[Ord Canfre-System | Weltraum | Sammelpunkt der 8. Flotte | VEN Defender | Deck 6 | Besprechungsraum] Chett Nectu, Piloten der Wolves, Guardians, Ruffians, Marshal Dripa
Die Behauptung, dass neben dem hiesigen Flottenkommando auch das Oberkommando und der Imperator selbst stolz auf die Piloten wären, brachte Chett Nectu dazu, missmutig die Miene zu verziehen. Er wusste, dass das nur propagandistischer Unsinn war, der ihnen schmeicheln und sie motivieren sollte. Mit der Wahrheit hatte es wenig zu tun. Imperator Allegious und seine hohen Admiräle war sicherlich froh über die Erfolgsnachrichten, die sie von Ord Cantrell erhielten. Aber ihnen war doch völlig egal, welche Einheiten dort gekämpft und was die einzelnen Krieger geleistet hatten. Wenn überhaupt, dann galt ihr Lob den Strategen und Befehlshabern, die den erfolgreichen Einsatz organisiert und aus der Distanz angeführt hatten, nicht aber jenen, die ihr Leben riskiert und auf den Feind geschossen hatten. Das wollte man den gemeinen Soldaten, Matrosen und Sternenjägerpiloten immer wieder weismachen, aber nur ein verblendeter Idealist konnte daran glauben, dass Allegious zu Bastion auf seinem Thron saß und beim Blättern in seinen Berichten dachte: ›Auf dieses Wolves' Squad und seine Mitglieder kann ich wirklich stolz sein!‹ Unsinn. Es war die Art von Manipulation, mit der man junge Leute dazu brachte, für einen fernen Herrscher und die Ziele einer kleinen, abgehobenen Elite jubilierend in den Krieg zu ziehen und letztlich bereitwillig den höchsten Preis zu bezahlen. Bei Chett wirkte das schon lange nicht mehr. Aber er ärgerte sich auch nicht mehr darüber. Wer auf die Propaganda hereinfiel, verdiente es nicht besser. Das schloss ihn selbst mit ein.
Die Nachbesprechung mit Marshal Dirpa ließ wenig Zweifel daran, dass die Achte Flotte sich an vorderster Front in einem ausgewachsenen Krieg befand. Falls sich irgendwer erhofft hatte, dass nach der Friedenskonferenz von Umbara nun geruhsamere und friedlichere Zeiten für die imperialen Streitkräfte anbrechen würden, hatte er sich geirrt. Doch diese Illusion hatten sich wohl nur wenige gemacht - Chett Nectu gehörte nicht zu ihnen. Ihm war klar gewesen, dass man die enormen Ressourcen der Flotte und Armee irgendwo möglichst gewinnbringend einesetzen würde. Denn Imperator Allegious' Bereitschaft, mit dem Erbfeind Neue Republik zu verhandeln, zeugte zwar von einem radikalen Umdenken, aber nichts hatte darauf hingedeutet, dass sein Durst auf Eroberung und Ausweitung seines Territoriums insgesamt gestillt wäre. Er verlagerte sich lediglich in andere Gebiete, für die plötzlich Kräfte frei wurden, weil man sie nicht mehr an die republikanische Front band. Schlechte Zeiten, um sich gegen das Imperium zu verschwören. Schlechte Zeiten für den Eisernen Bund.
Fest stand nun auch, dass die Wolves in dem bevorstehenden Konflikt ihre Rolle spielen würden. Sie hatten auf Ord Cantrell bewiesen, dass sie - unabhängig von den unterschiedlichen Philosophien und Doktrinen der Generäle - eine Kraft waren, die man sich nutzbar machen musste. Möglicherweise zeigte das den Rückweg zu dem Elitestatus auf, den das Squad einst innegehabt hatte. Dementsprechend verließen die Männer und Frauen den Raum mit gemischten Gefühlen. Manche freuten sich auf die bevorstehenden Kämpfe, andere fürchteten sich davor, bei vielen war es eine Mischung aus beidem. Chett glaubte sich über beides erhaben und lag mit dieser Selbsteinschätzung unheimlich daneben.
Nicht ganz sechsunddreißig Stunden hatten sie, bevor man sie wieder zur Besprechung zusammenrief, um sie über den nächsten Einsatz zu informieren. In dieser Zeit konnten sie sich von Ord Cantrell erholen, man bereitete sie aber auch auf das vor, was ihnen bevorstand. Zwar sagte ihnen noch niemand, was ihr nächstes Ziel sein würde, entweder um zu verhindern, dass so wichtige Informatioen nach draußen durchsickerten, oder weil man einfach der Meinung war, dass diese Kenntnis ihnen nicht zustand. Aber die Gerüchte, die von anderen Schiffen hereintröpfelten (denn innerhalb dieses Zeitraums lösten sich mehrmals einzelne Schiffe von der Flotte und kehrten einige Stunden später wieder zurück, meist mit Kampfspuren), die Nachrichten und ein paar andere Umstände ließen gewisse Rückschüsse zu. Besonders wurden die Spekulationen davon angeheizt, dass man die Piloten aller Staffeln der Defender in dieser Zeit zwei Übungen durchführen ließ, in denen sie mit mandalorianischen Schiffen konfrontiert wurden. Da es keinen Hinweis auf einen bevorstehenden Angriff auf Mandalore gab, war klar, was das bedeutete. Einige Welten des Eisernen Bundes hatten sich der Unterstützung mandalorianischer Söldner versichert, andere hatten bei MandalMotors und -Hypernautics Kriegsgerät eingekauft, das hatte die imperiale Propaganda bereits thematisiert. Also würden sie eines dieser Systeme besuchen. Die ersten Wetten wurden abgeschlossen. Nectu beteiligte sich daran nicht.
