- Chiss'Aria'Prime - Haus der Tu'ill'wan's -
Verschlafen reckte sich Ilay und strich sich sich die Locken aus dem Gesicht. Zartes, hellblaues Licht schien unter den Vorhängen ins Zimmer herein. Gähnend kletterte die junge Chiss aus dem Bett heraus und zog an der Klingelschnur. Wenige Augenblicke später erschien Geli. Eilig knickse sie und lief voran ins Badezimmer, um Ilay ein heißes Bad zu richten.
"Wünschen Sie, dass ich eine bestimmte Kleidung heraus lege, Miss Ilay?"
Fragte sie, als Ilay in die riesige Wanne mit heißem Wasser und einem Berg voll Schaum stieg. Doch Ilay winkte ab.
"Danke, Geli, nein. Ich gedenke heute nicht auszugehen. Haben meine Eltern schon gefrühstückt?"
Die junge Zofe nickte.
"Oh ja, Miss. Ihre Frau Mutter bat mich sie zu unterrichten, wenn Sie Ihr Frühstück einnehmen, damit sie Ihnen Gesellschaft leisten kann."
Wohlig schloss Ilay die Augen.
"In Ordnung, Geli. Dann lege mir bitte nur noch meinen lindgrünen Morgenmantel bereit. Ich komme dann nachher selbst herunter."
"Ja, Miss."
Geli tat wie geheißen und gleich darauf war Ilay wieder allein. Das warme Wasser tat gut, es benebelte ihre Sinne und bereitete sie in angenehmster Weise auf den Tag vor. Heute würde nichts großartiges geschehen. Sie würde daheim bleiben und nur einige Nachmittags-Besucherinnen empfangen. Nach dem Fest gestern Abend gab es wahrscheinlich eine Menge neuen Klatsch.
Kurze Zeit später stieg Ilay die mamorierte Treppe hinunter in den Frühstückssalon. Das feuchte Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten. Der Tisch war für eine Person zum späten Frühstück gedeckt. Eine Tasse Tee stand auf dem Platz ihr gegenüber. Als sie sich gerade gesetzt und nach einem Blick auf die Uhr festgestellt hatte, dass es schon sehr spät war, kam ihre Mutter herein.
"Guten Morgen, Mutter. Ich hoffe, du hattest angenehme Nachtruhe."
Ihre Mutter verkniff die Lippen.
"Hätte ich gewusst, dass Du Dich ohne Anstandsdame auf das Fest begibst, hätte ich überhaupt nicht geschlafen!"
Stieß sie hervor und ließ sich auf ihrem Stuhl nieder. Ilay sah zu Boden.
"Verzeih, Mutter, aber es war ja keine Feier wie jede andere..."
"Eben. Du solltest dich von deiner besten Seite zeigen und nicht zur Schau stellen, was sich nicht gehört!"
Wetterte Mrs. Tu'ill'wan. Gereizt stocherte Ilay in ihrem Frühstück.
"Es ist viel günstiger, einen geeigneten Mann kennen zu lernen, wenn man kein Anstandshündchen im Schlepptau hat."
Konterte sie, erntete jedoch nur einen giftigen Blick.
"Du hast doch sonst so tadellose Manieren, Ilay. Warum um alles auf Aria'Prime verhälst du dich so?"
Seufzend trank die Mutter von ihrem Tee.
"Die Grünschnäbel, die sich um die reißen eben WEIL du keine Anstandsdame bei dir hast, sind nicht jene, die für eine Heirat in Frage kommen, meine Liebe. Du machst es nicht nur dir, sondern auch mir ganz schön schwer."
Sie setzte die Tasse ab und plötzlich bedachte sie ihre Tochter mit einem schelmischen Grinsen.
"Aber...dein hübsches Gesicht macht deinen kleinen Rebellenaufstand wieder wett. Einige Herren ließen Dir Blumen schicken. Außerdem ... hat uns einer von ihnen bereits eine morgendliche Aufwartung gemacht!"
Aufgeregt fuhr Ilay in die Höhe.
"Wer war es??? Nun sag schon!"
Zufrieden rührte Mrs Tu'ill'wan in ihrem Tee.
"Sein Name wird Dir nichts sagen, Schätzchen. Du hast nicht mit ihm getanzt. Aufgefallen aber bist du ihm dennoch."
Sie reichte ihrer Tochter seine Karte.
"Sir Ceril Gon'cha'ne. Baron Bur'ghey."
Ilay blickte hoch, doch anstatt Freude lag in ihren Augen ein Funken von Misstrauen.
"Ein Baron? Wie alt ist er?"
Die Karte wieder an sich nehmend hob die Mutter die Augenbrauen.
