Naboo

- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum - mit Noa -​

Trotzdem er in dieser Situation steckte, tat Aldridge seine Mutter so unendlich leid. Sie ermittelte und wusste doch nicht, das ihr Ziel, gerade jetzt vermutlich neben ihr saß und sie tröstete. Der Werftarbeiter musste fast grinsen, Noa hatte ihn mit dieser fürchterlich groben Ansage echt wieder zu einigermaßenem Verstand gebracht. Wie ein Fels wirkte sie gerade, man hätte fast meinen können, das sie gerade die völlige Kontrolle über die Situation hatte. Das war natürlich Blödsinn, sie beide waren nicht wenig gefesselt als zuvor, aber allein die Einstellung zur Situation machte Welten aus. Er beschloss jetzt gerade einfach nicht auf den Tod zu warten, sich Hoffnung zumindest für den Moment zu erlauben, das war durchaus okay.

„ Vielleicht könnte ich..“.

Al sprach nicht einmal zuende, und setzte den Gedanken direkt in die Tat um. Er verbog sich fast, als er es irgendwie schaffte, auf die Knie zu kommen, zwar konnte er jetzt Schultern und Kopf gar nicht mehr in die Höhe recken, aber er konnte seine Kraft ganz anders einsetzen. Der Werftarbeiter bat Noa einen Schritt zur Seite zu treten, weil die Gefahr das sich wieder etwas aus dem Regal verabschiedete, doch zu groß war. Der Naboo setzte im Gegensatz zu eben, während seiner Panikatacke, seine Kraft jetzt fokusiert ein. Aldridge stemmte sich mit aller Kraft gegen das Regal, versuchte die paar Zentimeter, die das Regal gutmöglich von der Wand entfernt stand zu nutzen, um es in eine winzige Schieflage zu bringen. Das gelang ihm auch, aber die paar Milimeter, die er am Boden gewann, reichten einfach nicht, um die Handschellen unter dem Hindernis hindurch zu bringen.


„Verdammt, das klappt auch nicht.“

Merkte er an, als er sich wieder in seine eigentliche Ausgangsposition begab, ausgestreckt auf dem Bauch liegend, ließen die Zugschmerzen nach, die ihm auf Armen und Nacken lasteten.


„Wir beide sind also Bauernopfer in dieser Sache. Das ist echt ********.“


Stellte er unnötigerweise fest, und hob den Kopf um Noa an zu sehen. Die Journalistin stand wieder neben dem Regal, und sah sich dessen Inhalt an. Aldridge viel gerade nichts mehr ein, ein Königreich für ein paar freie Hände. Er würde sie Donnie nur zu gern um den dürren Hals legen.


„Aber ich bin gewillt dir recht zu geben, ich bin jetzt einfach froh, das ich, das wir beide leben.“

Al besah sich mittlerweile die Schrauben des unteren Regalbodens, ja! Die musste man lösen können! Das würde ihn zwar nicht befreien, aber ihm sehr viel mehr Bewegungsfreiheit geben! Vielleicht genug um das Regal umwerfen zu können, ohne direkt von den Lasten, die auf ihm ruhten erschlagen zu werden.


„Wenn wir hier rauskommen, dann musst du mit mir ein Bier trinken gehen. In Theed gibt es ein paar feine Tavernen und Cantinas. Ich wette ja fast das du Trinkfest wie n Kerl bist.“


Oh wie das schmieden von vermutlich niemals durchführbaren Plänen gut tat! Er würde gerade seine Seele dafür verkaufen, ein schnödes Bier trinken zu gehen. Al konzentrierte sich nach diesem winzigen Ausflug in diese süße simple Utopien, direkt wieder aufs hier und jetzt.


„Hach ich wünschte ich hätte besseres Licht. Gibt es in dem Werkzeugkoffer irgend etwas mit einer flachen Spitze? So in etwa wie der Spachtel den du eben benutzt hast?“


Aldridge legte den Kopf jetzt ganz flach auf den Boden, so sehr, das sein Ohr komplett auf dem kühlen Boden auflag.


„Wenn wir die Schrauben des unteren Regalbodens los kriegen, vielleicht könnte ich da in eine bessere Lage kommen, um das Regal um zu schmeissen. Schaffst du es wohl, irgendwie da heran zu kommen?“

Aldridge konnte die Schrauben selbst nicht lösen, da seine Hände sich direkt hinter den verwinkelten Schrauben, auf der anderen Seite des Regalfußes befanden. Noa hatte eben schon beachtliches Fingerspitzengefühl bewiesen, als sie versucht hatte ihn von seinen Handschellen zu befreien. Dummerweise war er nur leider mit diesem Polizei Technik Irrsinn gefesselt, er wusste von seiner Mutter, das diese Art von Handschellen für Zivilpersonen gar nicht legal zu erwerben waren.
Der Werftarbeiter rückte, noch bevor er eine Prognose von Noa erhielt, seinen Körper so gut es geht zu Seite, sie würde sich irgendwie zwischen ihn und das Regal bringen müssen um schrauben zu können.


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[Naboo, Waldgebiet bei Theed, Ferienhaus der Trineers]- Cris, Tionne, Polizisten des TPD

Cris senkte seine Waffe, nicht nur, weil seine Vermutung sich bestätigt hatte, sondern auch, weil die zweite Gestalt, die nach der ersten die Waldhütte betreten hatte, ihre Waffe auf ihn richtete – ein Vorgehen, dass bei einem Zugriff durch Polizeikräfte zu erwarten war. Glücklicherweise waren Cris und das TPD auf derselben Seite.

„Miss Sanders, begrüßte er die blonde Polizistin, mit der er vor der Privatschule kurz aneinandergeraten war, und zog sich Schutzbrille und Sturmmaske herunter, nachdem er seine Waffe gesichert und wieder im Holster verstaut hatte.

„Wir sind zu spät“, stellte er darüber hinaus fest.

„Aber das war zu erwarten.“


Er wusste nicht, ob ein paar Angehörige der Spurensicherung zu Sanders‘ Team gehörten, aber irgendetwas sagte ihm, dass das keinen Unterschied machte. Die Entführer und Aldridge Trineer waren weg – und die Spur möglicherweise erkaltet.


„Der Entführte wurde offenbar mit einer Flasche niedergeschlagen, aber nichts deutet darauf hin, dass es im Vorfeld einen Kampf gegeben hat. Er war also anscheinend vollkommen arglos.“


Der ehemalige Sturmtruppler zuckte mit den Achseln.


„Entweder haben wir es mit einem sehr geschickten Täter zu tun… oder aber wir sollten ihn im persönlichen Umfeld Captain Trineers suchen. Die Anzeichen dafür scheinen sich jedenfalls zu häufen.“


Betont lässig lehnte er sich gegen die Wand und warf seiner Gegenüber einen fragenden Blick zu.

„Was denken Sie?“

[Naboo, Waldgebiet bei Theed, Ferienhaus der Trineers]- Cris, Tionne, Polizisten des TPD
 
- Naboo - Theed - Waldgebiet vor der Stadt - Ferienhaus der Trineers- Tionne, Cris, Gram, Officers... -

Das Haus war schnell gesichert, und die Spurensicherung in dem kleinen Haus verteilt. Tionne saß mitlerweile mit Sheldon vor dem Haus. Genau genommen lehnte sie gegen die Front eines Polizeispeeders, während sich in ihr Gedanken manifestierten, die ihr nicht gefielen. Captain Trineer hatte die Lage nach den Ereignissen der Dyson Schule absolut falsch eingeschätzt. Tionne ging nicht so weit, das sie sagen wollte, das Trineer an der Entführung ihres Sohnes schuld war. Sie hatte sich geschützt, aber ihren Sohn nicht nach Haus geholt? Das war grob fahrlässig, das sie es kaum glauben konnte. Trineer hatte eine phantastische Quote, was gelöste Fälle anging, war sicher nicht umsonnst relativ früh in den Rang eines Captains befördert worden, aber hier lag sie falsch. Und das Tionne allein bei dem blosen Gedanken daran, das ihre Vorgesetzte sich irren konnte, ein schlechtes gewissen bekam sprach für sich.

„ Mr. Sheldon?“

Tionne begann aus dem nichts ein Gespräch mit Sheldon, die Einmannarmee neben ihr sah sie aufmerksam an, als sie ihn ansprach. Bis auf die im Haus besprochenen Details, und die paar Fetzen vor der Dyson Schule, hatten sie kein Wort miteinander gesprochen. Und trotzdem sie ihn nicht kannte, nichts über seine Position und seine Kompetenzen wusste, wurde ihr klar, das er die einzige Person war, der sie ihre Gedanken anvertrauen konnte. Ihre Kollegen waren der Captain gegenüber massiv loyal, das war nicht schlimm, und sprach für ihre Führungsqualitäten, aber
jetzt gerade brauchte es krisiche Stimmen. Tionne hasste es, dass sie sich dazu berufen fühlte.

„Captain Trineer ist befangen und ermittelt gerade nicht in die richtige Richtung. Der Vorfall in der Dyson Schule, diese Botschaft, und jetzt ihr Sohn? Es ist offensichtlich, das das irgend jemand aus ihrer Vergangenheit ist.Ich bin mir fast sicher, das sie in ihrer Laufbahn den ein oder anderen Verdächtigen gegen sich aufgebracht hat.“

Die Polizistin gönnte dem NRSF Mann ein paar Herzschläge, um das von ihr Gesagte zu verarbeiten. Tionne ging in ihrem Kopf in der Zwischenzeit das gefühlt hunderstste mal ihre direkten Kollegen durch. Es würde sich keiner finden, der gewillt sein würde, den von der Captain angezeigten Kurs zu verlassen. Es blieb ihr keiner außer Sheldon, es blieb ihr nichts anderes übrig, ihr wegen ihm schon das zweite Mal angekratzte Ego hinter sich zu lassen.


„ Sie wird sich nicht freiwillig von dem Fall abziehen lassen, Sie haben am eigenen Leib erfahren wie selbstbewusst die Captain ist. Verstehen sie mich nicht falsch Sheldon, ich halte große Dinge auf meine Chefin, sie hat eine Aufklärungsquote die ihres gleichen sucht, aber hier und heute? Sie macht Fehler. Und..“

Sie seufzte und sprach ein wenig leiser, damit ihre Kollegen sie auf keinen Fall hörten.

„..ich finde das es Zeit ist, das jemand ihre Fehler auffangen sollte, vergangene, wie potenzielle neue.“

Tionne packte alles auf den imaginären Tisch, obwohl Sheldon noch nicht ein Wort gesagt hatte.


„Ich gehe heute Abend ein schönes Ale trinken, so ganz ohne meine Marke. Ich denke ich werde zufällig auf einen alten Bekannten der Captain treffen, der in meinen Fokus gelangt ist, als ich heute Vormittag leider gestolpert, und kopfüber in alte Ermittlungsakten gestolpert bin. Mögen Sie Ale Mr. Sheldon?“

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Ja, sie lebten beide noch und wenn es nach Noa ging, würde das auch so bleiben. Sie sah zu, wie Aldridge versuchte, sich auf dem Boden umzudrehen und sich in eine andere Position zu bringen, irgendwas das es ihnen leichter machen würde, ihn frei zu bekommen, doch das sah schlecht aus. Er hatte so gut wie keinen Bewegungsspielraum. Das Regal umzuwerfen hielt Noa zwar nach wie vor für keine gute Idee – Al würde darunter begraben werden und auf den oberen Böden lag so einiges, das sie an seiner Stelle nicht auf den Kopf geworfen bekommen wollte – doch sie hatte auch keine bessere Idee als das.

“Die Schrauben zu lösen wird nicht schwierig sein. Das Problem bist du.“

Teilte ihm Noa mit, während sie in dem Werkzeugkoffer nach einem Schraubenzieher tastete und zwei verschiedene Größen heraus zog. Sie hatte keine Ahnung, wie sie die Schrauben heran kommen sollte, wenn Aldridge so dermaßen im Weg lag.

“Du bist einfach zu groß.“

Sie hockte sich neben ihn, bereit, es zu versuchen, sah aber schon jetzt, dass es zwecklos war. Um auch nur ansatzweise an die Schrauben heran zu kommen, musste sie sich entweder auf Aldridge drauf legen oder sich um ihn herum winden. Ersteres kam absolut überhaupt nicht in Frage. Wovon träumte er bitte nachts? Noa legte sich auf die linke, ihre gesunde Seite, und versuchte sich an ihm vorbei zu schieben, doch es war schwierig, liegend voran zu kommen, wenn man die Hände gefesselt hatte und sich nicht richtig abstützen konnte. Außerdem ließ Aldridge ihr keinen Platz und sie war alles, aber keine zarte Ballerina. Sie war weder dünn noch gelenkig genug; noch ein Grund also, zukünftig weniger zu essen. Dabei hatte sie doch gerade erst abgenommen.

“Auf dein Bier wirst du wohl noch etwas warten müssen.“

Sie wusste nicht, ob sie es als Kompliment oder Beleidigung nehmen sollte, dass Aldridge sie für „trinkfest wie’n Kerl“ hielt. Normalerweise wollte Noa genau das: mit Männern gleichgestellt und nicht für ein zartes Püppchen gehalten werden. Jetzt, wo er ihr genau diesen Gefallen tat, ärgerte sie sich, dass er sie anscheinend für so unweiblich hielt. So kam es zumindest rüber. Sie versuchte sich mehr Platz zu verschaffen, während sie noch immer neben ihm lag, und rammte ihm ihren Ellbogen unsanft in die Seite. Völlig unabsichtlich natürlich. Jetzt kam sie auch an die Schrauben heran – fast. Denn genau in dem Moment, wo sie beginnen wollte, sie zu lösen, hörten sie draußen Schritte und dann ein Klacken an der Tür, genau zum unpassendsten Zeitpunkt. Es war Donnie. Was wollte der schon wieder? Noa hatte ihr Werkzeug fallen lassen und es weit unter das Regal geschoben. Den Hydroschraubenschlüssel in ihrem Hosenbund hatte sie noch bei sich. Etwas umständlich setzte sie sich neben Aldridge auf, als Jules‘ Agathons Sohn herein kam.

“Gibt’s was zu essen? Wir haben Hunger.“

Sagte Noa. Sie hatte noch nicht ans Essen gedacht (außer das eine mal, als sie beschlossen hatte zukünftig noch strenger zu diäten) seit sie hier eingesperrt war. Eigentlich eine positive Entwicklung. Was sie wollte war, den Handlanger ihres Entführers abzulenken. Sie stand auf, mit dem Rücken nah am Regal, und schob sich nach links, zurück zu der Ecke, in der sie sich befunden hatte, als sie aufgewacht war. Trotz des kleinen Raums hatte Donnie sie jetzt nicht mehr unbedingt beide gleichzeitig im Blick, jedenfalls nicht, wenn er sie wirklich aufmerksam beobachten wollte. Sein Gesicht lag halb im Schatten, da das Licht von draußen ihn von hinten anstrahlte.

“Und außerdem braucht Aldridge ein Medi-Kit. Seine Wunden müssen desinfiziert werden. Er hat überall Dreck im Gesicht!“

Ihre Stimme war fordernd, vielleicht ein wenig zu forsch, doch das ließ sich schwer abstellen. Nichtsdestotrotz wirkte es. Donnie tat, was jeder getan hätte: er betrachtete Aldridge. Und genau auf diesen Moment hatte Noa gehofft. Sie hatte den Hydroschraubenschlüssel in einer unauffälligen Bewegung in ihre Hand gleiten lassen und handelte, bevor die Gelegenheit vorbei war. Mit ordentlich Schwung und so viel Kraft, wie sie in diesem Moment in ihren Schlag hinein legen konnte, hieb sie den Hydroschraubenschlüssel auf Donnie Agathons Kopf. Er sah sie nur im allerletzten Moment auf sich zukommen und wandte sich gerade eben noch einen Zentimeter zur Seite, sodass Noas Schlag leicht abrutschte. Trotzdem taumelte er und knickte ein. Er war eben kein Felsklotz, wie Aldridge. Jemand von seiner Statur hätte Noas Schlag vermutlich besser wegstecken können, Donnie aber nicht. Wahrscheinlich sah er jetzt Sterne. Sie hörte ihn nach Luft schnappen, aufheulen und fluchen, scheinbar alles zugleich, und holte direkt noch einmal aus, um ihm einen Schlag zwischen die Schulterblätter zu verpassen. Das tat gut. Normalerweise war Noa nicht der gewalttätige Typ, doch das hier fühlte sich genau richtig an, so lange zumindest, bis sie aufsah, und genau in den Blasterlauf von Jules‘ Agathons Waffe blickte.

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[Naboo, Waldgebiet bei Theed, Ferienhaus der Trineers]- Cris, Tionne, Polizisten des TPD

Während Sanders‘ Leute ebenfalls die Waldhütte der Trineers durchsuchten, war Cris vor die Tür getreten und hatte sich die Zeit damit vertrieben, sein Gewehr von der Schulter zu nehmen und beiläufig zu überprüfen. Seine schwere Bewaffnung hatte die Polizistin vermutlich leicht überrascht – auf einem Planeten wie Naboo waren die Polizeikräfte oft nicht mit militärischer Ausrüstung ausgestattet, wenngleich Organisationen wie etwa die CSF – ob nun unter imperialer oder republikanischer Ägide – schon immer einen sehr militärischen Charakter gehabt hatten. Planeten wie Coruscant machten das oft nötig – Naboo war indes eine andere Geschichte.

