Fresia (Fre'ji-System)

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel – Mit Exodus und Mon Calamari –

“Nein!“

Schlug die Antwort des Mon Calamaris auf Giselle nieder. Seine volle Stimme war lauter, als die Vahla erwartet hatte.

“Haben alles gesagt! Mutsullu nen’pajak!“

Einigungen und Mittelwege konnten immer dann erzielt und gefunden werden, wenn man vernünftig miteinander sprach und bereit war sich auf die Argumente und Sichtweisen seines Gegenübers einzulassen. Wichtig war auch, dass man ruhig blieb und sich in Gelassenheit übte. Gelassenheit und Verständnis waren zwei wichtige Eckpfeiler auf der Suche nach Lösungen, doch beides vermisste Giselle in diesem Augenblick schmerzlich. Womöglich war es einfach bereits zu spät für die Mon Calamari. Sie hatten sich in Verständnis geübt, während sie das Treiben der Wingston Corporation aus der Ferne beobachtet hatte, doch inzwischen hatten die Eindringlinge mehrere Grenzen überschritten und die Zeit des Handelns war gekommen.

“Bitte.“

Versuchte es Giselle noch einmal, warf einen Blick zu Exodus hinüber und durchquerte das inzwischen nicht mehr sehr tiefe Wasser, indem sie noch immer standen um zu den Mon Calamari, die vor ihnen am Ufer standen, aufzuschließen. Instinktiv bewegten sich die drei Nichtmenschen drei Schritte zurück, als Exodus und Giselle aus dem Wasser stiegen. Wasser floss in kleinen Bächen von ihrer Kleidung. Beide, Giselle und Exodus, waren triefend nass.

“Einige unserer Männer haben einen eurer heiligen Orte entweiht.“

Gestand Giselle offen ein. Der dünne Stoff ihrer Tunika klebte unangenehm nass an ihr, wie eine zweite Haut.

“Das war falsch. Ich verstehe, dass wir uns Schuld aufgeladen haben und wir dies nicht wieder gut machen können. Auch Worte können uns diese Schuld nicht nehmen. Wir haben…“

“Ende! Mutsullu nen’pajak! Os’ka-wand-scha.“

Mitten im Satz abgeschnitten hielt Giselle inne. Die Mon Calamari hatten sich einander zugewandt und begonnen, sich lautstark in ihrer Sprache zu unterhalten. So schnell und scheinbar aufgebracht wie sie sprachen, fiel es Giselle schwer, einzelne Worte aufzuschnappen. Etwas hilflos wandte sie ihren Blick in Exodus‘ Richtung. Er hatte ihr zwar sein Vertrauen zugesprochen, doch inzwischen hatte sie das ungute Gefühl, ihn enttäuschen zu müssen.

“Das sieht nicht gut aus…“

Raunte sie ihm zu, als sich im nächsten Moment auch schon die Speere der Nichtmenschen unverhohlen in die Richtung des Vizepräsidenten und seiner Assistentin richteten. Hastig ob Giselle die Hände – abwehrend und um zu signalisieren, dass sie keine bösen Absichten hegten. Die Waffen blieben jedoch auf sie gerichtet. Worte, die sie wiederum nicht verstand, wurden zwischen den einheimischen Inselbewohnern ausgetauscht.

“Verschwinden von hier!“

Forderte der Mon Calamari mit dem weißen Strich auf der Stirn sie auf und für einen kurzen Moment deutete er mit der Speerspitze hinaus in den Dschungel, in die ungefähre Richtung, aus der Exodus und Giselle gekommen waren und in der sich ihr Camp befand.

“Hier nicht länger Platz für Euch!“

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel – Mit Exodus und Mon Calamari –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel | mit Giselle und Mon Calamari ]

Die Stimmung der Mon Calamari hätte finsterer kaum sein können. Sie redeten in einer Sprache, die Exodus nicht verstand, doch die Brocken an Basic und das wilde Fuchteln ihrer Speere reichten aus, um ihm ihre Haltung überdeutlich zu vermitteln. Sie waren hier unerwünscht und auch eine Entschuldigung – um die sich Giselle redlich bemühte – wollten die Mon Calamari nicht hören. Exodus verschränkte die Arme vor der Brust, wohlwissend, dass er damit auch keine Offenheit zu Gesprächen mehr signalisierte. Aber was wollten sie denn auch? Die Regierung von Fresia hatte der Wingston Corporation erlaubt auf Fingers Mark ihr Lager aufzubauen und in den Meeren nach Lumium zu graben. Wenn die Mon Calamari sich nicht an diese Regierung und ihre Richtlinien hielten, dann waren sie doch die Wilden – sie waren die Gesetzlosen. Giselles Raunen in seine Richtung unterstrich Exodus‘ Entscheidung, mit diesen Typen nicht weiter seine Zeit zu verschwenden. Sollten sie doch mit ihren Speeren auf sie zeigen. Der Clan würde sich über kurz oder lang mit der Situation arrangieren müssen. Alles was sie tun konnten, war, eine Entschuldigung anzubieten und die Nautolaner darauf zu schulen, sensibler mit potentiell heiligen Stätten des Ur-Volks umzugehen.

„In Ordnung.“

sagte Exodus schließlich in scharfem Tonfall und als Erwiderung auf die Forderung der Mon Calamari.

„Wir verschwinden von hier.“

Aber nicht ohne seine Schuhe! Sein letztes Paar hatte er, gepackt von einem Anfall an Heiterkeit, tief ins Gras hinab geschmissen – und irgendwo hier mussten sie jetzt noch liegen. Er würde sich die Zeit nehmen, nach ihnen zu suchen, Mon Calamari hin oder her.

„Nur eins habe ich noch zu erledigen.“

Die vermutete Position seiner Schuhe lag ärgerlicherweise schräg hinter den Mon Calamari. Sie mussten das Trio passieren, um sich dort genauer umsehen zu können. Entschlossen machte Exodus einen Schritt nach vorn, um an den drei Kriegern vorbei zu kommen. Nur den Bruchteil einer Sekunde später, drückte die Spitze eines Speeres gegen seine Brust. Der Träger der Waffe blinzelte ihn grimmig an. Exodus war versucht die Augen zu verdrehen.

„Hey, hey – keine Panik.“

Er drehte seinen Kopf zu Giselle herum, die noch etwas unschlüssig die Szenerie zu beobachten schien. Kurzerhand griff er nach ihrer Hand, so schnell, dass sie sich ihm nicht entziehen konnte, langte dann sachte nach der Speerspitze und drückte sie von sich weg.

„Ich suche nur meine Schuhe. Ist nämlich mein letztes Paar …“

grummelte er mit zusammengekniffenen Augen. Gleichzeitig griff er instinktiv in der Macht voraus und sendete einen stummen, aber kräftigen Impuls in Richtung der Mon Calamari. Er berührte ihre Geister nur kurz, doch es reichte aus, um sie einen Schritt zurückweichen zu lassen - ehrfürchtig und erschrocken. Sein Blick streifte sie nur noch kurz, doch in der Macht lauerte er weiterhin nach den Dreien. Vielleicht war das etwas zu viel des Guten gewesen, doch er hatte immerhin Giselle bei sich und ihr versprochen, sie zu beschützen. Und außerdem wollte er sich von diesen Fischgesichtern mit ihren primitiven Speeren nicht um seine Schuhe bringen lassen. Nicht sein letztes Paar!
Seine Hand umschloss Giselles immer noch, als er sie von den Mon Calamari weg, in den Dschungel zog. Die drei folgten ihnen nicht mehr. Also war sein Abschreckungsmanöver wirkungsvoll gewesen. Blieb bloß zu hoffen, dass Giselle das plötzliche Zurückweichen der Nichtmenschen nicht allzu sehr hinterfragte. Wortlos suchte er mit den Augen den Boden ab. Irgendwo hier mussten sie doch sein …


„Ah!“

machte er plötzlich in einem Ausruf an Zufriedenheit. Er entließ Giselles Hand aus seinem festen Griff, langte nach dem Paar fester Schuhe am Dschungelboden und hielt es wie eine Trophäe hoch vor ihre Augen.

„Wäre ja noch schöner gewesen, wenn ich die hier jetzt hätte aufgeben müssen.“

Nachdenklich senkte er seinen Blick erneut zu Boden. Den Zwischenfall mit den Mon Calamari wollte er vorerst nicht kommentieren. Sie würden noch früh genug dazu kommen, darüber zu sprechen.. Natürlich gab es Redebedarf – aber für den Moment hatte Exodus die Schnauze voll von diesen undiplomatischen, wilden, aggressiven, angemalten Typen. Er zwang sich zu einem winzigen Lächeln.

„Deine dürften auch nicht weit sein.“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel | mit Giselle ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel – Mit Exodus -

Es blieb Giselle nichts anderes übrig, als sich von Exodus mitziehen zu lassen. Er schob sich an den Mon Calamari vorbei und Giselle folgte ihm. Er drückte den Speer bei Seite, mit dem einer der Mon Calamari ihn bedrohte. Giselle folgte ihm. Die Einheimischen wichen vor ihm zurück. Unschlüssig, ob es richtig war, jetzt aufzugeben, sah Giselle sich noch einmal um,während Exodus Wingston sie weiter zog. Ihr Unterfangen war gescheitert. Sie hatten nicht erklären können, dass sie keine bösen Absichten verfolgten und ihnen der Zwischenfall mit den Nautolanern Leid tat. Die Mon Calamari hatten nicht zuhören wollen und die Zeit für Erklärungen war vorbei. Giselle sah zu, wie Exodus seine Schuhe aus dem hohen Gras heraus fischte. Er machte einen entspannten, fast belustigten Eindruck – oder täuschte das nur?

“Was machen wir jetzt?“

Fragte Giselle, ohne Anstalten zu machen, nach ihren eigenen Schuhen Ausschau zu halten.

“Ich habe nicht das Gefühl, dass wir auch nur irgendetwas verbessert hätten.“

Zweifelnd und mit einem leisen Schuldgefühl sah sie Exodus an. Sie hatte ihren Job heute nicht wirklich erfüllt. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, die Wogen zu glätten und den Mon Calamari beizubringen, dass sie einander nicht als Feinde sehen mussten, doch nichts davon war ihr gelungen. Die Vahla spähte hinüber zu der Stelle, wo sie vorhin noch aus dem Wasser gekommen und den Einheimischen gegenüber gestanden hatten. Die Mon Cal waren noch da und warteten darauf, dass Exodus und Giselle verschwanden. Erst wenn sie beide außer Sichtweite waren, würden auch sie wieder zurück zu ihrem Lager gehen.

“Vielleicht müssen wir es doch mit einem Geschenk versuchen...“

Überlegte Giselle laut, ein Gedanke der ursprünglich von Exodus stammte und den sie jetzt wieder aufgriff. Alles war besser als überhaupt nichts zu tun.

