Kritiken zu Episode II

City-Guide Köln Edda Bauer

"In die Zukunft zu sehen umöglich ist!", bricht es als Stoßseufzer zwichen den grünen Ohren des Jedimeisters Yoda hervor. Aber das Publikum von "Episode II - Angriff der Klonkrieger" weiß es ja besser. Zehn Jahre nach der Saga erstem Teil setzt George Lucas' Fortsetzung ein, wieder ist viel passiert, wieder wird das kurz durch die in den weiten den Alls verschwindende Laufschrift angedeutet. Die Karten sind nicht neu gemischt, lediglich ihr Wert hat sich verändert. Padmé Amidala (Natalie Portman) ist nicht mehr Königin, sondern Senatorin der großen Planeten-Republik, Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) hat es zum Jedi-Meister gebracht, der die Macht seines starken Schülers Anakin Skywalker (Hayden Christensen) mit Strenge zu kontrollieren versucht. Zudem regen sich am Rande der Republik erste Kämpfe von Separatisten, die auch nach Padmés Leben trachten. Die Jedis sind überfordert, weswegen sich Obi-Wan aufmacht das Herz der Verschwörung aufzuspüren und Padmé der Obhut von Anakin überlässt.

"Die Geschichte wiederholt sich", schnarrte einst in "Das Imperium schlägt zurück" Darth Vader seinem Sohn Luke ins Gesicht, kurz bevor es zum großen Kampf zwischen den beiden kam. Nie war das so deutlich wie in "Episode II". Lucas hat große Freude daran, einzelne Versatzstücke seiner genialen Story wieder aufleben zu lassen. Schummrige Bars mit sinistren Gestalten gehören ebenso dazu wie erbitterte Lichtschwertgefechte, bei denen es um nichts weniger als Gut gegen Böse geht. Gerade Letzteres jedoch muss als Höhepunkt der heutigen digitalen Technik gesehen werden, denn nur mit wahren Zauberern am Computer war es möglich, einen sensationellen Kampf zwischen der animierten Figur Yoda und Christopher Lee zu generieren, der gerade erst seinen 80. Geburtstag feierte. Die Eleganz, mit der der Graf seine Waffe führt, ist seiner blutsaugenden Vergangenheit als Dracula würdig, und selten hat man den grünen Knautschzwerg Yoda so lebendig durch die Lüfte wirbeln sehen. Spannend allerdings ist es nicht, denn der Ausgang des Treffens ist vorgegeben, wir kennen ja alle die Zukunft und wissen: das Gute muss gewinnen.


Die Kenntnis dessen, was da noch kommen wird, ist allerdings nur eines der Probleme von "Episode II", das Lucas mit technischen Spielereien aufzufangen sucht. Er strengt dafür visuelle Hommagen von "Nosferatu" bis "Quo Vadis" an, lässt dunkle Schatten über Wände huschen und Massen in Arenen aufmaschieren. Er inszeniert ein Spektakel, in dem die Handlung ebenso unwichtig ist wie die agierenden Charaktere und lässt dabei Masse statt Klasse regieren. Schmerzlich fallen dabei, zumal auf der großen Cinemascope-Leinwand, die allzu offensichtlich gezeichneten Szenarien auf. War "Krieg der Sterne" einst eine originelle Vision vom Leben auf entfernten Planeten mit drei Sonnen über giftig schimmernden Urwäldern, laufen die Episoden I und II nur noch dem Image vom Alltag irgendwo da draußen hinterher. Man hat sie schon alle gesehen, die Bilder von zukünftigen Amüsiervierteln ("Blade Runner") und Großstadtverkehr in drei Dimensionen ("Das fünfte Element"), und das dann auch noch besser.

Der Sinn vom "Krieg der Sterne" des neuen Jahrtausends bleibt insofern der, den man schon bei "Eipsode I" vermutet hat: Werbung für die Spielzeug- und Videospiel-Industrie. Wobei es vor allem traurig mitanzusehen ist, dass der ehemals so talentierte Regisseur George Lucas ("THX-1138", "American Graffity") aus der Filmgeschichte nichts gelehrt hat.
 
Der Tagesspiegel Ralph Geisenhanslüke

Für eine Handvoll Weltraumseife

Es wird eng in Fantasien: "Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger" startet in 46 Ländern gleichzeitig

Die Geschichte beginnt vor gut 30 Jahren mit den Worten: "Dies ist die Geschichte von Mace Windu, eines verehrten Jedi-bendu von Opuchi, der mit Usby C.J. Thape verwandt war, dem padawaanischen Schüler der berühmten Jedi". Sie verstehen nur Bahnhof? Das taten die Studiobosse in Hollywood damals auch. Selbst die Freunde, die der Autor um ihre Meinung fragte, winkten ab. Nur einer erkannte das Potenzial: Steven Spielberg. Der Rest der Geschichte ist inzwischen selbst Geschichte. Kino-Geschichte. Wird aber immer wieder gern erzählt.

Seit fast 30 Jahren herrscht Krieg im Universum. An jedem realen Krieg hätten die Medien längst das Interesse verloren. Aber wenn eine neue Folge von "Star Wars" ins Kino kommt, können die Artikel nicht lang und bunt, die Analysen nicht kenntnisreich genug sein. Und jedes Mal, wenn auch der Textteppich auf der Leinwand durchgelaufen ist, stellen sich alle die Frage: Was nun?

Für jene verschwindende Minderheit unter den Erdlingen, die nicht mit den Feinheiten von Lucas' Fantasy-Welt vertraut sind, hier die Kurzfassung: Nachdem George Lucas mit den ersten drei Teilen schon annähernd alles über das Böse in der Welt gesagt hatte und trotzdem nicht damit aufhören wollte, kam er auf die Idee, statt Sequels, also weiterer Folgen, sogenannte Prequels zu drehen. "Star Wars" - wie alles begann. Weitere drei Filme, in denen aus dem süßen Bengel Anakin Skywalker der Giga-Schurke Darth Vader wird. Zu diesem Zweck wurden auch die Namen der Folgen geändert. Deshalb heißt der fünfte "Star Wars"-Film "Episode II". Die weltweite Fangemeinde hat das anstandslos geschluckt. Wer wochenlang vor Kinos kampiert, um an Karten zu kommen, der muckt auch nicht auf, wenn der Weltraum neu nummeriert wird.