Der Blick des ehemaligen Sturmtrupplers folgte der Polizistin, als sie sich zu ihm gesellte und an den Polizeigleiter lehnte, den ihre Leute mittlerweile nachgeholt hatten. Er war etwas überrascht, als sie zu sprechen begann und zu überrumpelt von dem, was sie zu sagen hatte, um sofort etwas zu erwidern. Offenbar schien sie seiner eigenen Lesart der Ereignisse – dass etwas an diesem Fall etwas mit Trineers persönlichen Umfeld zu tun hatte – ebenfalls nicht abgeneigt, befand sich jedoch in der Zwickmühle, dass sie die Untergebene der Captain war und offenbar nicht meinte, diese irgendwie von ihren vermeintlichen Fehlern überzeugen zu können. Eine schwierige Situation – die dadurch nicht weniger brisant wurde, dass sie sich einem mann anvertraute, den sie nur als Agenten der NRSF kannte. Nicht wenige dieser Agenten hätten vermutlich eher die „rebellische“ Polizistin an ihre Vorgesetzte verraten, in der Hoffnung, sich deren Kooperation zu sichern. Cris jedoch wartete, bis Sanders ihm ihren Plan dargelegt hatte, bevor er sich zu einer Antwort durchrang – aber er war schließlich auch kein Agent der NRSF.


„Ich habe nichts gegen ein Ale…“, sagte er also schließlich, während er mit seiner rechten Hand seine Pistole aus dem Holster zog und auch deren Energiezellenladung mit einem routinierten Blick überprüfte.

„Nur habe ich das Gefühl, dass das, was danach passiert, für jemanden ziemlich unangenehm werden könnte.“


Ein seltenes Grinsen erhellte seine Züge. Die Zeit des Wartens war vorbei – auch wenn ihm bewusst war, dass Sanders hier ein weitaus größeres Risiko einging als er selbst. Im schlimmsten Fall wäre sein zerbrechliches Vertrauensverhältnis zu Captain Trineer zerstört – was er als bedauerlich empfinden würde. Aber Sanders setzte hier ihre Karriere aufs Spiel. Nun. Es war ihr Vorschlag gewesen, wenn auch verklausuliert vorgetragen, oder nicht?

[Naboo, Waldgebiet bei Theed, Ferienhaus der Trineers]- Cris, Tionne, Polizisten des TPD
 
- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum - Jules, mit Noa, Donnie, Al -​

Das tiefbraune Augenpaar sah ihn erst leicht erschrocken an, dann funkelte da so etwas wie klein Mädchen Zorn in Noa Cortinas Augen. Jules hätte laut gelacht, wäre nicht der Ärger gewesen, der alles überschattete. Donnie hatte alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Er hatte das Mädchen weder richtig gefesselt, noch ihr die Würde erwiesen, sie nicht zu unterschätzen. Der Junge hatte den Schmerz verdient, den er gerade litt. Jules würde ihn noch zur Rechenschaft ziehen, aber nicht hier vor den beiden Subjekten. Fürs erste würdigte er dem Jungen, der stöhnend auf dem Boden lag, und sich den Kopf hielt, keines Blickes.

„Wissen Sie Noa..“


Die junge Frau sah ihm ihn die Augen, trotzdem er ihr eine Waffe ins Gesicht hielt, Jules hasste das.

„..in dem Moment, in dem wir beide uns in der Küche begegnet sind, da habe ich spontan die Kontrolle über ihr Leben an mich genommen. Ich sehe ein, das dies auf den ersten Blick nichts gutes mit sich bringt.“

Er ging einen Schritt auf sie zu, und langte nach dem Verbindungsstück ihrer Handschellen. Dann rang er mit sich, es wäre wohl gut sie mit dem Knauf seines Blasters zu züchtigen. Ein gebrochenes Näschen, das würde sie ganz sicher von neuerlichen Ausbruchsverssuchen ablenken. Doch Jules befand, das sie viel zu hübsch war, um ihr das Gesicht zu verunstalten. Naja an dieser bestimmten Stelle ihres Körpers, konnte man da nicht mehr von Schönheit sprechen. Bei Aldrige, wo beim Thema Gesicht, Hopfen und Malz verloren war, da war es ihm natürlich nicht schwer gefallen, seinen Blaster und seine Fäuste zu benutzten. Aber Miss Cortina? Die brauchte eine eine andere Medizin. Jules steckte den Blaster in sein Holster, holte weit aus, und verpasste ihr die schallende Ohrfeige, die Papa und Mama ihr als Kind hätten geben sollen.

„Allerdings geht mit der Kontrolle über ihr Leben auch der ganze lästige Pflicht Kram, in meine Verantwortung über.“

Er zog seine Gefangene mit einem Ruck an ihren Handschellen herunter, zwang sie mit einem leichten Tritt in die Kniehkehle auf die Knie, und rang sie mithilfe seines schieren Gewichtes Bäuchlings auf den Boden.

„Lästige Familienbesuche zum Beispiel. Wer wird mit Ihrer Schwester reden, wenn sie erfährt das Sie nicht mehr sind? Wer wird sich dem armen Ding annehmen, wenn es um sie trauert? Ich werde das, wer wird die lästigen Formalitäten erledigen, wenn man Ihre Leiche findet? Ich. Sie sehen also Noa, das alles hat auch seine guten Seiten.“

Um die Hände frei zu bekommen, stemmte er das rechte Knie fest in ihren Rücken. Das er ihr hierbei Rippen, oder einen Rückenwirbel brechen konnte, das nahm er in Kauf, das überlebte man. Noa sollte leben, noch eine wunderbare, gute, interesannte Weile. Jules hatte beschlossen, das sie, die eigentlich nicht für seinen Plan von Bedeutung war, ein interesanntes Lehrstück für Donnie darstellen würde. Würde er ein Buch darüber verfassen wollen, Jules hätte es ganz sicher „Die Zähmung der Bestie genannt“. Er musste lachen, verbot es sich aber, stattdessen grinste er breit, was sie ja nicht sehen konnte. Die Handschellen lösten sich mithilfe seines elektronsischen Schlüssels, nur um sich einen Herzschlag später direkt wieder zu schließen. Das Schwerlast Regal, hatte jetzt neben Al noch einen Anhänger.


„Sie sind dank mir also ab sofort frei von allen Sorgen Noa. Dafür sollten sie den Göttern danken, welche Sie auch immer anbeten.“


Er raffte sich mit einem Ächzen von dem kleinen Biest auf, strich sich die Kleidung glatt, und wand sich Donnie zu. Sein Sohn hatte sich mittlerweile aufgerafft, ein beherzter Griff in seinen Nacke buxierte ihn aus der Tür seiner Abstellkammer. Er selbst blieb im Raum, und überprüfte nochmal den Sitz der Fesseln der beiden Gefangenen.

„Du wirst die beiden, sofort wenn ich dir bescheid gebe, von hier weg bringen. Die Arbeiten am Ferienhaus werden bald abgeschlossen sein. Wo liegt der Erfolg Donnie?“


„Direkt unter dem Auge des Feindes“.


Ganz recht, wenn die Ermittlungen an Deannas Haus abgeschlossen waren, würde keiner der Kollegen es nochmal in Augenschein nehmen wollen, zumindest war das unwahrscheinlich. Das Versteck dort, das würde sicherer sein, als jeder andere Ort auf Naboo.

„Sehr richtig mein Junge.“


Jules kniete sich neben Aldridge, der die ganze Zeit geschwiegen hatte, und tätschelte ihm die kahle Murmel.


„Ich muss jetzt gleich los, deiner Mutter soll vom Department Chief die Leitung für den Fall entzogen bekommen. Das muss ich verhindern.“


- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum - Jules, mit Noa, Donnie, Al -​
 
- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum – Mit Jules, Donnie, Al –

Aus seiner Sicht hätte Jules Agathon keinen besseren Zeitpunkt wählen können, um unverhofft aufzutauchen. Für Noa war es der denkbar schlechteste Augenblick. Mit dem auf sie gerichteten Blaster waren alle ihre Chancen auf eine Flucht hoffnungslos unter gegangen. Sie war wie ein Schiff, dessen gerade noch im Wind aufgeblähte Segel gekappt worden waren. Der Anker, den sie mühsam eingeholt hatte, war wieder über Bord geworfen und tief im Meeresboden vergraben worden. Sie presste die Zähne aufeinander. Noa Chanelle Cortina hasste es, am kürzeren Hebel zu sitzen. Sie war so kurz davor gewesen, hier raus zu kommen! Donnie Dummkopf war genau der Idiot, für den sie ihn gehalten hatte. Sie hatte ihm den Hydroschraubenschlüssel mit Leichtigkeit über die Rübe gezogen und er jammerte sogar noch immer vor sich hin. Er war genau so eine Heulsuse wie Aldridge.

“Sieht nicht so aus, als hätten Sie hier irgendetwas unter Kontrolle!“

Konterte Noa mutig in die Mündung des Blasters hinein, als Jules Agathon meinte, sie belehren zu müssen. Noch war noch nicht aller Tage Abend. Wenn er wirklich glaubte, er könnte ihr Schiff so leicht versenken…

Die Ohrfeige traf sie unvorbereitet.

Für Sekunden schnappte Noa heftig nach Luft. Feuriger Schmerz breitete sich über ihrer rechten Gesichtshälfte aus. Nichts hatte jemals so weh getan wie das. Er stand über ihr, sein Blick rasend. Jerome überragte sie um einen ganzen Kopf. Sie fühlte sich ausgeliefert. Als er ihre Handgelenke packte, trat sie nach ihm, doch sein Griff war fest. Er drehte ihren linken Arm auf ihren Rücken. Noa schrie, dass sie ihn hasste. Auf ihrer geröteten Wange war sein Handabdruck zurück geblieben. „Ich habe es dir tausend Mal gesagt!“, schrie Jerome. Er stieß sie von sich, kraftvoll, und Noa taumelte gegen die Kante des Tisches. Sie suchte Halt an einem Stuhl. Was bildete er sich ein? Glaubte er, er könnte ihr sagen, was sie zu tun hatte? Sie war jetzt wütend, mindestens so sehr wie er. „Als ob es das besser machen würde!“, schrie sie zurück. „Das rechtfertigt gar nichts!“ Mit einer einzigen Bewegung seines Unterarms fegte Jerome den gesamten Tisch leer. Beide Teller zerbrachen klirrend auf den Fliesen, die Gläser zersprangen, das Besteck folgte laut klappernd. Bei dem Geräusch auseinanderbrechenden Porzellans zuckte sie zusammen. „Es muss nichts rechtfertigen und es geht dich einen Scheíss an!“ Polterte er weiter. Sein Ton duldete keinen Widerspruch. „Es ging mich etwas an, als du Geld von mir wolltest!“, stellte sie klar, genau so laut wie er. Die Pfanne flog durch die Luft, traf ihn in der Mitte seiner Stirn. Unter ihren Schuhen knirschten die Scherben von Glas und Porzellan, als sie sich um den Tisch herum jagten.

Atmen. Sie durfte nicht vergessen zu atmen.

Panisch zog Noa Sauerstoff in sich hinein. Ihre Augen weit aufgerissen, der Blick gehetzt, starrte sie geradeaus in die Dunkelheit. Sie fühlte sich bewegungsunfähig. Ihr Rücken war wie eingedrückt. Wo war sie? Wo war Jerome? Ihr Verstand war wie blockiert. Erst als sie Jules‘ Stimme hörte, fand sie ihren Weg zurück in die Realität. Sie war an das Regal gefesselt, gleich neben Aldridge. Noa versuchte sich ruckartig hoch zu reißen. Sie hatte Angst. Sie besaß keine Erinnerung an die letzten Sekunden. Sie erinnerte sich nur an Jerome und an den Abend vor ihrem Geburtstag. Zuerst hatten sie die halbe Wohnung verwüstet, später hatten sie sich auf dem Küchenfußboden geliebt. Sie hatte auch damals Angst gehabt. Noa hatte sich in den Scherben die Beine blutig gekratzt. Den nächsten Tag hatten sie mit viel Bier und etwas zu rauchen im Bett verbracht, so lange bis sie sich wieder gestritten hatten und wieder und wieder. Neben ihr verabschiedete sich Jules Agathon von Aldridge. Seine Worte waren weich wie Butter und scharfkantig wie ein Messer, das durch diese hindurch schnitt. Dann schloss sich die Tür hinter ihm. Noa ließ ihren Kopf nach rechts sinken, rieb ihre brennende Wange an ihrer Schulter.


“Ich hasse ihn.“

Sagte sie, längst nicht mehr ganz so kratzbürstig wie zuvor, und für einen Moment wusste sie selbst nicht, über wen sie eigentlich sprach. Sie war verloren gegangen zwischen zwei Zeitebenen und verstand selbst nicht, was geschehen war.

“Er soll mich nie wieder anfassen.“

Jules, sie meinte Jules. Noa versuchte, ihre Hände in Richtung ihres Kopfes zu heben, war jedoch zu sehr eingeschränkt in ihrer Bewegungsfreiheit. Stattdessen beugte sie sich mit ihrem Kopf zu ihren gefesselten Händen und konnte sich jetzt mit den Fingerspitzen über ihr Gesicht reiben. Ihre Haut prickelte, als hätte er sie mit ätzender Säure übergossen. Sie wollte das Gefühl los werden, dass er sie angefasst hatte.

“Wenn er es noch einmal wagt, schneide ich ihm die Hand ab.“

Versprach sie Aldridge, oder sich selbst, oder mit wem auch immer sie sprach. Sie wusste es selbst nicht.

“Jeden Finger einzeln.“

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- Naboo - Gallo Mountains - Grüne Grasebenen - Mit Akemi -

Eine Frau zu überraschen war schwierig und Richard war nicht besonders geübt darin. Er war nie gut in romantischen Gesten gewesen, weder in den großen noch in den kleinen. Er selbst war der praktische, pragmatische Typ, doch er war auch erfahren genug um zu wissen, dass Frauen diese kleinen Liebesbeweise von Zeit zu Zeit brauchten. Früher, als er noch jung und mit Mirande verheiratet gewesen war, hatte er sich keine Mühe mit solchen Dingen gegeben. Er hatte schlicht keinen Sinn darin gesehen und sich stattdessen darauf verlassen, dass auch sie solche Gesten nicht benötigte, um glücklich mit ihm zu sein. Das hatte sie oft frustriert. Mirande hatte Romantik gewollt und er hatte das für Zeitverschwendung gehalten und wenn sie ihn darauf angesprochen, oder auch nur Andeutungen gemacht hatte, hatte er abgeblockt. Es waren die Erfahrung und das Alter, die ihn gelehrt hatten, wie wichtig es war, aufeinander einzugehen. Nach Mirande hatte es viele Frauen für Richard Cohn gegeben, doch keine die ihm wichtig gewesen wäre. Das hatte sich erst wieder geändert, als Akemi in seinem Leben aufgetaucht war. Mit ihr war alles anders. Er hatte nicht das Gefühl, dass er sich um sie bemühen musste, sondern dass er es wollte. Vielleicht lag es an ihr, vielleicht auch an Naboo mit seinen fantastischen Möglichkeiten, dass es ihm schließlich gar nicht schwer gefallen war, sich eine Überraschung für sie auszudenken. Irgendwann einmal hatte sie erwähnt, dass sie gerne lernen würde zu reiten. Sie hatte bis dahin noch nie auf einem Tier gesessen. Daran hatte er gedacht, als er den Ausflug für sie geplant hatte. Es war ein interessantes Phänomen, dass er nichts von dem zu vergessen schien, das Akemi sagte oder tat, wohl aber andere Dinge. Bei Gott, er würde nie genug von ihr bekommen.

Er hätte sich gewünscht, dass es wärmer war und die Sonne schien, doch das Wetter ließ sich nicht beeinflussen. Der Himmel war Wolken verhangen und das Gras unter den Greiffüßen der Gualamas noch feucht von der Nacht, doch immerhin regnete es nicht mehr. Richard hoffte fest, dass das so blieb.


"Ich verstehe noch immer nicht, wie du es gemacht hast."

Vor ihnen lagen scheinbar endlos grüne Grasebenen, eingebettet in eine Landschaft größerer Hügel und kleinerer Erhebungen. Akemi hatte das Cape, das er für sie eingepackt hatte, bisher nicht über gezogen, obwohl es alles andere als warm war. Ihre Wangen waren von der frischen Luft wunderschön gerötet.

"Ich hätte auch in Dee'ja Peak bleiben und auf dich warten können."

Sie war noch immer dabei zu entschlüsseln, wie er es geschafft hatte sie hinter's Licht zu führen.

"Oder wäre dann Mrs. Barson gekommen, um mir zu erzählen du hättest einen Unfall gehabt und ich müsste schnellstens zu dir fahren?"

Richard musste lachen. Es machte ihm Spaß zuzuhören, wie Akemi seine Pläne zerlegte und versuchte nachzuvollziehen. Sie sah ihn an. Inzwischen saß sie längst nicht mehr so wackelig im Sattel wie noch zu Anfang ihres Ausritts. Sie hatte sich an das leichte Schaukeln gewöhnt, auch wenn sie längst noch nicht so weit war, sich an den Rhythmus anzupassen.

"Ich glaube ja, du hast Komplizen gehabt, und zwar nicht nur Darren."

Sie kam der Sache auf die Schliche. Darren war ganz offensichtlich eingeweiht gewesen, ihr Pilot war es gewesen, der sie hier her gebracht hatte.

"Farlone wusste auch Bescheid, stimmt's?"

"Schuldig im Sinne der Anklage."

