Also meiner - schon oft geäußerten - bescheidenen Meinung nach, ist Jar Jar die zentrale Figur der Prequels. In seiner Person werden sie eigentlich erst deutlich.
Es gibt bislang zahlreiche Anspielungen auf die Entwicklungen, die sich in der Galaxis zwischen Episode I und II vollziehen. Wir haben die HoloNet-News, den Roman und im Film selbst einige recht deutliche Andeutungen, wie der Glaube an die Republik verlorengeht und die Galaxis auf deprimierende Weise ihre Unschuld verliert. An niemandem wird das deutlicher, als an Jar Jar Binks.
In der guten, alten Zeit, als die Jedi als unsterblich galten und Gerechtigkeit und Frieden in weiten Teilen der Galaxis herrschten, lebte er ein einfaches, aber glückliches und vor allem friedliches Leben. Dann veränderte sich alles. Er wurde aus seinem Sumpf gezerrt, in einen Krieg hineingestoßen und zum Helden befördert, man nahm ihm sein ganzes Leben und machte ihn zum Botschafter. Aus dieser Entwicklung heraus gelangte er ins Zentrum des Universums, und das in einer Zeit, als Einfachheit und Freude keine Bedeutung mehr hatten. Die Republik - und damit das Gute, das Jar Jar selbst verkörperte - starb vor seinen Augen. Es gelang weder die Korruption zurückzudrängen, noch Ordnung und Frieden aufrechtzuerhalten. Eine Rebellion gegen die Regierung brach aus, und Jar Jar mußte das gleiche erleben, wie einst auf seiner Heimatwelt: Haß und Kriegsgefahr.
Und während er früher noch an friedliche Lösungen geglaubt hatte, hatte ihm der Krieg auf Naboo eines klargemacht: wo Armen ins Spiel kommen, gibt es keine friedlichen Lösungen mehr.
Am Ende tat sich ein drastischer, aber sinnvoll erscheinender Ausweg auf, dessen Beschreiten Jar Jar nicht leicht viel. Doch für die Republik nahm er die Bürde auf sich und schlug die Übertragung von Sondervollmachten vor. Kann man ihm das verübeln? Mitleid sollte man haben. Jar Jar war nie zum Botschafter oder Helden bestimmt. Er wurde in diese Rollen hineingepreßt, mißbraucht und zum Sündenbock gemacht.
Seine Tragödie ist die Tragödie der Republik. Haß ist hier fehl am Platz. Tränen wären angebracht.
Und wenn man nun unbedingt nach der Schuld fragen will, so liegt sie keinesfalls bei Jar Jar allein. Einen mindestens ebensogroßen Anteil an dieser Bürde des Untergangs kann man Bail Organa und allen anderen Senatoren anlasten, und außerdem allen Bürgern, die lieber ihre Zeit in Nachtclubs vergeudeten, als für die Ideale der Republik einzustehen.
Wenn ein System versagt, dann geschieht dies niemals durch die Taten eines Einzelnen. Es gibt Ursachen und Auslöser. Jar Jar mag der Auslöser gewesen sein, an den aber viel wichtigeren, fundamentalen Ursachen trug er keine Schuld. Er war es nicht, der der Korruption Tür und Tor öffnete, er ließ auch nicht 2 Lords der Sith frei herumlaufen. Am wenigsten aber schwächte er durch sein Desinteresse die gesamte Grundordnung der Republik.
Seine letztlichen Entscheidungen mögen nicht richtig gewesen sein, aber immerhin traf er überhaupt welche, während Jedi-Ritter, Senat und vor allem die Bürger untätig zusahen, während die alte Ordnung zerbrach. Schon dafür gebührt ihm Anerkennung und Respekt.