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel – Mit Exodus -
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel | mit Giselle und Mon Calamari ]

Exodus konnte Giselles Frust verstehen. Sie waren den Mon Calamari mit einem hohen Ziel gefolgt und er hatte zuvor große Reden geschwungen und seiner Assistentin attestiert, dass es ihr auf jeden Fall gelingen würde, die Ureinwohner zu besänftigen. Vielleicht hatte er damit zu großen Druck aufgebaut, vielleicht ging es auch von der Vahla selbst aus. Am Ergebnis änderte es jedoch nichts: Sie würden hier und heute keinen Erfolg mehr haben. Es gab nur eine sinnvolle Möglichkeit:

„Wir gehen zurück zum Camp.“

beantwortete Exodus ihre Frage nach dem weiteren Vorgehen. In seine Stimme mischte sich ein Hauch seines üblichen Befehlstonfalls.

„Dort werden wir mit den Nautolanern reden. Wir werden ihnen sagen: ‚Das war eine heilige Stätte der Mon Calamari, die ihr dort betreten habt. Bleibt in Zukunft fern davon.‘ Und dann werden wir weitermachen wie bisher. Ich glaube nicht, dass Geschenke noch etwas bewirken können.“

Seine Assistentin schien wenig überzeugt. Die Zweifel standen ihr ins Gesicht geschrieben und ihre Aura flackerte unruhig in der Macht. Exodus runzelte die Stirn und musterte sie, während ihr Blick immer wieder zu den wartenden Mon Calamari wanderte. Er musste es energischer versuchen.

„Giselle! Diese Typen wollen nicht mit uns reden. Sie wollen keine Entschuldigungen hören und sie wollen keine Geschenke von uns bekommen. Aber das ist nicht unsere Schuld. Sie sind das Problem!“

Ungeduldig verschränkte er die Arme vor der Brust.

„Sie haben sich ihre Meinung doch schon längst gebildet – und sind nicht bereit, sie noch einmal zu überdenken. So etwas kommt vor, unter allen Völkern. Vorurteile bilden das Fundament vieler Meinungen – und vieler Konflikte.“

Dieses Problem begegnete ihm selbst immer wieder. Exodus Wingston, der Sith-Executor. Das war er in den Köpfen vieler Lebewesen. Exodus Wingston, der Geschäftsmann, Exodus Wingston, der Vater – diese Bilder begegneten ihm nur selten. Er musste sich erarbeiten, auf diese Weise gesehen zu werden. Oder seine Identität gar nicht erst offenbaren, so wie bei Giselle. Aber auch dann würde unweigerlich der Punkt kommen, an dem seine Vergangenheit aufgedeckt wurde. Ihm entfuhr ein leises Seufzen und er löste seine Arme aus der Verschränkung. Er schlug einen versöhnlichen Tonfall an.

„Lass uns gehen.“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel | mit Giselle und Mon Calamari ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Dschungel – Mit Exodus -

Leicht widerwillig setzte sich Giselle in Bewegung, um Exodus Aufruf zu folgen und zurück zum Camp zu gehen. Einer ihrer Schuhe lag neben einem Busch auf dem Boden, den anderen fand sie einige Schritte weiter. Es fiel ihr schwer, erfolglos zurück zu kehren. Zwar hatte sie gewusst, dass es nicht einfach werden würde, doch so wie die Situation sich entwickelt hatte, hätte sie es nicht erwartet.

“Ich bin nicht zufrieden damit, nichts mehr zu tun.“

Gab sie zu, als sie sich auf den Rückweg machten und den See hinter sich ließen. Exodus' Entscheidung zu gehen, hatte endgültig geklungen. Die Stimmung bei ihm, sowie bei Giselle, war gedrückt.

“Es kann nicht richtig sein. Nach dem, was heute geschehen ist, werden sie uns nicht weiter tolerieren.“

Sagte sie und versuchte damit, Exodus ins Gewissen zu reden. Einfach so weiter zu machen wie bisher war für Giselle keine Option. Sie hatten gesehen, was geschehen konnte, wenn sie zu gedankenlos waren. Das Verhalten der Mon Calamari hatte sich im Laufe der Zeit, die sie jetzt hier waren, gesteigert: sie waren von stummen Beobachtern zu umweltschützenden Protestanten geworden, die ihren Standpunkt verbal vertraten und hatten sich schließlich zu Kriegern entwickelt, die ihre Heimat und ihre Kultur mit Fäusten und Waffen verteidigten. Es würde nicht das letzte Mal gewesen sein, egal, wie sehr Exodus seinen Männern ins Gewissen reden würde. Sie würden wieder einander geraten, wenn sie nichts unternahmen, um die Situation zu entschärfen

“Wir müssen uns mehr bemühen.“

Beharrte sie. Der Dschungel vor ihnen verdichtete sich, das Rauschen des Wasserfalls war längst verklungen. Giselle ließ sich hinter Exodus zurückfallen, um sich an den wuchernden Gewächsen und Bäumen vorbei zu schlängeln. Das Gras unter ihren nackten Füßen war weich, während sie ihre Sandalen in ihre Umhängetasche gestopft hatte. Ihre bis auf die Haut durchnässte, noch enger als sonst anliegende Hose gab bei jedem Schritt einen leise quietschenden Laut von sich. Aber was konnten sie tun, um die Mon Calamari umzustimmen? Im Augenblick lehnte Exodus es ab, ihnen überhaupt noch einmal entgegen zu kommen, doch das konnte sich wieder ändern. Bestimmt mussten sie einfach nur eine Nacht darüber schlafen.

Es dauerte lange, bis sie wieder zurück im Camp waren, zumindest kam die Zeit Giselle länger vor als auf dem Hinweg. Vielleicht hatte sie nur den Eindruck, weil sie nicht viel miteinander sprachen, vielleicht war die Route, die sie diesmal nahmen, auch tatsächlich länger. Einige Male mussten sie sich erst zurecht finden und der Wald, durch den sie sich hindurch schlugen, war mitunter so dicht bewachsen, dass es schwierig war, sich einen Weg durch die Sträucher zu bahnen. Giselle war sehr erleichtert, als der Strand und bald darauf auch das Camp in Sicht kamen. Neugierige Blicke folgten dem Projektleiter und seiner Assistentin, als sie mit noch immer nassen Kleidern, aber inzwischen durch die Luft getrockneten Haaren im Lager ankamen. Hier trennten sich ihre Wege vorerst und auch wenn es Giselle Leid tat, dass eine leicht angespannte Stimmung zwischen ihnen zurück blieb, war sie froh, ein wenig Zeit für sich zu haben. Sie zog sich zuerst etwas Trockenes an und zog sich dann zurück ins Verwaltungszelt, während Exodus sein Vorhaben in die Tat umsetzte und den Nautolanern ins Gewissen redete. Ob dies etwas bringen würde, war fraglich. Niemand von ihnen, am allerwenigsten Jak, hatte die Heiligenstätte der Mon Calamari mit Absicht entweiht. Es war ein unglücklicher Zufall gewesen, dass sie auf diesen Ort gestoßen waren und niemand von ihnen hatte wissen können, dass die Einheimischen dort ihre Toten verbrannten. So etwas konnte immer und immer wieder geschehen.

Als der Abend anbrach, bereitete sich die zweite Schicht darauf vor, hinaus zu Big Pearl zu fahren, um die dort arbeitenden Kollegen abzulösen. Unter ihnen war Jak, doch seine Verletzungen waren noch frisch und das Bacta benötigte noch Zeit um zu wirken. Giselle strich seinen Namen aus der aktuellen Einteilung und hielt ihn an, sich auszuruhen. Gemeinsam saßen sie vor seinem Zelt, als der Duft des angerichteten Essens zu ihnen hinüber zog und sich die übliche, gemütliche Stimmung über das Lager legte, wie immer um diese späte Zeit des Tages.


“Tut es noch weh?“

Wollte Giselle wissen, während Jak einen großen Löffel in seinem Suppenteller kreisen ließ. Noch immer bedeckte ein Bactapflaster sein rechtes Auge, doch wenn sie Jak schräg von unten ansah konnte sie sehen, wie sich seine Haut darunter leicht begonnen hatte zu verfärben.

“Ein bisschen, aber ist halb so wild.“

Gab er den tapfern Krieger.

“Ist nicht das erste Mal, dass mir jemand eine rein gehauen hat.“

Mit der Andeutung eines Lächelns nickte Giselle.

“Dann ist ja gut.“ Erwiderte sie. “Sei trotzdem das nächste Mal vorsichtig. Die Quelle, die ihr gefunden habt, war leider mehr als nur das.“

“Ja, ich weiß.“

Der Nautolaner hatte seine Sitzposition verändert und begann, seinen Suppenteller in beeindruckender Geschwindigkeit auszulöffeln.

“Dein Mr. Wingston ist vorhin schon rum gegangen und hat Ansagen gemacht.“

“Mein Mr. Wingston?“

Amüsiert, aber auch überrascht über diese Formulierung hob Giselle die Augenbrauen. Jak zeigte ein großes Grinsen, ließ sich jedoch nicht von seinem Essen ablenken.

“Na klar, ist er doch, oder nicht?“

Für einen Moment sagte Giselle nichts. Sie erinnerte sich gut an das Gespräch, das sie mit Sou und Zera geführt hatte, nachdem sie und Exodus während des Sturms draußen im Dschungel gewesen waren. Auch die beiden Frauen hatten Andeutungen gemacht, die darauf abzielten, dass zwischen Exodus und Giselle mehr lief als ein bloßes Arbeitgeber-Angestellten-Verhältnis.

“Hmmm, nein, eigentlich nicht.“

Machte Giselle, fast nachdenklich und schüttelte den Kopf.

“Nein, ist er nicht. Aber wenn selbst du schon so weit bist, mich direkt darauf anzusprechen...“

“Gis, jeder spricht darüber.“

Jak sah sie an. Es war genau das, was sie nicht gewollt hatte, als Sou und Zera zum ersten Mal entsprechende Bemerkungen gemacht hatten.

“Ist ja auch fast schon vorhersehbar. Er und du... und wir anderen alle Nautolaner.“

Jak grinste und hob eine Schulter.

“Du hättest mich schon schwer enttäuscht, wenn du dich auf jemanden wie Fleetfire eingelassen hättest.“

Scherzte er. Giselle sagte nichts. Es wäre eine Lüge abzustreiten, dass Exodus Wingston ihr nicht gefiel. Doch das alleine war nicht, was Jak ihr unterstelte. Er glaubte – das ganze Camp schien zu glauben – dass zwischen ihnen bereits etwas lief. Sie verbrachten viel Zeit miteinander und sie verstanden sich gut. Beides war offensichtlich. Die Wahrheit war aber auch, dass es zu mehr als einem freundschaftlichen Verhältnis und belanglosen Flirts bisher nicht gekommen war.

“Außerdem weiß eh jeder, dass Wingston nichts anbrennen lässt... ich mein, das hast du sicher auch gehört, oder?“

Fragend, und plötzlich auch etwas vorsichtiger werdend, sah Jak Giselle ein. Die Vahla schüttelte den Kopf.