Richard grinste. Er hatte Akemis beste Freundin eingespannt, allerdings nicht selbst mit ihr gesprochen. Das, sowie die Koordination mit Darren, hatte Venecia übernommen, Akemis eigene Assistentin. Sie war Akemis erste Ansprechpartnerin in den meisten Situationen und er hatte nicht riskieren können, sie nicht einzuweihen. Als sie vorgeschlagen hatte, Akemi unter dem Vorwand einer Verabredung mit Farlone aus dem Haus zu locken, war es die perfekte Idee gewesen.

"Und Venecia. Sie hat auch geholfen."

Löste er das Rätsel schließlich auf. Früher oder später hätte Akemi es ohnehin heraus bekommen und es schadete seinen weiteren Plänen nicht, wenn früher schon jetzt war. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, als sie ihn wissen ließ, wie enttäuscht sie nach dem Aufwachen über sein Verschwinden gewesen war. Es war auch für ihn nicht einfach gewesen, so früh aufzustehen und sie alleine im Bett zurück zu lassen. Er streckte seine Hand nach ihrer aus und sie ritten Seite an Seite mit eng ineinander verschlungenen Fingern. Erst nach einer ganzen Weile begann sie wieder, ihn über ihr Ziel auszufragen, dabei war es gar nicht mehr weit und sie musste sich nur noch ein kleines bisschen gedulden.

"Treffen wir jemanden?"

Wollte sie wissen.

"Oder bleiben wir allein?"

Richard hatte nicht vor, ihr etwas zu verraten und wenn er die Stelle, an der sie sich befanden, richtig einschätzte, dann lag ihr Ziel gleich hinter dem nächsten Hügel in der Talsenke darunter.

"Hast du Lust auf einen kleinen Sprint?"

Schlug er vor.

"Du meinst nicht zu Fuß, oder? Richard, ich habe keine Ahnung, wie..."

Lachend schüttelte er den Kopf.

"Du musst nichts tun, versprochen. Wenn ich Artax antreibe, wird deine Heikki ganz von selbst folgen. Alles was du tun musst, ist nicht runter zu fallen."

"Haha."

Akemi wirkte zwar nervös, lächelte aber und trotz ihrer Bedenken sah er Vorfreude in ihren Augen aufblitzen. Sie liebte Abenteuer.

"Also gut, machen wir's."

Entschied sie. Er ließ Artax zuerst in einen leichten Trott verfallen, schaute sich zu Akemi und ihrem Gualama um und pfiff auffordernd durch die Zähne. Wie erwartet folgte ihm Heikki auf dem Fuße. Sie war ein artiges Reittier, ausgebildet für jeden noch so blutigen Anfänger. Kühler Wind schlug ihnen entgegen, als er das Tempo allmählich erhöhte und sie schließlich die Hügelkuppe hinauf jagten. Er hörte Akemis Lachen hinter sich. Ihre Haare wehten im Wind. Es mochte kitschig klingen, doch wenn sie so glücklich war wie jetzt, dann war Richard es auch.

"Siehst du es?"

Rief er ihr über seine Schulter hinweg zu. Es war in dem Moment, dass sich das Tal zu ihren Füßen ausbreitete und eine alte Burgruine vor ihnen auftauchte. Der Zahn der Zeit hatte seine bemoosten Hände auf jene Mauern gelegt, die im Laufe der Jahrhunderte noch nicht eingestürzt waren. Etwas, das früher mal ein Aussichtsturm gewesen sein musste, war jedoch vollständig in sich zusammen gefallen. Um ihn herum war ein verwilderter Garten entstanden, ein Teppich leuchtender Blumen, und schräg dahinter stand die einzige stehende Fassade, die noch einen Teil des Daches auf ihren fragilen Schultern trug. Es hätte kein schönerer Ausblick sein können, als die Sonne just in diesem Moment durch die Wolken brach und ihr warmes Licht auf die steinernen Überreste der Vergangenheit fallen ließ. Kurz bevor sie die Ruine erreichten, drosselte Richard das Tempo und beide Gualamas fielen zurück in gemächlichen Schritt. Schnaubend warf Artax seinen Kopf in den Nacken, als wolle er andeuten, dass er noch Stunden über die saftigen Wiesen hätte galoppieren können. Neben ihm trottete Heikki.

"Sind wir da?"

Akemis Augen leuchteten. Statt einer Antwort schwang sich Richard aus dem Sattel und kam, um ihr ebenfalls hinunter zu helfen. Sie ließ sich in seine Arme gleiten.

"Wir sind da."

"Was ist das für ein Ort?"

"Es sind die Ruinen von Hérderes."

Er beobachtete sie, während sie sich umsah.

"Das habe ich schon mal gehört, glaube ich, aber ich kann mich nicht erinnern was es bedeutet."

Sagte sie. Richard lächelte.

"Ich erzähle dir die Geschichte, wenn du magst."

Er hatte eine Hand in seine Satteltasche gleiten lassen und holte zwei Seile hervor. Beiläufig tätschelte er Artax' kräftigen Hals, bevor er vor ihm in die Hocke hing. Akemi schaute ihm zu, eine kritische Falte auf ihrer hübschen Stirn.

"Ich fessele ihre Vorderfüße, damit sie nach Belieben grasen können, aber sich nicht zu sehr entfernen. In diesem Zustand kommen sie nicht weit."

Erklärte er ihr und wiederholte den selben Prozess bei Heikki.

"Oh, das ist clever."

Akemi wartete, bis er fertig war.

"Woher kennst du dich überhaupt so gut aus?"

Diese Frage brachte ihn zum Schmunzeln.

"Tue ich das?"

"Nun...ja."

Er legte einen Arm um sie und führte sie um die alten Mauern herum.

"Ich habe damals beim Militär gelernt mit Reittieren umzugehen. In meiner Einheit gehörte Reiten genau so zu den grundlegenden Fähigkeiten wie das Beherrschen eines Speederbikes oder das Steuern eines Landgleiters."

Antwortete er. Richard Cohn sprach nur selten über seine Zeit als Soldat, weil er nicht gerne an diesen Abschnitt seines Lebens zurück dachte. Jeder, der schon einmal einen Krieg erlebt hatte, wusste, warum. Es gab nur wenige gute Erinnerungen an diese Phase seines Lebens, Erinnerungen an seine besten Freunde, die wie Brüder für ihn gewesen waren. Marx und Orenn. Keiner von ihnen war im Krieg gefallen und doch war Richard heute der letzte von ihnen, der noch lebte. Er war der, der übrig geblieben war.

"Dann hast du in all den Jahren nichts verlernt."

Akemis Stimme klang heiter. Sie wusste, wie es sich anfühlte, vergessen zu müssen. Es war etwas, das sie miteinander teilten. Akemi hatte den Krieg auf Corellia gesehen, die Zerstörung auf Bothawui. Sie war an Orten gewesen, an denen sie niemals hätte sein dürfen und hatte Dinge getan, die sie für immer bereuen würde, genau wie er. Als sie sich ihm zum ersten Mal anvertraut hatte, hatte sie geweint. Es waren stumme, einfache Tränen gewesen. Er zog sie noch ein wenig näher zu sich heran. Mehr als jede andere Frau verstand sie diesen Teil von ihm. Sie blieb stehen, als sie den einstigen Innenhof erreicht hatten. Zu zwei Seiten noch erhoben sich die von harten Wettern geprägten Mauern, die jeden Sturm, Jahrzehnt um Jahrzehnt überstanden hatten.

"Es ist wunderschön."

War alles, was sie sagte. Richard konnte ihr nur zustimmen. Unter den letzten Überresten des Daches, geschützt vor drohenden Regenschauern, hatte er ihr Picknick aufgebaut: gebratene Maiskolben mit Honig bestrichen, in zarte Streifen geschnittenes Nerffleisch, Gemüsekugeln mit gerösteten Pinienkernen verziert und goldbraun gebackenen Süßkuchen. Da die Sonne inzwischen immer wieder ihren Weg durch die löchrige Wolkendecke fand, nahmen sie eine der Decken und setzten sich ins Gras.

"Hérderes lebte einst zur Zeit von Königin Zendaya, die vor über 400 Jahren Naboo regierte. Es heisst, sie sei eine enge Freundin der Königin gewesen."

Erzählte Richard die Legende dieses Ortes, so wie er sie von den Einheimischen gehört hatte.

"Hérderes galt als klug und äußerst schön, und war von zurückhaltender, schüchterner Natur. Obwohl sie bereits in ihrer Debütsaison viele Verehrer hatte, schenkte sie ihre Aufmerksamkeit nur einem einzelnen Mann, einem neureichen Kaufmann, dem sie sehr zugetan war. Ihr Vater, ein angesehener Mann bei Hofe, versprach ihre Hand jedoch dem Erben eines alten Adelsgeschlechts."

"Oh nein, ich wusste, es würde eine tragische Geschichte!"

Akemi hatte sich auf den Rücken gelegt und knabberte an einem Maiskolben.

"Vielleicht nimmt sie ja ein gutes Ende?"

Schlug Richard vor.

"Ich glaub' nicht, aber erzähl weiter."

"Hérderes und ihr junger Kaufmann - vermögend, aber ohne nennenswerten gesellschaftlichen Einfluss - trafen sich heimlich und planten gemeinsam davon zu laufen und in der Fremde ein neues Leben zu beginnen. Sie verabredeten sich zur Flucht bei Mitternacht, aber Hérderes erschien nie am vereinbarten Treffpunkt."

"Wo war sie?"

Es hatte nicht viel gebraucht um Akemi an die Geschichte zu fesseln.

"Ihr Vater hatte Wind von ihren Plänen bekommen und sie in ihrem Zimmer eingesperrt. Es heisst, sie habe sich einer Zofe anvertraut, die ihr Geheimnis an ihren Vater weiter getragen hat."

"Also war sie doch nicht so klug."

Über ihre Bemerkung musste Richard lachen.

"Wenn man es so sieht nicht, nein. Ihr junger Kaufmann wartete bis zum frühen Morgen, ehe er davon ausgehen musste, dass Hérderes nicht mehr kommen würde. Er versuchte sie zu kontaktieren, doch ihr Vater fing die Nachrichten ab. Er arrangierte ihre Überfahrt ins Seenland, wo sie mit dem Mann vermählt werden sollte, dem sie versprochen war."

"Und kam es dazu?"

"Ja. Es gab nichts, das Hérderes hätte tun können."

"Sie hätte kämpfen können."

Akemi war immer dafür, für die Liebe zu kämpfen und Richard stimmte ihr generell zu, doch er war sich auch bewusst, dass es eine andere Zeit gewesen war und die Kultur der Naboo, besonders in den angesehenen Adelshäusern, eine ganz andere war als die, die sie beide kannten und lebten.

"Hmm, und was ist mit der Ruine?"

Fiel Akemi plötzlich der Zusammenhang zwischen der Geschichte und diesem Ort wieder ein.

"Ah, richtig. Die existierte damals natürlich noch nicht. Hérderes' Geliebter kam hier her in die Einsamkeit, nach seine einzige Liebe die Frau eines anderen geworden war. Er war sich sicher, dass er niemals eine andere Frau würde lieben können und entschlossen, auf sie zu warten, bis sie bereit war ihren Mann zu verlassen oder dieser sie eines Tages zur Witwe machte. Er baute diese Burg, benannte sie nach der Frau, die er liebte und wartete hier auf Hérderes für den Rest seines Lebens."

"Die Ruinen von Hérderes."

Akemi murmelte die Worte, als hielten sie eine besondere Bedeutung für sie.

"Was wurde aus ihr? Haben sie sich jemals wieder gesehen?"

"Nein."

Richard schüttelte den Kopf. Er hatte genau die selben Fragen gestellt, als er die Geschichte zum ersten Mal gehört hatte.

"Sie starb Jahre später im Kindbett, hatte zuvor jedoch drei gesunde Töchter geboren, die Älteste nicht viel länger als ein halbes Jahr nach ihrer Hochzeit. Es hieß, es sei eine Frühgeburt."

Akemi rollte sich auf die Seite, stütze ihren Kopf auf eine Hand und starrte ihn an. Er konnte die Mühlen in ihrem Kopf ihre Gedanken förmlich anschieben sehen. Während sie noch nachdachte, brach Richard ein Stück Süßkuchen ab und fütterte sie damit: helles, saftiges Gebäck mit einer Schicht weisslichen Zuckergusses, der hartnäckig an seinen Fingern klebte. Bevor er aber ein sauberes Tuch finden konnte, hatte sie schon nach seiner Hand gegriffen und begonnen, seine Finger sauber zu lecken. Ihre weichen Lippen schlossen sich sanft um seinen Daumen. Er spürte zuerst ihre Zunge, die sich um seine Finger wandte, dann ihre Zähne, die ihn liebevoll bissen. Akemi saugte an seiner Haut. Ihr zuzusehen erregte ihn. Für ein paar Sekunden hielt er es aus, vielleicht etwas länger, dann hatte er sie auf den Rücken gedreht und sich über sie gestemmt. Ihre Arme waren mit Gänsehaut überzogen, als er sie in die Wiese drückte und sie küsste. Alles was sie ihm versprochen hatte, wollte er jetzt von ihr haben. Erst als es leise in der Ferne grollte, ließ er widerstrebend von ihr ab. Der Himmel hatte sich wieder zugezogen.

"Ich habe es auch gehört."

Sie studierte die finsteren Wolken.

"Meinst du, es wird regnen?"

Es war ihm lieber, wenn es das nicht täte, doch Richard wollte nicht drauf wetten.

"Lass uns lieber zusammen packen.

Schlug er vor.

"Und zurück reiten?"

Akemi klang enttäuscht.

"Wir können uns auch hier unterstellen."

"Nicht für ein paar Stunden."

Er stand auf und zog sie ebenfalls auf die Beine.

"Ausserdem habe ich noch etwas anderes mit dir vor."

Natürlich wollte sie wissen, welche weitere Überraschung er für sie geplant hatte, doch Richard schwieg eisern. Er ließ sie das Essen zusammen packen, während er die grasenden Gualamas heran holte und ihre Fußfesseln löste. Gerade als sie beteit zum Aufbruch waren, spürte er die ersten Tropfen.

"Hier, zieh das an."

Bevor er Akemi aufhalf, reichte er ihr ihr Cape. Sie ritten nicht in die Richtung, aus der sie gekommen waren, sondern in die entgegen gesetzte. Hügeliges Grasland erstreckte sich auch hier vor ihnen, bevor sie durch ein kleines Wäldchen kamen, wo die Blätterdächer der Bäume sie anfangs noch vor dem beginnenden Regen schützten. Erst als dieser an Stärke gewann und ihr Ritt sie zurück auf einen ungeschützten Weg führte, begannen sie nass zu werden. In dem Versuch, dem schlechten Wetter zu entfliehen, erhöhte Richard auf Artax das Tempo.

"Hast du das auch geplant?"

Der Stoff von Akemis wollenem Cape färbte sich immer dunkler. Wassertropfen rannen ihr aus der Stirn in die Augen. Er drehte sich zu ihr um. Ihr Gualama folgte ihm einmal mehr anstandslos.

"Sollte ich so tun als ob?"

Fragte er zurück. Das launische Wetters hatte ihr die gute Stimmung noch nicht verdorben, und ihm sowieso nicht.

"Das würde dich sehr professionell wirken lassen."

Argumentierte sie dafür. Richard erwog diesen Gedanken. Der Regen begann ihn unangenehm zu durchnässen.

"Ich bin nicht sicher, ob das unbedingt etwas Positives ist."

Gab er zu.

"Ich meine, professionell worin? Darin, hübsche Frauen zu entführen und mir romantische Gesten für sie auszudenken?"

Akemi lachte über das laute Prasseln des Regens hinweg.

"Da hast du Recht."

Rief sie ihm grinsend zu.

"Das würde deinen Ruf nicht unbedingt verbessern."

Bevor er empört fragen konnte, was um alles in der Galaxis denn das heissen sollte, hatte sie das erste Schild entdeckt. Er hatte es nicht so früh erwartet. Mit einem aufgeregten Glitzern in den Augen sah sie ihn an, so voller Spannung, dass er sich das Lachen verkneifen musste.

"Ja."

Gab er zu, bevor sie ihn mit Fragen durchlöchern konnte.

"Das ist der Plan."

Sie ritten noch eine Weile weiter, zwischenzeitlich hörte es auf zu regnen, nur Minuten später setzte ein neuer Schauer ein. Heikki und Artax waren trittsicher, selbst auf dem rutschigen Untergrund, und Richard hatte das Gefühl, dass Akemi das Gefühl im Sattel zu sitzen immer mehr genoss, trotz dass sie bis auf die Haut durchnässt war. Beschwert hatte sie sich noch kein einziges Mal, obwohl er ihr das nicht übel genommen hätte. Seine Akemi war luxuriöse Gleiter gewohnt, schicke Ledersitze und schnelle Transfers. Sie lebte in teuren Hotelsuiten und bekam an jedem Filmset ihren Kaf dorthin gebracht, wohin sie ihn haben wollte. Sie genoss diese Art Service, keine Frage, es waren nette Annehmlichkeiten, doch was sie wirklich liebte waren die einfachen Dinge im Leben, die mit denen sie aufgewachsen war. Er hatte das schon öfter an ihr beobachtet. Dennoch, er würde sie in frische Kleider stecken müssen, sobald sie die Höhlen erreicht hatten.

"Ich weiss gar nicht, wie heisse Quellen entstehen."

