Coruscant

[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Gleiter]- Noa, Cris, Selby

Noa machte aus ihrer Unterstützung für die Jedi in der Kontroverse, die Cris geschildert hatte, keinen Hehl. Verwunderlich war das nicht – die Jedi und der Widerstand unterhielten gute Beziehungen und Coruscant war lange Zeit der Hauptstützpunkt der Jedi gewesen, mit dem beeindruckenden Tempel, den das Imperium immer noch nicht abgerissen hatte – vielleicht auch ein wenig aus Furcht vor Reaktionen in der lokalen Bevölkerung.

„Ich glaube allerdings nicht, dass der Orden diesen Krieg alleine gewinnen kann…“, erwiderte Cris dennoch vorsichtig.

„Wenn dem so wäre, könnte ich mich zur Ruhe setzen.“

Er beeilte sich, ein Lächeln hinterher zuschieben, um Noa zu signalisieren, dass diese Worte mitnichten als Angriff gegen die Jedi gemeint waren.


„Aber du hast Recht… ich glaube, man muss selbst erlebt haben, wozu die Jedi in der Lage sind, um ihren Beitrag einschätzen zu können. Ich…“

Er zögerte. War dies der richtige Augenblick, sie in weitere Details seiner Vergangenheit einzuweihen?


„Ich wäre ohne die Jedi nicht mehr am Leben“, gab er sich schließlich einen Ruck.

„Ohne eine spezielle Jedi, um genau zu sein. Ich war in einem Einsatz schwer verwundet worden, die Ärzte gaben mir keine Chance mehr… auch Bacta konnte mir nicht mehr helfen.“


Eine kleine Pause entstand.

„Rätin ChesaraSyonette schon. Ihr verdanke ich mein Leben.“

Da der Gleiter mittlerweile vollends zum Stehen gekommen war, stieß Cris die Tür auf, stieg aus und hielt sie für Noa offen.


„Wollen wir?“

Falls Selby gehofft hatte, Noa durch den perfekt illuminierten Anblick der Empress of Blades zu beeindrucken, so wurde der Agent enttäuscht. Fast teilnahmslos schnappte die Widerstandskämpferin sich ihren Koffer – Cris kümmerte sich fügsam um die Tasche – und schien damit beschäftigt, dessen Inhalt zu überprüfen. Cris war sich relativ sicher, dass diese Vorsichtsmaßnahme im Grunde unnötig war, und Selbys enttäuschte Miene verriet ihm, dass Noa ihr eigentliches Ziel erreicht hatte.

Währenddessen hatte sich ihnen einer der für die Bewachung und Wartung der Empress zuständigen Agenten, ein Twi’lek, genähert, auf dessen Gesicht – soweit Cris das interpretieren konnte – Überraschung geschrieben stand.


„Ist das Schiff abflugbereit?“

„Ähm… prinzipiell jederzeit, aber wir wussten nicht, dass es benötigt wird…“

„Operative Barak ist also noch nicht eingetroffen?“

Die Lekku des Twi’lek zuckten leicht.

„Nein, Sir.“

Cris drehte sich leicht in Noas Richtung und hob entschuldigend die Schultern.

„Wie es aussieht, müssen wir warten.“


Und an Selby gewandt:


„Helfen Sie bei den Startvorbereitungen und besorgen Sie uns eine Abflugfreigabe. Sobald Barak mit dem Jedi hier auftaucht brechen wir auf.“

Der Pilot schmunzelte.

„Natürlich Captain.“

Bevor er sich an die Arbeit machte, konnte er es sich allerdings nicht verkneifen, in Noas Richtung eine spöttische Verbeugung hinzulegen.

„Miss Cortina. Wir sehen uns an Bord.“

Mühsam unterdrückte Cris ein Seufzen. Das konnte ja nur ein fabelhafter Flug werden… Er versuchte, die Situation mit einem entschuldigenden Lächeln zu retten und gestikulierte mit ihrer Tasche vage in Richtung der Gangway des Schiffes.


„Möchtest du deine Kabine sehen?“

[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, bei der Empress of Blades]- Noa, Cris, Selby, Agenten
 
- Coruscant – Wolkenkratzer – Provisor. Hangar - Mit Cris und Selby -

Noa hatte niemals behauptet, der Jedi-Orden könne diesen Krieg alleine gewinnen. Für wie blöd hielt Sheldon sie, dass er ihr eine solche Aussage unterstellte? Noa ärgerte sich. Er hatte zwar nicht direkt behauptet, sie habe etwas in dieser Richtung gesagt, doch sein subtiler Hinweis, klang wie ein Widerspruch. Natürlich konnte der Orden der Jedi nicht im Alleingang das ganze Imperium besiegen, Machtkräfte hin oder her. Noas Koffer rollte laut und protestierend hinterher, als sie in Richtung der Rampe los marschierte. Immerhin hatte Cris Sheldon genug Anstand, die Arbeit der Jedi zu loben, oder vielleicht beeilte er sich auch nur schnell, etwas positives über sie zu sagen, weil er an Noas Miene erkannt hatte, dass er ordentlich daneben gegriffen hatte. Eher zurückhaltend gestand Sheldon, dass er nicht mehr am Leben wäre, wäre es nicht für die Jedi gewesen. Noa betrachtete ihn interessiert.

”Wie schwer verwundet?”

Warf sie fragend ein, noch ehe er fortfuhr und wurde abermals überrascht, als er noch mehr preis gab: es war nicht irgendein Jedi gewesen, der ihn geheilt hatte, sondern Rätin ChesaraSyonette. Augenblicklich hielt Noa im Gehen inne.

”Rätin Chesara.”

Wiederholte sie den Namen der Jedi, die sie hier auf Coruscant selbst hatte kennen lernen dürfen und in deren Schuld sie, Pablos wegen, ein Leben lang stehen würde.

”Dann kennst du sie tatsächlich näher?”

Es erklärte zumindest, warum die Jedi damals für Cris gebürgt hatte, als Noa bereit gewesen war, Gehirnmuus aus ihm zu machen.

”Sie hat nicht nur dich gerettet, weißt du, sondern auch meinen Bruder.”

Gab sie dem Agenten ein vollständiges Bilder ihrer Beziehung zu der Jedi-Rätin.

”Sie war dabei, als eine Sith seinen Arm abgetrennt hat. Er wäre fast getötet worden… er, Baes und der General. Rätin Chesara hat Pablo und den anderen das Leben gerettet. Vielleicht sogar den ganzen Widerstand.”

Und sie? Sie war nicht da gewesen. Noas Lippen pressten sich aufeinander. So etwas wollte sie nicht noch einmal durch machen. Sollte wieder etwas passieren, während sie diesmal fort war, würde sie Cris Sheldon persönlich dafür verantwortlich machen. Nicht, weil es seine Schuld war, dass er versetzt wurde, sondern weil er sie vorgeschlagen hatte ihn zu begleiten und weil irgendjemand verantwortlich sein musste. Noa wandte den Blick von ihm ab und ließ ihn stattdessen an dem Rumpf des Schiffes hinauf wandern.

”Von mir aus können wir an Bord gehen. Ich brauche ohnehin etwas Zeit für mich.”

Sagte sie und deutete Cris Sheldon an, vorzugehen.

”Eine Tour brauche ich allerdings nicht. Ich weiß, wie ein solches Schiff von innen aussieht. Es reicht, wenn du mir meine Kabine zeigst.”

- Coruscant – Wolkenkratzer – Provisor. Hangar - Mit Cris und Selby -
 
[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, bei der Empress of Blades]- Noa, Cris, Selby, Agenten

Die zusätzlichen Informationen, die Noa ihm über die Jedi-Rätin liefern konnte, überraschten Cris nicht wirklich. Es schien fast so, als würde ChesaraSyonette, wo auch immer sie auftauchte, den Tag (und nebenbei ein, zwei Leben) retten. Dieses Detail erklärte jetzt auch, warum Pablo und selbst Noa bereit waren, einem Mann, der offen zugab, ein Soldat des Imperiums gewesen zu sein, zumindest die Chance zu geben, sich zu beweisen.

Dazu, wie genau die Konfrontation Pablos mit einer Sith zustande gekommen und schließlich ausgegangen war, ersparte er sich eine Nachfrage – solche Geschichten gingen selten glimpflich aus und irgendetwas an Noas plötzlich sehr düsterem Auftreten sagte ihm, dass dieses Thema ihre Disposition augenscheinlich nicht zum positiven wandelte. Sie wirkte plötzlich distanziert und deutete zudem an, dass sie – sobald er ihr die ihr zugewiesene Kabine gezeigt hatte – erst einmal alleine gelassen werden wollte. Vielleicht konnten sie zu einem späteren Zeitpunkt noch intensiver zumindest über den Orden und gemeinsame Bekannte reden.


„Nun gut. Also der direkte Weg“, entgegnete er auf ihre Anmerkung, dass sie sehr gut selbst wusste, wie eine Horizon-Yacht von Innen aussah. Als könnte er ihre Reaktion auf die erste Erwähnung des Schiffstyps im Büro ihres Bruders vergessen. Er wusste immer noch nicht so richtig, was ihr Problem mit diesen eleganten, schnittigen und höchst leistungsfähigen Schiffen war – vielleicht standen sie in ihren Augen ganz einfach für den Reichtum einiger weniger und die Ungerechtigkeit der Galaxis?

„Du wirst allerdings feststellen, dass der Geheimdienst einige Umbauten vorgenommen hat – Zugeständnisse an die üblichen Missionsprofile. Der Whirlpool musste leider verschwinden.“

Ein kläglicher Scherz, aber für den Moment war ihm jedes Mittel recht, Noa halbwegs bei Laune zu halten. Vermutlich war es am Besten, wenn er sie tatsächlich erst einmal in Ruhe ließ – nicht, dass er je etwas anderes vorgehabt hätte.

Sie erklommen die Gangway und betraten einen – trotz aller Umbauten immer noch mit teurem Teppich ausgekleideten – Korridor auf dem Hauptdeck der Empress, dem Cris zielsicher zu den Kabinen folgte. Die ehemalige luxuriöse „Haupt“kabine des Schiffes gehörte zu den Einrichtungen, die unter den Modifikationen des Geheimdienstes hatten leiden müssen, um unter anderem Platz für das Waffenarsenal zu schaffen, doch sie war immer noch die größte zur Verfügung stehende Räumlichkeit. Im Grunde stand sie somit ihm als ranghöchsten Offizier der Mission zu – doch für den Moment hielt er es angesichts der Tatsache, dass Noa nicht einmal vollkommen freiwillig hier war, für besser, sie ihr zur Verfügung zu stellen. Die Tür war offen und auf einer Anrichte lag die Codekarte, mit deren Hilfe sie die Kabine würde verriegeln können. Dass natürlich jede Tür vom Cockpit aus entriegelt werden konnte – alleine für den Fall eines Notfalls – entschied er sich nicht explizit zu erwähnen.


„Hier“, sagte er, nachdem er ihre Tasche abgestellt und die Codekarte von der Anrichte gefischt hatte, um sie Noa zu übergeben.

„Wenn du irgendetwas brauchst… na ja… ich bin hier… irgendwo...“


Etwas hilflos zuckte er mit den Achseln. Was sollte sie schon von ihm brauchen, außer vielleicht am Ende der Reise den Hinweis, dass sie den Hyperraum in Kürze verlassen würden?

„Vielleicht können wir später ja etwas essen.“

Mit einem Räuspern wandte er sich ab und folgte erst ziellos dem Korridor, ehe er sich dann Richtung Cockpit orientierte. Vielleicht hatte Selby mittlerweile wenigstens die Startvorbereitungen abgeschlossen…

[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Empress of Blades]- Noa (Kabine), Cris (Korridor), Selby (Cockpit)
 
- Coruscant – Provisorischer Hangar – Empress of Blades – Noas Quartier – Mit Cris –

Ehrlicherweise musste Noa zugeben, dass die Aussicht auf Abendessen - gemeinsam oder nicht – verlockend klang. Sie hatte den Tag über kaum etwas gegessen, weil sie damit beschäftigt gewesen war sich aufzuregen und ihre Koffer zu packen. Da war ihr nicht viel Zeit geblieben an solche weltlichen Dinge wie ihren Hunger zu denken. Vielleicht konnte sie das sogar als Anlass nehmen, mal wieder mehr darauf zu achten, was sie aß. Halbe Portionen waren ein guter Anfang und wenn sie heute damit begann, die Menge zu reduzieren, dann hatte sie schon fast einen ganzen Tag überstanden, ohne sich besonders viel Mühe gegeben zu haben. So etwas ließ sich leicht als Erfolg verbuchen.

“Ja, ein Abendessen wäre nett.“

Bestätigte sie daher auf Cris‘ vorsichtig vorgebrachten Vorschlag. Er hatte anscheinend Sorge, sie weiter zu verstimmen. Vermutlich war ihm aufgefallen, dass er sich nicht durchweg geschickt angestellt hatte, seit sie sich früher an diesem Tag im Büro ihres Bruders begegnet waren. Zuerst hatte er sie vorgeschlagen mit nach Mon Calamari zu kommen (im Übrigen eine Frechheit, schließlich hatte er sich nicht zuvor mit ihr abgesprochen) dann hatte er seinen vollkommen überflüssigen Sidekick mit zu ihrer Wohnung gekommen (Noa fragte sich noch immer, warum eigentlich) und zu guter Letzt hatte er so getan, als ob Noa gesagt hätte, die Jedi könnten im Alleingang die Galaxis retten. Total unrealistisch. Sie hatte so etwas nie behauptet und es ärgerte sie, dass Cris sie für so naiv hielt, so etwas zu glauben. Er sollte nicht denken, dass sie einen begrenzten Horizont hatte, nur weil sie Coruscant noch nicht oft verlassen hatte. Sie stellte ihren Koffer am Fußende des Bettes ab. Die Kabine der „Empress“ unterschied sich nicht so sehr von anderen Schiffskabinen, schätzte sie. Sie war ein bisschen größer als das Zimmer auf der „Prince“. Noa rümpfte die Nase. Woher kam dieser Trend, Schiffe dieser Bauart nach Adelstiteln zu benennen? Sie wandte sich zu Cris um.

“Ich schätze, Agent Selby wird dann kochen? Du hast seine Künste doch so gelobt. Hat er überhaupt einen richtigen Rang innerhalb des Geheimdienstes? Ich nenne ihn gedanklich immer Agent, aber vermutlich ist das falsch.“

Noa zuckte mit den Schultern. Es kümmerte sie im Grunde nicht wirklich, ob sie diesem Typen mit seinem Rang unrecht tat oder nicht, in erster Linie, weil sie sowieso vermied, ihn direkt anzusprechen. Was hätte sie ihm auch schon groß zu sagen gehabt? Aber vermutlich würde sie sich bei ihm bedanken müssen, wenn er für sie kochte. Urghs, das Dankeschön blieb ihr schon jetzt im Halse stecken.

“Haben wir eigentlich Bier an Bord?“

Wollte sie wissen. Vielleicht musste sie sich betrinken, wenn sie das alles nicht mehr aushielt.

“Wenn nicht, sollten wir noch welches besorgen. Sieht ja eh so aus, als müssten wir noch auf die anderen warten.“

Ein weiteres Mal zuckte Noa mit den Schultern. Sie war nicht wirklich freiwillig hier, sondern eher notgedrungen. Wer konnte ihr da schon verübeln, dass sie wenigstens versuchte, die Zeit so gut wie möglich herum zu bekommen? Und auch Cris Sheldon täte die ein oder andere Flasche Bier nicht schlecht. Sie wollte ja um Himmels Willen kein Saufgelage veranstalten, aber was sprach dagegen, wenn es ihn ein bisschen auflockerte?

“Na ja, ist jedenfalls nur so ein Vorschlag.“

Fügte sie rasch hinzu. Es sollte nicht so klingen, als erwartete sie von ihm, dass er sofort los spurtete und besorgte, wonach sie verlangte. Noa Chanelle Cortina war ja vieles, aber ganz sicher keine Diva. Etwas ähnliches war ihr an anderer Stelle schon mal vorgeworfen worden und das war von jemandem gekommen, der sie kein bisschen kannte.

- Coruscant – Provisorischer Hangar – Empress of Blades – Noas Quartier – Mit Cris –
 
[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Empress of Blades]- Noa (Kabine), Cris (Korridor), Selby (Cockpit)

Überrascht stellte Cris fest, dass Noa es offenbar doch nicht so eilig damit hatte, etwas Zeit für sich alleine zu beanspruchen. Tatsächlich schien sie der Vorstellung eines gemeinsamen Essens – eines gemeinsamen Abendessens – durchaus ihre Zustimmung zu finden, was Cris indes zu einem nervösen Lächeln veranlasste. Vielleicht hatte er sie für den heutigen Tag ja doch noch nicht vollend durch unbedachte Aussagen und unangenehme Überraschungen vor den Kopf gestoßen…

„Oh ja, Selby wird es sich nicht nehmen lassen, zu kochen“, bestätigte er ihre Vermutung in Bezug auf den Piloten.

„Er ist wirklich gut. Und ja, Agent ist sein richtiger Rang… der zweitniedrigste nach Operative zwar, aber…“

Seine Stimme verstummte, als ihm klar wurde, dass Noa in diesem Moment vermutlich ein Vortrag über Rangstruktur und Hierarchie des Geheimdienstes nicht sonderlich interessieren dürfte. Dass sie sich als nächstes nach Bier erkundigte unterstrich diesen Eindruck.


„Bier… oh… also, da müsste ich… fragen…“


War das der richtige Zeitpunkt, ihr zu eröffnen, dass Alkoholkonsum während einer Mission – so banal sie auch erscheinen mochte und vorausgesetzt, dass er nicht Teil der Tarnung war – nicht unbedingt gerne gesehen war? Andererseits war er der ranghöchste Offizier dieses Fluges und wenn er sich dazu entschloss, ein paar Bier mit einer ihm nicht unterstellten Person zu genießen – aus rein kameradschaftlichen Gründen natürlich! – dann war da doch nicht wirklich etwas bei…?

Ein sich langsam näherndes Surren unterbrach die konfusen Gedankengänge des ehemaligen Sturmtrupplers und als er sich umsah, konnte er die typisch gedrungene Gestalt eines Astromechdroiden erkennen, die sich Noas Kabine näherte. Die im Vergleich zu Einheiten der R2-Serie etwas kantigere Kuppel auf dem Rumpf des Droiden verriet ein späteres Modell, doch am auffälligsten schien die farbliche Markierung des Astromechs, die aus einem etwas unregelmäßig wirkenden Lila bestand. Als der Droide zum Stehen bekommen war, bewegte sich die Kopfkuppel hin und her, sodass das darauf montierte „Auge“ abwechselnd Noa und Cris musterte. Dabei gab er Droide eine Reihe neugierig klingender Pfeif- und Zirplaute von sich.


„Ähm… hallo…“, versuchte Cris es, nachdem die Aufmerksamkeit des Droiden anscheinend an ihm hängen geblieben war.

„Du musst… der Navigator sein.“

Das Glucksen, das der Astromech daraufhin von sich gab, klang fast ein wenig belustigt.