“Nein, habe ich nicht. Wo sollte ich so etwas hören?“

Fragte sie zurück und ihre Gedanken wanderten zurück zu jenem Abend, als sie Exodus Wingston kennen gelernt hatte. Er hatte behauptet, mit einer anderen Frau verabredet gewesen zu sein, die ihn hatte sitzen lassen weil er seine Augen nicht von der Tänzerin auf der Bühne hatte wenden können. Diese Tänzerin war Giselle gewesen und Exodus ein Draufgänger, der um ihre Gunst gebuhlt hatte.

“Die meisten von uns arbeiten hier zum ersten Mal für die Wingston Corporation.“

Mit einem schabenden Geräusch kratzte Jak die letzten Reste aus seinem Teller und stellte ihn dann neben seine Füße im Sand ab.

“Aber wir kommen nicht alle direkt von Glee Anselm. Nico war schon vorher auf Coruscant bei denen angestellt. Goarland hatte ihm angeboten mit hierher zu kommen und er hat's dann gemacht. Jedenfalls ist Wingston auf Coruscant wohl auch mit der ein oder anderen Angestellten im Bett gewesen. Da ist es nicht anders als hier: solche Geschichten machen schnell die Runde.“

Jak hatte sich zurück gelehnt. Gemeinsam saßen sie nebeneinander im Sand. Der Nautolaner hatte die Ellbogen im Sand abgestützt und schaute aufs Meer hinaus. Giselle saß im Schneidersitz und ließ Sand durch ihre Finger rinnen. Sie wusste, dass er ihr diese Dinge nicht nur erzählte, um den neuesten Klatsch und Tratsch mit ihr zu teilen. Jak verhielt sich wie ein echter Freund: er teilte ihr mit, was er wusste, versuchte ihr seine Bedenken zu vermitteln, ohne sie direkt als solche zu formulieren und überließ ihr die Entscheidung, was sie daraus machte. Äußerlich ruhig, wanderten Giselles Gedanken zurück zu ihrem Gespräch mit Exodus, als er ihr erzählt hatte, dass seine Frau sich von ihm getrennt hatte. Vielleicht hatte er Giselle nicht alles erzählt und seine Yuna betrogen. Vielleicht auch nicht.

“Die Leute reden mehr, als gut für sie ist.“

Sagte sie schließlich, wischte sich den Sand von den Händen und stand auf.

“Und er ist nicht mein Mr. Wingston.“

Jak, der noch immer saß, schaute zu ihr auf.

“Natürlich nicht.“

Erwiderte er bestätigend, doch Giselle konnte nicht sagen, ob er ihr glaubte oder nicht.

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Jak -
 
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[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp ]

„Niemals ist Bic Garoon ein besserer Spieler als Darius Ruellis!“

Exodus gestikulierte wild protestierend mit den Armen und fegte dabei beinahe seinen Frühstücksteller vom Tisch. Dan’el saß ihm gegenüber und schmunzelte. Es war ein seltener Anblick. In der Regel war der Pilot ein ernster Zeitgenosse und selten für Späße zu haben. Aber seit die beiden Männer entdeckt hatten, dass sie seit ihrer Kindheit gleichermaßen für Grav-Ball schwärmten und gemeinsam darüber fachsimpeln konnten, taute Dan’el langsam auf. Die Mahlzeiten mit dem ruhigen Piloten einzunehmen, war für Exodus schon fast zur Routine geworden und er war froh um dieses neue Gesprächsthema. Dan’el selbst war in der Gruppe nur lose integriert und spürte entsprechend wenig Verpflichtungen, sich zu den anderen zu setzen. Vermutlich war er dem Rest der Truppe zu verschlossen und starr in seiner tief in ihm verwurzelten militärischen Denkweise. Wenn es um Grav-Ball ging, lösten sich diese Strukturen allerdings langsam auf. Er schien sogar die Scheu abzulegen, seinem Chef und Vorgesetzten zu widersprechen. Das Schmunzeln lag noch immer auf seinen Lippen.

„Sir, die Zahlen sprechen einfach gegen Ruellis. Garoon erzielt mehr Tore, er hat einen härteren Wurf, seine Zweikampfwerte sind besser. Sie sind die besten der ganzen Kernwelten. Da ist für Ruellis nichts zu holen.“

„Ach, Zahlen!“

echauffierte sich Exodus erneut.

„Garoon mag ein guter Scorer sein, aber ihm fehlt eine wichtige Eigenschaft: Er kann ein Team nicht führen. Ruellis kann das. Er liest das Spiel, er trifft die richtigen taktischen Entscheidungen – er kann sein Team zum Sieg führen, ohne selbst viele Tore erzielen zu müssen. Er ist ein Drahtzieher, aus der Tiefe heraus.“

Vor Exodus‘ innerem Auge schwebten die beiden Spieler durch ein imaginäres Grav-Ball-Feld. Garoon, der stämmige Trandoshaner mit seinem starken Wurf und Ruellis, der drahtige Chiss mit dem guten Spielüberblick, den Exodus‘ für den besten Spieler der Kernwelten hielt. Wenn er Garoon spielen sah, beschlich ihn manchmal das Gefühl, dass er seine Würfe mit der Macht verstärkte – so hart waren sie. Und vielleicht entsprach das ja sogar der Wahrheit. Vielleicht war Garoon ein bisher unentdeckter Machtsensitiver, auch wenn er sein vermeintlich verborgenes Talent vorzüglich einsetzen konnte. Aber ein starker Wurf war nicht alles beim Grav-Ball, auch wenn Dan’el das nicht einsehen wollte.

„Alle Experten sehen Garoon als den besseren Spieler an. Die Wettbüros setzen auch auf einen Sieg seines Teams bei den CoreMasters. Ruellis ist gut – aber er ist noch nicht so weit.“

Exodus beschloss, nicht auf den versöhnlichen Versuch seines Piloten einzugehen.

„Nicht alle Experten. Ich nicht.“

beharrte er, doch er musste selbst grinsen und schüttelte dann ungläubig den Kopf über Dan’els vermeintliche Sturrheit. Sie saßen nun schon fast zwanzig Minuten hier und sprachen über den Ausgang der bald anstehenden CoreMasters und die entscheidenden Spieler des Turniers.

„Sir?“

Es war die Stimme von Taku, die Exodus seinen Kopf herumfahren und Grav-Ball für einen Moment vergessen ließ. Der Nautolaner hatte sich plötzlich neben ihrem Frühstückstisch aufgebaut und wirkte äußerlich leicht nervös, auch wenn seine Stimme Entschlossenheit demonstrierte.

„Haben Sie einen Moment Zeit?“

Es war schwer zu sagen, in welche Richtung die tiefschwarzen Augen des Nautolaners blickten, doch Exodus beschlich das Gefühl, als hätte er für einen kurzen Moment Dan’el fixiert. Als wollte er sagen: Unter vier Augen.

„Sicher.“

sagte Exodus und warf Dan’el ebenfalls einen vielsagenden Blick zu. Der Pilot schien zu verstehen, was er wollte, erhob sich, griff dann nach seinem Tablett und erklärte knapp:

„Ich bring das hier mal weg.“

Taku setzte sich dennoch nicht und blieb neben der langen Bank stehen, was auch Exodus dazu bewegte, aufzustehen und dem Nautolaner auf Augenhöhe zu begegnen.

„Um was geht es?“

„Sie haben uns doch gestern angewiesen, vorsichtiger zu sein, was die Mon Calamari betrifft.“

Exodus war es schwer gefallen, die Reaktion auf seine kleine Ansprache und Mahnung gestern einzuschätzen. Einige hatten einsichtig gewirkt, andere mürrisch. Natürlich war später noch darüber gesprochen worden, nur zu welchem Ergebnis sie gekommen waren, das konnte er nur ahnen. Andererseits war es auch hinfällig, was sie davon hielten. Es war unabdingbar für ihr Projekt, dass sie nicht weiter mit den Ureinwohnern aneinander gerieten, sondern die Ruhe bewahrten und bestmöglich Abstand hielten. Jeder weitere Konflikt raubte Zeit und Nerven.

„Ja.“

bestätigte Exodus schließlich.

„Wir haben uns etwas dazu überlegt. Wir wurden gestern angegriffen und wir sind uns sicher, dass sie ab jetzt weitere Angriffe starten werden. Jedes Mal, wenn wir in Richtung Big Pearl aufbrechen, beobachten sie uns. Sie stehen dort oben am Rande der Klippen und schauen drohend auf uns hinunter. Was ist, wenn sie nun damit beginnen uns dort anzugreifen? Wir haben keinen Schutz. Und deshalb wollen wir eine Wache einrichten. Eine kleine Gruppe von Männern, die mit modernen Waffen ausgerüstet, darauf achtet, dass den anderen nichts geschieht. Wir fühlen uns nicht mehr sicher. Gestern ist es noch glimpflich ausgegangen, aber wir haben schließlich auch Frauen in unserem Team.“

Exodus musterte seinen Mitarbeiter mit prüfendem Blick. Er war sich unschlüssig, was er davon halten sollte, doch eins war klar: Taku war es ernst mit diesem Anliegen. Vermutlich hatten die Nautolaner genau diesen Vorschlag am gestrigen Abend ausgearbeitet. Einen Schlachtplan sozusagen. Denn das war es, was sich hier gerade entwickelte: Eine Schlacht. Sie wollten Stärke gegenüber den Mon Calamari demonstrieren und Exodus konnte es sogar verstehen. Dennoch kam es ihm kontraproduktiv vor. Oder bestand tatsächlich eine ernsthafte Gefahr und er musste seinen Mitarbeitern den Schutz bieten, nach dem sie verlangten?
Ohne sich eine Reaktion anmerken zu lassen, hielt er nach Dan’el Ausschau. Er stand bei der Essensausgabe und gönnte sich gerade noch einen kleinen Snack nach dem Frühstück.


„Dan’el!“

rief er zu dem in Hörweite befindlichen Piloten. Der stämmige Mensch sah augenblicklich zu ihm hinüber, kaute seinen Snack eilig zu Ende und warf ihm gleichzeitig einen fragenden Blick zu.