Stellte Akemi fest, nachdem sie wohl eine Weile darüber nachgedacht hatte. Das Schild, das sie am Wegrand gesehen hatte, hatte ihr verraten, dass sie zu einem Höhlensystem unterwegs waren, in dem sich eine Vielzahl natürlicher heisser Quellen befand - eine beliebte Touristenattraktion in dieser Gegend.

"In den meisten Fällen durch vulkanische Aktivitäten, und sei es nur unterhalb der Erdoberfläche.

Gab Richard wieder, was er gelesen hatte.

"Es kann aber auch sein, dass die Quellen ganz tief hinunter in die Erde reichen und sich das Wasser dort erwärmt, bevor es nach oben zirkuliert."

"Du meinst die Quellen reichen bis zum Planetenkern?"

Richard zuckte mit den Schultern. Er war kein Experte.

"Ich bin nicht sicher."

Antwortete er.

"Aber die Fachleute vor Ort sollten es wissen."

Die Felsen erhoben sich dunkel vor ihnen, fast so dunkel wie der Himmel über ihnen. In den Berg war das Besuchercenter hinein gebaut, eine Pyramide aus Glas, von deren Scheiben der Regen abperlte. Die Parkbuchten zu beiden Seiten des Weges, der direkt auf den Eingang zu führte, waren leer.

"Hier ist niemand."

Stellte Akemi fest.

"Hmm."

Richard schwang sich aus dem Sattel und führte Artax am Zügel zum Haupteingang hin, um durch die gläserne Fassade einen Blick ins Innere der Lobby zu werfen. Neben der gläsernen Tür leuchtete eine elektrische Infotafel an der Wand. Er hörte Heikkis Schritte auf dem steinigen Untergrund, als sich Akemi auf dem Rücken ihres Gualamas näherte.

"Geschlossen."

Las sie die knappe Notiz und machte Anstalten, abzusteigen. Reichlich unbeholfen rutschte sie an dem großen Tier hinunter. Wie ein Käfer, der auf dem Rücken lag, strampelte sie mit den Beinen auf der Suche nach festem Untergrund.

"Aber es kann nicht geschlossen sein!"

Ihr Tonfall war jetzt ein bisschen verzweifelt.
Sie hatte sich auf die heissen Quellen gefreut, Richard konnte es an ihrem Blick erkennen und aus ihrer Stimme hören. Akemis Gesicht veränderte sich, machte Enttäuschung platz und all ihre Vorfreude ging vor seinen Augen in Flammen auf.


- Naboo - Gallo Mountains - Gallo Caves - Besucherzentrum - Mit Akemi -
 
- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum - mit Noa -

Aldridge schüttelte es immernoch, trotzdem die Tür vor gefühlten Ewigkeiten ins Schloss gefallen war. Nicht nur weil Jules diesen kryptischen Kram über seine Mutter gesagt hatte, auch nicht weil ihn der Fakt hier zu sein immernoch schockierte. Nein der Grund der ihn vor Wut und Ekel zum Zittern brachte war Noa. Man konnte ihn altmodisch nennen, aber er verabscheute Gewalt gegen Frauen so sehr, das es ihm fast selbst physisch weh tat. Jules hatte sie geschlagen, sie zu Boden gerungen, und dann war..ja was war das gewesen?

„Noa?“

Aldridge hatte es eben erst gar nicht verstanden, als sie losgebrüllt hatte. Er war sich völlig sicher gewesen das sie Jules gemeint hatte, als sie geschrien hatte das sie ihn hasse. Doch dann war nur noch gehetzter Monolog gekommen, der eigentlich Dialog gewesen sein musste. Sie hatte sich mit einem unsichtbaren Kontrahenten gemessen.. Die Reporterin hatte völlig entrückt gewirkt, wenn auch nur für Momente. Ihre dunklen Augen, die eben noch weit aufgerissen durch ihn durch geblickt hatten, die sahen ihn jetzt aufmerksam an.

„Wann hast du zuletzt etwas getrunken? Du bist blass.“


Fragte er forschend nach, war diese extreme Reaktion aufgrund von einer Dehydrierung gekommen? Oder war sie doch wegen der physichen Gewalt psychisch so abgerutscht? Auf ihrer Wange zeichnete sich schwach der Abdruck von Jules Hand ab, Noa hatte sich eben fast verdreht, um ihre Wange mit den Fingerspitzen zu berühren.

„Hat er dich verletzt?“ Wollte er sie fragen, doch er verkniff es sich. Noa war dieser Typ Frau, zumindest schätzte er sie so ein, von dem er aufgezogen worden war, mit dem er aufgewachsen war, mit dem er ausgegangen war. Dieser spezielle Typ Frau trat einem lieber mit Anlauf in die Nüsse, als eine solche Frage warheitsgemäß zu beantworten. Vor seinem inneren Auge tauchte kurz Miranda auf, mit gebrochener Hand stand sie vor ihm, klatschnass vom Regen in einer dieser verkommenen Häuserschluchten Coruscants. Sie hatte sich jeder Hilfe verweigert...natürlich hatte sie das...

„Was ging da eben bei dir ab ?“


Fragte er sie dann doch, ob ihm diese Frage beantwortet werden würde, das war eigentlich egal. Eine Antwort würde nichts ändern, sie würden immer noch hier sein, sie würden immer noch mit großer Warscheinlichkeit sterben. Sie hatten eben die einzige Chance vertan, die sie je gehabt hatten. Wobei. Aldridge langte nach dem Hydroschraubenschlüssel, den er unter das Regal geschoben hatte. Nein das brachte nichts, sie war jetzt genau so eingeschränkt in ihrer Bewegung wie er.

„Anstatt ihm die Hand ab zu säbeln könntest du ihm doch dieses Ding in die verfluchte Rübe rammen hm?“

Scherzte er mit Bitterkeit in der Stimme, dann warf er den Hydroschraubenschlüssel wieder unter das Regal.

„Tut mir leid, wenn ich zu neugierig bin. Du hast eben gesagt das es dich sehr wohl etwas anginge, weil, naja wer auch immer, Geld von dir wollte.“

Aldridge senkte den Kopf und kratzte sich an seiner, sehr wahrscheinlich gebrochenen Nase. Er kannte das Gefühl, wenn die eigene Nase gebrochen war, mehr als gut.

- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum - mit Noa -
 
- Naboo - Theed - Zentrum - Revier 12 - Büro - allein -

Deanna saß schweigend in ihrem Büro, und betrachtete ein kleines gerahmtes Bild. Zwei große Strichmännchen und ein kleines waren dort zu sehen, alle drei hatten ein breites Grinsen im Gesicht, und zeigten auf ein krumm und schief aufgemaltes Haus. Die Sonne in der Ecke des Bildes hatte ein lachendes Gesicht. Die Kinderzeichnung war von Graham, aus Jux mit einem „Eldi (4 Jahre alt)“ beschriftet worden. Eldi war der Name den sich ihr Sohn kurzerhand selbst gegeben hatte, bevor er in der Lage war, seinen richtigen Namen richtig aus zu sprechen. Deanna schmunzelte, der Name Aldridge war für den kleinen lange ein Zungenbrecher gewesen, und das nur weil sie sich in den Kopf gesetzt hatte, ihren Sohn nach ihrem Lieblingsdichter Aldridge Gibbons zu benennen. Das Lächeln verzog sich rasch. Ihr Sohn war weg, Beute für einen Mörder, der sich als Spieler profilieren wollte. Und anstatt all ihre Energie auf die weitere Maßnahmen lenken zu können, um ihr Baby wieder zu bekommen, war sie vom Department Chief selbst gebremmst worden. Sie musste auf Chief Portman warten. Er wolle mit ihr sprechen hatte er gesagt, Deanna wusste genau was das bedeutete.

„Captain Trineer?“

Deanna sah auf, als sich Officer Scott über das Komlink meldete. Dank des kleinen, in ihren Schreibtisch eingelassenen Holoprojektors erschien eine Projektion des jungen Mannes auf dem polierten Holz.

„Der Department Chief und Commander Denzel sind da“.

„Danke Mister Scott.“

Die Polizistin atmete tief ein und aus, und strich sich ihre marineblaue Uniform glatt. Sie hatte sie anziehen müssen, die Vorschriften verlangten dies und sie hasste es. Im Grunde ging es nur darum, den Untergeben zu zeigen, wie viel mehr Streifen man auf den Schultern hatte. Hätten die Männer, die jede Sekunde in ihr Büro treten würden, nicht eine ganze Ladung mehr Streifen auf der Uniform als sie, Deanna hätte den Termin bewusst ignoriert. Wo war eigentlich Graham? Ach ja, der saß im Flur draussen und trank den tausendsten Kaff. Sie sehnte sich nach ihm, sie wollte bei ihm sein und an seiner Schulter verzweifeln. Deanna betätigte den Türöffner als ein Zirpen die Gäste ankündigte. Sie hatte jetzt keine Zeit um sich der Verzweiflung hin zu geben, es gab viel zu viel zu tun.


„Captain?“

Chief Portman, dieser eher kleine Mann, der sein lichtes Haar gern unter seinem Hut versteckte, beeindruckte sie nach wie vor mit seiner blosen Präsenz. Schon als Streifenpolizistin war sie nervös geworden, wenn sie den Polizeichef alle paar Zeiten gesehen hatte. Doch heute musste sie diese Erfurcht wegstecken.

„Chief? Commander Denzel? Bitte nehmen sie platz meine Herren.“

Diese oberflächlich als höflich zu wertende Geste, war nicht im gerinsten freundlich gemeint.

„Captain Trineer, wie sie wissen schätzen ich Sie als Person und als die integre Kollegin die Sie sind. Sie wissen das ich Ihnen unter normalen Umständen alles und jeden anvertrauen würde.“

Das hatte er in der Vergangenheit tatsächlich bewiesen. Die Kollegen hatten sich darum gerissen, eine Filmpremiere von Akemi Akanato absichern zu dürfen, sie hatte den Job bekommen. Das einzige Problem an jenem Abend, war ein zwei Meter großes Fangirl Namens Aldridge gewesen, das immer wieder versucht hatte sich an den Absperrungen vorbei zu stehlen.


„Sie wissen aber auch, das wir für den Fall, der gerade eingetreten ist klare Vorgaben haben. Sie sind persönlich betroffen, weswegen Sie die Leitung für diesen Fall abgeben werden.“


Chief Portmans Rethorik war schamlos. Deannas Backenzähne knirschten, als sie aufeinander gerieben wurden. Die Würfel waren gefallen. Nein.

„Ich denke es wäre kontraproduktiv, in dieser Phase der Ermittlungen, einen Kollegen komplett in den Fall ein zu weisen...Sir.“

„Captain Trineer, wir sind nicht hier um die Sache mit Ihnen aus zu diskutieren.“

Denzel, der seit jeher mit dem Kopf so tief in Portmans Kehrseite steckte, das man sich wundern musste das der Chief keine Schmerzen litt, meldete sich zu Wort. Der blasse Mann aus Moenia lies ohne das es Not getan hätte den harten Hund raus. So ein Clown.

„Commander Denzel, bei allem nötigen Respekt, Sie und der Chief machen einen großen Fehler, wenn Sie mich jetzt absetzen. Ich bin persönlich betroffen, mein Sohn ist irgendwo da draussen, und ich will ihn retten. Ich habe weder vor die Vorschriften zu brechen, noch anderweitig Kopflos handeln. Zudem..“

„Captain die Vorschriften lassen hier keinen Spielraum.“

Wand Denzel erneut ein.

„Zudem senden wir das absolut falsche Signal an die Bürger und die gesuchte Person.“

Der Türmelder zirpte erneut, und unterbrach das Gespräch. Deanna war froh darüber, jede Sekunde mehr, brachte ihr die Möglichkeit sich ihre Argumente besser zurecht zu legen. Die Gedanken zerstoben, als plötzlich Jules in ihr Büro kam, frisch rasiert und ebenfalls in Uniform. Er hatte weder von dem Termin gewusst, noch war er eingeladen worden. Er musste gerade eben davon erfahren haben, und hatte sich offensichtlich in Rekordzeit umgezogen.

„Meine Herren? Wenn ich frei sprechen darf?“

Jules drückte beiden Vorgesetzten die Hand, und setzte sich demonstrativ zu Deanna.

„Ich kann mir denken wieso Sie beide hier sind und ich muss Sie bitten mich vor ihrer Entscheidung an zu hören“.

„Auch Ihnen kann ich nur eines sagen Agathon. Wir sind nicht hier um zu diskutieren, wir sind lediglich aus Respekt vor Captain Trineer persönlich vorbei gekommen, um ihr den Beschluss mit zu teilen.“

„Ich würde mich an ihrer Stelle zurück nehmen Denzel“.

Jules Worte waren nichts als Angriff gewesen, und dennoch blieb Denzel ruhig, ob der geschmeidigen Ruhe in der Stimme ihres besten Freundes. Jules suchte Augenkontakt mit dem Commander, wirkte zu keiner Sekunde nervös.

„Wussten Sie das es Commander Denzel war, der den Einsatz externer Experten so lange wie möglich heraus zögen wollte? Erst das Wort der Königin selbst, konnte ihn dazu bewegen, Captain Trineer den Kontakt mit dem Orden der Jedi suchen zu dürfen“.


Portmans Blick wirkte überrascht, nur für eine Sekunde lang. Denzels Blick wirkte hektisch, für mehr als eine Sekunde. Deanna hätte diese Waffe trotzdem Denzel ein Schweinehund war nicht gegen ihn eingesetzt. Sie hatte sein Zögern bei Beginn der Ermittlungen durchaus nachvollziehen können. Zum damaligen Zeitpunkt hatte der Fall noch lange nicht die Brisanz von Heute erreicht.

„Lange Rede kurzer Sinn Sir, ich habe einen Vorschlag zu machen. Wie wäre es, wenn sie aufgrund der neuesten Entwicklungen, eine Doppelspitze einsetzen? Meiner Meinung nach will der Täter die Chefermittlerin gerade los werden, den Gefallen wollen wir ihm nicht tun. Captain Trineer verfügt über detailiertes Wissen über den Fall, auf ihre Kompetenz zu verzichten wäre nicht weniger als fahrlässig gerade. Setzen Sie mich als zweiten Chefermittler ein, so ist gewährleistet, das die Arbeit in jedem Falle ordentlich weiter geht. Nicht das ich die Professionalität meiner guten Kollegin auch nur eine Sekunde anzweifeln würde.“


Seine Hand fand unter dem Tisch die von Deanna, sie drückte ihr fest, und die Naboo konnte nicht umher, den Schöpfern schweigend für ihren besten Freund zu danken.


- Naboo - Theed - Zentrum - Revier 12 - Büro - mit Jules, Department Chief Portman, Commander Denzel -
 
- Naboo - Theed - Waldgebiet vor Theed - Trineers Ferienhaus - mit Cris, Swat -​

Sheldon hatte sie auf etwas hingewiesen, das sie bis eben ignoriert hatte. Tionne musste das Risiko eingehen, denn würde noch mehr passieren, sie würde sich auf Lebzeiten fragen, ob sie wirklich alles getan hatte.

„Ich bin allein erziehende Mutter Mr. Sheldon..“

Sie legte ein schiefes Grinsen auf trotzdem ihr eigentlich nicht dazu zumute war.


„Es wäre doch fürchterlich schlechte Publicity für das TPD, wenn sie mich rauswerfen würden.“

Aus einiger Entfernung winkte sie Gram herbei, der Startschuss zum Abzug war vermutlich gefallen. Tionne seufzte innerlich, und fragte sich wann dieser Wahnsinn endlich vorbei sein würde.

„Heute Abend? Gegen 18:00?“


Tionne griff in die kleine, mit einem Klettverschluss verschlossene Tasche, an ihrer Weste und zog einen kleinen Notizblock und einen Stift hevor. Sie liebte diese altmodische Art sich Notizen zu machen. Niemand konnte Zettel abhören.

„Die haben fantastische Nerfsteaks!“


Sie wollte schon auf dem Absatz kehrt machen, als ihr noch etwas wichtiges einviel.

"Danke!"

Sie hatte „Chiminos Diner“, ihr liebstes Schnellrestaurant ausgewählt. Dort würde man alles weitere besprechen können. Bis dahin gab es noch viel zu tun.....

Einige Stunden und Berichte und Erledigungen später, hatte Tionne ein großes Problem. Ihre Mutter hatte keine Zeit Eli noch ein paar Stunden zu hüten. Und da sie Jonathan auf gar keinen Fall bitten wollte, ihren Sohn ausserhalb der Besuchzeiten zu nehmen, tja da war nur eines geblieben.

„Schatz? Wenn du müde wirst sagst du bescheid ja? Dann lege ich dich in deinen Buggy.“

Ihr fast dreijähriger Sohn, sicher in einen Hochsitz drapiert, sah von dem Flimsiplast Blatt auf, das er mit einem dicken roten Stift wild bemalte, und lächelte sie an. Tionne lächelte, trotzdem sie sich gerade zur schlechtesten Mutter der Galaxie krönen wollte, zurück. Gab es eigentlich einen genügsameren kleinen Jungen? Noch eine Stunde, und seine Schlafenzeit war gekommen. Gut das das Diner ein eher wenig trubeliger Ort war, was sicherlich an Chimino, dem alten Gungan liegen mochte. Wer hier etwas essen wollte, der brauchte unendlich viel Geduld, denn der alte Herr, mit den riesigen Schlappohren wittmete sich jedem Gericht mit so viel Liebe, das es eben dauerte. Doch das was man nach mindestens einer Stunde bekam, das war von solcher Köstlichkeit, das man vor Freude sterben wollte.

