Tales of the Galaxy - Unsere Kurzgeschichten

Dr. Kaveri und die gestohlenen Leichen


"Bist du sicher, dass du das alleine machen willst?"
Edwards Stimme war kaum moduliert und sein Gesicht gab nicht preis, was er dachte, als er die leise Frage an mich richtete. Falls er Zweifel hegte, dass ich mein Vorhaben zuende bringen könnte, zeigte er es nicht. Ich war dankbar dafür – und froh, ihn als Partner an meiner Seite zu haben.
Als ich bei Lola Curichs Polizei als forensische Beraterin mit meiner Arbeit begann, traf ich gelegentlich auf den Freiberufler, dessen Hilfe meine Kollegen mitunter in Anspruch nahmen, wenn Maßnahmen erforderlich waren, die außerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse lagen. Ich hatte Edward dabei nie anders als hochprofessionell und sehr effizient erlebt. Ob es legal war, ihn hinzuzuziehen, wußte ich nicht und ich fragte auch nicht danach. Einen Edward zu haben, war praktisch...

...auch jetzt, wo er mir half, ein Problem zu lösen, ohne dabei die Behörden zu belästigen. "Ich krieg' das hin." antwortete ich ihm mit einem halben Lächeln, das eher dazu diente mich selbst zu ermutigen. Seine Antwort bestand in einem kurzen Nicken – Edward war kein Freund großer Worte. Bevor ich die Tür zu dem Labor öffnete, die er für mich entriegelt hatte, drückte er mir noch einen Holdout-Blaster in die Hand.
Ich hatte nicht vor, die Waffe zu benutzen, aber ich wußte die Geste zu schätzen. Das Labor gehörte jemandem, den ich gut zu kennen glaubte: Mit Tyrone Jamison verbanden mich einige Monate gemeinsame Forschungszeit, zwei Fachaufsätze und eine kurze Affäre. Jetzt war ich hier, um ihn hinter Gitter zu bringen.

In meiner Klinik war eine Leiche verschwunden... und dann noch zwei. Ich wollte nicht warten, bis diese peinlichen Vorfälle durch meine Kollegen bei der Polizei aufgedeckt werden würden und vielleicht noch die Presse davon Wind bekäme und begann der Sache selbst nachzugehen. Es stellte sich heraus, dass das Kaveri Medical nicht das einzige betroffene Krankenhaus auf Lianna war und das es keine zwei Leichen gab, die von der gleichen Spezies stammten.
Das irritierte mich, weil es mich an meine eigene Arbeit erinnerte: Einer meiner letzten Artikel, der republikweit Anerkennung erntete, behandelte die Extrahierung von Täter-DNA aus verschiedenen Geweben von unterschiedlichen Spezies – zum Glück hatte ich dafür Zugriff auf jede Menge Forschungsmaterial gehabt. Nur die Beschaffung der Einverständniserklärungen der Angehörigen und der ganze Papierkram war eine lästige Notwendigkeit. Ich hatte die Methode auf einem CSD-Kongress in Coronet vorgestellt...und jetzt hatte ich den Eindruck, dass sich jemand die Arbeit erleichterte und eine Abkürzung nahm.

Obwohl die Vermutung weithergeholt war, verstärkte sich mein Gefühl, es mit einem Kollegen zu tun zu haben. Schliesslich bat ich Edward, sich darum zu kümmern - immerhin mußte ich ja nebenbei auch noch meine Arbeit machen. Es dauerte nur wenige Tage, bis er herausfand, wer für die Diebstähle verantwortlich war. Ich war nicht überrascht, dass es sich dabei um Jamison handelte - nur, dass ich seine kriminelle Energie unterschätzt hatte. Menschenkenntnis war noch nie meine Stärke gewesen.

Als ich Edward eine Bezahlung anbot, schüttelte er nur mit dem Kopf. "Aber du bist mir einen Gefallen schuldig." meinte er und lächelte. Ich fand dieses Lächeln ein wenig enervierend: Ich hatte in Coronet mal einen Sandpanther im Zoo gesehen - selbst als dieser die Zähne gefletscht hatte, hatten seine Augen mehr Wärme ausgestrahlt als Edwards in diesem Moment. Ich zuckte mit den Schultern: Immer nur ein Problem nach dem anderen. Jetzt würde ich mich erst einmal um Jamison kümmern. Mit Edward konnte ich mich später beschäftigen.

Ich betrat das abgedunkelte Labor und nahm beiläufig die hochwertige Ausstattung zur Kenntnis. Unter meinen Sohlen quietschte der Fußbodenbelag und ein paar Geräte piepsten schläfrig oder summten leise im Standby. Ein DNA-Sequenzer arbeitete noch - ich erkannte sein geschäftiges Rattern im hinteren Teil des Raumes. Aber mein Ziel war das kleine Büro nebenan. Sauber, aufgeräumt, Standard-Katalog-Einrichtung. Keine Bilder an der Wand, keine vertrockneten Büropflanzen im Regal, nicht mal ein zerknülltes Stück Flimsi im Mülleimer. Sah aus wie mein eigener Arbeitsplatz.

Um mir Zugang zu Jamisons Computer zu verschaffen, benutzte ich ein kleines Stück Technik aus Edwards Spielzeugkiste. Es überzeugte die KI, dass ich Tyrone war oder umging sie oder tötete sie - keine Ahnung. War auch egal. Ah..da waren meine.. ähm, seine Dateien. Ich verschaffte mir einen kurzen Überblick über Jamisons Arbeit und nickte anerkennend. Tyrone hatte begonnen, in der DNA verschiedener Spezies nach Übereinstimmungen zu suchen. Das wurde vereinzelt gemacht, um Nachwuchs für gemischtrassige Paare zu konstruieren. Aber das sah mir nicht nach zielgerichteter Hybridforschung aus. Tyrone suchte nach etwas anderem - ich konnte nur noch nicht erkenne, nach was. Leider fehlte mir für einen genaueren Blick die Zeit. Ich beeilte mich, alles für mich zu kopieren und anschliessend die Spuren von Tyrones Arbeit von seinem Computer zu tilgen.

Wenig später hörte ich die Labortür. Schnell packte ich Edwards Spielzeug wieder ein und umrundete den Schreibtisch, sodass ich ihn im Rücken hatte und die Bürotür vor mir. Das war sicher nicht die klügste taktische Entscheidung - aber immerhin war es Tyrone und nicht irgendein Verbrecher. Ich schuldete ihm eine Erklärung, bevor ich ihn festnehmen ließ. Aber als sich die Schritte durch das Labor näherten, rutschte Edwards Blaster wie von selbst in meine rechte Hand. Eng an meine dunkle Hose gelegt, wäre die kleine Waffe - von von meiner Hand ohnehin fast verdeckt - gut verborgen und sicher nicht das erste, auf das Tyrones Blick fallen würde. Bis zu diesem Moment hatte ich mich in meiner Entscheidung sicher gefühlt, ihn alleine zu konfrontieren - aber jetzt spürte ich mein Herz schneller klopfen und meine Knie weich werden. Vorsichtshalber lehnte ich mich gegen den Schreibtisch. Hatte ich Angst? Nein. Das war Lampenfieber.

Die Tür ging auf und Tyrone stand vor mir: Er war fast einen Kopf größer als ich und schlank, fast schlacksig - so wie ich ihn in Erinnerung hatte. Auch er trug, wie jeder gute Lianner, einen Blaster an der Seite. Ob er damit umgehen konnte, wußte ich jedoch nicht. "Lee!", fuhr er mich erschrocken an. "Was machst du hier?" In diesem Augenblick wünschte ich mir, ich hätte eine Flasche Wein mitgebracht, statt eines Blasters, dann könnten wir... "Ich hab' auf dich gewartet, um dich zu überreden, dich zu stellen und deine Diebstähle zu gestehen." sagte ich stattdessen leise und wischte den letzten Gedanken zur Seite. Kurz sah er fast schuldbewußt aus. Dann schloß Tyrone die Augen und als er sie wieder öffnete sah ich nur noch Entschlossenheit darin. Das würde dann wohl doch nicht ganz so einfach werden.

"Warum sollte ich das tun?"
ein halbes ungläubiges Lachen huschte über sein Gesicht, als er verärgert einen Schritt auf mich zu trat. In dem kleinen Büro stand er damit direkt vor mir. Ich ließ ihn. Meine Nervosität war verschwunden. Ich wußte jetzt, dass ich die Situation beherrschen konnte. "Weil ich sonst das LCPD rufe und du deine Chance vertust, deine Haft zu verkürzen, wenn du dich selbst stellst." Noch während ich sprach, lehnte Tyrone sich nach vorne, beugte sich über mich und stütze links und rechts von mir seine Hände auf den Tisch. "Nein, das wirst du nicht." knurrte er leise drohend, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt, als er mich mit seinem Gewicht auf die Tischplatte presste.

Die Position hat Potential, ging mir unpassenderweise durch den Kopf. Aber als Tyrone nach seinem Blaster griff, war ich vorbereitet: Meine Linke war schneller an seiner Hüfte. Ich zog seine Waffe aus dem Holster und richtete sie auf seine Brust, während ich ihm die Rechte mit dem Holdout-Blaster in die Eingeweide stieß. "Runter von mir!" zischte ich mit Nachdruck und hoffte, das Ty die Bedrohung durch die beiden Waffen ernst nahm. Ich war mir nicht sicher, ob ich in letzter Konsequenz tatsächlich abgedrücken könnte. Zu meinem Glück mußten wir das nicht herausfinden, denn er war so geschockt, daß er brav einige Schritte zurücktrat. "Du hast nicht wirklich geglaubt, dass ich dir das durchgehen lasse - oder? Hast du das Schild nicht gelesen: KAVERI Medical. Ich lasse mich nicht beklauen." Ich steckte Edwards Blaster weg und warf ihm mein Kom zu, während ich seinen eigenen Blaster weiter auf ihn gerichtet hielt: "Stell' dich. Mit einem guten Anwalt bist du bald wieder draussen. Für den Fall, dass in dieser Zeit jemand auf deinem Computer rumschnüffelt, habe ich deine Forschungsdaten ausgelagert." Ich hielt einen Datenkristall hoch und konnte auf ein kleines, selbstgefälliges Grinsen nicht verzichten. "Du kannst sie abholen, wenn du wieder auf freiem Fuß bist."