„In der Tat, das Universum stehe uns bei.“

Jetzt war es Selbys Stimme, die Cris’ Aufmerksamkeit erneut auf ein neues Ziel lenkte. Der Pilot war hinter dem Droiden aufgetaucht und schien dabei wenig begeistert.


„Entschuldigen Sie, Captain… R6-C2 sollte mir eigentlich bei einigen Vorausberechnungen für einen möglichst reibungslosen und unauffälligen Sprung nach Mon Calamari helfen, aber scheinbar hielt er es für nötig, sich… persönlich beim neuen Offizier vorzustellen.“

Der Agent verschränkte die Arme vor der Brust und warf dem gedrungenen Droiden einen tadelnden Blick zu, welchen dieser mit einem unflätigen Quietschen quittierte.


„Ich muss sagen, dass mich dieser Schritt des Direktoriums überrascht… ich kann ganz gut selbst mit dem Navigationscomputer umgehen.“

Seinem Pfeifen nach zu urteilen teilte der Droide diese Auffassung nicht wirklich.

„Nun… Sie müssen sich voll auf das Steuer konzentrieren, Selby, versuchte Cris es diplomatisch.

„Da kann Ihnen jede Unterstützung doch nur recht sein.“

Selby schnaubte.

„Vielleicht,. Komm, R6… weitermachen.“

„Oh, da fällt mir ein…“, warf Cris schnell ein, der sich gerade noch rechtzeitig an Noas Anliegen erinnerte.

„Haben wir irgendetwas… zu Trinken an Bord?“

„Meine letzten Reserven alderaanische Spätlese natürlich“, erwiderte der Pilot mit einem Grinsen, bevor sein Blick verschmitzt Noa streifte.

„Aber da Miss Cortina bei unserem letzten Treffen etwas… rustikalere Genussmittel bevorzugte, habe ich mir die Freiheit genommen, die Bar der Empress mit ein wenig Eblabier aufzustocken.“

Mit diesen Worten bedeutete Selby dem Astromech mittels einer herrischen Geste, ihm zu folgen, und verschwand wieder den Korridor hinunter in Richtung Cockpit. Zwischen Noa und Cris entstand für einen kurzen Moment ein unangenehmes Schweigen.

„Nun… wir haben Bier“, sagte Cris schließlich. Und er hatte plötzlich das Gefühl, dass er ganz dringend eines gebrauchen konnte…

[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Empress of Blades]- Noa, Cris, Selby (Cockpit)
 
- Coruscant – Wolkenkratzer – Prov. Hangarbucht – Empress of Blades – Noas Kabine – Mit Cris –

Noas Gesichtsausdruck veränderte sich von einer Minute zur anderen. Sie konnte nur schwer entscheiden, was sie davon halten sollte, dass Selby bereits im Vorfeld dafür gesorgt hatte, Bier für die Reise zu besorgen, weil er sich daran erinnert hatte, dass Noa seine Weinempfehlung schon einmal abgelehnt hatte. Wäre er nicht der gewesen, der er nun einmal war, hätte Noa ihn einen rücksichtsvollen Gastgeber genannt, aber es fiel ihr schwer, ihm Zugeständnisse zu machen. Gleichzeitig empfand sie es – warum auch immer – als ungeheure Genugtuung, dass er tatsächlich Agent Selby war und damit lediglich auf dem zweitniedrigsten Rang in der Struktur des Geheimdienstes stand, wie Cris ihr erklärt hatte. Prinzipiell konnte es Noa natürlich egal sein (und das war es auch!) aber dennoch befriedigte es sie, dass er es anscheinend noch nicht besonders weit gebracht hatte. Cris war ihm jedenfalls um Meilen voraus.

“Eblabier.“

Noa nickte zufrieden, als Selby wieder mit dem kleinen Astromechdroiden, der ihnen einen kurzen Besuch abgestattet hatte, verschwand und sie wieder alleine mit Sheldon zurück blieb.

“Prima.“

Sie hatte keine Ahnung warum, aber plötzlich schien die Situation irgendwie peinlich zu sein und ihr wollte auch nichts Intelligentes mehr einfallen, das sie hätte sagen können. Dummerweise schien es Sheldon ähnlich zu gehen, denn auch er sagte nichts mehr. Okaaaay, was also jetzt?

“Niedlicher Droide, übrigens.“

Bemerkte Noa hastig und hätte ihren Kopf am liebsten gegen den Bettpfosten geschlagen. Niedlicher Droide? Wirklich? Seit wann waren Droiden niedlich und seit wann kommentierte sie so etwas? Die farblichen Markierungen des quirligen R6 waren bestenfalls ungewöhnlich gewesen… aber niedlich? Wohl eher nicht. Allerdings war es sehr lustig gewesen zu sehen, wie sich Selby als der Pilot der Empress augenscheinlich in seiner Ehre verletzt gefühlt hatte, weil man ihm einen Astromechdroiden zur Navigation zur Seite gestellt hatte. Offenbar fasste er dies als Zeichen seiner Vorgesetzten auf, dass sie ihm nicht zur Genüge vertrauten. Noa glaubte, dass er dies getrost etwas lockerer sehen konnte. Die Yacht war ein großes Schiff und Droiden waren dazu da, um die Steuerung und Handhabung zu perfektionieren. Wenn irgendetwas schief gehen, würde er noch froh sein, dass er auf die Hilfe von R6 zurück greifen konnte – aber natürlich konnte sich Selby eine solche Situation in all seiner Überheblichkeit noch nicht ausmalen.

“Gut, dann… bin ich mal gespannt auf das Abendessen. Wenn du sagst, dass er so gut kocht.“

Betont gleichmütig zuckte Noa mit den Schultern.

“Ich habe eh nicht sooo viel Hunger.“

Das stimmte immerhin halbwegs, denn Noa hatte sich vorgenommen, nicht viel Hunger zu haben und es half, wenn man eine solche Ankündigung bereits voraus schickte. Das gab einem ein stärkeres Durchhaltevermögen, weil man sich gezwungen fühlte, die eigene Aussage einzuhalten. Jedenfalls ging es Noa immer so und sie hatte schon einige Diäten hinter sich.

“Vielleicht rufen Sie mich einfach über Kom, wenn es so weit ist. Oder über die Sprechanlage.“

Oder er kam einfach vorbei und klopfte… am besten, wenn sie gerade nichts an hatte. Noas Augen vergrößerten sich. Es wurde Zeit, dass Cris aus ihrem Zimmer verschwand. Sie musste jetzt arbeiten, um sich abzulenken. In weiser Voraussicht hatte sie sich genügend Material mitgebracht, um für die komplette Zeit des Fluges beschäftigt zu sein, das hieß… falls sie nichts Besseres vor hatte…

“Guuuut.“

Sagte sie, eine vorläufige Verabschiedung einleitend. Wieder hing diese peinliche, unangenehme Atmosphäre zwischen ihnen in der Luft.

“Wir sehen uns dann später.“

Noa grinste dümmlich.

“Beim Abendessen. Bis dann.“

- Coruscant – Wolkenkratzer – Prov. Hangarbucht – Empress of Blades – Noas Kabine – Mit Cris –
 
[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Empress of Blades]- Noa, Cris, Selby (Cockpit)

Noa war mit der Auswahl des Bieres zufrieden, die Selby getroffen hatte. Gut. Das war immerhin ein Anfang, auch wenn zu bezweifeln war, dass diese kleine Aufmerksamkeit des Piloten ihr Bild von ihm nachhaltig verbesserte. Dazu hatte er sie einfach etwas zu anmaßend vorgetragen…

Cris räusperte sich verhalten, fieberhaft nach irgendeiner Floskel suchend, mit der er sich jetzt ebenfalls verabschieden konnte – nicht, weil er sich unbedingt von Noa entfernen wollte (eigentlich ganz im Gegenteil), sondern weil es ihm angemessen vorkam – doch nichts wollte ihm einfallen, ehe die Widerstandskämpferin selbst wieder das Wort ergriff und auf das plötzliche Auftauchen des Astromechdroiden Bezug nahm. Den sie anscheinend… niedlich fand.


„Ähm… ja…“, stimmte Cris ihr zögernd zu.

„Drollige kleine Kerlchen, was?“

Vermutlich war auch ihr die Spannung zwischen Selby und dem Droiden aufgefallen – und es stand außer Frage, auf welcher Seite sie stehen würde, wann immer sich der Pilot im Konflikt mit jemandem befand. Nun, solange dieser Jemand kein Anhänger des Imperiums war zumindest.

Langsam wurde es wirklich zeit, zu gehen. Noas Erwähnung des bevorstehenden Abendessens konnte der ehemalige Sturmtruppler nur noch mit einem schwachen Lächeln zur Kenntnis nehmen, da ihm klar wurde, dass auch ihr kein Gesprächsthema mehr einfallen wollte. Vielleicht war sie einfach zu höflich, ihn direkt aufzufordern, ihn in Ruhe zu lassen – schließlich hatte er sich in den letzten Stunden nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert und die einzigen Dinge, die ihre Laune an diesem Tag womöglich verbessert hatten, waren das Auftreten des Droiden und die Tatsache, dass Selby an ein ihr genehmes Getränk gedacht hatte. Beides nicht unbedingt Dinge, die Cris sich auf die Fahne schreiben konnte.


„Er kocht wirklich gut“, beeilte er sich, ihr zu versichern – wieder etwas, wofür er selbst nicht verantwortlich war – und konnte gerade so verhindern, dass er sich verlegen am Kinn kratzte. Noa wollte wirklich, dass er ging – dass sie ihn in ihrem letzten Satz plötzlich wieder siezte, auch wenn gerade dieser Satz ihn dazu einlud, sie anlässlich des Essens zu kontaktieren, machte das in seinen Augen klar – und schon wieder hing diese unangenehme Stille in der Luft.

„Nun… dann… gehe ich mal…“

Sein Gesicht verzerrte sich zu einer Art Grinsen – ursprünglich sollte es wohl ein Lächeln werden – mit dem er ihr sehr ansehnliches Lächeln eher schlecht als recht erwiderte, bevor er sich abwandte und zum Gehen anschickte.


„Oh…“, fügte er halb über die Schulter hinzu.

„Und ruh dich ein wenig aus.“

Was für eine blöde, überflüssige Aufforderung. Wenn sie müde war, würde sie sich wohl ganz von alleine ausruhen – und wenn nicht, dann war es auch nicht nötig. Zusätzlich war er beim Du geblieben. Wer wusste schon, wie Noa das wieder auslegen würde, nachdem sie selbst zum Sie zurückgekehrt war… Am liebsten hätte Cris über seine eigenen Unbeholfenheit geflucht.

Selbst auf dem dicken Teppich waren die schweren Schritte des ehemaligen Sturmtrupplers gut zu hören, als er frustriert in Richtung der Waffenkammer der Empress – einem jener Räume also, die es erst seit den Umbauten durch den Geheimdienst gab – stapfte und dort missmutig sein Schenkelholster abschnallte, um es mit den üblichen Waffen – von schweren Blastergewehren der Infanterie bis hin zu leicht zu verbergenden Pistolen schien alles dabei – zu verstauen. Hier an Bord würde er für die Dauer der Reise wohl keine Waffe brauchen…


Ein fragendes Quietschen hinter ihm ließ den Agenten herumfahren und wieder blicke er in den Fotorezeptor des Astromechdroiden, der sich ihm dieses Mal vollkommen unbemerkt genähert hatte – so tief war er in seine zum Teil immer noch um Noa kreisenden Gedanken vertieft gewesen.

„Solltest du nicht Selby im Cockpit helfen?“

Der Astromech gab ein wehmütig klingendes Wimmern von sich. Cris wusste nicht, was es bedeutete – Binär war ein Buch mit sieben Siegeln für ihn – doch er konnte es sich vorstellen.

„Tja, gar nicht so einfach manchmal, was? Aber keine Sorge, bei anderen hast du durchaus besseren Eindruck hinterlassen…“

Sie fand den Droiden niedlich, hatte Noa gesagt. Es mochte lächerlich klingen, aber irgendwie war Cris in diesem Moment ein wenig eifersüchtig auf den Blecheimer…

[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Empress of Blades]- Cris, R6-C2, (Noa, Selby)
 
- Coruscant – Wolkenkratzer – Prov. Hangarbucht – Empress of Blades – Noas Kabine -

Als sich die Tür der Kabine schloss, war Noa (endlich?) wieder alleine. Sie wusste nicht, ob sie darüber froh sein sollte oder nicht. Sie mochte Cris Sheldon, warum auch immer. Er war nichth wirklich ihr Typ. Eigentlich. Trotzdem gab es ihr ein gutes Gefühl, mit ihm zusammen zu sein, was im Ganzen schon eine dämliche Aussage war. Warum sollte es er ihr kein gutes Gefühl geben, nur weil er nicht ihr Typ war? Schließlich war man nicht nur mit Leuten befreundet, auf die man stand. Aber war sie mit Cris überhaupt befreundet? Eigentlich nicht. Sie kannten sich von berufswegen, wenn man es denn so ausdrücken wollte. Hach, es war einfach kompliziert! Noa ärgerte sich über sich selbst, über ihre konfusen Gefühle und über die Tatsache, dass sie überhaupt schon wieder über solche Dinge nachdachte, obwohl sie sich fest vorgenommen hatte, sich in nächster Zeit auf keinen Mann einzulassen. Am Ende hatte Cloé wahrscheinlich doch Recht: Noa konnte einfach nicht anders. Sie hasste es, alleine zu sein und damit war nicht der bloße Moment gemeint, sondern das allgemeine Befinden, das sich Alleinsein nannte. Einsamkeit. Sie mochte es, Teil eines Paares zu sein. Es gab ihr einfach das Gefühl, zu jemandem zu gehören. Wer wollte schon als alte Jungfer enden? Natürlich war Noa noch immer jung genug, um dafür zu sorgen, dass das nicht passieren konnte, aber genau das tat sie schließlich auch. In der Vergangenheit hatte sie dabei zwar einige Fehlgriffe getätigt, aber so war das nun mal. Wer das große Los ziehen wollte, musste zuvor ein paar Nieten in Kauf nehmen. Die Journalistin hockte sich auf ihr Bett, streckte sich nach ihrem Koffer und löste den Sicherheitsverschluss, indem sie einen Zahlencode eingab. Cris Sheldon war wirklich nicht ihr Typ, dachte sie dabei, allerdings musste das nicht zwangsläufig etwas schlechtes bedeuten. Es hieß schließlich auch, dass er nicht so war wie die Nieten, die sie früher gezogen hatte.

Visenc ließ sich Zeit mit seiner Antwot. Er antwortete gar nicht. Immer wieder starrte Noa auf ihr Komlink, als könnte sie ihn so beschwören, sich zu beeilen und ihr mitzuteilen, was er herausgefunden hatte – wenn er etwas heraus gefunden hatte. Im Moment sah es jedenfalls nicht danach aus, als würde er ihr noch vor Abflug mit Informationen über den Jedi dienen können, der mit ihr reisen würde. Noa seufzte, legte ihr Datapad bei Seite und ging stattdessen dazu über, unruhig in ihrem Zimmer auf und ab zu tigern. Sie war nervös über den bevorstehenden Flug un über all die Dinge, die passieren konnten und Schuld daran waren nur Jace Chorios und Exodus Wingston, von denen sie noch immer ein Trauma hatte. Keinem von beiden wollte sie jemals wieder begegnen und selbst das war noch immer zu früh. Sie hatte Hunger. Auch das noch. Im Kopf überschlug Noa die Zeit, die sie noch bis zum Abendessen würde aushalten müssen. Agent Selby würde zuerst das Schiff starten und erst wenn sie im Hyperraum waren, würde er Zeit haben, mit dem Kochen zu beginnen, es sei denn er war bereits dabei, einige Dinge vorzubereiten. Mit viel Glück konnte der Astromech an Bord die Berechnung der Hyperraumroute beschleunigen. Theoreeeetisch, überlegte Noa, konnte sie sich auch aus ihrem Zimmer hinaus begeben und anbieten, bei den Vorbereitungen zu helfen. Nur damit es schneller ging. Aber das war vermutlich keine gute Idee. Am Ende würde Selby ihre Hilfe ablehnen und dann stünde sie wirklich blöd da. Außerdem hatte sie sowieso keine Lust. Wenn sie nicht unbedingt dazu gezwungen wurde, war Noa damit zufrieden, sich vor dem Kochen zu drücken. Sie ließ ihren Blick durch die Kabine wandern. Das Bett war groß genug für zwei, stellte sie fest. Nicht, dass sie vor hatte, es mit irgendjemandem zu teilen… aber trotzdem, es war gut zu wissen.


- Coruscant – Wolkenkratzer – Prov. Hangarbucht – Empress of Blades – Noas Kabine -
 
[: Coruscant-System | Coruscant :||: irgendwo | Wolkenkratzer | provisorische Hangarbucht | nahe der „Empress of Blades“ :||: Crado mit einer Mon Calamari (Jezza Barak); im Hintergrund mehrere Mechaniker :]

Die „Empress of Blades“, Cris Sheldons Schiff, hatte man in einer Hangarbucht unter gebracht, die in einen der unzähligen Wolkenkratzer Coruscants eingelassen war. Mindestens drei oder vier ganze Etagen musste dieses gewaltige Gebäude – im Gegensatz zu seinen gleichgroßen Nachbarn – somit eingebüßt haben. Denn selbst die Yacht eines Privatmannes brauchte Platz, sehr viel Platz. Dennoch zählte dieser Ort zu den kuriosen Heimlichkeiten, die der ruhelose Stadtplanet besaß. Beim Betreten tauchten bei Crado kurzzeitig Erinnerungen an ähnliche Lokalitäten auf. Er erinnerte sich an die alte Kaserne, die einer anderen Widerstandszelle in den unteren Ebenen als Unterschlupf diente. Ebenso kam ihm Tokkos „Zuflucht“ nahe der Planetenoberfläche in den Sinn. Existierte Coruscant etwa nur hinter einer falschen Fassade? Trog der Schein? Spielten alle mit gezinkten Karten? Alle – außer er? Musste er letztendlich deshalb scheitern?

Ein dumpfer Lichtschein fiel auf das ruhende Schiff, ließ die Außenhülle in einem ziemlich matten Silber erscheinen. Der Cathar interessierte sich nicht dafür. Schweigend folgte er der Mon Calamari (Jezza Barak), stieg über dicke Stromkabel und lange Versorgungsschläuche und entdeckte hier und da im vorherrschenden Zwielicht einzelne Personen – das Hangarpersonal. Weil man sich in einem Hangar aufhielt, herrschten natürlich die gewohnten Gerüche nach Metall und Öl vor. Unwillkürlich stiegen sie in Crados Nase. Er schnaubte hörbar. Obwohl er in seinem früheren Leben hauptsächlich in den unteren Vierteln des bekanntesten Schmugglermondes gehaust hatte, hatte er sich nie ganz an solche penetranten Gerüche gewöhnt. Weiterhin schweigend setzte er seinen Weg in Richtung Yacht – über all die Kabel und Schläuche – fort. Dabei fiel ihm auf einmal aus, dass er – außer den Sachen an seinem Leib – nichts mitnehmen würde. Abgebrannt, er war vollkommen abgebrannt. Wahrscheinlich besaß er in diesem Moment sogar weniger als vor seinem unerwarteten Aufbruch nach Ossus.


