[T7K94 - Im Krater der Tar - An einem Turm, auf einem Leichenteppich stehend - Saphenus im Anflug und Hybris]
Hybris nickte dem Zabrak zu und wand sich dem Turm zu seiner Linken zu. Sie würden sich soweit es eben möglich war immer an den Türmen halten und sich an ihnen fest halten. Während der Kämpfe waren diese auch in Mitleidenschaft gezogen worden und boten daher guten Halt, während ihre Füße im Grunde ständig versuchten in alle Richtungen davon zu gleiten. Das Blut mochte aus den übel zugerichteten Leibern der Tar geflossen und sich irgendwo mehrere Meter tiefer gesammelt haben, doch ihre Organe und alles was daran hing nicht. Überall wo Hybris auch hinschaute gab es eine dunkelblaue, wenn nicht schwarze Schmiere die einfach alles zu bedecken schien. Ganze Patzen davon, die kleine handliche Organe enthielten und die der Sith nicht zu identifizieren vermochte, waren in die Zwischenräume gerutscht und füllten diese meist mehr als nur aus. Und doch gab es einen erkennbaren Weg. Da die grünen Schuppen dieser Tar sich deutlich von ihrem schwarzen Inneren unterschieden, schwammen überall kleine Inseln in diesem Meer aus Schwärze und die beiden Sith mussten nun einfach nur einen Fuß vor den anderen setzen. Was Hybris auch tun wollte. Da er aber anhand seiner letzten Begegnung mit einem Tar wusste, das sie sein Körpergewicht nicht mal annähernd stand halten konnten, setze er zuerst nur einen Fuß auf den Brustkasten eines der Tar. Und noch bevor Hybris auch nur daran denken konnte seinen zweiten ebenfalls darauf abzustellen, hörte er Knochen brechen und sank ein. Doch nicht allzu tief, wie er ein paar wild pochende Herzschläge später feststellen konnte. Vielleicht zwei Handbreiten war er hinein gesunken, was bei den schmalen Körpern der Tar bedeutete das er ihn sozusagen durchstoßen hatte. Doch irgendwas darunter war dem Gewicht des Executors gewachsen und hielt ihm zumindest im Augenblick stand. Dennoch glaubte Hybris nicht das sie diesen Weg würden gehen können. Von oben hatte es leichter ausgesehen, doch würden sie die nächsten einhundert Meter so zurück legen müssen, dann könnten sie genau so gut außen herum gehen. Er sah
Saphenus an.
„Das können wir vergessen.“
Den Kopf leicht angehoben, als würde Yelm ihn dadurch besser verstehen, sagte er an diesen gerichtet:
„Ich will mich durch die Türme durchschneiden und auf direktem Wege zur Tür gelangen. Wie groß ist der Abstand zwischen den Türmen.“
„Sie müssten vier Türme durchqueren und der Abstand zwischen ihnen beträgt, bis auf den letzten, jeweils acht Meter. Um zum vierten zu gelangen, müssten sie vierzehn Meter überbrücken und dann noch einmal zwanzig Meter bis zur Tür.“
„Gut. Irgendwelche blinden Flecke oder sonst etwas in den Türmen?“
„Ja. Im dritten Turm hat sich vor drei Minuten und zwölf Sekunden ein blinder Fleck gebildet.“
„Gebildet?“
„Die leere Punkte auf meinem Schirm bleiben nicht. Sie verschwinden nach einer bisher nicht kalkulierbaren Zeit und tauchen an anderer Stelle wieder auf oder es entstehen dort neue.“
So viel dazu, sie zu ignorieren.
„Und wo im dritten Turm kannst du nicht sagen?“
„Nein. Er ist vollständig leer.“
Hybris sah wieder seinen Schüler an.
„Dann können wir gleich einmal nachschauen was es denn damit auf sich hat. Gib mir dein Lichtschwert.“
Dieser Gedanke schien dem Zabrak, der sich Hybris Meinung nach immer ein wenig zu zwanghaft an seinem Schwert festhielt, nicht zu behagen. Doch was hatte er für eine Wahl? Also händigte er es ihm aus und Hybris nahm daraufhin auch sein eigenes in die Hand, wand sich dem Turm zu und aktivierte dann beide Schwerter.
