Calamari-System - Mon Calamari – Coral City – Vor dem Restaurant “Blue Deep” – diverse Gleiter – Turima Belandri, Gam Sobud, Erl A Sen und Casia de Lieven
Der Gleiter war schon losgefahren, als Casia gerade eingestiegen war.
Der Fahrer pflegte einen rasanten Fahrstil, aber das kümmerte Casia nicht sonderlich. Sie hatte den Fahrer instruiert, sie zum Senatsgebäude anstatt zu dem ihr zur Verfügung stehenden Appartement zu bringen.
Auf Coral City hatte sich bereits die Dunkelheit gelegt, als Casia den Fahrer bezahlte und ausstieg. Auf der Suche nach weiteren Fahrgästen brauste dieser davon, doch das bemerkte die brünette Frau gar nicht, denn ihr Blick glitt an der dunklen Fassade hoch, die von außen mit einigen Strahlern beleuchtet wurde, aber größtenteils lag das Gebäude dunkel dar. Nur hier und da offenbarte ein Licht die Anwesenheit von Senatsangehörigen.
Casia betrat das Gebäude und schritt auf den mit indirektem Licht beleuchteten Gang, der zur corellianischen Vertretung führte, zu. Ihr Gesicht zeigte einen nachdenklichen und besorgten Ausdruck und ihre Schritte wirkten langsam, beinahe gehemmt.
Wie viele Politiker hatte sich die ehemalige Kanzlerin der Republik im Laufe ihrer Dienstjahre eine unverbindliche Gesichtsmimik zugelegt, denn jede Gesichtsregung wurde wahrgenommen, analysiert und verriet oft mehr als demjenigen lieb sein konnte.
Eigentlich war die Politik ein verlogenes Geschäft, das dauernde Paktieren und Taktieren war wie geschaffen dazu, die Leute mürbe zu machen.
Und im Moment fühlte sie sich sehr mürbe, obwohl daran, wenn sie ehrlich war, weniger die politische Lage mit ihren Problemen, als die ungewisse Zukunft ihres Heimatsystems, schuld war.
Eigentlich war es ein Ärgernis, sich in einer politischen Arena unnötige Scharmützel liefern zu müssen, während in ihrer Heimat und in anderen Teilen der Republik der blutige Krieg tobte. Krieg, der wieder einmal viele Leben fordern würde.
Casia merkte, wie ihr übel wurde und atmete tief ein und aus, während sie kurz stehen blieb. Ein Gemälde von Corel City schien ihre Aufmerksamkeit in Beschlag zu nehmen, aber in Wirklichkeit ging ihr Blick durch das Kunstwerk.
Was war im Moment nur los mit ihr? Die Kriegsanstrengungen widerten sie förmlich an, obwohl sich endlich abzuzeichnen schien, daß die Republik zur alten Stärke zurückfand. Aber dessen ungeachtet zahlten so viele für den Wahnsinn weniger Tag für Tag mit ihrem Leben.
„Sterben für Frieden“, kam es Casia zynisch in den Sinn, obwohl ihr Zynismus meistens fremd war.
Und mit einem Male erkannte Casia, daß sie Furcht empfand. Eine Furcht, die sie bisher nicht empfunden hatte. Die Furcht, daß die Bilanz ihres politischen Daseins damit enden könnte, daß ihr Heimatsystem, eines der Mitglieder der Allianz und daraus hervorgehend eines der Gründungsmitglieder der Republik, am Ende unter imperialer Herrschaft blieben. Das Erbe ihres Vaters und das ihrer Familie nicht gewahrt zu haben.
Jeder kannte Furcht, aber sie hatte Furcht nur dazu benutzt, ihre Entscheidungen genau zu hinterfragen und mit kühlem Verstand abzuwägen. Niemals war ihr Furcht so lähmend erschienen wie gerade in diesem Augenblick.
Dabei war es nicht einmal die Furcht vor Verantwortung, sondern eher eine egoistische Ausprägung. Casia fragte sich, wann dies bei ihr Einzug gehalten hatte.