„Hier Tionne!“

Die Polizistin sah auf, als sich der Küchenchef selbst auf ihn zu bewegte. Der riesige Gungan, mit dem beachtlichen Bauch balancierte einen kleinen Trinkbecher mit blauer Milch auf einem Tablett.

„Für unseren süßigsten Gast! Eine warme Milch! Geht aufs Haus!“


„Oh das ist lieb! Danke Chimino!“

Sie kannte und schätzte den Gungan seitdem sie auf der Akademie gewesen war. Er hatte sie selbst während ihrer Schwangerschaft, in der sie merkwürdigste Gelüste überfallen hatten, geduldig bedient, und ihr die ekelhaftesten Essen Kombinationen zubereitet.

„Was sagt man Eli?“

Fragte sie ihren Sohn, der begeistert nach nach dem Trinkbecher langte.


„Danke!“


Kam es mit kinderlicher Ehrlichkeit zurück. Tionne war zufrieden, Eli war hier, sie war hier, jetzt fehlte nur noch Sheldon. Und der musste sich damit abfinden, das sie einen kleinen Gast dabei hatten. Ob er Kinder überhaubt leiden konnte?

- Naboo - Theed - Zentrum - Schnellrestaurant "Chiminos Diner"- mit Eli, Chimino -​
 
- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum – Mit Al –

Das Atmen fiel Noa schwer, obwohl sie nicht wirklich sagen konnte, warum. Niemand hatte versucht sie zu erhängen oder zu erwürgen, glaubte sie jedenfalls. Was genau passiert war, wusste sie nicht. Auf einmal hatte sie diese starke Verbindung zu Jérome gehabt. Das verwirrte sie immer noch. Natürlich dachte sie häufig an ihn, schließlich war er mal ein wichtiger Teil ihres Lebens gewesen, doch normalerweise waren das nur kurze Gedanken. Vorhin aber hatte sie das Gefühl gehabt, dass er bei ihr war. Sie hatte ihn sprechen hören, hatte ihn gespürt. Sie war… zurück in der Vergangenheit gewesen. Ihre Wange brannte noch immer, nicht von Jéromes Schlag, sondern von Jules‘. Aldridge sagte, sie sehe blass aus. Das war doch Quatsch. Als ob so eine blöde Ohrfeige Noa Chanelle Cortina aus der Ruhe brächte! Und überhaupt, wie wollte er das bitteschön in der Dunkelheit beurteilen?

“Mir geht es gut!“

Antwortete sie schnippisch. Das stimmte auch, außer dass ihr Gesicht juckte wie Hölle, aber das würde sie wohl überleben. Noa kratzte sich und hatte wieder das Gefühl, dass ihre Brust sich leicht verengte. Nun, vielleicht ging es ihr nicht blendend, aber das war unter den Umständen wohl auch nicht zu erwarten. Blendend ging es ihr, wenn sie süßen Pudding aß, oder gebackene Marzipankringel, oder wenn sie in Jogginghosen in ihrer Wohnung vor dem Holo-TV-Projektor saß und sich von spannenden Sendungen berieseln ließ. Zu spät fiel ihr ein, dass sie gar keine Wohnung mehr hatte. In ihrem Zuhause auf Coruscant hatte das Imperium sie aufgespürt, sodass sie dorthin nicht mehr zurück konnte und auf Lianna bewohnte sie ein enges Zimmer innerhalb der Jedi-Basis. Das klang zwar im ersten Moment recht cool, war aber kein Vergleich zu den eigenen vier Wänden. Sobald sie hier raus kam, musste sie sich dringend etwas neues suchen. Das würde Ziel Nummer 1 ein.

Sie sah Aldridge an, mit leicht zusammen gekniffenen Augen, als er sie erneut ansprach. Im ersten Moment verstand sie nicht, was er von ihr wollte, bis ihr dämmerte, dass er über das sprach, was Jérome zu ihr gesagt hatte – und sie wiederum zu ihm. Woher wusste Trineers Sohn davon? Es gab eigentlich nur eine Möglichkeit. Aldridge konnte ihr nicht in den Kopf gucken, er war kein Jedi.


“Ich weiß nicht, was du meinst!“

Sollte sie tatsächlich vorhin blass gewesen sein, so mussten sich Noas Wangen jetzt mit Farbe füllen, zum einen aufgrund der schamlos ausgesprochenen Lüge, zum anderen von dem Ärger, den sie empfand. Die Erinnerung an Jérome war so echt gewesen, zu echt. Sie musste laut mit ihm gesprochen haben, obwohl er nicht wirklich da gewesen war. Erst jetzt begann die Wut über ihn langsam wieder abzuebben. Dafür stieg Ärger über sich selbst in Noa hoch, Ärger darüber, dass sie die Situation nicht unter Kontrolle hatte. Sie hatte wieder erlebt, was längst in der Vergangenheit lag, wie eine labile Psychopathin. Das konnte sie wirklich besser. Noa warf Aldridge einen Blick zu. War sie zu schroff zu ihm gewesen? Sie haderte mit sich, ob sie sich bei ihm entschuldigen sollte. Die Entscheidung fiel dagegen. Sich zu entschuldigen bedeutete immer auch, einen Fehler einzugestehen. Dazu war Noa nicht bereit. Sie fühlte sich gerade so schon schlecht genug.

“Wir kriegen schon noch eine zweite Gelegenheit von hier weg zu kommen.“

Sagte sie stattdessen. Sie war keine geborene Optimistin, aber in ihrer Situation mussten sie daran glauben.

“Entweder das, oder deine Mutter findet uns bald.“

Dass Deanna Trineer ihrem Kollegen und Freund bald auf die Schliche kam, war eine sehr realistische Option. Die Captain war klug und Agathon ritt sich immer weiter hinein. Früher oder später würde ihm ein Fehler unterlaufen, ihm oder seinem blöden Sohn. Und außerdem war da auch immer noch Cris. Wenn Trineer sie nicht fand, dann würde er es tun. Aufgeben würde Noa jedenfalls nicht. Warum auch? Schon nach einem einzigen Versuch war sie kurz davor gewesen, ihren Entführern zu entkommen. Jules Agathon war einfach im falschen Moment aufgetaucht. Erst hatte er alles verdorben, dann hatte er es gewagt, Noa zu schlagen. Genau genommen war es bereits das zweite Mal, dass er das getan hatte. Was ging in diesem Monster nur vor? Hielt er sich für eine Art Gott? Eines stand fest, er hatte es geschafft, Noa sauer zu machen, und zwar richtig.

- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum – Mit Al –
 
[Naboo, Theed, Gleiter]- Cris

Konzentriert steuerte Cris seinen Gleiter durch den Verkehr Theeds und achtete dabei penibel darauf, sich an die Verkehrsregeln zu halten – es wäre doch eine etwas bizarre Situation, würde ihn jetzt ein Streifenpolizist anhalten und das kleine Arsenal entdecken, dass er nach seinem Weg durch den Wald wieder im Kofferraum des Fahrzeugs verstaut hatte. Natürlich würde sein NRSF-Ausweis die Situation schleunigst bereinigen – aber mehr Aufmerksamkeit als nötig auf sich zu ziehen entsprach ganz einfach nicht seinen Einsatzparametern.

Zurück an dem Hotel, in dem er für die Dauer des Einsatzes untergebracht war, verstaute er seine Ausrüstung in einer schwarzen Sporttasche und trug sie zurück auf sein Zimmer – ein Blick auf sein Chrono hatte ihm verraten, dass bis zum von Sanders vorgeschlagenen Termin noch genug Zeit war. Er wusste nicht, was genau die Polizistin mit ihm besprechen wollte – ihr Vorschlag hatte im Grunde bereits so konkret geklungen, als wüsste sie, wo in Theed man Verdächtige auftreiben konnte, die zur Klärung des Falls beitragen konnte – doch für den Moment entschied Cris sich, nach ihren Regeln zu spielen. Immerhin war sie es, die einiges riskierte – ihre Anspielung auf ihren Status als „alleinerziehende Mutter“ jedenfalls verstand er als Scherz, schließlich konnte er sich nicht vorstellen, dass eine auf Effizienz angewiesene Regierungsbehörde auf derartige Details oder die Möglichkeit negativer Publicity Rücksicht nahm. Polizisten, die aktiv gegen ihre Vorgesetzten operierten, waren nicht tragbar – es sei denn, sie vermieden es, aufzufliegen, bevor sie die Fehler dieser einwandfrei belegen konnten.

Eine halbe Stunde vor dem verabredeten Termin stieg Cris wieder in seinen Gleiter, frisch geduscht und wieder in ziviler Kleidung – schwarzes Hemd, Hose und ein Jackett, unter dem im Schulterholster seine IR-5 Intimidator verborgen war. In der Zeit, die ihm geblieben war, hatte er kurz darüber nachgedacht, Selby auf Lianna zu kontaktieren und sich nach Lorraine zu erkunden – es dann jedoch verworfen. Die Regeln des Geheimdienstes in Bezug auf private Kommunikation während eines Einsatzes waren glasklar – selbst für Agenten seiner Sektion. Vielleicht gelang es ihm ja, ihr vor seinem Rückflug ein Mitbringsel zu besorgen, wenngleich er sich im Klaren darüber war, dass er sich wohl kaum aus seinen neuen elterlichen Pflichten rauskaufen konnte. Das Leben war plötzlich so viel komplizierter geworden. Und jetzt fehlte sogar Noa, es mit ihm zu teilen. Was sie in diesem Moment wohl tat?

Der Gedanke an Noa führte automatisch zu der Person, in deren Begleitung die Journalistin und Widerstandskämpferin nach Naboo gekommen war – Cheetah, die Gesandte des Jedi-Ordens und damit neben Cris die zweite an den Ermittlungen Beteiligte, die Captain Trineer keinerlei Rechenschaft schuldig war. Sollte er Sanders vorschlagen, die Jedi ebenfalls miteinzubeziehen? Oder würde die Polizistin es womöglich ablehnen, ein Mitglied des Ordens in ihre konspirativen Pläne hineinzuziehen? Möglicherweise war es geschickter, Sanders‘ Bereitschaft vorsichtig auszuloten…

Schließlich brachte Cris den Gleiter an der Adresse, die Sanders ihm gegeben hatte, zum Stehen. Das Restaurant wirkte auf den ersten Blick gemütlich und wenig frequentiert, was ob des Grundes, aus dem sie sich hier trafen, wohl nur gelegen kam.

Das erste, was Cris auffiel, als er durch die Tür ins Innere des Restaurants trat, war der ältere Gungan hinter dem Tresen, vermutlich der Inhaber des Ladens. Man sah viele Angehörige dieser Spezies hier in Theed, waren die Gungans nach den Menschen doch am präsentesten auf Naboo, wenngleich Cris wusste, dass sie ursprünglich aus unterseeischen Siedlungen spannten. Offenbar fühlten sie sich an der Oberfläche des Planeten jedoch ebenso wohl und hatten es geschafft, mit den Menschen auf dem Planeten eine friedliche Symbiose einzugehen. Etwas, das unter imperialer Herrschaft vermutlich nicht funktioniert hätte.


Als Cris schließlich auch Sanders erblickte, musste er kurz blinzeln – die Polizistin war nicht alleine, wenngleich es sich bei ihrer Gesellschaft mitnichten um einen weiteren Polizisten ihres Departments handelte. Jetzt dämmerte Cris auch die weitere Relevanz ihres Hinweises auf ihr Privatleben – der kleine Junge, der an ihrem Tisch in einer Art Hochsitz saß, konnte nicht älter sein als vier Jahre. Ein wenig brachte diese Erkenntnis Cris aus dem Konzept, ehe er sich dazu durchringen konnte, weiterhin vermeintlich professionelle Kaltschnäuzigkeit an den Tag zu legen. Kurz wanderte seine Hand jedoch unter sein Jackett und überprüfte, ob die dort verborgene Waffe auch wirklich gesichert war – nach seinen Erfahrungen mit Akemis kleinem Bruder Daiki liebten kleine Kinder es, alles Mögliche zu ertasten.

„Miss Sanders, begrüßte er die Polizistin mit einem leichten Kopfnicken, nachdem er sich zu ihr an den Tisch begeben hatte, wobei sein Blick noch einmal kurz in Richtung des Jungen wanderte, der an ihm jedoch nur mäßig und viel mehr an seinem Glas blauer Milch interessiert zu sein schien. Ohne weitere Umschweife setzte Cris sich und warf einen Blick auf die holographische Speisekarte.

„Können Sie etwas empfehlen…?“

Ein wenig Smalltalk zum Einstieg konnte nicht schaden.


[Naboo, Theed, „Chiminos Diner“]- Tionne, Cris, Eli, Chimino
 
- Naboo - Theed - Vorort - Jules Werkstatt - Lagerraum - mit Noa -

Ja, er hatte sie richtig eingeschätzt. Noa war einer dieser speziellen Frauen, von denen so viele in sein Leben getreten waren. Aldridge musste aus dem nichts an Diona denken. Seine Ex Freundin war auch eine dieser Frauen, allerdings mit einem kalten Einschlag der seines gleichen suchte. Die ersten Jahre, in denen er viele Erfolge in der Liga gefeiert hatte, da war sie die netteste Frau gewesen. Besonders nach den vielen von ihm gesponserten Shoppingtouren, da war sie unhaltbar gewesen. Sie hatte an solch schönen Tagen dann Abends für ihn gekocht, die gemeinsame Wohnung hübsch dekoriert, und dann hatte es am Ende immer das Doppelhighlight Essen und Sex gegeben. Schöne Zeiten waren das gewesen, Anerkennung und Erfolg im Sport, Geld, eine schöne Freundin. Der Bruch in ihrer Beziehung, der hatte sich mit schwindendem Erfolg angeschlichen, und hatte die beiden nach einer von ihr abgebrochenen Schwangerschaft im Grunde entgültig entzweit. Sie hatte ihm diesen Abbort ganz nebenbei in einem Streit gestanden, in Tagen, in denen sich seine Profi Karriere dem Ende zugeneigt hatte, und es ihm in die Schuhe geschoben. Sie hätte die finanziellen „Nöte“ die er mit dem Wechsel zu den Kantaara Shaaks verursacht hatte als Grund für ihre Entscheidung genannt. Al hatte sich den Schuh niemals angezogen, trotz aller Bestürzung und Selbstzweifel. Diona hatte doch im Grunde niemals Kinder gewollt. Al wurde jetzt und hier, in Ketten gelegt, endlich wieso er trotz allem immer mit ihr zusammen geblieben war – er ertrug es nicht allein zu sein.

„Auf auf ihr Trottel.“

Al wurde aus seinen Gedanken gerissen, als die Tür zur Abstellkammer aufgerissen wurde. Er erkannte Donnie nur an seiner Stimme, denn das Licht das durch die Tür die Dunkelheit durchbrach blendete ihn zu sehr. Als dann auch noch ein greller grüner Blitz an ihm vorbei zuckte war es für ein paar Sekunden vorbei mit jeder Orientierung.

„Was hast du gemacht?“

Al hatte nach ein paar Sekunden die weissen Flecken wegblinzeln können, die der Blasterblitz verursacht hatte. Der Blitz hatte Noa getroffen, sie war bewusstlos, oder schlimmeres? Al registrierte zu seiner Erleichterung das ihm regelmäßige, kräftige Atemzüge entgegen gehaucht wurden. Sie knirschte gar ein wenig mit den Zähnen.

„Die Kuh hält nur mal für nen Moment die Klappe. Wärst du nicht so ein Brocken, hätte ich auch dich betäubt um dein Gejammer nicht mehr zu hören. Zudem!“

Donnie betätigte ein kleines Gerät, und dann vielen begleitet von einem Piepsen, vielen Aldridges Handschellen ab, genau wie Noas.

„Kannst du dich mal nützlich machen! Auf auf! Heb sie auf!“

Und trotzdem er nicht verstand was das sollte, und weil der Blaster in Donnies Hand Argument genug war, gehorchte Aldridge, setzte sich auf, und machte sich dann daran Noa auf zu lesen. Donnie vergaß leider nicht die Handschellen auf zu lesen.

„Wo fahren wir hin?“

Fragte er mit monotoner Stimme, während er Noa bei den Handgelenken fasste.

„Dahin wo wir hergekommen sind. Los jetzt!“


Aldridge, der anstelle ihrer Handgelenke jetzt ihre Oberarme umklammerte, verlagerte sein Gewicht nach hinten, und lies Noas Oberkörper irgendwie in seine Arme fallen. Sich mit ihr in den Stand auf zu richten, war nicht unbedingt leicht. Aldridge hatte seit Ewigkeiten nicht mehr aufrecht gestanden, geschweige denn was etwas getrunken, oder gesessen. Aber am Ende klappte es, er hielt sie mit einer Hand fest, griff mit der anderen nach, und schon war sie mit dem Kopf halb auf seiner Schulter platziert. Ihre Arme hingen schlaff über seine Schultern. Oh Mann, würde sie gleich im falschen Moment zu sich kommen, Aldridge war sich sicher das sie ihn entweder in den Hals beissen, oder ihn erwürgen wollen würde.