Die Zahlen: Eine knappe Milliarde Dollar hat "Episode I" eingespielt. Platz vier der ewigen Bestenliste. Lucas soll, so berichtet das amerikanische Magazin "Entertainment Weekly", enttäuscht gewesen sein und machte als Kritiker besonders Zuschauer zwischen Ende 20 und Mitte 40 aus - also Fans der ersten oder zweiten Stunde, die den frischen Witz der ersten Folgen vermissen und denen der kindgerechte, Pepsi-Dosen-kompatible Zirkus allmählich zu albern wird. Möglich. Aber nicht der einzige Grund: "Star Wars" hat Konkurrenz bekommen. "Harry Potter", "Herr der Ringe" und jetzt besonders: "Spiderman", der am Eröffnungswochenende die 100-Millionen-Dollar-Rekordmarke übersprang. An Einladungen, aus der Realität zu flüchten, herrscht zur Zeit kein Mangel. Und: Es werden - vorsichtig formuliert - Anleihen von "Star Wars" bei Tolkiens Ring-Trilogie spürbar. Sie werden auch sichtbar in der Gestalt von Christopher Lee, der in beiden Filmen einen bösen Kampfmaschinenproduzenten spielt - und hier außerdem Graf Dooku hießt. (Die phonetische Nähe zu Graf Dracula, Christopher Lees berühmtester Rolle, mag da nur ein Treppenwitz sein). Es wird allmählich eng in Fantasien.

Also: Was nun? "Episode II", der in 46 Ländern gleichzeitig startet, steht unter dem Leitmotiv "Verbotene Liebe". Anakin Skywalker, gespielt von dem bislang nahezu unbekannten Hayden Christensen, verliebt sich in Königin Amidala, gespielt von Natalie Portman. Die beiden dürfen natürlich zueinander nicht kommen - so will es das Gesetz der Jedi-Ritter. Lucas lässt die schemenhafte Romanze mit allen Postkarten-Klischees ablaufen. Tollen auf der Wiese, Romantik am Kamin. Alles wie aus dem Katalog, umraunt von John Williams' wagnerianisch mulmendem Soundtrack. "Star Wars" wird endgültig zur Space-Soap.

Wie von Geisterhand weggewischt, bleibt kaum ein Dialog dieser Weltraumseife in Erinnerung. Auch in Szenen mit hochgeschätzten, hochbezahlten Schauspielern wie Ewan McGregor oder Samuel Jackson. Sie, oder auch der auf sein hochgestochenes Bühnenenglisch so hörbar stolze Ian McDiarmid wirken, als würden Anwälte Papiere verlesen. Wenn es um die Action geht, kann man die Leute bemitleiden, die fast sämtliche Szenen vor einer blauen Wand gedreht haben, den Blick auf Klebemarkierungen gerichtet - damit der Computer sie hinterher an der richtigen Stelle in die Special Effects reinrechnen kann. Vielleicht wird es noch eine ästhetische Diskussion darum geben, ob dieser komplett digital gedrehte Film - der für "normale" Kinos wieder auf Film kopiert wurde - zu flach wirkt, was die räumlichen Eindrücke angeht oder ob er nur mit der entsprechenden Digitalen Projektion zur Geltung kommt. "Episode III", angekündigt für 2005, soll nur noch in solchen High-Tech-Kinos gezeigt werden. Lucas' bildmächtiges Imperium wird schon dafür sorgen, dass alle sich das Neueste ins Haus holen.

Mag auch das Sound-Design der Explosionen und der verschiedenen Raumschifftypen exquisit sein - auf einem ganz normalen Linienflug zwischen den vier Planeten, auf denen sich die Handlung so grotesk zerfasert, sitzt man - fast wie im richtigen Leben - mit schlabberigen Monstren und rostigen Robotern in der Touristenklasse. Ihre Namen zu nennen, wird bald überflüssig. Die Charaktere sind nur noch Cartoons und wenn am Ende des Tages die Batterien im Lichtschwert leer sind, wäre es mal schön zu wissen, wohin die Reise geht. Dieses große Nichts, geschaffen aus Terabytes von Rechenkapazität, zeigt das Machbare - aber eben nur das. Ein heißgelaufenes Ballerspiel. Hat der Untertitel "Angriff der Klonkrieger" nicht bereits alles, was ein B-Film braucht? Höchstens der Techno-Kick könnte die Leute noch davon abhalten, bei der nächsten "Star Wars"-Episode zu sagen: same procedure as every time. Aber vielleicht liegt hier auch die tiefere Weisheit von Lucas' monomanischem Schaffen: Das Universum ist auch bloß ein langer, ruhiger Stuss.
 
Der Standart Von Claus Philipp

Wenn Roboter den Kopf verlieren ...
Technik-Demonstration statt düsterer Romantik: "Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger"Düster und romantisch sollte das neue "Star Wars"-Kapitel werden, versprach US-Produzent George Lucas: Wieder sind aber Atmosphäre und Handlung nur Hintergrund für Demonstrationen technischer Innovation.

Eins vorneweg: Nachdem in diesem Film die in der bisherigen Kinogeschichte wohl größte Kapazität an computerisierter Rechenleistung investiert wurde, vergleicht man ihn vielleicht am besten selbst mit einem Computerprogramm. Und zwar mit einem, das ein ungeheures Ausmaß an Speicherplatz beansprucht - was möglicherweise einmal zum Absturz der gesamten Datenmenge führen kann. Weiters sind in dieses Programm vermutlich Viren eingebaut, die schleichend die Festplatte zerstören und Investitionen in neue Hard- und Software nötig machen werden.

Sprechen wir von nichts weniger als einem radikalen Umsturz, ja, vielleicht auch System-absturz. Einem epochalen Umbruch jenseits von Gut und Böse. Einem völlig rationalen Schritt, der logisch auf die bisherige Praxis des US-Sommerkinos folgen musste - und doch zugleich, wie erfüllt von flackerndem Wahnsinn, ganz woanders hinführt. Dem ersten Anschein nach konzipiert als leichte Unterhaltungsware für etwa Zwölfjährige, ist Star Wars: Episode II nichts weniger als ein gigantischer logistischer Feldzug: in der technischen Komplexität seiner Machart. In den unzähligen Fronten, an denen er siegen soll. Und nicht zuletzt in seiner Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Faktor.