Und die Furcht vor der Einsamkeit ihres Appartements hatte sie hierher getrieben, obwohl ihr die Abgeschiedenheit ihr Ruhe und Kraft spenden sollte, um die notwendige Spann- und Tatkraft für das politische Geschäft sammeln zu können.
„Richtig“, dachte Casia angewidert, „ein Geschäft. Wir schachern mit Zugehörigkeiten, Loyalitäten und Leben als wären es billige Massenartikel.“
Beinahe unbewußt hatte Casia ihren Weg wieder aufgenommen und lenkte ihre Schritte in Richtung der corellianischen Vertretung.
Furcht war ein mächtiger Antriebsgrund, das hatte sie im Laufe der Jahre gelernt. Die Sith nutzen die Furcht aktiv, während die Jedi die Furcht als Übel wahrnahmen. Wenn man betrachtete, was die Sith mit der Galaxis angestellt hatten, tendierte Casia auch eher zu der Ansicht der Jedi.
Furcht war in ihren Augen ein Trieb, ein Trieb, dem sie sich nicht beugen, dem sie ihr Handeln nicht unterwerfen wollte.
Selten erlaubte sie sich einen solchen Moment der Schwäche, der sie hierher und zu diesen Grübeleien geführt hatte.
Nun stand sie vor der Tür und hätte umkehren können, aber wenn sie schon einmal hier war konnte sie sich auch nach Neuigkeiten erkundigen. Und sich auch überlegen, wie sie ihre Gedanken nicht als Lähmung, sondern als Befeuerung für ihr Amt nutzen konnte.
Sie würde mit Maurice sprechen und den Leuten, die hier voller Anspannung und Nervosität warten auf Nachrichten, Zuversicht und wenn nötig Trost spenden und Mut zu sprechen. Sie mußte nur noch zusehen, wo sie die Zuversicht hernahm. Scheinbar brauchte sie selbst auch Zuspruch.
Casia atmete tief ein und aus, hob den Kopf merklich und ihre Gestalt durchlief ein Ruck, als sie in die Räume der corellianischen Vertretungen trat. Da Bild, was sich ihr dort bot, war einigermaßen erheiternd.
Die Vertretung hatte ein Vorzimmer, das sich in zwei Bereiche gliederte. Den direkten Empfangsbereich, der den vorderen Teil in Anspruch nahm und einen Bereich, wo sich Besucher setzen konnten. Eine gemütliche, hellbezogene Sitzlandschaft dominierte dort.
Nun hatten sich dort die Mitglieder der Vertretung versammelt, die allermeisten dösend, nur zwei blinzelten ihr verschlafen entgegen. Der Platz schien nicht ausreichend gewesen zu sein, so daß sich einige noch ihre Bürostühle geholt hatten. Der Couchtisch und die zwei kleinen Abstelltische waren mit zahlreichen Kartons mit unterschiedlichen Essensresten und Getränkeflaschen und Gläsern bedeckt.
Maurice schien sie gehört zu haben, denn er kam ihr als einziger frisch und munter, und natürlich akkurat aussehend entgegen.
Casia unterdrückte den Impuls, ihren Kopf zu schütteln. Maurice strahlte immer eine solche Tatkraft aus, um die sie ihn manchmal beneidete. Corellia war sein Leben. Und Corellia hatte er sein Leben untergeordnet.
“Ist das der Schlachtort“
fragte sie, amüsiert auf die Tische deutend.
“Wenn du dein Com mitgenommen hättest, dann hätten wir dich erreichen können, um dir mitzuteilen, daß die imperiale Flotte den Rückzug aus unserem System angetreten hat und die Bodenoffensive begonnen hat. Die Werften sind weitestgehend intakt geblieben.“
Casia mußte sich an Maurices Ärmel festhalten, weil ihr einen Augenblick schwarz vor Augen wurde. Sie ließ sich seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen und endlich breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus.
