Va'art

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian

Sicher hatte Ian es irgendwie zeigen können. Und da waren Indizien gewesen. Aber wenn er ihr vertraute, ihr glaubte, weshalb glaubte er ihr dann nicht, was ihre Worte anging? Weshalb glaubte er ihr nicht, dass sie es ernst meinte, dass ihre Worte nicht aus einer Laune heraus gesprochen wurden oder weil sie völlig verrückt war? Oder war es wieder das altbekannte Problem zwischen können und tun...
Auf ihre ganzen Worte, auf ihre ganzen Argumente - da hatte er nur das zu sagen? Irritiert stockte sie.
Sie das Gleiche fragen? Was meinte er damit? Sie verstand es nicht ganz, aber er antwortete wieder so ruhig, dass es eigentlich nicht viele Möglichkeiten gab. Sie selbst das Gleiche fragen... Sie selbst das Gleiche fragen. Sie fragte ihn, weshalb er sein Licht so klein machte, weshalb er sein Licht negierte.
Aber sie machte sich nicht klein. Nein, sie war realistisch. Sie wusste nun einmal, dass sie Fehler machte! Und es gab so viele Dinge, die schief gingen, die sie nicht unter Kontrolle hatte. Gerade er musste das doch wissen, er kannte sie ja beinahe nicht anders! Eigentlich musste er doch sehen, was für eine grottige Jedi sie zur Zeit war, eine, die überhaupt gar nichts richtig machte. Sie sagte das alles zu Recht. Er hingegen - ja, da waren diese dunklen Flecken, aber seitdem sie ihn kannte, seitdem hatte er eigentlich alles richtig gemacht. Ganz im Gegensatz zu ihr.

Nein, müsstest du nicht, sagte sie leise. Dazu gab es keinen Grund. Denn sie machte sich nun einmal nicht klein, sie beurteilte sich nur objektiv.

Ich sehe dich an, antwortete sie drängend, und genau das ist es ja. Ich brauche dir nicht noch einmal zu sagen, was ich in dir sehe. Da ist so viel mehr! Und ich verzweifle noch, weil du es nicht siehst!
Nun ließ er aber nicht los. Und seine Worte ließen sie sprachlos werden. Ich... ich... ich tue nicht das Gegenteil davon! Ich bin realistisch! Ich weiß um meine Stärken und Schwächen, ich... Sie schüttelte den Kopf. Lassen wir das. Das tat hier nichts zur Sache. Sie musste wieder ruhiger werden. Aufregung nutzte ihnen nicht. Du weißt nicht, was ich nicht verdiene, sondern du meinst nur zu wissen, dass ich dich nicht verdiene. Und das zu beurteilen, und sie musste sich wirklich beherrschen, um jetzt nicht aufzubrausen, ist einfach - nicht - deine - Aufgabe! Und auch nicht dein Recht!

Wie war das mit dem ruhiger werden? Es wurde nicht besser. Die drohende Todesstrafe warf auch sie aus der Bahn. Und es machte sie wahnsinnig, dass Ian sich damit offensichtlich schon abgefunden hatte. Ja, genau das war es! Sie verstand nicht, wie er äußerlich so ruhig bleiben konnte, wie konnte er nur so sachlich darüber sprechen? Als würde er darüber sprechen, ob er sich in einem Monat ein neues Schiff zulegen wollte!
Weil er es sonst wahrscheinlich auch nicht aushält, war die logische Antwort. Er brauchte diesen Abstand, er brauchte diese Sicherheit... und die Hoffnung darauf, dass es nicht geschehen würde, war vermutlich etwas, für das er keine Kraft mehr hatte. So weit war er schon. Und sie stand hier und sprach von Dingen wie zulassen und davonlaufen... Sie
war auf verlorenem Posten. Sie kämpfte gegen etwas, gegen das sie nicht ankam, etwas, das eine solche dunkle, unsichtbare Bedrohung war, dass sie einfach keine Chance hatte. Wir werden sehen, wer entscheiden wird. Vielleicht wird es nicht so weit kommen. Aber bitte, Ian... Nun bat auch sie. Sah ihn eindringlich an. Du darfst dich nicht einfach so aufgeben. Hörst du? Tu es nicht... Es ist noch nicht vorbei.

Sie hatte ein Déjà-vu, als Ian sie wieder festhielt und sie sich umdrehte. Sie blickte in seine entsetzten Augen, die so ernst dreinschauten, doch dieses Mal ließ er nicht sofort wieder los, im Gegenteil. Seine zweite Hand half der ersten, hielt sie fest, machte ihr klar, dass es ihm absolut ernst war. Ihm versprechen, die Jedi nie wieder zu verlassen? Was... wie kam er darauf, dass sie ihm so etwas versprechen würde? Sie hatte momentan nicht vor, ihre Berufung ad acta zu legen, aber wenn... dann war es etwas, das nur sie selbst betraf, sie alleine, und wenn sie zu dem Schluss kam, dass sie es tun musste, dass es keinen anderen Weg gab... dann würde kein Versprechen der Welt sie davon abhalten. Nein, aber es würde schwerer sein, und ihr Gewissen würde sie fürchterlich belasten. Eowyn nahm Versprechen ernst, und es kam ihr nicht eine Sekunde in den Sinn, Ian das Gewünschte zu sagen, ohne es ernst zu meinen. Coruscant, die Jedi, ihre Heimat... ja, aber Ian hatte es genau gesagt - es war einst so gewesen, und heute war alles anders. Die Zeiten, in denen ein Jedi zu sein, eine ehrenvolle Aufgabe war, von den meisten Bürgern geachtet und geschätzt, diese Zeiten waren vorbei. Die Galaxis hatte sich geändert, die Jedi hatten sich geändert. Sie hatte sich geändert. Und wenn das alles irgendwann wieder nicht zusammenpassen würde... wenn das alles nicht mehr zusammenpassen würde auf Grund dessen, was mit Ian eventuell geschehen würde... sie konnte es nicht versprechen. Sie wünschte, sie könnte, aber sie konnte nicht. Verzweifelt sah sie in Ians bittende Miene, sah, wie ernst er es meinte, wie wichtig es ihm war. Nicht umsonst hatte er sie wieder so nah an sich herangelassen. Er wollte ihr Versprechen, er brauchte es.
Aber sie konnte nicht.
Es kam ihr vor wie Stunden. Langsam schüttelte sie den Kopf, sah ihn an, verzweifelt, um Verzeihung bittend.
Es liegt nicht an dir, Ian. Du kennst mich... Es gibt Dinge, die ich nicht hinnehmen kann. Und wenn ich sehe, dass ich für etwas stehe, für dass ich nicht stehen kann... Und du hast es selbst gesagt. Sie waren meine Heimat.
Nein. Ian, ich kann dir das nicht versprechen, es tut mir Leid. Es tut mir wirklich Leid.
Sie schluckte. Aber ich kann dir versprechen... dass ich nichts überstürze.

Kurz und intensiv. Ihre verschiedenen Ansichten darüber waren offensichtlich, und auch sie schüttelte den Kopf. Kurz und intensiv muss nicht grausam sein, sagte sie leise. Aber lass uns darüber nicht streiten, ja? Seine Hände ließen sie schließlich los, seine Stimme wurde immer leiser, eindringlicher, ging immer mehr unter die Haut, uns wenn sie geglaubt hatte, dass sein Blick vorhin schon eindringlich war... wurde sie jetzt eines besseren belehrt. Sie blickte zurück, kämpfte mit aller Macht, dass nicht schon wieder Tränen in ihre Augen traten. Machten sie hier genau da weiter, wo sie heute Nacht aufgehört hatten? Nein, hauchte sie beinahe lautlos, und räusperte sich dann, um zumindest leise weiter zu sprechen. Nein, wie kannst du deine Vergangenheit vergessen? Sie schüttelte den Kopf. Das ist unmöglich. Aber Ian... nun war sie völlig konfus, verwirrt, wusste nicht, was sie noch glauben sollte. Hast du nicht eben das gewollt? Ich dachte du willst, dass wir es vergessen, dass wir vergessen, was da war. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf. Ich verstehe es nicht! Ich dachte du willst, dass ich dich in Ruhe lasse, damit du... damit Lianna leichter wird. Erklär es mir! Sie wandte sich ab, rieb mit einer Hand über ihre Stirn, die andere Hand in die Seite gestützt. Was wollte er nun? Wenn sie das eine sagte widersprach er, und nun schon wieder. Sie wurde nicht schlau aus ihm!
Eowyn drehte sich wieder zu Ian um, seufzte, sprach ruhiger. Sah ihm in die Augen.
Ian, ich scheine nicht von alleine darauf zu kommen. Ich mache immer nur Fehler, verstehe dich falsch. Sag es mir einfach. Sag mir, was ich tun soll, und ich werde mein Möglichstes geben, um es zu tun.

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Eowyn

Sie verstand es nicht, nein, sie verstand es einfach nicht. „
Das sehe ich anders.“ Er hätte es sie fragen können. Bloß kannte er die Antwort. ‚Ich schaffe es nicht‘ und ‚Ich kann nicht‘. Zwei Sätze, die Ian nicht vergessen hatte, so wenig wie die Aussage, dass er nicht zu viel in ihr sehen sollte oder sogar zu viel in ihr sah. Und während Eowyn versuchte Ian zu überzeugen, dass er zu wenig in sich sah und dabei scheiterte, scheiterte auch Ian darin, Eowyn zu überzeugen, dass sie sich unter falsches Licht stellte. Dabei handelte es sich um solch eine sinnlose Diskussion. Sie waren festgefahren, alle beide und das Erkennen dieser Tatsache war zermürbend. Nicht einmal das Versagen an sich – den anderen nicht überzeugen zu können. Nein. „Realistisch?“ Ian schloss die Augen und atmete einmal tief durch. „Ich glaube, wir sind beide blind in Bezug auf uns selbst.“ Dabei wäre es äußerst hilfreich gewesen, wenn auch nur ein Teil der Sicht, die sie über den jeweils anderen hatten, auch ihre eigene Sicht auf sich selbst beeinflussen würde. Aber sich mit fremden Augen zu sehen war unmöglich. Und vielleicht hatten sie beide über Jahre ein Urteil über sich gefällt. Über Jahre. Wie konnten ein paar Tage es revidieren? Hätte er doch nur Tahiris Überzeugungskraft gehabt. Sie hätte genau gewusst, was in solchen Situationen zu sagen war.
Lassen wir das? Ein erneutes Seufzen, diesmal eins der Resignation. Eowyn hatte es perfektioniert Themen die ihr nicht gefielen einfach weg zu schieben. So durchschaubar sie manchmal auch sein mochte, einfach machte sie es Ian bei weitem nicht. Denn anstatt ehrlich zu sich selbst zu sein, brach Eowyn einfach das Thema ab. Nicht das erste Mal. Dann aber gelangten sie an denselben Punkt, an dem sie eben, nur in umgekehrten Rollen gewesen waren. Eowyn akzeptierte seine Sicht nicht. So wie er ihre nicht akzeptierte. Wie konnte es möglich sein, dass sie sich in dieser Beziehung so ähnlich waren? Nicht, dass es etwas anderes gegeben hätte, das besser gewesen wäre. Aber musste es ausgerechnet diese … Starrköpfigkeit sein, die ihnen beiden gemein war?

„Es ist interessant, dass auch du mir mein Urteilsvermögen absprichst, so wie ich es eben getan hatte. Genau wie du treffe auch ich meine Entscheidungen und, es mir egal, ob ich ein Recht habe oder nicht, aber das, was ich in dir sehen will, kannst du mir nicht verbieten, so wenig wie du mir aufzwingen kannst anders auf mich zu sehen.“ Im Gegensatz zu ihr, blieb Ian absolut ruhig, obwohl ein leicht trotziger Ausdruck über sein Gesicht huschte. Eigentlich war es absurd. Sie behauptete, er habe kein Recht zu erklären, was sie nicht verdiente und gleichermaßen behauptete sie auch, dass er nicht das Recht hatte zu entscheiden, was er nicht verdiente. ‘ Wie kannst du sagen, mich nicht zu verdienen? ‘ ‚Du hast kein Recht zu beurteilen, was ich nicht verdiene‘. Ach, Haar'chak! Scheinbar hatte er überhaupt kein Recht, konnte weder für sich, noch für sie, noch für sonst irgendwen sprechen. Wäre die Situation eine andere gewesen, er hätte gelacht, denn tatsächlich bot all das Stoff für eine schauderhafte Serie, die sich pubertierende Teenager ansahen um am Ende hochtrabend philosophische Gespräche zu führen und zu glauben, den Sinn des Lebens erkannt zu haben.

Dann aber rückte die Todesstrafe, die sie nicht einmal als solche benennen konnte, wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit. Natürlich, sie würden sehen, was entschieden wurde, aber bis dahin fand Ian sich besser damit ab. „Ich weiß“, gab er leise auf ihre Bitte hin zu.
„Und weil ich es weiß, gebe ich nicht auf.“

Seine eigene Bitte hingegen, sein eigenes Flehen, beantwortete sie mit einem Kopfschütteln.
„Eowyn, sie können wieder deine Heimat werden.“ Ihr halbherziges Versprechen konnte er nicht annehmen, denn Eowyn begriff nicht, warum er dieses Versprechen gewollt hatte und es zerriss ihn, dass er unfähig war, etwas dagegen zu tun. Schon gestern hatte sie vorschnell entschieden. Impulsiv. ‚Ich bin da‘, hatte sie gesagt und diese Aussage war viel mehr, als nur überstürzt gewesen. Er sah die Entschuldigung in ihrem Gesicht, die Bitte um Verzeihung, in ihren Augen, dann musst er zu Boden zu sehen. „Sie sind nicht persönlich betroffen Eowyn, sie kennen mich nicht und vielleicht sehen sie die Sache deswegen klar.“ Klarer, als sie, denn ihr Urteil entsprang nicht zuletzt auch ihren Empfindungen. „Vielleicht… lässt du einfach nicht zu, dass irgendjemand einen Keil zwischen dich und die Jedi oder die Republik treibt, nur weil ich…“ Ians Satz ging in einem Seufzen unter. Eowyn durfte wegen einer gerechten Entscheidung nicht alles in Frage stellen. Vielleicht begriff sie seine Angst nicht. Er würde den Rat um ein Gespräch um vier Augen bitten müssen, denn er konnte nicht zulassen, dass Eowyn ins Bodenlose stürzen würde. Nicht wegen ihm. Und zeigte sich daran nicht in aller Deutlichkeit wie wenig sie es verdient hatte, sich ausgerechnet wegen ihm –mit ihm – auseinander setzen zu müssen. Ian wusste, dass er das Thema jetzt besser auf sich beruhen ließ, denn er konnte Eowyn kaum zu einem Versprechen zwingen. Sonst handelte es sich tatsächlich nur um ein ver-sprechen. Etwas, was nicht ernst gemeint war und damit völlig ohne Bedeutung. Und da ließ er sie los.

„Meine Erfahrungen haben das Gegenteil bewiesen…“, sollte auch Ians letzter Einwurf sein, denn auch ihm lag nichts ferner, als sich mit Eowyn zu streiten.

Für das, was er ihr als nächstes zu sagen hatte, war es vermutlich besser, sie nicht mehr zu berühren. Wobei eine körperliche Berührung fast nichts mehr verändert hätte. Denn die Worte und vor allem die Art wie sie fielen, wie sie zu ihm durchdrangen, waren wie eine Berührung.


Sie dachte, er hatte ‚es ’vergessen wollen. Dachte, dass Ian ‚das‘ vergessen wollte, was ‚da‘ war. Es. Das. Da. Warum war keiner in der Lage diesen Füllworten eine Bedeutung, einen Namen zu geben? Was war ‚das‘, was war ‚es‘? Und er war derjenige, der jetzt etwas erklären sollte?
„Eowyn, ich weiß es doch selbst nicht“, und da war die Hilflosigkeit zurück. Wie sie ihm helfen konnte? Nun, das war denkbar einfach.
„Hör auf, mir etwas zu bedeuten. Hör auf, mich etwas empfinden zu lassen.“ Und fast unhörbar fügte er hinzu, was er doch eben schon gesagt hatte: „Für dich.“ Obwohl er sie bei diesen Worten angesehen hatte, musste er seinen Blick nun wieder abwenden und kurz und unruhig huschte jener in der Umgebung he, bis Ian sein Gegenüber wieder fixierte. „Lianna wird nicht mehr leichter, wie soll es das werden? Es wird von Sekunde zu Sekunde schwerer und ich habe Angst, dass es unmöglich wird.“ Und warum? Wegen ihr!

„Ich habe nicht allein Angst um mich, sondern um dich. Ich… ich habe mehr als einmal einen Menschen gehen lassen müssen Eowyn, ich weiß wie es sich anfühlt, ich weiß, wie es sich anfühlt. Ich kam so gut klar damit, mich alleine wohl zu fühlen, ich war so sicher, dass ich niemals wieder jemanden brauchen würde. Dass ich niemals wieder jemanden in mein Herz schließen kann. Allein weil ich dachte, dass da nichts mehr ist. Und jetzt? Jetzt… jetzt ist da einfach nur noch Angst, dich zu verlieren und dabei weiß ich, dass ich dich verlieren werde und wenn du mich nur halb so verachten könntest wie ich es tue, wäre es vielleicht einfach.“ Es war besser, wenn er schwieg, denn der redete sich um Kopf und Kragen, aber zu Schweigen war völlig unmöglich.
„Was wird mit dir geschehen? Ich weiß nicht, was mit dir geschehen wird, ich weiß nicht, wer dich danach auffangen wird, ich weiß es nicht, und das, Eowyn, macht mir Angst, es macht mich…“ Da war nicht einmal ein Wort dafür. „Ich habe nicht einmal ein Wort dafür. Als du auf der Sandkorn fast gegangen wärst, habe ich gewusst, dass ich dich nicht gehen lassen kann, aber auf Lianna werde ich dich gehen lassen müssen. Ich weiß nicht wie, verstehst du, ich weiß nicht wie.“ Und Ians Verzweiflung brach sich Bahn, durch seine Stimme, durch seinen Gesichtsausdruck, durch jede Geste.
„Ja, ich will, dass es leichter wird, aber das wird es nicht. Ja, ich will, dass du mich in Ruhe lässt und nein, ich will es gleichzeitig nicht. Ich weiß nicht einmal, ob ich dich in Ruhe lassen kann, weil einerseits alles in mir danach schreit es zu tun, und andereseits mindetens genau so viel danach schreit, es nicht zu tun. Und ich kann nicht vergessen was da war weil es noch immer da ist.“ Schon wieder dieses leere Wort in einem Satz. Schon wieder. Und da lachte er auf, noch immer verzweifelt.

"Ich bin nicht mal in der Lage zu sagen, was das überhaupt ist und ich schätze, wenn ich es genauer hinterfragen würde, würde es mich auf der Stelle umbringen.“ Hilflos warf er die Hände in die Luft, als käme die Erleuchtung direkt aus den Wolken gefallen und warte nur darauf, aufgefangen zu werden.

