lehnte Tyrone sich nach vorne, beugte sich über mich und stütze links und rechts von mir seine Hände auf den Tisch. "Nein, das wirst du nicht." knurrte er leise drohend, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt, als er mich mit seinem Gewicht auf die Tischplatte presste.

Die Position hat Potential, ging mir unpassenderweise durch den Kopf. Aber als Tyrone nach seinem Blaster griff, war ich vorbereitet: Meine Linke war schneller an seiner Hüfte. Ich zog seine Waffe aus dem Holster und richtete sie auf seine Brust, während ich ihm die Rechte mit dem Holdout-Blaster in die Eingeweide stieß. "Runter von mir!" zischte ich mit Nachdruck und hoffte, das Ty die Bedrohung durch die beiden Waffen ernst nahm. Ich war mir nicht sicher, ob ich in letzter Konsequenz tatsächlich abgedrücken könnte. Zu meinem Glück mußten wir das nicht herausfinden, denn er war so geschockt, daß er brav einige Schritte zurücktrat. "Du hast nicht wirklich geglaubt, dass ich dir das durchgehen lasse - oder? Hast du das Schild nicht gelesen: KAVERI Medical. Ich lasse mich nicht beklauen." Ich steckte Edwards Blaster weg und warf ihm mein Kom zu, während ich seinen eigenen Blaster weiter auf ihn gerichtet hielt: "Stell' dich. Mit einem guten Anwalt bist du bald wieder draussen. Für den Fall, dass in dieser Zeit jemand auf deinem Computer rumschnüffelt, habe ich deine Forschungsdaten ausgelagert." Ich hielt einen Datenkristall hoch und konnte auf ein kleines, selbstgefälliges Grinsen nicht verzichten. "Du kannst sie abholen, wenn du wieder auf freiem Fuß bist."

Meine Kollegen von der Polizei ließen uns nicht lange warten und ich ging, sobald die Formalitäten erledigt waren. Ich überlegte kurz, ob es eine andere Möglichkeit für mich und Ty gegeben hätte, die Sache zu regeln. Aber mir wurde klar, dass ich ihn bezahlen lassen wollte - auch wenn niemandem direkter Schaden entstanden war. Schließlich war er ja noch ganz glimpflich davongekommen.

Edward wartete draussen auf mich. Er wirkte zufrieden, als ich ihm sein Spielzeug zurückgab. Wie eine Katze, die gerade eine fette Maus erlegt hat.
 
Leelas Kontakte

Ranjit Kaveri

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Frida:
Haushälterin, Faktotum von Kaveri Manor, Herrin über eine Heerschar Haushalts- und Servicedroiden, Mädchen für Alles, Sicherheitschefin, Chef de cuisine. Kürzlich bei einem tragischen Unfall zu Tode gekommen.

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Dolph Akerman:
Chef des LCPD, groß, breit, pragmatisch, einsilbig, schon so lange im Job, dass er (fast) alles gesehen hat, Dolph halt

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Ilario Scavo:
Anwalt und Freund der Familie, vermögend, hat ausser Familie Kaveri keine anderen Klienten und braucht auch keine

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Edward:

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Metrin Kaveri: Inhaber des traditionsreichen Café Kaveri auf Bastion.

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Kaveri Manor:

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Ranjit Kaveris Bilder

Das Haus atmete. Jedenfalls kam es mir so vor als ich mit den Fingerspitzen über das glatte Holz des Treppengeländers strich. Abgegriffen und dunkel von den vielen Generationen Kaveris, die vor mir hier gelebt hatten. Die breiten Treppenstufen knarzten und der Wind drückte die schweren Türen gegen die Angeln. Wenn die Böe nachließ, bewegten sie sich mit einem Seufzen zurück. Die Galerie lag im Dunkeln, nur die Bilder meines Vaters waren von dramatischen Spotlights beleuchtet, die mit ihrem grellen Schein die Schatten zurückdrängten und die Schwärze abseits ihres Lichtkegels nur noch tiefer wirken ließen.

Wie lange war es her, dass ich hier oben gestanden und bewußt Ranjits Bilder betrachtet hatte? Zumeist ging ich hier achtlos an den Gemälden vorbei, die dort hingen, seit ich ein kleines Mädchen war. Ich kannte sie alle. Kein Grund öfter als nötig hinzuschauen. Manchmal kam ein neues hinzu - dann mied ich die Galerie, den Hauptverbindungsgang zwischen den beiden Flügeln von Kaveri Manor. Lieber nahm ich einen Umweg durch verwinkelte Korridore und leere Flure, um zu meinem Ziel zu gelangen. Unzählige Male war an dem Anwesen ungebaut und angebaut worden, bis der Grundriss einem Labyrinth glich und selbst Räume auf dem gleichen Stockwerk nicht immer erreichbar waren, ohne zuerst die eine oder andere Treppe zu benutzen. So hatte das alte Haus sich auch erfolgreich verschiedenen Modernisierungsversuchen widersetzt und der einzige Aufzug, der tatsächlich Sinn ergab, führte von der Küche in den Speiseraum.

Nun stand ich vor dem Vermächtnis meines Vaters, drei Monate nach dem Brand, der mir beide Elternteile genommen hatte. Der Nachlass war geregelt. Ich hatte mich mit Ilario darum gekümmert - eine Ablenkung, genauso wie die doppelten Schichten, die ich ableistete - alles, um zu vergessen, zu verdrängen. Letztlich hatte sich das als vergebliche Anstrengung herausgestellt. Nach Wochen der Taubheit, in denen mein Leben wie hinter einer dichten Nebelwand gelegen und ich nichts gespürt hatte, war es an der Zeit, sich den Dingen zu stellen und wieder nach vorne zu blicken. Und das im wörtlichen Sinne: Es war eine selbstgestellte Aufgabe, die Bilder meines Vaters in Augenschein zu nehmen, diese düsteren verstörenden Szenen - Bauchschmerzenbilder - hatte ich sie früher genannt.

Mein Vater Ranjit hatte nur wenige davon je weggegeben. Ob er davon welche verkauft hatte, wußte ich nicht. Meistens hatte er sie verschenkt und soweit ich wußte, hatte er nie Auftragsarbeiten angefertigt. Viele der großformatigen Bilder zeigten überwältigende, leere Landschaften. Leblos, mit dunklen Himmeln und endlosen Horizonten - ohne Vegetation, ohne Strukturen, an denen sich der Blick festhalten konnte. Monochromatische Wüsteneien, die in mir ein Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit hervorriefen, gerade jetzt, wo das große Haus still geworden war. Nur noch bewohnt von Frida, ihren Droiden und mir. Bevor der Schmerz durch den Verlust meiner Eltern wiederkommen konnte, wandte ich mich ab und ging weiter.