Abschied vom Menschen

Angriff der Klonkrieger (Attack of the Clones) nennt sich dieser mittlerweile fünfte Film von Lucas' Sternensaga: Der Produzent, Regisseur und Autor tut nur wenig, um etwa Tausendschaften von Embryonen, die er da auf Fließbändern in futuristischen Werkhallen imaginiert, moralisch zu hinterfragen - selbst wenn sie offenkundig in sinistrem Auftrag entstehen: Wesentlich ist, dass die digitale Animation gerade in solchen Massentableaus dem "realistischen" Kino überlegen ist. Legitimiert sind die Klone schon einmal dadurch, dass diese Art von Kino rein technisch am besten Heerscharen von Klonen abbilden kann.

Bei Menschen hingegen gestattet es sich geradezu fundamentale Fehlleistungen. Star Wars: Episode II ist ein Film, der einen Hochhaus-Sturz eines Jediritters samt Verfolgungsjagd in Flugtaxis einer anderen Galaxis höchst glaubwürdig veranschaulichen kann. Gleichzeitig interessiert es George Lucas keine Sekunde lang, ob der Bart des Hauptdarstellers Ewan McGregor (als Obi Wan Kenobi) permanent anders aussieht: Mal ist er echt, mal angeklebt, mal länger, mal kürzer - aber wen kümmert das, wenn nur die Landschafts- und Technologiepanoramen aus dem Computer passen?

Ähnlich ist es mit der Liebe und anderen Leiden. Bei Lucasfilm betreibt man wahnwitzigen Aufwand, um im Hintergrund gleich vier Niagarafälle nebeneinander zu imaginieren, während das im Vordergrund verspielt herumtollende Liebespaar von so etwas wie Inszenierung praktisch unberührt bleibt. Hayden Christensen (als junger, ehrgeiziger Anakin Skywalker und zukünftiger Darth Vader) und Natalie Portman (als adelige Jungsenatorin) spielen denn auch mit einer Hingabelosigkeit, vor der frühere Performances von Arnold Schwarzenegger Oscar-verdächtig anmuten.

Wenn Menschen in seinen Sternenkriegen verwundet werden, zuckt George Lucas mit keiner Wimper. Persönlichen Schmerz hingegen scheint es ihm zu bereiten, wenn Roboter eingebeult oder kurzfristig demontiert werden. Die vielleicht anrührendste Sequenz ist denn auch ein rasender Spießrutenlauf des armen C-3PO, dessen Kopf auf einem gigantischen Fließband versehentlich durch den eines Kampfroboters ersetzt wird. Die Verzweiflung darüber, dass er nun nicht mehr weiß, was die Beine tun, rückt ihn endgültig in die Nähe des Konservendosenmannes aus The Wizard of Oz. Der suchte auch ein Herz, um endlich Gefühle zu entwickeln - und vielleicht tut das auch George Lucas selbst, aber daran ist vorläufig nicht zu denken: 2005 soll Episode III in die Kinos kommen. Schon schreibt der Tycoon also am nächsten Drehbuch, am nächsten Computerprogramm, einem Update der Laufbilder, den das Kino in seiner traditionellen Form vielleicht nicht überlebt.

Keine Dutzendware

Noch einmal: Episode II ist mit herkömmlicher Sommerkino-Dutzendware nicht zu vergleichen. George Lucas, der in einer Spielklasse mit Francis Ford Coppola, Brian De Palma und Steven Spielberg groß geworden ist, bedient ja nicht irgendeinen vorformatierten Markt: Nein, das wäre ihm zu wenig. Er definiert den Markt und die Industrie, die ihn bespielen soll, also selbst.

Demgemäß ist die Attacke der Klonkrieger auch nicht konventionelles Popcorn-Kino für schnellen Konsum und gnädiges Vergessen: Nein, die Bilder ordnen sich hier nicht unter, um ärmliche B-Picture-Handlungen aufzufetten. Sie drängen vielmehr jede Handlung und jeden Handlungsspielraum radikal hinaus, um für sich selbst zu wuchern, während die Rechner auf Hochtouren laufen. State of the Art, sagt man zu so etwas mitunter. Aber was für ein Zustand ist hier erreicht worden?

Man muss sich das vorstellen: Ein mittlerweile 58-jähriger Filmemacher und Perfektionist spielt Kind und Gott zugleich. Die ihn umgebende Welt interessiert ihn nicht. Seine Welt ist ein Schneideraum. Und er ersinnt Tausende Möglichkeiten, um Welten zu erfinden, die so noch kein Mensch gesehen hat und in denen auch kein Mensch hausen möchte. Er erfindet Charaktere mit Namen wie Boba Fett oder Obi Wan Kenobi, die über unzählige Erzählstunden hinweg auch nicht die geringste relevante Veränderung durchmachen. Das tun sie dafür aber immer perfekter.

Und George Lucas mit seinem starren Blick und all seiner Macht bleibt bis auf weiteres einer der verstörendsten, beängstigendsten Popkünstler des amerikanischen Kinos.
 
Torsten Dewi ... Film.de

Zu den obigen Kritiken sag ich lieber nichts, hier hab ich noch eine sehr Schöne ...

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STAR WARS: EPISODE 2


In den nächsten Wochen werdet ihr wahrscheinlich mehrere Dutzend Reviews dieses Films lesen. Und ihr werdet ihn euch ansehen - machen wir uns doch nichts vor. Aus diesem Grund werde ich weder den Film spoilern, in dem ich ad infinitum die Handlung durchkaue, noch werde ich auf die Dinge eingehen, die offensichtlich sind, und die jeder andere Kritiker präsentieren wird.
Ich bitte zu berücksichtigen, daß ich extrem voreingenommen in diesen Film gegangen bin. George Lucas schuldet mir nämlich noch Geld. Warum? Das reicht bis ins Jahr 1984 zurück, als ich im zarten Alter von 16 Jahren "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" gesehen hatte. Damals schwor ich mir: "Wenn der Lucas noch mal einen Star Wars-Film dreht, fliege ich nach Amerika, und sehe ihn mir am Tag der Premiere an!" Dieser Schwur war für mich in seiner Ernsthaftigkeit vergleichbar mit Bruce Waynes Entscheidung am Grab seiner Eltern, böse Jungs zu fangen. Und man mache sich klar - damals bekam ich 15 DM Taschengeld im Monat, und ein Flug in die USA kostete 2000 DM.

Ein Milchbubi, ein Wort: Ich bin vor mittlerweile mehr als zwei Jahren tatsächlich nach New York geflogen, um "The Phantom Menace" am Premierentag im Kino zu sehen. Damit dürfte sich die Frage, warum mir George Lucas Geld schuldet, eigentlich erschöpfend beantworten.