„Ich dachte, da gäbe es nichts mehr, für das es sich zu Leben lohnt. Ich dachte, da gäbe es niemanden mehr, für den ich auch nur irgendetwas empfinden könnte. Was du also tun kannst? Mich hassen, damit es einfacher wird. Nichts Gutes in mir sehen, damit es erträglicher wird. Mich verachten, weil ich damit umgehen kann! Hilf mir einfach, dich nicht mehr zu...“

Erneut schloss er kurz die Augen, presste den Kiefer aufeinander. "Gib mir meine Empfindunslosigkeit zurück."
 
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Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian

Eowyn lächelte bedauernd. Das ist nichts Neues, dass wir Dinge anders sehen, oder? Aber was unsere Sicht auf uns selbst angeht... Sie seufzte, wandte den Blick ab. Er brauchte nicht denken, dass sie ihm nicht zuhörte. So war es nicht. Und es war ja auch nicht so, dass sie es nicht versuchen würde... Tu es, oder tu es nicht. Sie verdrehte die Augen - es gab nun einmal Dinge, da war das versuchen an sich schon anstrengend genug! Wie auch immer, ich schätze, da stimme ich dir zu. Vielleicht sollten wir beide... offener sein... Offener jeweils für die Sicht des anderen. Sie würden beide daraus lernen können, wenn sie sich darauf einlassen konnten. Aber das würde eine Vorstellung bleiben, denn sie war sich sicher, dass sie es beide auf diesem Mond nicht schaffen würden. Dafür waren hier viel zu viele andere Dinge vorrangiger. Überleben zum Beispiel.
Erstaunt hörte sie jedoch, was Ian ihr vorwarf.
Sie sprach ihm sein Urteilsvermögen ab? Das meinte er doch nicht ernst? Das war das Letzte, was sie tun wollte. Ian, ich will dir doch nicht verbieten... sie stockte, biss sich auf die Zunge. Oder doch? Ich sage doch nicht, dass du deine ganz eigene Sicht haben sollst. Aber bitte verstehe auch, wenn ich diese Sicht nicht teilen kann, ebenso wenig, wie du es bei mir kannst. Und wenn es nun einmal darum geht, was ich verdient habe... meinst du nicht, dass das dann meine Entscheidung sein sollte? Würdest du es nicht auch mir überlassen, wenn die andere Person nicht ausgerechnet du wärest? Verdammt, war das kompliziert. Und sie war sich plötzlich nicht ganz sicher, ob da nicht auch ein kleines Fünkchen Wahrheit in dem steckte, was er sagte. Aus seiner Sicht konnte es so wirken... und das war genau das, was sie hatte vermeiden wollten. Sie wollte nicht, dass er sich bedrängt fühlte, dass er sie nur akzeptierte, weil sie nicht losließ. Sie seufzte. Einigen wir uns einfach darauf, dass wir uns nicht einig sind. Das führt doch zu nichts, unsere Ansichten sind gegensätzlich und es gibt keinen Kompromiss.

Er wusste gar nicht, was es für Eowyn bedeutete, dass er nicht aufgeben sollte. Wenn er aufgab, dann hatte sie schon verloren, dann war schon alles vorbei. In dem Moment hatte sie keine Chance mehr, auf alles. Sie schloss die Augen, als sie seine Antwort hörte, atmete erleichtert auf. Er gab nicht auf. Er gab nicht auf, und sie würde dafür sorgen, dass es dabei blieb, oh ja.

Umso mehr tat es ihr Leid, dass sie nicht das Gleiche für ihn tun konnte. Sie konnten wieder ihre Heimat werden? Ja, das wusste sie. Das war es schließlich worauf sie hoffte, worauf sie hinarbeitete. Aber es war nicht so leicht. Sie fühlte sich wohl, ja, sie hatte wieder eine Aufgabe. Und es war sicher besser, wie vorher durch die Galaxis zu streifen. Es war sinniger. Aber... es war anders. Es war anders als auf Tirahnn, und es war anders als auf Coruscant. Jetzt, mit den neuen Erinnerungen an den Tempel in ihr, sah sie es noch viel deutlicher, und sie war sich nicht mehr sicher, ob ihre Hoffnung erfüllt werden würde.
Musste sie das überhaupt? Vielleicht erwartete sie auch zu viel. Es gab so viele Lebewesen da draußen, die auch ohne Heimat zufrieden waren. Warum konnte sie es nicht auch?
Sie schüttelte den Kopf.
Du verstehst es nicht. Nein, er verstand es nicht. Wie auch. Da war so vieles, das er von ihr nicht wusste, und er konnte nicht verstehen, dass er nicht der einzige Grund war. Er verstand einfach nicht, dass ihre Rückkehr nicht aus dem Grund erfolgt war, weil sie ihre Ansichten geändert hatte, weil sie klarer sehen konnte. Nein, es war gewesen, weil sie ohne die Jedi nur viel weniger klarkam als wenn sie ein Teil von ihnen war. Sie konnte nicht mit, sie konnte erst Recht nicht ohne, so einfach war es mittlerweile. Oder eben auch nicht.

Und sie würden die Sache nicht
klar sehen, sie würden einfach nicht alles sehen. Das war es, wovor sie Angst hatte, und dadurch würden sie Entscheidungen treffen, die eben vielleicht nicht richtig waren. Wenn sie wüssten, was sie wusste... Es war müßig. Keiner von ihnen beiden würde wissen, was geschah, wenn sie auf Lianna waren, alleine weil sie schon nicht wussten, wann das überhaupt geschehen würde. Ob es überhaupt geschehen würde...
Nur weil er... was? Sie beide und ihre Halbsätze, sie beide und ihre Angst, Dinge auszusprechen. Sie mussten sich das abgewöhnen! Es war kein Wunder, dass sie immer so viel stritten, wenn sie nicht deutlich sagten, was sie meinten! Die Hälfte ihrer Diskussionen beruhte sicher nur auf Missverständnissen.
Ian, noch einmal, es liegt nicht an dir. Dieses Mal nicht... Zumindest nicht direkt. Es wird niemand einen Keil dazwischen treiben, und wenn, dann bin ich es selbst. Außerdem sage ich doch nicht, dass ich die Jedi verlassen werde. Ich sage nur... Nein, sie würde jetzt nicht wieder abbrechen! Ich sage nur... Es war allerdings verflixt schwer. Sie hatte ihm das alles eigentlich nur gesagt, damit er sich weniger Sorgen machte, und nun machte er sich mehr. Toll gemacht. Ganz toll. Ich sage nur, dass es für mich keinen Unterschied mehr macht. Dass ohnehin schon Dinge geschehen sind, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Und, dass die Zeit zeigen wird, wo mein Weg mich hinführt. Ruhig sah sie ihn an, tastete sacht mit ihren Fingerspitzen über das Symbol ihrer Zugehörigkeit an ihrer Seite. Sie wusste nun, deutlicher als je zuvor vielleicht, dass das Leben Dinge brachte, die man nicht vorhersehen konnte. Die Zukunft gab und nahm, und wenn sie sie fortführte... dann war es so. Aber bis dahin... bis dahin würde noch viel Zeit vergehen. Bis dahin mussten sie erst einmal diesen Mond verlassen.

Sie hoffte, sie hoffte so sehr, dass Ian ihr sagen konnte, was er dachte. Dass sie endlich verstand, dass es auch leichter für sie werden würde. Sie wollte nicht mehr raten, ihn verletzen, sich verletzen, nicht wissen, was sie tun sollte. Sie wollte, dass zumindest irgendetwas hier endlich einmal einfacher wurde. Aber seine Worte machten ihr nicht gerade Mut. Er wusste es auch nicht? Na fantastisch. Hätte sie das gleich gewusst, dann hätte sie sich nicht so viel Mühe geben müssen, ihn zu verstehen und das Richtige zu tun - denn es gab schließlich offensichtlich nicht "das Richtige".
Doch seine nächsten Wünsche, sie kamen so schnell, so deutlich, so hilflos - und so unerfüllbar. Sie würde sie erfüllen, wenn sie wüsste wie, doch es war Utopie. Sie wusste schließlich nicht, konnte sich nicht erklären, was sie getan hatte, um ihn wieder fühlen zu lassen. Es war nichts, das man bewusst anstrebte, und es war nichts, wofür man sich bewusst entschied. Denn sonst hätte er sich dagegen gewehrt, dessen war sie sich sicher... Seine letzten beiden Worte waren so leise, dass sie sie beinahe nicht gehört hätte, aber sie hatte sie gehört. Empfindungen, für sie, und etwas, das eigentlich schön sein müsste war es nicht, denn sie wussten beide, dass es nur Leid hervorbrachte. Sie schloss die Augen, als er den Blick abwandte, wünschte sich, sie könnte seinen Wunsch erfüllen. Erst Recht, als er weitersprach und sie die Augen wirde öffnete, zwang sich, ihn anzusehen. Lianna wurde schwerer. Seine Informationen weiterzugeben wurde schwerer. Seinen Hochverrat halbwegs öffentlich zu machen wurde schwerer. Das, was er als "einmal das Richtige tun" bezeichnet hatte, es wurde schwerer, immer schwerer... und das alles, weil sie ihm im Weg stand. Wegen ihr. Er dachte vernünftig. Rational. Logisch.
Und sie, die doch eigentlich immer diejenige war, die auf ihrer Logik beharrte... was tat sie? Sie dachte, sie würde ihm helfen. Sie dachte, für ihn da zu sein konnte nur gut sein, Halt war etwas Gutes. Wie konnte etwas Gutes so falsch sein? Wie konnte etwas eigentlich Gutes, wie das, was er sagte, so voller schmerzvoller Folgen sein?
Sie lag so falsch. So falsch... Und es war alles ihre Schuld, auch wenn sie es nicht mit Absicht getan hatte.


Auch in seinen weiteren Worten lag so vieles, das sie nicht wollte. Angst. Sie war die Ursache von Angst, und sie wollte es nicht, wollte nicht, dass er, der ohnehin schon genug Angst haben musste, noch Angst um sie hatte. Angst vor Verlust, die ohnehin schon vorhanden war, die noch wachsen würde, je länger... Ihn verachten.
Heute Nacht noch wäre es vielleicht möglich gewesen. Vielleicht... wenn sie sich anders entschieden hätte. Nein, wäre es nicht, dachte sie dann innerlich seufzend, heute Nacht war es schon zu spät gewesen. Sie konnte ihn nicht verachten, im Gegenteil, je länger sie ihn anblickte, desto weniger verstand sie, wie er nicht sehen konnte, was sie sah, konnte sich einfach nicht vorstellen, wie
irgendjemand nicht sehen konnte, was sie sah.
Wer sie "danach" auffangen würde? Wenn er... "gegangen" war? Wenn er tot war, das meinte er doch! Sie brauchte niemanden, der sie auffing. Sie brauchte niemanden, denn sie kam gut genug alleine klar. Und wenn sie jemanden brauchte, da war ein ganzer Orden voller Jedi! Er brauchte sich um sie keine Sorgen machen. Das war unnötig. Zumindest diese Sorge konnte sie ihm endlich nehmen.
Es wird mich niemand... Nein? Wirklich nicht? Und was war heute Nacht gewesen, da hatte sie auch niemand auffangen, halten müssen, nicht wahr? Das, was als Beruhigung gemeint gewesen war, ging wieder völlig in die falsche Richtung, denn dieses Mal konnte sie den Satz urplötzlich wirklich nicht beenden. Sie schloss die Augen. Und selbst wenn, sprach sie erstickt weiter, um zumindest noch irgendetwas zu retten, ich bin nicht alleine. Da ist Aketos, da sind andere.
Und was redete er eigentlich davon, er würde sie gehen lassen müssen... War es nicht genau umgekehrt? Würde nicht sie ihn gehen lassen müssen? Egal, was geschah - der schlimmste Fall oder auch nur der, dass er die Basis irgendwann verlassen würde? Aber das half nicht, das war kontraproduktiv. Egal was geschehen würde, es würde schwer werden. Für die beide. Schwer bis unmöglich... Aber ihre Sorgen um ihn, die Sorgen, die sie sich machte, eben weil diese Sache auf Lianna bevorstand... diese Sorgen waren genauso existent wie die seinen um sie. Aber je mehr sie darüber nachdenken würde, desto größer würde das schwere, tiefe Loch in ihrem Bauch werden.

Er war innerlich zerrissen. Deutlicher konnte man es kaum sehen, und Eowyn litt, als sie seine nächsten Worte hörte. Was sollte sie nur tun? Welchen Wunsch konnte sie respektieren, welchen sollte sie ignorieren? Was würde es für sie beide leichter machen? War es jetzt noch einfach genug, wieder auf Abstand zu gehen, aufzuhören, einander so nahe zu sein, ihre Gespräche zu beschränken - war es überhaupt noch möglich? Sie hatte es ihm schwer gemacht, sie musste ihm nun wenigstens helfen, da... nein. Mit ihrer Hilfe hatte es doch erst begonnen, verdammt noch einmal! Sie wünschte sich, sie könnte die Zeit zurückdrehen, es verhindern... nur selbst dann, wie, was hätte sie anders tun sollen? Ihn auf Nar Shaddaa stehen lassen? Er wäre verloren gewesen. Aketos nicht verlassen und mit ihm fliegen? Sie hätte niemals von dem Virus erfahren... Nicht an Bord des Schiffes gehen, das sie beide nach Lianna bringen sollte? Er wäre wieder verloren gewesen, wäre alleine abgestürzt... Was hätte sie tun können, um es ihm nun nicht so schwer zu machen?
Sie wusste es nicht. Und sie wusste erst Recht nicht, was sie nun weiter tun sollte. Das war alles so schrecklich durcheinander, und das Schlimme war... es konnte sein, dass sie noch Wochen hier bleiben mussten. Wochen, in denen sie beide so weitermachten wie jetzt gerade... das würde sie ohnehin beide an ihr Ende bringen. Sie war hilflos, absolut hilflos, und konnte nur dastehen und zusehen, wie Ian immer verzweiflter wurde.

"Das". Sie wusste es ebensowenig. Sie wusste nur,
dass da etwas war, ein Band, das sie gespürt hatte, eine kurze Ruhe, eine Verbundenheit. Nähe, Geborgenheit. Nicht lang... denn gleich darauf war Ian mit seinem Geständnis herausgeplatzt, und schon wieder hatte alles sich verändert. Und sie würden es nicht herausfinden, denn Ian hatte Recht. Es würde ihn umbringen... innerlich. Und sie selbst vielleicht auch.
Nichts mehr, für das es sich zu leben lohnte... das hieß doch, dass es nun etwas gab. Das war doch genau das, was sie hatte hören wollen, dass er nicht aufgeben würde. Und er würde nur nicht aufgeben, wenn er sich an etwas halten konnte. War das der Schlüssel? War es vielleicht richtig, waren diese Ängste notwendig, damit er da durchkam, damit er überhaupt weiterleben konnte? Sie wusste es nicht, sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung, ob es richtig war, aber es war etwas, das eine Richtung vorgab. Etwas, das sie nicht vergessen sollte...
Sie hatte ihm gesagt, sie würde ihr Möglichstes tun, doch als sie seine letzten Wünsche hörte zuckte sie zurück. Ihn hassen, verachten... nein. Und außerdem konnte er es ohnehin nicht ernst meinen. Er wusste, dass sie das nicht konnte, sie hatte es gestern Nacht nicht gekonnt, sie würde es auch heute nicht tun. Niemals. Nicht einmal, wenn sie es wollte... Aber wenn
er es wirklich wollte? Es würde alles so viel einfacher machen. Wenn sie ihn verachtete, dann... dann würde auch er sich wieder verachten, noch mehr als ohnehin schon, und das war falsch. Nein, dieser Weg war nicht der Richtige, und sie wunderte sich über sich selbst, ihn überhaupt in Betracht gezogen zu haben. Und als ob es überhaupt möglich wäre, das, was da war, einfach so zu ignorieren! Als ob das ginge! Das einzige, was vielleicht, eventuell ging, war, sich zurückzuziehen. Ihn in Ruhe zu lassen, auch wenn es wehtat. Ihm seinen Freiraum zu geben, Abstand zu wahren. Abstand. Dieser verdammte Abstand...
Und dieser verdammte Ian! Konnte er endlich aufhören mit diesen Halbsätzen? Sie sollte ihm helfen, sie nicht mehr zu... WAS? Sie schrie es in Gedanken hinaus, während sie ihn weiter regungslos anstarrte.


Schließlich aber brach der Damm. Ich kann es nicht rückgängig machen... flüsterte sie. Ich wünschte, ich könnte es. Für dich. Ich wollte es dir nicht noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist... Ich habe es nicht gesehen... es war keine Absicht, und es tut mir Leid... Ich will dir nicht im Weg stehen, bei dem was du tun musst, für dich...
Und ich verstehe, dass du Angst um mich hast, aber kannst du dir vorstellen, wie meine Angst um dich aussieht?
Sie schloss die Augen, schüttelte es ab. Wollte nicht daran denken, dieses Mal nicht sie, sondern Ian in der Dunkelheit... Du brauchst keine Angst um mich zu haben. Ich komme klar. Ich bin bisher immer klargekommen, irgendwie. In meinem Beruf wird man nicht alt, wenn man nicht lernt, zurecht zu kommen. Sie lächelte schief. Sie würde ihm nicht zeigen, wie sehr das alles sie mitnahm. Nein, sie würde es ihm nicht noch schwerer machen. Und da ihre Abschirmung nicht existent war musste sie dafür sorgen, dass sie tatsächlich ruhig blieb. Dass es sie tatsächlich nicht mitnahm... Mit Nicht-machtsensitiven Leuten zu reden war so viel einfacher. Man konnte sie zu ihrem Schutz tatsächlich... nun ja, man konnte ein wenig flunkern. Vor Ian konnte sie nun nicht... flunkern, es ging nicht, sonst hätte sie vielleicht schon längst gesagt, dass er sich überschätzte, dass sein Schicksal nun wirklich nicht Grund dafür sein konnte, dass irgendetwas in ihr sich veränderte... Es wäre einfacher gewesen. Aber es ging nicht. Es ging "technisch" einfach nicht, selbst, wenn sie wollte. Ich weiß, dass du mir etwas bedeutest, Ian, fuhr sie weiterhin leise fort, und ich weiß auch, dass du es weißt. Ich weiß nicht, was da ist, ich weiß nur... Auch wenn das alles für mich neu ist, ich weiß, dass ich alles ignorieren kann, wenn ich muss. Sie sah ihm wieder in die Augen, ging einen Schritt auf ihn zu, stand nun so nah, dass sie den Kopf in den Nacken legen musste, um überhaupt in seine Augen zu sehen. Wenn ich muss, dann kann ich es. Aber ich kann dich einfach nicht verachten. Ich kann alles für mich behalten, aber ich kann nicht aufhören, zu sehen, wer du bist. Wer du in meinen Augen bist, nicht in den deinen. Eowyn traf ihre Entscheidung, trat wieder einen kleinen Schritt zurück und nickte langsam. Sie konnte es. Ich will nicht, dass Lianna schwerer für dich wird, als es sein muss. Sie ignorierte den schweren Brocken, der ihr auf der Brust lag. Sie musste das Thema beenden. Sie musste einen Schlussstrich ziehen, zumindest für jetzt. Es war so schon schwer genug. Es war besser so. Es ging nicht anders. Sie konnte ihn nicht noch mehr quälen, sie hatte es schon genug getan. Und wenn sie ihn quälte, dann quälte es sie selbst ohnehin auch - also reichte es, wenn sie so litt, ohne es noch zu verstärken und es für ihn noch schlimmer zu machen.
Wir sollten weitergehen, sagte sie matt. Alles andere... war ohnehin gesagt.