Ein Satz Vignetten hing rund wie eine Insel zwischen weiteren großen Bildern: Eine überschaubare Anzahl kleiner Porträts, von Leuten, die ich nicht kannte, die mir aber merkwürdig vertraut vorkamen. Wie Gesichter aus einem Traum, Menschen und Stimmen, die man zu kennen glaubt und die man wieder vergißt, während man erwacht. Und zwischen all den sonderbar Bekannten entdeckte ich auch ein Bild von mir. Aber Ranjits Porträt von mir schien älter zu sein, eine gebrochene Version, die mehr gesehen hat als sie ertragen kann. Dabei war der Blick dieses korrumpierten Spiegelbildes durchaus bestimmt und auf ein unbekanntes Ziel gerichtet. Fast war eine Absicht, eine Art starrsinnige Getriebenheit dieses älteren Ichs spürbar. Verwirrt trat ich zurück und unterbrach kopfschüttelnd den Blickkontakt zu meinem Alter Ego.

Das war nur ein Bild. Die Emotionen, die ich hineininterpretiert hatte, waren nicht wirklich da. Ranjit hatte eine ältere Version von mir gemalt, warum wußte ich nicht, aber das spielte auch keine Rolle. Ich projizierte mit Sicherheit nur meine eigene Trauer und Verzweiflung auf dieses Bild. Um sicher zu gehen, dass da nur Farbe und Leinwand waren, betrachtete ich erneut die Fremden, die um mein Porträt herum angeordnet waren. Aber das beklemmende Gefühl, diese Menschen zu kennen, ließ sich nicht abschütteln. Wen hatte mein Vater da nur gemalt? Waren das reale Personen, jemand, den kannte? Jemand aus seiner Vergangenheit? Oder waren das nur weitere Bilder aus einem Traum? Wie die unheimlichen Landschaften und Szenen, die links und rechts davon hingen? Und wenn er mich - um einige Jahre, wie es schien - älter gemalt hatte, waren diese anderen Porträts dann vielleicht auch in dieser Art verfremdet?

Mir war die Zeit abhanden gekommen, während ich die gleichen Gedanken wieder und wieder durch meinen Kopf bewegt, immer wieder den gleichen diffusen Schrecken gespürt hatte, wenn ich einem Porträt zu lange in die Augen sah. Das war wohl meine Überspanntheit und die vielen Wochen, in denen ich mehr gearbeitet als geschlafen hatte. Mit dem Entschluß, die Bilder für heute Bilder sein zu lassen ging ich nach unten in das Kaminzimmer, um einen Tee zu trinken.

Und natürlich ging ich den Weg über die Galerie nicht zu Ende, wie mir erst auf halbem Wege bewußt wurde: Ich ging zurück und folgte den verschlungenen Fluren, folgte den Wegen, die ich als Kind gegangen war, wenn ich den geraden Weg nicht ertrug.
 
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Ranjit Kaveris Bilder II

Im Kamin brannte Feuer. Natürlich. Frida hatte es kommen sehen, dass es mich hierherziehen würde: Der hilfreiche Geist hatte meinen alten, großen Sessel davor geschoben, eine Decke und das Buch bereitgelegt, in dem ich zuletzt gelesen hatte. Kaum saß ich, trug sie ein Tablett mit Tee herein. Ich trank ihn gehorsam seit der Nacht, in der der Nordflügel gebrannt hatte. Um besser zu schlafen, um mich nicht aufzuregen... keine Ahnung. Frida meinte, es wäre ein altes Familienrezept, also tat ich ihr den Gefallen. Heißes, bitteres Getränk, das die Flammen im Kamin spiegelte, die hoch leckten bis zur Decke... im ganzen Raum... schwarzer Rauch hinter der Tür. Ein ohrenbetäubendes Krachen, das anhielt und nachhallte, als der Schrank auf mich fiel. Ich hustete, bis meine Augen tränten. Trank noch einen Schluck. "Warum war Edward da?" wollte ich wissen.

Stille. Ich konnte Frida nicht übelnehmen, dass sie gerade nicht wußte, wovon ich sprach. Das wußte ich dieser Tage selbst manchmal nicht.

"Edward war nicht da." antwortete sie sanft. "Trink deinen Tee. Er wird sonst kalt."

Ich folgte. Meine Gedanken versuchten derweil den Nebel zu durchdringen, der in dichten Schwaden durch mein Gedächtnis zog. "Doch." widersprach ich hartnäckig. "Er hat mich unter dem Schrank rausgezogen." Ich hörte Frida hinter mir tief Luft holen, ein wenig verzweifelt vielleicht. Warum auch nicht. Immerhin war ich in den letzten Wochen kein pflegeleichter Patient gewesen. "Das war nicht Edward." Wer dann? Ich erinnerte mich... wenn nur der viele Rauch nicht wäre... ich versuchte ihn mit der Hand fortzuwedeln. Das Teeglas fiel und zerbrach. Die Flammen spiegelten sich im Tee. Ich sprang auf.

"Du hast dich selbst befreit, Leela." Die vertraute Stimme kam aus weiter Ferne. Vor mir waren Flammen und Rauch. Ich stürzte zur Tür, der Griff war heiß - ich riß sie trotzdem auf. Es war jemand da gewesen. Kalte Luft strömte durch die dunklen Flure, als ich zuerst mehr stolpernd als rennend, versuchte, wieder in den Nordflügel zu kommen. Fridas spinnenbeinige Helferlein huschten zur Seite, wenn ich an ihnen vorbei hastete. Je näher ich dem vom Feuer versehrten Teil des Hauses kam, desto mehr Droiden wuselten durch die Gänge. Außer Atem blieb ich stehen. Der Nebel hob sich, meine Gedanken klärten sich genug, um zu sehen, dass ich auf diesem Weg nicht weiterkommen würde. Schutt und verbrannte Balken versperrten ihn.

Ich nahm eine Treppe nach unten, ein schmaler Gang zweigte grob in die Richtung ab, in der der Nordflügel lag, führte wieder ein paar Stufen hinauf in ein Kellergewölbe. Hier gab es kein Licht, aber ich wußte, wo ich war, zählte die Durchgänge ab, nahm den vierten auf der linken Seite, rannte jetzt wieder. Über mir toste das Feuer, in meinem Schlafzimmer, im ganzen Stockwerk. Mein Herz raste, meine Zunge klebte mir am Gaumen. Die Angst schnürte mir die Kehle zu, ich hustete und hielt mich an der rauen Mauer fest, bis ich weitergehen konnte. Jemand war da gewesen. Ich konnte noch die Hände spüren, die mir unter die Arme griffen und mich unter dem massiven Möbel vorzogen.