„Können Sie Giselle suchen und ihr ausrichten, dass ich sie gerne sehen würde?“

Dan’el nickte pflichtbewusst und machte sich auf den Weg. Giselle wäre die richtige, um ihm in dieser Hinsicht einen guten Rat zu geben. Sie kannte sowohl die Nautolaner, als auch die Mon Calamari besser als er selbst. An Taku gewandt, erklärte er nur knapp:

„Ich würde in dieser Angelegenheit gerne die Meinung von Giselle hören.“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp ]
 
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– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Versorgungszelt -

Es war eine lange Nacht gewesen für Giselle. Sie hatte noch lange draußen gesessen, auch als alle anderen schon längst in ihren Zelten verschwunden gewesen waren. Die Begegnung mit den Mon Calamari im Dschungel hatte sie beschäftigt. Immer wieder hatte sie die Szene bei dem Wasserfall in ihrem Kopf abspielen lassen, wie bei einem Holofilm, den man in einer endlosen Schleife laufen ließ. Es ließ ihr keine Ruhe, wie sie mit den Eingeborenen auseinander gegangen waren. Es hatte keine Einigung gegeben, kein klärendes Gespräch, keine Lösung. Exodus wollte einfach so weiter machen wie bisher. Aber das war nicht richtig. Es führte zu nichts. Am Ende würde der Streit lediglich eskalieren. Giselle hatte angestrengt darüber nachgedacht, was sie tun konnten, während sie am Strand gesessen und den Wellen bei ihrem üblichen Spiel zugesehen hatte. Das Wasser bewegte sich in einem immer gleichmäßigen Rhythmus: vor und zurück, vor und zurück, vor und zurück. Die Wingston Corporation allerdings bewegte sich nur zurück, so jedenfalls erschien es der Vahla. Bisher war meist ein Rückschlag auf den anderen erfolgt. Der Abbau des Lumiums lief inzwischen zwar gut, um sie herum drohte sich ein Sturm zusammen zu brauen, der dieses Mal nicht den Wetterverhältnissen Fresias geschuldet war. Zu später Stunde war auch Giselle irgendwann ins Bett gegangen, nicht allerdings, ohne einen Entschluss gefasst zu haben. Am Nachmittag hatte sie versagt, doch darauf würde sie es nicht beruhen lassen. Exodus mochte Recht haben: die Mon Calamari auf Palm Island hatten sich ihr Urteil längst gebildet. Dennoch war dies kein Grund aufzugeben. Zwar wollten sie weder mit Giselle noch mit Exodus sprechen, doch sie würden jemandem ihres eigenen Volkes zuhören.

Giselle packte einen Brotlaib in ihren Rucksack und füllte einige getrocknete Teeblätter in eine kleine Dose. Sie war nach dem Aufstehen gleich zum Versorgungszelt gegangen, um sich zu nehmen, was sie brauchte. Sie hatte lange genug darüber nachgedacht und sah es inzwischen als die einzige vernünftige Lösung an: sie würde nach Rings Island aufbrechen, wo sie einen Stamm der Mon Calamari kannte, die friedlicher gesinnt waren als jene, die hier auf Palm Island lebten. Dort würde sie um Hilfe bitten. Exodus wusste bisher noch nichts von ihrem Plan und Giselle war sich auch nicht sicher, wie er darüber denken würde. Aber sie würde es wohl bald heraus finden. Im Camp herrschte bereits die übliche morgendliche Stimmung: es roch nach frischem, heißen Kaf und süßem Gebäck, das die Nautolaner so liebten und alle liefen kreuz und quer zwischen ihren Zelten und den Erfrischungsanlagen hin und her. Zum wiederholten Mal überprüfte Giselle ihren Rucksack. Sie brauchte nicht besonders viel und hatte nur so viel eingepackt, dass sie bequem laufen konnte und nicht zu viel zu tragen hatte. Der Dschungel bot reichlich Nahrung und außerdem war es warm draußen. Die Vahla hatte nur genommen, was sie draußen in der Wildnis nicht fand. Als sie dabei war ihren Rucksack zuzuschnüren, tauchte einer der beiden Piloten im Zelteingang auf. Es war Dan'el – jemand, mit dem sie überhaupt nicht gerechnet hatte.


“Oh, guten Morgen.“

Grüßte sie ihn und lächelte ihn an. Dan'el war recht wortkarg und trieb sich meist alleine herum. Ironischerweise war der einzige, mit dem er bei den Mahlzeiten zusammen saß, ausgerechnet Exodus Wingston, den alle anderen mieden weil er der Chef war.

“Morgen. Mr. Wingston sucht nach Ihnen.“

Teilte er ihr mit. Giselle nickte.

“Okay, ich komme sofort.“

Antwortete sie, steckte noch ein eine kleine Flasche Bactaspray und eine Handvoll Verbände ein und folgte ihm dann nach draußen. Exodus stand in der Nähe des Frühstücksbuffets und bei ihm war Taku. Giselles Blick ging von einem zum anderen.

“Guten Morgen..“

Sagte sie und ihr Blick war bereits fragend, als sie ihren Rucksack in den Sand stellte.

“Du wolltest mich sprechen?“

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus, Taku, Dan'el -
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Taku ]

Exodus trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. Er hatte Taku noch immer keine Antwort gegeben und er würde es auch nicht, bevor Giselle nicht ihre Meinung geäußert hatte. So standen sich der Nautolaner und sein Chef schweigend gegenüber, beide damit beschäftigt, nach Dan’el und Exodus‘ Assistentin Ausschau zu halten. Giselle spielte mittlerweile eine beträchtliche Rolle bei seiner Meinungs- und Entscheidungsbildung. Wenn sie sagen würde, dass es vernünftig war, die Nautolaner eine Wache aufstellen zu lassen, würde er ihnen die Erlaubnis dazu geben. Wenn sie dagegen war, würden sie eine andere Lösung finden müssen. Vielleicht hatte sie ja schon am gestrigen Abend etwas von den Plänen mitbekommen, als sie den Tag bei der restlichen Crew hatte ausklingen lassen …

Prinzipiell tendierte Exodus eher dazu, das Anliegen der Nautolaner abzulehnen – um die Mon Calamari nicht weiter zu provozieren und sich außerdem auf die wesentliche Arbeit zu konzentrieren – aber es konnte auch hilfreich sein, seinen Mitarbeitern in dieser Hinsicht entgegen zu kommen. Er wusste nicht, ob Taku vermutete, dass seine Gedankengänge in diese Richtung gingen. Vermutlich ahnte er aber schon eine gewisse Skepsis bei seinem Projektleiter ob dieses Plans. Andernfalls hätte Exodus ihn – so musste es zumindest wirken – nicht so lange warten lassen. Hätte er Giselle auch rufen lassen, wenn er den Plan der Nautolaner uneingeschränkt für gut befunden hätte? Vielleicht. Vielleicht nicht. Ihre Meinung wäre nicht weniger wert gewesen als jetzt, aber vermutlich wäre ihm in einem solchen Fall – wenn ihm selbst keine Zweifel gekommen wären – nicht bewusst gewesen, dass sie sich bei diesem Thema auf dünnem Eis bewegten.
Innerlich schüttelte Exodus den Kopf und warf dem Nautolaner einen knappen Blick zu. Er wünschte, Taku und die anderen Nautolaner hätten nicht diesen Plan geschmiedet, dann hätte er weiterhin entspannt mit Dan’el hier sitzen und über Grav-Ball fachsimpeln können. Das war doch um einiges unterhaltsamer als dieses gegenseitige Anschweigen.

Dann endlich erspähte er Dan’el zwischen den Zelten hervorkommen – und mit ihm Giselle. Vermutlich waren es nur wenige Minuten gewesen, die sie hatten warten müssen, gefühlt hatten sie sich allerdings eher eine viertel oder halbe Stunde angeschwiegen. Exodus‘ Blick klebte augenblicklich an Giselle. Sie trug einen Rucksack. Merkwürdig. Er folgte weiter ihren geschmeidigen Bewegungen, bis sie schließlich vor ihm stand und ihr Gepäck abstellte. Sie begrüßte ihn erwartungsvoll und dann fragte dann indirekt nach dem Grund seines Rufens.


„Guten Morgen Giselle. Vielen Dank Dan’el.“

nahm er sich die Zeit für ein freundliches Lächeln und eine Erwiderung ihres Grußes, sowie einer kurzen Verabschiedung des Piloten. Dan’el nickte knapp und entschwand wieder in Richtung der Essensausgabe.

„Es geht um folgendes: Nach den Zwischenfällen gestern fühlt sich die Crew nicht mehr sicher bei den Ausfahrten zur Bucht. Die Mon Calamari beobachten die Bucht, und alles was dort vor sich geht, schon seit einiger Zeit und jetzt – so hat Taku mir berichtet – gibt es die Befürchtung, dass die Ureinwohner auch handgreiflich werden könnten. Taku hat also die Bitte vorgetragen, eine Wache aufstellen zu dürfen.“

Das waren kurz und knapp die wichtigsten Informationen. Falls er etwas vergessen hatte, zeigte Taku hoffentlich die Courage und würde ihn entsprechend ergänzen. Exodus sah kurz zu dem Nautolaner, der allerdings nichts beizutragen hatte, und dann wieder zurück zu Giselle.

„Wie schätzt du die Mon Calamari in dieser Hinsicht ein?“

„Und wie die Nautolaner?“, schien sein fragender Blick zu ergänzen. Es war nicht nur eine Entscheidung in einem Konflikt mit Außenstehenden, sondern auch eine Entscheidung über die künftige Stimmung in der kompletten Crew. Nur – würde es eine aggressive Wache auf Dauer wirklich besser machen?

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle und Taku ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus und Taku –

“Ich halte das für keine gute Idee.“

Erwiderte Giselle ohne zu zögern. Sie sah erst Exodus an, dann Taku. Das Gesicht des Nautolaners verriet nicht viel, aber wenn er es gewesen war, der den Wunsch geäußert hatte, eine Wache aufzustellen, durfte ihm Giselle Antwort nicht sonderlich gefallen. Taku hatte schon gestern gezeigt, dass er sich schnell einschüchtern ließ. Es passte zu ihm, dass er die Initiative ergriffen und mit seinen Kollegen einen Plan geschmiedet hatte, um die Mon Calamari auf Abstand zu halten. Nur glaubte Giselle nicht, dass es helfen würde, ganz im Gegenteil.

“Wir müssen bedenken, welches Zeichen wir mit einer solchen Handlung setzen.“

Erklärte sie ihre Ablehnung.

“Bisher haben wir uns lediglich in unserer Arbeit interessiert gezeigt und beteuert, dass wir keinen Ärger machen werden. Ein Wachposten wird genau das Gegenteil vermitteln. Die Mon Calamari werden nicht denken, dass wir uns lediglich verteidigen. Sie werden denken, dass wir zum Kampf rüsten. Und wenn es ein Wachposten ist, dann ist es bis zum Zweiten nicht mehr weit, oder bis zum Dritten.“

Giselle schüttelte den Kopf. Das war nicht die Art, wie sie auftreten durften. Nicht nach gestern. Doch konnte Taku das verstehen? Wohl kaum. Er war der Erste gewesen, der gestern die Beine in die Hand genommen und davon gelaufen war. Darüber hinaus war der Angriff an der Totenstätte etwas völlig anderes gewesen. Dort hatten die Nautolaner eine Grenze überschritten. Dennoch konnte auch Giselle nicht ausschließen, dass man sie hier unten angreifen würde. Sie glaubte es nicht, hoffte es nicht, doch sicher war auch sie leider nicht. Trotzdem, sie wollte nicht auf der Seite derer stehen, die einen offenen Krieg provozierten.

“Ich glaube einfach nicht, dass es der richtige Schritt ist. Es muss einen anderen Weg geben.“

Sagte sie laut und ihr Blick fiel hinunter auf ihren Rucksack. Sie war abreisebereit, mehr oder weniger. Sie musste nur noch Exodus erklären, was sie vor hatte.

