Kleines Dilemma auf der Arbeit

Eine betriebliche Übung kann er nicht einfach einseitig für beendet erklären.

Gut. Seine Sichtweise war dahingehend, dass es so was wie das Gewohnheitsrecht oder Übung in solchen Fällen einfach nicht gäbe und daher alle AN zu erscheinen hätten, wie er sie plant. Aber dann weiß ich ja schonmal, das dem eher nicht so ist.
 
Eine kurze Info wie es am Mittwoch lief, ich musste es nicht ansprechen, unsere Teamleitung hat es angesprochen und nach gestern, neue Geschichte erzähl ich heute Abend, glaube ich kaum das ihr Vertrag verlängert wird. Aber dazu heute Abend mehr.
 
zur betrieblichen Übung kann jede Leistung des Arbeitgebers werden, die nicht sowieso vertraglich oder tariflich vereinbart ist, also freiwillig und ohne Vorbehalt erfolgt und die wiederholt erbracht wird. Das kann Urlaub an Heiligabend sein, aber bspw. auch ein Fahrtkostenzuschuss.

Nochmal eine Nachfrage dazu: Warum dann die Arbeitszeit an sich nicht? Also feste Tage oder feste Uhrzeiten, Spät-, Nachtschicht.
 
Warum dann die Arbeitszeit an sich nicht? Also feste Tage oder feste Uhrzeiten, Spät-, Nachtschicht.

Prinzipiell könnte sich eine betriebliche Übung auch auf die Arbeitszeit erstrecken. Das diesbezüglich kursierende Urteil vom LAG Hessen führt das eigentlich auch aus, wird aber immer ein bisschen verkürzt wiedergegeben. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber erkennen lässt, dass er grundsätzlich mit einer Übernahme von festen Arbeitszeiten/Schichten einverstanden ist.
 
Bei dem Tag- / Nachtschichtfall in Hessen hat der AG das also nicht erkennen lassen? Wie müsste das passieren, wenn Gewohnheit allein nicht reicht?
 
Eine kurze Info wie es am Mittwoch lief, ich musste es nicht ansprechen, unsere Teamleitung hat es angesprochen und nach gestern, neue Geschichte erzähl ich heute Abend, glaube ich kaum das ihr Vertrag verlängert wird. Aber dazu heute Abend mehr.

Am Abend von Freitag auf Samstag Abend hat meine Kollegin und einige weitere Kollegen einen Vogel auf der Ladenfläche eingesperrt. Unsere Tüten mit Vogelfutter waren entsprechend weit am nächsten Morgen im Laden verstreut.

Zusätzlich ging dann in der Nacht der Alarm los und die Schlüsselträgerin an diesem Abend blieb Zuhause weil sie dachte das läge an dem Vogel (lag es nicht aber das ist ein anderes Thema.) Nach den Regeln der Firma, die wir alle gelesen haben sollten, bevor wir sie unterschrieben hätten (wohlgemerkt ich versuche einen Kojunktiv zu benutzen) verpflichtet sich jeder Kollege bei Übernahme des Schlüssels zur Filiale zu fahren und wenn nötig zusammen mit dem Sicherheitsmännern der Firma die Polizei zu rufen.

So, die Kollegin hat das nicht getan und neben dem Dreck und dem Chaos welches dieser Panische Vogel angerichtet hat, ist die gesamte Belegschaft inklusive der im Urlaub befindlichen Cheffin angerufen worden. Die Nachbarn waren sauer, weil bis die Sicherheitsfirma endlich akzeptierte das ich als Stellvertreterin der Teamleitung nicht das aktuelle Kennwort kenne, weil meine Teamleitung, ebenfalls im Urlaub, vergessen hatte mir das mitzuteilen.

Jedenfalls wurde es fast Mitternacht bis endlich jemand hinfuhr um das Ding abzustellen. Bis dahin ging die Sirene immer wieder los, weil die Kollegin nicht zur Filiale gefahren war. Ich habe dann den Zweitschlüssel aktiviert und irgendwann hörte dieses Affentheater dann mal auf. Irgendwann um Mitternacht.

Es wurde ein neues Gespräch mit dieser Kollegin angesetzt. Abgesehen davon das sie jetzt den Schaden bezahlen darf.
 
Bei dem Tag- / Nachtschichtfall in Hessen hat der AG das also nicht erkennen lassen?