Als ich schließlich die Klappe an der Seitenwand meines alten Zimmers öffnete, rieselten Ruß und Asche auf mich. Der Schrank lag mitten im Zimmer, das schwere, alte Holz angekohlt, aber nicht verbrannt. Die Nacht strömte durch die eingestürzte Außenwand. Draussen waren Sterne und ein wilder Garten. Und hier war ich mit meinen verwirrten Gedanken. Ich stand eine Weile da, bis mir wieder einfiel, was ich tun wollte: Aber der Schrank war zu schwer. Ich versuchte es, bis mir der Schweiß den Rücken hinablief. Das alte Stück bewegte sich keinen Millimeter. Erschöpft ließ ich mich daneben nieder und fühlte einen kleinen Triumph: Ich hatte recht gehabt. Zumindest war es sehr unwahrscheinlich, dass ich mit meinen Verletzungen allein unter dem Schrank vorgekrochen war.

Vermutlich war ich eine zeitlang eingeschlafen, jedenfalls erwachte ich plötzlich mit der absoluten Gewissheit, dass ich hier gestorben wäre, wenn ich zum Zeitpunkt des Feuers allein hier gewesen wäre. Jemand hatte sich über mich gebeugt und mich etwas gefragt. Hatte ich geantwortet? Die blauen Augen verschwanden aus meinem Sichtfeld und ein scharfer Schmerz folgte, als das Gewicht des Schranks von meinem Brustkorb verschwand. Aber war das ein Traum oder eine Erinnerung? Ich erhob mich und kletterte über die Trümmer meines Zuhauses, bis ich unter freiem Himmel stand. Wenn ich dem, was ich gesehen hatte, glaubte, hatte Frida recht gehabt: Das war nicht Edward gewesen.
 
Ranjit Kaveris Bilder III

Trauer war eine merkwürdige Sache. Sie konnte mich aus heiterem Himmel überfallen und lähmen, ohne dass ich in der Lage gewesen wäre, etwas dagegen zu tun. Wochenlang hatte ich arbeiten können, unbeeinflußt von diesem bitteren Gefühl. Zwar fühlte ich mich in dieser Zeit taub und leer, aber das war besser als dieser nicht zu bewältigende Ansturm von brennendem Schmerz, wenn meine Gedanken zu der Nacht zurückkehrten, als das Haus in Flammen stand. Eine Hand in den Bauch gekrallt, die andere vor den Mund geschlagen, um den Schrei zurückzuhalten, für den ich sowieso nie genug Luft hatte, krümmte ich mich nach vorn. Sekundenlang, ohne zu atmen, ohne das je ein Ton meine Lippen verlassen hätte. Und ohne, dass ich je eine Träne um die Toten geweint hätte.

Selbst auf der Beerdigung stand ich wie betäubt, nahm die Beleidsbekundungen von Freunden und Kollegen teilnahmslos entgegen, endlose Reihen von Gesichtern und Worten, die an mir vorbei zogen, während ich überlegte, dass diese Berge von Blumen reichten, um jedem Patienten im Kaveri Medical einen Strauß ans Bett zu stellen. Irgendwann stand ich auf und verließ die Trauerhalle, während die Zeremonie noch im Gange war. Ich war mir vage bewußt, dass das ungehörig und respektlos war, aber ich spürte keine Scham. Ich spürte überhaupt nichts.
Der Weg zurück dauerte etwas - ich hatte meinen Gleiter stehen lassen und war zu Fuß gegangen, dankbar, dass mir nur wenige Menschen unterwegs begegneten. Jeder Blickkontakt, jeder erwiderte Gruß, kostete mich Kraft, stahl mir Energie. Als ich das große, schmiedeeiserne Tor von Kaveri Manor hinter mir gelassen hatte, brachte ich es nicht über mich, weiter auf das versehrte Haus zuzugehen, sondern verließ den Weg nach rechts in den Park hinein, wo die Bäume dichter standen und schon lange Abendschatten über den Boden krochen.

Wie ich an dem Abend zurück in den Raum gekommen bin, der jetzt mein neues Schlafzimmer war, weiß ich nicht mehr. Nur spürte ich, dass dort, wo ich den Abend verbracht hatte, etwas zurückgeblieben war. Im Schatten zwischen den Bäumen mußte etwas liegen, etwas vitales, mit Leben erfülltes, das mir nun fehlte. Nein - es fehlte nicht. Es war nicht mehr da. Ich empfand keinen Verlust, wußte nur, dass auch der Schmerz nicht mehr zurückkommen würde. Und so blieb es - bis zu dem Abend vor dem Kamin, als plötzlich mit Macht die Erinnerungen auf mich einströmten, der selbsterrichtete Schutzwall brach und ich mich schließlich in den Trümmern des niedergebrannten Nordflügels wiederfand. Im Rückblick erschien mir die letzte Nacht nun wie ein rauschhafter Wahn, etwas das man nicht mehr für wahr hält, wenn der Tag anbricht. Die Einsichten, die man für sicher hielt, bei Lichte besehen nicht mehr als ein Traum?

Warum zweifelte ich erneut? Hatte ich nicht vor ein paar Stunden Antworten erhalten, die ich für wahr hielt? Zumindest ein Fakt war nicht mehr zu leugnen: Jemand hatte mich ins Freie gezogen, mich von dem auf mir liegenden Schrank befreit und so vor einem Tod in den Flammen bewahrt. Wenn ich Frida und meinen leider nur zum Teil zurückgekehrten Erinnerungen traute, war es niemand gewesen, den ich kannte. Die nächsten Fragen waren zwingend: Wer? Und warum war derjenige dort gewesen - zum Zeitpunkt des Brandes auf Kaveri Manor? Bisher hatte das LCPD keine Anhaltspunkte für ein Verbrechen gefunden. Aber vielleicht mußte Dolph seine Leute nochmal genauer hinschauen lassen.
Eigentlich wurde ich in der Klinik erwartet, aber das Problem schien mir mit einem Male zu drängend, um seine Lösung weiter aufschieben zu können. Ich rief in meinem Büro an und bat, die Termine für heute abzusagen, während ich schon in den Gleiter stieg und mich auf den Weg in die Stadt machte. Es war noch früh genug, um Dolph zuhause anzutreffen - er hatte sicher nichts dagegen, ein, zwei Tassen Kaff mehr zu kochen.

Wir tranken zunächst schweigend. Dolph war kein Morgenmensch und funktionierte um diese Uhrzeit nur mit Unmengen schwarzen Kaffs. "Bist du dir in dieser Sache sicher?" wollte er grummelnd wissen. Zur Antwort schüttelte ich kurz den Kopf. "Nichts ist mehr sicher. Jemand ist in mein Haus eingedrungen und hat das Feuer gelegt, in dem Solveig und Ranjit umgekommen sind." Meine Stimme klang flach und unmoduliert in meinen Ohren - von dem Grauen der letzten Nacht nicht berührt, das gerade wieder in mir aufstieg und die Taubheit durchdrang, wie eine Luftblase, die durch einen dunklen Teich nach oben tauchte. "Du weißt, dass weder die Spurensicherung, noch die Brandermittler Hinweise darauf gefunden haben, dass das etwas anderes war, als ein tragischer Unfall. Wenn ich offiziell weiter ermitteln soll, brauche ich mehr als ein Hirngespinst. - Entschuldige meine Ausdrucksweise. Du weisst, wie ich das meine." ruderte Dolph zurück, als ich stumm eine Augenbraue hob. "Ist schon in Ordnung." lächelte ich unfroh. "Ich traue meinen Erinnerungen an der Stelle selbst nicht ganz." Der Satz fühlte sich falsch an, als ich ihn aussprach, so als wüsste mein Unterbewusstsein längst Dinge, die mein Verstand noch anzweifelte.