Da er den Deckel nicht in seine Richtung, sondern ins Innere fallen sollte, winkelte er die Klingen entsprechend an und stach dann in den Turm. Da er der chemischen Verbindung der Kugeln einem Gefühl zugeordnet hatte, wusste er das sich in unmittelbarer Nähe keine dieser Brandbomben befanden und schnitt sich deshalb ohne zu zögern durch die beschädigte Mauer. Da es mit reiner Muskelkraft und von seiner Position aus aber zu umständlich gewesen wäre es auf klassische Art und Weise zu tun, ließ er die Schwerter einfach mit der Macht schweben und dann jeweils einen Halbkreis beschreiben. Die Scheibe, die eigentlich ein flacher Zylinder mit stumpfer Spitze war, fiel nach Innen und Hybris kletterte hinein. Da sie unpassender Weise genau auf der Höhe eines Bodens bzw. einer Decke gewesen waren, hatte der Sith höher ansetzen müssen und musste sich nun hoch ziehen. Das war an sich kein großer Akt, doch mit sperrigem Anzug und keinem wirklichen Halt für seine Füße, fühlte es sich zumindest so an als würde es anstrengend sein. Sein geklonter Körper aber kompensierte das mühelos, doch der Zabrak würde sicherlich ins Schwitzen geraten. Hybris setzte sich auf, warf einen Blick in den mit leeren Regalen vollgestopften Raum und begab sich dann zu einem Punkt in der Wand, die genau in die Richtung zeigte in der er musste. Dank eingeblendeter Geländekarte – wobei diese Informationen von der Fury kamen – wusste er genau wohin er musste. Noch bevor sein Schüler im Turm war, hatte er bereits das nächste Loch herausgeschnitten. Da sie würden springen müssen, war es recht groß, ja beinahe komfortabel. Während er warten musste, schaute er sich erneut das Schlachtfeld ein paar Schritte unter ihm an. Nicht das er damit rechnete irgendwas neues zu finden, doch er versuchte noch immer diesen Kampf zu rekonstruieren. Es war eine Sache, eine Spur aus Leichen zu hinterlassen wenn man ein Rückzugsgefecht focht, doch dabei auf jedem einzelnen Meter, einhundertfünfzig Meter lang, mit so vielen Leichen zu bedecken, das sie sich mehr als zehn Meter hoch stapelten, das erschien ihm mindestens übertrieben, wohl aber eher unglaublich. Doch da lagen sie vor ihm und er hatte von oben genau gesehen wo der eigentliche Boden lag und auch wenn er auf Grund seiner Sicht vielleicht nicht genau hatte abschätzen können wie hoch dieser Leichenpfad war, es waren ganz sicher mehr als fünf Meter. Aber wie konnte das sein? Wären sie diesen Weg ein Dutzend mal und öfter gegangen und hätten den Pfad dabei jedes mal einen Meter höher gebaut, es wäre wohl möglich. Doch warum hätten die Tar das zulassen sollen? Die wenigen Besatzungsmitglieder die Hybris erspähen konnte, waren meist verbrannt worden, genau so wie alles in ihrer Nähe. Zuerst in Stücke gehauen und dann verbrannt, wie Hybris plötzlich klar wurde. Wären sie erst angezündet worden und postmortal auseinander genommen worden, sie sähen anders aus. Nicht so … flüssig. Aus was auch immer diese Bomben bestehen mochten, sie brachten etwas mit, das in die Haut und Kleidung eindringen und dort mit Hilfe der Hitze mit diesen verschmelzen konnte. Brandblasen, offene rote und teilweise eiternde Stellen, sich abschälende Haut, Hybris sah all das und doch klebte überall diesem diese schmierige Zeug drüber, das farblich irgendwo zwischen rosa Haut, dem Metall der Rüstungen und gelb lag. Und beinahe alle lagen sie da, die Hände auf den Wangen im Gesicht, selbiges derart verzehrt, das sie genau so gut aus Lehm hätten bestehen können. Ja, eigentlich wirkte die gesamte Szenerie irgendwie unwirklich. Zum Beispiel die Tar direkt am Turm. Irgendwas und Hybris nahm an die Droiden waren es gewesen, hatte sie in Scheiben geschnitten. Nur das sie eben nicht gefroren gewesen waren und deshalb keine sauber gearbeiteten, immer gleich dicke Scheiben entstanden waren, sondern eben diese blutige Masse die er da vor sich sah. Sie waren nicht einfach nur filetiert, sondern danach auch noch durcheinander gewirbelt worden. Rechts von Hybris lagen gleich drei verschiedene Köpfe in Scheiben, ein paar Meter weiter und zur Mitte hin geneigt dann so viele Beine und Flügel, das er nicht in der Lage war sie zu zählen.