Besonders angesichts der Aussage von Star Wars-Produzent Rick McCallum, Episode II sei "der romantische" Film der Trilogie, und der Aussicht auf Hayden Christensen im Schnöselmodus, war ich mehr als skeptisch, was "Star Wars Episode II: Attack of the clones" angeht (und erwartet nicht von mir, de Titel noch mal vollständig zu wiederholen).

Pause.

Die Nachspann ist jetzt mittlerweile vor drei Stunden über meine Netzhaut gewuselt. Ich hatte einen Kaffee, ein, zwei erhellende Gespräche mit Kollegen zum Thema Star Wars, und meine Haare habe ich mir schneeweiß färben lassen (was aber nichts mit dem Thema zu tun hat). Auf dem Roller, im Fahrstuhl, im Büro, am Herd - die letzten drei Stunden habe ich damit verbracht, meine eigene spontane Meinung zum Film in Frage zu stellen.

Wer mich kennt, weiß, daß ich meine eigene Meinung eigentlich nie in Frage stelle. Aber in diesem Fall schien es mir angebracht, wirklich sicher zu sein, bevor ich eine Aussage treffe, die in ihrer Radikalität und Kompromißlosigkeit sicher auf viel Widerspruch stoßen wird.

Aber es muß sein.

"Episode II" ist neben "Das Imperium schlägt zurück" der bisher größte Triumph von George Lucas, und beide Filme stehen ebenbürtig nebeneinander.

Puh, jetzt ist es raus.

Werde ich das in drei Tagen auch noch so sehen, wenn ich genug Zeit zur Reflektion hatte? Keine Ahnung. Aber hier und heute stehe ich dazu.

Es würde 80.000 Worte brauchen, den Film in allen Details zu besprechen. Darum an dieser Stelle nur Punkte, die mir erwähnenswert scheinen:

Trotz einiger sehr "spielerischer" Actionsequenzen hat man zur Abwechslung mal nicht das Gefühl, gerade Geld für einen überlangen Werbespots für Puppen und Computerspiele ausgegeben zu haben.

Du meine Güte, sieht Natalie Portman scharf aus! Mein besonderer Dank gilt hier der Kostümdesignerin.

Hayden Christensen hat das Pech, einen nervigen Charakter spielen müssen. Davon abgesehen schlägt er sich aber überraschend gut, und als besonders störend empfand ich ihn nicht.

Die Liebesgeschichte zwischen Annakin und Padme ist nicht wirklich überzeugend - warum sollte sich diese kluge und schöne Frau in einen jüngeren Rotzlöffel verlieben? Aber auch hier gilt - es stört nicht.

John Williams Soundtrack fällt dann am positivsten auf, wenn er einzelne Passagen aus der ersten Trilogie verwendet.

Ich unterstelle, daß der durchschnittliche 12jährige von der Handlung des Films überfordert sein wird.

Natalie Portman sieht einfach scharf aus.

Ewan McGregor ist erstaunlich in die Rolle des Obi Wan hineingewachsen.

Jar Jar kommt nur in zwei Szenen vor.

Yoda ist jetzt vollständig am Computer entstanden (eine überraschend eindeutig positive Entscheidung).

Ein Lichtschwert-Duell zwischen Yoda und Christopher Lee fällt entgegen aller Wahrscheinlichkeit nicht peinlich aus.

Endlich - C3PO und R2D2 vereint. Die Magie ist augenblicklich wieder da.

Der Film fahrt eine erstaunliche Menge an Insider-Gags auf - nicht nur in Richtung der anderen Episoden, sondern auch im Bezug auf George Lucas' Erstling "American Graffiti". Auch im Design nähert man sich konsequent dem "Krieg der Sterne", was "Episode II" mitunter einen anachronistischen Look verleiht.

Die fremden Planeten sehen niemals "echt" aus - jede Aufnahme eines größeren Panoramas wirkt wie eine Zeichnung von Ralph McQuarrie oder das Cover eines SF-Romans aus den 40er Jahren. Und das ist gut so.

Erwähnte ich schon, wie scharf Natalie Portman aussieht?

Es gibt so etwas wie einen "Erlebnis-Overkill": die abschließende Schlacht fährt so ziemlich alles auf, was tricktechnisch heute möglich ist - und ist an schierem Spektakel trotzdem dem Angriff auf Hoth in "Das Imperium schlägt zurück" unterlegen. Wir merken: Ab einer bestimmten Menge an Komparsen, Explosionen, und Raumschiffen lässt sich die Dramatik nicht mehr steigern.

Menschen auf fliegenden Motorrädern - wir wissen nicht erst seit "Crusade", dass das behämmert aussieht. Seit "Episode II" wissen wir nun auch, dass es keine Frage des Geldes ist, ob es behämmert aussieht.

Die Menge an Handlung, die Lucas in die 142 Minuten Laufzeit packt, hätte für eine eigene Trilogie gereicht.

"Episode II" wiederholt einen Fehler von "Episode I": Die Hauptdarsteller sind für einen großen Teil der Laufzeit voneinander getrennt, obwohl den Fans ja besonders das Zusammenspiel der Figuren gefällt.

Seien wir ehrlich - das schiere Spektakel eines Star Wars-Films bekommt man nur bei Star Wars.

Wenn "Episode II" wirklich 105 Millionen Dollar gekostet hat, wie ist es dann möglich, daß Schrott wie "Wild Wild West", "Batman Forever" und "Pearl Harbor" teurer war?

Wie alle anderen Star Wars-Filme beginnt der Film im Weltraum, und endet mit einer Szene ohne Dialog (danke an Balthasar für den Hinweis).

Natalie Portman, mein lieber Mann. Scharf.

Gut und schön, was "Episode II" aber endgültig aus den Trümmern von "Episode I" wie ein Phönix auferstehen läßt, ist die Liebe zum Detail. Im Mittelteil reisen Annakin und Padme nach Tattooine, und wir bekommen ganze Sequenzen zu sehen, die direkt aus "Krieg der Sterne" stammen könnten, und diverse Figuren des Films von 1977 schon mal präventiv vorstellen. An diesen Stellen trifft der "neue" Geist von Star Wars auf den alten - und es kommt nicht zu der befürchteten Implosion. Die Filme greifen besser ineinander, als es jemals vorstellbar schien.
"Episode II" ist nicht perfekt. Aber in aller Fairneß muß gesagt werden, daß kein Star Wars-Film perfekt war (auch nicht "Das Imperium schlägt zurück"). Allein die Notwendigkeit, eine breitestmögliche Zielgruppe anzusprechen, verhindert hartes Drama. Trotzdem schwankt der Film nicht annähernd so sehr zwischen Melodram und Slapstick wie "Episode I". Er wirkt wie "aus einem Guß", und erstaunlich erwachsen..

