Alibi-Übung
Als Pfarrhelferin liegt es in der Natur der Sache, dass ich dieses Jahr in die Kirche gehe.
Ich kann nicht sagen, dass ich mich besonders auf diese Aufgabe freue. Es ist aber auch nicht so, dass ich den Kirchgang als lästige Pflicht empfinden würde. Nichts desto trotz würde ich vieles anders machen, könnte ich den Ablauf des Gottesdienstes bestimmen.
Ich arbeite mit einem Pfarrer zusammen, der zwar sehr gebildet ist und rhetorisch einwandfreie Predigten aufs Parkett legt. Allerdings in einer so abgehobenen Sprache, dass ihm kaum einer der Kirchenbesucher folgen kann. Das ist sicherlich mit ein Grund, warum immer weniger Gemeindeglieder unsere Gottesdienste besuchen. Auch fehlt "unserer" Kirche die Wärme und die Geborgenheit einer Freikirche. Zwar wird heute in der Evangelisch ref. Landeskirche viel mehr Offenheit und Individualität zelebriert. Aber ich denke, der Zug ins längst abgefahren, als dass sich heute wieder eine breite Masse für den regelmässigen Besuch der Gottesdienste begeistern lassen würde. Darum nützt es auch nichts, dass wir uns im Pfarrhelferkreis inzwischen mit diverseren Vergünstigungen wie Apéro vor und Kaffee und Kuchen, nach dem Gottesdienst, Gratis-Ausflügen, Oster- und Weihnachtsgeschenken, Rosen zum Geburtstag, Grillspass mit Kind und Kegel, Gratis-Konzerten und kostenlosen Weiterbildungskursen usw. um mehr Interessenten bemühen, wobei es fraglich ist, ob wir wirklich auf dem richtigen Weg sind, wenn wir uns derart anbiedern.
Glauben und Religion scheinen im Leben des 21. Jahrhundert keinen Platz mehr zu haben.
An Weihnachten mag es durchaus geboten sein, sich von Zauber der Jesus-Geschichte erfassen zu lassen. Doch davon allein kann die Kirche nicht leben. Abschaffen wäre heute die ehrlichere und oekonomisch vertretbarere Alternative, als nur noch in der "heiligen Zeit" zum Heiraten, Taufen und Beerdigen gebraucht zu werden.
Mit oder ohne Kirchengang: Ich wünsche allen Frohe Festtage und Glück, Erfolg und viel Lebensgewinn im neuen Jahr.
Herzlichst...
Beatrice Furrer