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Eowyn

Ian lachte auf, mit leisem bedauern in der Stimme. „Was du sagst, ist nicht fair.“ Und wenn sie nur eine Sekunden innehielt, um darüber nachzudenken, dass er vielleicht recht haben konnte, würde sie es erkennen. Denn wann immer Ian seien Meinung über sich selbst kund tat, war Eowyn diejenige, die diese Meinung nicht akzeptierte. Auch Eowyn ließ an nicht entscheiden, was er verdient hatte. Doch der Dunkelhaarige war zu müde –in dieser Hinsicht- um es zu widerholen. Und Eowyn lag absolut falsch, mit dem, was sie als nächstes sagte. Er hätte wohl jeden genauer unter die Lupe genommen, der sich Eowyns Vertrauen verdienen oder erschleichen wollte. Jeden. Und hier hätte sie hm vielleicht zum Vorwurf machen können, dass er dazu kein recht besaß. Manchmal spielte genau das aber eine untergeordnete Rolle. Nicht selten nahm man sich das recht für etwas heraus, unabhängig davon, ob es einem zustand, oder nicht. Einfach deshalb, weil der andere nicht egal war und weil man sich wünschte, dass es ihm gut ging. „Glaub mir, die Antwort darauf würde dir nicht gefallen.“ Dann verstrickte Eowyn sich auch schon in den nächsten Widerspruch und einen Moment kam Ian nicht umhin sich zu fragen, ob sie wirklich hörte, was sie sagte. Eigentlich hatte er viel von ihrer Logik gehalten. Aber wenn es um persönliche Dinge ging, um Dinge die sie selbst betrafen, war ihre Logik völlig abstrus und Ian musste sich bemühen, nicht zu beginnen, sich darüber zu ärgern, das Eowyn Themen, die ihr nicht gefielen, immer wieder beendete. Wie sie wohl reagiert hätte, hätte er gestern Abend das Gleiche getan? Was sie tat war nicht fair und wahrscheinlich bemerkte sie das nicht einmal, was es schwer macht, ihr diese Angelegenheit zum Vorwurf zu machen.
„Wir sollten offener sein, aber keine Kompromisse eingehen?“ Die Frage, die er so ohne Vorwurf, dafür aber mit einer gehörigen Portion Verwunderung stellte, konnte Ian nicht vermeiden. „Das ist ein Widerspruch in sich“, schüttelte er schlussendlich den Kopf. Aber aus Rücksicht zu ihr und ja, auch auf Rücksicht auf sich selbst, würde er das Thema vorerst auf sich beruhen lassen.


Ob er das nächste wirklich falsch verstand? Ian war anderer Meinung, glaubte, dass Eowyn nicht verstand. Sie hatte das Wesentliche schon längst gesagt. Sie war ohne Heimat. Coruscant war es gewesen. War. Wie sollte ein Herz ohne Heimat Frieden finden? Es war schlichtweg unmöglich. Und wenn es die Jedi und Coruscant gewesen waren, die für sie eine Heimat dargestellt hatten, bestand die Chance, ihre Heimat wieder zu finden. Nichts anderes hatte er gemeint und deswegen war seine Bitte so wichtig gewesen. Ians Resignation breitete sich weiter aus. Warum sagte sie einerseits, dass er sie vielleicht besser kannte, als sonst jemand, um ihm im Gegenzug immer wieder die vermeintliche Tatsache vor Augen zu werfen, dass er nichts verstand. Anstatt ihm dabei zu helfen, sie verstehen zu können –oder den Versuch zu unternehmen- änderte sie nur wieder das Thema.


Natürlich war da eine Menge, von dem er nicht wusste, denn bis auf Winter und ihre Eltern hatte Eowyn kaum etwas von sich preis gegeben. Dabei war es erschreckend, zu glauben, sie zu kennen und sich der Tatsache bewusst zu sein, dass er sie vermutlich wirklich kaum kannte. Eigentlich hatte er nur versucht zu erklären, was er empfand und vielleiht lag der Fehler genau darin, Wie erklärte man Ängste, wie Gefühle? Beides war so irrational. Er hatte von ‚jemandem‘ gesprochen, der keinen Keil zwischen sie und die Jedi, zwischen sie und die Republik treiben sollte. Und mit ‚jemand‘ war sie so gut gemeint, wie jeder andere. Ihre nächsten Worte hätten so gut aus seinem eigenen Mund stammen können, dass Ian nichts weiter blieb, als völlig resigniert den Kopf zu schütteln. Außerdem war da wieder ein Widerspruch. Wie war es möglich, dass ihr das nicht auffiel? Sie hatte nicht vor, die Jedi zu verlassen? Nein. Sie war bloß schon einmal keine Jedi mehr gewesen, hatte sich eigenes als Jedi vorgestellt (als er wissen wollte WER und nicht WAS sie war), hatte halb gesagt, dass sie die Jedi verlassen würde, wenn sie ihn nicht retten konnte. Aber die Jedi verlassen? Niemals!
Vielleicht bildete auch Ian sich bloß zu viel ein, sah in dem ominösen Orden etwas, was er nicht war. Und vielleicht fand Eowyn auch außerhalb des Ordens ihre Heimat und Halt. Nur war der Gedanke nicht fassbar, noch weniger, wenn er sich an Coruscant erinnerte und das, was sie gesagt hatte. Oder, wie sie reagiert hatte. Coruscant, der Tempel, die verlorene Heimat, die ihr nicht dabei geholfen hatte, wieder zurückzufinden. Sie war eine Suchende und die Sorge, dass sie eine Verlorene werden würde, war einfach zu groß. War es ihm nicht ähnlich ergangen?

Ian hatte nicht daran geglaubt, der der heutige Tag besser werden konnte, als der gestrige. Aber das ein paar Gefühle sich verschlimmerten? Damit war nicht zu rechnen gewesen. Wieder ein Halbsatz. Ein Halbsatz, d essen Ende er kannte. Da war niemand, der sie würde auffangen müssen. Genau das wollte sie doch sagen, konnte aber nicht, weil sie die Lüge erkannte, noch während sie diese aussprechen wollte. Gestern. Der eindeutige Beweis. Und ihr Versuch der Rettung, ihr Versuch, ihm seien Sorge zu nehmen, misslang fürchterlich. Sie hatte Aketos. Aketos, die sie bis jetzt nicht mit einem Notruf hatte erreichen können. Und da waren neben Aketos noch andere? Andere, denen sie von ihren quälenden zweifeln erzählt hatte? Andere, die über Winter und Eowyns Schuldgefühl Bescheid wussten? ‚Natürlich‘, lag dem Dunkelhaarigen auf der Zunge, aber es wäre derart sarkastisch über seine Lippen gekommen, dass er sie damit nur hätte verletzen können.

Und was seien nächsten Worte betraf, so bereute Ian diese zutiefst. Während Eowyn so gut das Thema wechseln konnte, hatte Ian selbst sich mehr als einmal um Kopf und Kragen geredet und da war der Wunsch, der enorm anwachsende Wunsch, ihr nicht gesagt zu haben, dass sie ihm etwas bedeutete. Aber er war dumm genug gewesen, noch viel mehr zu sagen.
Er konnte sich ihre Angst lebhaft vorstellen, weil er wusste, wie es war, jemanden zu verlieren. Weil er gesehen hatte, wie haltlos sie gestern gewesen war. Weil er glaubte zu sehen, wie sehr sie mit sich und allem haderte und das von Anfang an. Sie kam klar, so wie sie immer klar gekommen war? Hörte sie sich eigentlich zu? Zählte sie eins und eins zusammen? Sie tat es nicht, nein, sie tat es ganz und gar nicht. Und Resignation war nicht einmal mehr treffend für das, was Ian empfand. Ihr Wunsch, rückgängig zu machen, dass er etwas empfand verletzte Ian mehr, als er zugeben wollte. Tatsächlich verletzte dieser Satz ihn tief. Und nicht nur um seinetwillen, nein. Aber es war Fakt, dass Ian Lianna niemals wirklich betreten hätte wollen, wenn Eowyn nicht da gewesen wäre. Es war Fakt, dass sie ihn erst zum Umdenken gebracht hatte. So wie es auch Fakt war, dass er ohne sie in sein Verderben gerannt wäre. Was viel schlimmer schmerzte war das, was sie nicht aussprach, das, was zwischen jedem Satz hallte. Dass sie alles schlimmer gemacht hatte, dass sie wieder versagt hatte. Dass sie immer versagte. Sie war blind, wirklich, absolut blind. Und Ian? Zu unfähig. Keines seiner Worte hatte sie richtig verstanden, kein einziges, denn wie sonst konnte sie so reagieren? Hätte er doch nur geschweigen. Hätte er doch bloß den Mund gehalten. Er, der er seit Jahren nur abgeschirmt und verschleiert hatte.

Ihre nächsten Worte aber und ihre nächste Handlung, wenn auch gut gemeint, gaben ihm beinahe den Rest. Und eigentlich gab es da nur zwei Optionen. Entweder, er hielt sie wieder fest, packte sie an den Schultern, schrie sie an oder schüttelte sie, oder aber, er lief jetzt schweigend neben ihr weiter. Keine der Optionen gefiel ihm. Keine.


„Vielleicht bin ich nicht der einzige, der Angst vor meinen Gefühlen hat. Vielleicht fürchtest auch du dich vor ihnen.“ Und vor ihren eigenen. Beides war bedauerlich und so bedauerlich es war, so verständlich wurde es mit einem mal. Sie konnte es nicht zulassen. Aus demselben Grund wie er. Selbstschutz.
hatte das nicht schon einmal hervorragend funktioniert? Nämlich gar nicht?!


„Also werden wir uns wieder ignorieren?“ Es klang wie die Frage eines kleinen Kindes, dass Angst hatte, von seiner Mutter abgelehnt zu werden und vielleicht drückte sein Blick genau das Gleiche auch aus.

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian

Sie redete sich um Kopf und Kragen, und egal wie sehr sie sich bemühte, offen zu sein, vorurteilsfrei zu sein, Ians Ansichten zu respektieren, es gelang ihr doch immer wieder, Dinge zu sagen, die er entweder missverstand oder falsch interpretierte. Oder die sie einfach falsch ausdrückte. Es war zum Verzweifeln, und das tat sie auch beinahe. Sie versuchte doch so sehr, fair zu sein, nur um als Antwort das komplette Gegenteil zu bekommen.
Vielleicht... vielleicht hatten sie sich alles andere nur eingebildet. Vielleicht war da gar nichts, denn so, wie sie sich manchmal nicht verstanden, selbst in Momenten wie diesen, wo zumindest sie selbst sich so viel Mühe gab... Es war nicht nur zum Verzweifeln, es war zum Durchdrehen, zum verrückt werden. Mit Hilfe der Macht wäre es einfacher gewesen. Mit Hilfe der Macht konnte sie Dinge zeigen, konnte es verständlicher machen. Brauchte nicht diese elenden Worte zu nutzen, die niemals das aussagten, was sie sagen wollte, die sie immer wieder hintergingen.
Eowyn wandte sich ab. Dieses
Gespräch war zu viel, und vor allem war es falsch... Sie wollte sich einfach nicht streiten, sie hatte keine Kraft für einen Streit, auch nicht für eine Diskussion, und das, wo sie über etwas redeten, das so theoretisch war. Wie konnte man über solche Dinge wie "jemanden verdienen" überhaupt diskutieren? Es war solch ein individuelles Gefühl. Es war, als würde man darüber diskutieren, ob man jemanden mochte oder nicht, etwas für jemanden empfand oder nicht...
So habe ich das nicht gemeint, und auch nicht gesagt!, wehrte sich Eowyn schlussendlich dennoch. Ich habe nicht gesagt, dass wir keine Kompromisse eingehen sollen! Im Gegenteil... ich habe gesagt, dass es keinen gibt, oder fällt dir etwa einer ein? Es ist einer dieser Fälle, in denen man entweder die Meinung des einen oder die des anderen achten kann, denn das eine schließt das andere aus... Und oh, wie sie sich wünschte, dass es mehr Kompromisse gäbe. Aber sie waren nicht immer möglich, das war die Realität.

Er unterbrach sie nicht, wenigstens das. Und sie wusste, als sie den Schritt zurücktrat, mehr Abstand zwischen sich und Ian brachte, dass dieser Schritt mehr bedeutete. Sie war versucht, ihre Abschirmung wieder zurückzuholen, einfach nur, um es ihnen leichter zu machen. Ein glatter Schnitt. Nicht noch einmal kompliziert machen. Aber es wäre zu überraschend, sie wollte Ian schließlich nicht verletzen. Was sie sich nicht eingestand war, dass es ihr unendlich schwer fallen würde... Sie wünschte sich aus irgendeinem sentimentalen Grund, noch einmal seine Hand zu berühren, aber es war besser, jetzt gleich alle Verbindungen zu trennen. Jetzt gleich, bevor sie in einer Sekunde nicht mehr die Kraft dazu hatte.
Jetzt hatte sie sie, und als sie sich schließlich wieder in Bewegung setzten, da war es tatsächlich einfacher, als vor ihm zu stehen. Sie musste einfach nur Acht geben, ihm nicht zu Nahe zu kommen, weder physisch noch in Gedanken, dann würde es funktionieren... es hatte funktionieren zu müssen.
Aber... Angst vor seinen Gefühlen? Das war lächerlich. So oft lag Ian richtig, wenn er etwas bei ihr vermutete, aber hier lag er komplett daneben. Weshalb sollte sie Angst vor seinen Gefühlen haben? Das war... das war... ja, das war wirklich lächerlich! Das war also das einzige, das er einmal wieder antwortete? Aber ihr sollte es nur Recht sein. Keine oder wenige Worte waren auch Worte, und vielleicht war es auch seine Art der Zustimmung. Angst vor seinen Gefühlen. Wie kam er nur darauf? Was hatte ihm diesen Eindruck vermacht - nur die Tatsache, dass sie einen Schlussstrich gezogen hatte? Es hatte viele Gründe dafür gegeben, das wusste er doch. Allen voran... allen voran, weil sie nicht Schuld sein wollte, wenn er noch mehr litt als ohnehin schon. Weil sie nicht wollte, dass er seinen Mut verlor. Und weil es besser war, jetzt auf Abstand zu gehen als später, weil es nicht einfacher werden würde. Sie hatte keine Angst vor seinen Gefühlen.
Oder... vielleicht doch ein wenig? Es war ungewohnt. Neu. Sie arbeitete alleine, seit Jahren, außer, wenn sie Padawane hatte. Nun ja, sie konnte vielleicht zu geben, dass es ein klitzekleines bisschen... fremd war, aber Angst? Sie hatte Angst um Ian, sie hatte Angst vor dem, was irgendwann auf sie wartete. Was waren da schon ein paar Gefühle? Das war nichts im Vergleich.
Dennoch, es hagelte viel auf sie ein. Bisher hatten ihre Gedanken sich eher sorgenvoll um Ian gedreht. Dass er verstehen musste, dass sie für ihn da war, dass seine Vergangenheit sie nicht so getroffen hatte, wie er vermutet hatte. Sie hatten sich eben genau darum gedreht - um ihn, seine Vergangenheit. Das, was da davor gewesen war, es war in den Hintergrund gerückt, und dabei... dabei hing das alles doch zusammen, war das nicht offensichtlich? Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, darüber nachzudenken. Weshalb auch? Es war genau, wie Ian gesagt hatte. Sobald sie auf Lianna waren, sobald Ian seine Aussage machen würde, dann lag sein Schicksal weder in seiner noch in ihrer Hand, so sehr sie versuchte, es zu verdrängen. Gefühle... hatten da keinen Platz. Absolut... keinen... Platz...
Bei allen Sonnen! Sie
hatte Angst, und das nicht zu knapp. Sie hatte plötzlich solche Angst, dass ihr die Luft wegblieb. Seine Gefühle machten alles noch viel schlimmer, und ihre eigenen... ihre eigenen, bei allem, was ihr heilig war, ihre eigenen waren noch viel, viel schlimmer. Was tat sie da? Was taten sie beide da? Oh fantastisch, wie gekonnt er das hinbekommen hatte. Bis eben hatte sie gut verdrängt, alles in Kauf genommen. Sie wollte nicht noch mehr fühlen, sie wollte nicht noch mehr Schmerz empfinden, abgewiesen werden. Sie wollte nicht, dass diese Gefühle wuchsen, dass es immer schlimmer werden würde...
Sie hatte Angst vor ihnen, und das war verdammt noch mal gut so! Sie hatten da zu bleiben wo sie waren, denn wenn nicht, wenn nicht...


Ich habe keine Angst vor ihnen, presste sie dennoch hervor, denn sie würde weder diese Angst noch diese Gefühle zulassen. Würde sie zu diesem riesigen Eisklumpen in ihrem Bauch verdonnern, der ohnehin schon so groß war, und da konnten sie bleiben, zusammen mit allem anderen. Oh nein. Sie würde nicht weiter darüber nachdenken. Denn war die Tür erst einmal geöffnet... Zu. Die Tür war zu. Denn für sie beide und vor allem für Ian war es besser so. Lianna... er musste nach Lianna, und er musste das tun, weshalb sie überhaupt erst aufgebrochen waren.
Sie musste etwas essen. Sie musste unbedingt etwas essen und ihren Bauch auch mit Dingen füllen, die nicht nur negativ waren... Auch wenn sie gerade weder Hunger noch Appetit hatte, im Gegenteil. Sie spürte aber genau, dass ihre Kraft nachließ, und die nächste Frucht, die sie sah, musste sie essen. Ablenken. Dann würde sie sicher auch wieder vernünftiger denken können. Sie war einfach nur hungrig, das war es... niemand konnte ruhig denken und objektiv sein, wenn er hungrig war.