Meine Kollegen von der Polizei ließen uns nicht lange warten und ich ging, sobald die Formalitäten erledigt waren. Ich überlegte kurz, ob es eine andere Möglichkeit für mich und Ty gegeben hätte, die Sache zu regeln. Aber mir wurde klar, dass ich ihn bezahlen lassen wollte - auch wenn niemandem direkter Schaden entstanden war. Schließlich war er ja noch ganz glimpflich davongekommen.

Edward wartete draussen auf mich. Er wirkte zufrieden, als ich ihm sein Spielzeug zurückgab. Wie eine Katze, die gerade eine fette Maus erlegt hat.
 
Bruch
Eowyn mit 13 Jahren


Zögernd stand Eowyn vor der Tür zum Wohnzimmer. Ihr Vater war darin, sie hörte die Sportsendung, die er sich abends in der Regel ansah. Sie sehnte sich danach, dass sie dies wieder einmal gemeinsam tun konnten... mit Freude und Spaß, ohne diese Anspannung, die dabei normalerweise herrschte. Es war, als befände sich eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen beiden... Ob es ihrem Vater genauso ging? Bestimmt. Es war für sie beide schwer. Eowyn spürte, wie ihr erneut die Tränen in die Augen schossen, und wischte sie dann entschlossen weg. Sie durfte sich nicht so gehen lassen. Ihre Mutter hätte das nicht gewollt. Sie war stark. Stark...
Mit Nachdruck öffnete sie die Türe und trat dann vorsichtig ein. Da saß ihr Vater, auf dem Sofa, das Bein mit der Prothese hochgelagert, wie immer, wenn es ihm Schmerzen bereitete. Es war nur eine vorrübergehende Prothese, er würde hoffentlich bald seine bessere erhalten - und vielleicht ging es ihm dann auch besser. Eowyn gab sich Mühe, ihn anzulächeln.
"Hey", sagte sie leise, um ihn nicht zu stören, sofern er dem Kommentator folgte. Auch auf Halets Gesicht zeigte sich ein kleines, mühsames Lächeln, als er sie ansah, und Eowyn war ein wenig erleichtert. Ein guter Tag. Sie würde es heute durchziehen. Mehr würde sie nicht bekommen.

Eowyn setzte sich neben ihren Vater aufs Sofa, zog die Beine hoch und winkelte die Knie an, lehnte sich dann nach kurzem Zögern an seine Schulter. Das hatte sie schon lange nicht mehr getan... warum eigentlich nicht? Doch als ihr erneut die Tränen in die Augen stiegen, wusste sie auch, weshalb sie es so lange unterlassen hatte. Diese Nähe... ihre Mutter fehlte dabei. Sie fehlte so sehr. Dieses Mal aber blinzelte Eowyn die Tränen nur weg. Sie musste stark bleiben. Ihr Vater sollte nicht sehen, wie sehr sie litt. Sie spürte seine Hand auf ihrem Oberschenkel, eine Liebesbekundung, wie sie sie vermisste, und lächelte. Vielleicht war da doch keine Mauer. Vielleicht brauchten sie einfach nur Zeit. Zeit, um alles zu verarbeiten... Auch wenn sie diese, zugegebenermaßen, nicht gemeinsam haben würden, wenn sie ihren Plan durchzog.
"Wer spielt?", fragte sie leise, obwohl sie es deutlich lesen konnte, aber es war immer gut, um ein Gespräch zu beginnen. "Die Nexus gegen die Acklays", antwortete ihr Vater, und Eowyn nickte leicht. Die Nexus würden keine Chance haben. So viel hatte sie mittlerweile gelernt, diese Saison waren sie zu schwach. Was hieß, dass das Spiel relativ langweilig werden würde... Noch eine gute Vorraussetzung für ihr Vorhaben. Bei einem spannenden Spiel wäre ihr Vater zu abgelenkt...
Das hier war also die perfekte Gelegenheit. Jetzt musste sie nur einen Anfang machen, die Worte herausbringen, die sie sich so sorgfältig überlegt hatte, doch ihr Gedächtnis war blank. Keine einzige Silbe von dem, was sie beinahe auswendig gelernt hatte, fiel Eowyn ein. Und selbst wenn, sie hätte sich doch nicht getraut sie auszusprechen... Da war zu viel Angst vor der Reaktion ihres Vaters. Viel zu viel Angst.

Ihr Herz klopfte stark, und innerlich zählte Eowyn bis zehn. Bei "zehn" würde sie sprechen... sieben. Acht. Neun. Zehn.
Zehn.
Zehn...
ZEHN!!!
Sie konnte es nicht. Sie konnte es nicht... aber sie musste. Sie musste einfach. Eowyn holte tief Luft.
"Papa?", fragte sie, und ihre Stimme hörte sich so... falsch an. Krächzend. Dünn. "Hm?", machte ihr Vater, den Blick nicht vom Bildschirm wendend. "Ich... ich hab eine Frage." Nein, das stimmte doch gar nicht. "Oder eine Bitte. Einen Wunsch." Nun wandte Halet seinen Blick doch ab und sah seine Tochter mit einem Blick voller milder Überraschung an. "Um was geht es?" Eowyn schwieg ein paar Sekunden. Verdammt, was hatte sie sagen wollen? "Sag... sag nicht gleich nein und hör mir erst zu, okay, Papa? Ich... ich hab das Gefühl..." Eowyn stockte und holte noch einmal Luft, während Halet nur die Augenbrauen hob und sich an ihre Bitte hielt. "Ich glaube, es ist an der Zeit... dass ich zu den Jedi gehe, Papa. Nach Coruscant. Ich weiß einfach, dass ich das muss. Ich will dich nicht alleine lassen, aber... vielleicht könntest du ja mitkommen?" Eowyn hielt die Luft an und blickte nicht nach oben, wollte nicht sehen, wie ihr Vater reagierte, auch wenn sie mit jedem klitzekleinen Moment nervöser wurde.

"Zu den Jedi also." Eowyn hörte seine ruhige Stimme. Das war ein gutes Zeichen. Oder? "Oh Eowyn, mein Schatz... Du stellst dir immer alles so leicht vor." Halet schüttelte spürbar den Kopf. "Ich dachte, du hättest diese Idee schon längst aufgegeben, hm?" Eowyn richtete sich jetzt auf. Das lief nicht optimal... aber ihr war klar gewesen, dass ihr Vater nicht vor Freude aufspringen würde. Immerhin fing er nicht an, sie für verrückt zu erklären oder sie aus dem Zimmer zu schmeißen oder so etwas. Jetzt musste sie eben argumentieren. "Ich hab das nie aufgegeben, Papa. Nie." Ernst sah sie ihn an und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. "Ich weiß, dass ich dort hingehöre. Ich weiß es einfach. Gab es nie Dinge in deinem Leben, bei denen du einfach wusstest, dass es so sein musste?" Jetzt sprach ihr Vater ernst mit ihr. War da vorher noch eine gewisse Leichtigkeit gewesen, war diese nun verschwunden. "Eowyn, das ist... das ist... du bist dreizehn, Eowyn. Du kannst mit dreizehn nicht Entscheidungen treffen, die dein komplettes Leben beeinflussen, verstehst du das? Vielleicht denkst du jetzt, dass du das tun musst, aber es ist sicher nicht so. Es tut mir Leid, ja wirklich, aber es geht nicht, dass du Tirahnn verlässt. Du... du brauchst einen Schulabschluss!" Störrisch blickte Eowyn ihren Vater an. Mit dreizehn keine Entscheidungen treffen? Pah. Sie wusste seit Jahren, wo sie hingehörte. Seit Jahren. Und sie musste das tun. "Auch bei den Jedi kann ich einen Abschluss machen, Papa. Das weiß ich. Es wird also gar nicht so viel verändern, nur, dass ich noch ein bisschen mehr lerne, verstehst du? Und du kannst mitkommen. Ich muss das nicht alleine machen. Vielleicht... vielleicht ist das sowieso gut. Dein Bein kann man auf Coruscant sicher viel besser behandeln als hier! Bitte, Papa." Flehend sah Eowyn ihren Vater an. "Ich verlange gar nicht, dass du jetzt ja sagst, ich hab dich überrascht, es ist eine große Sache, aber kannst du nicht ein bisschen darüber nachdenken?"

