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Schweigend stand sie vor dem Fenster und blickte hinaus zu den Sternen, die so friedlich aussehen und dennoch wusste sie, dass jener Schein trog. Auf den vielen Welten dort zwischen den Sternen herrschte sehr viel mehr als Ruhe. Das rege Treiben dort unten war riesig. Hier im All fernab von der Zivilisation im weitesten Sinn war es Still. Hier auf diesem Schiff gab es nichts was einen in diesem Moment beunruhigen musste. Hier gab es keinen Streit, keine Machtkämpfte die tödlich enden würden. Ein gewisser Frieden herrschte hier. Doch dort draußen, zwischen den Sternen auf den vielen Welten herrschte kein Frieden, kein wirklicher. Dort unten sollte sie eigentlich sein um zu helfen doch stattdessen befand sie sich auf einem Kriegsschiff um hier ihren Dienst zu tun. Einen Dienst, denn sie nicht einmal freiwillig hatte tun wollen, sondern dazu zwangsrekrutiert worden war. Wie gern hätte sie ihre eigenen Praxis eröffnet, hätte sich um all jene gesorgt, die zu ihr gekommen wären. Kinder, Babys, Erwachsene, Alte und Junge. Nichtmenschen und Menschen. Personen jeglicher Spezies. Träume hatte sie besessen doch jene waren ihr genommen worden. Nichts lief im Leben gänzlich so wie man es sich wünschte und für die Chefärztin dieses Schiffes war nichts so gelaufen wie sie es sich gewünscht hatte.
Sie bedauerte es nicht, dass es doch anders gekommen war noch hegte sie einen Groll dagegen, doch in Augenblicken wie diesen, in schwachen Momenten, wünschte sie sich auf einen der unzähligen Planeten, wünschte sie sich eine eigenen Praxis ohne unter dem Kommando von jemandem zu stehen, der Befehle austeilte, der erwartete dass alles funktionierte. Sie hatte ihr eigener Chef sein wollen, ihre eigene Herrin, doch dies gehörte der Vergangenheit an. Ein Traum war zerplatzt wie eine Seifenblase. Es brachte nichts diesem Abschnitt nach zu trauern. Nun diente sie dem Imperium, tat hier ihren Dienst und dies würde sie nicht mehr verändern. Dafür liebte sie ihre Arbeit zu sehr und ebenso dieses Schiff mit samt seiner Besatzung. Wenn man sie heute fragen würde, ob sie den Dienst aufgeben würde, sie würde verneinen. Das Imperium war zu ihrem Leben geworden ebenso wie ihr Job hier und dennoch gab es Momente, in denen sie sich einfach wünschte für einen kleinen Moment nicht sie selbst zu sein. Zu erfahren wie es war dort unten irgendwo zu sein und dass zu tun, was sie sich einst gewünscht hatte. Wie schön wäre es zu wissen, ob sie damit ebenso glücklich gewesen wäre wie sie es nun war. Es war schade keinen kleinen Blick in Zeit erhalten zu können, die vielleicht hätte sein können. Gut möglich, dass sie vielleicht erkannte, dass das Leben, was sie einst angestrebt hatte, sie so nicht glücklich gemacht hätte. Wer wusste dies schon wirklich zu sagen.
Einen langen Moment blieb Ming noch am Fenster stehen, dann wandte sie sich von den Sternen ab und warf einen Blick auf den Schreibtisch. Ihre kurzen Worte an Toji kamen ihr wieder in den Sinn und gleichzeitig ihre Sorge. Sie hoffte, dass er ihr Angebot annehmen würde. Zwingen konnte sie ihn zu nichts, aber vielleicht half es ihm ein wenig, wenn er wusste, dass er, was auch immer, bei jemandem lassen konnte. Ming trat an ihren Schreibtisch, griff nach der frisch aufgebrühten Tasse Tee, nippte daran, trat dann aus ihrem Büro in das Zimmer, in welchem Serenety lag. Die junge Ärztin lehnte sich gegen den Türrahmen und ließ ihre braunen Augen über das Bett ihrer Patientin wandern. Diese junge Frau machte ihr ebenfalls Sorgen. Gleichzeitig allerdings fragte sie sich, was eine junge Lt. Commander, deren Daten sie erst erhalten hatte und jenen entnommen hatte, dass sie der erste Offizier der Musashi war, auf Despayre!? Die größere Frage war noch, warum ein Captain des Imperiums sie von dort holte. Was bedeutete dies? Wie stand Toji zu ihr? Sie hatte keinen Vermerk finden können, dass Serenety auf die Pandora wechselte. Irgendwie war ihr dies alles Schleierhaft. Sicherlich hätte sie gern Antworten darauf, aber ihr war auch klar, dass sie dies nicht wirklich etwas anging. Dennoch verstand sie die Verbindung nicht. Konnte es überhaupt eine geben? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Würde diese junge Frau sollte sie überleben auf der Pandora ihren Dienst tun oder würde sie es nicht? Ming schüttelte den Kopf, nippte an ihrem Tee und wünschte sich Antworten auf ihre Fragen, nur dass sie diese nicht von einer Kommapatientin erhalten würde.