Wieder ignorieren. Der Gedanke daran brach ihr das Herz, sie spürte es genau, es klopfte wie wild, um sich dagegen zu wehren, und es schmerzte, schmerzte so sehr... Wenn sie nur daran dachte, wie die Stunden gestern gewesen waren, wie langsam sie vergangen waren, wie schrecklich einsam sie sich gefühlt hatte, obwohl Ian direkt bei ihr gewesen war... Wie sollte sie das aushalten? Von nun an für die nächsten... was auch immer? Sie wünschte, sie könnte die Augen vor all dem schließen, aber sie würde nicht noch einmal stehen bleiben. Sie würde weitergehen. Es war richtig so. Ihre Entscheidung war richtig. So sehr sich in ihr alles sträubte, alles schrie, dass sie es nie und nimmer ertragen würde, sie wusste, dass es richtig war. Sie würde zumindest
ein Mal etwas in Bezug auf ihn richtig machen. Sie würde es richtig machen und ihm den Weg ebnen, den er gehen musste, denn nichts anderes hatte er verdient. Wenn sie ihm schon sonst nicht helfen konnte, dann eben auf diese Art und Weise. Er hatte es selbst gesagt, heute Nacht - er musste unbedingt nach Lianna, nichts anderes war ihm so wichtig erschienen, absolut gar nichts. Und seine Worte von vorhin, dass es immer schwerer wurde, waren ebenfalls deutlich. Wenn er nicht wusste, was er wollte, nun, dann würde sie eben entscheiden, und sie wusste, was ihm wichtig war. Sie hatte ihm die Wahl gegeben, er hatte sie nicht genutzt.
Und vielleicht würde auch er sie dafür irgendwann verfluchen, für diese Entscheidung, für dieses... Abwenden. Das würde es ihm noch einfacher machen. Im Idealfall... da war all das von heute Nacht bald nur noch eine ferne Erinnerung. Etwas, von dem er nicht wusste, warum er es je empfunden hatte. Und wenn nicht, dann war es zumindest nicht noch schwerer. Nicht noch schwerer, als es ohnehin schon war... Hatte er die Tür gerade unbedingt noch öffnen müssen?
Sie ließ sich zurückfallen, der "Weg" wurde enger, es war nur noch Platz für eine Person. Sie musste etwas antworten, und es war einfacher, wenn sie ihm dabei nicht in die Augen sehen musste. Sie musste die Gunst der Stunde nutzen. Also holte sie Luft, um die Worte zu sagen, die sie am wenigsten sagen wollte, aber einfach keine andere Wahl hatte, bemühte sich um eine feste, überzeugte Stimme, während ihr Inneres einfach nur traurig zusah.
Wenn es nicht anders geht und es sein muss... dann ja.

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Eowyn

Wenigstens stritten sie sich nicht, was vielleicht der Sensibilität des Themas zu Schulden war. Dabei hätte Ian sich vermutlich nur wenige Minuten später gewünscht, dass sie sich wirklich gestritten hätten.
„Wenn ich nur meine eigene Meinung anerkenne, bin ich für die des anderen nicht offen.“ [/i] War das so schwer zu verstehen? „Und das Beste was mir dazu einfällt, ist, dass es vielleicht manchmal sinnvoller ist, seine Scheuklappen abzulegen oder zu Schweigen. Wir widersprechen Dingen, die uns zuwider sind und sind dabei meistens viel zu schnell. Und ich weiß, sehr wohl, dass ich das auch tue. Aber wenn ich ohnehin überzeugt von meiner Meinung bin und weiß, dass es nichts geben wird, was mich überzeugt, wird mich auch nichts überzeugen. Weil ich mich gar nicht überzeugen lassen will.“ Er seufzte, fügte aber nach einer kurzen Pause hinzu: „Ich bin mir nicht sicher, ob Wollen hier nicht vielleicht sogar stärker ist als Können. Beides spielt eine Rolle. Was man sich in Jahren angeeignet hat, lässt sich nicht innerhalb weniger Tage oder Gespräche einfach ändern. Aber gibt es nicht so etwas wie Blindheit oder Routine sich selbst gegenüber? Und sollte man das nicht vielleicht in Betracht ziehen? Und wäre es nicht allein schon deshalb logisch, sich nicht an seine Meinung zu klammern?“ Es waren rhetorische Fragen, Ian wusste schließlich so gut wie hoffentlich auch Eowyn, dass er sich aus dieser Gleichung nicht ausschloss. Mehr wollte er zu dem Thema aber auch nicht mehr beitragen. Auch wenn es nicht immer nötig war einer Meinung zu sein, in diesem Fall ging es um etwas anderes. Nicht um den Geschmack einer eher bedeutungslosen Sache. Nicht um die Frage, welcher Autor besonders gut schrieb, nein. Hier ging es um etwas Wesentliches. Das Bild eines Menschen, der von Bedeutung war, der Person, die sich schlecht machte. Dabei ging es nicht um Recht haben. Sondern vielmehr darum, das man nicht zulassen wollte, dass der andere sich schlecht machte, eben weil man ihn mochte.

Und als Eowyn dann, erst einen Schritt auf ihn zumachte, um dann wieder einen zurück zu machen, war der Moment gekommen, in dem sich Ian wünschte, dass sie sich gestritten hätten. Denn mit einem Streit hätte umgehen können. Mit dem, was jetzt geschah hingegen? Sie entfernte sich und warum auch immer Eowyn ständig Gesten und Gefühle miteinander verbinden musste, war Ian ein absolutes Rätsel. Als hätte ihn eines nicht genug getroffen. Und sie machte es schlimmer, dabei fühlte es sich ohnehin schon längst so ans, als würde sie ihm einen brennenden Dolch ins Herz stoßen. Eigentlich hatte er die ganze Zeit erreichen wollen, dass da Abstand zwischen ihnen war, weil ihm so klar vor Augen gelegen hatte, dass nur Abstand verhindern konnte, dass sich irgendein Gefühl, irgendeine Angst oder gar irgendeine Hoffnung einschlich. Aber warum hatte Ian Eowyn gestern gestanden, was er getan hatte und warum hatte sie nahezu mit Verständnis darauf reagiert? Warum hatte sie noch gestern, noch heute Morgen behauptet, für ihn da zu sein um jetzt, kaum eine Stunde später das Gegenteil zu tun? Sie stieß ihn von sich weg. Nicht einmal sachte, um ihn darauf vorzubereiten, nein, sie stieß ihn einfach weg. Dabei hätte sie doch einfach gestern sagen können, dass sie Abstand wollte, dass diese Morde, diese Vergangenheit alles geändert hatten. Dass sie noch zusammenarbeiten mussten, da es nötig war, das aber sonst nichts mehr übrig war. Gestern. Er hatte sie darum gebeten, hatte ihr gesagt, dass er nicht aushielt, wenn sich gestern und morgen voneinander unterschieden. Sie hatte seine Hand berührt um ihm zu versichern, dass sich nichts geändert hatte, sie hatte… Wo war seine Empfindungslosigkeit? Er brauchte sie zurück, dringend, denn Ian spürte, wie etwas, das verzweifelter und schmerzvoller nicht sein konnte, über ihn herein zu brechen drohte. War da nicht die Angst gewesen, sie zu verlieren? War da nicht die unsägliche Angst gewesen, sie längst verloren zu haben? Und hatte er nicht eben gestanden warum auch immer- dass sie der Mensch war, der ihm seinen Sinn zurückgegeben hatte? Der Mensch, für den es sich vielleicht sogar lohnte überhaupt weiter zu machen? ‚Ich bin da‘ hatte sie gesagt. Aber sie war weg. ‚Es hat sich nichts geändert‘, hatte sie gesagt, aber es hatte sich alles geändert.
War es nicht wie immer in seinem Leben, genau jetzt, in genau diesem Moment? Ein weiterer Verlust? Ein Verlust mehr, der ihn gar nicht aus der Bahn hätte werfen dürfen? Die macht der Routine… sich an etwas gewöhnen? Nein, das hier war anders, ganz anders. Ganz, ganz anders.
Ian schluckte schwer und kämpfte erfolgreich gegen die Tränen an, die in jenem Augenblick hervorstoßen wollten. Gegen das Gefühl aber, das auftrat unterlag er. Etwas schien zu brechen, er spürte es deutlich. Hätten sie doch nur gestritten! Hätte er gestern doch besser geschwiegen. Hätte er sie besser nicht kennen gelernt… Und vor allem, hätte er doch bloß nie etwas für sie empfunden.
Das Gefühl des Elends breitete sich aus, brach nahezu Bahn über seinen ganzen Körper, hinderte ihn fast daran, noch richtig laufen zu können. Aber Ian würde es nicht zulassen, nein. Lianna. Das Virus. Er musste an diese beiden Dinge denken. Und, es war besser so. Für sie.

Ihre letzten Worte blieben irgendwo hängen, in einem Dunst aus Gefühlen, in einem Sicherheitsnetz, das verhindern würde, dass ihre Worte ihn entzwei brachen.

„Also gut“, sagte er leise mit belegter Stimme, die seinen Schmerz nach Außen trug. Und es sollte das letzte Mal gewesen sein, dass er auch nur irgendein Gefühl nach Außen trug. Denn danach schirmte Ian sich wieder ab, vor ihr, vor sich selbst, vor allem.

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian

Eowyn schüttelte den Kopf. Er verstand sie nicht. Nichts anderes hatte sie eigentlich sagen wollen, war aber einfach nicht in der Lage dazu. Er hatte völlig Recht, sie sah es sehr ähnlich, da waren kaum Unterschiede in ihren Ansichten. Nur bekam sie es einfach nicht hin, ihre Gedanken zu formulieren. Weshalb war sie so unfähig dazu? Weshalb waren Worte, etwas so Wichtiges, etwas, mit dem sich absolut nicht klarkam? War das ein Ausgleich für ihre Machtsensitivität? Aber es war ohnehin unwichtig. Sie steuerten auf etwas zu, bei dem solche Dinge keine Rolle mehr spielen würden, also was kümmerte es sie? Ian konnte von ihr denken, was er wollte. Besser, er dachte, dass sie sich ohnehin nur missverstanden. Das machte es auf Dauer einfacher.

Er spürte offensichtlich nichts von ihrem Schmerz, von ihrer Angst, von ihren Zweifeln. Entweder hatte sie sich gut genug im Griff, oder er war vollauf mit sich selbst beschäftigt - was kein Wunder war, denn sie spürte seinen Schmerz und dessen Intensität sehr wohl.
Es war gut so, es war so, wie sie es gewollt hatte. Ein kleiner, klitzekleiner Teil von ihr, den sie sofort in die hinterste Ecke verbannte, dieser Teil
wollte, dass er merkte, wie sehr sie selbst litt, wie sehr es ihr wehtat, das alles abzuschließen, ganz entgegengesetzt zu dem, was sie vorhin gesagt hatte. Aber der überwiegende Teil war erleichtert, denn so war es besser. Es war der einzige Weg, dass er weiter an seinem Ziel festhielt, und letzten Endes würde es ihm alles einfacher machen.
Und für sie? Für sie würde es irgendwann vielleicht auch einfacher sein. Wenn sie auf Lianna war würde es das vermutlich, wenn sie diesen Abstand hatte. Auf Lianna würde sie sich zurückziehen, sich ganz auf Aketos konzentrieren und deren Ausbildung, die nun nicht mehr allzu lange dauern konnte. Er hatte von Anfang an Recht gehabt, so wie beinahe immer. Und irgendwann würde der Schmerz verblassen, irgendwann war das alles nur eine ferne Erinnerung. Es würde leichter werden. Sie musste nur durchhalten.


Es schmerzte noch mehr, da sie seine Gefühle spürte, wie sie auf ihn niederprasselten. Aber das war nichts zu dem, wie es in ein paar Tagen sein würde, das war nichts gegen die Angst, die er spüren würde, wenn sie auf Lianna waren. Und das, ihr Ziel, ihre Mission, war einfach wichtiger als alles andere, sowohl für sie als auch für ihn. Eowyn wusste das, war sich da völlig sicher.
Aber es war nicht fair. Einfach nicht fair. Als hätte er nicht schon genug durchgemacht. Als hätte sie nicht auch irgendwann einmal etwas anderes verdient als ihr Leben zwischen Sorgen, Kriegen und Nöten. Es hätte... es hätte... es
hätte, und genau deshalb durfte sie darüber nicht nachdenken. Denn es war nun einmal nicht, und es würde nicht sein, wenn sie es nicht zuließ, was sie nicht durfte.

Seine Worte, so voll von dem, was sie schon die ganze Zeit von ihm spürte, stachen noch einmal zu, besiegelten alles, und dann... dann war er fort. Eowyn sah ihn natürlich noch, sie spürte seine Präsenz und seine Anwesenheit, aber das, was sie seit heute Nacht verbunden hatte, diese Offenheit, diese Abwesenheit von irgendwelchen Grenzen, das war fort, und es traf sie mit einer solchen Gewissheit, dass sie ihre Tränen mit aller Macht zurückhalten musste, während auch sie begann, sich wieder abzuschirmen. Um endlich auch ihre Gefühle, die sie so eisern unter Kontrolle gehalten hatte, ein wenig loszulassen.
Gefühle gibt es nicht. Dabei war das eine solche Lüge... Wie konnte jemand solche Gefühle ignorieren, ein solches Wirrwarr an Emotionen? Wie konnte man aus solchen Gefühlen Frieden ziehen, wie konnte man sie so beherrschen, dass man sich von ihnen nicht beeinflussen ließ? Sie tat seit Stunden nichts anderes, als sich von ihnen beeinflussen zu lassen, und es wurde nicht einfacher, im Gegenteil, sie ergriffen immer mehr Besitz von ihr. Es war wie ein Strudel, der sie immer weiter hinunterzog, und je mehr sie versuchte, dem zu entkommen, desto schneller ging es.
Aber genau das sollte dieser Satz verhindern. Dass ein Jedi es überhaupt zuließ, dass es so weit kam. Denn diesen Gefühlen entsprang nichts Gutes.
Gefühlen entsprang niemals Gutes. Positiven Gefühlen stand immer ein Negatives gegenüber, eines, das früher oder später das Positive ersetzen würde. Auf Freundschaft folgte irgendwann Trennung, auf Verbundenheit ein Loslösen. Glück hielt nicht ewig und wurde irgendwann ersetzt durch Trauer. Die alten Jedi hatten sehr wohl gewusst, weshalb sie diesen Satz in den Kodex aufnahmen, und das noch als den allerersten. Diese Gefühle hätten niemals zugelassen werden dürfen, denn nun stand sie vor diesem Scherbenhaufen, die sie angerichtet hatten. Kurz und intensiv war besser als niemals erlebt? Langsam tendierte Eowyn dazu, in diesem Punkt Ian Recht zu geben. Bisher war sie gut ohne alles ausgekommen, das "normale" Menschen erlebten. Und wenn Gefühle nur solche Schmerzen auslösten, solche Probleme... Sie konnte darauf verzichten.


Aber sie hatte sie, und jetzt, wo sie sicher war, dass ihre Abschirmung alles vor Ian zurückhalten würde, brauchte sie sie nicht mehr zu unterdrücken, konnte den Schmerz darüber spüren, dass die Umstände sie beide zu all dem zwangen. Das war es schließlich auch, was sie gelehrt bekommen hatte. Gefühle nicht aufstauen lassen, sie betrachten, akzeptieren, loslassen. Letztendlich irgendwann loslassen. Nur war das bisher irgendwie immer einfacher gewesen... Oder vielleicht auch nicht, denn in letzter Zeit hatte sie vermutlich eher unterdrückt als akzeptiert. Das war natürlich einfacher gewesen.
Ihr Kopf dröhnte noch immer von all dem, und sie rieb sich die Schläfen. Sie lief weiterhin hinter Ian, auch wenn ihre Route es vielleicht mittlerweile anders zulassen würde. Aber sie konnte nicht neben ihm laufen, nicht in sein Gesicht sehen, das entweder seine Gefühle zeigen würde oder aber nichts, und sie wusste nicht, was schlimmer wäre. Sie lief ihm blind hinterher, achtete kaum mehr auf den Weg. Er würde schon nicht im Kreis laufen, und alles andere spielte ohnehin keine Rolle. Es war... anders als gestern, als sie ebenfalls geschwiegen hatten. Gestern war furchtbar gewesen, und dennoch... vielleicht war es einfacher gewesen, als sie noch nicht wusste, was da sonst noch alles war. Ihre Ängste, Ians Öffnen, und dann das, was eben
nicht mehr war. Ja, gestern war hart gewesen. Aber mit diesen wenigen Minuten in ihrem Kopf, in denen alles anders gewesen war... Trotz des Gehens war ihr kalt. Nein. Sie würde nicht mehr an gestern denken. Sie sollte ihre Gedanken nach vorne richten, auf ihre Mission. Sie mussten fort kommen von hier... Es musste eine Möglichkeit geben, etwas, an das sie noch nicht gedacht hatten. Irgendetwas, eine Kleinigkeit, unbedeutend, so sehr, dass sie es übersehen hatten.
Und was, wenn sie hier herumliefen, immer weiter, die nächsten Tage, Wochen... und das völlig umsonst, weil dieser Mond nur von Dschungel bedeckt war? Weil es auf diesem Mond kein anderes intelligentes Lebewesen gab außer ihnen beiden? Sie waren nun den was... vierten Tag hier? Und sie waren auf nichts gestoßen. Auf gar nichts außer auf Tiere. Selbst wenn es hier noch anderes Leben gab, was, wenn es auf der anderen Seite lag? Sie konnten unmöglich den halben Mond umrunden. Was, wenn sie wirklich niemals bis Lianna kamen, was, wenn... Stang, hatte sie nicht schon genug Probleme, sie hüpfte wirklich von einem zum Nächsten. Wenn sie das eine verdrängte, dann tat sich das Nächste auf, es war furchtbar.

Dieser Tag würde lang werden. Sehr, sehr lang.


Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im ausgehöhlten Baum, mit Eowyn

Da war es zurück, das Schweigen, dass Eowyn schon einmal begonnen hatte. Nur war es da noch eisig gewesen, hatte aus verletzten Gefühlen bestanden. Verletzte Gefühle gab es auch jetzt, mit dem sehr feinen Unterschied, dass sie sich wohl zunehmend selbst verletzt hatten. Und da waren eine Menge verdrängter Gefühle, oh eine ganze Menge verdrängter Gefühle. Ihr Schweigen war nicht aus Wut entstanden, sondern aus etwas anderem. Angst. Und Angst war, bei der Macht, ein schlechter Lehrmeister.