“Um genau zu sein habe ich mir bereits etwas überlegt.“

Mit einem flüchtigen Blick streifte Giselle Taku. Sie hätte lieber mit Exodus alleine gesprochen.

“Ich möchte auf eine der anderen Inseln und dort mit den Mon Calamari sprechen, mit denen ich für ein paar Wochen gelebt habe. Ich glaube, dass sie uns helfen können.“

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus und Taku –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle und Taku ]

Giselle schaffte es immer wieder, ihn wie einen absoluten Trottel dastehen zu lassen. Und er verzieh es ihr jedes Mal, so charmant war sie darin. Trotzdem kam Exodus nicht umhin, sie mit verdutztem Gesichtsausdruck anzuglotzen.

„Es gibt noch andere Mon Calamari auf Fingers Mark?!“

Das war eine Neuigkeit! Beschämt dachte er daran, dass er so etwas eigentlich hätte wissen müssen. War es vielleicht sogar in seinen Dokumenten aufgeführt gewesen? Selbst jetzt wollte ihm nicht einfallen, auf welchen der anderen Inseln von weiteren Stämmen die Rede gewesen sein könnte. Gleichzeitig fügte sich bei Giselles Worten ein Teil des großen Puzzles zusammen, das ihre Vergangenheit war. Bei ihrer ersten Begegnung in der Red Square Bar hatte ihm der Barkeeper erzählt, dass die Vahla sich mit einigen Mon Calamari angefreundet hatte. Exodus hatte das nie hinterfragt. Aber offensichtlich waren es nicht die Mon Calamari von Palm Island gewesen – andernfalls wären die Krieger gestern Giselles Worten gegenüber offener gewesen. So wie sie behandelt worden war, behandelte man keine Freunde.

„Das klingt gut.“

brachte Exodus, immer noch verdutzt über diese Neuigkeit und seine eigene Blindheit, heraus. Wenn sie einen anderen Mon Calamari Stamm auf ihrer Seite hätten, könnten diese für sie verhandeln – und könnten ihnen wertvolle Tipps im Umgang mit „ihren“ Mon Calamari geben. Exodus wollte Giselle schon für ihren Vorschlag auf die Schulter klopfen, als ihm einfiel, dass Taku noch immer bei ihnen stand. Und auf eine Antwort wartete. Er sah von Giselle zu dem Nautolaner.

„Also … ich denke, Giselles Ansatz klingt vielversprechend. Und ihre Bedenken leuchten ein. Wenn wir jetzt aufrüsten, dann sieht es so aus, als würden wir ihnen den Krieg erklären.“

Er sah den Nautolaner eindringlich an und erkannte, dass dieser Anstalten machte zu protestieren. Deshalb fügte er diplomatisch hinzu:

„Was nicht heißt, dass wir, sollten sie wirklich handgreiflich werden, nicht doch noch eine Wache einrichten. Aber jetzt ist noch nicht der richtige Zeitpunkt dazu.“

Taku nickte nur zögernd. Exodus vermutete, dass ein Kenner der nautolanischen Spezies seine Körpersprache besser hätte deuten können, doch auch so kam es ihm vor, als wäre der Nautolaner unzufrieden. Aber das war nicht zu ändern. Giselle hatte das bestätigt, was er sich auch schon gedacht hatte und zudem eine gute Alternativlösung vorgeschlagen. Damit war die Idee der Wache vorerst gestorben. Der Nautolaner erkannte diesen Umstand offensichtlich auch.

„Ich mache mich dann auf.“

erklärte Taku ausdruckslos. Exodus wusste nicht, ob er für eine der nächsten Schichten eingeteilt war oder einfach nur weg wollte, um den anderen von der Entscheidung zu erzählen. Im Endeffekt war es auch gleichgültig. Die Nachricht würde die Runde machen und wenn es Reaktionen darauf geben würde, dann kämen sie früher oder später ohnehin bis zu ihm oder seiner Assistentin.

„In Ordnung.“

Exodus sah Taku nur kurz hinterher, dann fokussierte er wieder Giselle. Ihr Rucksack schien fertig gepackt zu sein, als wäre sie sofort bereit für den Aufbruch. Er deutete mit einem Nicken zu ihrem Gepäck.

„Du willst wohl bald los?“

Und dann, mit dem Anflug eines Grinsens:

„Aber doch wohl nicht ganz allein?“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus und Taku –

So diplomatisch sich Exodus Taku gegenüber auch gab, natürlich war der Nautolaner mit der Antwort, die er von seinem Chef und dessen Assistentin erhalten hatte, nicht zufrieden. Seine Bitte war abgelehnt worden, auch wenn man dies nett verpackte. Entsprechend frustriert, so interpretierte Giselle jedenfalls seine kurz angebundenen Worte, zog er ab.

“Das wird ihnen nicht gefallen.“

Mutmaßte Giselle. Es war klar, dass der Nautolaner seinen Kollegen umgehend erzählen würde, dass Exodus seinem Vorschlag nicht zugestimmt hatte und vielleicht würde er Giselle sogar die Schuld dafür geben. Umso stärker fühlte sich die Vahla angetrieben, ihren eigenen Plan in die Tat umzusetzen. Je schneller sie auf anderem Wege etwas erreichter, desto besser. Positiv war, dass Exodus nichts gegen ihr Vorhaben einzuwenden hatte, oder dies zumindest noch nicht ausgesprochen hatte. Giselle war unsicher gewesen, wie er reagieren würde, hatte aber insgeheim schon mit Zweifeln von seiner Seite aus gerechnet. Er hatte sich gestern nicht länger verhandlungsbereit gezeigt, was das Gespräch mit den Mon Calamari anging, aber vielleicht sah er, dass dies hier eine neue Möglichkeit war, die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Giselle setzte jedenfalls viel Hoffnung in ihr Vorhaben.

“Ich habe alles, was ich brauche.“

Sprach Giselle, als Exodus sie fragte, ob sie schon bald los wolle und ob sie vor hatte alleine zu gehen.

“Ich benötige nur einen der Piloten, der mich kurz hinüber nach Rings Island bringt. Wenn du Dan’el hier brauchst, sage ich Fleetfire Bescheid. Er kann wieder kommen, sobald er mich abgesetzt hat und ich melde mich über Kom, wenn er mich wieder abholen soll.“

Bot sie an. Sie wusste, dass Exodus nicht besonders gut mit Fleetfire auskam und froh war, wenn der unfreiwillig komödiantisch veranlagte Pilot ihm so gut es ging aus dem Weg ging. Die Vahla sah Exodus an und bemerkte ein leichtes Zucken seiner Mundwinkel. Was war jetzt, worüber schmunzelte er? Es dauerte einen Moment, ehe ihr plötzlich dämmerte, dass sie mit ihrer auf die Arbeit konzentrierten Antwort übersehen hatte, worauf er eigentlich hinaus gewollt hatte. Allmählich begann sich auch auf ihren Lippen ein Lächeln auszubreiten

“Moment, das war… nicht das, was du meintest, oder?“

Fragte sie nach, nicht ganz sicher, ob er einfach nur hatte wissen wollen, ob sie irgendjemanden mitnehmen würde, oder ob er sich selbst anbieten wollte, sie zu begleiten. Im Grunde brauchte sie niemanden. Es war nicht ihr erster Ausflug in den Dschungel. Giselle kannte die Umgebung auf Rings Island und war es gewohnt, sich im Wald fortzubewegen. Die Mon Calamari dort waren freundlich gesinnt. Es gab keinen Grund, nicht alleine zu gehen.

“Ich hatte vor, alleine zu gehen, ja.“

Antwortete sie. Als unabhängige Frau hatte sie nicht das Gefühl jemanden zu brauchen, der auf sie aufpasste.

“Es sei denn, du wolltest dich anbieten mich zu begleiten.“

Auffordernd sah Giselle ihren Vorgesetzten an. Sie hatte sich bereits darauf gefreut, ein wenig Zeit alleine zu verbringen. Sie mochte es, die Idylle des Dschungels für sich zu haben. Doch wenn Exodus Wingston darauf bestand … warum sollte sie ablehnen?

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle ]

Exodus konnte nicht umhin, als die ganze Zeit über zu grinsen. Es baute sich wieder diese besondere Stimmung zwischen ihnen auf, die nur dann aufkam, wenn sie alleine waren und das freute ihn ungemein. Jetzt war Taku weg und Giselle erläuterte ihr Vorhaben etwas genauer. Sie wollte nach Rings Island und bräuchte dazu nur einen der beiden Piloten. Ihr dämmerte Exodus‘ Anspielung nur langsam – bis sie schließlich offen danach fragte, ob er anböte, sie zu begleiten. Exodus‘ Augen funkelten vor Vergnügen.

„Giselle Givenchy.“

kündigte er feierlich an und versuchte dabei einen ernsten Gesichtsausdruck zu bewahren.

„Hiermit biete ich Ihnen höchst offiziell an, Sie nach Rings Island zu begleiten.“

Und weiter das Spiel fortführend, fragte er, mit erwartungsvoll hochgezogenen Augenbrauen.

„Nehmen Sie an?“

Sie würde annehmen. Das hatte sie eben schließlich schon angedeutet. Dennoch wollte er es noch einmal hören, er wollte sie sagen hören, dass sie ihn dabei haben wollte. Ein Grinsen durchbrach Exodus‘ gezwungen ernste Zügen, als er auf eine Antwort wartete. Dann verließ er selbst wieder die gespielte Förmlichkeit.

„Bisher ist doch jedes Mal etwas interessantes passiert, wenn wir gemeinsam in den Dschungel gegangen sind.“

Ein Sprung in die Tiefe, eine Rutschpartie über einen Wasserfall – gut, auch eine weniger angenehme Begegnung mit den Mon Calamari. Trotzdem hatte er ihre Dschungel-Begegnungen und auch die Gespräche, die sie dort geführt hatten, positiv in Erinnerung. Er wollte keine Gelegenheit verpassen, erneut Zeit mit Giselle allein zu verbringen. Gespräche in der Crew hin oder her, das hier war durchaus wichtig. Wenn sie diplomatische Kontakte zu den anderen Mon Calamari knüpfen wollten, konnte es nur gut sein, wenn er dazu von Anfang an dabei war. Auch wenn er Giselle zutraute, den Plan ohne ihn ebenso gut umzusetzen.

„Wie lange hast du geplant zu fahren? Was bräuchte ich an Gepäck?“

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus –

Exodus gute Laune war, wie meistens, ansteckend. Giselle mochte es, wenn es ihm gut ging und er sich locker gab. Er musste sich oft genug Gedanken über unangenehme Dinge machen. Da waren die Probleme beim Abbau des Lumiums, vor ein paar Tagen war es der Sturm gewesen, die Schwierigkeiten mit den Mon Calamari und dann war da natürlich auch noch seine private Situation. Er hatte ihr nicht mehr erzählt, was er getan hatte, nachdem sie ihm geraten hatte, seinem Sohn gegenüber offen zu begegnen. Hatte er ihm geschrieben oder es am Ende doch aufgegeben? Exodus Wingston war nicht der Typ, der Rückzieher machte, jedenfalls nicht in geschäftlichen Dingen. Wie es in seinem Privatleben aussah, wusste Giselle hingegen nicht.