Fazit: Die Macht ist wieder mit George Lucas - endlich!

P.S.: Klar kann man sich den Film als Raubkopie aus dem Internet ziehen. Aber tut euch das nicht an. Sucht euch das Kino mit der größten Leinwand und den fettesten Lautsprechern - ihr werdet es nicht bereuen.

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Zuletzt bearbeitet:
Die Presse VON CHRISTOPH HUBER

Tupperware-Party unter Sternenkriegern

George Lucas inszeniert den fünften "Star Wars"-Film: "Angriff der Klonkrieger" - ein mutiger Titel für ein Recycling-Produkt.

"Was bestenfalls ein annehmbarer Zeitvertreib für 10jährige war, ist zum Eckpfeiler der westlichen Zivilisation geworden", schrieb US-Kritiker Jonathan Rosenbaum anläßlich der Wiederveröffentlichung der digital überarbeiteten (und mit dem bedeutungsschwangeren Untertitel Episode IV - A New Hope versehenen) Version von Star Wars 1997.


Schon zwanzig Jahre vorher war es George Lucas mit diesem Fantasy-Spektakel gelungen, nicht nur das Wesen des Kinos gründlich umzukrempeln - die Star Wars-Reihe war das erste "Film-Event", bei dem Nebeneinnahmen aus Bereichen wie Merchandising die Einspielergebnisse bei weitem übertrafen -, sondern auch eine Ersatzreligion zu gründen.


Der Film als Nebensache

Weniger Science als Pulp Fiction, bot Star Wars, eine vor allem aus billigen 30er-Serials, aber auch aus dem Fundus des amerikanischen Genre-Kinos zusammengesetzte Pastiche, mit seiner Anhäufung quasi-mythischen populären Kulturguts eine praktisch unbegrenzt variable Projektionsfläche für adoleszente Phantasien.


Selbst aus solchen gespeist - offensichtlich ist Star Wars nichts anderes als ein Amalgam von Lucas' liebsten Kindheitsfernseherinnerungen -, verdankt sich der durchschlagende Erfolg der Saga vor allem ihrem rückversichernden Charakter: Die Bestandteile beruhigen durch ihre offensichtliche Wiedererkennbarkeit, die starre Gut-Böse-Dichotomie täuscht über verdächtige ideologische Aspekte (wie Leni-Riefenstahl-Zitate) hinweg und die - auch vom TV übernommene - Ästhetik macht die eigentliche Filmerzählung zur Nebensache.


Holprige Dialoge, farbloses Schauspiel, logische Inkonsistenz fallen wenig ins Gewicht angesichts einer ständigen Berieselung mit neuer Information (selbst die interstellaren Wunderwelten der Filme rücken gerade nur so lange ins Bild, daß sie die Neugier kitzeln): Star Wars-Filme sind vorrangig einmal Trailer für sich selbst, ein in sich geschlossenes System, das die wirkliche Welt nicht zur Kenntnis nehmen will (und, als garantierter Kassenhit, das auch gar nicht muß).


Im neuen Film gibt es dazu eine Szene, die selbstreflexiv wirkt: "If an item does not appear in our records, it does not exist", sagt eine Dame im Jedi-Ritter-Archiv. So gesehen ist die Qualität des fünften (nach der internen Dramaturgie des Zyklus: des zweiten) Films der Reihe, angesichts der Wiederverwertungsästhetik furchtlos Angriff der Klonkrieger betitelt, für Star Wars, das Medienereignis, nicht von Belang: Da man jetzt die Handlungslücke zwischen Episode I - Die dunkle Bedrohung und dem originalen Star Wars schließen muß, ist die Story ohnehin vorgegeben (und erzwingt viel erklärendes Gerede in der ersten Hälfte).


Laserblitz aus dem Nichts

Seinen direkten Vorgänger übertrumpft Episode II trotzdem leicht: Der völlige Ernst, mit dem Lucas dort seine diffuse New-Age-Mystik behandelte, während er davor seine Erzählungen zumindest augenzwinkernd behandelte, ist wieder verschwunden.


Ein zweites gravierendes Problem - daß die Darsteller in den ansonsten durchwegs digital generierten Szenerien offensichtlich ins Nichts spielten - ist in abgeschwächter Form noch auszumachen: Samuel L. Jackson starrt dann gravitätisch ins Leere, und bei den computergenerierten Laserblitzen, die auf zur Verteidigung geschwungene Lichtschwerter prallen, ist unschwer auszumachen, daß sie den willkürlichen Handbewegungen der Schauspieler angepaßt wurden.


Ähnlich verhält es sich mit dem ganzen Film: Hier wird modernste Technologie aufgefahren, um den billigen Charme der Flash Gordon-Serials zu erreichen. Das funktioniert in Cliffhanger-Szenen, vor allem bei einer Jagd am Fließband, recht gut, ansonsten muß man für die Schnellschuß-Dramaturgie nur dankbar sein: Furchtbarer Liebeskitsch zwischen Natalie Portman und Hayden Christensen (der spielt wie eine greinende Marionette), antiquierte Design-Ausrutscher (jede halbe Stunde trifft man sich zur Tupperware-Party im Weltall) und unfreiwillige Komik (etwa beim röchelnden Abgang von Ex-Bergman-Mimin Pernilla August) sind auch in kleinsten Dosen schwer zu ertragen.
 
Die Welt Von Hanns-Georg Rodek

Antreten zur Pflichterfüllung

Diese Woche läuft "Star Wars Episode 2 - Angriff der Klon-Krieger" im Kino an. Es ist der der bisher rechnerlastigste Film der Kinogeschichte

Eine Szene im neuen "Spiderman" findet sich fast als Kopie im neuen "Krieg der Sterne": Die Heldin stürzt von einem Balkon dem sicheren Tod entgegen - als der Spinnenmann auf seiner Liane angeschwungen kommt und sie im freien Fall fängt. Exakt denselben Stunt vollführen Anakin Skywalker und Obi-Wan Kenobi in "Episode 2 - Angriff der Klon-Krieger".