Wir kamen überein, dass er nach Feierabend nochmal vorbeischauen würde und jemanden von der Spurensicherung - wahrscheinlich Melda, mit der ich oft zusammenarbeitete - überreden würde, nochmal jeden Stein und jedes verkohlte Stück Holz umzudrehen. Mehr konnte ich nicht erwarten. Nach weiteren zwei Tassen bitterem Kaff und ein bisschen Klatsch von den Schnittpunkten unserer beider Welten, verabschiedete ich mich und fuhr zum "Gold&Gray", das natürlich noch geschlossen hatte. Aber ich nahm auch nicht den Vordereingang: Nach einem kurzen Anruf bei Meraska, öffnete mir eines ihrer Mädchen eine Tür im Hinterhof und liess mich ein. Den Weg zum Büro meiner Freundin fand ich allein. Selbst zu dieser frühen Stunde war die elegante Farghul schon in Arbeit vertieft - oder gab sich zumindest den Anschein. Wir umarmten uns kurz, bevor sie uns einen Weinbrand einschenkte und sich Zeit für meine Geschichte nahm. Hin und wieder zuckten ihre Schnurrhaare, aber ansonsten war ihr nicht anzusehen, was sie dachte. Meraska gab mir das Versprechen, sich umzuhören - was immerhin ein Anfang war.

Dennoch war ich etwas enttäuscht, als ich nachhause fuhr. Ich hatte nicht wirklich mit greifbareren Ergebnissen gerechnet, aber mein Aktionismus von heute morgen hatte sich in ein dumpfes Grübeln verwandelt. Ich bin kein geselliger Mensch, aber heute wünschte ich mir ein Gegenüber, jemanden mit dem ich meine Gedanken hätte teilen können. Trotz meiner Kollegen und Freunde fühlte ich mich allein. Abgeschnitten von der Welt, die andere Sorgen hatte. Edward hätte noch am ehesten verstanden, was mich bewegte, aber er war nicht in der Stadt, vielleicht nicht mal auf Lianna. Sein nüchterner Rat fehlte mir. Und es waren noch Stunden, bis ich Dolph und wen-auch-immer er mitbrachte erwarten konnte. Zeit, in der ich noch etwas arbeiten wollte, ein paar Anrufe tätigen, Befunde schreiben - die Art von Arbeit, von der immer genug da war. Auf meinem Tisch standen schon eine Kanne frischgebrühter Tee und ein Teller mit Obst - Frida war ganz richtig davon ausgegangen, dass ich das Frühstück ausgelassen hatte. Aber auch jetzt verspürte ich noch keinen Hunger und schob die Sachen beiseite, kurz irritiert davon, dass Frida der Meinung war, ich bräuchte ihren Tee morgens immer noch mehr, als einen anständigen Kaff. Bis zum Mittag war der Stapel Flimsi, mit dem ich gekämpft hatte, schon sichtbar kleiner geworden und der Teller mit Obst hatte sich irgendwie auch geleert. Nur der Tee stand noch kalt und unangetastet. In meine Arbeit vertieft, bemerkte ich kaum, dass Frida in der Tür stand, ein Tablet mit dem Mittagessen in den Händen und mir wurde bewusst, dass ich sie wohl irgendwie gekränkt haben musste, als ich ihren Tee verschmäht hatte.

"Du solltest mehr auf dich achten, Leela. Der Tee ist wichtig für dich." Ich hörte die Besorgnis in ihrer Stimme und musste unwillkürlich lächeln. Aber als ich aufsah und ihrem Blick begegnete war da noch etwas anderes, schwer zu bestimmendes. "Deine Sorge ist rührend, Frida, aber gänzlich unbegründet." antwortete ich ihr, ein irritiertes Stirnrunzeln unterdrückend. "Du musst mir keinen Tee mehr kochen. Es ist jetzt drei Monate her: Meine Rippen sind geheilt und ich habe längst keine Schmerzen mehr..." Ich sah, dass sie mich mit einem Einwand unterbrechen wollte und hob die Hand, um fortzufahren. "Und auch sonst geht es mir gut... wobei man über diesen Punkt vielleicht noch diskutieren kann, aber damit muss ich alleine klar kommen. Dabei hilft mir auch ein liebgemeinter Kräutertee nach überliefertem Familienrezept nichts..." Frida war nach diesen harmlosen Worten blass geworden und wirkte tief bestürzt. "Frida...?" Verunsichert sah ich sie an: Man konnte diese Frau, die meiner Familie schon seit Jahrzehnten diente und Kaveri Manor vermutlich besser kannte als ich, nicht mit einer Beleidigung ihres Teerezeptes erschüttern. Mit einem Mal wurde mir schwindlig und ich schloß die Augen, aber noch schob ich den unfassbaren Gedanken von mir, der sich eben in mein Bewusstsein geschlichen hatte.

"Frida. Warum trinke ich diesen Tee?"
Zum ersten Mal in meinem Leben war ich mir nicht sicher, ob ich tatsächlich die Wahrheit hören wollte.
 
Leelas Leichen I

Als ich den braunen Müllsack in meinem Labor aufschnitt, hatte ich schon eine Ahnung, was mich erwartete: Durch das Loch, das der neugierige Finder hineingepopelt hatte, drang der faulig-süße Geruch fortgeschrittener Verwesung, den auch meine Atemmaske nicht aufhielt und eine zähe braune Flüssigkeit war auf den von unten beleuchteten Arbeitstisch gelaufen. Die Knochen, die ich aus ihrer Verpackung befreite, waren fast frei von Gewebe. Was die Fäulnis nicht verflüssigt hatte, hatten die Myriaden gelblich-weißer Maden abgenagt, die nun vor dem plötzlich in ihr Zuhause einfallenden Licht flohen und auf der Suche nach einem neuen Unterschlupf in einem langen Strom über den Tisch und auf den Fußboden zwischen meinen Füßen flossen. Ich bewegte mich vorsichtig, um auf keines der Tierchen zu treten, nahm das Diktiergerät von dem Beistelltisch, auf dem meine Instrumente lagen und begann eine Inventur der vorhandenen Knochen: Auf den ersten Blick erkennbar waren ein wohl humanoider Thorax, Becken und - ich hob ihn leicht an, um mich zu vergewissern - Schulterblätter. Spärliche Reste von schwärzlich verfärbtem Gewebe hielten die Knochen zusammen und bedeckten Wirbelkörper und einen Teil der Rippen. Davon ausgehend, dass es ein Menschen- oder Nahmenschenskelett war, waren der siebte, sechste und fünfte Halswirbel noch vorhanden. C4 bis C1 sowie der Schädel fehlten.