Halet schüttelte energisch den Kopf, und Eowyn spürte, wie er langsam an den Punkt kam, an dem sie ihm nicht mehr unbedingt widersprechen sollte. "Eowyn, ich weiß, dass ich das nicht tun muss. Dieser Gedanke ist absurd. Ich lasse nicht zu, dass du Tirahnn verlässt und durch die Galaxis gondelst. Punkt. Merk dir das. Und überhaupt..." Jetzt wurde Halet etwas lauter. "Eowyn, deine Mutter ist vor wenigen Wochen gestorben, und du denkst ernsthaft daran, einfach wegzufliegen? Was denkst du dir eigentlich dabei? Sie ist hier begraben, hier ist alles, was ihr etwas bedeutet hat."
Eowyn zuckte ein wenig zurück. Sie hatte fast damit gerechnet... Es tat dennoch weh, diese Worte zu hören. "Das heißt doch nicht, dass ich Mama nicht lieb habe", sagte sie fast verzweifelt mit zitternder Stimme. Jetzt bloß nicht heulen! Das würde überhaupt nicht helfen. Sie war stark. Sie war stark... "Aber..." Sie konnte ihre Vater schlecht sagen, dass dies genau der Punkt war, an dem sie gehen musste, weil sie einen Neuanfang brauchte, oder? Aber vielleicht ging es ihm ganz genauso? "Ich ertrag das alles hier nicht", sagte sie mit erstickt klingender Stimme. "Ich muss weg von hier... ich kann nicht Papa, verstehst du? Und ich weiß einfach, wo ich hingehöre. Ich möchte etwas Gutes tun, ich möchte helfen, ich möchte etwas bewirken. Ich gehöre zu den Jedi. Ich weiß es einfach!" - "Du gehörst hier her, Eowyn, und nirgendwo sonst", donnerte ihr Vater, und nun zuckte Eowyn wirklich zurück. Halet sah ihre Reaktion und atmete kurz durch, bevor er ruhiger fortfuhr. "Jetzt ist alles nicht einfach, ich weiß. Für uns beide nicht." Nachdenklich betrachtete Halet seine Tochter, und Eowyn fragte sich, was gerade in ihm vorging. "Aber... du wirst froh sein, irgendwann. Flüchten ist keine Lösung, weißt du? Und sowieso..." Ihr Vater machte eine wegwerfende Handbewegung und lachte auf. "Dass ich das nicht gleich erwähnt habe. Man kann nicht einfach Jedi werden, das weißt du genau. Man braucht Fähigkeiten dafür, und sie sind so selten, dass die Chancen, dass du sie besitzt sehr gering sind. So gut wie unmöglich. Also schlag es dir aus dem Kopf!" Eindringlich sah Halet seine Tochter an.

Eowyn aber schüttelte zitternd den Kopf.
"Ich... ich hab diese Fähigkeiten, Papa. Ich... ich weiß es", flüsterte sie und blickte bittend in seine Augen, bemerkte aber, dass er ihr nicht glaubte. Und irgendwie verstand sie es auch. Die Chancen waren wirklich sehr gering... "Nun gut." Ihr Vater seufzte, wies resigniert in den offenen Raum. "Zeig sie mir. Zeig mir deine Fähigkeiten, und dann werden wir noch einmal darüber reden."
Eowyn starrte ihn an, schüttelte dann den Kopf. Sie fühlte sich langsam richtig elend. Das hier verlief nicht so wie geplant. Gar nicht gut. Ihr Vater verstand sie nicht, nicht ein kleines bisschen. Aber sie war stark... sie war stark. "Das geht nicht, Papa", antwortete sie, und ihre Stimme zitterte noch immer. "Ich kanns nicht kontrollieren. Aber..." Eowyn zögerte. Sie hatte noch niemandem davon erzählt. Von diesem Moment... diesem furchtbaren, schrecklichen Moment in der Nacht, als ihre Mutter starb. Nicht einmal Mellah wusste davon. Sie konnte keinem davon erzählen, denn es war so absurd und gleichzeitig... es hatte so... so wehgetan. Davon zu reden... es holte alles zurück. Aber sie hatte kaum eine andere Wahl. "In der Nacht... An dem Abend... als Mama..." Ihre Stimme brach, und Eowyn schluckte, schloss die Augen. Sie war stark. Stark. Sie musste. "Ich habs gespürt. Ich habe es gewusst... ich... Da war ein Loch... es war so furchtbar..."

Stille herrschte im Raum, als Eowyn abbrach, weil sie kein weiteres Wort mehr herausbrachte. Sie hatte die Augen noch immer geschlossen, weil sie es nicht ertrug, ihren Vater dabei anzusehen. Für ihn war diese Nacht genauso schlimm gewesen wie für sie, sie beide sprachen nicht darüber. Sie vermieden es, wann immer es möglich war.
"Du wagst es."
Eowyn riss entsetzt die Augen auf, als sie ihren Vater sprechen hörte. So... so hatte er noch nie mit ihr gesprochen. Nie! Nur unterdrückt kontrolliert, aber unter der Oberfläche brodelte es, und sein Tonfall war so... Kalt. Abwesend, und gleichzeitig voller Schmerz, und sie rückte noch ein wenig zurück.
"Du wagst es tatsächlich, das Andenken an deine Mutter zu nutzen, um deinen Willen durchzusetzen?" Nun starrten Eowyn und ihr Vater sich gegenseitig an, beide ungläubig darüber, was der jeweils andere gerade tat. In einer Starre gefangen saß Eowyn da, und ihre Gedanken versuchten zu begreifen, was ihr Vater da gerade eben gesagt hatte. Was...? Das konnte nicht... Er meinte das ernst. Wie konnte er...?!? Es tat weh, so weh... Es dauerte einige Sekunden, aber dann wachte Eowyn auf aus ihrer Bewegungslosigkeit und sprang auf. Heftig schüttelte sie den Kopf. "Nein! Es ist wahr, und..." Nun konnte sie nichts mehr dagegen tun - die Tränen liefen hemmungslos ihre Wangen herunter. Halet und sie waren schon öfter aneinandergeraten, aber normalerweise war ihre Mutter immer eingeschritten, bevor es zu heftig wurde. Sie hatte genau gewusst, wie sie mit ihren zwei Sturköpfen umgehen musste, aber nun war da keine Frea mehr, die sich zwischen sie stellen konnte. "Du glaubst mir einfach nicht! Du bist... Ich fasse es nicht! Du bist so verbohrt und gemein und... Wie kannst du nur!" Mittlerweile schrie Eowyn ihren Vater an, der dies nicht auf sich sitzen ließ. "Ich kann, weil ich nicht zulassen werde, dass deine verrückten Phantasien nun auch noch deine Mutter entehren!" Sein harter Ton und seine Worte sorgten dafür, dass Eowyn nun endgültig ihre Kontrolle verlor. "Ich entehre sie nicht!!!" Sie schrie nun völlig hemmungslos, während die Tränen unaufhörlich liefen. Er glaubte ihr nicht... er vertraute ihr nicht. Er glaubte, sie war egoistisch. "Ich liebe sie! Und ich habe es gespürt wie sie starb, es war das schlimmste, was ich je erleben werde! Du... du... Vergiss es einfach! Ich hasse dich!!!" Ihre Stimme überschlug sich bei ihren letzten Worten, und Eowyn drehte sich um, rannte blindlings aus dem Wohnzimmer in Richtung Haustür. Sie hörte noch, wie ihr Vater ihren Namen hinterherrief, laut, immer lauter, brüllend, aber sie wusste genau, er würde sie nicht einholen können. Nicht mit seiner schlechten Prothese. Sie musste weg hier... Weg, einfach nur weg. Im Vorbeigehen griff sie nach dem Hausschlüssel und schlug die Tür mit voller Wucht ins Schloss.

Was war da eben geschehen? Eowyn wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, während sie durch die Dunkelheit und letztendlich in den Wald rannte. Sie hatte gewusst, dass es nicht einfach werden würde, aber
so? Nein, das hatte sie nicht vorhergesehen. Was... was dachte ihr Vater nur von ihr? Ja, er vermisste ihre Mutter, aber... das tat sie doch auch. Wo war ihr liebevoller, lustiger, verständnisvoller Vater nur hin? Das war nicht er. Es war, als wäre jemand anderes in seiner Hülle, es war... als würde sie ihn nicht mehr kennen.
Sie stolperte durch den Wald, das matte Mondlicht brachte ihr kaum Hilfe, und so fiel Eowyn immer wieder hin, zerkratzte sich an Büschen und Ästen die Beine, obwohl sie den Weg eigentlich gut kannte. Mellahs und ihre ehemalige Prinzessinnenhöhle war nun eine Zuflucht, die sie nur noch selten aufsuchten, wenn sie wirklich zu zweit sein wollten, aber sie existierte noch, und wo wäre sie nun besser aufgehoben als dort? Zumal sie dort einige Dinge deponiert hatten, um es sich ein wenig hübscher zu machen.
Eowyn betrat die Höhle schließlich, tastete sich vor nach der Taschenlampe und fluchte, als sie stattdessen den Stein mit dem Geschirr abräumte. Zum Glück war es unzerbrechlich... Endlich aber hielt sie die Lampe in der Hand, die sie hier gelassen hatten, falls es mal etwas später wurde, und sah sich in ihrem matten Schein um, machte eine Bestandsaufnahme von dem, was noch hier war. Zwei Decken, drei Kissen, etwas Wasser, eine Tüte Chips und eine mit Popcorn... mehr brauchte sie nicht. Sie hatte nicht vor, ewig hier zu bleiben, aber heute Abend würde sie sicher nicht zurückgehen. Vielleicht tatsächlich nie... aber sie konnte nicht einfach abhauen, ihren Vater zurücklassen, egal, wie sehr er sie verletzt hatte. Er war das letzte, was sie noch hatte. Und Mellah... sie würde es nie verstehen.
Eowyn legte sich auf die mit Moos bewachsene Stelle, türmte die Kissen auf und kuschelte sich unter eine Decke. Mellah wusste, was ihr Wunsch ihr bedeutete... vielleicht würde sie es doch verstehen. Eowyn konnte sich auf ein Raumschiff schleichen, sich nach Coruscant durchbeißen... oder dafür arbeiten, dass jemand sie mitnahm. Sie würde einen Weg finden... wenn sie wirklich wollte. Aber sie hatte nicht alleine gehen wollen... sie wusste genau, ihrem Vater würde es auf Coruscant gutgehen. Er würde sicher gute medizinische Betreuung bekommen... und vielleicht blieb sie ja gar nicht auf Coruscant. Vielleicht war sie noch zu jung für den Tempel, vielleicht würde man sie ohnehin auf eine der ruhigeren Außenbasen schicken... dort gäbe es keinen Trubel... aber ihr Vater würde nicht mitgehen, das wusste sie nun. Ihre Mutter... wenn ihre Mutter noch leben würde... all das wäre nicht passiert. Sie vermisste sie so, so sehr, es tat so weh...
Eowyn schniefte. Taschentücher gab es hier keine, sie musste wohl mit einer laufenden Nase leben. Das war aber das geringste Problem... Viel schwerer wogen die Worte ihres Vaters. Vielleicht hatte er sie nicht so ernst gemeint, aber alleine, dass er auf die Idee kam, sie könne sich das alles ausgedacht haben... es schmerzte. Nicht so sehr wie der Abend, auf den sich diese Auseinandersetzung bezogen hatte, aber es tat weh, tief in ihr drin. Ihr Vater hatte eine Stelle getroffen, von der sie wusste, dass es nur schwer wieder zu reparieren sein würde. Und vielleicht... vielleicht sollte sie sich nicht heute überlegen, was sie morgen tun würde. Ob sie nun hier blieb oder sich irgendwo an Bord schlich... sie würde morgen sehen. Jetzt... Eowyn nahm ein Kissen, presste es an sich und schloss die Augen. Stellte sich vor, dass alles noch so war wie früher, dass sie alle beineinander saßen, dass ihre Mutter und ihr Vater sie in den Arm nahmen... Langsam weinte sie sich bei diesen Vorstellungen in den Schlaf.
 