Die Abschirmung half wenig, denn Ian wusste, dass Eowyn sich hinter ihm befand, er hörte ihre Schritte auf dem Boden und nicht immer war Macht nötig, um irgendetwas zu spüren. Es gab neben der Macht andere, feine Wellen, die von Menschen ausgingen, auch von solchen, die keine Machtsensivität besaßen. Als Ian selbst noch nichts von der Macht gewusst, sie nicht bewusst hatte einsetzten können, war da etwas gewesen, das ihn empfänglich für Stimmungen gemacht hatte. Etwas, was er sicher nicht der Macht zuschrieb, nein. Vielleicht handelte es sich schlicht um das, was man Empathie nannte. Gefühle mochten verschleiert und verborgen werden können. Aber Gesichtsausdrücke und Eindrücke der anderen Person?
In der Macht nicht wahrnehmbar zu sein, bedeutete nicht, dass alles nicht mehr wahrnehmbar war. Eine Mauer zu errichten, obwohl da keine Mauer gewesen war, war eigentlich völlig absurd. Er musste nichts Direktes spüren, um sich ihren Gefühlen bewusst zu sein. Und er musste seine eigenen Gefühle nicht verbergen, sie hatte doch eben noch gespürt! Er hatte eben gestanden. Und jetzt? Liefen sie schweigend, sich verbergen hintereinander her. Warum? Vor was wollten sie sich eigentlich noch schützen? Vor Gefühlen, die zu verdrängen es schon längst zu spät war? Vor Ängsten, die unlängst ausgesprochen worden waren? Es war zermürbend. Und es war kindisch. Und es ergab keinen Sinn. Sie waren erwachsen.
Er sollte nicht vor ihr davon laufen. Zumindest hatte sie doch festgestellt, dass er es tat. Nun liefen sie beide gegenseitig davon. Vor sich und vor dem anderen. Sogar bildlich, denn sie liefen nicht länger nebeneinander. Beide waren sie außerdem wieder dabei, die Augen zu verschließen, beide waren sie wieder dabei ihre eigene Sicht gewinnen zu lassen.
Sie hatten beide zugegeben, den anderen zu brauchen und jetzt stießen sie sich einfach voneinander weg? Sie hatten dem Stand gehalten, was er gestern gesagt hatte, um sich jetzt zu trennen? ‚Du darfst nicht aufgeben. ‘ Aber sie, sie sollte er jetzt aufgeben? Sie und alles andere? Absurd. Wirklich, es war absurd. Noch absurder war es, wenn Ian sich zurück ins Gedächtnis rief, dass Eowyn behauptet hatte, dass es ohnehin zu spät war. Da gab es Dinge, die nicht mehr rückgängig zu machen waren. Ja, da gab es eine Menge Dinge, eine ganze Menge Dinge und nicht zuletzt waren es die Dinge, die sie so schattenhaft benannt hatten. ‚Das‘ was da war. Was sie nun beide zu vergessen suchten. Sie würde klar kommen? Natürlich. Er würde klar kommen? Selbstverständlich. Deswegen fühlte es sich so wunderbar an, hier zu laufen. Weil sie so gut klar kamen, es so gut ignorieren konnten! Bis zum Abend sollten sie das durchziehen? Bis zum nächsten Tag? So lange, wie sie auf Va’art waren? Oh natürlich, nichts war leichter als das. Ein bisschen ignorieren, ein bisschen verdrängen, ganz viel so tun, als wäre all das leicht und hoffen, dass es dann wirklich leichter wurde. Seien Geschichte hatte ja bewiesen, wie einfach es war zu verdrängen und wie harmlos die Auswirkungen davon waren. Und jetzt tat er das Gleiche wieder? Nein, nein, nein. Es war falsch. Bis zum Abend würde er so nicht laufen, nein. Und da blieb Ian stehen, riss sich den Rucksack von den Schultern und schleuderte ihn auf den Boden. Weg mit dem Rucksack, weg mit der Abschirmung.


„Das werde ich nicht tun, nein, das werde ich NICHT TUN.“
Er würde nicht schweigend herum laufen, denn es machte nichts einfacher. Wenn es nicht anders ging, wenn es sein musste? Nein!

„Das ist… das ist …“ Ein hilfloser Tritt gegen den Rucksack folgte. Sicher nicht gut für die Früchte, aber die waren gerade das letzte, wofür Ian sich interessierte.

„Ich soll nicht vor dir davon laufen? Ich soll mich nicht aufgeben? Waren das nicht deine Worte? Wollen wir jetzt zurück zu unserem ‚Ihr‘ kehren, damit wir es leichter machen? Wollen wir uns jetzt gegenseitig belügen, damit es leichter wird, obwohl wir BEIDE wissen, dass es das gar nicht werden KANN?! Weil sich Dinge nicht ändern lassen, weil es für manches zu spät ist?“
Am liebsten hätte er den Rucksack gepackt und ihn gegen den nächsten Baum geworfen, am liebsten wäre er entweder aus der Haut gefahren, oder hätte sich schreiend auf den Boden geworfen. Aber nichts dergleichen würde er tun.

"Eowyn, das werde ich nicht tun. Ich habe dir nicht von all dem erzählt, ich habe nicht mein Innerstes nach außen gekehrt, um jetzt so zu tun, als hätte es keine Bedeutung. Es gibt Dinge, die du nicht hinnehmen kannst? Oh ja und es gibt Dinge, die ich nicht hinnehmen kann. Ich bin nicht Jahre vor mir weg gelaufen, um jetzt, da ich es dank dir geändert habe, wieder damit anzufangen.“ Und da lagen eine Menge Emotionen in seiner Stimme, Wut war sicher nicht die ausschlaggebendste.
„Ich will nur, dass du weißt, es hat sich nichts geändert. Erinnerst du dich?Er schüttelte den Kopf, sah sie mit stechendem Blick an.
„Du musst es nicht auf Rücksicht für mich ändern, ich bin nicht auf diesem Mond abgestürzt, um am Ende vor Lianna davon zu laufen. Ich bin nicht auf diesem verdammten Mond abgestürzt, um wieder da zu beginnen, wo ich einmal aufgehört habe. Ja, es wird schwer werden, aber das ist es doch schon längst. Ich habe Tahiris Tod überwunden, ich habe Alisahs Betrug überwunden und ich werde auch das hier überwinden. Diese verfluchte Angst und alles andere. Aber ich werde nicht, nein, ich werde jetzt nicht anfangen so zu tun, als wäre alles, was hier geschehen ist, völlig ohne Bedeutung. Ich werde nicht anfangen, dich zu ignorieren, weil ich sonst mein Herz verraten würde. Nein. DAS WERDE ICH NICHT TUN!“
Die letzten Worte waren laut, zu laut, sogar in seinen Ohren, aber wenn er sie nicht hinaus schrie, würden sie ihn ersticken.
„Von mir aus, lauf du davon, vor mir, vor dir, aber erwarte nicht, dass ich das Gleiche tun werde. Denn das wäre nicht fair, nein, das wäre nicht fair.“

Dschungelmond von Va'art, im ausgehöhlten Baum, mit Eowyn








 
Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian

Es würde leichter werden. Mit jedem Schritt, den sie machte, kam sie dem Moment näher, an dem es irgendwann kein Problem mehr sein würde, und so lief sie, setzte Fuß vor Fuß vor Fuß... Hatte sie vorher noch kaum darauf geachtet, wohin sie lief, so war sie nun darauf erpicht, sich ganz besonders darauf zu konzentrieren. Denn wenn man lief und darauf achtete, auf welche Oberflächen man trat, welchen Fuß man nutzte, wie sich die Bäume und Pflanzen veränderten... dann war da kein Platz für Gedanken an die Person vor ihr, für Gedanken daran, wie es nun weitergehen sollte. Stumpfsinniges Laufen. Ja, das war viel eher die Lösung als der Versuch, ihre Gedanken zu ordnen. Manchmal lösten sich die Dinge, ohne dass man allzu viel darüber nachdachte, manchmal war Denken kontraproduktiv, machte alles nur noch schlimmer. So waren ihre Gedanken völlig abwesend, als Ian plötzlich stehenblieb.

Erschrocken blieb sie ebenfalls stehen, und da spürte sie ihn plötzlich wieder, sah, wie er den Rucksack zu Boden pfefferte. Spürte seine... was? Seinen Ärger? Aber vor allem hörte sie ihn. Seine Worte waren allzu deutlich. Auch wenn er nicht sagte, was er nicht tun würde, das brauchte er nicht. Er würde nicht so weiterlaufen. Er würde sie nicht ignorieren. Er würde nicht... dagegen angehen? Sie zuckte zusammen, als der Rucksack seinen Ausbruch zu spüren bekam und starrte dann wieder Ian an. Wo kam das alles plötzlich her?
Ja, das waren ihre Worte gewesen, aber das war gewesen, bevor sie erkannt hatte, wie sehr ihre Anwesenheit ihm schadete. Sie wünschte beinahe tatsächlich, sie könnten auch sprachlich wieder auf Abstand gehen, aber es war unmöglich, das zurückzunehmen. Das wäre... nein. Dieses kleine Bisschen konnte sie sich nicht nehmen, der Hauch einer Erinnerung an das, was hätte sein können. Und sie belog ihn nicht, sie schützte ihn! Es
musste leichter werden! Ja, doch, vielleicht war das, was sie tat nicht sonderlich ehrlich, aber es war kein Lügen, und sie tat es doch nur deshalb, weil es nicht anders ging... War es dafür wirklich zu spät? Hatten sie den Moment verpasst, in dem sie sich hätten abwenden können?
Sie fror, sie fror immer mehr, und anstatt ihm alles entgegen zu schleudern stand sie nur schweigend da und... starrte ihn immer weiter an. Was war in ihn gefahren? Wo kam das alles her? Weshalb hatte er all diese Dinge nicht vorhin gesagt, als sie ihn gefragt hatte?


Und es war noch nicht vorbei. Es war tatsächlich nicht vorbei, und damit meinte sie nicht nur Ians Worte. Er fand sich nicht damit ab? Weshalb? Weshalb so plötzlich? Sie ertrug es nicht mehr. Dieses Hin und Her, dieses "du kannst mich nicht mögen", das Fortstoßen, hinüber zum "warte bis morgen", zurück zum "ich habe dich nicht verdient" und über das "ich weiß nicht, was ich will" zur Akzeptanz ihres Schnittes. Nein, sie ertrug es einfach nicht mehr, sie hatte sich entschieden, weil er es nicht konnte, weil er nicht gewusst hatte, was er wollte. Sie hatte sich zu diesem Entschluss durchgerungen, ein Entschluss, der sie alles an Kraft gekostet hatte, ein Entschluss, der nur dem entsprach, was er die ganze Zeit gewollt hatte, und nun wehrte er sich plötzlich dagegen? Das ging nicht. Das durfte er nicht.
Aber er tat es.
Er konnte es nicht hinnehmen? Wieso, wieso kam ihm dieser Gedanke
jetzt, wieso entdeckte er jetzt diese Seite an sich? Da war plötzlich wieder so viel, seine Stimme, seine Emotionen, seine Worte, die auf sie einstachen. Sie ertrug es nicht, es war zu viel, zu viel...
Ihre Worte. Es waren ihre Worte, die er da schon wieder nutzte, die er gegen sie schmetterte. Unter seinem Blick zuckte sie erneut zusammen, brachte es immerhin zustande, schwach zu nicken. Ja, das waren ihre Worte gewesen. Es hatte sich bis jetzt nichts geändert, sie hatte für ihn da sein wollen, aber er... er war es gewesen, der sie abgewiesen hatte, mit den Argumenten, dass er sie nicht verdiente, welch ein Blödsinn.
Sie hatte es versucht zu ändern, für ihn, für die Mission, und letzten Endes auch für sich selbst, denn sie konnte ihm nicht andauernd hinterherlaufen wie ein kleines Haustier. Noch einmal, wo kam das alles her, diese Sicherheit, diese Energie, diese Worte? Kurz fragte sie sich, wer Alisah war, doch das tat nichts zur Sache. Er wollte es nicht ignorieren - nicht sie, nicht das, was geschehen war, und bei der Ewähnung seines Herzens begann ihr eigenes zaghaft zu klopfen, nur um panisch noch schneller zu werden, als seine Stimme laut wurde. Erschrocken wich sie zurück. Nein. Er durfte das nicht. Er durfte nicht so mit ihr spielen, sie hin und her werfen, mit ihr jonglieren. Sie akzeptieren wann er wollte, sie wegstoßen wann er wollte. Er konnte nicht über sie verfügen, sie lenken, so wie er gerade lustig war. Er wollte nicht mehr davonlaufen? Jetzt plötzlich? Es war zu spät. Auch dafür war es zu spät. Sie konnte nicht jetzt wieder zurück, einen Schritt auf ihn zumachen, ihre Gefühle akzeptieren, nur damit er seine Worte in einer Stunde wieder zurücknahm. Er hatte seine Chance gehabt. Er hatte sie nicht genutzt.

Ihr war noch immer so kalt, dass sie die Kälte überall spüren konnte, innen, außen, in ihren Zehen, in ihren Fingern. Ihre Brust war wie zugeschnürt, als sie schließlich erkannte, dass sie ihm antworten musste. Dass sie keine andere Wahl hatte.

"Bitte, warte bis morgen", sagte sie schließlich leise.
"Wir sollten gehen." "Weil man ihn nicht verdient." "Lianna wird nicht mehr leichter." "Kurz und intensiv ist grausam." "Ich will, dass du mich in Ruhe lässt." Und schließlich... Sie schloss die Augen. "Hör auf, mir etwas zu bedeuten."
Sie öffnete die Augen wieder, die dieses Mal verräterisch glitzerten; weil sie musste, weil sie sonst ihr Gleichgewicht nicht würde halten können. Aber eigentlich... eigentlich wollte sie ihn nicht ansehen. Erinnerst du dich auch an deine Worte? fragte sie erstickt, sprach flüsternd weiter. "Nicht, wenn jetzt und morgen anders sind." Sie holte Luft. Sie hatte begonnen, sie musste es zu Ende führen.
Lianna sollte für dich leichter sein. Und ich wollte für dich da sein, doch du hast mich abgelehnt, und ich verstehe, weshalb, wirklich. Ian, ich werde immer für dich da sein, und es hat sich für mich nichts geändert, aber... Sie schüttelte den Kopf. Sie würde endgültig zerbrechen, wenn er auch dieses Mal plötzlich wieder versuchen würde, sie auf Abstand zu bringen. Wenn er es nicht ernst meinte. Sie durfte den Gedanken, dass er es ernst meinen könnte, noch nicht einmal zulassen. Eine Träne entwischte ihr. Ich ertrage das nicht... flüsterte sie.
Nicht, wenn jetzt und morgen anders sind, wiederholte sie kaum hörbar erneut.

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im ausgehöhlten Baum, mit Eowyn

Immer noch hätte er am liebsten geschrien, etwas getan, dass ihn erleichterte. Worte, immer nur Worte und immer wieder sagte er die falschen. Und immer wieder war er dabei etwas oder jemanden zu verlieren. Jetzt auch. Wieder. Wie immer. Aber dieses immer, dieses verfluchte immer, er konnte es nicht zulassen. Er würde es nicht zulassen, nicht schon wieder. Da waren unzählige Ängste, aber eine große, eine riesige Hauptangst. Die, der Endgültigkeit. Es musste nicht sein, dass sie sich ignorierten. Es durfte nicht sein. Denn was, wenn es endgültig wurde?
Ihre Ausgangsposition war denkbar schlecht, Ian wusste es selbst. Sie würde nicht aufhören etwas in ihm zu sehen und selbst wenn er nie sehen konnte, was Eowyn sah, würde er nicht damit beginnen, an ihrer Sicht etwas ändern zu wollen. Zumindest… zumindest wollte er ihr nicht beweisen, dass sie sich irrte. Insofern wollte er nicht dafür sorgen, dass sie ihn wirklich verachtete und es hätte sicher Mittel und Wege gegeben, die sie vielleicht wirklich dazu gebracht hätte.
Ian wollte nicht, dass Eowyn litt und nicht zuletzt wollte er sie davor bewahren. Vor dem, was folgen konnte, folgen würde.

Ja, er fürchtete sich davor, einen besonderen Stellenwert in ihrem Leben einzunehmen, den eines Vertrauten, eines Freundes, den, eines was auch immers, von Bedeutung. Denn sie würde ihn auf andere Art gehen lassen müssen, als er sie. Für ihn würde Lianna schwerer werden, da klar war, was ihn dort erwartete. Ja, auch sie würde Abschied nehmen müssen. Anders als er, weil sie weiterleben würde, Weiterleben musste, während sein Leben ein Ende fand. Deswegen hatte er doch versucht, sie davon zu überzeugen, dass es besser war, ihn zu verachten. Er wusste wie es war jemanden zu verlieren, für den man etwas empfand, für den man viel empfand. Sie sollte ihn verachten, nicht allein, weil es besser für ihn war, nein, es war auch besser für sie. Deswegen sollte sie damit beginne. Um es für sie leichter zu machen, für sie.
Besser für sie, besser für ihn. Was wusste er schon davon? Und auf was sollte er hören?

Auf dein Herz.

Sein Verstand sagte etwas anderes. Sein Beschützerinstinkt auch. Aber nicht sein Verstand nahm Besitzt von seinen Worten. Nicht eben und auch nicht jetzt.


„Und hast du auch das andere gehört?“, fragte er selbst nun wieder leise. „Dass ich dich nicht gehen lassen kann? Dass ich gleichzeitig will, dass du mich nicht in Ruhe lässt? Eowyn..“, warum hörte sie denn nur das Negative?Ich sagte, dass Lianna nur schlimmer werden kann. Du hast mich gefragt, was mir helfen würde und ich habe dir die unmöglichen Dinge genannt, gesagt, mit was du aufhören sollst und ich weiß… das es utopisch ist. Glaubst du etwa, ich könnte von einer Sekunde auf die andere ändern, was ich fühle? Glaubst du, ich würde anfangen können, nichts mehr zu empfinden?“ Kurz wanderte der Blick des Dunkelhaarigen unruhig zu Boden,um sich zu sammeln, dann sah er Eowyn wieder an. Nicht, um noch mal zu widerholen, was er gesagt hatte, zumindest nicht auf die Art wie eben, nein.

„Du bedeutest mir etwas. Du hast mir meinen Sinn zurückgegeben. Du hast mir gezeigt, dass da noch etwas in mir ist. Ein Herz. Etwas Menschliches. Etwas was vielleicht mehr, als nur verachtenswert ist. Ich hätte dir von gestern nichts erzählt, wenn ich nicht… wenn“, es fiel ihm schwer das auszusprechen, seine Worte in einen sinnvollen Satz zu bringen, einfach, weil da zu viele Gefühle waren. „Ich habe dir von gestern erzählt, damit du weiß, auf was du dich einlässt. Und ich wusste, ich würde dich vielleicht auf der Stelle verlieren. Doch ich hätte gestern nicht schweigen können, weil ich wusste, dass ich, dass du, dass wir, sonst alles auf einer Lüge aufgebaut hätten. Ich wollte nicht nur ehrlich sein, sondern fair, ich wollte viel mehr, wollte dass du weißt, was ich war. Ich habe nicht dich abgelehnt Eowyn, ich will dich nicht ablehnen, dich nicht von mir stoßen, nicht dich.“ Zumindest nicht bewusst, nicht so, wie sie vielleicht glaubte. „Ich habe mich abgelehnt und ich…“ Sie wusste doch was er meinte, sie wusste es doch! „Ich wünsche mir natürlich dass da jemand anderes ist, jemand der nicht diese Fehler gemacht hat, jemand der gar nicht dazu in der Lage ist, dich zu schockieren oder zu verletzen.“ Er würde nicht wieder von Gut und Böse sprechen, auch nicht sagen, dass sie ihn verachten sollte, verachten musste.
„Ich möchte kein Übel über dich bringen und dass ich es tun könnte, dass ich es tue, davor fürchte ich mich.“ Ob es nun seine Vergangenheit betraf, oder das, was sie erwarten würde. „Ich will dich nicht weg stoßen.“ Es war doch die Rede davon gewesen, dass sie beginnen sollte ihn zu verachten und nicht umgekehrt, dass sie ihn wegstoßen sollte.