Soweit ich bei meiner ersten Begutachtung sehen konnte, waren sowohl Oberarme als auch Oberschenkel recht sauber im jeweiligen Gelenk getrennt worden und lagen ebenfalls nicht bei den Überresten. Vorsichtig fuhr ich mit dem Zeigefinger über eine Hüftgelenkspfanne und entfernte den schmierigen Film: Tatsächlich waren auf den ersten Blick keine Verletzungen des knöchernen Gelenkanteils festzustellen. Keine groben Kratzer oder Absplitterungen. Ausgehend von dem Wenigen, was ich bisher gesehen hatte, formulierte ich einen ersten Verdacht: Mensch oder Nahmensch, vermutlich weiblich, worauf die Form des Beckens hindeutete, vermutlich nicht älter als 25 - wobei letzteres wirklich mehr ein vager Eindruck aufgrund bisher noch nicht festgestellter degenerativer Veränderungen war. Um das Ossifikationsalter zu bestimmen, wären die langen Röhrenknochen praktisch gewesen und insbesondere der Schädel, dessen Nähte bei den meisten Menschenarten erst mit Anfang dreißig völlig verknöcherten. Und der Todeszeitpunkt? Bislang auch wenig eingrenzbar, aber ich schätzte, dass die Überreste nicht älter als ein halbes Jahr waren - wenn sie angenehmen, Fäulnis begünstigenden Temperaturen ausgesetzt waren.

Meldas Team hatte bisher noch nicht viel mehr vom Fundort mitgebracht, was bei der Identifikation hilfreich sein könnte. Vor allem nicht die aussagekräftigeren Skelettanteile, wie Schädel und Hände. Anhand des Zahnstatus hätte ich mit ein bisschen Glück der Toten schnell ihren Namen wiedergeben können - immer vorrausgesetzt, jener wäre vorher schonmal irgendwo erfaßt worden. Mein nächster Schritt wäre die Suche nach noch nicht degenerierter DNA, um die Spezies und ein paar andere Merkmale festzustellen. Bei gut erhaltenem Material könnte ich vielleicht schon einen Phänotyp ableiten, um Dolphs Leuten die Arbeit zu erleichtern. Aber ohne brauchbare DNA waren die Knochen das Einzige, was noch Hinweise geben konnte.

Nachdem ich meine Proben für die DNA-Analyse gesammelt hatte, liess ich die Knochen von einem Techniker wegbringen, der sie vorsichtig säubern und für weitere Untersuchungen vorbereiten würde. Für's Erste war ich hier fertig, warf Maske, Handschuhe und Overall in den Müll und schnickte noch ein paar Maden von meinen Schuhen, bevor ich den Autopsieraum verließ. Die Gewebeproben wollte ich in meinem eigenen Labor aufbereiten, das besser als das vom LCPD ausgestattet war und in dem ich ungestörter arbeiten konnte. Von den Formularen, die dafür nötig waren, hatte ich noch einen Stapel in meinem Büro liegen, denn inzwischen war es fast zur Routine geworden, dass ich einige meiner Fälle ins Kaveri Medical mitnahm.

Lola Curichs Feierabendverkehr ebbte bereits etwas ab und ich kam pünktlich zum Schichtwechsel an, nickte der Pförtnerin zu und betrat das Gebäude durch einen der Seiteneingänge, um nicht allzuviele Kollegen grüßen zu müssen. Das hätte mich nur wieder aus den Gedanken gerissen, die sich um meine kopflose Leiche drehten. Freigespült vom Regen der letzten Tage, war der Plastiksack in der weichen Erde in der Ufernähe des Lona Cranith aufgetaucht. Konzentriert begann ich die Arbeit in meinem Labor, blendete alle Gedanken aus, die nichts mit den Proben zu tun hatten und versank für Stunden in meinem Rätsel um die junge Frau - ich würde herausfinden, wer sie war und warum sie sterben mußte. Und wer sie entsorgt hatte, wie den Müll der letzten Woche.

Das nächste Mal schaute ich von meiner Arbeit auf, weil mir der Geruch von frischem Caf in die Nase stieg. Jetzt fiel mir auch wieder ein, dass ich vor einiger Zeit gehört hatte, wie die Tür zu meinem Labor geöffnet und leise wieder geschlossen wurde: Jemand war an den Untersuchungstisch rechts von mir gelehnt stehengeblieben. Ich hatte weitergearbeitet, ohne aufzuschauen und nur einen Herzschlag später schon wieder vergessen, dass ich nicht mehr alleine war. Erst als der Caf-Duft meine Nase kitzelte, erinnerte ich mich wieder an den Besucher und drehte mich zu ihm um - aber nicht ohne kurz das Gesicht zu verziehen: Mein Rücken schmerzte, als ich mich aufrichtete und meine Schultern waren völlig verspannt.

"Guten Morgen, Doktor." Edward hielt mir einen der beiden Becher entgegen, die er mitgebracht hatte. Ich nahm ihn dankbar entgegen und sah mich irritiert um: Draußen vor dem Fenster war es dunkel, ebenso auf dem Gang vor meinem Labor, den ich durch die Glastür sehen konnte.

"Wie spät ist es?"
Der Caf tat gut, auch wenn sich jetzt mein leerer Magen zusammenzog.

"Kurz nach Vier. Du warst nicht zuhause, da dachte ich, ich seh' mal nach dem Rechten."
Stalker. Kurz nach Vier?

"Alles in Ordnung. Ich hab nur über der Arbeit die Zeit vergessen. Aber warum kommst du mitten in der Nacht auf die Idee mich besuchen zu wollen?"
Müdigkeit und Hunger ließen meine Frage gereizter klingen, als ich beabsichtigt hatte. Ich sollte etwas netter sein - immerhin hatte Edward mir Caf gebracht. Aber statt verärgert zu reagieren, griff mein Gast nur ungerührt hinter sich und brachte eine braune Papiertüte zum Vorschein. Als ich sie öffnete, sah ich klebrige, in Fett ausgebackene Teigkringel mit Zuckerglasur. Ich nahm das Friedensangebot an.

"Ich war in der Gegend und es brannte noch Licht. War aber nur Frida..."
meinte Edward, der sich auch einen Kringel aus der Tüte gefischt hatte, zwischen zwei Bissen und einem Schluck Caf. "Sie hat mir Tee gemacht und mir erzählt, dass sie dich schon seit gestern morgen nicht mehr gesehen hat."