Das LAG Hessen hat einfach gesagt, dass keine betriebliche Übung daraus entsteht, dass der Arbeitgeber mehrere Jahre bloß in der Nachtschicht eingesetzt ist. Man geht grundsätzlich davon aus, dass der Arbeitgeber ein Interesse daran hat, den Arbeitnehmer nach seinen Bedürfnissen einzuteilen, darum stellt es noch kein sog. konkludentes Verhalten dar, wenn er einen Arbeitnehmer über längere Zeit nur in einer Schicht einsetzt.

Wie müsste das passieren, wenn Gewohnheit allein nicht reicht?

Absprache wäre eine Möglichkeit.

In der Regel ist es aber auch so, dass die (dauerhafte) Einteilung in eine bestimmte Schicht bereits in der Stellenausschreibung kommuniziert wird oder jedenfalls beim Vertragsabschluss. Das kann dann auch ggf. vom Arbeitnehmer eingeklagt werden. Per Gewohnheitsrecht wäre das zumindest theoretisch möglich, aber ich muss auch sagen, dass mir dazu auf Anhieb kein Beispiel einfallen würde.
 
Absprache wäre eine Möglichkeit.

Das würde sich dann aber auch wieder auf neue Vorgesetzte übertragen?
Ich spreche mit meinem alten Chef mündlich ab, dass ich Teilzeit immer dieselben Tage arbeite mache das über ein paar Jahre und dann gilt das auch erstmal so für den neuen Chef, auch wenn der nichts davon weiß und der darauf eigentlich gar keine Lust hat?
 
@Ilargi Zuri

Das waren ja filmische Szenen. Ihr macht einer Paderborner Bank Konkurrenz, in deren Tresor Raum letztes Jahr ein älterer Herr vergessen wurde. Dieser hat über fünf Stunden versucht, seinem Gefängnis zu entkommen und dabei immer wieder unwissentlich den Alarm ausgelöst. Da die Polizei eine Geiselnahme nicht ausschließen konnte, kam es zu einem Großaufgebot an Polizeikräften um die Bank, die mir den Weg abschnitten. Kurz vor 23:00 Uhr entdeckte ein SEK den verwirrten 83-jährigen Herrn im Tresorraum der Bank.

In der Haut deiner Kollegin möchte ich nicht stecken, allerdings müsste nach meinem Empfinden das Verfahren bei einem Alarm in eurer Firma deutlich und wiederholend kommuniziert werden und sollte nicht nur im Kleingedruckten stehen. Wie konnte denn deine Kollegin überhaupt erfahren, dass der Alarm ausgelöst worden ist?
 
Das würde sich dann aber auch wieder auf neue Vorgesetzte übertragen?

Theoretisch, ja, aber ich würde sagen, dass solche Arrangements eher vorteilig für den Arbeitgeber sind. Du wärst da wohl im Zweifel in der Beweislast. Grundsätzlich kein Problem, wenn bspw. jemand bezeugen kann, dass das so abgesprochen wurde, aber ansonsten wird das eher so ein 50:50 Ding, falls das vor Gericht landen sollte.
 
Mir war bisher nicht bewusst, dass die Möglichkeit besteht, als Teilzeitkraft evtl. ein Anrecht auf bestimmte Wochentage zu haben, an denen man frei hat. Unsere Teilzeitkräfte (Schule) würden zwar auch bestimmte Wochentage bevorzugen und manchmal haben auch einige für ein paar Jahre an einem bestimmten Wochentag frei, es ist aber nichts in Stein gemeißelt. Niemand hat ein Anrecht auf seinen "Tag". So wird es jedenfalls kommuniziert.

Mein eigentlicher Gedanke: Wenn in einem Betrieb tatsächlich Gewohnheitsrechte gelten gemacht werden können, büßt der Betrieb seine Flexibilität ein. Ein solcher Betrieb besitzt ein großes Handicap, wenn er aufgrund von Gewohnheitsrechten nicht mit aller Kraft auf wirtschaftliche Veränderungen spontan reagieren kann und dadurch in Nachteil zur Konkurrenz gerät.
 
Zuletzt bearbeitet:
@SamRockwell

Bei mir sind die Wochentage im Vertrag festgeschrieben, damit es bei den Feiertagen kein Problem gibt. Das macht die Firma immer so.