'Nicht einmal ein Erinnerungsstück an Noomi habe ich …', bemerkte er bei diesem Gedanken. Doch jeglicher Wehmut, der just in diesem Augenblick aufflammen wollte, unterdrückte er sofort. 'Es gibt keinen Tod, nur die Macht.' Crado rezitierte unbewusst den Kodex der Jedi. Geräuschlos kamen die bekannten Worte über seine Lippen. Sein Körper beruhigte sich. Langsam bewegte sich sein ganzes Bewusstsein wieder in geordneten Bahnen. Plötzlich erinnerte er sich unwillkürlich daran woher die gesprochenen Worte kannte. Einst hatte er sie aus Mikes Mund gehört. Sie waren auf Mon Calamari gewesen und hatten seine Ausbildung – nach der Rettung von Ord Biniir – fort geführt. Flüchtig sah er das lächelnde Gesicht des blonden Jedi-Ritter. Wo war Mike bloß? Lebte er noch? Oder hatte der Jedi ihn ebenfalls ins Reich der Toten verlassen? Zuletzt hatte das Katzenwesen von seinem Mentor gehört als dieser auf Ithor angekommen war, um die geheime Versorgungsroute zwischen der Neuen Republik und dem isolierten Dorin zu installieren. Wie viel Zeit war seitdem vergangen? Waren es noch Monate oder gar schon ein Jahr?

„Mister, Sie können das Schiff betreten“, rief ihm ein Mann beiläufig zu. „Ihre Begleitung ist schon an Bord gegangen... wie die anderen auch...“

Etwas verwundert blickte der Cathar zu dem Schiffsmechaniker, der sich gerade an einem der Kabel zu schaffen machte. Offenbar waren der republikanische Agent, dessen Pilot und die Kontaktperson schneller gewesen als die Mon Calamari und er. Einen Moment blieb Crado stehen und schaute dem Mann bei dessen schwerer Arbeit zu. Durch die selbst auferlegte Isolation konnte das Katzenwesen nur schwach, ganz schwach dessen Anstrengungen spüren. Sie drangen kaum noch zu seinem sonst recht wachen Bewusstsein durch. Langsam verlor er das Gefühl für seine speziellen Fähigkeiten. Er kehrte ins Leben der „normalen“ Wesen zurück. Doch sollte er sich darüber freuen? Konnte er seine Fähigkeiten, seine Verantwortung, seine Taten einfach ablegen? Eine Antwort auf diese Fragen fand er nicht. Denn genau in diesem Moment rief ihm eine andere Person zu, dass sie starten und endlich diesen ruhelosen Planeten verlassen wollten. Ohne eine weitere Sekunden zu verschwenden setzte sich das zottelige Wesen in Bewegung. Rasch hatte es die Rampe – und damit das Schiff – erreicht.

[: Coruscant-System | Coruscant :||: irgendwo | Wolkenkratzer | provisorische Hangarbucht | „Empress of Blades“ | Eingangsbereich :||: Crado allein :]

[OP: Hatte ein paar eurer Beiträge erst gelesen als ich den Großteil schon getippt hatte. Das Licht ist einfach wieder aus, um nicht zu auffällig zu sein. :P … Natürlich kann ich es auch ändern, falls es gewollt ist]
 
[Coruscant, Wolkenkratzer, provisorische Hangarbucht, Empress of Blades]- Cris, R6-C2, (Noa, Selby)

Nachdem er sich um die Waffen gekümmert hatte ließ Cris das Arsenal wieder in das dafür vorgesehene Versteck verschwinden – hinter ein Regal gefüllt mit Weinflaschen (keine alderaanische Spätlese, die hatte Selby an einem anderen Ort verstaut) und eine Metallplatte, die nach Cris’ Informationen mit Legierungen beschichtet waren, die die Arbeit handelsüblicher Scanner wie etwa die imperialen Zollbehörden die verwendeten erheblich erschwerten. Natürlich war auch eine solche Maßnahme nie perfekt – doch der Waffenvorrat an Bord der Empress dürfte so sicher vor Entdeckung sein wie irgend möglich.

Während der Astromech sich schließlich – geschäftige Pfeiflaute von sich gebend – vom ehemaligen Sturmtruppler entfernte, um irgendeiner Aufgabe nachzugehen, orientierte sich dieser endgültig in Richtung des erstaunlich engen Cockpits der Luxusyacht. Erwartungsgemäß fand er dort Selby vor, der sich auf den Pilotensessel gelümmelt hatte und einen Datenblock studierte, die Füße recht sorglos in der Nähe der Kontrollkonsolen hochgelegt. Da den Piloten seine Lektüre einigermaßen zu fesseln schien, war es für Cris kein Problem, ihm seinen Datenblock über die Schulter zu entwenden und an sich zu nehmen, wobei er sich ein leicht dümmliches Grinsen gestattete.

„Sie haben nichts mehr zu tun, Selby?“


Der angesprochene Agent räusperte sich leicht, doch sein Gesicht verriet eher Belustigung denn Verärgerung ob der Unterbrechung seiner kleinen Lesestunde.


„Der Blecheimer hat ein paar mögliche Sprungkombinationen errechnet und ich habe uns die Starterlaubnis von der Flugkontrolle besorgt, innerhalb der nächsten Stunde. Das war alles, was ich tun sollte, nicht wahr?“

Zunächst antwortete Cris nicht. Selby hatte Recht – im Grunde hing jetzt alles an der Ankunft von Operative Barak und dem Jedi. Sonst hielt die Empress nichts mehr auf Coruscant.


„Und was lesen sie hier?“


Beiläufig rief er den Titel der Datei auf und studierte ihn stirnrunzelnd.

„Deirdre und die Jedi-Ritter von Coruscant…?“


Selby lächelte breit und schnappte sich ebenso problemlos den Datenblock aus Cris’ Händen, wie dieser ihn zuvor dem Piloten entwendet hatte.


„Ein wenig Belletristik für zwischendurch, Captain. Vermutlich nichts für Sie. Ein erfrischendes Loblied auf die Jedi und ihre Heldentaten.“

Skeptisch verschränkte Cris die Arme vor der Brust.


„Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Imperium von dieser Art Roman sonderlich begeistert ist…“


Selby nickte.


„Das stimmt. Der Autor stammt von Coruscant, aber ich vermute, dass er den Planeten schon sehr bald nach Veröffentlichung verlassen musste. KOMENOR und das Imperiale Sicherheitsbüro gehen in Propagandafragen nicht gerade zimperlich vor… ich musste einige Kontakte spielen lassen, um hier ein Exemplar zu ergattern.“

„Der Autor muss ein mutiger Mann sein“, stellte Cris fest.

„Wie heißt er?“


Irgendwie hatte er plötzlich den Eindruck, dass das Lächeln des Piloten für einen kurzen Moment aussetzte, bevor er es wieder stabilisieren konnte.


„Der Name würde Ihnen ohnehin nichts sagen, Captain“, antwortete Selby schließlich ausweichend und verstaute den Datenblock in einem Fach unterhalb des primären Steuerknüppels, mit dem der Pilot die Yacht hauptsächlich steuerte. Dabei fiel sein Blick augenscheinlich auf einen der Überwachungsmonitore, da er Cris mit einer Geste auf diesen hinwies.

„Wie es aussieht, ist auch unser letzter Gast eingetroffen – warum begrüßen Sie ihn nicht? Ich bringe uns derweil in den Weltraum…“

Mit einem Seufzen nickte Cris und ließ Selby im Cockpit alleine. Der Pilot wollte augenscheinlich nicht weiter über diesen Roman und seinen Urheber reden – aus welchem Grund auch immer. Deirdre und die Jedi-Ritter von Coruscant. Nun, eine solche Geschichte konnte dem Orden der Jedi und damit mittelbar der Republik eigentlich nur von Nutzen sein. Für den Moment jedoch hatte Cris sich um einen ganz speziellen Jedi zu kümmern. Und der wollte so gar nicht in schillernde Heldengeschichten passen.

Erwartungsgemäß traf der ehemalige Sturmtruppler den zotteligen Nichtmenschen unweit der Gangway der Yacht an, die mittlerweile – vermutlich auf einen Kommando des Piloten – eingefahren worden war. Dabei wirkte der Jedi immer noch seltsam unbeteiligt – und immer noch wusste Cris nicht, ob dies einfach nur auf Eigenschaften seiner Spezies oder auf ein echtes Problem zurückzuführen war. Bei der Geschichte, die Crado ihm und Pablo erzählt hatte, war letztes fast wahrscheinlicher…


„Jedi Crado, begrüßte Cris den Anderen dennoch bemüht unbefangen.

„Willkommen auf der Empress of Blades. Da das Schiff über einen Hyperantrieb der Klasse 0,5 verfügt, sollten wir Mon Calamari ungeachtet der Distanz relativ schnell erreichen – wenngleich Sie verstehen, dass einige Etappensprünge von Nöten sein werden.“


Eine kurze, fast unangenehme Pause entstand, auch, weil Cris nicht wirklich wusste, was er dem Jedi noch hätte sagen können. Bei allem, was ihn vermutlich auf Mon Calamari erwartete, war womöglich schon der Hinweis auf eine verhältnismäßig zügige Reise zu viel gewesen.

„Suchen Sie sich eine der Kabinen aus, Meister Jedi. Wenn Sie wollen… es wird später eine kleine Mahlzeit geben. Sollten Sie sonst irgendetwas brauchen, wenden Sie sich an mich oder den Piloten.“

Cris deutete ein leichtes Nicken an und war dann froh, sich schnell von dem Jedi entfernen zu können. Er konnte diesen Crado überhaupt nicht einschätzen – das in Verbindung mit den Fähigkeiten der Jedi erschien ihm eine gefährliche Mischung. Zwar hatte er sich kooperativ gezeigt und selbst die recht schroffen Anweisungen Tacemas ohne Aufbegehren verfolgt, doch Cris fragte sich trotzdem. ob irgendwo unter dieser teilnahmslosen Hülle wohl eine unangenehme Überraschung verborgen war.

Während ein leichtes Rucken durch die Yacht ging – Selby hatte anscheinend die Repulsoraggregate angeworfen und steuerte das Schiff nun aus seiner Landebucht heraus – hatte Cris sich in Richtung der Pantry aufgemacht. Bei aller Sorge um den Jedi – er hatte seine Hauptverantwortung nicht vergessen. Noa war schließlich hauptsächlich wegen seines Vorschlages und kaum aus eigenem Antrieb hier, weswegen es nur recht und billig war, wenn er ihr Gesellschaft leistete. Falls sie das wollte. Nun, sie hatte jetzt einige Zeit für sich gehabt… und außerdem hatte sie erwähnt, durchaus an einer kleinen Erfrischung interessiert zu sein.

Während Cris sich über die Kühleinheit in der Pantry beugte – in der Selby tatsächlich einen Vorrat Eblabier verstaut hatte – hallte die Stimme des Piloten plötzlich durch die Sprechanlage der Empress:


„Achtung, werte Passagiere, es wird ernst – nähern uns dem planetaren Schild.“

Gegen seinen Willen musste Cris schlucken. Eigentlich war die Tarnung der Empress über jeden Zweifel erhaben – die private Luxusyacht eines beliebigen Neureichen, der von Coruscant aufbrach, um irgendwo in der Galaxis seinen Vorlieben zu frönen. Doch es reichte bereits eine undichte Stelle, eine Ungereimtheit, ein Verdacht und der Schild würde sich nie öffnen und die Empress Opfer einer Horde schießwütiger TIEs. Oder noch schlimmer: der Schild öffnete sich und die Empress wurde zum Ziel einer der waffenstarrenden Golan-Verteidigungsstationen im Orbit des Planeten.

Dann jedoch kam die Entwarnung:


„Wir sind durch. Eintritt in den Hyperraum in fünf Minuten.“

Mit einem Aufatmen schnappte Cris sich zwei kühle Flaschen Eblabier und machte sich auf den Weg – in Richtung der Kabine, die er Noa zugewiesen hatte, obwohl er mit jedem Schritt unsicherer wurde, ob das wirklich so eine gute Idee war. Vielleicht brauchte sie wirklich Zeit für sich. Vielleicht war sie auch immer noch nicht sonderlich gut auf ihn zu sprechen – oder wieder. Manchmal erschien sie ihm etwas unberechenbar. Andererseits – was konnte schon passieren? Außer, dass sie ihm irgendetwas aus ihrem Koffer an den Kopf warf oder irgendwo eine Portion Sauce aufgetrieben hatte. Cris musste lächeln – trotzdem freute er sich darauf, sie zu sehen.

Vor der Kabinentür angekommen blieb er zunächst unschlüssig stehen, doch als die Empress mit dem charakteristischen Erzittern ihres Rumpfs in den Hyperraum sprang, überwand er sich schließlich dazu, vorsichtig an die Tür zu klopfen.


Noa…? Noa, ich bin’s… Cris.“


Er räusperte sich. Natürlich war er es. Außer ihm kannte hier an Bord nur Selby ihren Namen und der flog schließlich gerade das Raumschiff.


„Ich… ich dachte mir, du hättest vielleicht Lust auf eine kleine Erfrischung…?“


[Hyperraum, Empress of Blades, vor Noas Kabine]- Cris

OP: Weiter im http://www.projektstarwars.de/forum/projekt-star-wars-rollenspiel/44224-weltraum-republik.html.
 
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Prolog zum Plot: Krieger der Dunkelheit

[Coruscant – Ebene 0 – Archaische Tunnel – Vor einem Monat – Vier namenlose Gestalten]


Auf dem nassen Boden des Tunnels platschten die Stiefel der Männer in den Pfützen. Sie gingen durch ein archaisches Tunnelsystem, das vor Urzeiten gebaut worden sein musste. Die Luft war stickig, feucht und roch schlecht. Nuancen von Metall und Verwesung lagen in der Luft.
Vier Jünger waren sie, die hier in der Dunkelheit umherirrten und die ausgewählt worden waren, um für einen Lord der Sith eine Mission durchzuführen. Sie sollten bestimmte Orte auf einer Karte untersuchen, die der Lord für sie vorbereitet hatte. Alle diese Orte befanden sich irgendwo auf der untersten Ebene Coruscants. Genaue Informationen über das, was sie finden sollten, hatten sie nicht bekommen. Nur eines war eindeutig, es handelte sich um die Ruinen einer alten Zivilisation, die einmal auf Coruscant existiert hatte. Darth Eneco wollte Artefakte bergen und die Jünger sollten dies für ihn tun. Alles, was sie fanden, sollten sie mitbringen, egal, wie wertlos es ihnen erscheinen mochte. Alles. Sie wussten, dass er dem Zirkel der Technomanten angehörte und nahezu besessen von antiker Technik war, die er sammelte und analysierte. Dieser Mission heftete aber noch etwas anderes an, denn die
Ausrüstung, die sei für ihre Expedition im Orden erhalten hatten, war kein Standard. Ihr Auftraggeber wollte auf jeden Fall einen Erfolg.

Mit einem einfachen Handelstransporter flogen sie von Bastion nach Coruscant. Coruscant war immer ein Erlebnis. Dieser Planet, komplett überzogen mit einer Stadt und Industrie. Bauwerke, die Kilometer weit in den Himmel ragten und dem Boden Coruscants jegliches Licht entzogen. Auf diesen Boden mussten sie herunter, den Boden, wo der Bodensatz der Gesellschaft versammelt war, der es nicht nach oben in das Licht geschafft hatte. Die Twilights.
Waren sie nicht ähnlich, die Jünger der Sith? Der Bodensatz des Ordens, der nach dem Aufstieg gierte, nach einem Meister? Irgendwie schon, denn, ohne sich für einen Meister zu verdingen, bestand kaum die Möglichkeit, dass dieser aufmerksam wurde und einen auswählte. Vier Auserwählte waren sie, die sich nun durch dunkle Tunnel zwängten, die wahrscheinlich seit Jahrhunderten kein Mensch mehr betreten hatte. Bauwerke einer vergangenen Zeit. Ruinen, die die Fundamente der Oberstadt bildeten. Der seltsame Geruch nahm zu. Ekel überkam sie und sie legten ihre Atemmasken an, die sie genau für solche Zwecke mitgenommen hatten. Welch süße Luft sie nun atmeten, jedenfalls temporär, bis die Filter versagten.

Zwischen ihren Schritten hörten sie leise, klackende Töne, wie trippelnde, schnelle Schritte eines Käfers. Vielleicht waren es sogar irgendwelche Käfer, die sich hier unten einen Lebensraum erobert hatten. Im Licht ihrer Stablampen sahen sie den Verursacher der Trippelschritte. Eine größere Spinne kam auf sie zu. Sie blieben stehen. Ein roter Laserpunkt tastete jeden von ihnen ab. Es musste sich, um eine Art Spinnendroiden handeln, der näher kam. Offensichtlich ein Vermessungsdroide, den man zur Untersuchung der Fundamente hier herunter geschickt hatte und der sich nun auf dem Rückweg befand. Doch als er direkt bei ihnen stand, würgte einer der Jünger und musste sich übergeben. Auf den ersten Blick war es tatsächlich eine metallene Spinne mit einem ovalen Körper, wie man es von einem Droiden solcher Bauart erwartet hätte. Aber ihr Körper war nur teilweise aus Metall, nur die kleinen, trippelnden Beine. Ein offener, menschlicher Schädel, überzogen mit blutigen Resten aus Haut und Haaren bildete das Körpergerüst. Teile des Hirns lagen frei und waren durchzogen mit pulsierend, leuchtenden Drähten. In den Augenhöhlen leuchtete irisierendes Laserlicht und dort, wo sich einmal der Mund befunden hatte, waren nun kleine Greifer mit verschiedenen Werkzeugen.
Panik ergriff die Gruppe und sie rannten zurück, hoffend, dass sie die richtigen Abzweigungen wieder finden würden, hoffend, diesen verfluchten Ort lebend zu verlassen. Ein Kreischen erfüllte den Tunnel und hallte als Echo von allen Seiten wieder. Ihre Schritte verstummten in dieser Kaskade von hohen Frequenzen, die ihnen fast das Bewusstsein raubte. Endlich sahen sie Licht. Es musste ihr Orientierungslicht sein, das sie am Eingang des Tunnelsystems positioniert hatten. Doch das Licht kam zu schnell näher, denn es war eine elektrische Entladung, eine Kugel aus zuckenden Blitzen, die die Sith-Jünger einhüllte und ihr Bewusstsein ausschaltete.