Was uns zur ersten von vielen nebensächlichen Fragen führt, welcher Film den Sommer mit dem dickeren Bankkonto beschließen wird. Das dürfte "Spiderman" sein; die "Star Wars"-Serie hat es vor drei Jahren mit der unsäglichen "Episode 1 - Die dunkle Bedrohung" verpasst, ihre Fan-Gemeinde zu erweitern. Sternenkrieger der ersten Stunde werden den bitteren Weg natürlich bis zur "Episode 3" gehen, doch das ist eine Art Pflichterfüllung wie der Gang zum Bundestagswahllokal - obwohl man den "Klonkriegern", anders als der "Bedrohung", nicht mehr vorwerfen kann, sie beleidigten die Intelligenz eines neunjährigen Kindes; die Toleranzgrenze ist auf zwölf, vielleicht gar auf 13 gestiegen, so dass "Klon-Krieger" in der Rangfolge der fünf "Star Wars"-Filme wohl auf Platz drei gehört.

Auch die Frage nach der Handlung ist müßig. Für die Eingeweihten ist sowieso klar, dass Anakin Skywalker sich in Darth Vader verwandeln wird, dass er und Padmé Amidala die künftigen Eltern von Luke Skywalker und Prinzessin Leia sind und Kanzler Palpatine sich als Erzschurke herausstellt; für "Star Wars"-Nichtadepten besitzt das soviel Reiz, wie jetzt in die "Lindenstraße" einzusteigen.

George Lucas gibt sich die ersten 40 seiner 140 Minuten ziemliche Mühe, die Zusammenhänge zwischen Föderation und Republik, Skywalkers und Jedis zu erklären, doch das sind bloß redende Köpfe und man fragt sich, wo der Lucas der Siebziger geblieben ist, der mit Bildern erzählen konnte.

Vermutlich ist dieses Talent in der Abgeschiedenheit seiner Skywalker Ranch verkümmert, wo ihn nichts aus seiner selbstgeschaffenen Weltraummärchenwelt aufschreckt. Kulturkritiker haben Lucas' Sternenkrieger derart zu modernen Mythen des 20. Jahrhunderts hochgeschrieben, dass ihr Schöpfer nun hoffnungslos im Mythennetz verfangen ist und nur noch Mythenklischees abliefert.

Dementsprechend haarsträubend sind wieder die Dialoge. Wenn sich Anakin und Padmé ihre Liebe versichern, klingt das so gestelzt wie aus "Die nackte Kanone"; aber es ist bitterernst gemeint, weil Mythen bitterernst genommen werden wollen und hier einer fortgeschrieben wird. Zum Glück läuft wenigstens Ewan McGregors Kenobi nicht mehr stocksteif herum; in einer Kneipe zeigt er soviel Ansätze zur Coolheit, dass ihn George Clooney als Schüler akzeptieren könnte.

Im Grunde führen jedoch all diese Fragestellungen am Kern vorbei. In der zweiten "Star Wars"-Dreierstaffel geht es nicht mehr um Geschichten, Charaktere oder Schauspielerleistungen. Es ist zum einen ein zweistündiger Werbeblock für Spielzeugfiguren und Videospiele und zum anderen ein Schaufenster für Fortschritte der digitalen Bildproduktion; man sollte erwägen, "Episode 3" nicht mehr auf der Kultur-, sondern auf der Technikseite zu besprechen.

"Episode 2 - Angriff der Klon-Krieger" ist der rechnerlastigste Film der Kinogeschichte; eigentlich darf er gar nicht mehr als "Film" bezeichnet werden, da er komplett mit Digitalkamera aufgezeichnet worden ist. Die Akteure hatten wenig zu tun, außer auf einer leeren Rampe Spiegelfechtereien mit imaginären Monstern zu treiben, die später ins Bild kopiert wurden; jene Art Arbeit, die Schauspieler nach Drehschluss auf echte Bühnen vor richtiges Publikum treibt.

Auch einige Akteure sind bereits Computerschimären; früher steckte noch Franz Oz im Yoda-Kostüm, heute ist der Ober-Jedi eine reine Ausgeburt digitalis. Samuel L. Jackson hat als Jedi-Ratsherr so wenig zu tun, dass auch ein digitaler Jackson-Klon genügt hätte, Natalie "Padmé" Portman spielt vor allem mit ihrem top-freien Bauchnabel, und Hayden Christensen als Anakin stehen keine Zornesfalten im Milchbubigesicht. Einzig Christopher Lees Graf Dooku besitzt Format, und wir wollen es dem bald 60-jährigen George Lucas zugute halten, dass er den Entscheidungskampf zwei Greisen gönnt, Dooku und Yoda, die Laserschwerter schwingen und Blitze schleudern und die Techno-Show kurzzeitig unterbrechen.

Computergenerierte Bilder sind es, die von "Episode 2" in Erinnerung bleiben dürften: eine Verfolgungsjagd durch die metropolisartigen Häuserschluchten, Kenobis Besuch auf dem Meeresplaneten, der Circus Maximus auf Geonosis. Es sind große Panoramen, die eigentlich auf einer großen Leinwand große Wirkung entfalten müssten - und es doch nur ansatzweise tun. Sie springen einen nicht an, sondern untergraben ihre potentielle Wirkung durch eine schwer definierbare Unschärfe.

Sieht man die gleichen Szenen im Trailer im Internet, erscheinen sie viel heller, farbiger, konturierter. Das führt zu der wirklich interessanten Fragestellung: Kann die Zwangsheirat zwischen Zelluloid und Video tatsächlich funktionieren? "Episode 2" wurde digital aufgenommen, bearbeitet, geschnitten und dann auf 35-Millimeter-Zelluloid kopiert - ein Material, das viel mehr Bildinformationen aufzunehmen gewohnt ist, als ihm vom Computer geliefert werden. Wahrscheinlich sieht "Episode 2" in den 19 Kinos in Amerika, die sie digital projizieren, besser aus, als in herkömmlichen Filmtheatern. Was zu der paradoxen Situation führen könnte, dass wir im Namen des technischen Fortschritts möglichst die Qualität der Bilder vergessen sollten, die das Kino schon erreicht hatte.
 
Echo

?Star Wars: Episode II ? Angriff der Klonkrieger?

Studien des Bösen: Lehrjahre eines Unmenschen ? vom Eliteschüler zum Amokläufer

Das Böse trägt Maske, eine Art schwarzen Stahlhelm mit Totenkopfvisier. So hat es uns George Lucas in seiner klassischen ?Star-Wars?-Trilogie (1977 bis 1983) erzählt. Dass er die Vorgeschichte der Episoden IV bis VI nachreicht, hat nur einen Sinn: Wir sollen erfahren, wer unter der Maske steckt und wie das Böse in die Welt kam. In ?Episode II: Angriff der Klonkrieger? ist das Stoff für ein Pubertätsdrama, deshalb könnte der Film ebenso gut ?Verbotene Liebe? heißen.