„Los zu dem Transporter!“

Wies der dürre Donnie ihn an, und bedeutete ihm vorraus zu gehen. Aldridge tat wie ihm befohlen, und ging eiligen Schrittes vorran. Es ging durch die Werkstatt, in der er so oft gewesen war, um sich von seinem guten Onkel Jules das stotternde Speederbike, reparieren zu lassen, direkt nach draussen. Es dämmerte, und eine Frage schlich sich in Aldridges Kopf, die er bis eben ignoriert hatte, wie lange war er eigentlich schon in der Gewalt seiner Häscher? Er hatte weder im Ferienhaus, noch hier ein Fenster gehabt, um sich orientieren zu können. Ging man nach den Bartstoppeln in seinem Gesicht, die er jetzt in der glänzenden Politur des tieflbauen Transportgleiters sah, mindestens zwei Tage. Er hatte einen starken Bartwuchs, bekam klassische "Fünfuhrnachmittagsstoppeln", wenn er sich erst Morgens rasiert hatte.

„Du kannst dich freuen! Deine Mutter siehst du bald wieder!“

„Das hoffe ich, und ich hoffe sie knallt dich vor meiner Nase ab!“


Donnie quittierte diese „Frechheit“ mit einem Grinsen,und öffnete die Hintertüren des Gleiters . Aldridge musste nicht nachfragen, um zu wissen was als nächstes kam. Er trat mit drei großen Schritten an die Ladefläche heran, und lies Noa sachte auf diese gleiten. Mit ein paar Handgriffen, war sie ganz verstaut.

„Steig ein!“

Wies Donnie ihn an, und bohrte ihm den Blaster in den Rücken, der kurze Gedanke, jetzt einen Befreieungsversuch zu starten, starb sofort. Stattdessen stieg Al in den Transporter, und setzte sich neben Noa. Ihr Kopf lag ungeschützt auf dem harten Boden, was ihn dazu verleitete sich das Hemd aus zu ziehen. Sein grünschwarz kariertes Hemd war dreckig, aber war wohl ganz sicher die bessere Alternative. Donnie, dem diese Geste nicht entgangen war, schüttelte den Kopf.

„Willst du vielleicht noch dein T Shirt ausziehen? Damit sie sich in dich verliebt? “


Donnie stieg zu beiden auf die Tragfläche, und legte erst Noa Handschellen an, dann Aldridge, der sich dafür verfluchte nicht den Mut zu haben, ihn hier und jetzt überwältigt zu haben. Momente später schlossen sich die Flügeltüren des Gleiters, und Al blieb allein mit Noa zurück. Der Werftarbeiter setzte sich im Schneidersitz neben die bewusstlose Reporterin, und rüttelte so sacht wie möglich an ihr, vielleicht war jetzt die Möglichkeit gekommen von der sie vorhin gesprochen hatte. Dazu musste sie erst aufwachen.

- Naboo - Theed - Vorort - vor Jules Werkstatt - Transportgleiter - mit Noa, Donnie-
 
- Naboo - Theed - Zentrum - Revier 12 - Besprechungsraum - Jules, Deanna, Graham -​

Die Fäden liefen jetzt in seinen Händen zusammen, jetzt galt es nur noch eins zu tun, bevor er sich dem großen Projekt zuwenden konnte. Er musste Deanna zum größten Mahnmal gegen die Jedi machen, es war nötig. Das sah er ein, und das war ihm klar, aber der von früher, der noch in seinem Kopf wohnte, der protestierte immer lauter. Er hatte schon öfter protestiert, doch Jules hatte ihn ignoriert, denn der von früher, der wusste das man die Gesellschaft auf die Gefahren, die durch die Mächte und Willkür der Jedi entstanden, hinweisen musste. Er wollte es nur nur nicht zugeben.

„Deanna? Fahr heim, du siehst erschöpft aus.“

Oh und das nicht ohne Grund, Jules hatte ihren Kaff mit Conergin frisiert, gerade stark genug um sie für den Moment ein wenig ruhiger zu machen. Jules wurde bewusst, das er seine beste Freundin nicht nur wegen der großen Mission opfern musste, sie rückte ihm so langsam auch rein ermittlungstechnisch an den Hals. Deanna, die mit ihrem dritten Kaff in der Hand, über einer Holoprojektion von Theed kauerte sah ihn finster an, und würdigte seinen Vorschlag nicht einmal mit einer Antwort. Jules wollte nicht, das sie die Droge noch hier im Revier aus den Schuhen schoss, würde sie einmal im Krankenhaus sein, wäre jede Möglichkeit verloren gegangen, sie zu entführen. Jules beschloss, die einzige Waffe zu benutzen, die ihm gerade geblieben war. Deannas Waschlappen war auch im Besprechungsraum, saß still wie ein Schuljunge auf einem Stuhl und hörte seit Stunden den anwesenden Ermittlern zu.

„Graham? Sag deiner Frau das sie vernünftig sein soll!“

Der Waschlappen sah fast erschrocken auf, als man ihn ansprach, vermutlich war er völlig in seinen Gedanken versunken gewesen. Graham besah sich seine Frau, die gerade darauf hinwies, das der Täter teoretisch ein Anwohner von Theeds Zentrum sein konnte, da man von dort aus mehr als bequem alle Tatorte hätte erreichen und auch verlassen konnte. Jules wohnte im Zentrum, und er hatte meist die öffentlichen Transportmittel benutzt, um schnell kommen und gehen zu können. Jules war klar, das er früher oder später auffliegen würde, wenn er nicht intervenieren würde.

„Er hat recht. Es bringt niemanden, besonders unserem Sohn nichts, wenn du neben der Spur bist.“


Und tatsächlich gab Deanna, nach kurzem hin und her und Jules versicherung, sie sofort zu informieren, wenn er Neuigkeiten hatte, auf. Jules war nicht klar wie viel Graham und wieviel Conergin ihre Entscheidung beeinflusst hatten, ihm war es so oder so recht.

„Komm ich fahr uns heim Schatz."


Graham bot ihr seinen Arm an, und nahm schon seine Tasche als Jules intervenierte. Den Waschlappen brauchte er nicht für seinen Plan, und er würde später einen hervorragenden flennenden Wittwer abgeben, wenn sich die Medien auf ihn stürzen würden.

„Oh nein Graham, du musst noch hier bleiben. Ich brauche noch ein paar Informationen von dir.“

„Ich hab doch meine Zeugenaussage schon abgegeben.“


„Ich hab noch weitere Fragen. Weist du was? Ich bringe sie eben heim. Wenn wir nachher mit deiner Befragung fertig sind, kannst du nachrücken...“


- Naboo - Theed - Zentrum - Revier 12 - Besprechungsraum - Jules, Deanna, Graham -​
 
- Naboo - Zentrum - auf dem Weg nach Hause - Polizeigleiter - Deanna, Jules, Dean Gram -​

Mit den Kopf an die Scheibe des Polizeigleiters gelehnt, sah Deanna hinaus in die Lichter der Stadt, ohne irgendetwas und irgendwen bestimmtes in den Fokus zu nehmen. Dieses „Was wäre wenn..“ drückte wie ein Geschwür in ihren Kopf. Was wäre wenn ihr Junge nicht mehr lebte, was wäre wenn er entsetzlich entstellt wie alle anderen Opfer gefunden werden würde? Die Naboo musste an den Moment denken, in dem sie Archers Eltern vom Tod ihres Sohnes berichtet hatte. Das alte Ehepaar würde daran zu Grunde gehen, sie hatte den Bruch ihrer Seelen in ihren traurigen Augen gesehen. Deanna wusste, das sie einen potentiellen gewaltsamen Tod ihres Sohnes nicht überleben würde, allein der Gedanke...

„Danke das du auch mit gekommen bist Dean. Begleitest du nachher auch meinen Mann heim?“

„Sicher.“


Dean Gram und Jules, ihre beiden engsten Vertrauten, hatten sich angeboten sie heim zu fliegen. Und Graham war jetzt allein im Revier, Deanna hatte sich mit einem Abschiedskuss von ihm verabschiedet, als würden sie sich erst in 12 Monaten wieder sehen, absurd. Nein nicht absurd, es manifestierten sich eben Verlustängste in ihr. Ein Segen das Miranda nicht hier war, wäre ihr Mädchen auch in der Stadt, Deanna würde den letzten Funken Verstand verlieren. Miranda war weit weg, Graham unter zig Kollegen, der Teil ihrer Familie war sicher, ja sicher, denen konnte nichts passieren. Jetzt musste sie nur noch Aldridge wieder kriegen, kein Problem, nein kein Problem, sie bekam ihn wieder, sie würde den Täter fassen und dann war wieder Ruhe in der Stadt. Ja genau so würde es ablaufen. Deanna musste gähnen, sie war so unfassbar müde, ihr Kopf war schwer, genau wie ihre Gelenke, und das obwohl ihr Geist eigentlich hellwach war. Das war wohl der Stress.

„Ich komme immernoch nicht damit klar, das irgendwer mir diesen Brief einfach vor die Tür legen konnte. Ich hab sogar erst Miss Cortina verdächtigt.“

Deanna lachte auf, trotzdem ihr ganz und gar nicht danach zumute war.

„Bei den Schöpfern, das Mädchen hat Temperament, sie hat mir die Gegenargumente fast um die Ohren gehauen.“

„Das glaub ich gern!“

Meldete sich Jules von der Rückbank aus das erste mal zur Wort. Ihr bester Freund hatte Noa Cortina während der Einsatzbesprechung vor ein paar Tagen selbst erwähnt. Aufmerksam und klug war sie, Deanna bereute es sie verdächtigt zu haben, gut möglich das das Ego der jungen Frau die weitere Zusammenarbeit behinderte. Wobei sie eher auf den Hauptgast, Meisterin Cheetah angewiesen war, trotzdem Noa Cortina war smart, und war in jedem Falle ein Gewinn für die Situation.

„Ich werde gleich Meisterin Cheetah kontaktieren. Auch ein Update für Mister Sheldon wäre von Wichtigkeit.“

Erwähnte Deanna , bevor sie sie wieder gähnen musste. Ein Frösteln überfuhr sie, was sie dazu verleitete sich die Uniformjacke noch fester über die Schultern zu ziehen. Sie gähnte wieder.

„Die Jedi hat sich nicht mehr gemeldet Dee, das kann kaum ein gutes Zeichen sein.“

Bohrte Jules wieder in diesem lästigen Jedi Thema, das Deanna eigentlich als begraben angesehen hatte. Er musste doch endlich erkennen, das da kein Jedi am Werk war. Deanna nahm sich vor, Cheetah zum Thema Sith zu befragen, selbst wenn sie diese Wesen fast noch mehr ausschloss als die Jedi. Dafür war Naboo, dafür war Theed einfach nicht der Ort, dafür war, so makaber der Gedanke klang, zu wenig gemordet worden. Trotzdem, sie musste unbedingt mit Cheetah reden, jede Information half. Vielleicht hatte die Jedi, seitdem sie sich in der Dyson Schule das letzte mal gesehen hatten, irgendetwas wichtiges heraus gefunden.

„Oder sie ermittelt eben effektiv, ohne das sie von Bürokratie gebremmst wird.“


Konterte sie Jules Zweifel, ohne sich auch nur zu ihm um zu drehen. Ja Jedi müsste man sein, dann konnte man ermitteln, ohne sich jede Sekunde irgendwem rechtfertigen zu müssen. Auf der anderen Seite konnte man so nicht.......

…..

„Dee? Wir sind angekommen.“

Deanna zuckte zusammen, als sie von Jules angesprochen wurde. Sie war im Gleiter eingenickt, gute Güte, wie müde konnte sie denn noch werden? Träge wie eine alte Frau erhob sie sich, rieb sich durch die Augen und wies Dean Gram an, die Scanner, die wie dunkle Wächter aus finsteren Holofilmen in ihrem Vorgarten standen, zu deaktivieren. Gram besaß neben Jules und ihr als einzigee die Berechtigung auf die Funktionen des Droiden Zugriff zu nehmen. Dean, der in der Rangordnung in ihrem kleinen Revier, direkt hinter ihr stand nahm die an ihn ausgehändigte Remote für die Scanner in die Hand. Er gab seinen Code ein um stirnrunzelnd auf zu sehen.

„Die Droiden sind deaktiviert. Beide befinden sich simultan im Ruhemodus.“


Deanna blinzelte irritiert, plötzlich sehr viel wacher und blickte an ihrem Haus hinauf. Es brannte kein Licht, obwohl Noa im Haus sein musste. Die junge Frau hätte sich garantiert gemeldet, hätte sie weggehen wollen, eben aufgrund der aktivierten Droiden.

„Jemand war im Haus.“


Stellte sie unnötigerweise fest, zog ihren Blaster und bedeutete den beiden Männern ihr zu folgen. Eine halbe Stunde, die sie Nerven und Andrenalin ohne Ende gekostet hatte, später stand fest, das niemand mehr im Haus war. Auf dem Fußboden neben dem Eingang fanden sich ein paar Tropfen Blut, im Wohnzimmer waren Stühle umgeworfen worden, und auf ihrem Küchenthresen lagen Papiere ihres Sohnes. Allein schon das Flimsiplastkärtchen, das ihn als Bacta Allergiker auswies, war Beweis genug, das der Killer hier gewesen war. Dieses Kärtchen hatte er immer dabei, genau wie sie ihres immer dabei hatte. Die Anzahl an Bacta Allergikern, war verschwindend gering in der Republik, wenn einem was zustieß würde man also schneller in einen dieser Tanks gesteckt, als man Bacta buchstabieren konnte. Und das bedeutete unter Umständen das komplette Gegenteil von Heilung.

„Miss Cortinas Sachen sind noch komplett da Deanna. Ihre Geldbörse, Creditsticks, ihr Komlink, ihr Kleidung, alles an Ort und Stelle.“


Jules hatte das Gästezimmer überprüft, und das zu erwartende Ergebnis zu bestätigen. Ihr bester Freund steckte sich das Komlink ein, um es später der Technik übergeben zu können. Dean Gram saß draußen und arbeitete an den Droiden. Deanna beschloss sich seinen aktuellen Stand zu holen, bevor sie die Kollegen aktivierte.

„Deanna?“

Dean empfing sie mit äußerst blassem Gesicht.


„Ich hab es jetzt ganze fünf mal überprüft, aber es gibt keinen Zweifel.“


Deanna runzelte die Stirn, als sie ihn nicht verstand, außerdem war es draussen jetzt viel zu dunkel und kühl um irgendwas zu besprechen.

„Komm doch mit rein, wir besprechen alles weitere drinnen.“


„Nein das kann nicht warten“

„HEY MEISTERIN CHEETAH FÜR DICH!“

Jules stand im Rahmen der Eingangstür und wedelte mit Miss Cortinas Komlink in der Hand. Deanna nahm das Gespräch sofort entgegen und klärte die Kathar ohne umschweife über das Verschwinden ihrer Begleiterin auf. Meisterin Cheetah kündigte an, sich sofort auf den Weg zu ihr zu machen, was Deanna begrüßte, aber jetzt schon um die wichtigsten Informationen bat, die die Jedi ihr zu bieten hatte.

„Danke!“

Flüsterte sie Jules zu, als dieser ihm einen Kaff reichte. Deanna trank das heiße Getränk wie Limonade während sie den Ausführungen der Jedi lauschte. Cheetah war also der Spur der Kristallschlangen nachgegangen, klug, diese Tiere mussten irgendwo gek.... Was hatte sie da gerade gesagt? Deanna bat sie den Namen zu wiederholen, den die Jedi heraus bekommen hatte. Der Käufer der Schlangen, hatte Mikan Edwardson als seinen Namen angegeben. Das musste ein Zufall sein..Mikan.. Deanna bedankte sich bei Cheetah, und begrüßte ihr baldiges Erscheinen noch einmal. Dann beendete sie die Verbindung.

„Also Dean, was wolltest du mir eben sagen?“

Sprach sie ihren vertrauten Kollegen nochmal an. Der in Sachen Technik sehr versierte Polizist war ihr in die Küche gefolgt, in seinen Händen hielt er ein Pad. Deanna hielt sich die Hand vor den Mund, als sie die Müdigkeit wieder erreichte und Jules scherzte darüber, das Graham wohl die falsche Kaff Sorte gekauft hatte.

„Die Droiden sind von einem Kollegen manipuliert worden. Es wurde versucht die Manipulation zu verbergen, aber durchaus schlampig. Es muss jemand aus unseren Reihen gewesen sein, einer unserer Codes wurde benutzt.“

Ein Kollege? Nein, nicht beim TPD, sie kannte keinen, vom Streifenpolizisten, bis hin zu Chief Portman, der nicht über die Maße engagiert war. Wenn man allein an Jules dachte....er war bei jedem Fall als erster am Tatort gewesen, er hatte nicht aufgegeben als die Mordserie in seinem Revier begonnen hatte. Der dumme Kerl war so übereifrig gewesen, er hatte sogar eine Überkreuzverunreinigung am ersten gemeinsam gesichteten Tatort verursacht. Seine DNA überall........Edwardson.... Deanna hielt sich an der Tischkannte fest, als sie von dieser Müdigkeit buchstäblich herabgezogen wurde. Elises Mädchenname war Edwardson gewesen, sie hatte ihre Schulfreundin sogar ihrem späteren Ehemann Jules vorgestellt. Der Name ihres ersten Sohnes....Mikan war unter so tragischen Umständen gestorben, dieser entsetzliche Unfall, Meister Sokan, dieser Jedi der versucht hatte zu helfen, hatte nicht alle Polizeischüler retten können.... Deanna vielen die Augen zu, ihr wurde schwindelig. Er war es gewesen? ER?

„Dir geht es nicht gut ..lass mich dir helfen.“

Jules stand hinter ihr, und umschlang sie mit beiden Armen, bevor er sie sachte und vorsichtig auf dem Boden absetzte. Das war gar keine Müdigkeit. Der Kaff...