Geh weg, Part II
(Ian mit 22)

Ian hatte ganze 24 Stunden geschlafen, Tahiri hatte ihn keine Sekunde aus den Augen gelassen, ihn voller Sorge beobachtet, ihm hier und da sanft über den Hinterkopf gestrichen. Das waren die schlimmsten 24 Stunden ihres Lebens gewesen, so viel stand fest. Als Ian langsam die Augen aufschlug, fühlte er sich völlig erschlagen und es dauerte nicht lange, ehe er Tahiri neben sich bemerkte und sich elend fühlte. Als habe sie ein dunkles, böses Geheimnis entdeckt. Als habe sie etwas über ihn erfahren, dass sie unter keinen Umständen wissen durfte. Gerade wollte er die Augen wieder schließen, aber sie hatte bemerkt, dass er wach geworden war. ‚Ian?,‘ fragte sie leise, aber sorgenvoll. Bloß – was sollte Ian darauf antworten? Er öffnete die Augen, sah sie an, spürte, wie sie mit der Hand über seinen Kopf strich und sein erster Impuls war der, sie von sich zu stoßen. Auch wenn dieses Bedürfnis nur kurz währte, kam es so heftig, dass Ian sich selbst davor erschreckte. ‚Wie geht es dir?‘, wollte sie wissen und stellte damit natürlich genau die Frage, die Ian nicht beantworten wollte. Er stand langsam auf, setzte sich, was es ihm so möglich machte, ihrem Blick zu entgehen. Ihrer Frage aber? Noch immer schwebte sie unbeantwortet zwischen ihnen und Ian spürte deutlich, wie ein Muskel in seinem Oberkiefer zu zucken begann. ‚Ian, bitte, tu das nicht. Schließ mich nicht aus. Rede mit mir.‘ Doch Ians zuckender Muskel wurde schlimmer und der junge Mann spürte deutlich, wie das nächste, unberechtigte Gefühl, sich bemerkbar machte. Wut. Noch immer sah er sie nicht an, noch immer hatte er kein Wort gesagt, nicht im Guten und nicht im Schlechten. Ian wusste ja selbst, dass er kaum nichts sagen und nur so sitzen konnte und dennoch wünschte er sich, dass Tahiri von sich aus erkennen würde, dass es jetzt keine gute Idee war, auf ihn einzureden. Keine gute Idee, nein, nicht einmal im Ansatz. Sie hatten nie darüber gesprochen. Über seine Familie. Über seine Kindheit. Über seine Narben. All die Jahre hatte Ian sie versteckt, hatte immer ein dünnes Hemd getragen und es nie zugelassen, dass sie ihn ohne dieses sah, dass sie ihn darunter berührte. Jetzt kannte sie den Grund, aber Erleichterung darüber verspüren konnte Ian nicht.

‚Ian, ich- ‘ Das Bitten ihrer Blickes, die Bitte in ihrer Stimme. Ians Wut wuchs und mit ihr der Teil, der völlig ungehalten war. Umso barscher fiel er ihr ins Wort. „Ich will darüber nicht sprechen.“ Während ihr Blick voller Sorge und Zuneigung gewesen war, war seiner das genaue Gegenteil. Abweisend und kalt – er bemerkte es an seiner eigenen Stimme. Ian bemühte sich, beim zweiten Anlauf nicht ganz so kalt zu klingen und er wiederholte noch einmal: „Ich will darüber nicht sprechen.“ Jetzt klangen seine Worte weniger kalt, aber nicht minder abweisend, dafür aber tauchte ein weiteres, zusätzliches Gefühl in ihm auf, das ihn seinen Blick wieder abwenden ließ. Auch Tahiri hatte sich inzwischen gesetzt und es war seltsam, dass sie so nahe bei ihm saß und sich die Distanz zu ihr noch nie so entfernt angefühlt hatte. Eine Distanz, die er selbst aufgebaut hatte. ‚Ian, du hast 24 volle Stunden geschlafen, ich-‘ Wieder ließ er sie nicht aussprechen. „Ich war eben müde.“ Sie hatte sich Sorgen gemacht. Das war es, was sie hatte sagen wollen, das wusste er doch. Aber warum wusste sie nicht, dass sie das nicht sagen durfte? Sie wusste doch auch sonst immer, wie sie mit ihm umgehen musste. ‚Es waren 24 Stunden, Ian.‘ „Na und?“ Sie starrte ihn an, und Ian erkannte, wie Enttäuschung und Trotzt über Tahiris Gesicht wanderten, letzteres überdeutlich. ‚du willst nicht darüber sprechen‘, widerholte sie, was er schon zwei Mal gesagt hatte, ‚und das akzeptiere ich.‘ Ach ja? ‚Aber Ian, du kannst nicht von mir erwarten, dass ich 24 Stunden lang voller Sorge neben dir liege und du dazu nur sagst, dass du darüber nicht reden willst.‘ So viel also dazu, dass sie akzeptierte. „Ich hab das nicht von dir verlangt. Ich hab gesagt, geh weg. Ich hab nicht gesagt, bleib 24 Stunden bei mir. Ich hab mich nicht mal absichtlich so lange schlafen gelegt. Ich hab nicht mal gesagt, dass du ins Bad kommen sollst, ich hab-“ Ian wurde lauter, bei jedem Wort, er wusste, dass er damit im Begriff stand, sein altes Versprechen, sie nie wieder anzuschreien, zu brechen, aber er konnte nicht anders. Dafür hätte Ian bemerken müssen, dass seine Stimme lauter wurde. Aber er bemerkte es nicht. Sie unterbrach ihn. ‚Ich weiß, was du hast, oder nicht hast, Ian. Ich habe dich doch nur gefragt, wie es dir geht und nichts weiter. Kannst du vielleicht verstehen, wie das für mich gewesen ist? Dich so zu sehen, mit all dem Blut…‘ „Wunderbar geht es mir. Ganz wunderbar. Zufrieden?“ Inzwischen war Ian vom Bett aufgestanden, starrte nun seinerseits Tahiri an. Dominierte nun noch die Wut? „Und noch mal, ich hab nicht gesagt, dass du rein kommen sollst, ich hab gesagt, du sollst weg gehen. Du… du hast nicht mal was zu Hause zu suchen gehabt,“ Ians Stimme veränderte sich, jetzt war da nicht länger Wut, die dominierte, sondern eine leise Verzweiflung, die lauter wurde, „du hast gesagt, du kommst am Abend, spät, nicht schon am frühen Vormittag, du… du hast gar nichts zu Hause zu suchen gehabt! Ich hab dir gesagt, dass du weg gehen sollst! Ich hab das mehr als einmal gesagt. Warum bist du nicht einfach gegangen?“ Unbemerkt rieb Ian sich einmal über die Augen, das Zittern seines Muskels im Oberkiefer hatte sich noch einmal verstärkt und jetzt war da dieser Druck hinter seinen Augen, das Gefühl, in die Enge getrieben worden zu sein. Geheimnis. Sie hatte etwas gesehen, was sie nie hätte sehen dürfen. Auch Tahiri war aufgestanden und diesmal gab ihr Gesicht preis, dass auch sie so hilflos war, wie Ian, wenn nicht sogar mehr. ‚Es tut mir leid‘, sagte sie leise, als Ian den Blick abwenden musste. „Geh weg,“ bat er sie, denn was sollte er sonst tun? Aber sie schüttelte den Kopf. „Tahiri, bitte, geh weg. Ich kann nicht darüber sprechen. Ich kann nicht. Ich, ich kann es einfach nicht.“ Es würde alles hoch kommen, dass wusste er. Es würde nur alles hoch kommen und wenn das geschah, dann konnte Ian gar nichts mehr tun. Nicht sprechen, nicht denken, nicht handeln – er hatte Angst davor. Dass es ihn einholen würde, dass er es nicht aushalten würde. Dunkle Räume konnte er meiden, indem er sie einfach nicht betrat, oder indem er das Licht anschaltete. Aber das? Das war etwas andres. Auch etwas dunkles, aber ein Dunkel, in dem es kein Licht gab. Ein Dunkel, dass ihn gefangen halten würde. Um wollen ging es nicht. Nein, er konnte nicht.

Tahiri machte einen Schritt auf ihn zu und sie war diejenige, die die Tränen weinte, die sich hinter Ians Augen angestaut hatten. ‚
Es tut mir leid,‘ wiederholte sie, als sie kurz vor ihm zum Stehen kam, viel zu nah und gleichzeitig viel zu weit weg. „Tu das nicht…“, kam es ebenso leise von ihm. Ob er das näher kommen meinte? Ihr aufkommendes Verständnis? Ihre Entschuldigung? Alles davon? Aber da hatte sie ihn schon berührt, legte den Kopf an seine Brust, legte ihre Arme vorsichtig um ihn, berührte nur den untersten Teil seines Rückens und da schloss Ian die Augen. „Ich wollte das nicht. Ich wollte dich nicht anschreien, ich- “ Tahiri unterbrach ihn erneut, diesmal nicht mit Worten, als sie ihre Hände von seinem Rücken löste, ihm vorsichtig den Zeigefinger auf die Lippen legte, mit der anderen Hand diesmal, weniger vorsichtig sein Oberteil griff, sich auf Zehenspitzen stellte und begann, ihn zu küssen.
 