Ich fragte nicht weiter und gab mich, besänftigt durch das kalorienreiche Frühstück, mit der ausweichenden Antwort zufrieden. Wenn Edward mir nichts erzählen wollte, würde ich nicht nachhaken. "Ich habe ein paar Fortschritte bei unserer kopflosen Leiche gemacht." mit dem Caf-Becher in der Hand deutete ich hinter mich, wo die Analyseergebnisse meiner DNA-Puzzelei auf einem Blatt Flimsi festgehalten waren. Edward hatte Melda zum Fundort begleitet, aber was genau er mit dem Fall zu tun hatte, wusste ich nicht. "Die Kern-DNA, die ich gefunden habe, war zu stark degradiert, aber ich habe ein paar Bruchstücke mitochondrialer DNA extrahieren können, die nutzbar sind. Allerdings geben sie mir noch Rätsel auf..." Mein Gegenüber hob stumm amüsiert eine Augenbraue, um mir zu signalisieren, dass das keine relevanten Informationen für ihn waren. Völlig unverständlich für mich: Mitochondriale oder mt-DNA wurde nur maternal vererbt und konnte entscheidende Hinweise auf die Herkunft des Opfers liefern - hatte aber den großen Nachteil, dass die Abstammung des Vaters im Dunkeln blieb. "Was ich sicher weiß: Das Opfer ist weiblich und ihre Mutter war Zeltron. Sie könnte die charakteristische Hautfarbe geerbt haben, aber abhängig von der Rasse des Vaters ist das nicht sicher."

"Glaubst du, dass sie ein Mischling ist?"
Edwards Frage war berechtigt: Hybriden zwischen verschiedenen Menschenrassen waren selten.

Dennoch überraschte mich der Einwand, weil es für mich ausser Frage stand, diesen Aspekt zu berücksichtigen, und ich sah ihn verblüfft an: "Es ist nicht sehr wahrscheinlich, aber ich wollte die Möglichkeit nicht von vornherein verwerfen."
Das war die eine Seite - die rationale Begründung - das war aber nicht alles, was mir gerade durch den Kopf ging. Edward kannte mich gut genug, um das zu wissen. Er wartete einfach ab, bis es mir gelang, in Worte zu fassen, was ich nicht in Formeln auf einem Stück Flimsi schreiben konnte. Diesmal mußte ich ihn jedoch enttäuschen: Da war etwas am Rande meines Bewusstseins, aber wenn ich versuchte, mich darauf zu konzentrieren entglitt es mir. Der Gedanke war zu vage, zu wenig greifbar: "Nur eine Ahnung. Ich sehe mir den Torso beim LCPD nochmal an." meinte ich kurz angebunden und rieb mir nervös über die Nasenwurzel - ich brauchte mehr Caf. Bevor ich mir meine Tasche schnappen und aus dem Raum rauschen konnte, faßte Edward nach meinem Handgelenk und hielt mich auf. "Du arbeitest seit fast 24 Stunden, Lee. Schlaf ein paar Stunden, bevor du weitermachst. Ich bring dich nach Hause."

Für einen kurzen Augenblick durchzuckte mich Panik, als er meinen Arm festhielt - eine leiser Widerhall der Minuten, in denen ich verzweifelt versucht hatte mich zu befreien, als ich unter meinem Schrank eingeklemmt war, während um mich herum das Feuer tobte, in dem meine Eltern umgekommen waren. Drei Jahre lag das zurück. Ich mied jeden Gedanken an jenes Ereignis, aber manchmal tauchten ganz unerwartet und verstörend Erinnerungen auf. Ich zog meine Hand zurück: "Nicht nötig. Ich fahre selbst."
 
Leelas Leichen II

Das Sonnenlicht, das durch meine Vorhänge fiel, tropfte rote Pfützen auf die Dielen als ich erwachte: Edward hatte mich schließlich doch davon überzeugt, dass es nach der durchgearbeiteten Nacht besser wäre, mich von ihm nach Hause bringen zu lassen und mir das Versprechen abgenommen, nicht eher wieder zum Dienst zu erscheinen bis ich nicht wenigstens vier Stunden am Stück geschlafen hätte. Als ich den dicken Stoff beiseite schob, um das Abendlicht durch die bodentiefen Fenster zu lassen, stellte ich fest, dass daraus ein ganzer Tag geworden war. Jemand hatte den Wecker ausgeschaltet - und ich hatte Edward im Verdacht. Dass ich so fest geschlafen hatte, um dabei nicht aufzuwachen, war... beunruhigend. Noch viel beunruhigender war allerdings, dass mich der Gedanke daran lächeln ließ. Ich kannte Edward nun schon seit einigen Jahren und es fiel mir schwer, die Art meiner Beziehung zu dem Freiberufler zu definieren, dessen Dienste das LCPD immer dann in Anspruch nahm, wenn Dolph mit legalen Mitteln nicht weiterkam. Mitunter arbeiteten wir an den selben Fällen, waren also mehr oder weniger Kollegen - auch wenn ich bezweifelte, dass Edward aus dem gleichen Topf bezahlt wurde wie ich. In der Zeit nach dem Tod meiner Eltern war er für mich da gewesen - der Einzige, der mir glaubte, dass das, was nach einem tragischen Unfall ausgesehen hatte, ein zweifacher Mord war. Ein Freund, beendete ich resolut den müßigen Gedankengang. Edward war wohl eher ein Freund.

Gegen die steinerne Brüstung vor dem Fenster gelehnt, schlang ich die Arme um meine Taille und sah zu, wie die Sonne hinter dem kleinen Wäldchen verschwand, durch dessen lichter werdendes Blätterdach zu dieser Jahreszeit die umgrenzende Mauer und der alte, kaum noch genutzte Weg nach Lola Curich zu erahnen waren. Die letzten Strahlen erloschen, der Wald und die Auffahrt waren nur noch schwarze Schemen vor dem nächtlichen Himmel, und ich kämpfte gegen das Unbehagen an, das mich bei dem Anblick überkam. Die vertraute Umgebung - mein Zuhause - war zu einem Ort geworden, an dem ich mich zunehmend unsicherer fühlte. Ich trotzte der aufsteigenden Angst und blieb noch einen Moment länger stehen: Von diesen irrationalen Empfindungen würde ich mich nicht beherrschen lassen. Jeder Tag, der verging, rückte das Feuer weiter in die Vergangenheit und sollte mir mehr Sicherheit geben. Stattdessen stemmte ich mich gegen das Grauen, das ich beim Blick in die Dunkelheit vor meinem Fenster fühlte - als wäre dort immer noch etwas Fremdes. Etwas, das ich fürchten mußte. Völlig unvernünftig. Wie Monster unter dem Bett.