„Dean? Komm mal und hilf mir mit ihr. Und dann unterhalten wir uns nochmal über deine Ergebnisse“


Jules Zeigefinger strich über ihre Wange, als ihr die Augenlieder wieder schwer wurden.

„Der Stress war zuviel für sie.“


Hörte sie Dean sagen, und wollte ihn warnen, aber dann zerstoben ihre Gedanken...


- Naboo - Zentrum - Haus der Trineers - Küche - Deanna, Jules, Dean Gram -​
 
- Naboo - Theed - Norden - Gleiter - Jules, Dean Gram, Deanna -​

„Wenn du dich auffällig verhälst, wenn du dich bei irgendwem bemerkbar machen willst, dann schieße ich dir ins Gesicht.“

Jules lehnte sich bequem auf dem Beifahrer Sitz zurück, während Gram steiff wie ein Droide den Gleiter steuerte. Die beiden waren zwar kurz vor den Toren der Stadt, aber es war jederzeit möglich, eine Kontrolle zu geraten. Die Kollegen würden sie durchwinken, ohne Zweifel, aber die Versuchung sich bemerkbar zu machen, der konnte man vielleicht nicht wiederstehen.

„Wieso das alles?“

„Das geht dich gar nichts an.“


„Willst du uns töten?“

Jules sah Gram von der Seite an, schenkte ihm das hinreißenste Lächeln, mit dem er aufwarten konnte und gab ihm eine ehrliche Antwort.

„Na was denkst du denn? Aber eines soll dir Trost sein Dean, ich hab nichts gegen dich, du bist Kollateralschaden.“

„Ich habe zwei kleine Kinder und eine Ehefrau.“

Jules schmunzelte und tätschelte ihm die Schulter.


„Wie klein sind sie genau? Deine Kinder?“

„Leto ist vier Jahre alt, Pooja, meine Tochter ist fünf.“


„Das ist doch super Dean, sie werden dich rasch vergessen, das verringert ihr Leid“.


Und dann hielt der Kerl endlich die Klappe, welch himlischer Zustand. Jules beschloss ihn gleich wenn sie am Ferienhaus angekommen waren, mit einer von Donnies kleinen Projektil Spielereien zu erschießen. Es interessierte ihn sehr, welche Durschlagskraft diese altertümlichen primitiven Waffen wirklich hatten. Der arme Archer war elendig verreckt, das musste präziser und besser gehen.

Eine halbe Stunde später hatten sie Theed endlich verlassen, und befanden sich auf den freien Grasebenen die später in dichtes Wald - und Sumpfgebiet übergingen. Die unter Decken verborgene Gestalt, die sich die ganze Zeit so herrlich ruhig verhalten hatte regte sich. Jules schüttelte den Kopf.


„Unglaublich.“


Deanna war wirklich zäh, oder er hatte das Sedativ falsch dosiert. Ach im Grunde spielte es keine Rolle, weswegen er die Einstellung seines Blasters, den er ohne Pause auf Gram gerichtet hatte, kurzerhand änderte, und lose aus dem Handgelenk auf die Rückbank schoss. Für den Rest des Fluges kehrte Stille ein, auf der Rückbank, genau wie auf dem Pilotensitz. Dafür nervte ihn dann allerdings Donnie nach Ankunft am Ferienhaus.

„Dad! Ich hab alles erledigt!“

Er war wie die Jungfrau auf ihren ersten Liebhaber zugelaufen, als er ihn erblickt hatte. Wollte er, das er ihm über den Kopf streichelte? Wie einem kleinen Jungen der seine Hausaufgaben erledigt hatte? Jules öffnete die Tür zur Rückbank und wand sich seinem Sohn zu.

„Hilf ihm dabei Tante Dee in den Keller zu schaffen.“

Wenn man ihn lenkte, und ihm körperliche Arbeit zuteilte, da war Donnie relativ verlässlich, doch sobald es ans eigene Denken ging wurde es schwierig für den eifrigen Bengel. Oh bei allen Schöpfern, er würde ihn sofort für Mikan eintauschen.

„Hey!“

Quäkte er unvermittelt los, als Deanna, die bis vor einer Sekunde regungslos auf der Rückbank gelegen hatte, plötzlich aus der geöffneten Speedertür kletterte, und schwankend versuchte zu flüchten. Jules grinste, sie würde nicht weit kommen.

„Wenn du versuchst zu fliehen, töte ich noch heute Nacht deine Frau und deine Kinder Gram.“


Erklärte er seinem gewissenhaften Kollegen, und dann wurde es Zeit Deanna wieder einzufangen. Seine liebste Freundin war erstaunlich weit gekommen, dafür das sie so lustige Schlangenlinien lief. Was sollte das denn? Sie wusste besser als alle anderen, das da draussen nur Wald war. Es sei denn sie wollte in den Solleu springen, der einen guten Kilometer weiter einen Arm durch das Gebiet führte. HEY fantastische Idee! Jules lächelte über den guten Geistesblitz, entsicherte seinen Blaster und... es gab einen lauten Knall bevor etwas pfeifend an ihm vorbei zischte.


„Ha! Und das im dunkeln! Ist doch ne irre Leistung oder Dad?“


Ja. In der Tat. Eine IRRE Leistung. Jules blickte über seine Schulter und sah seinen feixenden Sohn, die Handfeuerwaffe, dieses primitive Ding rauchte noch. Jules Blick richtete sich wieder in seine ursprüngliche Richtung. Deanna lag ausgestreckt auf dem Boden, die gefesselten Hände unter ihrem Körper begraben....

- Naboo - Theed - Waldgebiet vor der Stadt - vor Trineers Ferienhaus - Jules, Dean Gram, Deanna -​
 
- Naboo – Gallo Mountains – Gallo Caves – Besucherzentrum – Mit Richard –

Sie hatte die Kälte nicht bemerkt, bis es zu regnen begonnen hatte, doch jetzt drang die Nässe durch ihre Kleidung hindurch und zog bis unter ihre Haut. So fühlte es sich jedenfalls an. Die leeren Parkbuchten, hinter denen sich der dunkle Berg erhob, boten einen trostlosen Anblick. Es war niemand hier, außer ihnen. Der Ausritt mit Richard war bisher wunderschön gewesen, trotz des Regens. Was machte schon ein bisschen Wasser? Sie waren ja nicht aus Zucker. Dennoch hatte Akemis Euphorie ein jähes Ende gefunden. In beleuchtenden Buchstaben teilte ihnen die Infotafel neben der Tür des Besucherzentrums mit, was jeder im Grunde sehen konnte: heute waren die im Berg gelegenen Höhlen, in denen sich die heißen Quellen befanden, nicht geöffnet. Sie waren völlig umsonst durch den Regen so weit hinaus in die Berge geritten. Richard sah nicht weniger enttäuscht aus als Akemi.

“Und jetzt?“

Fragte sie, als erwartete sie, dass er eine Lösung präsentierte - nicht, weil er Schuld an der Situation war, sondern weil sie es von ihm kannte, dass er fast immer wusste, was zu tun war. Neben sich hörte sie Heikki geräuschvoll atmen. Akemi hielt die Zügel ihres Gualamas locker in einer Hand. Ihre Scheu vor dem großen Tier hatte sie inzwischen größtenteils abgelegt. Als sie in rasendem Tempo über die Wiesen galoppiert waren, hatte sie gefürchtet, herunter zu fallen und sich alle Knochen zu brechen, doch irgendwie hatte sie es geschafft, sich festzuhalten und oben zu bleiben. Ein bisschen hatte sie sich gefühlt wie Deirdre, stark, mutig und heldenhaft.

“Tja, wir könnten uns einen Gleiter rufen, der uns nach Dee'ja Peak zurück bringt und unsere beiden Freunde hier von ihren Pflegern abholen lassen.“

Schlug Richard vor. Akemi erwog den Gedanken. Besonders zufriedenstellend fand sie ihn nicht. Es wäre ein ziemlich abruptes und enttäuschendes Ende ihres Ausfluges. Dabei hatte sie sich wirklich auf die Höhlen gefreut. Schon jetzt wieder nach Hause zu fahren käme dem frühzeitigen Verlassen einer Theateraufführung gleich, als verlasse man das Stück kurz nach dem zweiten Akt und lange vor dem Finale.

“Oder wir reiten wieder zurück zur Farm.“

Überlegte sie. Sie konnten auf dem Rückweg einen zweiten Stopp bei den Ruinen einlegen, allerdings war dort inzwischen alles nass. Sie würden sich nicht einmal irgendwo hinsetzen können, dafür hatte der Regen gesorgt.

"Und noch eine Stunde länger in den feuchten Klamotten bleiben?“

Richard schüttelte den Kopf und nahm ihr Heikkis Zügel aus der Hand, um beide Gualamas an einem Pfosten anzubinden. Akemi stieß ihre Enttäuschung in einem langen Seufzer aus und starrte durch die Glastüren in die Lobby des Besucherzentrums. Ganz plötzlich nahm sie dort eine Bewegung wahr.

“Richard, da ist jemand!“

Flüsterte sie aufgeregt, ohne ihren Blick abzuwenden. Der Blick in das Gebäude war nicht perfekt. Ihr eigenes Spiegelbild in der gläsernen Wand machte es ihr schwer, viel zu erkennen außer sich selbst.

„Ach, tatsächlich?“

Richard, der hinter ihr stand, klang amüsiert. Er nahm sie nicht ernst.

“Wirklich!“

Erwiderte Akemi, obwohl sie nicht 100% sicher war. Sie rückte näher an die Glasscheibe heran und sah in erster Linie ihr eigenes blasses Gesicht. Eine pitschnasse Haarsträhne klebte ihr wirr mitten auf der Stirn. Wenn dort drinnen jemand stand, der sie sah, würde er sie für ganz schön unverschämt halten müssen, dass sie so dreist durch die Scheibe starrte.

„Dann sieh doch mal nach, ob die Tür offen ist.“

Etwas in Richards Stimme klang nicht richtig. Akemi wandte sich halb zu ihm um. Er hatte ein amüsiertes Grinsen auf den Lippen, fast so, als wisse er etwas, das ihr verborgen blieb. Er führte etwas im Schilde. Schon wieder. Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf ihre eigenen Lippen.

“Das gehört zu deinem Plan, oder? Gib’s zu.“

Forderte sie zu erfahren, doch natürlich sagte er nichts. Er war wirklich gut darin, Geheimnisse für sich zu behalten, nicht so wie sie, die ihm am liebsten alles sofort erzählte. Erst vor kurzem hatte sie ihm ein Paar handgearbeiteter Manschettenknöpfe zum Geburtstag anfertigen lassen. An dem Design hatte sie selbst mitgewirkt: die Anfangsbuchstaben ihrer Vornahmen, eingerahmt in etwas, das stark an das Stadtwappen von Kaadara erinnerte. Das Geschenk bis zu seinem Geburtstag unter Verschluss zu halten war ihr extrem schwer gefallen, erst recht als er nur ein paar Tage vorher zu einem Event eingeladen worden war, zu dem er die Manschettenknöpfe so gut hätte tragen können. Schließlich hatte sie Richard also gefragt, ob er sein Geschenk bereits vorher haben wollte. Seine Antwort war nicht überraschend gewesen. Natürlich hatte er abgelehnt. Richard war so geduldig, dass es fast schon unheimlich war. Es musste einiges passieren, um ihn aus der Ruhe zu bringen. Akemi ging auf die Tür zu, warf noch einen forschenden Blick zu ihm herüber und drückte dann mit ihrer flachen Hand auf den in die Glaswand eingelassenen Öffnungsmechanismus. Gehorsam glitten die beiden Flügel der Tür auseinander. Das konnte kein Zufall sein. Er hatte das alles geplant! Aufmerksam sah sie sich um, machte einen Schritt hinein in die Lobby und war gar nicht mehr so sehr überrascht, als es auf einmal hell wurde und alle Lichter um sie herum an gingen. Eine Gungan stand einige Meter von ihr entfernt, die Hände vor der Brust gefaltet.

„Einen schönen Tag und herzlich willkommen in den Gallo-Höhlen, dem größten unterirdischen Höhlensystem in den Gallo Mountains und Heimstätte der natürlichen Gallo-Heilquellen!“

Spulte sie ihre auswendig gelernte Begrüßung herunter.

„Wie schön, dass Sie zurück sind, Mr. Cohn. Darf ich annehmen, dass Sie sich vor Ihrem Rundgang erfrischen möchten?“

Wollte sie wissen. Richard nickte. Er hatte Akemi eine Hand in den Rücken gelegt und schob sie jetzt sanft, hinter der Gungan her, in Richtung der sanitären Anlagen.

„Frische Kleidung finden Sie auf den Beistelltischen neben den Waschbecken. Darf ich Ihnen ein Heißgetränk reichen, bevor Sie Ihren Rundgang beginnen?“

Fuhr die Gungan fort. Für Akemi war es inzwischen recht viel in sich aufzunehmen. Es ging alles so schnell. Noch hatte sie nicht vollkommen durchschaut, was hier vor sich ging und sie wartete nur auf die Gelegenheit, Richard darauf anzusprechen.

„Einen Kaf für mich, bitte. Akemi?“

“Äh, einen Tee, danke.“

Die Gungan nickte, verschwand und ließ sie beide zurück, ihn scheinbar zufrieden, sie verwirrt. Akemi boxte Richard in die Seite, sanft genug dass es nicht weh tat, aber fest genug um ihn zusammen zucken zu lassen

“Du hast mich schon wieder rein gelegt!“

Beschwerte sie sich.

„Und es klappt jedes Mal besser, findest du nicht?“

“Hm! Die Höhlen sind also geschlossen, aber man erwartet uns trotzdem, und außer uns sind keine anderen Besucher hier. Wie hast du das gemacht?“

„Ach das.“

Wage hob Richard eine Schulter, zog sie weit hoch und ließ sie dann fallen, wie um eine Verspannung zu lösen.

„Ich habe das ganze Areal für den Tag gemietet.“

Seine Antwort machte sie sprachlos.

“Du hast WAS?“

Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Natürlich wusste sie, dass es möglich war. Es gab genug Leute, die für eine große Feier ein ganzes Restaurant mieteten, oder sogar eine Diskothek. Farlone hatte einmal von einem Geburtstag erzählt, auf dem sie zu Gast gewesen war und der in einem Vergnügungspark statt gefunden hatte. Der gesamte Park war nur für die geladenen Gäste – was eine ganze Menge gewesen sein mussten – geöffnet worden und sie war hunderte Male auf den verrücktesten Achterbahnen gefahren, ohne lange anstehen zu müssen wie es unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. Es war ein unverschämter Luxus, sich so etwas leisten zu können, dachte Akemi. Im direkten Vergleich war es vermutlich ein eher kleiner Fisch, eine Touristenattraktion in den Bergen Naboos zu mieten. Trotzdem wäre sie nie auf die Idee gekommen, so etwas zu tun.

“Und du hast an frische Kleidung gedacht.“

Stellte sie nüchtern fest. Richard lachte.

„Den Wetterbericht zu lesen war nicht besonders schwierig.“

Gab er sich bescheiden.

„Ich hatte zwar gehofft, dass es trocken bleibt, aber darauf verlassen konnte ich mich nicht.“

Dass er damit Weitsicht bewiesen hatte, ließ sich nicht bestreiten. Im Augenblick wollte Akemi nichts mehr – jetzt, da sie die Chance hatte – als sich aus ihren nassen Klamotten heraus zu schälen und etwas warmes, bequemes anzuziehen. Sie war also froh, dass er nichts dem Zufall überlassen hatte. Einträchtig saßen sie danach in dem an die Lobby grenzenden Café über zwei randvoll gefüllten Tassen, aus denen es heiß dampfte. Ihre nassen Haare hatte Akemi hoch auf ihrem Kopf zu einem Knoten zusammen gerollt. Richards kurze Haare, an den Seiten bereits in einem silbrigen Grauton durchzogen, waren dagegen schon fast wieder trocken. Die Tour durch die Höhlen begann im Anschluss. Es war die Gungan, die sie auch begrüßt hatte, die sie durch einen gerade laufenden Schacht und dort über einen künstlich angelegten Steg weit unter die Erde führte. Hier lagen die natürlich gebildeten Höhlen, die sich in dutzende von Kammern aufteilten. Das ganze Höhlensystem erstreckte sich weit unter den Berg hindurch, mehrere Kilometer lang, doch natürlich waren nicht alle Teile begehbar. Sanftes Licht in einem wärmenden Orangeton in der ersten Kammer löste die neutralen Scheinwerfer ab, die ihren Weg nach unten begleitet hatten. Vor ihnen bot sich ein Bild wie aus einer Märchenwelt: bucklige Felsen in Formen, die man nur selten sah, von den Decken hingen schwere Stalaktiten zu Boden wie Eiszapfen im Winter. Fasziniert sah Akemi sich um. Wenn sie diese Höhle mit den saftigen, grünen Wiesen Naboos verglich, über die sie vorhin noch geritten waren, konnte man fast den Eindruck haben, durch ein Loch im Boden in eine andere Welt gestolpert zu sein. Die Gungan führte sie weiter durch die Gänge. Ein für Besucher angelegter Weg ermöglichte den gefahrenlosen Abstieg, der immer tiefer unter den Berg führte.

„Tropfsteine bilden sich durch Kalkablagerungen.“

Erklärte ihnen die Gungan, während sie die natürliche Architektur der Höhlen bewunderten. Akemi und Richard gingen Hand in Hand.