„Das, was ich für dich will, das, was du mir bedeutest, kann nicht verschwinden und doch wird es jetzt anders sein als morgen, und morgen anders als übermorgen, aber nicht, weil es verschwinden wird, nicht, weil ich bereit bin es loszulassen, sondern....“ Und so gerne er sie auch dabei angesehen hätte, bei seinen nächsten Worte musste er auf den Boden starren, da er sich vor dem fürchtete, was er in ihren Augen lesen konnte. Und er musste die Worte flüstern, sie laut auszusprechen war unmöglich, denn da war die irrationale Angst vor dem Klang der Wahrheit, die Furcht vor der Wahrheit an sich, die Angst vor seinen eigenen Worten und vor ihre Bedeutung. „... weil es nur intensiver werden kann.“ Und das war nicht gut, nicht in Hinblick auf den Verlust, der folgen würde. Aber es war die Wahrheit und was scherte sich diese um das, was geschehen würde? „Du solltest bis morgen warten, damit du nicht impulsiv entscheidest, damit du sicher bist. Und ja, auch damit du mir Sicherheit geben kannst. Damit ich mich nicht verliere. Die Hoffnung, jemanden an meiner Seite zu wissen, der vielleicht bleibt. Jemand der da ist und nicht gleich wieder verschwindet.“ Ob er es verdient hatte oder nicht, spielte doch eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. „Ich will nicht vergessen was da ist. Und selbst wenn: Ich kann es nicht.“



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Sie war kurz davor, wieder Hoffnung zu schöpfen. Hoffnung, dass alles irgendwie anders, irgendwie besser weitergehen würde. Oder - hatte sie es sogar getan? Eowyn wusste es nicht, aber sie wusste ganz genau, dass sie es nicht durfte. Denn hier stand so viel mehr auf dem Spiel... nein, sie musste ehrlich sein, wenigstens zu sich selbst. Sie durfte nicht, weil sie Angst hatte. Angst, wieder verletzt zu werden. Angst, zurückgewiesen zu werden. Angst, alleine zu sein, Angst vor dem Unbekannten. Hoffnung war falsch und trügerisch, und sie schlich sich in ihr Herz, ohne, dass sie es wollte. Nur, um später wieder enttäuscht zu werden...
Nein. Keine Hoffnung, kein "aber vielleicht...". Sie musste endlich lernen, auf sich selbst zu achten.


Selbstverständlich hatte sie auch die anderen Worte gehört. Aber was wogen sie schon im Vergleich zu den anderen Dingen, denn das, was sie jetzt brauchte, war kein vielleicht. Kein "ich will, aber ich kann nicht". Keine Dinge, die sich gegenseitig ausschlossen. Sie brauchte Gewissheit, einen Halt, und das gab es nicht, wenn sie die Sätze hörte, die sie eben ausgesprochen hatte. Sie wusste nicht, ob Ian das einfach nur nicht verstand, ob er es nicht sah, oder es mit Absicht ignorieren wollte.
Andererseits klangen seine Worte vernünftig. Beinahe so, als würde er einem kleinen Kind etwas völlig logisches wie die Schwerkraft erklären müssen. Utopisch. Vielleicht. Ja, vielleicht war es utopisch, und ja, sie spürte, dass es wehtat. Aber auch Ian konnte das nicht mit Sicherheit sagen. Er war nicht allwissend, und vielleicht war es schließlich auch möglich - sie hatten es ja kaum versucht...
Aber mit jedem Wort, das Eowyn hörte, glaubte sie weniger daran.


Vor allem nicht, als sie seine nächsten schwerwiegenden Worte hörte. Ja, er hatte ähnliches schon früher gesagt, aber niemals in dieser Form, so intensiv, so ehrlich und so ausführlich... nein, vielleicht lag es an der Situation. Vielleicht nahm sie ihn jetzt anders war. Es rührte sie, es schmolz ihre Abwehr dahin, und eine weitere Träne entwischte aus ihren Augen. Sie durfte das nicht. Er durfte das nicht. Was, wenn er es sich wieder anders überlegte? Wenn er feststellte, dass er sich geirrt hatte, oder er beschloss, dass das alles keine gute Idee war? Sie schloss die Augen. Alles war möglich. Es war immer alle möglich... Denn was, wenn er es sich nicht anders überlegte? Was, wenn sie den Mond nie verlassen würden können? Was, wenn... was, wenn kurz und intensiv doch besser war? Vielleicht folgte auf alles Gutes etwas Schlechtes, aber war nicht das Gute das, was das Leben lebenswert machte? Die Freude über eine Blume, auch wenn sie ein paar Tage später verwelkte? Der Spaß von Kindern, wenn sie spielten, auch wenn sie wussten, dass jedes Spiel einmal vorbei war? Es galt, die Dinge, die gut waren, in seinem Herzen zu bewahren. Sie zu bemerken, wenn sie da waren, sie anzunehmen.
Eowyn öffnete die Augen wieder, blickte zu Ian. Das, was sie gestern empfunden, gedacht hatte, es war zurückgekehrt von der Oberfläche, unter der es gebrodelt hatte. Ehrlichkeit. Seine Ehrlichkeit war erstaunlich, gestern wie heute. Und so wie gestern wusste sie, dass diese Ehrlichkeit gestern wichtig gewesen war. Noch immer war sie darüber verblüfft, noch immer dachte sie, dass sie selbst dafür nicht die Kraft gehabt hätte. Alles auf einer Lüge aufbauen... was aufbauen?
Darauf musste es keine Antwort geben. Es reichte, dass Ian sich nicht verschloss. Dass er dazu bereit gewesen war, weiterzudenken.


Du bringst kein Übel über mich. Ian, was du über mich bringst sind völlig andere Dinge, und dabei ist es bedeutungslos, was vorher war. Du berührst mich, du verstehst mich. Du hast mich dazu gebracht, dir Dinge zu erzählen, von denen sonst keiner weiß. Konnte er das nicht verstehen? Du bringst mich zum Nachdenken. Sogar zum Lachen! Und selbst, wenn du mir nicht mein Leben gerettet hättest wüsste ich, dass da mehr in dir ist, als du auch nur ahnst. Ian, wenn du etwas über mich bringst, dann ist es Erkenntnis und eine völlig neue Art, alles zu betrachten. Und der Halt... der Halt, den er ihr gegeben hatte, nicht nur gestern Nacht, sondern schon die ganze Zeit, unbemerkt, unauffällig. Der Halt, der jetzt fehlte, den sie nicht zuließ.

War es das? War ihre Hoffnung wieder da, hatte sie sich allmählich in ihre Herz geschlichen? Alleine die Vorstellung, nun wieder alles abzuschmettern, ihn abzuweisen, den Weg stillschweigend fortzusetzen... nein. Diese Vorstellung war nun wieder absurd, und sie erkannte, dass sie gar keine andere Wahl hatte, als alles zuzulassen, als sich auf all das einzulassen, das da kommen mochte.
Nicht verschwinden. Eowyn dachte wieder kurz daran, dass nichts im Leben sicher war, aber dieses Mal aus einer anderen Perspektive heraus. Dieses Mal war es andersherum. Nein, Ian konnte ihr nicht versprechen, was er fühlte, aber darum ging es nicht. Es ging um die Gefühle
jetzt, und es ging um die Absichten jetzt. Und er meinte es ernst, denn die nächsten Worte fielen ihm so schwer, dass es gar nciht anders möglich war. Und sie wogen auch so viel, waren so wichtig, deutlich. Der Eisklumpen, der sich in ihrem Bauch zusammengezogen hatte, begann zu schmelzen, und an seine Stelle trat ein neues Gefühl, ein anderes, weniger unangenehmes, aber undefinierbares...

Sie hatten beide Angst. Beide Angst vor Zurückweisung, vor Verlust, vor dem Unbekannten. Sie hatten Angst vor dem, was geschehen konnte, vielleicht sogar geschehen musste. Aber manchmal hatte man keine andere Wahl. Die Angst würde sie beide auffressen, und am Ende... am Ende würde es nicht einfacher sein.
Man musste Risiken eingehen, sonst konnte man niemals gewinnen. Und was war das Leben schon, wenn man nicht hin und wieder etwas riskierte, sich auf etwas einließ, dessen Ausgang ungewiss war und unbekannt? Man konnte nicht alles planen. Ja, es konnte entsetzlich schiefgehen. Es konnte sein, dass sie es bereuen würden. Es war sogar sehr gut möglich, dass das geschehen würde, und sie wollte gar nicht daran denken, was auf Lianna passieren würde. Aber Lianna war weit entfernt, und sie würde sich darüber den Kopf zerbrechen, wenn es so weit war.

Ihr Herz begriff schneller, als sie es tat, begann, heftiger zu klopfen. Beides vereint - das wollen und das können, und es war wichtig, so wichtig, dass er es sagte. So wichtig, dass sie deutlich hören konnte, dass er nicht vergessen
wollte. Das Können spielte keine so große Rolle, was zählte, war der Wille. Sie wollte es ebenfalls nicht vergessen. Sie wollte nicht, und sie würde auch nicht.

Diese kleine Stimme war wieder da - die sie daran erinnerte, ob sie wusste, was sie da im Begriff war zu tun. Ob sie sich sicher war. Ob ihr klar war, dass sie sich damit schutzlos offenlegte, dass sie sich ins Verderben stürzte... Dass sie doch ohnehin gerade emotional ein Wrack war und nicht wissen konnte, was sie da tat, dass sie es bereuen würde, dass Ian sie dafür schließlich hassen würde... Aber alles, was Eowyn sehen konnte, war Ian, wie er dastand, wie er ebenfalls offenlag, seine Abschirmung fort, darauf wartend, dass sie etwas sagte.
Und auch, wenn diese kleine Stimme in ihr sie immer wieder daran erinnerte, bei jedem Zentimeter, den sie nun langsam auf Ian zu machte, dass sie einen Fehler machte - es fühlte sich
richtig an, und das war es, was diese Stimme letztendlich doch zum Schweigen brachte.
Da ist noch mehr, flüsterte sie. Da ist die Gewissheit, dass du für mich da bist. Da ist der Halt, den du mir gibst, wann immer ich ihn brauche. Sie griff nach seiner Hand, spürte sie warm in ihren kalten Fingern, und die Erinnerung daran, wie er sie gestern gehalten hatte, war nun wieder da, voll und klar, als sie darauf blickte. Irgendetwas breitete sich in ihr aus, erfüllte sie mit... mit was? Sie wusste es nicht, aber es fühlte sich nicht falsch an. Sie versuchte zu lächeln, was ein wenig unsicher gelang. Ich will es auch nicht vergessen. Und um ehrlich zu sein... ich glaube auch nicht, dass ich es gekonnt hätte. Wenn sie schon bei Ehrlichkeit war...Sie ließ ihre Abschirmung fallen und sah ihm in die Augen. Ian, ich habe Angst. Ich habe Angst vor allem, was jetzt kommt. So abhängig zu sein, so leicht verletzlich...
Bitte...
sagte sie wieder leise, wandte den Kopf zur Seite. Wiederholte, was sie schon zwei Mal zu ihm gesagt hatte, aber beide Male unter anderen Umständen, etwas, das ihr in den letzten Jahren vielleicht schwerer gefallen war, als sie zugeben wollte. Lass mich hier, jetzt nicht allein...

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian
 
Dschungelmond von Aart, im ausgehöhlten Baum, mit Eowyn

Ian hatte das verräterische Glitzern bemerkt, dass in Eowyn Augen getreten war, schon vorhin und er sah, dass da eine Träne war, erkannte auch die zweite. Vielleicht nur drei Winzigkeiten, aber sie fielen ihm auf, hier im Licht des Tages, hier, in Anbetracht der Situation. Eowyn konnte so sehr an ihrer Abschirmung festhalten, wie sie wollte, das Wesentliche, das nicht zu verbergen war, entging Ian nicht. Und brachte er nicht Übel über sie, alleine dadurch, dass er sie ständig zum Weinen brachte? Sie hatte ihm mehr als einmal vorgehalten, dass er sie nicht verstehen würde, jetzt sagte sie etwas anderes. Aber er durfte nicht protestieren, nicht jetzt. Vielleicht… vielleicht verstand er sie in den Wesentlichen Dingen, in den Situationen, in denen es absolut notwendig war, sie zu verstehen. Und wenn sie doch felsenfest behauptete, dass er kein Übel über sie brachte, wenn sie doch immer wieder versuchte, ihn genau von dieser Sache zu überzeugen…
Scheuklappen. Er musste seine Scheuklappen ablegen, Ian wusste es doch genau, hatte es selbst gesagt. Offen sein für die Sicht des anderes, nicht weiter Blind sein, für sich selbst. Akzeptieren, zulassen. Doch wie sollte er, nach allem was geschehen war glauben?

Weil es ihre Sicht ist.

Aber wie sollt er ihre Sicht zulassen?

Weil du kein Recht dazu hast, ihre Sicht zu nehmen!

Derart einfach war es aber nicht. All die Jahre all die Jahren hatte gezeigt…

Über Tahiri hast du kein Übel gebracht.

Da aber war er ein anderer Mensch gewesen, ein völlig anderer Mensch, längst kein Mörder.

Das spielt keine Rolle.

Wie konnte es keine Rolle spielen? Wie konnte es das nicht?

Weil du Übel nicht mit dem bringst, was du getan hast, sondern mit dem, was du tust.

Nein, das war doch zu einfach, viel zu einfach, denn selbst wenn er kein Übel gebracht hatte, spätestens auf Lianna würde es doch geschehen. Spätestens, wenn er tot war. Was dann? Was dann?

Dann bist nicht du es, es der Übel bringt.

Seine eigene Logik ergab doch keinen Sinn und es rumorte in dem Menschen, Eowyn zu widersprechen. Akzeptieren. Ian wusste, wusste, dass er ihre Worte akzeptieren musste und das er besser darin at, ihr jetzt nicht zu widersprechen.


Sie weiß, was auf Lianna geschehen kann und sie hat es trotz allem gesagt.

So wie auch er, der Wahrscheinlichkeit zum Trotz, dass sie ihn auf der Stelle fallen lassen würde, von allen Morden erzählt, ihr alles gestanden hatte. Und sie hatte ihre Meinung bis jetzt nicht geändert.
Ein winziger Haarriss, winzig und vielleicht kaum erwähnenswert, aber doch ein kleiner Riss in Ians Mauer des Selbstschutzes, die gleichzeitig auch eine Mauer der Bestrafung war.



„In Ordnung“, nickte er, halb widerstrebend, halb glauben wollend und schluckte schwer. Er würde nicht widersprechen. Sicher, er war nicht vollkommen überzeugt, würde es vielleicht nie sein, würde es wahrscheinlich nie sein, würde es sicher nie sein. Doch zulassen, darum ging es. Zulassen und er musste zulassen, was sie gesagt hatte und etwas in ihm wollte glauben, was sie sagte. Mehr als alles andere, wollte es, dass er Eowyn glaubte und dass sie sich nicht irrte.


Da waren seine eigenen Gefühle und sprachen sie nicht auch für sich? Hatten sie denn nicht auch die Kraft sich selbst ein wenig zu überzeugen? Sie hatten gemeinsam gelacht, vielleicht nicht so oft, wie es möglich gewesen wäre, aber sie hatten gelacht und bis er gestern alles zerstört hatte, hatte er sie doch gehalten, hatte ihr… geholfen, die Dunkelheit zu ertragen. Das war kein Übel gewesen.
Und da war mehr als das und wog es nicht mehr? Wog das Gefühl, dass er für sie hatte, jenes, was er für sie empfand, jenes, was sie ausgelöst hatte, nicht schwerer, als das andere?
Er durfte sie nicht verlieren und er wollte sie nicht verlieren, nicht wegen seiner Starrköpfigkeit. Bei der Macht, es war so falsch all das zu sagen, all das zuzulassen und dabei zu wissen, dass es nur schmerzhaft enden konnte. Es würde schrecklich werden, dessen war Ian sich sicher. Dennoch, dennoch, er konnte nicht anders. Denn so falsch es auch sein mochte, so falsch war es auch, nicht zu sprechen. Es nicht gesagt zu haben. Nicht zuzulassen. Falsch oder Falsch... Welche Rolle spiele es da noch?
Wenn Ian jetzt nicht zuließ, wann dann? Da würde keine Gelegenheit mehr sein, nie wieder.
Und vielleicht war das eine Falsch richtiger als das andere...

Da machte Eowyn ein paar Schritte auf ihn zu und jeder Schritt kam im gleichen Rhythmus wie sein Herzschlag. Auch wenn da ein nicht kleiner Teil war, der zurückgehen wollte, war da ein viel größerer, der ihn daran hinderte. Schritt. Herzschlag. Schritt. Herzschlag. Erstaunlich, dass dieses winzige Organ eine so große Wirkung haben konnte und das es offensichtlich in der Lage war, sich sehr viel schneller an andere anzupassen, als Ian selbst. Eowyns Worte beeinflussten es noch einmal und als Ian nun selbst wahrnahm, wie sich auch ein verräterischer Glanz in seinen Augen bildete, gleichzeitig fühlte, wie ihre Hand nach der seinen Griff –die Hand, die er schon gestern kaum hatte loslassen wollen- musste er die Augen schließen. Was nicht mehr zu sehen war, wurde dadurch jedoch viel intensiver und seine äußere Blindheit verschwand ohnehin, als Eowyn ihre Abschirmung wieder aufgab. Da vermischten sich seine Gefühle mit den ihren, da wurde alles deutlicher, alles intensiver und da öffnete Ian wieder die Augen, nur um direkt in die Eowyns zu blicken. Sein Herz musste so laut schlagen, wie eine Pauke. Nein, viel lauter. Welche Macht Eowyn auch immer über Ians Herz hatte, sie schien allmächtig und jetzt vor allem allgegenwärtig. Sie hatte Angst? Er lächelte sacht, voller Verständnis. Oh ja, er hatte sie auch. Denn wenn sie Macht über sein Herz besaß –und diese hatte sie- war Verletzlichkeit längst kein Ausdruck mehr.

Nun mehr zum Dritten mal, bat Eowyn Ian darum, sie nicht alleine zu lassen. Diesmal aber war es anders. Und als sie ihren Kopf zur Seite wandte, vielleicht mit der eigenen Angst, ihn jetzt anzusehen, übte er kurz, leichten Druck auf ihre Hand aus und dann hob er seine andere, langsam, vorsichtig um mit einer Berührung, die kaum mehr, als ein Hauch war, Eowyns Kopf sanft zu sich zu drehen, inderm er ihre Wange berührte, damit er ihr in dir Augen blicken konnte, damit sie ihm in die Augen blicken musste. Sie musste sehen, um zu begreifen. Sie musste es erkennen.
„Ich lasse dich nicht allein, nicht jetzt und auch nicht später“, sagte er leise, bewegt, eindriglich, aber das war nicht genug. „Ich verspreche es.Und was vielleicht so schon ausdruckstark genug sein musste, weil Ian kein Versprechen auf die leichte Schulter nahm, verband er mit der Macht, wiederholte die Worte, wiederholte die Empfindung dabei und sandte sie Eowyn.
Und sein Herz war nicht einfach eine Pauke, nein, es musste ein ganzes Orchester, nur aus Schlaginstrumenten sein.