Nur kurz kam einer der Jünger wieder zu Bewusstsein. Kurz genug, um Dinge zu sehen, die seinen Verstand aussetzen ließen, die ihn in das Reich der Verrückten schickten, der Geisteskranken, fern von der Welt der Realdenkenden, denn er war kein Mensch mehr, nur eine Karikatur. Seine Augen vermittelten ihm Bilder, die sein Hirn verarbeiten musste, auch, wenn er die kühle Luft auf seinem Kopf spürte, weil seine Schädeldecke offen war. Bilder eines Raumes, voller Teile, Teile aus Fleisch, Teile aus Metall. Zusammengesetzt aus solchen Teilen war auch er. Seine Augen konnten sich nicht mehr schließen. Er konnte den Blick nicht abwenden, von dem, was er sehen musste.
Sein Gehör arbeitete ebenfalls noch und er hörte das hohe Summen einer Kreissäge, das sich ihm näherte. Konnte er noch Schmerzen fühlen? Er konnte. Er begann zu schreien, als die kleine, scharfe Säge in sein Gehirn drang und in die Hirnmasse schnitt. Er schrie lauter, durchdringender, bis er verstummte, weil sein Sprachzentrum abgetrennt worden war. Stumme Schreie. Die lidlosen Augen verdrehten sich im Wahnsinn vor Schmerz, aber er konnte nicht abdriften in die rettende Umarmung des Todes oder der Ohnmacht, denn er existierte nicht mehr, sein Bewusstsein war gelöscht, nur der Körper blieb zurück, verstümmelt, verändert, passend gemacht für die Zwecke seines neuen Herrn.
Er, der einst ein Jünger war, ein Mensch, war nun das sklavische Produkt einer Entität, die vor Jahrtausenden für einen Krieg erschaffen worden war und die jetzt wachsen wollte, um neue, eigene Soldaten zu erschaffen, die ihren Kampf gegen die Erschaffer führten, die sie verbannt hatten, sich selbst überlassen, um zu sterben. Sie war nun der Heerführer und gab eigene Befehle, war im Begriff eine eigene Armee zu konstruieren gegen die, die diesen Planeten bevölkerten, die sie erst benutzt hatten für einen Sieg und dann vergraben, um zu vergessen, dass es sie einmal gegeben hatte.

Die Erschaffer hatten nur nicht bedacht, dass das, was nicht lebt, auch nicht sterben kann. Weggesperrt in die Finsternis hatte man sie und sie hatte weiter existiert, hatte die anderen assimiliert, hatte sich zurückgezogen, geschlafen. Dann kam das mechanische Wesen von der Oberwelt und durchbrach die alten Mauern, zerbrach den Kerker. Aber die Entität war noch stark genug gewesen, um den Droiden in sich aufzunehmen, ihn mit dem verdorbenen Fleisch zu überziehen, was die Erschaffer gezüchtet hatten. Endlich hatte sie neue, frische Systeme mit Energie und einen Speicherkern, den das Wesen auslesen konnte. Andere kamen, um nach den verschollenen Einheiten zu suchen und auch sie wurden Teil der Entität und mit ihr verschmolzen. Durch neue Speicherkerne, neue Hirnmasse wuchs auch die mentale Kapazität der Wesenheit, der fatale Fehler ihrer Erschaffer. Sie konnte denken, analysieren, entwickelte immer mehr ein Bewusstsein. Erhaltung und Expansion waren ihre Primärziele. Und sie wurde stärker. Sie begann ihre Dienersysteme auszuschicken, damit sie nach Lebewesen und Droiden jagten. Es galt Material zu sichern, das sich verbauen ließ, damit sie weiter wuchs und sich ständig erneuern konnte. Sie, die Entität, wurde früher als ein Krieger der Dunkelheit bezeichnet, als sie noch humanoide Züge hatte. Was galt schon die Erscheinung - Nichts. Nur die Macht zählte. Der Körper war eine Hülle und sie hatte die Macht, sie zu gestalten, wie sie wollte, mit Fleisch oder Metall, alles konnte sie verwerten, um sich und ihre Soldaten zu verbessern. Einige der Lebewesen, deren Teile sie nun in sich trug und deren Teile sie für neue Diener verwendet hatte, hatten eine Besonderheit in sich, eine Energie, die die Entität von früher kannte, von den Erschaffern. Diese Energie war zwar nur schwach ausgeprägt gewesen, aber vorhanden. Das war es, wonach sie nun verlangte, denn das war die reine Macht. Sie brauchte nur das richtige Material und ihre Diener waren nun vermehrt unterwegs, um es zu finden. Dann war ihre Rache perfekt und es würde nur der Beginn sein.


[Coruscant – Ebene 0 – Archaischer Komplex – Vor einigen Tagen - Die Entität]
 
[: Hyperraum | nach Gizmallt :||: „Golden Lady“ | Speisesalon :||: Horatio zusammen mit Alaine, Moff Veran, Aviendha und anderen Gästen am Tisch des Captain; weitere Gäste im Hintergrund an anderen Tischen :]

Aufmerksam hörten sie meisten der Gäste den Worten des blauhäutigen Captains zu, welcher eine kurze Rede anstimmte. Doch nicht jeden interessierte diese Worte, denn einige Gäste unterhielten sich leise oder waren in ihren Gedanken vertieft. Für Alaine war die Ansprache nicht sonderlich interessant, stattdessen bekam sie mit, wie der Schauspieler Idiian Solusar ein Gespräch mit Miss Cain begann. Doch auch dieses war nicht die Körung dieses Abends und da er nun ins Schwärmen kam fragte sich die Sith, ob es nichts historischeres gab, was er hätte anbringen können. Über die Lippen von Horatio glitt derweil ein süffisantes Lächeln, bevor er sich selbst einschaltet. Der Gouverneur machte dem Schauspieler verständlich, dass er mit Miss Cain nicht so hochtrabend sprechen müsse, da die Yevethaner nicht gerade dafür ihre hohe Dichtkunst bekannt waren oder ihr Modebewusstsein. Leicht hob die Sith eine Braue, zum einen leicht amüsiert über diese Worte zum anderen leicht erstaunt, denn der Höflichkeit entsprechend waren diese Worte, welche nicht sonderlich schmeichelnd waren, fehl am Platz. Sein Blick glitt zur Legatin, wobei er bewusst seine Augen über die Uniform der Frau gleiten ließ. Dies konnte man, wenn man wollte sehr wohl als eine Art von Beleidigung auffassen, gleich ob er Recht haben mochte oder nicht. Wenn man bedachte, dass er von Adel war, so wunderte einen eine solche Reaktion wiederum nicht, doch Alaine selbst fand es als nicht sonderlich schicklich. Sie wusste zwar nicht, ob er mit Absicht solcherlei Worte gewählt hatte, um vielleicht auch die Legatin zu provozieren oder ob nur der typische adelige „Hochmut“ aus ihm sprach.

Der Brigadier General schien völlig verdutzt, als er den Koornacht-Cluster hörte. Sofort erschien er hell wach, wo er zuvor noch fast schlafend erschien. Dann sprach er davon, dass während der glorreichen Herrschaft des großartigen Imperators Ferit, die Macht solle seiner Seele gnädig sein, er selbst im Koornacht-Konflikt über N’Zoth in einem Eta-2 gekämpft hatte. Dabei hatte es sich um keine einfache Schlacht gehandelt aber die Dreadnaughts und Venaroten hatten es diesen aufmüpfigen Nichtmenschen gezeigt. Sein faltiges Gesicht brachte ein Grinsen hervor, dann sprach er weiter. Er riet Miss Cain sich vorzusehen und gleichzeitig empfahl er ihr, ein paar Sturmtruppem mit zu nehmen, selbst dann wenn sie aufs Klo müsse. Innerlich schüttelte Alaine darüber den Kopf.

Ein herzhaftes Kichern ertönte, welches schon zu schrill war und von Narja Benten herrührte. Die Sith fragte sich, was es dabei zu kichern gab. Diese Frau war schon fast peinlich, einmal davon abgesehen, dass ihre Kleiderwahl schon fast als Obszön war und zu eng noch dazu. Ihr Busen sprang fast aus dem Dekolletee. Glücklicherweise beruhigte sich schnell, andernfalls wäre ihr Busen zum Gelächter aller doch noch aus dem Ausschnitt gefallen. Dann tätschelte sanft den breiten Arm ihres Gatten, welcher wiederum – gänzlich dezent – etwas dem Moff ins Tor. Beide Männer lächelten danach. Eine Interessante Gesellschaft in welcher sie sich befand, wobei man den Eindruck gewann, dass der Gouverneur sich nicht sonderlich wohl fühlte. H’darr gesellte sich zu ihnen an den Tisch und dabei wurden sie von einem Bediensteten mit einem alkoholischen Aperitif beglückt. Dann eröffnete er an ihrem Tisch ein Gespräch.

Der Chagrianer erwähnte, dass er sich darüber freue einer solchen illustren Runde an seinem Tisch beiwohnen und bewirten zu können. Für ihn waren somit die wichtigsten Segmente vertreten. Politik, Wirtschaft, Militär und Kunst. Jisela Valorous pflichtete dem Captain bei, spielte dabei mit ihrem lilafarbenen Haar und meinte, dass es für sie als Künstler, eine wahre Inspirationsquelle sei. Ihr Mann nickte, er gehörte eher zu den Schweigsamen Personen. Er nippte an seinem Perlwein und schien sich dann wieder seinen eigenen Gedanken zu widmen.

Kurch nachdem einige Kellener das Geschirr der Vorspeisen abgeräumt hatten, hatten sich die Gespräche am Tisch des Captains in Belanglosigkeiten verwandelte, wobei Alaine sich mit dem Künstlerpaar unterhielt und hierbei auch er auftaute. Trotz allem bekam die rothaarige Schönheit mit, wie General Orin Keepsala sich mit seinem Tischnachbarn über alte Kriegsgeschichten unterhielt, wobei er selbstverständlicher weiße seine eigenen Taten besonders herausstrich. Veran sprach mit den Benten über unwichtige Dinge, die auf Metellos derzeit vorgingen. Horatio schien sich niergends längerfristig einbinden zu können.
Sie vernahm, wie der Ober mit seiner säuselnden Stimme eine Erklärung zu dem Hauptgang abgab, welcher kurz darauf gebracht wurde. Aufgebaut war das Essen auf Reecee, wobei der Koch sich selbst dabei hatte inspirieren lassen. Im nächsten Moment kam Veran darauf zu sprechen, dass Reecee ihn an eine Kleinigkeit erinnerte und kam dann auf Miss Cain zu sprechen. Zum einen wollte er wissen, warum sie noch nicht auf ihren kleinen politischen Erfolg zu sprechen kam und erzählte dann von sich aus davon. Sie hatte für N’Zoth und dessen restlichen Cluster eine komplette Legion von Sturmtruppen ergattert, indem sie ein Gespräch zwischen den Grand Moffs Marrik und Sheffield hatte initiieren können. Nun lag es somit am Coruscant Sektor, diesen Bedarf zu stillen. Alaines Blick glitt zu Horatio, Gouverneur von Coruscant, der sich beinahe verschluckte. War dies eine Offenbarung, welche ihm zu schaffen machte? Fast schien es so. Einen Hustenanfall konnte er gerade so noch in aller letzter Sekunde unterdrücken, dennoch war es ihr aufgefallen. Er griff nach einer Serviette, spuckte etwas von seinem Essen hinein und tupfte sich anschließend die Mundwinkel ab. Dann nahm er einen Schluck von seinem Getränk. Gern hätte sie gewusst, welche Gedanken ihn nun bewegten. Alaine selbst fragte sich, warum N’Zoth Hilfe bekam, wo er eher unbedeutend war, während andere Planeten an die Republik fielen. Siehe Corellia. Auf anderen Welten herrschte Chaos. Welche korrupten Geschäfte liefen also hier? Sie missfielen Alaine jedenfalls. Etwas wurde gespielt und Alaine fragte sich, was es war. N’Zoth! Ausgerechnet ein solcher Planet, wo Corellia sehr viel wichtiger gewesen wäre. Zorn stieg in ihr auf, welchen sie allerdings gut unterdrücken konnte und dennoch spürte sie, wie sie diese Frau am liebsten gegen die Wand geworfen hätte. Wie hatte es die Legatin geschafft, sich Strumtruppen zu sichern und wofür brauchte sie diese? Am liebsten hätte sie sowohl jene, als auch Veran zur Rede gestellte, doch es passte nicht hier her. Zudem bezweifelte sie, dass sie eine Antwort darauf erhalten hätte. Eines war sicher, sie würde sich dies merken und womöglich den Imperator persönlich befragen, welcher etwas davon wissen konnte, wobei sie fast annahm, dass er darüber etwas wusste.

Der Abend ging zu Ende und Alaine hatte nicht wirklich die Möglichkeit noch einmal mit dem Gouverneur ins Gespräch zu kommen. Etwas was sie ebenfalls ärgerte, immerhin gab es noch etwas zu klären, zumindest für sie. Die Tischrunde wurde aufgelöst und sie alle kehrten in ihre Suiten zurück, um dort die Nacht zu verbringen, so auch Alaine, welche allerdings kaum ein Auge zubekam, da ihre Gedanken noch immer mit der Legatin und der Sturmtruppen belastet waren.


***

Der Morgen war gekommen, das Frühstück hatte sie sich bringen lassen. Seit dem Dinner waren zwei Tage vergangen, zwei Tage in denen Alaine gegrübelt hatte und ihren Besuch bei Horatio aufgeschoben hatte, erfolglos. Ihr war nichts eingefallen und nun reichte es. Wenn sie das eine Problem nicht lösen konnte, so würde sie wenigstens die Sache mit Horatio aus der Welt schaffen. Sie hatten nicht mehr lange bis Coruscant und noch bevor sie diesen Planeten erreichen würden, würde sie mit ihm gesprochen haben. Also erhob sich die rothaarige Corellianerin aus ihrem Sessel, ihren Körper umschmeichelte eine schwarze Bluse mit V-Ausschnitt, einer schwarzen Hose, beide Teile elegant. Darunter ein paar höhere Schuhe. Ihr Haar trug sie Locken offen über die Schultern fallen. Sei rahmten ihr Gesicht ein und gaben ihr, zusammen mit dem Make Up, Tusche, Eyliner und etwas Lippenstifft, dieser allerdings nur ganz dezent, ein fast schon spektakuläres Aussehen. Um ihre Hüften trug sie einen silberfarbenen Gürtel mit leichten Verzierungen. Dann verließ sie ihre Suite um nur wenig später vor der Tür des Gouverneurs zu stehen. Sachte klopfte sie an, bis sich dieses öffnete. Alaine sah ihm in die Augen, dann lächelte sie kurz.

„Verzeihen sie die Störung Mister Karym, allerdings wollte ich noch einmal mit ihnen sprechen. Es gibt etwas, was gerne noch klären möchte, ehe wir Coruscant erreichen und sich unsere Wege dann trennen.“

Einen kurzen Moment schien er zu zögern, dann bat er sie hinein.

„Erinnern sie sich an meine Worte auf dem Promenadendeck? Sie waren alles andere als Begeistert davon. Ich kann ihnen dies nicht verdenken, besonders nicht, da sie solche Worte selbstverständlich mehrfach hören, wenn auch ein wenig anders ausgedrückt. Für jemanden in ihrer Position natürlich etwas, was mit Vorsicht zu genießen ist. Allerdings hoffte ich, dass sie mehr Weitblick besitzen würden als all jene, welche einfache und unbedeutende Worte wählen.

Ich denke ihnen sind die Bilder vor dem Saal aufgefallen. Einige stammten von Onderon, Naboo, Alderaan und anderen Welten. Ich frage sie nun, wenn sie diese Bilder betrachten, was sehen sie darin?“


Sie blickte ihn fragend an. Womöglich war ihm nicht klar, was sie damit erreichen wollte, doch Alaine nahm dies als ein Beispiel ihm etwas zu erklären. Gleichzeitig allerdings wollte sie ihn auch auf etwas aufmerksam machen.

[: Coruscant Sektor | Anflug auf Coruscant :||: „Golden Lady“ | Horatios Suite :||: Horatio und Alaine :]
 
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[: Coruscant-System | im Anflug auf Coruscant :||: „Golden Lady“ | Suite :||: Horatio Kraym allein :]

Die „Golden Lady“ hatte ihr Reiseziel erreicht: Coruscant. Durch die großzügigen Panoramafenster in ihren gemieteten Suiten oder auf dem riesigen Promenadendeck konnten interessierte Passagiere in weiter Ferne die gigantische Metropole sehen, die einen gesamten Planeten bedeckte. Außerdem konnte man beim gemächlichen Anflug des luxuriösen Liners noch einen guten Blick auf zahlreiche Satelliten, Solarspiegel, Schiffe und Kampfstationen werfen, die sich im Orbit des urbanen Planeten tummelten. Sie sorgten für die gewünschte Sicherheit und Ordnung. Sie garantieren den Luxus, den diese vollkommen abhängige Welt für ihre (dekadente) Existenz brauchte. Seelenruhig ordnete sich das Passagierschiff in den fließenden Verkehr ein, der in Richtung Coruscant strömte. Monumentale Frachter, winzige Privatschiffe und Zollmaschinen – in dieser illustren Gesellschaft befand sich die „Golden Lady“ mit einem Mal als es sich auf einer vorgegebenen Route dem Orbit näherte.

Mit einem gesunden Maß an Argwohn betrachtete sich Horatio im Spiegel, nachdem er seine zivile Kleidung gegen die gewohnte Verwalteruniform getauscht hatte. Ganz akribisch suchte er nach den letzten Fehlern in seinem Erscheinungsbild. Denn nicht nur der exklusive Liner fand im Coruscant-System das Ziel seiner Reise. Nein, auch der Governor kehrte damit offiziell zu seiner eigentlichen Position – als „Herrscher“ über den urbanen Planeten – zurück. Knapp eine Woche hatte der Adlige gemeinsam mit seinem Vorgesetzten, Moff Veran, auf Anaxes verbracht. Doch diese Reise hatte ihn irgendwie mehr aufgewühlt als die bestehende Beziehung zu seinem Gönner zu festigen. Missgunst, Intrigen und Verrat – er fühlte sich seit seinem Besuch in der Citadel in einem Sumpf. Bewusst fiel sein Blick ein weiteres Mal auf das polierte Rangabzeichen. In kräftigen Farben schillerten die recht kleinen Kästchen. Zufrieden mit seinem Erscheinungsbild trat der Adlige vom Spiegel zurück.

Derweil die „Golden Lady“ eine kampfbereite Golan-Station passierte, kehrte Horatio in aller Ruhe in den geräumigen Hauptraum seiner Suite zurück. Wie es sich für einen ordentlichen Gast gehörte, hatte er seine gepackten Koffer schon abreisebereit in die Nähe der Tür gestellt. Laut einer knappen Mitteilung sollte schließlich in ein paar Minuten ein Page auftauchen, der sein Gepäck schon einmal mitnehmen würde. Die „Core Fly Ltd.“ zählte solch eine Gefälligkeit zum kostenlosen Service für ihre VIP-Gäste. Horatio störte sich daran nicht, da er nach seiner Ankunft nicht in sein Appartement fliegen würde, sondern gleich zum Büro. Zu viel Arbeit wartete auf den planetaren Verwalter. Hinzu kam noch die Möglichkeit seinen Vorgesetzten besser im Auge behalten zu können. Denn langsam zeigten Barnips heimliche Einflüsterungen ihre gewünschten Wirkung. Gerade als der Governor den Kontakt zu seiner engsten Vertrauten, Prefect Terrik, aufnehmen wollte, klopfte plötzlich jemand an seine Tür. Jedoch handelte es sich nicht um den Pagen, sondern um Alaine Aren. Überrascht blickte er in ihr lächelndes Gesicht.