“Du hast Recht, bisher ist uns noch nicht langweilig geworden, wenn wir zusammen unterwegs waren.“

Stimmte Giselle ihm lächelnd zu und ihr Blick wandte sich kurz in Richtung einer Gruppe Nautolaner, die sich, etwas entfernt von ihnen beiden, etwas zuriefen.

“Aber was ist mit Camp, wenn wir beide weg sind?“

Fragte sie und nickte hinüber zu der Gruppe Nichtmenschen.

“Solltest du nicht besser hier sein, um für Ordnung zu sorgen?“

Es war nicht so, dass sie den Nautolanern nicht zutraute, den Abbau des Lumiums und den Arbeitsalltag nicht selbst im Griff zu haben, aber es war durchaus so, dass sie jemanden benötigten, der sie diszipliniert führte. Die wenigstens von ihnen waren faul, doch die meisten ließen sich leicht ablenken.

“Ich schätze, ich werde drei oder vier Tage weg sein. Es kommt darauf an, wie schnell ich die Mon Calamari finde. Ich weiß theoretisch, wo sie leben, muss mich aber entsprechend orientieren, da wir die Insel von einer anderen Seite aus ansteuern werden als bei meinem letzten Besuch.“

Erklärte Giselle. Sie wollte, dass Exodus sie begleitete, je länger sie darüber nachdachte. Gestern waren sie den halben Tag lang zusammen gewesen, aber hatten so gut wie kein privates Wort miteinander gesprochen. Sie wollte wissen, wie es ihm ging.

“Ich würde mich freuen, wenn du mitkommst.“

Sagte sie schließlich zurückhaltend.

“Vielleicht wäre es sogar besser, weil du damit deinen Leuten das Gefühl gibst, dass du etwas für sie tust, auch wenn du ihren Vorschlag eines Wachpostens abgelehnt hast. Sie würden dann wissen, dass du dich für sie einsetzt. Was dein Gepäck angeht… ich brauche nicht viel, wenn ich unterwegs bin. Aber ich weiß nicht, wie es mit dir ist.“

Fügte sie an. Ob er sich darüber im Klaren war, dass sie im Freien schlafen würden? Dass es kein fließendes Wasser geben würde? Dass sie selbst Feuer würden machen müssen? Exodus Wingston hatte bewiesen, dass er seine Muskeln spielen lassen konnte um einen Baum zu fällen, aber er war der Sohn eines reichen Mannes und Vizepräsident eines großen, prächtig laufenden Unternehmens. Ein Mann wie er war es gewohnt in weichen Betten zu schlafen und sein Frühstück so hergerichtet zu bekommen, wie er es mochte. Auf Rings Island konnte er sich nicht in seine Hütte zurück ziehen, die mit einem Luxus auf ihn wartete, den seine Arbeiter sich nur wünschen konnten.

“Pack einfach ein, was du für nötig hälst.“

Riet Giselle schließlich.

“Nur nicht zu viel.“

– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp – Mit Exodus –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp | mit Giselle ]

“Drei bis vier Tage?!”

Exodus konnte seine Überraschung kaum verbergen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihren Ausflug so ausgedehnt geplant hatte. In seinen Ohren hatten ihre Worte geklungen, als spräche sie von einem Tagesausflug. Auch ihr Rucksack hatte diesen Eindruck verstärkt. Wie konnte sie da drin Gepäck für vier Tage mit sich tragen? Nachdenklich fuhr er sich über das Kinn. Wie so oft hatte diese Medaille zwei Seiten. Einerseits würden sie beide das Camp für eine ziemlich lange Zeit allein lassen müssen. Andererseits bot sich so die Chance ausgiebig Zeit mit Giselle zu verbringen. Vier Tage, zu zweit im Dschungel. Wer konnte schon vorhersagen, was da alles passieren konnte?

„In Ordnung.“

bestätigte er die von ihr angepeilte Dauer der Reise, ohne eine Lösung parat zu haben, was sie mit dem Camp machten. Giselle selbst bemühte sich schon um eine entsprechende Erklärung für seine Abwesenheit – er musste den Leuten das Gefühl geben, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Ganz genau, so war es. Natürlich gab es noch eine zweite Ebene ih ihrer Aussage: Giselle wollte ihn ebenfalls dabei haben. Sie wollte auch vier Tage mit ihm in den Dschungel. Er konnte es förmlich in ihren Augen lesen.

„Das Camp …“

setzte Exodus an und dachte erst jetzt darüber nach, wie der Satz beendet werden musste. Die Entscheidung, Giselle zu begleiten war längst gefallen. Jetzt galt es eine Lösung zu finden. Etwas unschlüssig blickte er sich um, offen für spontane Eingebungen. Einer der Nautolaner? Nein. Eigentlich gab es hier nur einen, dem er vertraute und von dessen Professionalität er restlos überzeugt war.

„… wird Dan’el so lange führen. Wir können ein Comlink mitnehmen, falls dringende Fragen auftauchen. Ansonsten wird er sich darum kümmern, dass die Fahrten eingehalten werden und die Produktion nicht erlahmt.“

Gut, Dan’el also. Wenn er ehrlich zu sich war, wusste er nichts über die Führungsqualitäten seines Piloten, doch war der Mensch loyal und ein Profi durch und durch. Er war beim Militär gewesen, er würde sich an die vorgegeben Regeln und die Zeitpläne halten. Und im Zweifelsfall würde er sie – so hoffte Exodus zumindest – auch gegenüber den anderen durchsetzen.

„Ich werde gleich mit ihm sprechen. Kannst du Fleetfire Bescheid sagen, dass wir bald los wollen? Ich werde kurz vor unserer Abreise noch ein paar Worte an den Rest der Crew richten. Und bis dahin …“

Ein schneller Blick auf das Chrono an seinem Handgelenk unterbrach seinen Monolog.

„Werde ich packen.“

Auch wenn er spontan noch nicht vollkommen sicher war, was klug wäre einzupacken. Er war nicht vollkommen unerfahren mit Situationen außerhalb der Zivilisation. Von der Erfahrung seines Assistentin war er jedoch weit entfernt. Eine grobe Vorstellung hatte er aber schon: Einige Klamotten zum wechseln, Proviant und nützliche Utensilien, die man im Dschungel gebrauchen konnte. Er würde seinen Rucksack schon voll bekommen.

„Danach geht’s auf ins Abenteuer.“

Er zwinkerte ihr zu und blieb noch für einen Moment stehen, um ihr Zeit für eine Erwiderung zu geben. Giselle sagte jedoch nichts weiter, sondern nickte nur, um ihr Einverständnis zu signalisieren. Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte er sich um und hielt Ausschau nach Dan’el. Zeit, den neuen Chef über sein Glück zu informieren.

[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Camp ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Wassergleiter – Mit Jost Fleetfire –

Es gab zwei Piloten im Fresia Camp der Wingston Corporation, sie waren beide Menschen und trotzdem hätten sie unterschiedlicher nicht sein können. Während Dan’el ernst, ruhig und pflichtbewusst war, war Jost Fleetfire eine Art… Clown. Er war nur sehr schwer ernst zu nehmen, saß am liebsten untätig vor seinem Zelt mit den Füßen im Sand und neigte zu langen, ausschweifenden Reden wann immer er die Gelegenheit sah mit Giselle zu sprechen. Er profilierte sich gerne in ihrer Gegenwart, was Giselle erheiternd fand. Ernsthafte Avancen blieben jedoch glücklicherweise aus. Direkt nach ihrem Gespräch mit Exodus hatte sie Fleetfire aufgesucht und er war – entgegen seiner ansonsten eher trägen Art – sofort aufgesprungen, um ihr zu Diensten zu sein. Sie waren gemeinsam hinunter zur Anlegerbucht gegangen und er hatte die ganze Zeit über fortwährend geschwatzt. Inzwischen hatte er den Wassergleiter startklar gemacht. Es fehlte nur noch Exodus, der angekündigt hatte, noch ein paar Worte an die übrigen Mitarbeitern zu richten, um ihnen zu erklären, was sie auf Rings Island tun würden. Giselle war dem Piloten bereits an Bord des Wassergleiters gefolgt und hatte sich auf einer der Bänke niedergelassen, einen Arm locker über die Reling baumelnd lassend.

“Ich könnte euch bestimmt auch an Land begleiten!“

Rief Fleetfire eifrig zu ihr hinüber. Giselle blickte wage zu ihm hinüber. In ihrer freien linken Hand hielt sie eine Zigarette.

“Danke, aber ich glaube das wird nicht nötig sein.“

Antwortete sie gutmütig. So schnell ließ sich der Pilot allerdings nicht abwimmeln.

“Das glaube ich aber doch.“ Erwiderte er hartnäckig. “Man weiß nie, welche Kreaturen einem im Dschungel begegnen. Und wenn einem was passiert, muss sich der andere entscheiden zwischen erste Hilfe leisen und...äh… Hilfe holen.“

“Dafür haben wir ja unsere Komlinks.“

Beruhigte ihn Giselle.

“Das wird schon kein Problem sein.“

Sie wandte den Blick von ihm ab und wieder hinaus auf’s Meer, während sie gedankenverloren an ihrer Zigarette zog. Sie hatte nicht geplant, gemeinsam mit Exodus nach Rings Island zu fahren, doch er hatte sich von sich aus angeboten. Jak hatte ihr erzählt, dass bereits das ganze Camp über sie sprach. Es war ein offenes Geheimnis, mehr oder weniger, dass Giselle Givenchy und Exodus Wingston eine Affäre miteinander hatten. Nur, dass es eben überhaupt nicht so war. Giselle machten die Gerüchte nichts aus. Die Leute redeten immer, egal worüber oder über wen und sie fanden immer jemanden, über den zu urteilen sich ihrer Meinung nach lohnte. Es war Zeitverschwendung, dagegen anzukämpfen.

Sie sah Exodus Gestalt bereits von weitem, als er sich der Bucht und dem Gleiter näherte. Noch immer nachdenklich nahm Giselle die letzten Züge ihrer Zigarette. Sie rauchte nicht viel, doch hin und wieder gefiel es ihr, wenn sie sich besonders nostalgisch fühlte oder tief in Gedanken versunken war. Den letzten Rauch in einer schnell davon ziehenden Wolken ausblasend, warf sie den übrig gebliebenen Stummel hinab ins Meer. Exodus Wingston machte einen großen Schritt über die Steine hinweg und stieg an Bord.


“Aye, aye, Sir! Es kann los gehen!“

Rief Jost Fleetfire und startete den Gleiter. Giselle Givenchy lächelte Exodus an. Die Sonne blendete sie und sie schirmte ihre Augen mit der Hand ab.

“Und, feiern sie eine Party, weil der Chef sie unbeaufsichtigt lässt?“

Fragte sie scherzhaft und beobachtete, wie Exodus seinen prall gefüllten Rucksack neben den ihren stellte.

