Die Story hat mich dann schon überrascht. Ich hatte ja mit einzelnen Episoden von Kopfgeldjägeraufträgen gerechnet, die uns in alle möglichen Ecken und Enden der GFFA'schen Unterwelt führen. Dass der Mandalorianer aber gleich in der ersten Episode ein mysteriöses Baby aufgabelt und mit diesem durch die Galaxie flüchtet, war unerwartet. Hat mir zunächst Stirnrunzeln bereitet - ich wusste nicht so recht, was ich damit anfangen soll. Der Mandalorianer wirkte auf mich zu Beginn sogar ein wenig tollpatschig. Aspekte wie das drollige Baby mit seiner schwebenden Krippe, die Blurrg-Reitstunde und das Ei ließen mich zweifeln, ob die Serie sich selbst eigentlich ernst nimmt. Trotzdem dominierten solche Begebenheiten für mich aber auch nicht die Serie, sodass ich zunächst ein bisschen verwirrt, aber durchaus interessiert, durch diesen ersten Versuch einer Star Wars-Realserie paddelte und mir nicht sicher war, was eigentlich der Ton der Serie sein soll. Ernst? Cool? Slapstick? Sprücheklopfen?
So meine ersten Eindrücke, jetzt ist die erste Staffel vorbei und ich versuch mich mal an einem Fazit:
Das Einbetten der Geschichte in das vertraute Star Wars der OT-Epoche kurz nach Fall des Imperiums ist für mein Empfinden gut gelungen. Die Ausstattung ist toll und detailverliebt, die im Untergrund operierende Splittergruppe des Imperiums war mit ihren dreckigen Sturmtrupplern klein aber fein inszeniert. Der Klient hat mir ausnehmend gut gefallen und ich weiß noch nicht mal genau, warum. Einfach seine ganze Art, sein Akzent, seine Art zu sprechen. Eine Mandalorianer-Kultur und ein über eine Gilde organisiertes Kopfgeldjägernetzwerk wurden aufgebaut. Die Action ist immer kurz und knackig. Die Nebenrollen sind meist gut gelungen: Allen voran natürlich IG-11 - den hätte ich mir zunächst als eine Art Running-Gag-Konkurrenten für den Mandalorianer gewünscht, dann war ich happy, dass er als Nanny zurück kam, und dann starb er doch viel zu früh. Schade! Peli Motto auf Tatooine hat mich allein schon durch ihren NASA-Space-Shuttle-Overall-Dauerwelle-80er-Jahre-Look begeistert. Bei Kuiil war ich mir zunächst nicht sicher, er gefiel mir letzten Endes aber als zuverlässiger Freund und Ratgeber. Cara passt als kampferprobte Gefährtin, bei ihr hoffe ich auf mehr Details zu ihrer Vergangenheit bei den Rebellen. Bei Greef gefiel mir seine ambivalente Rolle.
Etwas langweilig finde ich hingegen die Hintergrundstory darum, dass der Mandalorianer seine Eltern verloren hat und selbst ein Findelkind war. Hm, kann es nicht mal was anderes geben als immer wieder diese Held-wächst-ohne-Eltern-auf-Geschichten? Gut daran war der Bogenschlag zu den Klonkriegen.
Insgesamt fing die Serie solide an, hatte dann mMn einen kurzen Durchhänger - hier fand ich insbesondere die Folge "Sanctuary" (Star Wars-Orks, Mulan-Training, verliebte Witwe) schwach, wobei die Folge insofern in Ordnung war, als sie den Mandalorianer menscheln ließ und die immerwährende Gefahr durch die Verfolger gut aufgezeigt wurde. Hier hab ich mich auch mit den Peilsendern als Stilmittel angefreundet, die ich zunächst als "Wünschelrute für Kopfgeldjäger" doof fand. Sie funktionieren halt gut, um ohne viel Zeitaufwand zu zeigen, wie schwierig es für den Mandalorianer und das Kind ist, sich zu verstecken und wie einfach die Verfolger ihn finden können. Der blipp-blipp-Sound plus so ein blinkendes Ding im Bild - gleich weiß jeder was los ist. Passt. Der absolute Tiefpunkt der Serie war für mich die Folge "The Prisoner". Die Einsatztruppe - allen voran die beiden Twi'leks und der Devaronianer - wirkten auf mich wie aus einem schlechten Gruselkabinett. Die Folge bestand für mich nur aus schwer erträglichem Herumgeschreie, -gegrunze und -gezische. Glücklicherweise schlossen sich die mMn sehr gelungenen Finalfolgen an. Die Ereignisse wurden am Ende gut zusammengeführt, es gab Twists, Action, Humor, unerwartete Tode und am Ende noch genug offene Fragen, die mein Interesse an Staffel 2 mehr als geweckt haben.
Neben dem Erzähltempo, das sich endlich mal Zeit nimmt, finde ich die Musik super, sie hält sich angenehm unaufgeregt im Hintergrund. Dass hier einmal nicht die altbekannten Star Wars-Themen aufgegriffen und neu interpretiert werden, gefällt mir. Der Abspann mit den tollen Zeichnungen einzelner Szenen der jeweiligen Folge ist für mich jedes Mal ein kleines Highlight.
Ich mag den Mandalorianer. Für mich ist die Serie solide Arbeit, die noch etwas schwankt, aber wohl in eine gute Richtung geht. Eine Bewertung in Zahlen finde ich noch etwas schwer. Es gab ganz nette Folgen, miese Folgen und Folgen, die ich gefeiert habe. Daher belasse ich es mal bei meiner Umschreibung. Aber so soll Lucasfilm gerne in Ruhe und mit Bedacht weiter experimentieren bis sie "ihren" Star Wars-Ton abseits des Skywalker-Erbes gefunden haben. #hoffnung