Ich bin aber sehr flexibel und meine Chefs bisher auch. Wenn ich in einer Woche mal alle Tage komme, weil viel tun ist oder ich ein Projekt mit Deadline habe, dann in der nächsten halt einen weniger oder umgekehrt, wenn ich mal einen Tag wegen eines Termins mal nicht komme oder wechseln möchte, auch kein Problem.

Ich trag es einfach (in Absprache) in den Schichtplan ein, dann gilt es als geplant.

Dieser Schichtplan gilt als fix, auch für die Springer, und wenn sie außerhalb des Plans springen müssen (wegen Krankheit oder Spontanurlaub einer festen Schicht), dann wird dafür ein anderer Tag gestrichen. 80% der Springerzeit sind fest eingeplant, 20% müssen sie flexibel und kurzfristig springen.

Der Plan wird monatlich aktualisiert.
 
@SamRockwell Das ein Anrecht auf bestimmte Arbeitszeiten rein aus einer betrieblichen Übung entsteht, ist dann trotz allem immer noch eine sehr theoretische Überlegung. Zumal ich nicht mal Experte für Arbeitsrecht bin. Das ist wirklich nicht mein Fachgebiet. Und um's noch komplizierter zu machen: für Beamte und Angestellte im Landesdienst gelten sowieso nochmal andere Regeln.

Ein solcher Betrieb besitzt ein großes Handicap, wenn er aufgrund von Gewohnheitsrechten nicht mit aller Kraft auf wirtschaftliche Veränderungen spontan reagieren kann und dadurch in Nachteil zur Konkurrenz gerät.

In der Praxis ist es wohl eher selten so, dass Arbeitnehmer bspw. ihr Weihnachtsgeld oder einen freien Tag zu Weihnachten einklagen. Das lohnt sich in der Regel schon gar nicht, weil es in Prozessen vor dem Arbeitsgericht keine Kostenerstattungspflicht gibt. Der Kläger trägt also seine Anwaltskosten selbst. Ich würde mich jetzt mal so zu der Aussage hinreißen lassen, dass eine betriebliche Übung noch keinen Betrieb ruiniert hat. ;)
 
Wobei ich jeden seinen freien Tag gönne, wann immer er in der Woche gewünscht ist. Mir ist, mit einer Vollzeitstelle, einmal unverhofft für ein halbes Jahr ein "freier" Freitag in den Schoss gefallen. Es war eine schöne Erfahrung. ;)
 
Wenn in einem Betrieb tatsächlich Gewohnheitsrechte gelten gemacht werden können, büßt der Betrieb seine Flexibilität ein. Ein solcher Betrieb besitzt ein großes Handicap, wenn er aufgrund von Gewohnheitsrechten nicht mit aller Kraft auf wirtschaftliche Veränderungen spontan reagieren kann und dadurch in Nachteil zur Konkurrenz gerät.

Ob das in der Praxis der Arbeitswelt wirklich so ein Thema ist?

In den meisten Fällen dürfte eine Inanspruchnahme entgegen der Entscheidung der Unternehmensführung/Führungskräfte einen konfrontativen Charakter haben, der das Verhältnis von AG zu AN beschädigt. Mal davon abgesehen, das sicher lange nicht jeder um seinen Anspruch weiß, wird man das i.d.R. nicht in Kauf nehmen wollen (meine These). Wenn wirklich "mit aller Kraft spontan reagiert" werden muss, kann ein Unternehmen im Zweifelsfall andere Seiten aufziehen.

Im besten Fall ist der AG so clever wie z.B. meiner und legt in solchen Sachen den Freiwilligskeitsvorbehalt schriftlich fest. Das war insbesondere in Bezug auf Home Office bzw. genauer gesagt mobiles Arbeiten ein ganz zentraler Diskussionspunkt (schon vor Corona).
 
Nein, ich nehme nicht an, dass es üblich ist. Mir war überhaupt nicht bewusst, dass man als Arbeitnehmer in bestimmten Fällen zeitliche Gewohnheitsrechte für sich in Anspruch nehmen kann. Deshalb war ich erstaunt. Ich hatte mir die Arbeitswelt so vorgestellt, wie sie Raven schildert: Wünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt, der Arbeitnehmer muss aber auch bereit für Änderungen sein, wenn es arbeitstechnisch einfach nicht anders geht, um als Firma flexibel auf Herausforderungen reagieren zu können.
 
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