Einigen wir uns doch einfach darauf, dass ich dir nichts unterstellen möchte und du mir (bitte) auch nicht, ok?
Aber gerne doch!
elbst, wenn die Oma ihren Enkel eigentlich nur beruhigen möchte, so kommt bei diesem leider dennoch eine Erwartungshaltung an, die eindeutig mit seinem Geschlecht verknüpft ist. Und dann schließt sich dieser Kreis aus Entstehung, Erhalt und Weitergabe geschlechtsstereotyper Vorstellungen.
Eine Oma ist auch in gewissen Stereotypen verhaftet. Ich habe auch von meiner Oma oft gehört: Große Mädchen weinen doch nicht!
Weil sie auch durch ihre Kriegserfahrungen, nicht verstehen konnte, warum man sich wegen (in ihren Augen Bagatellen) so anstellen kann.
Ich selber hätte z. B. zu einem Kind (egal welchen Geschlechts) gesagt, alles gut, nicht so schlimm oder es übersteiget (wenn schon älter) und gefragt, ob ich den Notarzt oder den Rettungshubschrauber holen soll.
Das Ziel wäre aber immer dasselbe gewesen: das Kind zu beruhigen und ihm zu signalisieren: es ist nichts passiert, was schlimm ist. Ich habe die Lage im Griff, mach Dir keine Sorgen.
Ich finde es immer problematisch, jeden Satz auf mögliche Weitergabe stereotyper Geschlechtervorstellungen zu untersuchen, die imo auch nicht so funktioniert. Dann fiele ja auch schon der Erwerb von typischen Jungenklamotten in diese Kategorie, was er für einige bestimmt auch tut.
Daher stelle ich sehr gerne diese Diskussion ein.
Denn eines ist absolut gewiss: Sexismus ist es eben leider nicht nur dann, wenn es in voller Absicht geschieht - nein, gerade die nicht bewusst vorgetragenen Stereotypen sind es, die besonders viele Auswirkungen zeigen (können). Und da hört die Kritik bei mir selbst auch nicht auf: Ich kann mir schon auch an die eigene Nase fassen und mich fragen, warum ich ausgerechnet das Vater-Sohn-Beispiel genommen habe und nicht z. B. eher an die Oma gedacht habe. Diese Fähigkeit, die Bedingungen der eigenen Sprech- und Denkweise, auch mit all ihren Fehlern, zu reflektieren, gehört für mich am Ende zu einer Diskussion über Sexismus (und z. B. auch Rassismus) unbedingt dazu. Die bewusste Intention ist, wenn es um Fragen der Genderkonstruktion geht, eigentlich ein stark zu vernachlässigender Punkt - da sind sich, soweit ich es überblicken kann, nahezu sämtliche Vertreter der Gender Studies ziemlich einig. Man kann jetzt natürlich so anmaßend sein, das alles einfach als "Überinterpretation" wegzuwischen oder sich halt mal ernsthaft mit den jeweils gegebenen Argumenten auseinanderzusetzen. Ich persönlich finde letzteres wesentlich schöner und produktiver - und dazu ist übrigens IMO auch ein Interpretationsbegriff von Nöten, der nicht die bewusste Intention des Sprechers/Intention in den Fokus rückt, sondern halt schlichtweg die (möglichen) Auswirkungen.
Und das finde unheimlich anstrengend, jeden Satz auf mögliche unterschwellige Deutungsmöglichkeiten abzuchecken, bevor ich ihn ausspreche und alles so vorsichtig zu formulieren, dass niemand auch nur auf die Idee kommt, dass ich ihm irgendeine subtile Botschaft übermitteln möchte.
Das untergräbt imo fast jede Diskussion. Und ich finde es immer wieder erfrischend, wenn es zu Diskussionen in meinem erweiterten Freundeskreis kommt (der seeehr divers ist), dass dort nicht immer alles so wahnsinnig vorsichtig formuliert wird.
Zum Topic: ich hatte Deine Aussage so interpretiert, dass allein schon der Begriff Mary Sue in Deinen Augen sexistisch ist und daher den Umkehrschluss gezogen, dass Personen, die ihn benutzen/anwenden, dann automatisch eben diese Intention für Dich haben.
Denn ich sehe immer noch nicht, warum das so sein soll, weil imo dieser Begriff unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung, Religion benutzt werden kann. Und das ist für mich das Gegenteil von sexistisch.
Und wenn es Idioten gibt, die diese Intention haben, wenn sie den Begriff benutzen, dann benutzen sie ihn falsch. Aber warum darf ich ihn dann nicht nutzen, nur weil gewisse Kreise ihn zweckentfremden?