Nachdem ich mich angezogen hatte, griff ich nach dem Blaster, der unter meinem Kopfkissen lag und schob ihn in das Holster an meiner Hüfte. Traditionell waren die meisten Lianner bewaffnet, ob am Arbeitsplatz oder in der Freizeit - eine kulturelle Besonderheit, die meinem Sicherheitsbedürfnis sehr entgegenkam. Ich verriegelte das Fenster und verließ eilig Kaveri Manor, um trotz der fortgeschrittenen Stunde noch einmal an meinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Die Kühlkammern waren gut gefüllt, so daß ich mir keine Sorgen um zu viel freie Zeit machen mußte. Mit den Opfern zweier Speederunfälle und einem Teenager-Selbstmord würde ich eine Weile beschäftigt sein. Ich fügte gerade die Schädelfragmente des letzten Verkehrstoten zusammen, um dessen Identität zu bestätigen, als mich der Techniker, der die Knochen des Torso aus dem Müllsack aufbereitete, zu sich rief, um mir etwas zu zeigen: In dem vertrockneten Gewebe, dass zwischen dem unteren Teil der Wirbelsäule und dem Sacrum klebte, hatte er weitere Knochenstücke gefunden. Es war nicht nötig, dass er aussprach, welcher Art sein Fund war - seine Blässe und der erschütterte Blick verrieten mir alles, was ich wissen mußte.

Es war eine diffizile, zeitraubende Arbeit, die kleinen Objekte aus dem harten Gewebe zu lösen, ohne sie zu zerstören und ich konnte mir nicht erlauben, mich durch eine emotionale Reaktion ablenken zu lassen. Aber als sie endlich vor mir lagen, ließ ich das Skalpell aus meiner zitternden Hand sinken und spürte, wie mir Wut die Kehle eng werden ließ. Ein winziger Unterkiefer, zarte, noch unausgeformte Röhrenknochen, sandkorngroße Wirbelkörper. Nachdem ich die Knochen vermessen hatte, konnte ich der Liste mit den sicheren Fakten über meine Toten aus dem Müllsack einen weiteren Punkt hinzufügen: Ausgehend davon, dass sie eine reine Zeltron war, mußte sie in der 21. Schwangerschaftswoche gewesen sein, als sie jemand umgebracht hatte.

Ich gab die neuen Erkenntnisse in dem Wissen an Dolph weiter, dass sie einen entscheidendes Puzzleteil zur Klärung der Identität der Toten darstellten. Auch wenn es wohl immer noch eine Menge langweiliger Polizeiarbeit bedurfte, um die Zahl der in Frage kommenden Vermißten einzuschränken, konnte sich das LCPD nun auf einen kleineren Personenkreis und die Daten einer neuen Quelle konzentrieren: Wenn die Zeltron im Rahmen ihrer Schwangerschaft einen Arzt oder eine medizinische Einrichtung in Lola Curich besucht hatte, würde Dolph das bald herausfinden. Auch wenn eine sichere Identifizierung dann immer noch fraglich war, würden wir auf diese Weise einen großen Schritt weiter kommen. Es war nur eine vage Ahnung, der ich folgte, als ich es selbst übernahm, die Datenbanken des Kaveri Medical nach passenden Einträgen zu durchsuchen und ich war nicht überrascht, als ich nichts fand. Allerdings ließ sich das Gefühl nicht abschütteln bis ich zu unruhig war, um konzentriert weiterzuarbeiten. Das Kaveri Medical hatte eine... Außenstelle. Gewissermaßen. Eigentlich nur eine kleine Ambulanz in einem der ärmeren Stadtteile von Lola Curich. Die Patienten, die dort behandelt wurden, waren oft mittellos, manchmal ohne festen Wohnsitz und die wenigsten hinterließen ihren wirklichen Namen. Wir versuchten dennoch Patientenakten zu führen - zum Schutz unserer manchmal etwas lichtscheuen Kunden allerdings anonymisiert und ganz altmodisch auf Flimsi. Das Archiv lag im Untergeschoß hinter einer dicken Feuerschutztür: Mit einem Kissen und einer Kanne Caf bewaffnet, richtete ich mich darauf ein, die nächsten Stunden dort mit den eingestaubten Akten zu verbringen.

Ich brauchte in der Tat mehrere Stunden, um einen kleinen Berg auszusondern, der die Daten von in Frage kommenden Patientinnen enthielt und zwei weitere, bis ich eine davon aufschlug, bei der alles übereinstimmte, was ich bisher über die Tote wußte. Obwohl das immer noch zufällige Kongruenzen sein konnten, hatte ich den sicheren Verdacht, dass die Akte zu der toten Schwangeren gehörte. Einen Moment betrachtete ich noch nachdenklich das Flimsi, das auf meinen Knien lag, bevor ich es hektisch in meine Tasche stopfte und aufstand: Sie war hier gewesen. Vor einem halben Jahr war sie meine Patientin gewesen.
 
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Leelas Leichen III

Lola Curich war Liannas dunkle Schwester auf der anderen Seite des Lona Cranith und das Gold&Gray lag dort im gleichen heruntergekommenen Stadtteil wie meine Straßenambulanz, nur einen kurzen Fußweg entfernt. Als ich mich auf den Weg dahin machte, war die Nacht schon fast vorbei, aber ich wußte, dass das Gold&Gray erst im Morgengrauen schloß. Ein kurzer Regenschauer hatte den Schmutz der Straße eher aufgeweicht als weggespült und er bildete nun einen schmierigen Film, über den ich in aller Eile zu laufen versuchte, ohne darauf auszurutschen. Es war untypisch still für dieses Viertel, aber das lag wohl an der Uhrzeit. Außer der allgegenwärtigen, bunt-flackernden Holowerbung bewegte sich nichts auf der Straße. Nur die Sohlen meiner Schuhe machten ein leise schmatzendes Geräusch auf dem nassen Boden. Ich hatte noch nicht ganz ein Drittel der Strecke zurückgelegt, als ich aus meinen Gedanken aufschrack: Für einen Moment war es mir so vorgekommen, als hätte das Geräusch ein Echo bekommen. Irgendwo hinter mir. Aber als ich mich darauf konzentrierte, tauchte es nicht mehr auf. War nicht mehr zu hören. Vermutlich war ich einfach zu angespannt und hatte mir das eingebildet.

Und wenn nicht? Dann war es nur ein anderer später Passant, versuchte ich mich selbst zu beruhigen. Kein Grund in Panik zu verfallen. Dennoch legten sich meine Hände unwillkürlich über die Griffe der Blaster in den Holstern an meiner Hüfte, wärend ich meinen Weg zügig fortsetzte. Am Rande der Wahrnehmbarkeit - so leise, dass ich es fast überhört hätte - wiederholte sich das Geräusch. Jetzt war ich mir sicher: Jemand folgte mir.