„Verzeihen Sie die Störung Mr. Karym, sagte die rothaarige Sith-Lady sofort und ließ ihm dadurch keine Möglichkeit die aufkommende Unterhaltung abzuwenden. „Allerdings wollte ich noch einmal mit Ihnen sprechen. Es gibt etwas, was ich gerne noch klären möchte, ehe wir Coruscant erreichen und sich unsere Wege dann trennen.“

Gebunden an seine Erziehung zur Höflichkeit sowie dem Respekt, den Angehörige des mysteriösen Ordens stets einforderten, ließ der adlige Verwalter – nach kurzem Zögern – sie eintreten. „Nehmen Sie ruhig Platz. Leider kann ich Ihnen keinen Drink anbieten. Dafür reicht die Zeit einfach nicht...“

„Erinnern Sie sich an meine Worte auf dem Promenadendeck?“, fuhr sie unumwunden fort, bevor sie sich in einen ledernen Sessel setzte. „Sie waren alles andere als begeistert davon. Ich kann Ihnen dies nicht verdenken, besonders nicht, da Sie solche Worte selbstverständlich mehrfach hören, wenn auch ein wenig anders ausgedrückt. Für jemanden in Ihrer Position natürlich etwas, was mit Vorsicht zu genießen ist. Allerdings hoffte ich, dass Sie mehr Weitblick besitzen würden als all jene, welche einfache und unbedeutende Worte wählen.“

Ihr Einstieg ins Gespräch ließ dem Governor keinen klaren Blick auf ihre Absichten zu. Erneut hielt sie sich mit kryptischen Sätzen auf, verunsicherte ihn bewusst und lachte wahrscheinlich über seine Unwissenheit. Dennoch bewahrte Horatio die geforderte Contenance, ließ sich schweigend in dem zweiten Sessel nieder und musterte die geheimnisvolle Corellianerin misstrauisch. Seit Jahrzehnten kursierten unzählige Gerüchte und Geschichten über die Sith. Ihre Vormachtstellung innerhalb der Gesellschaft galt seit Darth Arcanious, dem glorifizierten Begründer des Galaktischen Imperiums, offiziell als unangefochten. Doch ihre selbstgewählte Isolation befeuerte gleichzeitig den Argwohn zahlreicher „Normalsterblicher“. 'Eventuell war Ventar so ein „Normalsterblicher“', dachte sich der planetare Verwalter insgeheim. 'Vielleicht hat er deshalb den Zweiten Bürgerkrieg eröffnet.' Horatio hing dieser Frage hinterher bis Alaine ihre bewusste Pause beendete und das Gespräch fortsetzte.

„Ich denke, Ihnen sind die Bilder vor dem Saal aufgefallen“, bemerkte die Sith, während auf einmal ein ganz leichtes Rütteln zu spüren war. Das Passagierschiff war inzwischen in die Atmosphäre eingetreten. „Einige stammten von Onderon, Naboo, Alderaan und anderen Welten. Ich frage Sie nun, wenn Sie diese Bilder betrachten, was sehen Sie darin?“

In diesem Moment gestattete sich Horatio kurz ein prahlerisches Lächeln. „Natürlich sind mir diese Bilder aufgefallen. Jedoch konnte ich weder Onderon, noch Naboo ausmachen. Jedoch könnte das daran liegen, dass die 'Core Fly Ltd.' sich auf das Bereisen der 'Core Worlds' spezialisiert hat... Und da haben Onderon, eine neutrale Welt im 'Inner Rim', und Naboo, eine Rebellenwelt im 'Mid Rim', nichts zu suchen. … Doch was sollen mir die Bilder von Alderaan, Corellia, Spira und Pantolomin sagen? Ich sehe da einfache Landschaftsaufnahmen dieser wunderschönen Welten. Und Sie?“

Die Dächer gläserner Wolkenkratzer ragten wie Bergspitzen aus der Wolkendecke hervor. Bloß sehr selten wagten sich die Gleiter, die in tieferen Ebenen fast schon omnipräsent waren, in solch luftige Höhen. Hier sah man weit und breit nur die Schiffe, die sich letztendlich auch ins schwarze Vakuum trauten. Sanft tauchte die „Golden Lady“ zu den gräulichen Wolken herab. Erst das Einsetzten der Schwerkraft machte manchen Passagieren wieder bewusst wie massig der Luxusliner eigentlich war und welche Leistung dessen Triebwerke nun vollbringen mussten. Denn hier und da war das Ziehen der mächtigen Naturkräfte deutlich zu spüren. Doch die erfahrene Mannschaft behielt die Ruhe. Auf ihren Decks herrschte keine übertriebene Hektik, sondern emsige Betriebsamkeit. So überwand das Schiff letztendlich ohne Probleme die Wolkendecke und konnte dann – im Gewirr der unzähligen Hochhäuser – seinem Weg zum „Coruscant Center Spaceport“. Dabei tauchte der Liner immer mehr ins alltägliche Chaos des urbanen Planeten ein.

„Werte Gäste, in wenigen Minuten leiten wir den endgültigen Landeprozess ein“, teilte eine Stimme über die zahlreichen Lautsprecher mit. „Bitte kehren Sie jetzt zu Ihren gemieteten Räumlichkeiten zurück. Im Namen von „Core Fly Ltd.“ wünschen Ihnen Captain H'darr und seine Crew noch einen schönen Tag … und wir hoffen Sie bald erneut an Bord der 'Golden Lady' begrüßen zu dürfen.“

Gelassen erhob sich der Governor. „Sie haben es gehört, Ms. Aren. Die Reise ist zu Ende. Vielleicht sollten Sie dieser Aufforderung Folge leisten. Denn ich habe leider nicht genügend Zeit. Genügend Arbeit erwartet einen als planetaren Verwalter – ich hoffe, Sie verstehen das.“

***​

Eine bevorzugte Behandlung ermöglichte es Horatio Kraym, dass er als einer der ersten Passagiere das Schiff – und den anschließenden Boardingbereich – verlassen konnte. Er musste kaum auf seine Koffer warten, noch behelligte ihn der Zoll übermäßig. Uniform, Rangabzeichen und Kodezylinder öffneten dem schwarzhaarigen Adligen alle Türen. In einer gesonderten Landebucht wartete zudem sein gepanzerter Gleiter. Neben dem Fahrer warteten dort noch Prefect Terrik und Sergeant Hakuun auf ihn. Zackig salutierte der kuatische Unteroffizier zur Begrüßung. Terrik deutete durch ein kurzes Nicken ihren Respekt gegenüber ihrem Vorgesetzten aus. Schweigend nahm der Fahrer seine Koffer in Empfang. Der Governor setzte sich zusammen mit der Prefect auf die Rückbank, während Teyam Hakuun auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Nachdem der Fahrer das Gepäck im Kofferraum verstaut hatte, kehrte er hinter das Steuer zurück und startete anschließend den Motor. Mit einem ganz leisen Surren erhob sich der Gleiter in die Luft, tastete sich schwebend zum Ausgang und fädelte sich, als eine ausreichende Lücke zu sehen war, in den fließenden Verkehr ein. Binnen weniger Minuten war der gigantische Raumhafen fast hinter prachtvollen Wolkenkratzern verschwunden.


„Bringen Sie mich auf den neusten Stand, Ms. Terrik, brach Horatio anschließend im kühler Ton sein Schweigen.

Pflichtbewusst öffnete die brünette Coruscanti ihren Aktenkoffer, holte ein Datapad hervor und gab es dem adligen Verwalter.
„Laut Geheimdienstberichten konnte sich der Widerstand im Untergrund ausbreiten. Brasks Bericht spricht vor allem von fruchtlosen Versuchen das Informationsnetzwerk wieder zu beleben. Offenbar hielt sich die Lücke, die Groopas Ableben verursachte, nicht sehr lang, Sir. Irgendein Krimineller konnte den Tod ausnutzen.“

„Überlassen Sie dem IGD in diesem Bereich weitere Befugnisse“, entschied der Governor, während er Brasks Bericht überflog. „Vielleicht sollten wir deswegen auch eine kurzfristige Konferenz einberufen. Was haben Sie noch?“

Einen Moment überlegte die Verwalterin. Damm fiel ihr etwas ein. „Das 'Council of Moff' hat Ihnen vor zwei Tagen eine Anordnung zu kommen lassen. Nach einem kürzlichen Beschluss zwischen den Supersektoren Eins und Drei soll Coruscant den Legat 'Marcus Cicero' an Obroa-skai überlassen. Im Gegenzug wird unsere Verwaltung beim nächsten Jahrgang besonders behandelt.“

Im ganzen Imperium galt der berühmte Stadtplanet als „Schmiede“ für Verwalter. Die Maxime war: Konnte ein Verwalter auf einer Welt mit Milliarden Lebewesen agieren, dann konnte er überall sein Handwerk tun. Unter anderem hatte Horatio auch aus diesem Grund als junger Prefect auf Batorine für eine schnelle Versetzung nach Coruscant gearbeitet. Jedoch stellte sich nun, nach etlichen Jahren im Dienste des hiesigen „Administratum Regionatum“, heraus, dass dieser Spruch zu einem großen Teil vom Glanz vergangener Tage lebte. Coruscant besaß nicht mehr den Stellenwert, den man ihm noch zu Zeiten seines Vaters als Thronwelt und Wiege des Galaktischen Imperiums zu sprach. Seit der Herrschaft Phollows als vierter Imperator hatte Bastion als neue Thronwelt den Mittelpunkt der allgemeinen Wahrnehmung eingenommen. Dadurch war Coruscant – rein aus imperialer Sicht – nur noch ein Schatten seiner früheren Selbst. Langsam kehrten Horatios Gedanken zu Legat Cicero und dessen befohlene Versetzung zurück. Handlungsspielraum hatte er nicht wirklich, das war ihm klar.

„Ms. Terrik, veranlassen Sie alles Nötige für Ciceros Versetzung“, wies der Governor am Ende an. „Der Legat soll für seine Reise nach Obroa-skai genügend Annehmlichkeiten erfahren. Bestellen Sie ihm außerdem meine besten Wünsche für seine weitere Karriere … und das dazugehörende Blabla...“

[: Coruscant-System | Coruscant :||: obere Ebenen | gewöhnlicher Verkehr (auf dem Weg zum Verwaltungskomplex) | gepanzerter Gleiter | Passagierabteil :||: Horatio Kraym und Prefect Terrik :]
 
[: Coruscant Sektor | Anflug auf Coruscant :||: „Golden Lady“ | Horatios Suite :||: Horatio und Alaine :]

Leichte Überraschung war in seinem Gesicht zu sehen, nachdem er sie in Empfang genommen hatte. Da sie nicht viel Zeit besaßen, bot er ihr keinen Drink an, was wiederum nicht schlimm war. Schon bald würden sie Coruscant erreichen und Alaine würde nach Bastion zurückkehren. Für wie lange sie dort bleiben würde wüsste sie noch nicht, doch für nun war dies nicht wichtig. Die Sith Lady kam der Bitte des Gouverneurs an und setzte sich, wobei sie ihre Augen aufmerksam auf die von Horatio richtete. Durch ihren Überfall, durch ihren Einstieg in dieses Gespräch schien ihn ein wenig zu irritieren, auch wenn er dies nicht offen zeigte. Seit jeher besaß Alaine die Gabe in Rätseln zu sprechen oder aber deren eigentlichen Sinn zu verbergen. Das Leben der Sith und ihr Leben zuvor hatte ihr gelehrt, dass es besser war, seine eigentlichen Ansichten so zu verpacken, dass sie dem Gesprächspartner nicht klar wurden. Die Wahrheit war etwas, was nur die wenigsten Verstanden oder verstehen wollten, gleichsam war es nicht immer gut die Wahrheit zu sagen, da dies bedeuten könnte sich selbst Ärger einzuhandeln oder aber, jemand anderem einen Grund dazu zu liefern ihn oder sie zu hassen. Alaine scherte sich nicht groß darum was andere über sie dachten, wenn ihre Wortwahl zu hoch für sie war. Sie hatte es sich abgewöhnt bei vielen Wert darauf zu legen, ob sie mit der Wahrheit konnten oder nicht. Die Eingefahrenen Sichtweisen anderer waren nicht die ihren und sie würde einen Teufel tun um diese zu ändern. Sollten sie in ihrer Beschränktheit verweilen, was für sie selbst nur gut war.

Während sie sein Gesicht musterte, viel ihr sein prahlerisches Lächeln auf, welches hervorragend zu seinen Worten passte. Ihm waren also die Bilder aufgefallen, nun, etwas anderes hatte sie auch nicht erwartet. Jedoch behauptete er weder ein Gemälde von Onderon noch von Naboo gesichtet zu haben. Seiner Aussage nach könnte dies daran liegen, dass die Core Fly Ltd sich auf das Bereisen der Core Worlds spezialisiert hatte und da Onderon neutral und im Inner Rim lag und Naboo eine Rebellenwelt im Mid Rim, hatte keines der beiden etwas im Saal zu suchen. Entweder kannte er sich in Kunst nur geringfügig aus oder er hatte jene Gemälde durchaus übersehen. Oft und gerne wurden einzelne Schönheiten von Welten übernommen und zu anderen gemischt. Ihre Frage jedenfalls verstand er nicht. Horatio sah nichts weiter als Landschaftsaufnahmen. Der typische Blick von jemandem, der ein solches Gemälde nicht wirklich betrachtete, nicht in die Tiefen ging, nicht sah, was sich hinter der Landschaft befand. Die Sicht eines einfachen Bürgers, unbedeutend dass es sich hierbei um einen Aristokraten handelte. Er wollte wissen was sie in diesen Bildern sah und Alaine lehnte sich einen Moment zurück. Weder hatte er sie verstanden, noch würde er dies, wenn sie ihn nicht darauf aufmerksam machte. Aber er hatte nicht einmal verstanden was sie auf dem Promenadendeck hatte sagen wollten, als sie erwähnte, dass er sie interessiere. Scheinbar war sein Horizont nicht weit. Die meisten neigten dazu nur zu sehen, was sich vor ihrer Nase abspielte. Sie sahen nicht die Feinheiten, die eigentliche Sache, welche im Verborgenen lag oder hinter den Worten. Es war traurig zu sehen, dass das Universum so verkommen, so eingeschränkt und blind war. Mit dieser Sichtweise würde Horatio nichts weiter in ihr sehen als eine halbwegs attraktive Frau und eine Sith. Eine beengte Sichtweise. Wo sie zuvor noch Interesse für ihn bekundet hatte schwand dieses langsam und trotz allem fragte sie sich, ob er so blind war wie er tat.


„Viele Künstler verwenden gewisse Motive gerne auch Gemälden, welche von Welten stammen, die nicht dem Imperium angehören. Dies jedoch ist eher eine Nebensache. Sie sehen also nichts weiter als Landschaftsaufnahmen? Dies zu hören ist traurig, mehr als traurig.“

Leicht schüttelte sie den Kopf, dann fuhr sie fort.

„Rufen sie sich das Bild von Alderaan in Erinnerung, die Landschaft! Dann gehen sie davon weg, sehen sie die Farben, die ‚Farbtiefen und Nuancen, die Konturen, die einzelnen Elemente, die Technik und dann sagen sie mir, ob sie nur eine Landschaft sehen. Wir neigen viel zu oft dazu nur zu sehen, das unsere Augen uns zeigen wollen oder wir sehen wollen. Nicht nur unsere Augen tun dies auch unsere Worte. Auch hier neigen wir dazu, nur zu hören was wir hören wollen.“

Sie erkannte, wie die gläsernen Dächer Coruscants sich abzeichneten, wie sie in die Höhe ragten und die Wolkendecke durchbrach. Sie hatten Coruscant fast erreicht und dies bedeutete, dass sie ihr Gespräch nicht zu Ende führen konnten. Die Golden Lady tauchte zu den gräulichen Wolken herab, dann setzte die Schwerkraft ein. Als nächstes folgte die Durchsage, dass sie in wenigen Minuten endgültig den Landeprozess einleiten würden. Man forderte sie auf in ihre gemieteten Räumlichkeiten zurückzukehren. Horatio blieb gelassen, ebenso Alaine, welche sich erhob.

„Denke sie darüber nach, wir werden sicherlich erneut aufeinander treffen und vielleicht können sie mir dann eine Antwort auf meine Frage geben.“

Kurz lächelte sie, dann verabschiedete die rothaarige Sith sich von dem Gouverneur, welche sich entschuldigte nicht genügend Zeit zu haben, da Arbeit auf ihn wartete.

„Ich verstehe sie sehr gut Mister Kraym. Viel Erfolg.“

Mit diesen Worten verließ sie ihn.

***

Alaine brauchte nicht lange um die Golden Lady zu verlassen, sich ein neues Schiff zu suchen, einen Flug nach Bastion zu erhalten und dann Platz zu nehmen. Ihre Gedanken glitten zu Anaxes. Einzelne Personen, darunter auch Barnip. Sie mochte diesen Kerl nicht, ein schleimiger Kriecher welcher sich verhielt, als ob er etwas im Schilde führen würde. Die traf jedoch nicht auf ihn allein zu. Seit einer ganzen Weile war sie schon von Bastion fort. Nun würde sie erst einmal zurückkehren um zu sehen was sich getan hatte. Sie würde mit Crole sprechen, dem ehemaligen Schüler von Radan. Sollte er noch meisterlos sein, würde sie sich seiner annehmen. Im nächsten Schritt würde sie in Erfahrung bringen wollen, welche Aufgabe der Imperator ihr zugedacht hatte und gleichzeitig würde sie ihre Arbeit für den IGD wieder aufnehmen, zu dem sie einst gehört hatte.

Ihre Gedanken kreisten noch einmal um den attraktiven Gouverneur, welchen sie im Auge behalten würde. So vieles was vor sich ging missfiel ihr. Noch befand sie sich im Hintergrund, aber wie lange? Wann würde die Wendung kommen und wie würde dieses aussehen? Etwas würde kommen, dies konnte sie fühlen.

Während sie in ihren Gedanken versunken gewesen war, sprang ihr Schiff in den Hyperraum und damit Bastion entgegen.


[: Hyperraum | auf dem Weg nach Bastion :||: „Starstriker“ | Sitzplatz :||:Alaine :]
 
[: Coruscant-System | Coruscant :||: obere Ebenen | Regierungsviertel (Komplex der regionalen Verwaltung) | Büro des Governor :||: Horatio Kraym mit einem Bediensteten :]

Ein vereitelter Terroranschlag im beliebten Bezirk „Coco Town“ mit anschließender Verhaftung der Schuldigen – das war das aktuelle Gesprächsthema auf Coruscant. Ununterbrochen konnte man auf allen öffentlichen Leinwänden die äußerst spektakulären Bilder der professionellen Erstürmung des zwielichtigen Unterschlupf sehen. Sturmtruppen sprengten in kürzester Zeit ein Loch in die rissige Hauswand, drang anschließend furchtlos ins unbekannte Innere und gaben dabei gezielt zwei, drei Salven mit ihren präzisen E-11 Blastergewehren ab. Stets dabei: die laufende HoloNet-Kamera, die jedes Detail akribisch – und ein bisschen voyeuristisch – filmte. So präsentierte sich das Imperium in seinem endlosen Kampf gegen selbsternannte „Freiheitskämpfer“. Jedoch bekam die unwissende Bevölkerung Coruscants nicht mit, dass diese beeindruckende Maßnahme exekutiver Organe nicht mehr als eine aufwendige Inszenierung der KOMENOR war. Reine Propaganda.