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Sie brauchten keine Worte. Ohne Worte war es so viel einfacher. Wie schon einmal fragte Eowyn sich, warum sie nicht viel früher so kommuniziert hatten. Sicher hatte auch die Macht ihre Grenzen, aber... sie sollte aufhören, über so etwas nachzudenken und es einfach nur genießen, dass es so einfach war. Seine Hand in der ihren, mit all dem, was da gestern noch gewesen war - Sicherheit, Halt, Geborgenheit. Und seine Augen sagten noch so viel mehr, Dinge, die nicht in Worte zu fassen waren. Es gab für manches einfach kein Wort, denn nichts davon würe zutreffend gewesen. Man musste es entweder spüren oder würde es nicht verstehen.
Der Eisklumpen in ihrem Bauch war komplett verschwunden, das Gefühl der Übelkeit ebenfalls. Sie fühlte sich wieder freier, leichter, nicht mehr so, als würde ein schweres Gewicht sie zu Boden drücken. Sie konnte wieder frei atmen, und während sie das tat schien ihr Herz aus der Brust springen zu wollen.

Selbst ihr Eingeständnis der Angst war einfach gewesen. Weshalb auch nicht? Weshalb sollte sie es zurückhalten, wo er doch gerade so ehrlich gewesen war, wo sie hier stand und er ohnehin alles spüren musste, was in ihr vorging. Und sie musste sich dafür nicht schämen, es war, wie es war. Ians Lächeln dazu sagte alles, was sie wissen musste. Wieder brauchte sie keine Worte, um zu verstehen. Und die Zeit würde zeigen, ob die Angst langsam verschwinden würde. Aber selbst wenn nicht... sie nahm diese Angst in Kauf. Das war es wert, dafür, dass sie nun zulassen konnte. Und alles andere, alles, was irgendwann geschehen mochte, spielte im Moment keine Rolle. Sich der Zukunft bewusst sein, aber nicht auf Kosten des Augenblickes... Sie wusste nicht, ob diese Worte auch in diesem Zusammenhang so gemeint wären, aber es war ihr egal.


Es war alles so verwirrend. Alles so neu. Niemanden hatte sie jemals so nah an sich herangelassen - nicht einmal Mehas, ihren ersten Padawan, bei dem sie sich doch noch sehr bemüht hatte, eine gute Verbindung aufzubauen. Es war mit den Jahren immer weniger geworden, und seitdem sie zu den Jedi zurückgekehrt war... erst Recht nicht. Und selbst zu ihrem Vater war die Verbindung anders gewesen, zumindest später. Ihr war nicht klar, wie sehr sie es gebraucht hatte, diese Nähe, diese Sicherheit. Das Gefühl, jemandem wichtig zu sein. Das Gefühl, etwas zu bedeuten. Umso größer wurde die Angst, wieder alleine zu sein. All das wieder zu verlieren, bevor sie die Zeit gehabt hatte, es zu begreifen und zu genießen. Sie wusste eigentlich, dass er das nicht zulassen würde. Sie wusste es, aber manchmal... manchmal waren Worte vielleicht doch auch nötig, da brauchte sie die Gewissheit. Ihr Herz klopfte wie wild, als sie den Kopf wegdrehte, weil es nicht wichtig war, ihn dabei anzusehen - viel schlimmer aber wäre es, ihn anzusehen, wie er zögerte, weshalb auch immer. Sein Händedruck machte ihr Mut, und als sie dann seine Hand sachte an ihrer Wange spürte, schickte es einen Impuls durch ihren ganzen Körper, und sie ließ ihn ihren Kopf führen. Blickte in seine Augen, die so ernst waren und gleichzeitig so warm. Bei seinen Worten, seinem Versprechen, intensivierte sich das seltsame Gefühl in ihrem Bauch, und die nächste Träne machte sich auf den Weg - dieses Mal jedoch aus anderen Gründen wie zuvor. Als dann seine Botschaft durch ihre Ohren sowie durch all ihre anderen Sinne drang, da breitete sich das Gefühl in ihrem ganzen Körper aus, und plötzlich war sie in der Lage, es zu benennen, auch wenn es etwas war, das sie so, in dieser innigen Form, schon lange nicht mehr gekannt hatte. Freude, Zufriedenheit und Glück.

Vergessen war Lianna. Vergessen war dieser Mond, und vergessen war seine Vergangenheit. Was jetzt, in diesem Moment zählte war genau das - nur dieser Moment, nur dieses Gefühl, dass alles richtig war, so wie es war. Sie versuchte, es sich einzuprägen, alles, was dazugehörte, aber das war unmöglich, denn Dinge wie diesen Moment konnte man sich nicht merken. Man konnte ihn nur genießen und daraus so viel Kraft, Mut und Hoffnung ziehen, wie nur irgendwie möglich.
Sie wollte es ihm zurückgeben, irgendwie, dieses Gefühl, das sie von oben bis unten durchdrang, falls er es nicht selbst schon längst spürte.
Ich bin für dich da, flüsterte sie, und auch wenn sie diese Worte schon gesagt hatte, sie hoffte, dass er verstand. Sie mit ihren ungeschickten Worten, sie hoffte, dass alles andere, was sie ausstrahlte, deutlich machen würde, was sie meinte.
Sie wünschte sich, dieser Moment könnte ewig dauern. Sie könnten hier stehen bleiben, länger, viel länger, doch da kam die Erinnerung zurück, an das, weshalb sie hier waren, und auch, wenn sie sich nach noch mehr Halt sehnte, nach mehr Nähe, es ging nicht. Sie mussten weiter, weiter nach - Lianna. Lianna... Ja, es war schwerer geworden, irgendwie, aber andererseits hielt es sie nicht davon ab. Lianna war wichtig, wichtiger als sie beide. Und als ein leises Geräusch die Stille durchdrang wurde sie zurückgeworfen in die Realität, nahm wieder das Rascheln der Blätter war und all die anderen Geräusche um sie herum. Und erkannte, während sie langsam errötete, dass das leise Geräusch von ihr kam, ihrem Bauch, der sich nun, da all die kalten Gefühle fort waren, darüber beschwerte, dass er noch so leer war.
Fantastisch.

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Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Eowyn

Es war seltsam wieder so viel zu spüren, so viele intensive Gefühle zuzulassen und vor allem war es seltsam, einem Menschen bewusst wieder Raum in seinem Herzen zu geben. Die Verlustangst sollte in diesem Moment so vergessen bleiben wie die Gewissheit, dass sich alles verändern konnte. Eowyn würde nicht genug Zeit haben um damit beginnen zu können, ihn zu verachten und vielleicht machte es das auch ein wenig einfacher? Vielleicht schob Ian aber auch einfach jede Angst, ob rational oder nicht so weit weg, wie nur möglich. Einmal nicht an Morgen denken. Einmal ohne Sorgen leben. Sich nicht fragen, was folgen würde, sondern schlicht die Magie des Momentes zulassen, ohne Ängste, ohne Zweifel. Es funktionierte und warum auch immer es so gut funktionierte, Ian war dankbar dafür Sorgen gab es ohnehin zur Genüge.


Als er schlussendlich Eowyns Wange berührte, übermannte ihn der nächste Gefühlsorkan. Eine einfache Berührung, die so viel mehr bedeutete, als jeder Außenstehende vielleicht interpretiert hätte. Da waren verschiedene Arten der Intimität aber wenn der richtige Zeitpunkt war, dieses Wort zu nutzen, dann jetzt. Denn Ian fühlte sich in diesem Moment so eng und tief mit Eowyn verbunden, als wäre sie tatsächlich ein Teil von ihm. Eine Art der Vertrautheit, die ihm eigentlich hätte Angst bereiten müssen, nicht aber in diesem Moment. Sie spendete ihm Trost und schien ihn für den Augenblick völlig vergessen zu lassen, dass da je Grund zur Sorge gewesen war und auch, dass es noch immer Grund dafür gab. Und er glaubte ihr. Bei der Macht, bei allem was je geschehen war, bei den Völkern der Galaxie, er glaubte ihr und was sie damit auslöste, war mit Worten nicht mehr zu beschreiben.

Das Knurren ihres Bauches unterbrach die Situation, störte ein wenig den Moment, aber dennoch war da so etwas wie Erleichterung, die Ian verspürte, als genau das geschah. Es half ihm dabei, seine Hand von ihrer Wange zu lösen und vor allem half es ihm dabei, nicht irgendetwas völlig unüberlegtes zu tun. Stattdessen sorgte das Knurren in Verbindung mit dem Erröten ihres Gesichts dafür, dass Ian leise lachte. Befreit und vielleicht… glücklich?

„Ich glaube, dass ist ein gutes Zeichen“, schmunzelte er in das Lachen hinein, als er Eowyn schließlich ganz los ließ, um sich an dem Rucksack zu Schaffen zu machen. „Hunger ist gut, weil wir nur dann Hunger haben, wenn alles gut ist.“ Man spürte nur dann Hunger, wenn keine unerträgliche Anspannung da war. Ein Blick in den Rucksack verriet allerdings, dass seine kleine … überambitionierte Pause und das leicht unsanfte Ablegen des Trageutensils den Früchten nicht gerade gut getan hatte. Er holte einige, völlig zermatschte Früchte hervor.
„Ich hab wirklich keine Ahnung, was ihnen über die Leber gelaufen ist, denn als ich sie da rein gelegt habe“, sein Blick wanderte zum Rucksack, „sahen sie noch völlig Intakt aus. Sehr rätselhaft dieser Mond…“ Unschuldig zuckte er die Schulter, sehr wohl wissend, warum die Früchte jetzt nicht mehr so einwandfrei waren. Dennoch, er fand eine, die völlig unangetastet war, um sie Eowyn vorsichtig zuzuwerfen. Und sich selbst sparte er diesmal auch nicht aus, als er sich eine eigene nahm.
Den Rucksack wieder auf den Schultern, war er so bereit unterwegs zu esse, es sei denn Eowyn hatte irgendwelche Einwande.


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Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Ian

Oh, das konnte auch nur ihr passieren! Wenn es je einen Moment gegeben hatte, in dem ein Magenknurren unpassend war, dann war es dieser. Es fühlte sich alles so gut, so wunderbar an, sie wünschte, dass es nie endete. Und dann - das. Eowyn spürte, wie sie rot wurde, noch mehr, als Ian schließlich loslachte. Immerhin, er klang dabei ganz gelöst, so völlig ohne seinen bedrückten Unterton. Wenigstens das. Wenigstens hatte sie ihn zum Lachen gebracht, wenn sie sich schon völlig blamierte und diesen beinahe perfekten Moment zerstörte... Sie verfluchte ihren Magen insgeheim für seinen Verrat, und ein wenig auch sich selbst, weil sie genau gewusst hatte, dass sie früher etwas hätte essen müssen. Nur war es da nicht gegangen, vermutlich hätte sie ohnehin nach einem Bissen aufhören müssen zu essen.
Sie seufzte. Ja. Das konnte
wirklich nur ihr passieren. Und da musste auch sie ein wenig lächeln - immerhin wusste Ian somit noch viel eher, auf welche seltsame Person er sich da einließ. Und es war auch wirklich zu schräg...

Mit leichtem Bedauern ließ sie seine Hand los, auch wenn sie sie am liebsten weiter festgehalten hätte. Doch dieses Mal war es anders... sie wusste, dass sie nach ihr greifen konnte, wann immer sie es wollte, wann immer sie es brauchte. Anders als die letzten beiden Male, bei denen sie jeweils fürchtete, dass es das letzte Mal sein würde. Dennoch hatte sie das Gefühl, ein Teil von ihr würde plötzlich fehlen.
Sie betrachtete ihn leicht lächelnd, als er sich zum Rucksack wandte.
Ehrlich gesagt, ich könnte auf den Hunger auch in guten Zeiten verzichten... und ganz besonders jetzt. Aber vermutlich rührte ihr Frieren, das noch immer nicht verschwunden war, genau daher - ihr Körper sparte. Sie musste wirklich dringend etwas essen.
Aber von den ersten Früchten, die Ian hervorzauberte war sie sich sicher, dass sie eigentlich anders aussehen mussten. Immerhin hatte sie eine von ihnen schon in der Hand gehalten. Ihr Grinsen bei seinem Kommentar war unmöglich zu unterdrücken, und was interessierten sie schon zermatschte Früchte, wenn doch daraus erst...
das hier entstanden war? Das muss Zauberei sein. Dieser Mond ist wirklich voll davon. Meine geheilte Rauchvergiftung, dein gesunkenes Fieber, einfach so zermatschte Früchte... Ihr Grinsen wurde zu einem Lächeln. Wir.
Sie fing die Frucht auf, die er ihr zuwarf und wog sie nachdenklich in ihrer Hand. Die Erinnerung an den Geschmack davon hatte sie beinahe noch auf der Zunge. Damit hatte alles erst einmal begonnen... ihr Schweigen, und daraus war diese Nacht resultiert. Was wäre wohl geschehen, wenn sie gestern nicht einfach in die Frucht gebissen hätte? Sie würde es nie erfahren.

Sie entfernte die Schale und begann zu essen, während sie sich wieder auf den Weg machten. Bei der Macht - das tat gut! Sie schloss verzückt die Augen ob der Geschmacksexplosion in ihrem Mund, die sie erst heute wirklich genießen konnte. Nach drei Tagen Energieriegeln war dies hier ohne Vergleich. Absolut ohne Vergleich. Ihr Magen, der sich noch ein, zwei Mal gemeldet hatte, gab nun auch endlich wieder Ruhe, auch wenn die Frucht zu klein war, um ihren Hunger wirklich zu stillen. Doch sie wollte es nicht übertreiben und zu viel auf einmal von einer Frucht essen, die sie nicht kannten, an die ihr Körper nicht gewöhnt war, auch wenn sie es bald vermutlich tun musste, denn sie war völlig ausgehungert.
Es war so anders, nun zu laufen. So anders, so viel leichter. Sie könnte stundenlang gehen, ohne zu ermüden - zumindest glaubte Eowyn das. Und da hörte sie auch wieder das leise, konstante Rascheln, das darauf hinwies, dass sie beide nicht alleine waren. Sie lächelte. Das kleine Tier hatte tatsächlich vor, ihnen nun durch den Dschungel zu folgen.
Sie gingen wieder nebeneinander, wenn der Weg es zuließ. Sie hatte das Zeitgefühl völlig verloren, wusste nicht, wie spät es gewesen war, als sie erwacht war, hatte keine Ahnung, wie lange ihre Unterhaltungen gedauert hatten. Es konnte Vormittag sein oder Nachmittag, und obwohl es nicht regnete war die Sonne selbst hier kaum zu sehen. Unmöglich zu sagen, wie hoch sie stand.


Ian hatte es gut. Morichro war wirklich eine nützliche Technik, auch wenn sich Eowyn fragte, wie lange man das so durchziehen konnte. Es war sehr praktisch, sich keine Gedanken um Essen machen zu müssen. Ohne die Energieriegel wäre Eowyn zwar noch lange nicht verhungert, aber doch schon um einiges geschwächter gewesen. Und viele waren nicht mehr da. Bald würden sie wirklich aufpassen müssen, was das Essen anging, aber so lange sie die Früchte fanden würde es funktionieren.
Natürlich, Morichro konnte wahnsinnig gefährlich sein. Bei einer anderen Person angewendet... keine gute Idee. Aber so? Immerhin hatte Ian die Tiefschlaftrance dadurch erstaunlich schnell gemeistert.
Du lernst übrigens erstaunlich schnell... sagte sie, dachte an ihre Heilversuche und den immer noch nicht ganz verheilten, verbrannten rechten Arm. Sie lernte definitiv nicht so schnell. Deine Trance gestern war erstaunlich. Aber... wie lange kann man das durchziehen? Das Verlangsamen, meine ich...

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Eowyns Gesicht wechselte noch einmal die Farbe, veränderte sich ein wenig mehr in ein dunkleres Rot, dann aber seufzte sie und ging selbst dazu über zu Lächeln. Und das war gut. Kein Weinen mehr. Das Lächeln bestärkte ihn darin, dafür Sorge zu tragen, dass es kein Weinen mehr geben sollte, keines mehr geben würde. Zumindest so lange, wie er es würde verhindern können. Lächeln. Dafür würde er Sorgen.

„Du würdest wirklich auf wundervolle Spießen verzichten wollen, nur um den Hunger nicht mehr zu spüren?“ Er schüttelte mit einem weiteren Grinsen den Kopf. „Das liegt an den Energieriegeln, nach denen muss man das behaupten.Zumindest aß Ian selbst lieber nichts, als diese Riegel die einfach nach nichts schmeckten, oder eher nach weniger, als nichts. Zwar hätte man vermuten können, Dinge, die einen neutralen Geschmack besaßen, völlig problemlos zu verzehren waren, aber das war ein Trugschluss. Die Früchte würden eine willkommene Abwechslung sein, auch wenn Ian selbst das Gefühl nicht mochte, nach einiger Zeit des Nahrungsstopps, wieder etwas zu sich zu nehmen. Es fühlte sich jedes Mal seltsam an, fast so, als führe man seinem Körper etwas Fremdartiges zu.

„Oh ja, Zauberei“, bestätigte Ian seinerseits mit einem Grinsen, dass sich ebenfalls verändern sollte, als Eowyn schlussendlich ‚Wir‘ sagte und vielleicht hatte sich dieses Wort nie besser angefühlt, als in diesem Moment.

Eowyn fing die Frucht auf und auch Ian ging dazu über, während des Laufens, die Schale zu entfernen. Tatsächlich schmeckte dieses was-auch-immer relativ gut und als die ersten zwei drei Bissen überwunden waren, die sich trotz allem im ersten Moment nicht besonders angenehm anfühlten, war auch das überwunden. Morichro zu unterbrechen war noch nie etwas gewesen, das Ian gerne tat, schlicht, weil es sich seltsam anfühlte. Die Kontrolle über seinen Körper zu haben um ihn dann wieder sich selbst zu überlassen war gewöhnungsbedürftig. Vor allem, da er hinterher meist viel sensibler reagierte, gerade so, als habe er begriffen, dass er nun die Arbeit selbständig wie aufnehmen musste. Und intensive Gefühle jeglicher Art waren schlicht noch immer gewöhnungsbedürftig.