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Der schmalste Grat

8 Jahre zuvor. Arkadi im Alter von 26 Jahren. Anobis, Mittlerer Rand.


Regentropfen prasselten wie winzige Geschosse auf die Helme der republikanischen Soldaten, als sich der Trupp einen Weg durch die hohen Felder bahnte, die in den fruchtbaren Farmgebieten von Anobis so weit verbreitet waren. Der Regen hätte eigentlich Abkühlung verschaffen sollen, doch die Sonne des Planeten hing unerbittlich am Himmel und sorgte für eine unangenehme, schwüle Atmosphäre. Schweißperlen rannen über die Haut der Männer und Frauen, die ihre Waffen und Ausrüstung so gut wie möglich vor dem Regen schützten. Wie viele republikanische Kämpfer hatten sie lernen müssen, dass ihre Blastergewehre die Nässe nicht sonderlich gut vertrugen, zwar funktionierten sie weiterhin, aber man musste mit Abstrichen bei Zielgenauigkeit und Feuerkraft rechnen. Nicht zuletzt deshalb hatte Sergeant Duval, der seinen Trupp von der Spitze aus anführte, jedem seiner Untergebenen eingebläut, sorgsam mit ihnen umzugehen und jede Möglichkeit zur Reinigung zu nutzen. Fast noch wichtiger war die Mahnung, die Füße trocken zu halten und während Pausen die Socken zu wechseln, Arkadi hatte nicht vor, die Gesundheit seiner Untergebenen aufs Spiel zu setzten. Seiner Kameraden, korrigierte sich sich blonde Unteroffizier mental, und warf einen kurzen Blick zu der Sonne von Anobis, die ungerührt von den Anstrengungen auf der Welt im Himmel hing. Im Grunde ein schöner Anblick, den er früher gerne auf seinem Zeichenblock verewigt hätte, doch dafür hatte er weder Zeit noch Muse, es galt, die Patrouille bis Sonnenuntergang zu beenden und zum Basislager zurückzukehren. Nachts kamen die einheimischen Raubtiere aus ihren Verstecken und die waren alles andere als harmlose Kreaturen, es hatte schon mehrere Zwischenfälle gegeben, bei denen Soldaten verwundet oder sogar getötet worden waren. Mit einem Handzeichen trieb Arkadi seinen Trupp zur Eile an, er marschierte stoisch voraus, um als Vorbild zu fungieren. Was auch immer er ihnen zumutete, er teilte die Strapazen mit ihnen, nur so konnte er ihnen mit gutem Gewissen in die Augen sehen. Wenn es in seiner Macht stand, würden sie alle Anobis lebend verlassen, das schwor er sich in diesem Moment erneut. Anobis, diese auf den ersten Blick so unbedeutende Welt im Mittleren Rand, war im Grunde zweigeteilt, in den fruchtbaren Ebenen lebten und arbeiteten viele Farmer, die ihre Ernte über den Planeten hinaus verteilten, in den Bergen hingegen war Bergbau die Haupteinnahmequelle, die dort tätigen Arbeiter führten ein hartes, aber einträgliches Leben. Was dieser friedlichen Welt zum Verhängnis geworden war, war ihre Grenzlage zwischen Imperium und Neuer Republik. Nachdem das Imperium begonnen hatte, hier Truppen zu stationieren und den Planeten als Aufmarschbasis für Angriffe auf republikanisches Gebiet zu nutzen, hatte die Neue Republik im Rahmen der Operation „Vigilant Guardian“ eine Gegenoffensive gestartet und mit von Taris und Ylix herangeführten Verbänden eine Invasion durchgeführt. Der Flotte war es gelungen, die Imperialen aus dem Orbit zu vertreiben, doch starke Feindverbände hatten sich auf der Oberfläche eingegraben und aus Angst vor Kollateralschäden hatte man auf ein Bombardement verzichtet und Bodentruppen gelandet, hauptsächlich Einheiten der Schweren Infanterie und der Marines. Das war vor sechs Monaten gewesen, der Auftakt zu zähen und blutigen Kämpfen. Arkadi konnte sich noch gut an die Einschätzung eines ranghohen Offiziers erinnern, der verkündet hatte, binnen eines Monats wären die Imperialen unter geringen Verlusten besiegt. Er hatte sich geirrt. Der blonde Mann und seine Kameraden hatten sich in unübersichtlichem Gelände und unter schwierigen Bedingungen einem Feind ausgesetzt gesehen, der entschlossen schien, diese Welt um jeden Preis zu verteidigen, die Imperialen hatten ihre Basen gut getarnt und führten immer wieder Hinterhalte und Überraschungsangriffe durch, die unter den Soldaten der Neuen Republik einen hohen Blutzoll forderten und an ihren Nerven und ihrer Moral nagten. Angesichts der erbitterten Kämpfe auf Corsin und anderen nahe gelegenen Welten war mit Verstärkung nicht zu rechnen und mehr und mehr hatte sich Frustration breit gemacht. Arkadi hoffte, dass er und seine Kameraden diese Welt bald verlassen konnten, doch er war fest entschlossen, die Imperialen nicht siegen zu lassen, allein schon für ihre Brutalität gegenüber der wehrlosen Bevölkerung von Anobis. Die Einheimischen waren generell freundliche Leute, überwiegend Menschen, aber auch einige Zabrak und Twi´lek, die politisch neutral waren und angesichts des Chaos so gut es ging versuchten zu überleben und ihre Familien und ihr Hab und Gut zu schützen. Immer wieder gerieten sie ins Kreuzfeuer, erst letzte Woche hatte Arkadi mit ansehen müssen, wie ein Bauer und seine beiden Töchter einem Artillerieschlag zum Opfer gefallen war, der ihre Farm zerstört hatte. Es war imperiales Feuer gewesen, doch mehr und mehr der Einheimischen hatten den republikanischen Truppen die Schuld gegeben, die Stimmung drohte zu kippen. Arkadi konnte das nachvollziehen, trotz aller Bemühungen gab es auch immer wieder Kollateralschäden durch Operationen der Neuen Republik, und für die trauernden, ihrer Lebensgrundlage beraubten Hinterbliebenen war es im Grunde das selbe, es war egal, wer ihre Existenz vernichtete. Dennoch, dieser Kampf war notwendig, das Imperium durfte Anobis nicht halten. Arkadi warf einen kurzen Blick über die Schulter.


Barasa, Sirtin, aufschließen! Ich will dieses Feld in zehn Standardminuten hinter uns haben. Dugalli, wie ist der Status der Luftaufklärung?“

Sein Funker, ein flinker Duros, eilte zu ihm und schüttelte den Kopf, während er in Richtung Himmel deutete und kurz etwas an seinem Komlink überprüfte. Auch dieses hatte seine Probleme mit den Bedingungen auf Anobis, doch die Anzeigen verrieten, dass es immerhin noch funktionierte, und das war auch bitter notwendig. Arkadi verspürte keinerlei Absicht, in einen Hinterhalt zu laufen. Dugalli holte kurz Luft, bevor er antwortete, die Anstrengung des Marsches war ihm anzusehen.


„Nachricht von Colonel Kilmore. Die Y-Flügler haben Probleme mit den Triebwerken und werden frühestens in zwei Stunden wieder einsatzbereit sein. Tut mir leid, Sarge.“

Arkadi unterdrückte eine Grimasse und nickte dann knapp, er gab den Befehl, das Tempo zu erhöhen und besonders aufmerksam zu sein. Die republikanischen Soldaten behielten wachsam ihre Umgebung im Auge, doch abgesehen von einer Gruppe Vögel, die am Horizont an ihnen vorbeiflogen, war nichts zu erkennen. Alles war ruhig, geradezu gespenstisch ruhig und Arkadi spürte ein unangenehmes Kribbeln an seinem Rücken, als würde sich etwas schreckliches anbahnen. Der Sergeant unterdrückte das Gefühl und als sie das Feld verließen und der Regen aufhörte, war Erleichterung auf den Gesichtern zu sehen, auch der blonde Mensch entspannte sich ein wenig. Es war alles in Ordnung...bis er den Rauch bemerkte. Dort, in nördlicher Richtung, zog eine düstere schwarze Rauchwolke in den Himmel und verdunkelte ihn wie eine riesige schwarze Faust. Das unangenehme Gefühl war mit einem Mal zurück und es wurde schlimmer, als der Wind drehte und einen süßlichen, ekelerregenden Geschmack zu ihnen bracht, an den sich Arkadi wohl nie gewöhnen würde.


„Leichen...“


Flüsterte der republikanische Soldat und dann machte es klick und die antrainierten Reflexe übernahmen die Kontrolle, rasch gab er Befehle.


Dugalli, melden Sie das dem Hauptquartier. Private Nalan, ich brauch Sie hier, sehen Sie, ob Sie was erkennen können. Alle anderen, kampfbereit machen, wir bekommen möglicherweise bald Feindkontakt. Auf mein Zeichen vorrücken, wir werden prüfen, was dort los ist. Bewegung, Bewegung!“


Auf das Zeichen des Sergeants ging Private Nalan in Position und hob sein Elektrofernglas, der Zabrak starrte konzentriert in die Ferne und wurde kreidebleich, seine Stimme klang belegt.


„Sergeant, das ist Dahum, das Dorf, bei dem wir letzte Woche die Nahrungsmittel verschenkt haben. Es...es brennt, Sergeant. Ich sehe mehrere Feuer bei den Hütten, da liegen Leichen. Sieht nicht wie ein Unfall aus, da sind Spuren von Blasterfeuer zu erkennen.“

Nun wurde auch Arkadi blass. Im Rahmen der Verbesserung der Beziehung zu den einheimischen hatten und er seine Leute in dem überwiegend von Zabrak und Twi´lek besiedelten Dorf Nahrungsriegel verschenkt und der Sanitäter seines Trupps hatte sich um ein paar Verletzungen gekümmert, einem Jungen von vielleicht zehn Jahren hatte er den gebrochenen Arm wieder einrenken können. Arkadi blickte rasch zu Barasa, die Mirialanerin starrte mit Angst und Sorge in den Augen zurück. Furchtbare Bilder entstanden in dem Kopf des Unteroffiziers und er umklammerte sein Blastergewehr so fest, dass seine Knöchel sich weiß färbten.