Mit der medialen Resonanz, die auf diesen Propagandacoup innerhalb weniger Stunden galaxieweit folgte, war Horatio zufrieden. Zwar hatten sich die Jedi scheinbar in den Untergrund verzogen, aber der planetare Verwalter hielt den propagandistischen Kampf dennoch für sinnvoll. Seiner Meinung nach sollten abenteuerliche Kopfgeldjäger ruhig nach den ausgeschriebenen Credits greifen wollen, sich auf die Suche nach den gesuchten Personen begeben und sie am Ende vielleicht sogar töten. Es konnte nur eine mögliche Entlastung für die staatlichen Organe bedeuten – und dafür gab der adlige Governor gern etwas „Kleingeld“ aus. Doch auf diesen klitzekleinen Erfolg gegen die unsichtbaren Feinde des Imperiums – und seiner eigenen Herrschaft – konnte er sich nicht ausruhen. Schließlich plagten reale Probleme die gigantische Metropole genauso.

Behutsam tupfte sich der adlige Mensch die Mundwinkel mit einer Stoffserviette ab. Denn es hatten sich beim Speisen winzige Spuren von Rotweinsauce dorthin verirrt. Parallel zu diesem beiläufigen Tun fixierten seine Augen weiterhin den Bericht über den niedergeschlagenen Arbeiteraufstand im Bezirk „The Works“. Während KOMENOR nämlich ihre Inszenierung durchführte, hatten sich dort tatsächlich Fabrikarbeiter aufgrund der derzeitigen Zustände erhoben und gestreikt. Eine Kompanie Infanteristen hatte letztendlich die „illegale Versammlung“ aufgelöst, nachdem einige pro-imperiale Schichtleiter pflichtbewusst den zuständigen Prefect informiert hatten. Glücklicher Weise schien die Imperiale Armee keine Brutalität walten lassen – im Gegensatz zu den Coruscant Guards. Doch der rangniedrige Verwalter musste sich nun trotzdem gegenüber dem Governor rechtfertigen. Wobei der schwarzhaarige Adlige im Mittel der Konfliktlösung kein wirkliches Problem sah. Schließlich war die Imperiale Armee (unter anderem) zur Wahrung der gegebenen Ordnung da. Viel mehr störte sich Horatio daran, dass ein Streik überhaupt möglich war. Was hatte der ISB da gemacht?

Seelenruhig nahm er einen Schluck klares Wasser, während beiläufig ein Bediensteter das benutzte Geschirr abräumte. Schnell war der breite Schreibtisch von Teller, Messer und Gabel befreit und der adlige Governor konnte sich weiter uneingeschränkt dem unangenehmen Vorfall widmen. Hatte der hiesige Widerstand seine Finger im Spiel? „The Works“ galt schon immer als Problembezirk, wenn es um die „Freiheitsbewegung“ ging. Großangelegte Razzien brachten zwar immer wieder Ruhe in die Fabriken, aber bloß für ein paar Tage oder Wochen. Coruscant krankte überall – da hatte Barnip recht. Zu lange hatten seine Vorgänger den Untergrund ignoriert. Hatten den Geheimdienst mit dem Observieren beauftragt, ohne dabei nach Ergebnissen zu fragen. So hatten sich mit den Jahren erste Keimzellen bilden können, die nun die anfällige Bevölkerung mit ihrer Ideologie infizierten. Dabei spielten die die Rebellen eine große Rolle. Sie wurden förmlich als „Helden“ verehrt, die gegen das „Böse“ kämpften. Demokratie – nur eine andere Form der willkürlichen Anarchie – hatte nach ihren perversen Vorstellungen mehr Wert als eine solide Ordnung. Horatio verzog das Gesicht. Sollte die Karriere des planetaren Verwalters hier enden? Sollte er mit Veran fallen? Seit seinem Besuch in der Citadel gingen ihm in diesem Moment zum hundersten Mal Barnips gezielte Einflüsterungen durch den Kopf.


„Mr. Kraym, Moff Veran möchte Sie sprechen“, erklang plötzlich die Stimme seiner Sekretärin und riss ihn so aus seinen Gedanken. „Es scheint dringend. … Sie sollten ihn lieber nicht warten lassen.“

***​

„Setzen Sie sich, Kraym, begrüßte ihn der Moff mit kühler Tonlage und wies mit einer schlichten Handbewegung auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch. „Es gibt einige Dinge zu klären, finden Sie nicht auch?“

Ecthelion Veran, Coruscants ergrauter Sektorverwalter, saß – einem hungrigen Raubvogel gleich – in seinem schwarzen Sessel. Düster wirkte seine Miene. Selbst im dumpfen Abendlicht konnte man jede einzelne Falte in seinem Gesicht sehen. Der Mund war nicht mehr als ein Strich. In der Luft lag Ärger – eindeutig. Denn gleichzeitig hatte der Moff all seine Finger in die gepolsterten Armlehnen gekrallt. Etwas zu zögerlich als ihm eigentlich in diesem Augenblick lieb war, näherte sich Horatio dem Schreibtisch. Dabei musste er auf seinem langen Weg unwillkürlich Verans ständige Sicherheit passieren: sechs schweigende Sturmtruppen. Sie standen mit ihren schwarzen E-11 Blastergewehren jeweils allein vor einer massiven Transparistahlsäule und hatten dabei mehr Ähnlichkeit mit antiken Statuen als lebendigen Bewachern. Zwangsläufig musste der planetare Verwalter schlucken als er in angemessenen Schritten an diesen loyalen Elitesoldaten vorbei ging. Schließlich hatten sie ihr E-11 fest in der Hand. Eine falsche Bewegung und er war tot, so dachte der Governor jedenfalls. Derweil Horatio auf den Tisch zu ging, beobachtete ihn Veran ganz genau. Erst als er Platz genommen hatte, sprach der Moff weiter.

„Coruscant scheint Sie wieder eingenommen zu haben“, fuhr Veran nach der kurzen Pause fort und fixierte ihn mit seinem Blick. „Die Inszenierung war ein kluger Schachzug. Wirklich. Wer kam auf diese brillante Idee? Sie oder Ihr persönlicher KOMENOR-Berater?“ Ein unheilvolles Lächeln war kurz auf dem fahlen Gesicht des Moff zu sehen. „Nun ja. Bei Ihrer Vorstellung ist mir trotzdem eine kleine Unstimmigkeit aufgefallen. Zweihunderttausend für eine Jedi? Laut meinen Fachleuten wird man mit dieser mickrigen Summe keine Erfolge erzielen...“

Horatio setze zu einer Erwiderung an: „Meine Fachleute...“

„Ihre Fachleute liegen falsch – so einfach ist das“, schnitt ihm der Moff sofort das Wort ab. „Keine kriminelle Seele würde für zweihunderttausend Credits leichtfertig sein Leben auf das Spiel setzen, sollte das Ziel ein Jedi sein. … Nun. Da Sie schon vor die Medien getreten sind, können wir diesen Fehler nicht mehr korrigieren. Sie müssen in dieser Sache sehr viel sorgfältiger sein, wenn Sie Ihren Posten auch weiterhin ausüben wollen!“

Flüchtig zuckten die faltigen Mundwinkel des ergrauten Sektorverwalters. Mürrisch sah das Gesicht des Alten aus. Ohne Rechtfertigung abzuwarten, ging Veran zum nächsten Thema, dem Aufstand im Fabrikbezirk, über. Erneut fischte der Moff nach Fehlern und hielt sie dem Governor vor. Im Laufe der recht einseitigen Unterhaltung hegte Horatio deshalb immer mehr den Verdacht, dass weder die „niedrige“ Kopfgeldsumme, noch das „kalte“ Vorgehen seiner Untergebenen beim Streit der wahre Grund für dessen schlechte Laune war. Zwar hatte der Adlige in dieser Sache nur ein „Gefühl“, aber wann hatte er sich in solchen Dingen schon einmal geirrt? Seine Intuition schien nicht zu trügen. Es dauerte etwas, doch dann näherte sich der hochrangige Vorgesetzte dem Kern der Problematik. Der Imperiale Geheimdienst ging davon aus, dass die Rebellion ihre Militäroffensive nicht in Richtung Yag'Dhul oder Malastare, sondern Coruscant fortsetzen würde.

Bennett rüstet sich noch immer bei Bilbringi aus, anstatt die 'Kratas' und deren Flotte endlich nach Corellia zu führen...“, kommentierte der Moff das bisherige Nichtstun des eigenen Militärs. „… und ins Imperiale Oberkommando befördert man den zögerlichen Fyrestone. Genau den Offizier, der die Serie an Niederlagen überhaupt erst ermöglicht hat!“ Sein Blick verfinsterte sich. „Somit muss die regionale Verwaltung (mal wieder) das Handeln übernehmen. Marrik schickt deshalb Sharper samt seinem neuen Kommando nach Vuma, wo die Rebellenflotte von Corellia in den nächsten Monaten erwartet. Doch vorher soll dieser untreue Hund noch in meinem Sektor nach Belieben wildern! Man lässt also das berühmteste Wahrzeichen imperialer Herrschaft schutzlos sollte Sharpers Kommando den Feind nicht aufhalten können und sollte Bennett wie bisher unser aller Zeit mit 'Vorbereitungen' sinnlos vergeuden.“

Nun lag der wahre Grund offen – unübersehbar für jeden. Langsam, ganz langsam spürte Veran den Niedergang Coruscants, den Moff Heremus Barnip in einem Privatgespräch mit Horatio schon nach Tarvitz' Ernennung zum Grand Moff angesprochen hatte. Im heutigen Imperium besaß die kolossale Metropole nicht mehr den Stellenwert, den sie zu Arcanious' oder Ferits Zeiten inne hatte. Seitdem Darth Arthious seinen Herrschaftsmittelpunkt nach Bastion verlegt – und dessen junger Nachfolger Lord Phollow diesen Sitz gefestigt – hatte, hatte sich der politische Blick über die Jahre vom alten Mittelpunkt der Galaxie („Triple Zero“) ins kaum besiedelte Outer Rim verlagert. Plötzlich war für den Governor nicht verwunderlich, weshalb das „Council“ begabte Kandidaten von diesem urbanen Planeten abzog und auf anderen Welten einsetzte, Sturmtruppenlegionen versetzte und zum Schluss selbst die System- und Sektorflotten unter das Kommando der Supersektorflotte stellen ließ. Blutete Coruscant in diesem Moment aus? Horatio lief ein Schauder über den Rücken. Zwar konnten diese Begebenheiten alles Zufälle sein, aber er rechnete dieser Lösung keine hohe Wahrscheinlichkeit zu.

„Zu allem Überfluss erhielt ich heute ein Schreiben des 'Council'“, fuhr der ältere Sektorverwalter fort, wobei seine Stimme weiterhin kühl bleibt. Marrik hat beschlossen, dass ich meinen Governor, der Coruscant verwaltet, nach Bastion zur 'Abteilung für besondere Verwendung' schicken soll. Und hier kommen Sie ins Spiel, Horatio.“ Veran fixierte ihn noch mehr. „Sie haben das Potenzial zu einem vorzüglichen Verwalter. Im Gegensatz zu Ihrem Vater könnte Ihre Karriere erst beim Grand Moff enden. … Doch dafür brauchen Sie einen tugendhaften Mentor. Sie müssen das Spiel lernen, das früher oder später auch sie betreffen wird.“ Der Moff schluckte, ließ sich mehrere Sekunde Zeit. „Ich biete Ihnen hiermit eine Beförderung zum 'Sector Adjutant' an. Lassen Sie mich Ihr Mentor sein … und ich schicke irgendeinen Legat nach Bastion, um endlich Marriks Sturz vorzubereiten...“

Mit einem Mal war die Gelegenheit da. Mit einem Mal konnte er das unheilvolle Gefühl abstreifen, das sogar über seiner derzeitigen Karriere zu liegen schien. Für zwei, drei Millisekunden umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel. Trotzdem blieb der Governor diplomatisch: „Moff Veran, Sie kennen doch das Sprichwort: 'Kann ein Verwalter auf einer Welt mit Milliarden Lebewesen agieren, dann kann er überall sein Handwerk tun.'. Coruscant ist meine Schmiede – gewesen.“

[: Coruscant-System | Coruscant :||: obere Ebenen | Regierungsviertel (Komplex der regionalen Verwaltung) | Büro des Moff :||: Horatio Kraym und Moff Veran; im Hintergrund sechs Sturmtruppen :]
 
- Coruscant – City – Raumhafen -

Coruscant hatte sie zurück. Noa Chanelle Cortina nahm ihren Koffer von einem der Droiden entgegen und legte sich den Trageriemen ihrer Tasche um die Schulter. Sie hatte noch nie einen so anstrengenden Flug gehabt, möglicherweise weil sie noch nie ganz alleine geflogen war, vor allem aber nicht mit zwei Zwischenlandungen und Umsteigepflichten. Insgesamt war sie so lange unterwegs gewesen, dass sie zwischendurch gedacht hatte, sie würde nie wieder nach Hause kommen. Noch während sie durch die Ankunftshalle nach draußen ging, holte Noa ihr Komlink hervor. Coruscant war das übliche belebte, vollkommen überfüllte Zentrum, das es immer war. Der ganze Raumhafen war voller Leute und es gab kaum einen freien Quadratmeter, auf dem man stehen und sich umdrehen konnte, ohne jemand anderem aus Versehen sein Gepäck um die Ohren zu hauen. Noa hatte drei neue Nachrichten, eine war von Leandro, der sie fragte ob er sie abholen solle, die zweite war aus der Redaktion und die dritte war eine Antwort von Shana. Das war schnell gegangen, dachte Noa beschämt. Sie selbst hatte viel länger gebraucht, um zurük zu schreiben. Die Arbeit konnte noch ein bisschen warten, entschied sie. Zuerst wollte sie richtig wieder ankommen. Shanas Nachricht aber las sie sofort. Sie war gespannt, was ihre Jedi-Freundin zu erzählen hatte von ihrer eigenen Ausbildung und auch zu Noas Problem mit Cris, das im Grunde nicht wirklich ein Problem war, sondern eher eine... schwierige Situation. Die Journalistin suchte sich einen halbwegs ruhige Stelle vor einer Werbetafel, hockte sich auf ihren Koffer und rief die Nachricht auf. Shana war mitten in ihrer Jedi-Ausbildung, doch sie hinkte nach eingener Aussage ziemlich hinterher. Es war ihr offenbar nicht so leicht gefallen, den neuen Lebensstil wirklich anzunehmen, was Noa nicht wunderte. Shana war anderes gewohnt. Sie kam von Corsucant und ihre Eltern hatten, wenn Noa nicht falsch lag, ordentlich Geld gehabt. Sich an ein einfaches, diszipliniertes Leben mit strengen Richtlinien zu gewöhnen, wie es die Jedi zu leben pflegten, war alles andere als ein Pappenstiehl. Und dann waren da noch die ganzen Machtfähigkeiten, die sie lernen musste. Ihre nächste Party würde Shana Corini so bald ganz sicher nicht feiern.

Als sie den letzten Satz und Shanas Grußformel gelesen hatte, sanken Noas Schultern merklich nach unten. Auch ohne dass Shana Cris kannte, auch ohne dass sie genaueres über ihn wusste, hatte sie mit ihrer kurzen Analyse der Situation genau ins Schwarze getroffen und das ausgesprochen, was Noa vor sich selbst bereits befürchtet hatte. Shana sprach genau jene Gedanken aus, die Noa daran gehindert hatten, sich auf Mon Calamati stärker auf Cris Sheldon einzulassen. Eine Beziehung mit ihm war so gut wie unmöglich, selbst wenn sie es wollte: sie waren Lichtjahre voneinander entfernt, konnten sich nicht sehen, sich nicht anfassen, nicht küssen. Nicht einmal Gespräche waren möglich, wann immer sie es wollten, dank der Entfernung und der Zeitverschiebungen und so lange Coruscant imperial war oder Cris auf imperialen Planeten stationiert sein würde, konnten sie nicht einmal sicher sein, dass ihre Nachrichten nicht abgefangen wurden. Wie sollte das funktionieren? Wie sollten sie zusammen sein, wenn sie sich nie sahen? Im Endeffekt hätte Noa nichts gewonnen. Sie würde nach wie vor alleine in ihrer kleinen Wohnung am Raumhafen wohnen, abends in ein leeres, kaltes Bett klettern oder mitten in der Nacht eine Bar besuchen, nur weil sie unter Leuten sein wollte. Es würde sich nichts ändern in ihrem Alltag. Es wäre, als gäbe es Cris gar nicht, abgesehen von den wenigen Gelegenheiten, die sie miteinander per Holo-Verbindung haben würden oder den noch selteneren Tagen, an denen sie sich wirklich sehen würden. Und wie wäre es dann? Wäre es nicht seltsam, sich so lange nicht gesehen zu haben? Würden sie vertraut miteinander sein? Konnte man sich überhaupt wirklich kennen lernen, ohne viel Zeit miteinander zu verbringen? Noa löschte Shanas Nachricht, ohne sie ein weiteres Mal zu lesen. Es war zu deprimierend.

Sie saß noch einige Minuten auf ihrem Koffer und obwohl sie es nicht weit bis nach Hause hatte, überlegte sie, Leandros Angebot anzunehmen und sich von ihm abholen zu lassen. Sie war wieder zurück auf Coruscant, sie sollte sich freuen und ihrer Familie Bescheid sagen. Schwerfällig stand Noa auf. Wie konnte sie sich freuen, wenn sie in Wahrheit viel lieber wieder zurück auf Mon Calamari wäre? Sie nahm ihre Tasche und ihren Koffer und ließ sich vom Strom der Reisenden hinaus auf die Straße spülen. Von dort rief sie sich ein Robo-Taxi. Es gab nur einen Menschen, den sie jetzt sehen wollte. Ihre Heimatstadt zog an ihr vorbei, als sie durch die Häuserschluchten flogen. Noa Chanelle hatte ihre Stirn gegen die kühle Glasscheibe gelehnt. Draußen regnete es, wie so häufig, und in ihrem Herzen, dachte sie theatralisch, regnete es ebenfalls. Sie fuhr mit dem Lift, zog ihren Koffer durch den Korridor und klingelte an der Tür des Appartments. Den ganzen Flug über hatte sie versucht, sich positive Gedanken zu machen, sich ausgemalt, wann und wo sie Cris wohl wieder sähe und wann er ihr wohl schreiben würde, doch die Wahrheit war, dass es so einfach niemals sein würde. Ob einer von ihnen beiden seinen Job aufgeben konnte, hatte Shana gefragt. Nein, dachte Noa wieder, so einfach war das nicht. Erst als die Tür sich öffnete, schaffte sie es endlich wieder, sich zu einem kleinen Lächeln zu bewegen. Es kam wie von selbst und war doch gezeichnet von tiefer Traurigkeit.


“Hallo Dad.“

Sagte sie und ließ sich von dem einzigen Mann in der Galaxis in die Arme nehmen, wegen dem sie niemals würde weinen müssen.