“Ich hoffe, das Camp steht noch, wenn wir zurück kommen.“

– Fresia – Fingers Mark – Meer – Wassergleiter – Mit Jost Fleetfire und Exodus –
 
[ Fresia – Fingers Mark – Palm Island – Bucht – Wassergleiter | mit Giselle und Jost Fleetfire ]

Mit einem satten Rumsen wuchtete Exodus seinen Rucksack neben Giselles Gepäck auf das Deck des Gleiters. Er hatte einiges eingepackt, unschlüssig, wieviel sie wirklich brauchten, hatte er lieber zu viel als zu wenig eingepackt. Einige Powerriegel und Wasserflaschen, dazu Klamotten zum wechseln und Kleinigkeiten, die ihm nützlich erschienen waren. Er würde erst in den nächsten Tagen sehen, wie gut er seine Auswahl wirklich getroffen hatte. Exodus überging Fleetfires Kommentar – dass er auch immer dieses alberne „Sir“ betonen musste! – und wandte sich stattdessen an Giselle. Die ganze Szenerie hatte etwas von Urlaub: Der Wassergleiter lag gemütlich in der Bucht, seine attraktive Assistentin blinzelte der Sonne entgegen und Exodus selbst trat ohne förmliches Hemd auf, sondern trug nur ein T-Shirt und eine lange lockere Hose. Seine Vorfreude auf die Reise mit Giselle war kaum getrübt, doch war das Unbehagen darüber, das Camp allein zu lassen, nach seiner kleinen Ansprache eher noch gestiegen, als dass er den Gedanken hätte abhaken können.

„Eine Party? Eher unwahrscheinlich. So richtig glücklich sahen sie nicht aus, eher … etwas irritiert. Ich habe erklärt, wieso unser Ausflug nötig und wichtig ist, doch ich fürchte, einige haben es nicht verstanden. Sie hätten das Problem mit den Mon Calamari wohl lieber auf eine andere Art geklärt.“

Er nahm einen tiefen Atemzug der frischen Meeresluft und sah blinzelnd zum Horizont in Richtung von Rings Island – ihrem Zielort.

„Immerhin hat Dan’el seine neue Aufgabe gut angenommen. Wir haben einige formale Dinge geklärt, aber er schien der Situation professionell ins Auge zu sehen. Ich hätte allerdings auch nichts anderes erwartet.“

Schlichen sich da dennoch Sorgenfalten auf seine Stirn? Exodus versuchte sich an einem Lächeln. Sie hatten ihre Comlinks dabei und wären damit erreichbar für dringende Entscheidungen. Giselles Einschätzung nach, würden die Mon Calamari nur zu den Waffen greifen, wenn sie erneut angegriffen wurden. Solange die Nautolaner als die Füße still hielten, würde vermutlich nichts passieren. Der Gleiter begann unter ihnen zu stottern und setzte sich dann langsam in Bewegung. Exodus erzählte Giselle während der Fahrt noch einmal im Detail, was er der Crew vor seinem Abschied erklärt hatte. Nachdem sie beide darüber eingestimmt hatten, das sie nur darauf hoffen konnten, dass niemand Dummheiten beging, sich aber gegenseitig darin bestätigten, dass die Reise nach Rings Island ihre größte Hoffnung zur Klärung der Konflikte war, gelang es Jost Fleetfire die Vahla in ein Gespräch zu verwickeln. Den Rest der Fahrt hörte Exodus den beiden nur lose zu und genoss stattdessen den Anblick des Meeres, der Sonne und des blauen Himmels, der allem wunderbar kräftige Farben zu geben schien. Er dachte darüber nach, ob Giselle – wie zuletzt im Dschungel – weitere Annäherungen seinerseits ablehnen würde oder ob sie sich rückblickend nicht insgeheim über ihre Entscheidung ärgerte – und ihn deshalb gerne bei ihrer Reise dabei haben wollte. Er hatte diese Frau noch immer nicht durchschaut und war unschlüssig, ob seiner Chancen, bald Fortschritte in dieser Hinsicht zu machen. Sie trug etwas in sich, das er nicht entschlüsseln konnte und auch ihre Gedanken und Gefühle waren nicht immer leicht zu lesen. Das war die Herausforderung. Das machte sie so reizvoll. Neben ihrem attraktiven Äußeren natürlich.

Sie erreichten den Strand schneller als Exodus erwartet hatte. Fleetfires Kommentare überging er weiterhin und auch seine Avancen in Richtung Giselle konnte Exodus mit einem Lächeln ignorieren. Er war es, der mit der Vahla alleine Zeit auf Rings Island verbringen würde, nicht der Pilot. Diesen Wettstreit konnte Fleetfire nicht gewinnen. Exodus schnappte sich seinen Rucksack, während Giselle nach ihrem eigenen Griff. Mit einem satten Sprung landete er im Sand des Strandes von Rings Island. Nur wenige Sekunden nach ihm, gruben sich auch Giselles Füße in den Sand. Er sah sie von der Seite an und lächelte, während er mit der rechten nach seinem Rucksack griff, den er zuvor von Bord geschmissen hatte. Das Abenteuer begann.


[ Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Strand | mit Giselle ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Strand – Mit Exodus -

Der Gleiter, der sich auf dem Wasser wieder von ihnen und der Insel entfernte, wurde immer kleiner. Giselle sah ihm noch ein paar Sekunden lang nach, ehe sie es Exodus gleich tat und ebenfalls nach ihrem Rucksack griff und sich diesen auf den Rücken schnallte. Sand grub sich zwischen ihre Zehen, als sie die ersten Schritte in Richtung der Insel machte. Giselle trug wie fast immer Sandalen, dazu ein Paar kurzer Shorts und ein enges Top mit schmalen Trägern, über das sie noch eine Bluse gezogen hatte, die sie knapp unter ihrer Brust geknotet hatte. Rings Island. Dies musste der wohl schönste Ort in der ganzen Galaxis sein. Giselle atmete tief ein und aus. Vielleicht war es Schicksal, dachte sie, dass sie Exodus Wingston kennen gelernt hatte. Ohne ihn hätte sie nicht die Möglichkeit gehabt, schon so bald wieder nach Fingers Mark zu reisen und längere Zeit dort zu verbringen. Entweder war es Schicksal, oder Giselle war einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen.

“Na dann, sind wir bereit?“

Rief Giselle Exodus fröhlich zu und lief über den Strand in Richtung Wald, wo sich die ersten Bäume erst vereinzelt in Gruppen zusammen fanden. Es war später Vormittag und sie konnten noch eine ganze Weile laufen, bevor sie das erste Mal eine Pause machen würden, um zu essen. Vielleicht, dachte Giselle beiläufig, konnten sie sogar einen Abstecher zu den Felsen von Alquola machen. Zeit dazu hatten sie allemal. Auf den ersten Blick unterschied sich Rings Island nicht viel von der großen Hauptinsel, die den Kern von Fingers Mark bildete. Dennoch glaubte Giselle zu fühlen, dass hier einfach alles anders war. Vielleicht war es auch pure Einbildung. Aber selbst wenn, es fühlte sich schön an.

“Wenn wir uns beeilen,“ , fiel Giselle ein, als sie bereits tief im Dschungel unterwegs waren und der Strand nicht mehr zu sehen war, wenn man zurück blickte, “sollten wir vor der Dunkelphase wieder zurück sein. Sie müsste in etwa vier oder fünf Tagen beginnen.“

Sagte sie und bückte sich, um ein gemeines Insekt von ihrem Bein zu schnippsen, das gerade im Begriff gewesen war, zuzustechen. Giselle war gerade noch einmal schnell genug gewesen.

“Hey, das wird deine erste Dunkelphase auf Fresia sein, nicht wahr?“

Fragte sie Exodus und bestätigte ihre Antwort direkt selbst.

“Ja, zeitlich passt es...“

Sie sah zu ihm herüber und lächelte.

“Ich freue mich schon auf die Sterne, muss ich gestehen. Es ist seltsam, sie nicht jede Nacht zu sehen. Auf der anderen Seite... vielleicht lernt man ihren Anblick eher zu schätzen, wenn man sie seltener sieht. Für die meisten Leute ist so vieles selbstverständlich, vor allem in den großen Städten. Dabei geraten die kleinen Wunder der Natur viel zu sehr in Vergessenheit.“

Giselle sah geradeaus. Vor ihnen waren mannshohe Sträucher aufgetaucht, die ihnen einer Hecke gleich den Weg versperrten. Sich dort hindurch zu kämpfen, würde anstrengend werden. Die Vahla schwenkte nach rechts aus. Manchmal war es einfacher, einen Weg drum herum zu suchen.

"Und den Sonnenuntergang! Nicht einmal die Sonne sieht man auf Fresia jeden Tag auf- und untergehen. Ich glaube, darauf freue ich mich fast noch mehr als auf die Sterne. Ich hoffe, dass ich irgendwo hoch oben auf den Klippen sein kann, um die Sonne im Meer versinken zu sehen. Ich kann mich noch an das letzte Mal erinnern... ich habe selten so etwas Schönes erlebt."

Giselles Stimme klang verträumt und für einen Moment schien sie in die Erinnerung versunken zu sein, ehe sie noch einmal über das Gesagte nachdachte und dann zu lachen anfing.

"Aber auf die Sterne freue ich mich auf. Vielleicht sogar doch ein kleines bisschen mehr. Ach was, ich freue mich auf alles gleichermaßen!"

Rief sie lachend und stellte fest, dass es tatsächlich so war. Eines nach dem anderen würde sie genießen und vermutlich würde sie hier auf Fingers Mark nicht die Einzige sein.

– Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Dschungel – Mit Exodus -
 
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[ Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Strand | mit Giselle ]

Giselle ehrliche Begeisterung für die Wunder der Natur war ansteckend, so wie jede ihrer guten Launen. Jetzt, wo sie es erzählte und so bildhaft ausmalte, keimte auch in Exodus Vorfreude auf den ersten Sonnenuntergang seit Ewigkeiten auf und auf den Blick der Sterne, die er ansonsten vom Penthouse im Wingston Tower betrachtete. Hier auf Fresia war ihnen bisher nur die Sonne begegnet, sie war allgegenwärtig. Manchmal fühlte sich sein Besuch auf Fingers Mark wirklich an, wie ein einziger langer Tag. Ein langer Tag, an dem er Giselle kennengelernt hatte. Bald kam die lange Nacht. Die Geheimnisse, die in der Dunkelheit erzählt wurden, behielt die Nacht für sich. Exodus warf einen kurzen Blick auf Giselles lange Beine und ihre knappen Shorts.

„Ja, das wird meine erste Dunkelphase.“

bestätigte er ihre Vermutung noch einmal. Sie hatte den Strand schon halb überquert und war direkt in Richtung der hochgewachsenen Bäume gelaufen, die hier auf Rings Island minimal anders aussahen, als auf Palm Island. Zumindest kam Exodus es so vor. Waren sie größer? Hatten sie kräftigere Farben? Er konnte es nicht genau benennen.