Innerlich seufzend wandte sie sich ab, verließ das Zimmer und schritt erneut an ihren Schreibtisch um sich zu setzten. Ming stellte die Tasse ab und sah auf den leeren Bildschirm, während ihre Gedanken ihre eigenen Kreise zogen und zurück zu der kleinen Gesellschaft glitt. Die Ärztin hatte sich in der Offiziersmesse zurückgehalten während Lerina sich so verhalten hatte wie sie es von ihrer Freundin kannte. Dabei war ihr aufgefallen, dass der Kommandant des Schiffes eher Abwesend gewirkt hatte und Ming fragte sich nun sicherlich schon zum hundertsten Male woran dies lag. Was beschäftigte ihn so sehr? Die Antwort darauf kannte sie nicht. Spekulationen würden sie nicht weiter bringen, sondern eher noch mehr Fragen aufwerfen. Warum nur beschäftigte sie selbst dies so sehr? Eine Frage die wohl wesentlich leichter zu beantworten war wie alle jene, die ihr bisher in den Sinn gekommen waren. Der Grund dafür kam nicht von ungefähr. Captain Toji Murata war ihr nicht nur sympathisch sondern er zog sie auch an. Lerina hatte ihre Finger schon auf das richtige Loch gelegt als sie behauptete hatte, dass der Captain ein Mann nach ihrem Geschmack war, auch wenn sie dies so nicht offen ausgesprochen hatte. Es stimmte, da biss die Maus kein Faden ab. Ming kannte sich gut genug um sich dessen bewusst zu sein, leugnen würde ihr nichts bringen und ihre Freundin würde ihr eh kein Wort glauben sollte sie das Gegenteil behaupten. Im Grunde hatte sie nicht gedacht in eine Situation zu kommen, die dazu führen konnte sich für jemanden zu interessieren. Dass es nun doch so war, war nun nicht zu ändern. Dass sie sich für ihn interessierte, sich zu ihm hingezogen fühlte war eine Sache, zu wissen dass sich daraus nichts entwickeln konnte war die andere, was bedeutete, dass es besser war, sich mit diesem Thema nicht weiter auseinander zu setzen.
Erneut trank sie einen Schluck ihres Tees, welcher leicht bitter schmeckte, dann setzte sie die Tasse ab und schloss ihre Augen. Ihr Nacken schmerzte von der Arbeit, dem suchen nach Antworten was ihre Patientin anging und ebenso machte sich langsam ein Dröhnen im Kopf breit. Ming hob die Hände, legte sie an ihre Schläfen und massierte diese behutsam. Lerina befand sich im Nachtdienst und würde dann wohl erst einmal schlafen gehen. Ming selbst war nicht wirklich müde. Sie plagte eher die Ungewissheit, die vielen Fragen, die Sorgen, welche sie wach hielten und ihr den Schlaf raubten. Nachtschichten waren etwas, was sie des öfteren betrieb und wenn sie nur irgendwelchen Forschungen nachging. Auf dem Gebiet der Medizin musste man sich ständig weiterbilden, auf dem laufenden bleiben, andernfalls würde man stehen bleiben. Ming verfolgt mit großem Interesse jede neue Veröffentlichung, verbrachte Stunden damit zu Studieren, Nachforschungen zu betreiben und zu experimentieren, jene zu Analysieren und letztlich aufzuschreiben. Mit irgendetwas musst man sich schließlich auf einem Schiff beschäftigen wenn es nicht gerade in den Krieg zog. Die kleinen Lappalien die sonst zur Behandlung standen waren nichts kompliziertes oder wirklich herausforderndes. Ein Schiff war nun einmal kein Krankenhaus oder eine Praxis, wo es einen gewaltigen Anlauf gab, wo man verschiedenen Krankheiten heilen, Kinder zu Welt bringen musste oder ähnliches. Ein Nachteil wenn man an Bord eines Imperialen Schiffes diente.
Der Druck ihrer Finger auf ihren Schläfen nahm das Dumpfe pochen. Ein gutes Zeichen, wobei Ming die Massage noch einen Augenblick weiterführte, ehe sie die Hände senkte. Laut ihrem Chrono war es schon sehr spät, vielleicht sollte sie sich hinlegen, anstatt die ganze Nacht hier zu verbringen.
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