„Dies ist überall dort möglich, wo Wasser durch Boden und Stein fließt und beim Erreichen einer Höhlendecke die Felsspalten durchdringt. Hat das Wasser zuvor bereits organische Säuren aufgenommen als es im Boden versickert ist, und dadurch Kalk gelöst, kann es sich mit weiteren Stoffen mischen. Bei der Berührung der Luft verbinden sich diese dann mit Kohlenstoffdioxid. Hier verdunstet das Wasser und nur der Kalk bleibt noch übrig, der schließlich den Tropfstein bildet.“

“Und mit der Zeit entstehende diese Zapfen?“

Wollte Akemi wissen.

„Exakt. Die von der Decke hängenden Tropfsteine nennt man Stalaktiten. Diese hier, die vom Boden aus zu wachsen scheinen – ebenfalls durch von der Decke tropfendes Wasser gebildet – nennt man Stalagmiten.“

Antwortete die Gungan.

„Und wenn beides zusammen wächst und eine Säule bildet, ist es ein Stalagnat.“

Ergänzte Richard. Akemi sah ihn an.

“Was du schon wieder alles weißt!“

Richard lachte.

„Ich habe schon einmal so eine Höhle gesehen und dachte, dass es dir gefallen könnte.“

Gab er zu. Er hatte Recht behalten sollen. Akemi war hin und weg von den malerischen Felsformationen und den Steinen aus Kalk, die auf der einen Seite so stark und gleichzeitig so zerbrechlich wirkten. Die Gungan versorgte sie mit wissenswerten Informationen, bevor sie sie alleine ließ, um sie den Rest der Höhlen ungestört erforschen zu lassen. Akemi lernte, dass man das Wachstum von Tropfsteinen durch bloße Berührung der Hand stören konnte, indem sich Fett von der Haut auf der Oberfläche des Steins ablegte und somit weiteres Wachsen verhinderte, und dass ein einzelner Tropfstein rund 100 Jahre benötigte, um zwischen 8 bis 15 Millimeter zu wachsen. Bei einer solch langen Zeitspanne war es fast unmöglich sich vorzustellen, wie lange die Höhlen, in denen sie in diesem Augenblick standen, bereits existieren mochten. Wann hatte dies alles angefangen? Wie lange musste es her sein, dass sich der allererste Tropfstein hier gebildet hatte, um ihnen vermutlich Jahrtausende später ein so faszinierendes Bild zu bieten? Sie schlenderten weiter, Hand in Hand über den hölzernen Steg, der als Gehweg diente, und von dem Besucher nicht abweichen durften. Akemi fröstelte leicht in der kühlen Luft unter der Erde. Sie trug die Kleidung, die Richard für sie mitgenommen hatte: eine lange Hose, eine locker sitzende Bluse mit einer weiten, kuscheligen Strickjacke und – was besonders wichtig war – festes Schuhwerk und warme Strümpfe. Sie wartete darauf, dass sie endlich die heißen Quellen erreichen würden. Die Gungan hatte ihnen gesagt, dass sich diese am Ende des Rundweges befanden. Zuvor durchliefen sie noch einige kleinere Höhlenkammern. Es war in einer von diesen, dass Akemi glaubte, leise Musik hören zu können.

“Hörst du das?“

Angestrengt lauschte sie. Sie konnte ganz entfernt eine leise Melodie wahrnehmen, den Klang einer Flöte, aber kaum lauter als ein Flüstern. Richard schüttelte den Kopf.

„Ich höre nichts.“

Erwiderte er. Sie schaute sich um und vermutete einen versteckten Lautsprecher. Romantische Hintergrundmusik war genau das, was der mystischen, märchenhaften Atmosphäre der Höhlen noch gefehlt hatte.

„Komm.“

Er zog sie weiter und sie mussten ein paar Stufen aus Stein hinauf steigen. Mit jedem Schritt wurde die Musik allmählich lauter. Akemi konnte Streichinstrumente heraus hören, und ein Piano, dessen liebliche Klänge die Melodie leiteten. Richards Blick suchte den ihren, als er sie schließlich durch den nächsten Durchgang führte. Über ihnen wölbte sich die Decke und ließ die Höhle wie einen großen Saal erscheinen. Die Wände waren weit auseinander gerückt und schufen somit Platz für die Wasserbecken, die in der Mitte der Höhlenkammer lagen. Staunend schaute sich Akemi um. Die Schönheit dessen, was sich ihr bot, war überwältigend. Lichter in allen Farben waren auf die Wände und ihre malerischen Steinformationen projiziert. Warme Rottöne tauchten die von den Decken hängenden Tropfsteine in ein sattes Licht, violette und marineblaue Nuancen spiegelten sich auf der sich gemächlich bewegenden Wasseroberfläche. Dahinter, auf der anderen Uferseite, saß das Orchester: schwarze, schemenhaften Umrisse abseits der farbigen Lichter. Das sanfte Rauschen der Quellen begleitete das Konzert. Lautsprecher wären die am einfachsten zu realisierende Lösung gewesen, hätten jedoch nie die klare Qualität der Instrumente erreicht, die hier für sie „Jourdans Sinfonie" spielten. Es war Akemis Lieblingssinfonie, eine leichte, unkomplizierte, Musik, die romantisch und verträumt war, ohne unnötig aufzutragen. Sie stammte von einem jungen Komponisten von Coruscant. Eigentlich konnte Richard dem Stück nicht viel abgewinnen. Er hielt es künstlerisch nicht für bedeutsam. Dass er es dennoch spielen ließ, war umso bedeutsamer für sie.

“Ich frage mich, wie viele Überraschungen du noch für mich hast.“

Akemi sah zu Richard auf. Sie war glücklich, hier bei ihm. Aus seinem Gesicht war indes jede Spur von Humor gewichen.

„Noch eine.“

Antwortete er ernst. Er griff in seine Jackentasche. Die schwarze Schatulle, die er hervor holte, lag in seiner Hand wie ein Versprechen. Bei ihrem Anblick stockte Akemi spontan der Atem. Aus den Schatten heraus holte die Violine zum dramatischen Solo aus, ein Tanz über die Saiten vor einer unwirklichen Kulisse.

"Wirf einen Blick hinein."

Richard öffnete die Schatulle für sie. Es war der wohl schönste Ring, den Akemi je gesehen hatte. Ein schmales Band, in sich verschlungen wie eine Flechte, hielt die Fassung, in der sich der Diamant befand. In seiner Vollkommenheit brach sich das Licht in unzähligen Regenbögen.

"Ich habe mich gefragt, ob du wohl Ja sagen würdest, wenn ich dich bitte mich zu heiraten."

Richards Blick begegnete dem ihren. Akemis Augen hatten sich bereits mit Tränen gefüllt. Sie hatten nie darüber gesprochen. Scheinbar ganz von selbst hatte sich ihre Beziehung entwickelt, von etwas das ursprünglich nichts als Lust, Spaß und Ablenkung gewesen war, zu etwas ohne das sie beide nicht mehr leben wollten.

"Ja."

Antwortete sie ohne nachzudenken. Es gab Dinge, die man gründlich überlegen musste, und andere, die man einfach tat, weil man wusste, dass sie richtig waren. Schon im nächsten Moment hatte sie sich Richard entgegen geworfen.

"Ja! Ja! Ja!"

Rief sie laut, über die Klänge des Orchesters hinweg.

"Aber ich habe dich noch gar nicht gefragt."

Akemi zuckte zurück, wie vom Donner gerührt. Er hatte Recht. Er hatte noch keine direkte Frage formuliert! Ihre Wangen liefen rot an, peinlich berührt. Sie konnte sehen, dass er sich nur mit Mühe das Lachen verkniff. Möglicherweise war da zuvor ein Hauch von Anspannung in seiner Mimik gewesen, doch selbst wenn es so war, dann war davon jetzt nichts mehr übrig. Richard kannte ihre Antwort. Vorsichtig nahm er den Ring aus der Schatulle. "Jourdans Sinfonie" begann gerade den dritten Satz.

"Akemi Akanato, wirst du mir die Ehre erweisen und mich heiraten?"

Er lächelte sie an.

"Darf ich jetzt antworten?"

Fragte sie nach, mindestens so gut gelaunt wie er.

"Nicht, dass ich wieder etwas falsch mache."

"Du darfst und du sollst."

Er zwinkerte ihr zu.

"Gut."

Sie lächelte zurück. Nichts fühlte sich in diesem Augenblick besser an als das.

"Dann sage ich Ja."

Akemi fühlte sich los gelöst. Tränen der Freude liefen ihr über die Wangen. Als sie Richard kennen gelernt hatte, hatte sie sich vorgenommen, nicht mit ihm in die Zukunft zu planen. Sie waren sich einig gewesen, dass sie vor allem den Moment miteinander genießen wollten. Wann hatte sich das geändert? Irgendwann musste sie realisiert haben, dass er mehr für sie bedeutete. Richard griff nach ihrer linken Hand und steckte ihr
den Ring an ihren Ringfinger. Er saß wie angegossen


"Du machst mich gerade zum glücklichsten Mann auf Naboo."

Hörte sie ihn sagen.

"Nicht der ganzen Galaxis?"

Seine Hand legte sich in ihren Rücken.

"Nun übertreib mal nicht."

Antwortete er schmunzelnd, und nur einen Wimpernschlag später war er ihr ganz nah und berührte zärtlich ihre Lippen.

- Naboo – Gallo Mountains – Gallo Caves – Mit Richard –
 
- Naboo – Außerhalb Theeds – Waldgebiet - Ferienhaus der Trineers –

Sie öffnete ihre Augen und das erste, das ihr auffiel war, dass es nicht mehr so dunkel war. Noas Blick ging geradeaus. Sie sah Fußboden, etwas das nach Stuhl- oder Tischbeinen aussah, und am Ende des Raumes eine Reihe von Schränken, obwohl sie nicht viel mehr als Umrisse davon ausmachen konnte. Ihre Augen sahen alles verwaschen. Wo auch immer sie war, sie lag definitiv nicht mehr in der kleinen Abstellkammer. Man hatte sie transportiert, einfach irgendwo in einer Ecke abgelegt und dort liegen gelassen, aber diesmal waren ihr ihre Hände auf den Rücken gefesselt, sodass sie weniger Schaden mit ihnen anrichten konnte, immer noch in diesen unsäglichen Handschellen aus Durastahl. Das war jedoch längst nicht alles. Das Schlimmste war das Kribbeln in Noas Körper. Ihre Füße begannen leicht zu vibrieren, als sie ihre Beine bewegte. Dieses Gefühl kannte sie. Es war genau so wie damals, als sie mit Jace auf Abregado von einer Bande Piraten entführt worden war. Hätte man sie seitdem gefragt, Noa hätte nicht sicher gewusst, ob sie noch beschreiben konnte, wie es sich anfühlte von einem Betäubungsschuss getroffen zu werden. Jetzt, da es ihr zum zweiten Mal passiert war, konnte sie das Gefühl auf Anhieb zuordnen und die Ursache dazu identifizieren. Ihr Körper erinnerte sich an ihrer statt. Sie hievte sich über die Seite ein Stück nach oben, zuerst auf ihren Unterarm, dann ein Stück weiter, und kam schließlich zum Sitzen. Sie sah, dass Aldridge auf einen Stuhl gefesselt war.

“Urgh, ich fühle mich wie nach drei Stunden Karussell auf der Kirmes.“

Noas Sichtfeld war noch leicht verschwommen und schien zu wackeln, obwohl sie still hielt. Das war nun schon das zweite Mal an einem Tag, dass sie ausgeschaltet worden war. Noch einmal und sie würde bestimmt einen bleibenden Schaden davon tragen. Das konnte auf keinen Fall gesund sein.

“Wo sind wir?“

Sie wollte eine Hand heben und sich an den Kopf fassen, oder sich die Augen reiben, um die Trübheit aus ihrem Blick zu vertreiben, doch mit den Händen auf ihrem Rücken war Noa so gut wie bewegungsunfähig, zumindest was ihre Arme anging. Sie blinzelte mehrmals und wandte ihren Kopf von rechts nach links. Da erst sah sie Donnie. Er blockierte den Ausgang einer Tür und sein Körper war nach draußen gewandt, als würde er dort auf etwas warten. Nur den Kopf hatte er jetzt – als Reaktion auf Noas Aufwachen? – in ihre Richtung gedreht. Sie knirschte mit den Zähnen. Fast hätte sie sie bei seinem Anblick gefletscht. Es war schade, dass er schon wieder auf den Beinen war. Sie hatte gehofft, ihn länger außer Gefecht gesetzt zu haben.

“Wie lange war ich weg?“

Fragte sie Aldridge, leiser diesmal.

“Und bist du OK?“

Sie runzelte die Stirn.

“Was ist mit deinem Hemd passiert? Hattest du nicht vorhin noch was anderes an?“

Ein bisschen war Noa stolz auf sich selbst, dass ihr das überhaupt auffiel. Sie hatte geübt, besonders in Stresssituationen auf Details zu achten. Es war etwas, das sie bei den Defendern gelernt hatte. In einer extremen Notlage konnte geraden Kleinigkeiten zwischen Leben und Tod entscheiden: Welchen Weg schlug man ein, wenn man verfolgt wurde? Um welchen Gegner kümmerte man sich zuerst? Was war es, das jemand über die Notausgänge gesagt hatte? Wann war die Energiezelle des Blasters zuletzt getauscht worden? Noa zog ihre Schulter hoch und bewegte ihren Kopf in einer kreisenden Bewegung. Sie würde sich jedes noch so kleine Detail merken, so lange bis sie etwas gefunden hatte, das ihr die Flucht ermöglichen würde.

- Naboo – Außerhalb Theeds – Waldgebiet - Ferienhaus der Trineers – Mit Al, Donnie -
 
- Naboo - Theed - Waldgebiet vor der Stadt - Trineers Ferienhaus - Keller - mit Noa (Donnie) -

Noa war wieder bei sich, das war gut. Sie hatte sich sogar aufgesetzt, das war noch besser. Und als sie angefangen hatte den Mund auf zu machen, war der Tagessoll an guten Nachrichten wohl voll. Aldridge hatte sich gesorgt, weil sie lange bewusstlos gewesen war. Das er überhaupt keine Ahnung davon hatte, wie lange so ein Betäubungsschuss in der Regel vorhielt, hatte dieses ungute Gefühl, sie an Donnies Irrsinn verloren zu haben noch potenziert. Der Werftarbeiter, dessen Hände mit Seil so fest an die Lehnen eines alten Holzstuhls gefesselt waren, das ihm die Fingerspitzen kribbelten, rückte sich so gut es ging auf seinem Stuhl zurecht. Irgendwas hatte sich verändert, die Angst war gerade wieder verschwunden, wie in den Momenten bevor Donnie ihn lebendig begraben hatte. Al fühlte sich klar und irgendwie frei, warum auch immer. So schaffte er es über ihre Fragen nach zu denken, ohne sie als sinnlos, wegen dem ohnehin lauernden Tod ab zu tun.

Ich schätze du warst ein paar Stunden weg. Als ich dich in den Transporter bringen musste, hat es noch ein bisschen gedämmert.

Jetzt war es stockfinster, und sie waren hier mitten im Wald, und die Polizei war nicht mehr hier. Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, das sie nochmal hier aufkreuzten? Selbst wenn, Jules würde sie ehe warnen. Schlechte Aussichten, für alles. Und trotzdem, Aldridge war ganz ruhig, warum auch immer, wie lange auch immer.

Wir sind im Ferienhaus meiner Eltern. Weit vor den Toren der Stadt. Wo wir bei meinem Hemd wären.

Aldridge zuckte die verspannten Schultern und zog beide Brauen hoch.

Du wärest auf dem Flug hierher über eine Stunde mit dem Kopf auf dem harten Boden gewesen, da wollte ich dich zumindest von noch mehr Kopfschmerzen bewahren. Da hab ich es dir untergelegt.


Der Werftarbeiter stellte fest, das das im Grunde dann doch für die Katz gewesen war, hatte sie doch noch lange Zeit mit dem Kopf auf dem nackten Kellerboden gelegen. Egal, wenn er schon drauf gehen musste, dann doch zuvorkommend. Noa sah blasser aus zuvor, Al beschloss darüber zu schweigen, die kurze Zeit der Erfahrung mit ihr hatte ihn gelehrt, das sie doch nur böse werden würde, wenn er sie darauf ansprach. Wer wollte darauf jetzt noch Energie verschwenden. Sie hatte gefragt ob er okay wäre? Nein das war er nicht, aber was spielte das für eine Rolle?


Weist du was witzig ist? Ich bin nach Naboo gereist um Abstand zu ner Frau zu kriegen. Ich hab darum gebetet den Kopf frei zu kriegen. Der Wunsch wurde mir erfüllt.


Al lachte kurz auf, ganz und gar nicht dem Irrsinn verfallen, sondern der Tragikkomik Tribut zollend. Dann atmete er lautstark aus. Donnie war zum Glück nach draußen verschwunden, er würde für den Lacher keine Schläge kassieren, und er konnte Noa fragen, was er eigentlich die ganze Zeit hatte fragen wollen.

Hast du Familie? Ich meine auf Lianna? Jules hatte vorhin eine Schwester angesprochen als..

Als sie diesen doch heftigen Moment der Entrückung gehabt hatte. Al schnitt seinen Satz ab.

Ich hoffe doch das sie nicht auf diesem Planeten ist?

- Naboo - Theed - Waldgebiet vor der Stadt - Trineers Ferienhaus - Keller - mit Noa (Donnie) -
 
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