„Die Sterne und der Sonnenuntergang … das klingt verlockend. Sehen wir uns den Abschied der Sonne gemeinsam an?“

fragte er, ihr Lächeln erwidernd, mit einem bewussten Hauch von Poesie. Sein Blick hingegen wanderte erneut zu ihrem Hintern hinunter. Dann schloss er zu ihr auf. Sie hatte ihre Schritte verlangsamt, kurz bevor sie in den dichten Dschungel eindrangen. Exodus sah sie offen an und stemmte die Hände in die Hüften.

„Was ist jetzt genau unser Plan? Vier Tage sind eine lange Zeit, dafür dass wir nur ein Camp finden und mit den Mon Calamari reden wollen.“

Der Ansatz eines neckischen Grinsens ließ seine Mundwinkel zucken.

„Ein toller Chef bin ich. Ich folge dir blind, wie du siehst. Ohne eine Ahnung, wohin die Reise mich führt.“

Sein Grinsen verriet nicht, was er gerade dachte. Er hatte ihre Abweisung im Dschungel von Palm Island nicht vergessen, aber das hieß nicht, dass er schon aufgeben oder seine Avancen zurückfahren würde. Jetzt waren sie auf Rings Island, ohne Nautolaner, ohne Beobachter, ohne Gerede. Die Vorzeichen waren andere: Sie hatte sich gewünscht, dass er sie begleitete und Exodus hatte das als eindeutiges Zeichen gewertet.

„Die nächsten vier Tage bist du die Chefin und ich der Assistent, schätze ich.“

Belustigt über diesen Gedanken zog er die Augenbrauen hoch. Ein Funke von Herausforderung lag in seinen Augen.

„Du musst mir nur sagen, was ich tun soll.“

[ Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Strand | mit Giselle ]
 
– Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Dschungel – Mit Exodus -

Den Sonnenuntergang gemeinsam mit Exodus zu beobachten, das klang vielversprechend. Vor ihrem inneren Auge sah Giselle die Vision eines Paares, die auf den Felsen hoch oben über der Brandung saßen, das Meer zu ihren Füßen, der brennende Himmel über ihnen. Ein Mann und eine Frau, die die Kunst der Farben genossen, wie nur die Natur sie zeichnen konnte.

“Ja, warum nicht?“

Beantwortete sie Exodus' Frage mit einem Lächeln.

“Das klingt nett.“

Einen Moment blieb sie stehen und sah sich um, um den besten Weg durch das dichte Gebüsch zu suchen, das es ihnen gearde nicht unbedingt leicht machte.

“Wenn wir weiter so langsam voran kommen, dann weißt du, warum ich von drei bis vier Tagen ausgegangen bin.“

Sagte sie, nicht ganz ernst gemeint und kletterte über einen buckligen, stark vermoosten Baumstumpf. Sie wusste ja selbst nicht, wie lange sie unterwegs sein würden. Es hing nicht nur von ihnen ab, sondern auch von den Mon Calamari. Noch war nicht sicher, ob sie Giselles Bitte entsprechen und ihnen helfen würden, mit dem fremden Stamm auf Palm Island eine Übereinkunft zu finden. Vielleicht würden sie Giselle und Exodus gleich wieder fort schicken, vielleicht würden sie sie auch bitten für einen oder zwei Tage zu bleiben.

“Ich weiß ehrlich nicht, ob wir wirklich vier Tage brauchen werden.“

Sprach Giselle schließlich.

“Du hast mich gefragt, wie lange es dauern wird und ich bin sicherheitshalber von einem längeren Zeitraum ausgegangen. Wir werden sehen, wenn wir da sind. Bis zum Camp ist es noch ein gutes Stück Weg. Das werden wir heute nicht mehr schaffen.“

Giselle warf ihrem Chef einen Blick zu um zu sehen, ob er unzufrieden über diese Auskunft war, doch das schien nicht der Fall zu sein. Sie blieb stehen.

“Ich hatte gehofft, dass wir nicht nur mit den Mon Calamari reden, sondern dass sie uns zurück begleiten werden. Zumindest einer von ihnen. Das würde unsere Chancen erhöhen, ein Blutbad auf der Hauptinsel zu vermeiden.“

Sie zuckte mit den Schultern. Diese Möglichkeit wollte sie nicht unversucht lassen. Und wenn Exodus für die Dauer ihres Aufenthaltes auf Rings Island die Rollen tauschen wollte, warum nicht? Bei dieser Vorstellung musste Giselle grinsen.

“Sicher, dass du alles tun willst, was ich sage?“

Fragte sie ihn, drehte sich um und sammelte, nach ein paar suchenden Blicken, einen dicken Käfer, der gerade dabei gewesen war die brüchige Rinde eines dicken Baumes hinauf zu klettern, auf. Träge krabbelte das Tier über Giselles Finger.

“Ich könnte dir befehlen lebendige Insekten zu essen.“

Warnte sie ihn.

“Oder von steilen Klippen ins Meer zu springen – aber damit hast du ja schon reichlich Erfahrung.“

Es war nicht ihr ursprünglicher Plan gewesen, gemeinseam mit Exodus hier her zu kommen. Er hatte gefragt, ob er sie begleiten sollte und es dann getan. Wundern tat Giselle diese Entwicklung nicht. Er tat viel für seine Firma und hatte großes Interesse daran, den Lumiumabbau weiterhin erfolgreich zu betreiben. Durch protestierende Mon Calamari durfte er sich keinen Strich durch die Rechnung machen lassen. Aber war es wirklich nur das, oder war er auch mitgekommen, weil er Zeit mit Giselle hatte verbringen wollen? Und wenn ja, mit welchem Hintergrund? Auf die Gerüchte, die Jak ihr erzählt hatte, gab die Vahla nicht viel. Sie wusste nicht, ob das, was man sich offenbar über Exodus erzählte, stimmte oder nicht und sie fand auch nicht, dass es sie etwas anging. Dennoch war es nur natürlich, dass sie sich fragte, ob überhaupt die Chance bestand, dass er an etwas Festem interessiert war, oder ob er nur das Abenteuer suchte. Wenn es Letzteres war, musste sie vorsichtig sein, dass sie nicht verletzt wurde. Denn obwohl sie schon selbst lockere Beziehungen geführt hatte, so wie mit Liam, war es dieses Mal anders. Giselle fühlte, dass sie Exodus Wingston wollte, allerdings für mehr als nur für eine Nacht.

– Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Dschungel – Mit Exodus -
 
[ Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Dschungel | mit Giselle ]

„Vielleicht würde ich ja sogar Insekten essen.“

gab Exodus grinsend zu Bedenken und fügte in Gedanken hinzu: Zumindest von deinem Körper. Für einen Moment verdrehte er über sich selbst die Augen, ehe sein Blick mal wieder ihre Kurven entlang wanderte. Doch nur einen Sekundenbruchteil später wurde er von der Natur daran erinnert, dass Aufmerksamkeit in einem Dschungel essentiell und merkwürdig anzügliche Gedanken möglicherweise fehl am Platz waren.

„Uargh!“

Unbeholfen stolperte er über eine große Wurzel hinweg, die seinen rechten Fuß gekonnt gepackt und ihn nun zu Boden bringen wollte. Mit großen wankenden Schritten und rudernden Armen versuchte er sein Gleichgewicht zurückzuerlangen. Es gelang, so gerade eben.

„Ich sollte wohl besser aufpassen.“

murmelte er grummelnd, stapfte eine Schritte vorsichtig vor sich her, nur um seine Aufmerksamkeit im nächsten Moment wieder etwas anderem zuzuwenden: Seinem Comlink. Dieses kleine Gerät war ihre Kommunikationsmöglichkeit zum Rest der Welt - und gleichzeitig die Möglichkeit der Crew sie hier zu erreichen. Flirts wie eben - dass sie die Rollen tauschen würden oder dass er ihr keinen Wunsch abschlagen würde - so etwas war im Camp nicht mehr möglich. Nicht, nachdem so viel geredet worden war. Hier auf Rings Island war das anders - und dennoch beschlich ihn das Gefühl, das Com - und damit die Crew - würde ihm einen Strich durch die Rechnung machen. Gerade wenn sich etwas zwischen ihm und Giselle entwickeln würde, dann würde eine Nachricht eintreffen und irgendetwas müsste im Camp geklärt werden. So würde es sein! Gleich so, als wüssten sie, was hier auf Rings Island passierte. Darüber reden würde man im Camp ohnehin schon und der Phantasie waren dabei keine Grenzen gesetzt. Die Crew entwickelte sich bei diesem Thema zu einem echten Ärgernis.
Gedankenverloren zog Exodus das Comlink aus seiner Tasche und scrollte über die letzten Nachrichten, die eingegangen waren und die er verschickt hatte. Nichts von der Crew, immerhin. Im Ordner der gesendeten Mitteilungen lag allerdings seine Nachricht an Adrian ...
Exodus sah zu Giselle herüber, jetzt wieder darauf achtend, über keine weiteren Unebenheiten zu stolpern. Der Dschungel wurde dichter und wäre die Vahla nicht schräg vor ihm gelaufen, um einen halbwegs begehbaren Weg auszumachen, wäre er vermutlich weitere Male ob seiner Unachtsamkeit in Straucheln geraten.


„Ich habe Adrian übrigens noch geschrieben. Dass er mit mir reden kann, dass ich da bin, dass unsere Wohnung auf Coruscant immer sein Zuhause bleiben wird, wenn er das will ... auch ohne seine Mutter.“

Ohne hinzusehen, steckte er das Comlink wieder in seine Tasche.

„Danke dafür. Du hast mir die richtigen Impulse gegeben.“

Auch im Leben von Exodus Wingston gab es nicht nur Flirts und anzügliche Gedanken. Giselle hatte gezeigt, dass sie bereit war, ihm eine Freundin zu sein und jetzt wollte er es ihr ebenso zeigen, durch Offenheit und Ehrlichkeit. Das Thema lag ihm am Herzen und den quälenden Gedanken, warum Adrian noch nicht zurückgeschrieben hatte und ob er es überhaupt tun würde, hatte er bisher immer bei Seite geschoben. Für einen Moment ruhte sein Blick noch auf ihren feinen Zügen, dann sah er wieder nach vorne. Giselle hatte gesagt, sie wüsste nicht, ob sie wirklich vier Tage für ihre Unternehmung auf Rings Island brauchten. Sie würden sehen müssen, wie schnell sie vorankamen, was der Dschungel ihnen für Überraschungen präsentierte - und was sich sonst noch ereignete. Ein privates Gespräch war vielleicht ein guter Anfang. Exodus beschlich das Gefühl, dass sie beide nicht so recht wussten, wie es zwischen ihnen stand. Vielleicht würde es eine Klärung dessen geben. Im besten Fall in eine Richtung, die er sich schon seit geraumer Zeit erträumte. Denn was auf Rings Island passierte, blieb auf Rings Island. Keine Gerüchte, kein Geflüster. So sollte es sein.

[ Fresia – Fingers Mark – Rings Island – Dschungel | mit Giselle ]
 
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