Als hätte man sie nicht hier abgeschlachtet, sondern auf dem Schiff gesammelt und dann aus irgend einen Grund hier herunter geworfen. Es sieht mehr nach einer Leichengrube aus, weniger wie ein Schlachtfeld.
Doch so wirklich glauben konnte er das nicht. Die Türme waren zwar von irgendwas getroffen worden das sie beschädigt hatte – Brandflecken von Blasterbeschuss gab es aber nicht -, doch Blutspritzer gab es keine. Zumindest keine die darauf hinwiesen das die Tar aus großer Höhe abgeworfen worden waren.
Ich kann es nicht rekonstruieren, weil es einfach zu unwirklich ist. Irgendwas fehlt hier.
Plötzlich war Saphenus neben ihm und er musste feststellen, das er zu lange in Gedanken versunken war. Die Wand im Turm ihnen gegenüber war nämlich noch intakt. Dies änderte er rasch und sprang dann hinüber. Dieses mal hatte er richtig gerechnet und kam daher punktgenau beim Loch an. Ohne erneut zu warten, ging er durch den Raum. In diesem befanden sich zwar keine Regale, doch an der selben Stelle gab es dafür auf Kniehöhe Abstellflächen. Auf diesen befanden sich Behälter, welche aus einem dunkleren, aber nicht schwarzen Ton bestanden und mit einen Deckel daher kamen. Während er an ihnen vorbei ging, erspähte er einen offenen Krug und schaute rein. Sandfarbene Körner, vielleicht Samen, befanden sich darin. Außerdem hatte man wohl kurz vor der Aktivierung des Schildes etwas entnehmen wollen, denn deine Art Schöpfkelle befand sich darin, auch wenn Hybris sie auf Grund ihres eigentümliches Griffes wohl nicht würde benutzen können. Falls sich noch etwas darin befand, so reichte die Zeit nicht aus, denn Hybris blieb bei der Betrachtung nicht stehen. Yelm hatte ja etwas von Nahrungsmittellager gesagt. Und was interessierte einen Sith Executor irgendwelche Körner? Dann ragte auch schon die nächste Wand vor ihm auf. Dieses mal befand sich an dieser aber auch ein Regal das bis zur Decke reichte. Fein säuberlich darauf abgestellt standen kleinere Krüge, alle mit Deckel und zwei Henkeln an den Seiten. Was nur zu einer kurzen Verzögerung führte. Er schnitt sich auf die selbe Weise wie zuvor durch die Wand mitsamt Regal, nur das er die Klingen dieses mal nicht so tief hinein steckte. Tonkrüge platzten auf und der Inhalt ergoss sich in die beiden roten Lichtschwertklingen, flammten auf oder verpufften einfach lautlos in dem Energiestrahl. Die Scheibe fiel wieder nach außen und der Rest der Inneneinrichtung wurde mit einem schwachen Machtstoß hinterher geschleudert. Sofort wurde Hybris etwas klar. Jetzt wo er penibel darauf achtete wann er die Macht einsetzte, musste er feststellen, dass er es ziemlich oft tat und das meist mit einer Selbstverständlichkeit, die an Überheblichkeit und Arroganz heran reichte. Nicht das es ihn spürbar erschöpfen würde hin und wieder mal etwas zu levitieren oder wegzustoßen, doch das er sich inzwischen derart stark auf die Macht stützte, machte ihn verwundbar. Ändern würde er sich dennoch nicht. Dieser Gedanke, sich in eine Abhängigkeit begeben zu haben, kam ihm geschätzt alle drei Monate. Und er kam immer zum selben Schluss, wenn er sich denn mal die Mühe gab und länger darüber nachdachte: Ja, er war von der Macht abhängig und würde irgendwas geschehen das ihm diese nehmen würde, er wäre aufgeschmissen. Oder nur noch ein halbwegs guter Arzt. Doch nur ein Arzt zu sein reichte einem Sith natürlich nicht. Und Hybris schon gar nicht. Doch was sollte er machen, jetzt da er so mächtig war? Es gab kein Zurück mehr, keine Möglichkeit zu wenden. Also Augen nach vorne und weiter gehts.