- Coruscant – Obere Ebenen – City – Wohnung der Cortinas – Mit Matteo Cortina -
 
- Coruscant – Obere Ebenen – City – Wohnung der Cortinas – Noas altes Kinderzimmer -

Am nächsten Morgen erwachte Noa mit einem steifen Nacken. Wie hatte sie nur früher jahrelang auf dieser fiesen, harten Matratze schlafen können? Das Hochbett, das sie früher mit Cloé geteilt hatte – Noa hatte immer unten geschlafen und Cloé oben - war viel zu klein und als sie mitten in der Nacht aufgestanden war, weil sie aufs Klo musste, hatte sie sich den Kopf an dem Bett über ihr gestoßen. Das war ihr in ihrer ganzen Kindheit nicht einmal passiert. Sie rieb sich die Stirn, als sie am späten Vormittag aufstand und inspizierte im Spiegel, ob sie eine Beule hatte, aber es war nichts zu sehen. Glück gehabt. Sie hatte den Vorabend mit ihrem Vater verbracht, hatte gemeinsam mit ihm gekocht – was bedeutete, dass Matteo Cortina die ganze Arbeit gehabt hatte und Noa mehr im Weg herum gestanden war als wirklich produktiv zu helfen - und noch lange mit ihm geredet. Sie hatte ihm von Mon Calamari erzählt, von ihrem Gespräch mit Major Al-Jalani und sogar von Cris Sheldon. Anschließend waren sie zur Politik übergegangen, hatten den Anschlag auf die Oper auf Mon Cal diskutiert und schließlich darüber beratschlagt, ob Rámon strikter gegenüber Thalia sein und sie und die Kinder endgültig von Coruscant weg und damit in Sicherheit bringen sollte. Noas und Cloés altes Kinderzimmer, das eigentlich mehr ein Jugendzimmer war, seit sie es zuletzt bewohnt hatten, war ein kleiner, von oben bis unten mit Krims-Krams voll gestopfter Raum, den sie sich so lange geteilt hatten, bis Cloé als erste von ihnen beiden ausgezogen war. Danach hatte Noa nur noch wenige Wochen alleine in dem Zimmer gewohnt, bis auch sie von zu Hause weg gewollt hatte und zusammen mit ihrer besten Freundin Lioba in einer schrägen Wohngemeinschaft gelandet war, in der es noch seltener sauberes Geschirr gegeben hatte als jetzt in ihrer Raumhafenwohnung, in der sie alleine lebte. Das war keine besonders ruhmreiche Zeit gewesen. Der Spiegel an der Wand ihres alten Kinderzimmers war an allen vier Ecken beklebt mit Bildern von Rockstars und Holo-TV-Schauspielern. Noa erinnerte sich, wie sie und Cloé abends vor dem Zubettgehen vor den Bildern gehockt und sich ausgesucht hatten, von welchem der süßen Typen sie in dieser Nacht träumen würden. Funktioniert hatte das nur äußerst selten, doch es hatte sie beide nicht davon abgehalten, sich die wildesten Träume auszudenken und sich dann mitten in der Nacht gegenseitig zu wecken, um sich ihre Fantasien zu erzählen. Als sie sich an diese Momente erinnerte, musste Noa lächeln und für einen flüchtigen Augenblick glaubte sie, im Spiegel ihr jüngeres Ich erkennen zu können, jene Noa, die fest davon überzeugt gewesen war, eines Tages den perfekten Mann kennen zu lernen und für immer mit ihm zusammen zu sein. Es war noch nicht zu spät, sie war schließlich noch jung genug, doch allmählich fragte sie sich, wann es endlich so weit sein würde. Angenommen, Cris Sheldon war dieser perfekte Mann, wann würde sie dies wissen und wann, wo und wie würden sich ihre Probleme lösen, damit sie auch wirklich zusammen sein konnten?

Es gab Obstquark zum Frühstück. Ihr Vater hatte ihr bereits eine Schüssel zubereitet. Er saß in seinem Sessel vor dem Fenster, den Datenblock mit der neuesten Zeitungsausgabe vor sich. Draußen tobte der Verkehr in der Rush-Hour. Noa tauchte ihren Löffel in den Quark und kostete. Es war nicht ganz so süß, wie sie ihn favorisiert hätte, doch sie aß anstandslos, stellte sich neben ihr Vater und schaute zum Fenster hinaus.


„Hast du gut geschlafen?“

Mit einem gequälten Lächeln rieb sie sich den Hals.

“Nicht wirklich, aber ich lebe noch “

Sie rührte in ihrem Quark, setzte sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Heizung. Matteo Cortina legte den Datenblock bei Seite.

„Ich habe überlegt, das Appartment zu verkaufen.“

Sagte er plötzlich, ohne sie anzusehen. Noa gefror mitten in ihrer Bewegung.

“Die Wohnung verkaufen? Unsere Wohnung?“

Fragte sie geschockt, so als hätte sie seine Worte nicht verstanden.

“Wieso solltest du?“

Sie hatte ihren Löffel zurück in die Schüssel sinken lassen und starrte ihren Vater jetzt verständnislos an. Es war das erste Mal, dass er etwas in dieser Richtung sagte. Das Appartment war das Zuhause der Familie gewesen, seit Matteo und Pilar es in den frühen Jahren ihrer Ehe erworben hatten. Sie hatten hier all die Jahre über glücklich zusammen gelebt, innerhalb dieser vier Wände ihre Kinder groß gezogen und so manche schöne gemeinsame Stunde hier verbracht. Noa sah sich um. In diesen Räumen lagen alle ihre Erinnerungen.

„Noa, ich bin alleine. Ihr seid alle ausgezogen und habt euer eigenes Leben. Für mich ist die Wohnung viel zu groß. Ich brauche nicht so viel Platz.“

Ihr Vater sah sie an, doch obwohl seine Worte Sinn machten, schüttelte Noa den Kopf.

“Aber warum ausziehen? Warum verkaufen? Der zusätzliche Raum schadet dir nicht.“

Argumentierte sie. Inzwischen hatte sie ihre Schüssel neben sich auf den Boden gestellt und sah jetzt mit großen, fast bittenden Augen zu ihrem Vater auf.

“Außerdem... das hier ist unser Zuhause. Oder nicht? Wir hängen alle an der Wohnung. Warum sollten wir sie also aufgeben?“

„Hmmm.“

Matteo Cortina machte ein nachdenkliches Gesicht.

„Guter Punkt. Warum sollten wir etwas aufgeben, das uns so wichtig ist?“

Wiederholte er ihre Worte und sein plötzlich so eindringlich gewordener Blick ließ seine Tochter erahnen, dass er in Wahrheit nicht über den Verkauf seines Appartments sprach, sondern über etwas ganz anderes.

- Coruscant – Obere Ebenen – City – Wohnung der Cortinas – Mit Matteo -
 
- Coruscant – Obere Ebenen – City – Büro des „City Inquirer“ - Mit Visenc & Kollegen -

Als freie Mitarbeiterin hatte Noa keinen festen Schreibtisch in der Redaktion, da sie meistens von Zuhause aus arbeitete. Nur manchmal kam sie ins Büro und ließ sich dann am Arbeitsplatz eines Kollegen nieder, der gerade krank oder im Urlaub war. Nach dem Frühstück bei ihrem Vater war sie ins Hauptquartier der Defender gefahren, hatte einen ausführlichen Bericht über ihre Reise nach Mon Calamari bei Baes Hawot abgegeben und war dann in die Redaktion gefahren, um aufzuholen, was sie in der letzten Zeit an Arbeit liegen gelassen hatte. Sie hatte zwei Gelegenheiten verstreichen lassen, tolle Berichte zu schreiben, mit denen sie ihre Miete hätte bezahlen können. Das musste sie wieder rein holen. Pablo war sie nicht über den Weg gelaufen, als sie in den Unteren Ebenen gewesen war, aber sie hatte allen ihren Geschwistern eine kurze Nachricht geschrieben, dass sie sicher wieder gelandet war, damit sich niemand von ihnen Sorgen machte. Vielleicht würde sie morgen zum Essen bei Cloé vorbei schauen, das hieß, wenn sie bis dahin arbeitsmäßig so weit voran gekommen war, wie sie geplant hatte. Noa seufzte leise vor sich hin. Es passte ihr eigentlich gerade ganz gut, dass sie sich in Arbeit vergraben konnte, dann hatte sie wenigstens keine Zeit, über ihre Gefühle nachzudenken. Nach Shanas Nachricht, so deprimierend die Einsicht, dass aus ihr und Cris nichts werden konnte, auch gewesen war, hatte sie geglaubt, sie würde sich damit abfinden müssen. Dann hatte sie jedoch mit ihrem Vater gesprochen und dieser hatte einen ganz anderen Ton angeschlagen. Wie verwirrend konnte das alles noch für ihr Herz werden?

Es war schon spät und draußen war es längst dunkel, die meisten Kollegen waren längst nach Hause gegangen, als sich ein Schatten unter die Stehleuchte neben dem Schreibtisch, an dem Noa arbeitete, schob. Irritiert sah sie auf. Visenc grinste ihr entgegen. In der Hand hielt er eine Tüte mit Würzchips und zwei Tuben unterschiedlicher Saucen.


„Zeit für ne' Pause.“

Sagte er. Noa lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, streckte sich und ließ ihre Schultern kreisen. Wie spät war es? Sie warf einen Blick auf das Chrono an der Wand. Viel zu spät um noch zu arbeiten, aber viel zu früh um schon nach Hause zu gehen. Zu Hause wartete niemand auf sie und ihr Kühlschrank war wie immer leer.

“Gute Idee. Hast du noch was anderes?“

Sie nickte in Richtung der Tüte in Vicencs Hand und der Omwati machte ein überrasches Gesicht.

„Seit wann hast DU was gegen Würzchips?“

Wollte er wissen, die Skepsis in seiner Stimme unverkennbar. Noa zuckte mit den Schultern.

“Ich will versuchen, mich gesünder zu ernähren.“

Antwortete sie.

„Mhh. In dem Fall habe ich noch eine Suppe zum Erhitzen im Schrank.“

Überlegte er laut. Noa machte ein zufriedenes Gesicht. Suppe war nicht ihr Fall, aber wenn sie Fast Food meiden wollte, hatte sie nicht viel Auswahl.

“Klingt super.“

Sagte sie und hoffte, dass sie es nicht bereuen würde, aber zur Not konnte sie immer noch auf die Würzchips zurück greifen. Minuten später saßen sie zu zweit in der kleinen Teeküche und tauschten Neuigkeiten aus. Visenc hatte einiges zu erzählen, angefangen vom üblichen Gerede innerhalb der Redaktion bis hin zu einem Fortbildungskurs, den er kürzlich besucht hatte und Noa erzählte grob von Mon Calamari, ihren Eindrücken von Coral City und den Whaladons, die sie gesehen hatte. Nur Cris ließ sie in ihrer Berichterstattung weg. Es klappte überraschend gut, ihn einfach aus der Erzählung zu streichen und objektiv betrachtet glaubte sie nicht, dass es großartig auffiel. Nur sie selbst wusste, dass sie nicht ganz ehrlich gewesen war und der wichtigste Part eigentlich fehlte. Nach der selbst genehmigten Pause setzte sie sich wieder an die Arbeit, recherchierte, führte einige Gespräche und arbeitete ihre Notizen auf. Erst als Visenc begann, einzupacken und sie aufforderte, ebenfalls nach Hause zu gehen, gestand sie sich ein, dass es allmählich Zeit wurde und sie die Heimkehr lediglich absichtlich aufschob. Seit ihrer Landung am Vortag, an deren Anschluss sie direkt zu ihrem Vater gefahren war, war sie noch nicht in ihrer Wohnung gewesen. Es war der eine Ort an Coruscant, an dem sie wirklich gemeinsame Zeit mit Cris verbracht hatte, nur er und sie.

„Du siehst müde aus. Bist du voran gekommen?“

Wollte Visenc wissen. Noa fuhr das Terminal des abwesenden Kollegen, das sie benutzt hatte, herunter.

“Mehr oder weniger. Aber eigentlich schon.“

Antwortete sie und rieb sich den Nacken. Ihr Freund und Kollege sah sie an.

„Du solltest was dagegen tun.“

Merkte er an.

„Gegen die Verspannung. Und ich weiß auch, was. Massage gefällig?“

Sie fuhren mit dem Taxi einige Blocks weiter und ließen sich bei einer Adresse absetzen, die Noa rein gar nichts sagte. Auf einem Schild vor der Tür stand „Habooka Wellnesscenter“, einer dieser Orte also, die Frauen in der Regel so liebten und mit denen Noa gar nichts anfangen konnte. Sie durfte Cloé nicht erzählen, dass sie freiwillig hier gewesen war, oder ihre Schwester würde für immer beleidigt sein, dass Noa ihr Visenc als Begleitung vorgezogen hatte. Schlammbäder, Maniküren und Gesichtsmasken waren nichts für sie. Noa stand diese Programme nur äußerst ungerne durch und auch nur, wenn sie von Cloé gezwungen wurde und keine Ausrede mehr zog, nicht mitzukommen. Glücklicherweise war Visenc auf keine dieser Albernheiten aus, was auch der einzige Grund dafür war, dass sie sich von ihm hierher hatte bringen lassen. In einem bis auf eine schwache, warme Beleuchtung abgedunkelten Raum lagen die beiden schließlich bäuchlings nebeneinander auf zwei Massagetischen, die Oberkörper frei, zwei Droiden neben ihnen, die ihre voreingestellten Programme abspuhlten und mal sanft und wohltuend, mal grob und feste die Rücken-, Schulter-, und Nackenmuskulaturen ihrer beiden Kunden auflockerten. Visenc seufzte wohlig.

„Das müsste man jeden Tag machen.“

Meinte er. Wie seins war auch Noas Gesicht nach unten in die gepolsterte Kopfstütze gepresst. Sie hatte die Augen geschlossen und konnte bereits fühlen, wie sich alles in ihr entspannte.

“Du tust es jeden Tag.“

Erwiderte sie.

“Wie sonst erklärst du, dass wir sofort ein Separé bekommen haben, kaum dass wir hier aufgekreuzt sind?“

Sie hörte Visenc lachen.

„Ich habe nur mit Fabrizios Kundenkarte gewunken, mehr nicht.“

Gestand er.

“Er ist Gold-Member, nicht ich.“

“Praktisch, so oder so.“

Erwiderte Noa, als sich die Tür öffnete. Die Journalistin hob kurz den Kopf und sah eine Angestellte des Wellnesscenters, eine Codru-Ji, herein kommen. Sie trug zwei Tabletts mit frischen Drinks – Cocktails, vermutete Noa – die sie in Reichweite vor ihnen abstellte, und ein Datapad. Mit ihren vier Armen war es kein Problem für sie, alles gleichzeitig zu koordinieren und Noa fragte sich beiläufig, welche Tätigkeiten wohl noch zu ihrer Jobbeschreibung gehörten, außer das Servieren von Erfrischungen. Sie waren auf Coruscant, hier war alles möglich.

„Ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?“

Fragte die Codru-Ji. Ihre langen, glänzenden schwarzen Haare luden ganz sicher den ein oder anderen Kunden ein, sich die gleiche Frage zu stellen wie Noa es getan hatte.

„Ja, alles bestens, vielen Dank.“

„Ich lasse Ihnen dieses Datapad hier. Sehen Sie sich unsere anderen Angebote an, wenn Sie möchten. Dort finden Sie auch Informationen zu unseren Mitgliedschaften. Wenn Sie fragen haben, helfen wir Ihnen gerne weiter.“

Ohne aufdringlich zu wirken, verschwand sie wieder. Blind tastete Noa nach dem Glas, das für sie bestimmt war und sog an dem bunten Strohhalm.

“Gold-Member... ich frage mich, ob Cloé das auch ist.“

Überlegte sie laut.

„Kommt sie auch immer hierher?“

“Nein, sie geht nach... keine Ahnung, hab' den Namen vergessen.“

Noa überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf, ehe sie ihr Glas wieder abstellte und ihren Kopf zurück in die Polsterung legte. So wichtig war das nicht und sie hatte vor gehabt, Visenc etwas ganz anderes zu fragen.

“Aber apropos Fabrizio, wie läuft es mit ihm?“

Wollte sie wissen.

„Oh, es läuft gut. Sehr gut sogar. Besser, als ich je erwartet hätte.“

Sie hörte die Zufriedenheit in Visencs Stimme und freute sich. Wenn nur sie auch einmal eine solche Antwort geben könnte.

„Und bei dir?“

Oh, oh.

“Bei mir? Was soll bei mir laufen?“

Noa war froh, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte, doch selbst das würde Visenc nicht über die plötzliche Anspannung in ihrem Tonfall hinweg täuschen. Ihr Kollege seufzte.

„Noa, ich hab' sie gesehen, als du sie vorhin abgelegt hast. Die Halskette.“

Er wartete, dass sie etwas erwiderte, doch da sie nichts sagte, seufzte er erneut. Es fehlte nicht viel und er würde sich beschweren, dass man ihr alles aus der Nase ziehen musste.

„Ich kenn' dich doch, so was kaufst du dir nicht selbst. Du wüsstest nicht mal, wo du danach suchen solltest. Es war ein Geschenk, stimmt's?“

Ja, dachte Noa, das war sie. Die Halskette war ein Geschenk gewesen, doch sie fühlte sich nicht wirklich in der Stimmung, darüber zu sprechen, nicht, nachdem sie sich den ganzen Nachmittag und den Großteil des Abends erfolgreich davo abgelenkt hatte. Trotzdem musste sie etwas antworten. Noa atmete tief ein.

“Ja, sie war ein Geschenk. Ich habe jemanden kennen gelernt, aber... es läuft nicht besonders gut. Es ist nicht ganz einfach.“

„Oh, das tut mir Leid. Wir müssen nicht darüber sprechen, wenn du nicht willst. Es sei denn, du willst.“

Es war lieb von Visenc, dass er es anbot. Noa lächelte traurig.

„Nein, aber danke.“

Sie hatte gestern Abend und heute morgen bereits mit ihrem Vater gesprochen. Heute wollte sie nichts mehr darüber hören und nicht mehr darüber nachdenken. Sie richtete sich halb auf, griff nach ihrem Glas und und stützte ihre Ellbogen auf der Massagebank ab.

“Auf dich und Fabrizio.“

Sagte sie und hob ihr Glas, um mit Visenc anzustoßen.