„Trupp, bereitmachen vom Vorstoß. Waffen und Munition überprüfen. Achtet auf Euer Feuer, es gibt vielleicht Überlebende. Barasa, halten Sie Ihre Ausrüstung bereit. Los, los!“


Mit den Waffen im Anschlag eilten die republikanischen Soldaten los, aufgeteilt in zwei Teams arbeiteten sie sich von Deckung zu Deckung vor und schützten sich gegenseitig, sobald ein Team in Position war, rückte das andere vor. Je näher sie dem Dorf kamen, desto intensiver wurde der Geruch von verbrannten Fleisch und Rauch. Entsetzen stand den Soldaten in die Gesichter geschrieben, als sie den Rand des Dorfes erreichten und sich zum Zentrum vorarbeiteten, vorbei an brennenden Häusern und Leichen, die teilweise in Gruppen, teilweise einzeln auf dem Boden lagen, in den unterschiedlichen Verrenkungen des Todeskampfes, mit leeren Augen in den Himmel starrend oder mit dem Gesicht im Dreck liegend. Arkadi machte einen Schritt vorwärts und seine Stiefel berührten etwas, alarmiert blickte er nach unten und riss seine Waffe zur Seite. Ihm wurde übel, als er sah, wogegen er getreten war. Der Dorfvorstehener, ein älterer Twi´lek mit blauer Haut, lag neben seiner Frau im Gras, offenbar hatte er versucht, sich schützend vor sie zu stellen und war von mehreren Blasterschüssen getroffen worden. Arkadi zwang sich, sich von diesem schrecklichen Anblick zu lösen, und sein Trupp rückte weiter vor und sicherte das Dorf und seine nähere Umgebung. Schockiert von dem schieren Ausmaß der Zerstörung ließ Arkadi seine Waffe sinken und betrachtete das Inferno mit morbider Faszination, bis ihn eine Stimme aus seiner Starre riss.


„Alles sauber, Sarge. Keine feindlichen Kräfte, aber...hey, hier drüben! Da lebt noch jemand!“

Der Sergeant stürmte los in Richtung des Rufes, begleitet von Barasa. Zwei Soldaten hatten es geschafft, eine menschliche Frau aus den brennenden Ruinen ihres Hauses zu ziehen und in Sicherheit zu bringen, behutsam stützten sie sie und die Sanitäterin machte sich sofort daran, sie zu untersuchen. Hustend öffnete die Menschin ihre Augen und sah sich mit glasigem Blick um, bis si Arkadi entdeckte, der neben ihr kniete und ihre Hand hielt.


„Wasser...bitte...“

Krächzte sie und Arkadi holte hastig seine Feldflasche heraus und gab ihr zu trinken, die Frau war schwer verletzt, ihre Schulter war von einem Blasterschuss getroffen worden und sie hatte Verbrennung und sicherlich auch eine Rauchvergifung. Arkad blickte kurz zu Barasa, die der Frau ein Schmerzmittel verabreichte und dann niedergeschlagen den Kopf schüttelte. Sie hatte nicht mehr viel Zeit.


„Was ist hier passiert?“


Fragte Arkadi und schwach hob die Frau ihre Hand und deutete in Richtung der Felder im Osten, es bereitete ihr sichtlich Mühe, zu sprechen, ihre Stimme war ein ersticktes Flüstern.


„Imperiale...vom Osten...Ernte...Ernte einholen...wir...wir verhungern, aber sie...sie...Misha, wo...“

Der Griff der Frau um Arkadis Hand verkrampfte sich und wurde dann schwächer, ihr Kopf sackte zur Seite und mit einem gequälten Seufzen endete ihr Leben. Für einen langen Moment sagte niemand etwas, dann ließ Arkadi behutsam ihre Hand los und schloss ihre Augen, bevor er aufstand und in Richtung der Felder sah, in seinen blauen Augen war etwas zu sehen, das man nicht in Worte fassen konnte. Barasa stellte sich neben ihn und sah fragend zu ihm auf, und einer der Soldaten meldete, Fußspuren entdeckt zu haben, die in Richtung der Felder führten. Abdrücke von imperialen Armeestiefeln.


„Was machen wir jetzt, Sarge?“

Die Sanitäterin stellte ihre Frage bewusst ruhig, ihr musste das Zittern von Arkadis Händen aufgefallen sein. Der Sergeant starrte stumm vor sich hin. Einatmen. Auf vier zählen. Ausatmen. Sein Blick wurde klar und mit einem Mal wusste er, was zu tun war. Mit auffällig ruhiger Hand prüfte er das Energiemagazin seines Blasters, lud nach und nickte dann, seine Stimme war kalt wie Eis und von einer Entschlossenheit erfüllt, die Berge versetzen konnte. Es gab keinen Zweifel, keine Unsicherheit, keine Fragen. Nur eines konnte die richtige Reaktion sein, nur eine einzige Sache.


„Wir finden diejenigen, die das getan haben...und dann töten wir sie alle.“
 
Dämonen der Wüste
11 Jahre zuvor (Ral im Alter von 43 Jahren)

Kitel Phard
Serenad-Wüste
15°N 7°W 526 NN
Ausläufer eines Arbeitslagers der Sith-Rebellen
Status: Aktiv, Hohe Feindpräsenz
Wetter: Klarer Himmel, Sandsturm im Anmarsch, 39°C
Auftrag: Verfolgung eines Waffenfrachters der Sith-Rebellen und Bergung der Blackbox
CVO Squad 19 (Ral A’kazz, Ruusaan Kozak, Trevon Vau, Nubas)


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Der bewaffnete Mensch räumte das Haus und scheuchte mehrere Frauen aus einer dieser Containerbehausungen die man kaum als wirkliche Unterkunft bezeichnen konnte. Ein kurzes Aufleuchten und mehrere Zischlaute später lagen zwei der Frauen im Staub und der Mann Rang mit der Dritten, beide schrien in dieser kruden Sprache der lokalen Bevölkerung, einer Sprache bei der sich Ral nicht einmal die Mühe gemacht hatte einen Übersetzer auf sein HUD zu spielen. Sie lagen keine zwanzig Meter von der Szenerie entfernt hinter Kisten und Sträuchern, für Kozak war die Auseinandersetzung fast greifbar und wer genau hin sah und sich auf das Flimmern konzentrierte würde unweigerlich ihre Konturen und die Farben ihrer Rüstungen durch das Adaptivgewebe ihrer Mäntel schimmern sehen, doch die Mandalorianer hatten schnell gelernt, das Jünger zwar ein fanatischer Haufen aber weit entfernt von professionellen Soldaten waren. Man hatte ihre Hilfe bei der Aufbringung eines wahrscheinlichen Transports von Militärischem Gerät und Ersatzteilen erbeten und Ral hatte eingewilligt. Vor einigen Wochen waren auf Foerost mehrere Bomben explodiert und hatten erneut eindrücklich gezeigt, dass dieser Bürgerkrieg der Sith sich nicht um zivile Opfer scherte, was definitiv an der sicheren Position des „Großen Imperators“ kratzte, das Militär hielt sich im Großen und Ganzen raus… wenn nicht eine Gruppe von Sith gerade eine ganze Kampfgruppe davon überzeugte zu desertieren. Probleme der Schwachen… nichts womit Ral wirklich Erfahrung hatte, keiner seiner Brüder oder gar seiner Schwestern würde jemals auf die Idee kommen seine Gefährten zu verraten.

Ein plötzlicher Schrei ließ Ral aufsehen, die Frau lag mittlerweile am Boden und der widerliche Feigling hielt sich die Nase. Anscheinend hatte sie ihm ordentlich eine verpasst, was den Al’verde in seinem Helm grinsen ließ. Eine Anzeige in seinem Helm piepte: ‚Ziel Warlord nähert sich der Anlage‘. Das Signal zum Aufbruch, sie mussten Warlord abpassen bevor der nahende Sandsturm ihnen die Sicht erschwerte. Sich an Sith heranzuschleichen war gewöhnungsbedürftig, erforderte es weit mehr Antizipation und Vorbereitung als bei Normalen Zielen. Diese düsteren Gesellen hatten die Angewohnheit die meisten Hinterhalte oder Angriffe auf eine unerklärliche Weise kommen zu sehen. Längere Gespräche und Übungen hatten Ral jedoch den Eindruck vermittelt, dass es für die Sith schwieriger wurde wenn man mehrere Bedrohungen kreierte oder sich in einem „Meer aus Negativität“ ihnen gegenüber einpasste, anders ließ es sich kaum erklären, und dann einen gewissen Abstand wahrte. Wenn sie sich sicher fühlten und Macht ausüben konnten, waren sie unaufmerksamer und ihre Biologischen Sensoren schienen weniger gut zu funktionieren.

Al’verde?“, erklang Kozaks Stimme in Rals Ohr. Doch bevor er ein Befehl geben konnte das sie ihnen den Störenfried vom Hals schaffte kam eine weitere Gruppe den geebneten Pfad herauf, begleitet von zwei weiteren Jüngern auf einem Speeder beide bewaffnet. Die Frau war mittlerweile frei gekommen und zwei ihrer Mitinsassen halfen ihr auf, wofür sie ihre Güterkisten abstellen mussten. Nach einem kurzen Wortwechsel mit seinen beiden Gleichgesinnten trat der Jünger an einen der beiden Männer heran und hieb ihm den Lauf seines Gewehrs ins Gesicht. Was folgte war nackte Panik, alles kreischte und die Gruppe stob auseinander, Ziel aller schien das belebtere Innere des Camps zu sein, welches sich noch mindestens einen Kilometer von ihnen entfernt hinter einer Anhöhe befand. Der Griff des Jüngers ging wieder zur Frau, diesmal würgte er sie und schrie ihr ins Gesicht während die beiden auf dem Speeder sich mit genüsslichem lächeln daran machten die Ausreißer wieder einzufangen. Die Frau befreite sich erneut und begann zu rennen, während der Jünger seine Waffe schulterte.