Lucas erzählt nun von Sturm und Drang des jungen Anakin Skywalker, den wir als Maskenmann Darth Vader kennen, und der in ?Episode I? noch ein überdurchschnittlich begabter Lausbub war. Nun ist der Jedi-Lehrling Anakin 19 und soll die Senatorin Amidala beschützen, die er zuletzt vor zehn Jahren sah, als sie noch Königin ihres Heimatplaneten war. Der Leibwächter und das Fräulein Hochwohlgeboren, das wird eine Liebesgeschichte.

Vor allem Frisöre werden Anakins Begeisterung für die junge Dame verstehen, denn die Schauspielerin Natalie Portman trägt fast in jeder Sequenz neue Haarkreationen. Man fragt sich, wie das Mädchen Zeit für all die Abenteuer findet, wenn sie doch ständig mit ihrem Kopfputz beschäftigt sein muss.

Wie auch immer, sie absolviert ihren Dreikampf flirten ? frisieren ? fighten locker. Dabei ist sie so anmutig, dass selbst ein seltsamer gehäkelter Topflappen, den die Ausstatter ihr mehrfach aufs Haupt drapieren, ihre Schönheit nicht wirklich entstellt.

Man könnte Anakin also zu seiner ersten Liebe gratulieren, wenn er für seine Herzdame nicht völlig unstandesgemäß wäre und er nicht noch einen unbewältigten Mutterkomplex in sich tragen würde. Weil er als Bub die Mama allein lassen musste, hat er nun als junger Brausekopf ein schlechtes Gewissen.

Mit Vaterfiguren tut er sich schwer, eckt auch bei Meister Obi-Wan immer wieder an, was wir verstehen können. Ewan McGregor verkörpert mit Vollbart und grob gewirkter Kutte jenen Typus von wohl meinendem Sozialkundereferendar, den Schüler bei der Lehrprobe nur allzu gerne auflaufen lassen.

Nein, dieser treue Obi-Wan ist sicher kein Ersatz für den kernigen Haudegen Han Solo (Harrison Ford), der die klassische Trilogie streckenweise zum flotten Abenteuer machte. Obi-Wans dramaturgische Aufgabe besteht vor allem darin, einen anderen Weg durch die Geschichte einzuschlagen als sein Schüler Anakin.

Dadurch kann George Lucas immer wieder kreuz und quer durchs Universum springen, von Anakin zu Obi-Wan, vom Kuss zum Kampf. Durch diesen Rhythmus entfaltet der Film einen visuellen Sog, der die 142 Minuten erstaunlich schnell vergehen lässt. Da kommt man rum im All: zu Planeten, die nur aus Wüste bestehen oder aus wogendem Ozean, in ein außerirdisches Arkadien oder in eine Metropolis-Welt, wo die architektonischen Vertikalen den Horizont verdecken.

Wir besichtigen ein Stahlwerk für Roboter, ein Klonlabor und einen Circus Maximus, wo Aliens zuschauen, wie Menschen mit Drachen kämpfen.

Das sind die Kulissen für eine Geschichte, die an vielen Stellen verwoben ist mit Szenen aus der klassischen Trilogie. In ?Episode II? bündelt Lucas seine Saga in einer dichten, düsteren Vision: ?Angriff der Klonkrieger? ist der bislang bestechendste Film aus dem Universum der Sternenkrieger. Lucas präsentiert viel Kino fürs Geld, protzt aber nicht nur mit Effektbombast, sondern lässt bei allem Krawall auch Raum für Komik und Kitsch.

Wenn am Ende dann der Klonkrieg ausbricht, dann ist das auch Kulissendonner für den inneren Kampf der Pubertät, der bei Lucas mystisch überhöht ist: Wird Anakin jener dunklen Seite der Macht verfallen, die man sich wohl als irgendwie teuflisch vorstellen darf? Nun, wir kennen die Antwort ja schon und sehen besorgt, wie das Unheil seinen Lauf nehmen muss. Der junge Mann hat eben nicht nur eine lyrische Ader, die er bei seiner Amidala auslebt, sondern leider auch ein cholerisches Temperament und ein arrogantes Ego.

Der junge Hayden Christensen spielt das so differenziert, wie man es bei einem Fantasyspektakel nicht unbedingt erwarten würde. Es ist eine Studie über die Metamorphose zum Bösen: Anakin verliert erst seine Mutter, dann einen Arm. Und er begeht sein erstes Massaker an Zivilisten, einen Amoklauf, der den Betrachter in diesen Tagen unweigerlich aus dem Märchen herausreißt und an die Wirklichkeit denken lässt.

Fast wäre der Junge wohl jetzt schon reif für die Maske des Bösen ? wenn da nicht sein Liebchen wäre. Doch auch Romantik macht ihn nicht klüger: Seiner brav republikanischen Amidala erklärt er jedenfalls unumwunden, eine Diktatur könne so schlecht nicht sein, wenn sie denn funktioniere. Was bei der Erziehung des Anakin S. in den zehn Jahren zwischen Episode I und II schief gegangen ist, verrät Lucas uns nicht. Warum die Grundschule der Jedi-Ritter zu Lehrjahren eines Unmenschen wurden, bleibt das düstere Geheimnis des Films.

Wahrscheinlich hätte Obi-Wan seinen Eliteschüler besser weniger mit dem Laserschwert spielen lassen sollen und ihn dafür lieber in Herzensbildung und Staatsbürgerkunde härter rangenommen. Jetzt ist es zu spät, und schon in ?Episode III? muss das geradezu apokalyptischen Ärger geben. So bedrohlich kann der Bildungsnotstand werden.
 
Facts von André Grieder

Futuristischer Kinderkram

George Lucas beschert den Fans die fünfte Folge seines Sciencefiction-Märchens: eine Klon-Attacke.

Und wieder kampieren Menschen während Wochen vor Kinokassen, damit sie als Erste den neuen «Star Wars»-Film sehen. Und wieder hieven Nachrichtenmagazine sowie seriöse Zeitungen die Weltraumsaga von George Lucas auf die Titelseiten, schreiben von Milliardeneinnahmen, Merchandising, Mace Windu und «May the Force be with you». Am 16. Mai kommt das fünfte Sternenkrieg-Epos, «Episode II ? Attack of the Clones», weltweit in die Kinos.