Erneut an der Kante stehend und auf Saphenus wartend, betrachtete Hybris den anderen Turm. Darin sollte sich der blinde Fleck befinden, behauptete Yelm. Diesen sprach der Sith nochmals an und bekam die selbe Antwort wie eben. Die Anomalie war noch da. Nun ja, dachte sich Hybris, wenn alle Sensoren und Sinne versagen, kann man ja immer noch den Machtsinn einsetzen. Was er tat. Und bereut hätte, wäre er denn dazu in der Lage gewesen. Kaum waren seine Fühler ins Innere eingedrungen, explodierte sein Verstand förmlich. Als hätte man ihn geschlagen, stolperte er zurück, ruderte hilflos mit den Armen und stieß dabei gegen die Krüge. Blind, taub und kaum in der Lage sich seiner selbst bewusst zu sein, schlug er schließlich auf dem Boden auf und krabbelte dann instinktiv von dem Loch in der Mauer weg. Sein Magen rebellierte und schien kurz davor zu sein den kompletten Inhalt auszuwerfen, da prallte Hybris mit einer derartigen Wucht mit dem Kopf gegen eine der Abstellflächen, das er das Bewusstsein verlor. Was ihn zumindest vor einer riesigen Sauerei bewahrte. Denn kaum war er nicht mehr bei Bewusstsein und seine Sinne inklusive Machtsinn abgeschaltet, beruhigte sich sein Magen und er erwachte nur wenige Sekunden später wieder. Mit Kopfschmerzen die nach Schmerzmitteln verlangten, versuchte er sich aufzurappeln, konnte seine zitternden Arme aber kaum dazu bringen seinen Körper anzuheben. Der schien nun, da alle Muskeln unkontrolliert zuckten und krampften, doppelt so schwer zu sein als noch vor wenigen Augenblicken. Und die Macht war auch keine Hilfe. Beziehungsweise war er nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen, sodass er sein geliebtes Werkzeug, die Macht, nicht benutzen konnte. Selbst fünf Minuten nach dem Zusammenprall mit was auch immer in dem anderen Turm, lag Hybris immer noch auf dem Bauch liegend am Boden. Sein Schädel fühlte sich an als hätte man ihn mit einem Hutten beworfen und jeder klare Gedanke den er fassen konnte, begann mit dem selben Wort:
„Was“ und endete meist ein oder zwei Sekunden später mit irgendwas zusammenhanglosem. Noch einmal fünf Minuten später saß er dann immerhin schon an eine der Abstellflächen gelehnt, seinen Schüler im Blick. Der saß ihm gegenüber und seine Lippen bewegten sich hin und wieder, doch an Hybris Verstand kam nichts heran. Nichts ergab einen Sinn. Worte, Gefühle, Bilder und seine eigenen Gedanken. Als würde Saphenus plötzlich in einer ihm unbekannten Sprache sprechen, er das erste mal in seinem Leben Augen haben und zuvor niemals bei Bewusstsein gewesen sein. Die einfachste Dinge irritierten ihn und bis sein Geist schließlich zur Ruhe kam und er langsam anfing sich wieder zu erinnern, waren sicherlich nochmals zehn Minuten vergangen. Und das erste was er dann hörte war nicht sein Schüler, sondern Yelm, dessen monotone und von jeder Emotion befreiten Stimme genau das war was er brauchte. Unkontrolliert blinzelnd zuckten seine Augen hier und da hin.
„Meister, versteht ihr mich?“ fragte der Droide und anhand der Reihenfolge der Wörter konnte Hybris feststellen, das Yelm diese Frage schon mehrfach gestellt hatte. Auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte wann und wie oft. Sein Zeitgefühl war ebenso wie sein Orientierungssinn tot.