"63."
Erwiderte sie und nippte an ihrem Tee. Entrüstet schüttelte Ilay den Kopf.
"Nein! Das kann nicht Dein Ernst sein, Mutter. Bitte sag mir, dass das nur ein Scherz sein soll."
Aus Mrs Tu'ill'wan's Blick war jede Spur von Gutmütigkeit gewichen.
"Du bist 19, meine Liebe. Du bist im perfekten Alter. Wenn Du zu lange wartest, wird dich niemand mehr nehmen. Schau sie Dir doch an, die Bewerber, die dort draußen auf dich warten. Grünschnäbel, allesamt! Heutzutage ist es schwer, einen angemessenen Mann zu finden. Du kannst froh sein, dass du diese Möglichkeit hast. Bei Baron Bur'ghey wirst du für immer ausgesorgt haben."
Mit funkelnden Augen sprang Ilay auf.
"Es gibt genug reiche Männer dort draußen! Ich habe eine Menge Bekanntschaften gemacht, gestern Abend!"
Ganz die Ruhe selbst legte Mrs Tu'ill'wan die Hände ineinander und lehnte sich zurück.
"So... hast du das, ja? War auch einer dabei, den Du als Ehemann in Erwägung ziehen würdest?"
Schweigend verharrte Ilay in einer Position und starrte auf das fein gemusterte Tischtuch.
"Nein."
Antwortete sie. Einen Moment herrschte Stille zwischen den beiden Frauen, dann ließ sich Ilay aprubt wieder auf ihren Stuhl gleiten und beugte sich vor.
"Aber du hast du von unserem Prinzen gehört! Mutter, eine SOLCHE Gelegenheit kehrt niemals wieder!"
Abwehrend winkte ihre Mutter ab.
"Prinz Syuk ist nicht aus dem Holz geschnitzt wie die Männer, die du kennst, Schätzchen. Über ihn sind die abenteuerlichsten Geschichten im Umlauf. So schön du auch bist, mein Kind, vertraue mir, an diesem Mann wirst du dir die Zähne ausbeißen."
Resignierend ließ sich Ilay zurücksinken. Sie wusste, dass ihre Mutter recht hatte. Mutter hatte immer gute Kenntnisse, was die Einschätzung von Persönlichkeiten betraf gehabt und sie hatte bisher immer zu Ilay's Bestem entschieden. Doch dies hier war eine Entscheidung in anderem Ausmaß. Ilay betrachtete den verzierten Kronleuchter an der Zimmerdecke. Sie wollte eine gute Partie, so wie es sich alle jungen Mädchen erhofften. Neben dem Geld spielte da der gute Name auch eine wesentliche Rolle. Die Adelsfamilien unter den Chiss hatten schon sein mindestens 100 Millionen Jahren keine gesonderten Rechte mehr. Sie besaßen nach den Gesetzen keinen gesonderten Rang. Dies war auch nicht wichtig. Die Gesellschaft, die bei ihnen zählte, war eine Geld-Gesellschaft. Wer dies hatte und nach den Regeln spielte, gehörte zum Club. Die Familie Tu'ill'wan besaß keinen Adelstitel. Ilay's Vater hatte als erfolgreicher Kauf- und Geschäftsmann sein Vermögen gemacht. Irgendwo in der Ahnenlinie ihrer Mutter hatte es mal eine Großtante gegeben, die einen Earl geheiratet hatte. Fakt war, dass der Adelstitel heute nur noch bedingt wirkliche Vorteile brachte. Nur unter jenen, die sich entgegen den Gesetzen für etwas besonderes hielten zeigte er Wirkung. Mit einem Seufzen wandte Ilay den Blick von dem Kronleuchter und betrachtete ihre Mutter. Ihr selbst reichte ein Mann mit einem vernünftigen Vermögen. Doch Mutter würde sich von der Traumvorstellung, ihre Tochter an der Seite eines Baron's zu sehen und sei es noch so nichtig, nicht abbringen lassen.
"Kind...Du würdest Baroness sein! Denk nur, welches Ansehen Dir Dir damit sicherst!"
Beinahe zum ersten Mal sah Ilay die Welt in der sie lebte mir klarem Blick. Ansehen hatte sie so oder so, so lange sie freundlich und höflich war und dabei noch gut aussah. Nur die reichen der Reichen und Oberflächlichen würden ihren Titel würdigen. Es gab keinen Grund, warum er etwas besonderes für die normalen Bürger sein sollte. Aber gut... warum auch nicht. Mit festem Blick sah Ilay ihre Mutter an.
"Nun gut, Mutter... wann gedenkt er uns erneut die Aufwartung zu machen?"
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