“Und auf seine Gold-Memberkarte.“

- Coruscant – City – Obere Ebenen - Habooka Wellnesscenter – Mit Visenc -
 
- Coruscant – City - Raumhafengegend – Noas Wohnung -

Als sie endlich zum ersten Mal seit ihrer Rückkehr nach Coruscant ihre Wohnung betreten hatte, hatte Noa nicht anders gekonnt, als für ein paar Minuten lang in der Mitte des kleinen Wohnraumes stehen zu bleiben und sich daran zu erinnern, wie es gewesen war, als sie Cris Sheldon auf ihrer Couch beherbergt und ihm sogar etwas zu Essen gekocht hatte – wobei Kochen, wann immer man dies direkt mit Noa in Verbindung brachte - allerhöchstens bedeutete, dass sie eine Mahlzeit aufgewärmt hatte. Sie konnte Kaf kochen und Suppe aus der Tüte, aber das war auch schon fast alles. Die Tage mit Cris, hier auf Coruscant, und die kurze gemeinsame Zeit auf Mon Calamari waren etwas Besonderes und viel zu schnell vorbei gewesen. Noa hatte ihre Tasche achtlos auf den Boden gestellt, war zu der alten, abgenutzten Couch geschlichen, auf der sie bereits so manchen Abend alleine gesessen hatte, und hatte sich dorthin gelegt, wo zuletzt Cris gelegen hatte. Fast war es gewesen, als hätte sie ihn noch riechen können, so als wäre etwas von ihm zurück geblieben. Und dann, als sie gerade für einen Moment die Augen hatte schließen wollen, hatte ihr Komlink gepiept und Noa war aufgefahren, ärgerlich über sich und ihren sentimentalen Ausfall. Wer, der noch ganz bei sich war, legte sich schmachtend auf zuvor benutzte Schlafstätten, nur um seinem Schwarm näher zu sein? Sehr viel alberner ging es wirklich nicht mehr. Sie waren schließlich nicht im Kindergarten! Wie ein aufgescheuchter Mynock war sie aufgesprungen, hatte stolz ihre Haare zurück geworfen – Noa Chanelle Cortina schmachtete keinem Mann hinterher! - und den eingehenden Anruf ihres Komlinks beantwortet, als handelte es sich um ein wichtiges geschäftliches Gespräch. In Wahrheit war es bloß Cloé gewesen, die sich beleidigt erkundigen wollte, wann Noa gedachte, sie endlich zu besuchen, jetzt da sie wieder auf Coruscant war.

Nach einem weiteren, langen Arbeitstag stellte Noa ihr Speederbike in der Landebucht des Wohnblocks ab, in dem sich Cloés und Jespers Appartment befand. Sie liebte es, hierher zu kommen. In vielerlei Hinsicht war die Wohnung ihrer Schwester so etwas wie ihr drittes Zuhause, was natürlich damit zu tun hatte, dass Noa recht viel Zeit hier verbrachte. Sie kam oft zum Essen oder einfach so zum Plauschen, egal ob mit Cloé oder auch nur mit Jesper. Die beiden hatten keine Kinder – noch nicht - , aber manchmal scherzten sie, dass sie Noa adoptiert hatten. Der Türsummer war von außen nur leise zu hören und Noa drückte den Knopf zweimal, um sicher zu gehen, dass sie beim ersten Mal nicht zu sachte gedrückt hatte und ihre Schwester auch wusste, dass sie da war. Cloé öffnete nach ein paar Sekunden, mit einem Küchentuch in der Hand. Sie war die elegante, gut gekleidete Erscheinung, die man von ihr gewohnt war: über einem langen, seidenen Rock trug sie eine zarte Spitzenbluse mit Puffärmeln und einem hohem, zugeknöpftem Kragen, der ihren Hals umspielte.


„Na, wenn das nicht unsere Noa ist.“

Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt, ihr Blick in eineri Mischung aus Spaß, aber auch einem Ticken Ernsthaftigkeit, herausfordernd. Noa verdrehte die Augen.

“Oh, komm, jetzt tu nicht so als hätten wir uns seit Monaten nicht gesehen.“

Sagte sie, streckte ihre Arme aus und presste Cloé an sich, in einer übertriebenen Geste deren Kopf tätschelnd.

“Ich hab' dich auch vermisst, Schwesterchen.“

Cloé schnaubte.

„Ich krieg keine Luft.“

“Ups, sorry.“

Noa fuhr zurück. Sie räusperte sich.

“Deine Haare sind etwas...unordentlich.“

Stellte sie fest.

„Ja, woher kommt das wohl?“

Cloé befühlte ihre Frisur. Es war nicht auszuschließen, dass sie heute noch etwas anderes vor hatte. Sie und Jesper gingen oft zusammen aus oder hatten Gäste, doch selbst wenn sie Zuhause blieben und niemanden erwarteten, war Cloé immer wie aus dem Ei gepellt. Sie war wirklich die einzige Frau, die Noa kannte oder von der sie je gehört hatte, die selbst Zuhause, wenn sie ganz alleine und nur für sich war, in High-Heels herum lief. Eines Tages würde sie einen krummen Rücken haben und dann würde sie schon sehen, was sie davon hatte.

„Wie hungrig bist du?“

Fragte Cloé, als Noa die Tür schloss und sie zusammen in die Küche gingen. Noa zuckte mit den Schultern.

“Geht so. Ein bisschen.“

Antwortete sie wahrheitsgemäß. Sie war selbst überrascht, wie wenig Appetit sie in den letzten Tagen hatte. So leicht war ihr noch keine Diät gefallen.

„Das passt gut. Ich habe etwas Frikassé und Salat gemacht, aber es ist nicht die große Menge.“

Sie deutete auf einen gemächlich vor sich hin köchelnden Topf auf dem Herd.

„Ich hatte noch Reste zu verwerten. Wir hatten gestern Magali und Ysam zu Besuch und ich habe Gandachio gemacht. Hast du das schon mal gegessen?“

Noa schüttelte den Kopf. Gandachio? Sie wusste nicht mal, was das sein sollte. Klang fremdweltlerich. Cloé lehnte sich gegen die Küchenzeile.

„Das musst du unbedingt probieren. Ich mache das demnächst noch mal, auch wenn es ziemlich aufwendig war. Zuerst kocht man das Fleisch ab. Das Beste ist, du kannst eigentlich so ziemliche jede Sorte Fleisch nehmen, so lange es nur zart genug ist. Gleichzeitig rührst du eine Soße aus Gapanga-Fruchtsaft, Gimer und Celto an. Ich will nicht ins Detail gehen, aber wenn du dann noch....“

“Clo, du bist bereits im Detail.“

Noa verdrehte die Augen.

“Ist Jesper im Wohnzimmer? Ich geh schon mal Hallo sagen.“

Hastig ergriff sie die Flucht. Wenn es ums Kochen ging, konnte Cloé sich richtig in was hinein steigern. Solche Küchengeschichten musste man bei ihr von Anfang an unterbinden, sonst hörte sie nie auf, und die waren ja sooowas von langweilig. Was interessierte Noa, wann man welches Gewürz benutzte? Sie konnte sich die Namen sowieso alle nicht merken. Hauptsache es schmeckte gut und hauptsache, sie musste es nicht selbst zubereiten. Noa öffnete die Tür zum Wohnraum und sah Jesper über einem holographisch aufgebauten Datenschema sitzen. Arbeit nach Feierabend? Der Ärmste.

„Noa, hey! Wir dachten schon, du wärst unterwegs verloren gegangen.“

Scherzte er und stand auf, um sie zu begrüßen.

“Das nicht, aber ich wäre fast da geblieben.“

Grinste Noa zurück und ließ sich umarmen.

„War's so schön?“

"Mon Cal ist traumhaft, ganz ehrlich. Das Wetter allein lädt schon zum Dableiben ein, aber Coral City war auch richtig, richtig schön.“

„Das wäre auch eines meiner liebsten Urlaubsziele, muss ich sagen.“

Gestand Jesper.

„Aber nur für einen kurzen Urlaub ist es doch ziemlich weit und teuer, selbst mit Cloés Mitarbeiterrabatt auf alle möglichen Flüge. Vielleicht irgendwann mal.“

Er zuckte mit den Schultern und Noa lachte.

“Du willst so viel irgendwann mal machen, dass du irgendwann gar keine Zeit für das alles haben wirst.“

Prophezeite sie ihm in dem Moment, als Cloé mit dem heißen Topf zur Tür herein kann.

„Essen ist fertig, setzt euch.“

Sie sah sich um, ob noch irgendetwas fehlte. Der Salat stand bereits auf dem Tisch und auch für Getränke war bereits gesorgt. Noa zog sich den Stuhl auf ihrem angestammten Platz unter dem Tisch hervor.

„Also, erzähl. Wie war's?“

Wollte Cloé wissen. Ihre Frage war so unschuldig, dass es kaum auszuhalten war, doch unbeabsichtigt brachte sie Noa damit an den Punkt, an dem diese abwägen musste, was sie erzählen wollte und was nicht. Während sie ihnen auf die Teller tat, trat sie sogar noch nach.

„Wir wollen alles wissen.“

Alles, abgesehen natürlich von Noas Gespräch mit Major Al-Jalani. Dass sie hier nichts davon zu erzählen brauchte, war ihr klar, aber was blieb dann noch? Alles andere, was sie erlebt hatte, drehte sich im Prinzip nur um eine einzige Person: Lieutenant Cris Sheldon, vormals Captain des republikanischen Geheimdienstes. Als sie Visenc von ihrer Reise erzählt hatte, war es nicht schwierig gewesen, Cris einfach nicht zu erwähnen, doch das hier war Cloé. Nicht nur, dass es ihr sofort auffallen würde, wenn Noa nicht über ihn sprach, sie wusste schließlich auch, dass sie gemeinsam mit ihm dorthin geflogen war und würde früher oder später nach ihm fragen, obwohl Noa nicht wirklich danach war, über ihn zu reden. Das zwang sie, sich damit auseinander zu setzen, was zwischen ihnen war und wie es weiter gehen sollte. Es war ein Dilemma.

„Hast du viel Zeit mit Sheldon verbracht?“

Am liebsten hätte Noa aufgeheult. Das Problem war, Cloé hatte so etwas wie einen sechsten Sinn für Männer. Sie wusste ganz genau, wann etwas im Busch war und wer mit wem drin saß. Immer. Ohne zu antworten griff Noa nach ihrer Gabel. Was hätte sie auch sagen sollen? Sie warf ihrer Schwester einen vorsichtigen Blick zu. Cloé starrte zurück.

„Das ist nicht dein Ernst.“

Schalt sie, ohne dass Noa ein Geständnis abgelegt hätte. Jesper blickte alarmiert von einer Schwester zur anderen.

„Mädels, wenn ich kurz fragen dürfte...“

Begann er vorsichtig. Aufgebracht sah Cloé ihn an.

„Sie hat mit Sheldon geschlafen!“

Platzte sie anklagend heraus. Noa riss den Mund auf.

“Was? Nein, hab' ich nicht!“

Dementierte sie sofort. Die Blicke beider Gastgeber waren ihr sicher.

“Wir haben nur... eine schöne Zeit gehabt und möglicherweise... ein bisschen rum geknutscht.“

Sie drehte ihre Gabel zwischen den Fingern.

“Aber ich war verantwortungsbewusst genug, es nicht zu mehr kommen zu lassen! Noch nicht...“

Und bevor sie mehr sagen konnte oder gar musste, stopfte sie sich eilig eine ganze Ladung Frikassee in den Mund. Sie kannte Cloé und ihre Methoden. Das hier würde ein Verhör werden. Erst würde Noa ihr Geständnis ablegen müssen, dann würde die Staatsanwaltschaft ihre Motive beleuchten und schließlich würde Cloé ungefragt ihr Urteil verkünden. Noas Blick traf Jespers. Er hatte jetzt schon Mitleid mit ihr. Fragend nickte er in Richtung der Weinflasche, die zwischen ihnen stand. Ja, gute Idee. Das hier würde Noa nur mit Hilfe von Alkohol überstehen können.

- Coruscant – City – Cloés und Jespers Wohnung – Mit Cloé und Jesper -
 
- Coruscant – City – Cloés und Jespers Wohnung – Mit Cloé und Jesper -

Krisensitzung. Die Diskussionsrunde war umgezogen von dem geräumigen Esstisch, an dem sie das Abendessen eingenommen hatten, zu der gemütlichen Sitzgruppe, die sich um einen kleinen runden Couchtisch formierte. Cloé und Jesper hatten es sich nebeneinander auf der Couch bequem gemacht, Noa lümmelte ihnen gegenüber in einem Sessel. Sie hatte ihnen alles, aber auch wirklich alles über Cris und sich erzählt: wie es angefangen hatte, wie sie sich an Bord der „Empress“ gestritten hatten und wie sie zusammen im Hotel zu Abend gegessen hatten, ein Date das in seiner Gesamtheit eher mittelmäßig gewesen war. Danach aber war es bergauf und dann für kurze Zeit noch einmal bergab gegangen, bevor sie sich entschieden hatten, die verbleibende Zeit der Zweisamkeit doch noch zu genießen. Cloé hatte versucht, während des ganzen bisherigen Gesprächs ein neutrales Gesicht zu machen und keine vorschnellen Kommentare in irgendeine Richtung abzufeuern, so lange sie nicht alles gehört hatte. Im Großen und Ganzen, bis auf wenige Aussetzer, war ihr das sogar gelungen. Trotzdem wusste Noa anhand Cloés leicht angespannter Mundwinkel zu deuten, dass ihre Schwester die Essenz ihrer Geschichte nicht befürwortete.

„Du hast dich Hals über Kopf verliebt.“

Stellte Cloé schließlich fest.

„Ich wusste, dass das passieren würde.“

Eine Pause folgte. Stimmte das so wirklich? Hatte sie sich in Cris verliebt, so richtig mit allem drum und dran? Noa zuckte mit den Schultern. Sie hatte versucht so realistisch wie möglich zu bleiben und keine zu großen Gefühle zuzulassen, weil sie wusste, dass die Chancen auf eine gemeinsame Zukunft, wie auch immer diese aussehen sollte, einfach nicht besonders groß waren. Sie hatte sich die Enttäuschung ersparen wollen.

“Ich bin nicht sicher.“

Gestand sie daher.

„Ich aber.“

Cloé zeigte ein Lächeln, das eine Mischung aus Verständnis und Mitleid war.

„Es ist doch immer so mit dir. Du verliebst dich zu leicht.“

“Aber diesmal ist es anders.“

Wehrte sich Noa.

“Ich bin wirklich erwachsen an die Sache heran gegangen, gerade weil ich wusste, dass es schwierig werden würde.“

„Und trotzdem hat dich das am Ende nicht davon abgehalten, mit ihm rumzumachen.“

Warf Cloé ein.

“Wir haben uns nur geküsst. Mehr nicht.“

„Ein Fortschritt, immerhin.“

Sie sagte es ernst und meinte es auch so, doch diesmal lächelte Cloé ehrlich warmherzig.

„Ich mache mir einfach nur Sorgen um dich. Das weißt du, oder?“

Fragte sie. Noa nickte. Natürlich wusste sie das. Es war Cloés Art, sich um alles und jeden zu kümmern, in erster Linie um ihre Familie. Wenn sie gegenüber etwas oder jemandem Bedenken hatte, dann sagte sie dies ehrlich und von vorn herein, um dem anderen Enttäuschungen zu ersparen oder ihn vor Fehlern zu bewahren.Noa liebte ihre Schwester für diese fürsorgliche Art. Sie tat die selben Dinge, die auch ihre Mutter getan hätte. Eines Tages, dachte sie, würde Cloé selbst eine gute Mutter sein.

“Ja, ich weiß.“

Antwortete sie schließlich.

“Und ich weiß auch, dass die Zeichen für Cris und mich nicht besonders gut stehen.“

„Ihr lebt auf unterschiedlichen Planeten, in unterschiedlichen Systemen, unter unterschiedlichen Regierungen. Zur Zeit jedenfalls.“

Fasste Cloé die Schwierigkeiten noch einmal zusammen.

„Du sagst, er kann praktisch überall hin versetzt werden.“

Noa nickte.

“Als ich abgereist bin, wusste er noch nicht, wie sein neuer Auftrag lauten würde. Er war ja versetzt worden.“

Es war nicht einmal so, dass Cris wirklich fest auf einem anderen Planeten lebte. Als Agent konnte er genau so gut ständig auf verschiedenen Einsätzen unterwegs sein, zumindest war das wohl bisher so gewesen.Sollte man ihm nach seiner Degradierung tatsächlich einen schnöden Schreibtischjob zuweisen, sähe das natürlich anders aus, aber selbst dann war er noch immer Lichtjahre von ihr entfernt und nicht auf Coruscant, wo Noa ihre Lebensbasis hatte. Sie dachte an das, was Shana geschrieben hatte. Eine Beziehung, die nur daraus bestand, Nachrichten auszutauschen und sich über Holo-Verbindungen zu „sehen“, war keine wirkliche Beziehung, jedenfalls nicht auf Dauer. Es war etwas anderes, wenn man schon lange fest zusammen war, sich liebte und vertraute und dann für einen gewissen, aber absehbaren Zeitraum getrennt wurde. Wenn man bereits eine starke Grundbasis miteinander aufgebaut hatte, konnte man diese Distanz überstehen, doch wenn man sich gerade erst kennen gelernt hatte? Unmöglich.

“Also, was denkst du?“

Fragte Noa schließlich tapfer. Sie wollte wissen, was Cloé ihr riet oder was sie selbst tun würde. Wie auch immer diese Antwort ausfallen würde, vielleicht würde es ihr helfen. Spekulativ sah ihre Zwillingsschwester sie an.

„Ich denke, dass Cris Sheldon es ziemlich ernst mit dir meint.“

Sagte sie und deutete auf die Halskette, die Cris Noa geschenkt hatte und die nun auf dem Tisch zwischen ihnen lag, wo Cloé sie abgelegt hatte, nachdem Noa sie abgezogen hatte, um ihre Schwestesr das Schmuckstück genauer begutachten zu lassen.

„Sonst hätte er dir niemals so ein teures Geschenk gemacht.“

“Aber?“

„Aber auch das ändert die Umstände nicht. Ich glaube nicht, dass du eine Fernbeziehung willst. Oder?“

Sie sah Noa an, ihr Blick hart und voller Wahrheit. Noa legte den Kopf gegen die Lehne des Sessels, in dem sie saß.

“Nein.“

Antwortete sie leise. Nein, sie wollte keine Fernbeziehung. Sie wollte einen Mann, der bei ihr war, den sie berühren und sehen konnte wann sie wollte und der ihr das Gefühl gab, Teil von etwas zu sein. Dieses Gefühl würde sie nicht haben, wenn sie alleine auf Coruscant war.

„Ich bin nur ungern diejenige, die es dir sagt, Noa.“

Man konnte Cloé ansehen, dass es ihr wirklich schwer fiel, dies auszusprechen.

„Aber ich muss es sagen. Das zwischen dir und Sheldon... wird nicht funktionieren. Wenn ich du wäre, würde ich versuchen, mich damit abzufinden.“

Noas Herz sank. Welche Argumente, fragte sie sich, konnte sie noch bringen, wenn ihr eigener Verstand allen Argumenten, die gegen Cris Sheldon sprachen, zustimmte? Fragend und mit einem letzten Schimmer von Hoffnung sah sie in Jespers Richtung. Verneinend schüttelte der Lebensgefährte ihrer Schwester den Kopf.

„Tut mir Leid, Noa. Ich sehe das wie Cloé. Das hat keine Zukunft.“

Beantwortete er ihre stumme Frage und hatte damit alles gesagt, was Noa an diesem Abend noch zu hören ertragen konnte. Sie hatten Recht, beide, und im Prinzip hatte Noa das auch schon vorher gewusst. Es war einer der Gründe, warum sie einen Besuch bei ihrer Schwester überhaupt erst hatte aufschieben wollen. Tagsüber hatte sie gearbeitet und es geschafft, sich abzulenken. Jetzt war sie nur noch traurig.

- Coruscant – City – Cloés und Jespers Wohnung – Mit Cloé und Jesper -
 
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