„Ja … was … hmpf … was …. was … ist passiert?“
Selbst seine Zunge schien unter Schock zu stehen, denn diese dazu zu bringen die eben gesprochenen Worte zu formen, war ein Kraftakt gewesen der mit dem Stemmen von Zweihundert Kilogramm zu vergleichen gewesen wäre.
„Das weiß ich nicht. Doch als ihr das Bewusstsein verloren habt, ist auch der leere Fleck verschwunden. Vielleicht habt ihr etwas getan?“
Ja. Nein. Weiß ich nicht.
Die Worte des Droiden schienen die richtige Medizin zu sein, denn mit jedem weiteren Satz kam er mehr zur Ruhe und die Farben kehrten zurück, Geräusche gaben wieder einen Sinn und sein Schüler sah nun nicht mehr so verzehrt aus.
„Was … ist genau … mit mir passiert … Daten … Anzug....“
„Laut dem Anzug haben sich eure Vitalzeichen seit der letzten Stunde nicht verändert. Auch von der Fury aus konnte ich nichts feststellen. Ich fürchte, meine Systeme sind auch dahingehend beeinträchtigt. Und auch euer Anzug.“
Was keinen Sinn hätte ergeben sollen, schützte die Schildkuppel der Stadt jeden sich darin befindlichen vor irgendwelcher beeinträchtigenden Strahlung. Falls ihre Systeme gestört waren, so waren es auch die Analyseprogramme, sodass man schon ein Programmierer hätte sein müssen, um den Fehler entdecken zu können. Und keiner von ihnen war einer. Selbst Yelm und Rope, die ja entfernt etwas darstellten das dem nahe kam, hatten keine Ahnung. Die Technik war, warum auch immer, nicht mehr zuverlässig und wenn Hybris an die letzten Minuten dachte – was mit jeder weiteren vergangenen Minute leichter wurde -, waren es seine Machtsinne auch nicht. Wobei, sie waren es schon, doch es grenzte offensichtlich an Selbstmord diese blinden Flecke zu untersuchen. Das mochte an der Planetenoberfläche kein Problem sein, sofern die Sensoren der Fury denn zumindest in der Hinsicht nicht sponnen. Doch sie würden sich schon bald unter die Erde begeben. Und dann wurde es richtig gefährlich.
Noch einmal eine unbestimmte Zeit später stand Hybris wieder und jedes Anzeichen dafür, das er gerade beinahe wahnsinnig geworden wäre, war aus seinem Gesicht verschwunden. Saphenus hatte sich inzwischen die Lichtschwerter genommen und begann nach der Anweisungen seines Meisters ein Loch in den dritten Turm zu schneiden. Unterdessen untersuchte sich der Executor selber. Und kam schließlich zu dem selben Ergebnis wie Yelm. Da war nichts. Absolut nichts. Sein Gehirn verhielt sich wie immer und es gab nirgendwo Verletzungen, egal wie winzig, die auf das Ereignis hindeuteten. Nicht einmal eine Kopfwunde hatte er davon getragen, sodass Hybris sich fragen musste, ob er sich nicht alles eingebildet hatte. Er war zwar gestürzt, hatte sich irgendwann aufgesetzt und dann hingestellt. Doch alles andere? Hybris sah den Rücken des Zabraks, sah wie dieser leicht mit seinen Händen gestikulierte. Nein, es war geschehen. Das sich alles anfühlte, als wäre es unwirklich, war kein Indiz dafür das er tatsächlich träumte. Es war einfach nur eine temporäre Verirrung. Nur eben eine die er nicht erklären konnte. Weshalb er ja so unbewegt dastand und sich wünschte die letzte halbe Stunde wäre nicht gewesen. Ein solcher Moment, voller Schwäche und Hilflosigkeit, das war seiner unwürdig. Und sein Schüler hatte es auch noch mitbekommen. Ein plötzlicher Impuls voller Hass und Mordgier durchschoss ihn. Die dunkle Seite jauchzte entzückt auf, Macht wurde kanalisiert und beinahe wäre Saphenus Herz zerquetscht worden, da hielt Hybris noch einmal inne.