Schließlich wurden sie wieder in demselben Besprechungsraum versammelt. Abermals war es Marshal Dripa, die ihnen erklärte, was ihnen bevorstand.
»Meine Damen, meine Herren,« begrüßte sie abermals, »Ihre nächste Gelegenheit zur Bewährung ist gekommen. Uns wurden neue Missionsziele zugewiesen. In drei Stunden wird die Defender in Begleitung der Korvetten Hoplite, Ruan und Purity nach Iridonia aufbrechen. Die Welt hat sich vor einiger Zeit dem Eisernen Bund angeschlossen, allerdings wurde die Stimmung durch die bisherigen Niederlagen stark eingetrübt und man fürchtet zu Recht, dass man eines der nächsten Ziele sein könnte. Die Iridonianer verfügen selbst über keine nennenswerte Flotte; sie verlassen sich auf den Schutz ihrer Nachbarwelten sowie mandalorianischer Einheiten, die als Söldner angeworben wurden. Letztere stellen das eigentliche Problem und deshalb auch unser wichtigstes Ziel dar. Wir werden ihnen einen harten Schlag versetzen und damit unzweifelhaft klarmachen, dass auch sie keinen ausreichenden Schutz bieten können. Ziel ist es, die Iridonianer zum Verlassen des Bündnisses zu bewegen. Der Geheimdienst hat bereits damit begonnen, die Moral auf dem Planeten zu untergraben und die Bildung einer starken Opposition gegen die derzeitige Regierung zu unterstützen. In der Theorie sollte der Verlust ihrer mandalorianischen Beschützer dazu führen, dass die Zabraks ihre Politik überdenken und dem Eisernen Bund den Rücken kehren.
Uns erwartet die Konfrontation mit einem Schlachtschiff der Keldabe-Klasse und mehreren kleineren Einheiten, zu denen auch moderne Sternenjäger mandalorianischer Produktion gehören. Iridonias Streitkräfte umfassen alte Schiffs- und Jägertypen, wie sie Ihnen bereits bei Ord Cantrell begegnet sind. Zudem ist nicht auszuschließen, dass andere Welten Verstärkung in das System schicken werden, sobald unsere Angriffsrichtung klar ist.«
Die meisten Piloten verhielten sich nach dieser Eröffnung ruhig, doch einige tuschelten leise miteinander. Obwohl sie das so leise taten, dass Chett Nectu kein Wort verstand, schien die hohe Offizierin doch ein besseres Gehör zu haben, denn sie reagierte darauf:
»In der Tat, ein einziges Großkampfschiff unter leichter Eskorte ist keine Streitmacht, die hoffen kann, die Verteidigung mühelos hinwegzufegen. Uns steht ein harter Kampf bevor. Im direkten Kräftemessen ist ein Venator einem Keldabe-Schlachtschiff nicht gewachsen. Aber gerade Sie als Kampfpiloten sollten wissen, dass es nicht immer die großen Schiffe sind, die den Ausschlag geben. Deshalb wird die Defender nicht nur Ihr Halbgeschwader, sondern auch drei Staffeln Scimitars tragen. Die Hoplite ist ein Schiff der Marauder-Klasse und verfügt demnach ebenfalls über einen Hangar; sie kann jeweils eine Halbstaffel TIE-Bomber und Abfangjäger beisteuern. Ihre Hauptaufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass die Bomber ihr Ziel erreichen, welches das mandalorianische Kommandoschiff sein wird, und - situationsabhängig - auch aktiv dazu beizutragen, dieses kampfunfähig zu machen. Gelingt uns dies, bevor Verstärkung eintrifft, wird Iridonias Verteidigung zur Aufgabe gezwungen.«
»Und wenn nicht?« fragte Chett.
»Dann werden Sie Befehle erhalten, um dennoch den Sieg zu erringen. Haben Sie Vertrauen in unsere Taktiker, Pilot Officer.
Gibt es sonst noch Fragen? - Dann machen Sie sich und Ihre Maschinen einsatzbereit. Sie erhalten noch Dossiers mit den Spezifikationen und Schwachstellen der Schiffstypen, denen Sie voraussichtlich begegnen werden. Die Staffelführer bleiben noch zu einer weiteren Besprechung, alle anderen dürfen wegtreten.«
Einige Zeit später stand der Yaga-Minoer im Pilotenanzug im Hangar. Die Defender befand sich bereits im Hyperraum, unterwegs zu ihrem Angriffsziel. Den Piloten blieb noch eine halbe Stunde, um sich auf den Abflug vorzubereiten. Zusammen mit seinen Kameraden hatte er sich eingefunden, um seinen Jäger zu checken, bevor es losging. Doch als er vor dem Defender stand, stach ihm sofort eine Veränderung ins Auge, die er weder veranlasst hatte, noch befürwortet hätte, wenn er davon gewusst hätte. Irgendwer hatte ihm für das bei Ord Cantrell abgeschossene Nu-Shuttle eine Marke unter das Cockpit gesprüht.
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