Filmkritiker durften es eine Woche früher sehen. Und es darf weiter gerätselt werden, wie ein Kinderschmarren zum Kulturgut hochgehypt werden konnte, weil selbst gestandene Feuilletondenker darüber leitartikeln. Denn auch wenn «Episode II» ein bisschen besser ist als «Episode I: The Phantom Menace»: Produzent, Regisseur und Drehbuchautor Lucas liefert weiterhin bloss mythologisiertes Zukunfts-Brimborium mit sterilen Figuren, gestanzten Dialogen, digitalisierten Raumschiffen und ein paar farbigen Laserschwertern, die im Zeitalter von «The Matrix» und «Blade» noch schneidender enthüllen, was ihr eigentlicher Zweck ist: Sie verleiten Millionen von Kindern zum Kauf von typähnlichem Plastikspielzeug.

«Die Republik ist in Aufruhr. Eine Separatistenbewegung, der sich nicht einmal die Jedi-Ritter entgegenstemmen können, bedroht die Galaxie.» Mit diesen Sätzen beginnt der neuste Teil. Kein wirklicher Fortschritt gegenüber «Episode I». Sie wurde mit den Worten eingeleitet: «Die Galaktische Republik ist in Aufruhr. Die Besteuerung der Handelsrouten in entfernte Galaxien steht zur Debatte.» Und so ging der Film, den Lucas 1999 nach 16 Jahren Pause unter universalem Mediengetöse und von einer beispiellosen Merchandising-Flut begleitet in die Kinos gebracht hatte, auch weiter. Statt Action gabs in «Episode I» kindische Betriebsamkeit und erwachsene Helden, die in endlosen Sitzungen über intergalaktische Polithändel salbaderten. Die Ursaga der «Star Wars»-Mär war langweilig. Selbst die hartgesottensten Fans waren enttäuscht. Die Spielzeug-Laserschwerter und Puppen blieben in den Regalen liegen.

Lucas gelobte Besserung. Diesmal stutze er das Merchandising auf ein vernünftiges Mass zurück. Hatte Pepsi «Phantom Menace» noch auf acht Millionen Büchsen angekündigt, gibt es jetzt keine Büchsen mit «Star Wars»-Motiven. Und der Spielzeugriese Hasbro, der Lucas 980 Millionen Franken für die Rechte bezahlt, fabriziert nicht mehr aus jedem Klon eine Puppe. Aber Lucas versprach auch, inhaltlich in sich zu gehen: «Attack of the Clones» werde dunkler, spannender, ohne lächerliche Nebenfiguren, ohne schaurige Dialoge und näher bei der Original-Saga sein. Und weil er erstmals einen Drehbuchschreiber beizog, durfte man auch auf Dialoge hoffen, die nicht den Charme von Politbüro-Verlautbarungen aus der Zeit des Kalten Kriegs versprühen.

Doch die Geschichte über die Attacke der Klonkrieger löst nicht ein, was Lucas versprochen hat. Jar Jar Brinks, diese verweichlichte, kreischende Figur mit ihrer nervenden Mundart, hat zwar viel weniger Auftritte, ist aber noch immer überflüssig. Die Jedi-Ritter kämpfen ein bisschen mehr, stehen aber nach wie vor zu oft herum und sprechen in grauenhaftem Pathos von dunklen Mächten und dem Segen der Demokratie. Eine hohle Geheimwissenschaft für Zuschauer, die nicht mit Lucas? Mythologie vertraut sind. Die Liebesgeschichte zwischen Anakin Skywalker und Senatorin Padme Amidale schliesslich trieft von Kitsch. Darstellerisch kommt sie daher wie überproduziertes Schülertheater und sorgt für unfreiwillige Komik.

Die digitalisierten Sets und Fantasiegeschöpfe indes knüpfen dort an, wo Lucas mit seinem Erstling vor 25 Jahren begonnen hatte. Schon damals waren seine Spezialeffekte State of the Art. Das Riesenraumschiff, das in der Eröffnungssequenz über die Leinwand schwebte, sog die Zuschauer sofort in ein Universum hinein, wie es bislang nur in ihren Köpfen existiert hatte. Ihr Staunen übertünchte die sterilen Figuren, die schlechten Schauspieler, das absurde Geschehen und die holprigen Dialoge. Legendär Harrison Fords Bemerkung zu Lucas: «George, das kann man schreiben, aber niemals sprechen.» Lucas machte per Computer generierte Bilder zum heissesten Produkt Hollywoods und veränderte die Filmwelt. Nicht mehr Stars in plausiblen Handlungen versprachen klingelnde Kinokassen, sondern krude Plots voller Spezialeffekte. Heute nerven wegen Lucas? Pioniertat auch noch Digitalschinken wie «The Mummy» und «Scorpion King». Er aber ist mit seiner Spezialeffekte-Firma ILM immerhin wieder auf der Höhe der Zeit. In «The Attack of the Clones» erschafft er Welten von faschistoidem Pomp bis apokalyptischer Düsternis. Im Vergleich zum Aufmarsch der Klone wirken die Nürnberger Parteitage wie bescheidene Volksfeste. «Star Wars: Episode II ? Attack of the Clones» bietet fürs Auge viel, fürs knabenhafte «Star Wars»-Publikum genug Betrieb und für die von «Titanic» beseelten Mädchen reichlich Romanze, bleibt aber schwer auszuhaltender Kinderkram. Trotzdem: Der vorletzte von insgesamt sechs «Star Wars»-Filmen ? die letzte Episode folgt 2005 ? wird George Lucas, den Eigenbrötler von der Skywalker-Ranch bei San Francisco, noch reicher machen. Auch wenn seinem Werk harte Konkurrenz erwachsen wird. In Nordamerika starten etwa gleichzeitig die Blockbuster «Spiderman», «Men in Black II», «Austin Powers in Goldmember» und Steven Spielbergs «Minority Report». Kein Grund zur Panik: Trotz schlechter Kritiken, enttäuschter Fans und verhaltener Mundpropaganda wurde «Phantom Menace» 1999 mit Einnahmen von anderthalb Milliarden Franken nach «Titanic» und «Harry Potter» zum dritterfolgreichsten Film aller Zeiten. In der Schweiz steht er mit 530'000 Zuschauern erst an 18. Stelle der Bestenliste. Hier waren Filme wie «American Beauty», «Erin Brockovich» und «Amélie de Montmartre» erfolgreicher. Noch sind hier denn auch keine Fans zu sehen, die vor den Kinokassen kampieren.
 
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