Nein! Ich. Bin. Der. Herr! Ich gebiete über die Macht, über meine Sinne! Ich habe grade die Kontrolle verloren, doch das wird sich wieder ändern! Ein Moment der Schwäche, na und. Das wird mein letzter sein bevor ich die Allmacht und Unsterblichkeit einfordern werde.
Einen Augenblick später stand er neben dem Apprentice, welcher soeben die Schwerter zurück levitiert hatte.
„Die Sensoren der Fury und der Anzüge sind unzuverlässig und sobald wir unter der Oberfläche sind und den Kontakt mit Yelm verlieren, könnte es uns umbringen, sollten wir diese leeren Flecken mit unseren Machtsinn berühren. Also werden wir ihn dann nicht mehr benutzen. Wir müssen auf unsere anderen Sinne ausweichen – zumindest bis dieses Rätsel mit den Anomalien gelöst ist.“
Er sah den Zabrak nun direkt an und als dieser ebenfalls seinen Körper leicht zur Seite neigte und seinen Meister ansah, sprach der weiter.
„Dieser Moment eben, meine Hilflosigkeit, vergiss das niemals. Egal wie mächtig du auch wirst, es wird immer etwas geben das dich besiegen und töten kann. Und meist wird es dir nicht die Gelegenheit geben es noch zu bereuen. Was auch immer in dieser Stadt los ist, die Macht ist hier kein allzu zuverlässiges Werkzeug mehr wenn wir sie außerhalb unseres Körpers nutzen. Und nun weiter.“
Obwohl Hybris noch nicht wirklich sicher war, das es ihm wieder gut ging, täuschte er Selbstsicherheit vor und sprang zum nächsten Turm. Er hatte Glück, denn er kam ohne weitere Zwischenfälle an. Beide Lichtschwerter wieder in den Händen, duckte er sich, aktivierte diese und sah sich um. Da schon jede Berührung mit solch einem leeren Fleck den Tod bedeuten konnte, beschränkte sich sein Machtsinn nur auf den Raum. Yelm hatte an diesem Tag schon einmal bewiesen das man sich nicht wirklich auf ihn verlassen konnte. Und da war es nun wirklich egal ob er etwas dafür konnte oder nicht. Der mit Regalen gefüllte Raum war ansonsten leer und Hybris konnte nichts entdecken das auf die Anomalien hinwies. Falls sie aus Materie bestand und ihre Umgebung beeinflusste, konnte der Sith nichts davon ausmachen. Deshalb erhob sich wieder langsam und ging ein paar Schritte, blieb dann aber mitten im Raum stehen um auf seinen Schüler zu warten. Der kam kurz darauf an und gesellte sich wortlos, aber mit einer gewissen Erwartungshaltung, zu seinem Meister.
Der hatte jedoch nichts zu sagen und so durchquerten sie lediglich gemeinsam den Raum. Er brannte wieder ein Loch in die Wand, dann in die des vierten Turms. Nun mussten sie beinahe doppelt so weit springen wie noch zuvor. Doch bevor sie das tun konnten, erregte etwas Hybris Aufmerksamkeit. Ein Gebilde, das er von oben zuvor nur flüchtig betrachtet hatte, lag nun nah genug vor ihm, um mehr Einzelheiten erkennen zu können. Auch wenn diese keinen Sinn ergaben.