Die Mitarbeiter hatten bei der Nachricht spontan eine kleine Siegesparty gefeiert und schliefen wohl nicht nur vor Müdigkeit.
Casia deutete auf die Tür, die zu ihrem Büro führte. Maurice und Casia bewegten sich leise, um die Schlafenden nicht zu wecken, traten ein und schlossen die Tür.
Ihre Verstimmung von vorhin war wie weggeblasen. Die Nachricht von der Befreiung ihres Heimatssystems hatte sie schlagartig auch selbst befreit von Zweifel und Furcht.
“Die Nachrichtenlage ist natürlich absolut desolat. Da werden wir uns einfach in Geduld fassen müssen. Auch die Beteiligung von Admiral Blade ist durchgesickert, aber im Moment wird das noch als heißes Gerücht gehandelt.“
erklärte Maurice breit lächelnd. Natürlich er war anwesend gewesen und hatte den Kontakt hergestellt.
Und Casia war im Gedanken bei ihren Kindern. Zwei von ihnen befanden sich auf Corellia und waren Teil des Widerstandes. Und eines ihrer Kinder hatte höchstwahrscheinlich direkt an der Schlacht teilgenommen. Obwohl sie das nur vermuten konnte. Sie hatte Pascals Nachricht, daß er befördert worden war und ein eignes Kommando bekommen hatte, erhalten. Aber danach hatte sie keine Nachricht mehr von ihr bekommen. Sie konnte nur beten, daß es ihr erspart bliebe, der Republik noch ein Familienmitglied zu opfern. Ihre Familie hatte schon genug Opfer gebracht.
“Hast du Meldung von Hapan?“
fragte sie Maurice.
“Nein, wir haben keine Antwort bekommen. Bis jetzt zumindest.“
antwortete er.
“Kein Wunder. Höchstwahrscheinlich ist jemand absolut verärgert. Aber dieses plötzliche Auftauchen ohne Erklärung, keine Nachricht und die Abreise nach Corellia, was Feindesgebiet ist, könnten einen Heiligen zur Weißglut bringen.
brachte Casia die Sache auf den Punkt. Dabei sprach die Mutter aus ihr als die Politikerin.
Maurice und Casia besprachen sich noch eine Weile, wobei die Themen der morgigen Senatssitzung eine wichtige Rolle spielten. Dabei kamen ihr Maurices Einblicke in gewisse Dinge sehr recht. Sie verzichteten aber darauf, auf einen Sieg anzustoßen. Dafür hielten beide die Zeit noch nicht gekommen.
Aber dann legten sich die beiden auch irgendwie notdürftig zur Ruhe. Ihnen kam aber die Fähigkeit, aus kurzen Ruhezeiten große Kraftreserven mobilisieren zu können zugute. Diese Fähigkeiten hatten sie zur Zeiten der Allianz erworben, so daß Casia morgens erfrischt und ausgeruht aufwachte.
Zum Glück gab es in der Vertretung eine Erfrischungseinheit und Kleidung hatte sie im Büro.
Eine halbe Stunde später stand sie in ein cremefarbenes, langes Kleid gekleidet und die Haare zu einem Dutt frisiert im Vorzimmer und wünschte den Mitarbeitern einen Guten Morgen. Die Überreste der „Schlacht“ waren beseitigt worden, aber die Mitarbeiter waren alle voller Tatendrang. Die Nachricht hatte sie alle beflügelt.
Ihre Aktentasche hatte sie bei sich, weil sie vor der Sitzung nach im Senatsrestaurant frühstücken wollte. Dennoch war sie froh, daß die Nachricht von der Schlacht von Corellia nun allen zugänglich war. Es würde vieles leichter machen.
Der Weg zum Restaurant war nicht lang, dort angekommen wählte sie einen Platz, von dem sie einen guten Überblick hatte, der aber auch eine gewisse Ungestörtheit bot.
Calamari-System - Mon Calamari – Coral City – Senatsgebäude - Senatsrestaurant