Leise.“ war alles was Ral sagen musste. Wie ein Geist bewegte sich die Mandalorianische Kriegerin aus ihrer Deckung im Rücken des Peinigers der Wehrlosen und trat auf leisen Sohlen hinter ihn. In einer fließenden Bewegung umfasste sie den Kopf des Mannes, brach ihm das Genick und zog hinter einen Felsen. Ral erhob sich in eine etwas geduckte Haltung um das Gelände besser überblicken zu können. „Hunter, hier Overlord, Status?“, Dax Stimme schallte auf Langwellenfunk durch den Helm. „Hunter in Position, erwarten Zeichen.“, antwortete Ral, jegliche Freundschaftliche Umgangsformen wichen in diesem Moment der Militärischen Professionalität. Auch wenn er seinen Waffenbruder ewig nicht gesehen hatte, so war für eine Wiedersehensfeier später noch genug Zeit, jetzt waren sie im Krieg.

Verstanden Hunter, Ziel ist die Sicherung von Marews Lieferung.

Was ist mit Marew?“, warf Nubas in die Konversation ein.

Sekundär, der Ursprung des Frachters und die Zulieferer sind von größerer Bedeutung.

Verstanden Overlord, Hunter Out.“, leitete Ral die vorläufige Funkstille ein und der Trupp setzte sich in Bewegung durch die in kleineren in einiger Entfernung voneinander stehenden kleinen Wohnsiedlungen aus drei bis fünf Hütten. Nach einigen Metern näherten sie sich bereits der nächsten Ansammlung. Das Vorrücken mithilfe der Adaptiven Mäntel stellte im Licht der Mittagssonne die wahrscheinlich einzige effektive Möglichkeit dar in diesem exponierten Gelände nicht sofort in ein Feuergefecht zu laufen. Wenn sie es richtig anstellten würde der Feind nicht einmal bemerken dass sie hier waren.

Kontakt, sehe Zwei.“, meldete Vau, „Ebenfalls zwei, haben die Flüchtenden beim Speeder in Hüttenmitte zusammen getrieben.“, zog Nubas einige Sekunden später nach.

Kozak umrunden, auf mein Zeichen warten.“, reagierte Ral auf die Meldungen und bewegte sich weiter vorwärts in Deckung hinter eine der Hütten. Auf dem Hut erstellte er eine Zielverteilung während Kozak die Position eines weiteren Jüngers spottete. Sie könnten einfach ignorieren was hier gleich geschehen würde, doch im Stillen waren die Mandalorianer sich einig, diesen Shebs gehörte eine Lektion erteilt. Wer sich an Wehrlosen vergriff dem wurde gezeigt wie wehrlos er eigentlich selbst war.

Nach nicht einmal einer Minute zuckten fünf Lichtblitze quasi geräuschlos durch die Luft und beendeten das Leben der Selbsternannten Herren über Leben und Tod… Anfänger… dachte Ral nur und bewunderte noch einmal die von Sinya Vel entwickelten Schallunterdrücker für die Blasterwaffen der Mandalorianer. Man sah den Blitz zwar, dieser gab aber absolut keine Mündungsgeräusche von sich: Jeder in Rals Team war mit einer Blasterwaffe und einem schallisolierten Slugthrower für die belebteren Gebiete ausgestattet. Die entstehende Verwirrung nutzte die Gruppe um sich weiter entlang des Pfades in Richtung Ziel vorzuarbeiten. Plötzlich erklang vor ihnen Blasterfeuer, einige Explosionen waren zu sehen. Die größere Wohnkastenansammlung vor der von ihr angepeilten Anhöhe fing teils an zu rauchen, einige Flammen waren ebenfalls zu sehen. Dann erschien ein feuernder Speederkonvoi auf dem Weg vor ihnen, doch nicht sie sondern die fliehenden Menschen, Zabraks, Twi’leks, Ithorianer und weitere waren das Ziel des Angriffs.

Runter!“, mehr Kommando von dem Dienstältesten brauchte es nicht damit sich das ein wenig verstreute und in Linie bewegende Squad auf den Bauch fallen ließ und nur noch langsam vorwärts robbte. Sie wollten kein Risiko eingehen, wahrscheinlich rechneten die Jünger hier sowieso häufiger mit aufmüpfigen Arbeitern, die sechs Toten würden sie also nicht misstrauisch machen wenn sie sie finden würden, schätzte Ral doch er wollte weitere Auseinandersetzungen möglichst vermeiden, auf der Anhöhe würde es jetzt von Jüngern wimmeln. Die Mission war das wichtigste, diesen Aliens konnten sie nicht helfen… das einzige was sie tun konnten, war das Schwein hinrichten was hier die Befehlsgewalt hatte. Die Speeder passierten sie und nach einigen weiteren Metern erhob sich das Squad in Einigkeit wieder. Erneut klickte der Funk: „Wachposten.“, auf einer erhöhten Felskante vor ihnen erschien ein patrouillierender Jünger, „Umgehen“, gab Ral als Handzeichen zurück. Kein Feindkontakt bis sie sich zu der Anhöhe vorgearbeitet hatten.

Das größere Lager war voll von Leichen und Geröll, einige Jünger durchsuchten die Reste und es herrschte eine ausgelassene Stimmung unter ihnen, ein Anblick der Ral Abscheu und Ekel ins Gesicht trieb. Wenn Marew Tod und die Verstärkung hier war würden sie diese ganzen Schweine bluten lassen. Dann passierten sie auch schon die Kammlinie und ließen den Schauplatz der Unehrenhaftigkeit hinter sich nur um vor sich unterhalb der Anhöhe eine riesige Container und Zeltstadt zu erblicken, die Fertigungs und Verteilungsstelle für Sprengwaffen und Nachschubpakete für den Tiefkern, ihr Ziel.

Scheiße ist das Camp groß.“, es war Nubas der den Anblick zuerst in Worte fasste.

So viel zu der Annahme das wir Marew oder die benötigten Frachtlisten dort einfach aufspüren können.

Overlord, bitten um Tracking-Daten des Ziels, derzeitiger Standort: Punkt Beta

Verstanden Hunter, in Arbeit."

Es dauerte einige quälend lange Minuten bis die Informationen auf ihren HUDs erschienen.

Hunter, Red hat einen Verbindungsmann, Marew etwa 12 Kilometer entfernt, der Mann bringt sie näher heran. Steckt in einer Kontrolle fest, sorgen sie dafür das alles glatt geht. Overlord Out.

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(Fortsetzung in Arbeit)
 
Vor etwa 2 Jahren



Imperiale Akte Agent: 5A422A8

Codename: Spectre

Aktenvermerk Major Ulan Amek 1.15.447:122.12 ISZ

Seit dem Einsatz auf Nar Shadaa vor 6 Standart-Monaten hat sich die Testperson 5A422A8 deutlich gebessert. Die Hemmschwelle Gegner zu liquidieren ist maßgeblich gesunken. Die Indoktrinierung des Subjektes ist weiter fortgeschritten, als bei den anderen Testpersonen. Bedauerlicherweise wurde dieses Verhalten von den Betreuern zu spät registriert. Subject 5A418B8 erlag heute Morgen den schweren Verletzungen. 5A422A8 hat vor 2 Tagen das Töten ohne Waffen geübt. Nach mehreren Durchgängen an Puppen kam es zum Sparring. Ich zitiere den Betreuer: „mit eiskalter Präzision“ hat sie ihren Gegenüber exekutiert. In der Befragung gab 5A422A8 an, dass sie nur so sicher gehen könne, das Erlernte korrekt einsetzen zu können. Weiter führte sie aus, dass der Trainingsbefehl exakt lautete, dass die Übungen an der Puppe nun im Sparring getestet werden sollten. Da die Übungen an den leblosen Objekten den vollständigen Bewegungsablauf zur Tötungen enthalten hatte, verwies 5A422A8 darauf, keinen Fehler begangen zu haben. Der Fehler lag ihrer Meinung zufolge an dem unpräzisen Befehl.

Der Erfolg bei der Ausbildung der Versuchsperson kann als Meilenstein in der Versuchsreihe gewertet werden. Auf Grund er bisherigen Ergebnisse ist eine weiterführende Ausbildung als Attentäter und Scharfschütze vorgesehen. Des Weiteren hat 5A422A8 eine Affinität zur Programmierung. Diesbezüglich soll die Ausbildung ebenfalls vorangetrieben werden.




Major Amek ließ die Akte sinken. der Eintrag lag nun mehrere Jahre zurück und die Agentin hatte sich positiv entwickelt. 5A422A8 war seine beste Schülerin. Der Erfolg wog die Fehlschläge mehr als auf in seinen Augen und trotzdem hatte die Führung des IGD die sofortige Auflösung seiner Einrichtung befohlen. Wie konnten sie! Es war außer sich. Sahen sie nicht das Potential, die Möglichkeiten, gegen den Feind? Nein, er würde nicht aufgeben. Die sogenannte Republik hatte seinen geliebten IGD unterwandert und zog die Fäden im Hintergrund. Ja, so musste es einfach sein.


Er legte die Akte auf dem wuchtigen stählernen Monster ab, das er als Schreibtisch nutzte. Ein befreundeter Offizier hatte ihm die Tischplatte aus dem Flügel eine TIE geschenkt. Er musste die Verschwörung aufdecken. Nachdenklich lehnte er sich in seinem Sessel zurück und betrachtet die Wand mit den Bildern seiner Mitarbeiter. Aber ein Verräter in den eigenen Reihen, nein, das war ausgeschlossen. Das Personal hatte er handverlesen. Also musste es jemand sein, der seinen Bericht… er stutzte. Natürlich. Sein Bericht… Der Bericht über die Erfolge seines Projektes, dass er mit halblegalen Geldern finanziert hatte, war unter Verschluss direkt an seinen Vorgesetzten gegangen. Nur dieser hatte Einblick.