Am Rande seines Bewusstseins nahm Ian wahr, dass das kleine Tier ihnen wieder folgen musste, denn in regelmäßigen Abständen drang das altbekannte Rascheln an sein Ohr.
Diesmal war das Laufen angenehm. Kein Regen, kein eisiges Schweigen, kein Zurückhalten von Worten um zum Vergessen überzugehen. Selbst der Dschungel wirkte mit einem Mal viel freundlicher. Oder Ians Wahrnehmung hatte sich schlicht ein wenig verändert. Dennoch, Vorsicht musste weiterhin walten, denn ein weiterer Angriff einer riesigen Raupe war nichts, worauf Ian sonderlich viel Lust hatte.


Er lernte schnell? „Ich schätze, ich bin ein guter Beobachter, aber wären sich beide Techniken in den Grundzügen nicht derart ähnlich, hätte ich es vermutlich nicht gekonnt.“ Eowyn hatte den entscheidenden Hinweis gegeben. Außerdem war die Tiefschlaftrance auch so denkbar einfach im Vergleich zu anderen Techniken. Machtblitze waren da nur ein negatives Beispiel. Sie anzuwenden war noch immer eine absolute Herausforderung und das, obwohl nahezu jeder andere Sith sie mit Leichtigkeit zu beherrschen schien.

„Lange…“, war die schlichte Antwort. „Ich habe es nie völlig ausgereizt, aber es ist kaum eine Lüge, wenn ich sage, dass es Wochen funktioniert. Wie ein Winterschlaf. Und je tiefer man darin eindringt, desto länger hält man aus. Aber es ist praktisch und hat mir mehr, als nur einmal das Leben gerettet. Eine ungefährliche Anwendung war Morichro trotz allem nicht, denn neben der Gefahr der absoluten Selbstüberschätzung, war auch ein Moment der Unachtsamkeit in Bezug auf den eigenen Körper ein Todesurteil. Wie weit konnte man verlangsamen? Wie weit durfte man verlangsamen? Eine Überstrapazieren machte das Herz nicht mit und hörte es ganz auf zu schlagen, würde es völlig unmöglich sein, sich selbst wieder zu retten.
„Und bricht man es erst einmal ab, vor allem das … abstellen des Hungers, möchte man am Ende auch lieber darauf verzichten, gleich wieder etwas zu essen.“ Denn jeder Bissen fühlte sich wie ein Fremdkörper an, gerade so, als gehöre da nichts, aber auch gar nichts in den Magen.




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Eowyn zuckte die Schultern. Ehrlich gesagt, momentan ja... Und wenn du von wundervollen Speisen sprichst - du hast ganz offensichtlich noch nicht in der Basis gegessen. Das ist kein Vergleich zu damals auf Coruscant... Sie seufzte. Ja, im Jedi-Tempel war das Essen wirklich gut gewesen. Auf Lianna... nun, es war in Ordnung. Sie konnte sich nicht beschweren... aber sie wusste genau, dass zumindest Aketos des Öfteren Probleme gehabt hatte, etwas Essbares zu finden, und "wundervolle Speisen" waren sicher etwas anderes als das. Man wurde davon satt, und hin und wieder schmeckte es sogar. Das reichte aus, und mehr war auch gar nicht möglich. Sie hatten alle so gehofft, bald wieder in den Jedi-Tempel zurückkehren zu können, aber jetzt, da Eowyn ihn gesehen hatte, und da sie wusste, wie es um Coruscant und den Friedensvertrag stand... Ein Schatten fiel kurz über ihr Gesicht, und sie drängte den Gedanken sofort wieder nach hinten.
Das Essen auf Lianna reichte aus. Punkt. Diese Gedanken halfen ihr nicht weiter.


Du schätzt, du bist ein guter Beobachter?, fragte sie trocken. Das ist ja wohl untertrieben. Zumindest war er ganz besonders gut darin gewesen, sie zu beobachten und zu verstehen. Und Eowyn konnte sich kaum vorstellen, das das ein Einzelfall gewesen war. Aber nur gutes Beobachten hieß nicht, dass man es auch gleich umsetzen konnte. Zumindest normalerweise. Aber er beherrschte Morichro offensichtlich so gut, dass eine ähnliche Anwendung kein großes Problem dargestellt hatte. Wobei sicherlich auch der absolute Drang, sich nicht noch einmal von ihr helfen lassen zu müssen, eine große Rolle gespielt hatte. Da kamen wohl mehrere Faktoren zusammen.

Sie pfiff leise, als sie begriff, wie lange man mit Hilfe von Morichro wirklich überleben konnte. Wenn man diese Technik wirklich beherrschte... Praktisch war dafür eigentlich gar kein Ausdruck mehr. Für sie war es zwar noch nie nötig gewesen, in der Regel war sie mit genug Energieriegeln ausgestattet und abstürzen auf kaum besiedelten Monden oder Planeten gehörte nicht zu Eowyns Alltag. Dennoch... in der jetzigen Situation beneidete sie ihn. Hunger war mehr als lästig.
Und es war nur logisch, dass man den Körper erst wieder an Speisen gewöhnen musste. Wenn alle Körperfunktionen verlangsamt waren, dann dauerte es sicher, bis der Körper begriff, dass er jetzt wieder arbeiten musste. Und bis es so weit war... Sie nickte.
Ich verstehe... aber es ist vermutlich besser so. Weniger gefährlich...
Und wo wir gerade von Abstellen des Hungers reden...
Sie seufzte und lächelte verlegen. Du hast nicht zufällig noch eins von diesen Dingern in deinem Rucksack? Mein Magen ist momentan nämlich nicht ganz so wählerisch.

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„Selbst Kochen ist die Lösung“, mutmaßte Ian, der wahrscheinlich nicht dazu in der Lage war, etwas halbwegs Genießbares zuzubereiten. Als Kind war er froh genug gewesen, wenn da überhaupt etwas übrig geblieben war und nachdem er von ausgerissen war, hatte es wichtigere Dinge gegeben, als gut zubereitete Spießen. Der Überlebenswille scherte sich reichlich wenig um gustatorische Geschmackserlebnisse. Erst Tahiri hatte ihn zu gutem Essen geführt und es ihn zu schätzen wissen lassen. „Bastions Kantine war auch nicht unbedingt einladend, aber ich bin nicht wählerisch, bis auf Energieriegel, denen ich wohl lieber Magenschmerzen vorziehe.“ Denn sie erinnerten ihn an die Not von damals, als nur eine Rolle gespielt hatte, etwas Essbares zu bekommen. Geschmack, Konsistenz und alles andere waren da zweitrangig gewesen und Energieriegel hatten damals schon fast zu seiner Hauptspeise gehört, wenn es ihm gelungen war, entweder welche zu stehlen, oder zu erbetteln. Was sich zum Glück verändert hatte, als seine Übersetzungsdienste benötigt wurden, weil kein Droide in der Nähe war. Ja, auch deswegen war es dem Dunkelhaarigen heute zuwider etwas essen zu müssen, dass entweder völlig neutral oder völlig ungenießbar war. Zu viele Erinnerungen an damals. Besondere Speisen hingegen, hatten einen hohen Stellenwert. Essen konnte mehr darstellen, als das bloße Füllen des Magens, als die leidige Notwendigkeit, dem Körper Energie zuzuführen.

Ian zuckte mit der Schultern
. „Gut, ich bin ein guter Beobachter. Aber Morichro gehört neben der Heilung zu den Techniken, die ich perfektioniert habe. Deswegen war es einfach. Hättest du etwas anderes verlangt, dass mir völlig fremd gewesen wäre, es hätte niemals so gut funktioniert.“ Nicht zuletzt hatte es auch funktionieren müssen und in außergewöhnlichen Situationen funktionierten manchmal auch außergewöhnliche Dinge. So manch fatale Situation war ein guter Lehrmeister, da die Konzentration so auf Hochtouren laufen musste. Ob es sich so aber sinnvoll lernte? Wohl kaum.

Eowyn schien erstaunt, was die Länge betraf, in der man die Funktionen des Körpers beeinflussen konnte und Ian konnte sich ein kurzes Grinsen nicht verkneifen. Aber sie lag richtig, sich wieder an Essen zu gewöhnen war besser, zumindest...
„Weniger gefährlich ist es wirklich“, und er kramte einen der letzten fünf verbleibenden Riegel aus dem Rucksack hervor, „aber auch weniger gefährlich als die? Mit einem Blick der vermutlich recht anschaulich zeigte, wie sehr sich Ians Begeisterung was den Geschmack dieses Essens, das kaum diesen Begriff verdiente, in Grenzen hielt, reichte er Eowyn den Riegel. Ich wette selbst Liannas Kantine ist im Gegensatz dazu ein Gourmetrestaurant.Etwas Besseres zu finden, als einen Riegel, war wohl kaum eine große Kunst.
Wo sie aber schon bei Morichro und perfektionierten Techniken waren, drängte sich eine andere Frage auf. Was war, neben Kampf, Eowyns Stärke in der Macht? Er hatte nicht den Hauch einer Ahnung und selbst wenn er sie in mancherlei Hinsicht gut einzuschätzen vermochte, hier hatte er keinen Verdacht
.
Auf was, außer Kampf, hast du dich spezialisiert?“, wollte er daher wissen. Als sie gegen die Raupe gekämpft hatten, war da nicht sonderlich viel Zeit gewesen, sich auf ihren Lichtschwertstil zu konzentrieren. Wahrscheinlich aber nutzte sie entweder Ataru oder Shien, denn die anderen Formen waren entweder zu passiv, oder zu unpassend für jemanden, dessen Talent im Kampf lag. So zumindest machte es den Überlegungen des Dunkelhaarigen nach Sinn.


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Selber kochen? Eowyn musste grinsen. Ich gebe zu, ich habe mich mit meinem eigenen Essen noch nie vergiftet, aber... Das war wirklich eines der Dinge, über die ich sehr dankbar war, als ich auf Lianna ankam. Und wenn ich dafür dankbar war... Ja, ihre eigenen Mahlzeiten waren nie sonderlich gelungen gewesen. Was vielleicht auch daran liegen konnte, dass niemand es ihr wirklich gezeigt hatte. Ihr Vater war dazu unfähig gewesen, und später... Nun, niemand erwartete von jemandem Ende zwanzig, dass sie nicht kochen konnte. Sie hatte probiert und versucht, hatte sich Informationen eingeholt, aber... kochen war wohl eines der Dinge, das man entweder konnte oder nicht. Und sie gehörte vermutlich zur letzteren Gruppe. Ein Talent, auf das sie aber auch verzichten konnte. Es gab Wichtigeres im Leben als gutes Essen. Ach... man gewöhnt sich daran. Sie griff nach dem Riegel, betrachtete ihn und seufzte. Ich habe auch schon welche gegessen, die gar nicht so übel waren... Sie zuckte mit den Schultern. Wes hatte einmal welche... Aber vielleicht will ich lieber nicht wissen, wo er sie herhatte. Bei Wes konnte man nie wissen. Er war schon immer ein wenig... anders gewesen. Auf gute Art und Weise. Wes... Moment mal. Sollte Wes nicht auf Coruscant sein? Sie meinte irgendetwas mitbekommen zu haben... eine Vorhut von Jedi... er hätte da sein müssen, als sie ebenfalls im Tempel gewesen waren. Aber der Tempel war groß, und sie hatte nicht daran gedacht, nach anderen Jedi Ausschau zu halten. Verflixt. Wes war ein Rat, direkt vor ihrer Nase. Und ebenfalls einer, dem sie vertraute. Und jetzt steckte er mitten drin in dieser Todesfalle, nur weil sie nicht auf den Gedanken gekommen war... Sie schloss kurz die Augen. Es war zu spät, sich darüber Gedanken und Vorwürfe zu machen. Sie würde sich dem stellen, wenn sie auf Lianna war. Jetzt... war es zu spät. Und vielleicht war er auch gar nicht dort, vielleicht hatte sie etwas falsch im Kopf... Den sie jetzt schüttelte. Fort damit.

Jedenfalls ziehe ich diese Dinger den Magenschmerzen vor. Und ihr Bauch war wirklich leer. Ihr letzter Riegel lag vermutlich schon einen ganzen Tag zurück, und auch wenn sie doch recht füllend waren, das war eindeutig zu lange her. Sie musste erst ein wenig Substanz in ihren Bauch schaffen, damit der sich beruhigte, bis sie wieder auf Früchte umsteigen konnte. Ein paar Bissen würden vermutlich schon reichen.
Sie öffnete ihn, nahm einen ersten Bissen und verzog das Gesicht. Nach dem süßen Geschmack der Frucht war das hier tatsächlich beinahe wie Folter. Mit Mühe und Not schluckte sie herunter.
Schön, schön, du hast Recht. Abwehrend hob sie die Hände. Ich beschwere mich nie wieder über das Essen auf Lianna... Und sie würde es doch wieder tun, denn sie wusste, dass sie diesen Gedanken schon öfter gehabt hatte. Aber je länger man auf der Basis war... Vielleicht sollte sie die Basis öfter verlassen. Einfach so. Weniger Jedi sein, mehr Mensch... und bei dieser Gelegenheit auswärts essen. Das konnte nicht schaden.

Das erklärt es natürlich. Aber schade... Sie zuckte mit den Schultern, verkniff sich ein Grinsen. Wenn du immer so schnell lernen würdest wäre das hier sicher wahnsinnig von Vorteil. Aber so müssen wir eben weiter zu Fuß durch den Dschungel. Anstatt sich irgendetwas Verrücktes anderes auszudenken.
Und
ihre Stärken? Sie wurde wieder ernst, seufzte. Ihre Stärken, ihre Spezialisierungen... Nichts, das ein Thema war, das ihr gefiel. Denn da war nichts, das ihr gefallen konnte. Da ist nicht viel. Spezialisierungen wäre zu viel gesagt. Im Prinzip sind es alles Dinge, die damit zusammenhängen... Und Dinge, die auch nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten. Ihre Körperbeherrschung zum Beispiel, ihre Paradedisziplin. Die letzten Verletzungen hatten ihr gezeigt, dass sie diese nicht mehr so perfekt im Griff hatte, wie sie eigentlich sollte. Konnte. Abschirmen, verschleiern... die Klassiker eben. Körperbeherrschung... Zumindest war es das einmal. Sie seufzte. Und das Lichtschwert erklärt sich von selbst. Ataru... sie runzelte die Stirn. Oh, und so fantastisch nützliche Dinge wie den Einfluss auf Materie. Wie gesagt. Spezialisieren ist zu viel gesagt... es funktioniert vieles mehr. Oder meistens eher weniger. Oder auch gar nicht. Je nachdem.

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Ian lachte, als Eowyn mehr oder weniger offen zugab, dass ihr Talent fürs Kochen wohl nicht sonderlich ausgeprägt war. „Dann sind die zwei richtigen abgestürzt“, zuckte er schlussendlich mit den Schultern. Es war ein Leichtes, Dinge zu reparieren, aber die richtigen Zutaten zusammenzuwerfen? Nein. Der Aufbau von technischen Dingen oder einfachen aus Holz ergab wenigstens Sinn. Einfache, mathematische oder statistische Gleichungen. Gewürze und Temperaturen, das richtige Maß für irgendetwas, das mit anderen Nahrungsmitteln gemischt werden sollte? Unverständliches Kauderwelsch. Einmal hatte er für Tahiri gekocht und sie waren beide übereingekommen, dass er es zwar gut gemeint, aber bitte nicht widerholen sollte.
Riegel die schmeckten? Das konnte nur ein Gerücht sein, denn in all den Jahren, in denen Ian darauf hatte zurückgreifen müssen, war er nie auf einen solchen gestoßen.
Wes? Kein Name, mit dem Ian etwas anfangen konnte, aber Eowyn schloss die Augen und schüttelte den Kopf, als verbände sie eine Erinnerung mit ihm, an die sie nicht denken wollte. Ein alter Freund? Eine vergangene Liebe? Vielleicht würde Ian irgendwann einmal darauf zurückkommen, für diesen Moment jedoch nicht. Ohnehin, Eowyn hatte sich wieder gefangen.

„Ich hab immer recht, hatten wir das nicht schon?“. Gespielt legte er die Stirn im Falten, um sich schließlich doch zu verbessern. „Oder war das nicht dein Part?“. Sie hatten schon einmal Witze darüber gerissen, dass sie, als Jedi es ja wissen müsse.
Wahrscheinlich lag Eowyns neu gewonnene Abneigung gegen den Riegel schlicht daran, dass sie eben eine Frucht gegessen hatte, die süß und saftig gewesen war. Wie konnte ein Etwas, das aus zusammengepresstem Staub zu sein schien, da auch mithalten?


„Wenn ich immer so schnell lernen würde? Jetzt wagst du dich aber zu weit vor. Du könntest ebenfalls Wundertaten bewirken. Immerhin hatte ich schon Idee… Und wenn wir auf hundert dieser Raupen treffen, können wir sie vielleicht aneinander ketten und siehe da, wir haben eine Brücke von Va’art nach Lianna?“ Es war erstaunlich, dass er jetzt auf ihren Witz eingehen konnte, ihn jetzt auch als solchen erkannte. Gestern - oder wann immer es gewesen war – hatte das nicht so gut funktioniert.

Allerdings sollte die gelassene Stimmung ein wenig gedrückt werden, denn das Thema Stärken gehörte wohl zu den Dingen, die Eowyn lieber nicht besprach. Was, wenn Ian es recht bedachte, eigentlich perfekt ins Bild passte. Schon als sie von ihrem Talent des Kampfes gesprochen hatte, war sie alles andere als begeistert gewesen. Dafür, dass es angeblich nicht viel war, was sie konnte, reihte sie doch einen ganzen Haufen Techniken aneinander. Sie wertete sie gelichzeitig ab - als Klassiker- aber immerhin. Abschirmung und Verschleierung. Auf Nar Shaddaa hatte sie alles andere als damit geglänzt, aber hier auf Va’art hatte sie eindrücklich bewiesen, wie gut ihre Abschirmung war. Als sie Ataru erwähnte, die Form, die auch Ian sich zu eignen gemacht hatte, musste er verstohlen Grinsen. Ataru war, wenn er es recht überlegte vielleicht der krasseste Gegenzug zu seinen eigenen, zumeist eher passiveren Techniken
.
Materiemanipulation?“ Und sie ließ es so klingen, als sei es völlig nichtig, aber Ian wusste es besser und jetzt, da sie es erwähnte… „Als ich unbesonnen ins Schiff gelaufen bin, um den Brand zu löschen, hast du es abgekühlt.“ Erst jetzt, da sie diese Technik erwähnte, wurde Ian bewusst, dass Eowyn sie angewendet haben musste. Die Hitze im Schiff hätte ihm sonst mehr, als nur die Augenbrauen versengen müssen. Und wo wir bei manchmal mehr oder weniger funktionieren sind: Als diese Raupe ihre Fäden spie, ist es mir nicht gelungen, sie auf sie zurückzuleiten. Dabei hab ich viel Zeit damit verbracht, mich mit der Reflektion und der Energieabsorbation zu beschäftigen.“ Ob er es allein sagte, um sie etwas zu … beruhigen? Ian wusste es nicht.

Dschungelmond von Va'art, unterwegs, mit Eowyn
 
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