Aber mein Ziel war nicht mehr weit. Noch um zwei Ecken, ein Appartementblock, dann wäre ich in der relativen Sicherheit des Gold&Gray. Kamen die Schritte näher? Angespannt lauschte ich in die Dunkelheit, während ich weiterlief, ohne mein Tempo zu verringern. Als ich das nächste mal abbog, änderte sich die Beleuchtung: Ich liess die bunt flackernde Holowerbung hinter mir und trat in den tiefen Schatten einer kaum erhellten Seitengasse. Für einen Herzschlag war ich versucht loszurennen und der Dunkelheit und meinem Verfolger zu entfliehen - aber ich traf eine andere Entscheidung. Hinter einem Vorsprung drückte ich mich an die Wand und hob meine Waffen, um ihn zu stellen, sobald er um die Ecke käme. Ich wartete vergeblich. Niemand näherte sich. Hatte mein Verfolger seine Meinung geändert? Oder meinen Hinterhalt bemerkt? Nach einiger Zeit wagte ich einen Blick aus meinem Versteck heraus: Vor mir lag das helle Rechteck der Straße, aus der ich gerade gekommen war und wo ich meinen Verfolger zu sehen erwartete. Aber da war niemand. Nur bunte Lichtschleier, die sich auf der regennassen Straße spiegelten. Unentschlossen wartete ich noch einige Minuten und schob einen der Blaster wieder zurück ins Holster - aber alles blieb still.

Vermutlich wäre es besser - sicherer - gewesen, wenn ich mich jetzt ohne Umwege zu Meraska ins Gold&Gray begeben hätte, aber meine Neugier oder vielleicht auch eine Ahnung liess mich zu der beleuchteten Straße zurückkehren, von der ich gekommen war. Vorsichtig, immer noch einen der Blaster in der Hand schob ich mich vorwärts. Sehr, sehr langsam kam ich voran, während ich darauf achtete, kein Geräusch zu machen und immer darauf gefasst, dass doch noch jemand um die Ecke käme.

Bevor ich hinaus auf die Straße spähte, ging ich in die Hocke - eine Bewegung, die mir einen Schwall eines vertrauten metallisch-warmen Geruches in die Nase trieb. Ich erkannte, was es war, noch bevor ich es sah: Blut. Viel Blut. Mit dem Gesicht nach unten lag dort ein männlicher Mensch in der sich immer noch ausbreitenden, dampfenden Lache. Unwillkürlich tastete ich am Hals nach seinem Puls und erfühlte eher, als dass ich es sah, den Grund für den Blutverlust: Eine saubere, nicht mal große Schnittwunde am Hals. Quer über die Carotis. Natürlich hatte er keinen Puls mehr. Ich zog meine Hand zurück und lehnte mich gegen die Wand hinter mir. War das mein Verfolger gewesen? Oder jemand, der ihm in die Quere gekommen war? Ein zufälliges Opfer? Mein Blick fiel auf einen Blaster, den der Tote noch umklammert hielt. Um sich zu wehren? So sauber und präzise dieser Schnitt an seinem Hals angebracht worden war, war er zweifellos überrascht worden. Hatte er wirklich noch Zeit gehabt, nach seiner Waffe zu greifen? Ich bezweifelte es. Vielmehr mußte er ihn schon in der Hand gehabt haben. Mir wurde schlagartig klar, dass ich mich vor ein paar Minuten tatsächlich in Gefahr befunden hatte.

An meinen Fingern begann das fremde Blut zu gerinnen, während ich an der Wand hockte, in der anderen Hand noch locker meinen Blaster zwischen den Knien hielt und in die Dunkelheit zwischen den unruhigen Großstadtlichtern starrte. Jemand hatte diesen Mann ausgeschaltet, der mir hinterher geschlichen war, um mich... auszurauben? Zu töten?

Stattdessen war er selbst zum Opfer geworden. Da draussen gab es also einen noch tödlicheren nächtlichen Jäger. Zwar war die unmittelbare Bedrohung ausgeschaltet und lag leergeblutet vor mir, aber erst jetzt, als meine Anspannung nachließ, wurde mir kalt und der Blaster in meiner Hand zitterte. Es hätte mich zumindest beunruhigen sollen, dass sich der Mörder dieses Mannes vermutlich noch in meiner unmittelbaren Nähe befand und ich hätte mich in Sicherheit bringen müssen, aber sämtliche Energie war aus mir herausgeflossen und ich war nur noch müde - gerade noch in der Lage, mir die Hände mit einem Taschentuch sauber zu wischen und anschließend meine Kollegen vom LCPD zu kontaktieren, die sich um die Spurensicherung kümmern konnten. Den Besuch bei Meraska musste ich wohl verschieben. Ich hielt kurz inne: Konnte das der Grund für diesen Vorfall sein? Wollte mich jemand daran hindern, dieser Sache weiter nachzugehen? Immerhin war ich kurz davor gewesen, die Identität der toten Zeltron festzustellen.

Es dauerte nicht lang bis Meldas Team am Tatort eintraf. Ab hier war alles Routine - eigentlich hätte ich nicht mehr dabeibleiben müssen, aber - ungewöhnlich genug - ich wollte jetzt nicht alleine sein. Mein Speeder stand ein paar Ecken weiter in der Nähe meiner kleinen Straßenambulanz. Ich konnte mich lange nicht dazu durchringen dorthin zu gehen und wartete, bis der Tote in einem Leichensack verschwand und weggefahren wurde. In ein paar Stunden würde ich ihn sowieso auf meinem Tisch wiedersehen.

Die letzten Sterne verblassten über Kaveri Manor, als ich kurz vor Sonnenaufgang zurückkam. Als ich die Hand auf die Klinke der großen zweiflügligen Eingengstür legte, fühlte sie sich merkwürdig glitschig an. Hastig zog ich sie zurück – es war Blut, im blauen Zwielicht fast schwarz. Ich glaube, mein Herz setzte einen Schlag lang aus, bevor ich mich faßte, den Blaster zog und neben der angelehnten Tür in die Hocke ging.

Adrenalin perlte durch meine Adern. Trotz der Ereignisse, die hinter mir lagen, war ich wieder hellwach. Was sollte ich jetzt tun? Die Polizei alarmieren? Dauerte sicher zulang, wenn da drin jemand Hilfe brauchte. Die Zeit verstrich, während ich nachdachte und der Adrenalinrausch langsam abebbte. Wenn ich etwas tun wollte, dann bald: Kurzentschlossen stieß ich den Türflügel auf und versuchte über die Schulter zur Seite hinein zu rollen – ich hatte das hin-und wieder mit Dolph trainiert, aber mit Waffe in der Hand war das ziemlich schwierig.
Es klappte auch nur zum Teil. Ich kam hart auf der linken Schulter auf, hatte aber den Blaster oben und zielte durch die Dunkelheit vage in die Mitte des Raumes.

"Nicht schießen, Lee!" Die Stimme war leise, aber ich erkannte Edward. In der Richtung, aus der die Stimme kam, war nur ein Klumpen Schwärze, der sich vor der Düsternis in der Eingangshalle abhob. Es blieb dunkel, als ich mein Heim betrat. Und es blieb still. Viel zu still. Warum ging das Licht nicht an? Warum war das ständige Klacken von Fridas spinnenbeinigen Droiden verstummt?
 
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