„Yelm … was ist das da vor uns? Dieses Ding, das da halb in den Leichen eingesunken liegt.“
„Meint ihr die Droiden?“
„Ja. Wieso stehen sie da … so eng umschlungen? Sie haben sich jawohl nicht noch umarmt als man sie zerstört hat.“
„Sie sind miteinander verschmolzen. Meister, sie sind Teil eines größeren Konstruktes, das bis auf diese beiden vollständig von den Leichen begraben wurde.“
„Wie groß? Und was für ein Konstrukt?“
„Dreizehn Meter hoch, acht Meter breit. Wollt ihr es sehen?“
„Ja.“
Hybris Reaktion auf das Gebilde war, das er seine Augen schloss, die Hände in die Hüften stemmte und drei mal bewusst ein und ausatmete. Was er sah, war ein Koloss, bestehend aus Droiden und Tarleichen. Yelm hatte die einzelnen Bestandteile sogar eingefärbt ,sodass die beiden Sith erkennen konnten, das dieses Ding, das wie ein Riese mit übergroßem Kopf und Füßen, klobigem Brustkorb und einer ebenso unförmigen Linken bestückt war, zu mehr als ¾ aus Tar bestand. Diese waren zusammen gepresst und dann mit Droidenteilen mehr oder weniger in dieser Position gehalten worden. Doch es waren viel zu viele Droiden. Da man sie auseinander genommen hatte, konnte man nicht sagen wie viele es genau waren, doch Hybris konnte auf Anhieb ein Dutzend Droidenköpfe zählen. Der Großteil von ihnen befand sich in der rechten Extremität des Kolosses und Hybris brauchte nicht lange um die spitzen Enden als Vibroklingen zu identifizieren. Yelm bestätigte es nachdem er danach gefragt wurde. Acht dieser Klingen waren dort angebracht und so verteilt worden, das sie hatten kreisförmig rotieren können. Was jedoch nicht vorhanden war, war eine Energiequelle. Dieses Ding, dieser Riese aus Leichen und Droiden, hätte sich niemals bewegen können, mal davon abgesehen das es sowieso an Wahnsinn grenzte so ein Ding zu konstruieren. Und dann Amok laufen zu lassen. Hybris dachte fieberhaft nach, versuchte diese eine Tatsache zu leugnen, zu widerlegen die in ihm aufgestiegen war wie verdorbenes Essen, doch schließlich sprach er es doch aus:
„Falls ich nicht immer noch halluziniere, gab es oder gibt es eine weitere Partei. Und so wie dieses Ding da vergraben liegt, hat es bei der Schlacht mitgemischt. Und vermutlich auch viele der Tar in Scheiben geschnitten.“
„Es gibt keine Energiequelle Meister, dieses Ding hätte nicht funktionieren können. Auch waren seine Extremitäten gar nicht erst mit einem Mechanismus verbunden.“
„Dann ist es einfach nur eine abartige Statue? Ein Kunstwerk?“
"Möglich."
„Yelm … du sagtest beinahe zwölf Millionen der Tar in dieser Stadt sind tot. Ich war davon ausgegangen das sie alle gemeinsam durch eine einzige Sache gestorben sind, Strahlung oder so und hab deshalb nicht noch einmal nachgefragt. Doch jetzt sag es mir, woran sind die anderen gestorben?“
Statuen, schon klar. Es war lächerlich, doch tatsächlich ergab es mehr Sinn das diese Riesen die Tar in Scheiben geschnitten und die Männer des Hutten mit ungeheurer physischer Gewalt zermalmt hatten, als das die kleinen zierlichen Tar es gewesen und bei ihrem Versuch meterhoch aufgeschichtet worden waren. Die Antwort, die Hybris sich längst selber gegeben hatte, bei der er aber nicht willens war sie laut auszusprechen, hallte wie ein tödlicher Vorbote unvorstellbaren Schreckens in seinem Geist wieder. Es gab nur eine Sache die diese Dinge hatte bewegen können, auch wenn er selbst sich kaum vorstellen könnte es selber zu tun: Die Macht. Und jemanden der diese eingesetzt hatte.
„Die toten Tar außerhalb dieses Schlachtfeldes sind vermutlich alle erstickt, Meister.“
„Erstickt?“
„Vermutlich. Bevor ich sie nicht direkt untersucht habe, kann ich es nicht mit Sicherheit sagen. Sie alle liegen überall in der Stadt verstreut auf dem Boden und die Körper scheinen unversehrt zu sein. Also sind sie weder erstickt oder an einem Gift gestorben. In der Luft gibt es aber keine Anzeichen dafür, daher vermute ich Tod durch eine äußere Erstickung.“
„Verstehe.“ An Saphenus gewandt sagte er:
„Wir ignorieren das solange, bis es uns betrifft, falls es uns noch immer betreffen kann. Los, weiter. Du springst zuerst.“
[T7K94 - Im Krater der Tar -In dem dritten von vier Türmen Richtung Tunneleingang - Saphenus und Hybris]