Wut mischte sich mit Enttäuschung. Er aktivierte den Knopf der Sprechanlage.



„Agent 5A422A8, kommen sie in die Einsatzzentrale.“







„…Wie sie also sehen können, gibt es nur diese eine Möglichkeit. General Iblis ist ein Spion der Republik. Exekutieren sie ihn, wenn er in einer Woche hier eintrifft. Details zur Mission werden aktuell noch ausgearbeitet.“



Die junge Chiss vor ihm sah ihn kalt an. Die Gefühlslosigkeit ließ sogar ihn mittlerweile erschaudern.



„Verstanden, Sir.“



„Wegtreten.“


Spectre trat wieder in den Gang hinaus und ging in Ihr Zimmer. Die Trainingseinheiten für heute waren bereits abgeschlossen. Der Befehl des Majors schien der Chiss ungewöhnlich. Wie sollte ein General des IGD ein Spion der Rebellen sein? Wie war er überhaupt in der Hierarchie des IGD so hoch gekommen, ohne dass es aufgefallen war? Das hatte die Agentin stutzig werden lassen. Sie setzte sich an ihr Terminal und begann die Akten und Holologs durchzusehen. Das Sicherheitssystem der Station war längst von ihr mit so vielen Hintertüren versehen worden, dass sie jede Datei einsehen konnte. Es dauerte trotzdem Tage die Daten durchzusehen und die entscheidenden Hinweise zu finden. Das Problem war nicht der General, sondern Major Amek. Wenn das stimmte, was der General in der Holoübertragung gesagt hatte, dann arbeitet der Major ohne konkreten Auftrag des IGD, des Imperiums! Man hatte dort wohl wegen der erfolgreichen Vergangenheit des Majors über vieles hinweggesehen, aber war dann alles eine Lüge? Was sollte sie glauben? Das brachte alles in wanken. Jetzt hieß es Ruhe bewahren und das richtige tun. Wenn sie den Auftrag es Majors ausführte, würde sie sich gegen das Imperium stellen, denn anders als der Major machte sich die Agentin keine Illusionen über den weiteren Verlauf. Es ging hier um das Wohl des Imperiums und dafür musste diese Einrichtung in der Vergessenheit verschwinden. Die Einrichtung und der Major.


Es dauerte ein paar Tage bis sie einen Plan hatte, der möglichst wenig Eigentum des Imperiums beschädigte, personell, materiell oder im Ruf.







Als die Fähre des Generals landete waren alle Agenten gerade im Training mit der Schusswaffe. Den Major dazu zu bringen die Pläne entsprechend anzupassen war ein Einfaches gewesen. Danach war alles ein Kinderspiel. Ein Trainingsblaster war gegen einen echten ausgetauscht worden, den sie eigentlich haben sollte. Agent 5A412A8, ein hünenhafter Mensch, hatte unbemerkt die Waffe mit ihr getauscht. Da der Plan des Majors nicht vorsah, dass sie in seine Nähe kam, wäre es zu auffällig. Also würde 5A412A8 sich um den Major kümmern. Dass er dabei selbst das Leben riskierte war ihm bewusst, aber was war schon ein Leben für den Erhalt des Imperiums.







Nachdenklich räumte sie den Spind in ihrem kleinen Zimmer in Dromund Kaas ein. Das Imperium was so ganz anders als der Major es ihnen immer dargestellt hatte. In Wahrheit regierten Bürokraten und wahnsinnige Machtnutzer dieses Imperium, dass von Missgunst, Vetternwirtschaft und persönlicher Macht unterminiert wurde. Angewidert betrachtet sie die imperiale Uniform des IGD. War das noch ihr Imperium? Auch wenn man dem Major viel vorwerfen konnte, so waren seine Ansichten und Werte was das Imperium anging selbstlos gewesen. Sehr viel selbstloser als es in der Hierarchie dieser Ebene üblich war. Unwillkürlich fragte sich die Chiss, ob es etwas geändert hätte. Aber das musste sie verneinen. Vielleicht hätten sie den Major nicht beseitigt, aber jemand hätte es früher oder später getan. Seine Ansichten brachten zu viele bequeme Stühle zum Wackeln. Natürlich hatte der IGD die wahren Begebenheiten verschleiert. Major Amek war an einem Herzversagen verstorben und wurde mit allen Ehren beigesetzt. Viel zu groß wäre die Reputationsschädigung gewesen, wenn die Wahrheit ans Licht gekommen wäre.


5A422A8 gab es nicht mehr. Spectre hatte der IGD als Rufnahmen übernommen. Leider war sie die einzige, die es geschaffte hatte die Befragung der Agenten und Vorgesetzten zu überstehen ohne aus dem Verkehr gezogen worden zu sein. Sie schmunzelte als sie daran dachte, wie sie um die geschickt platzierten Fallen der Untersuchungskommission herummanövriert war. In 30 Minuten würde sie sich mit ihrem Kontaktmann treffen. Sie zog sich aus und ging in die kleine Duscheinheit. Das Wasser prasselte auf Ihren Rücken während sie sie Knie anzog um die Arme darum zu legen. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf das Wasser, das doch den ganzen Schmutz und Wahnsinn ihres Lebens nicht abwaschen konnte.
 
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--- Im Nebel ---

Planet Thustra vor 15 Jahren

Naturschutzgebiet „Imladin Manu“ (Übers. Tal der Ahnengeister)





Eriu hatte sich sehr auf das Angebot seiner Mutter gefreut sie bei der Forschungsreise begleiten zu dürfen. Sie waren jetzt einen Tag in das Innere des Gebietes vorgedrungen und der junge Sephi baute das Zelt auf. Tief atmete er die frische Luft ein. Wie ruhig es hier draußen war. Er zurrte das letzte Seil fest und setzte sich auf einen steinernen Mauerrest der Ruine in der die das Lager aufgeschlagen hatten. Die Überreste des verfallenen Gebäudes waren mit ehemals filigranen Verzierungen versehen die die Zeit fast zur Unkenntlichkeit verwittert hatte. In den alten Legenden hieß es, dass man hier Kontakt mit den Verstorbenen aufnehmen konnte. Nachdenklich betrachtet er die Blätter der Bäume, die sich sanft in der Nachmittagsbrise bewegten. Die sanfte Berührung seine Mutter, als sie ihm die Hand auf die Schulter legte ließen ihn aufseufzen.



„Ja, ich weiß, es ist wunderschön und mystisch.“



Sie lächelte ihn an und nahm sein Kinn in beide Hände als sie sich zu ihm hinunterbeugt.



„Aber, Eriu Curum, ich habe Dich nicht mitgenommen um hier zu träumen. Ich brauche Dich bei klarem Verstand, wenn wir die Bergkatzen beobachten wollen. Du weißt wie selten und zurückgezogen sie sind.“



Eriu grinste seine Mutter an.



„Eben, wenn ich mich zu viel bewege schrecke ich sie noch auf.“



Sie lachte auf und ging zu dem Rucksack, in dem die Vorräte waren.



„Dann bleib da mal still sitzen während ich mir etwas zu essen mache. Wir wollen ja nicht, dass deine Kaugeräusche und Bewegungen die Katzen vertreiben, oder?“



Er musste jetzt auch lachen und gemeinsam bereiteten sie die schnelle Mahlzeit vor. Die Fertiggerichte würzten Sie mit ein paar Kräutern, die seine Mutter gesammelt hatte. So schmeckten sie eigentlich gar nicht so schlecht, fand der junge Sephi. Als die karge Mahlzeit beendet war musste er gähnen. Der Fußmarsch war anstrengend gewesen und langsam dämmerte es bereits. Morgen würden sie mit dem Morgengrauen tiefer in die Berge gehen und schließlich gegen Abend das Basiscamp aufschlagen, von dem sie aus operieren würden. Die Bergkatzen die seine Mutter studieren wollte waren fast ausgestorben. Nur hier in diesem Tal gab es noch eine kleine zurückgezogen lebende Population der grau-weißen Großkatzen, die bevorzugt in den morgendlichen Nebeln jagten. Viele Geschichten rankten sich um diese eleganten und geschickten Jäger, die in den Legenden der Sephi über die Geister der Toten wachten.


Er zog den Verschluss des Schlafsacks zu und drehte sich auf die Seite. Stimmten die Legenden über diesen Ort? Konnte man hier Kontakt zu den Verstorbenen aufnehmen? Vielleicht konnte er sich hier von Raleen verabschieden. Sie fehlte ihm.







„Warum verfolgst Du mich?“



Warf Raleen ihm an den Kopf und erfühlte sich zurückversetzt an den Abend als er ihr heimlich gefolgt war. Der Nebel lies ihre Erscheinung vor seinem Auge immer wieder leicht zerfasern.



„Lass mich gehen, bitte...“



Fast flehend klang ihre Stimme doch er konnte, nein wollte nicht nachgeben.



„Aber warum? Raleen…. RALEEN!“



Er schrie ihren Namen heraus, als sich die Gestalt auflöste und der Nebel verschwand. Verwirrt sah er sich um. Er war ihr in den Nebel, den Hang hinauf, gefolgt. Jetzt stand er oberhalb der Nebelgrenze wo die Morgensonne die Schwaden vertrieb. Am Rande seiner Wahrnehmung nahm er eine Bewegung wahr und konnte gerade noch den grauen Schwanz der Katze im Nebel verschwinden sehen…
 
Vergeltung

8 Jahre zuvor. Arkadi im Alter von 26 Jahren. Anobis, Mittlerer Rand.


Die sich langsam von ihrem Zenit senkende Sonne von Anobis tauchte die Felder in der Nähe des von den Imperialen zerstörten Dorfes in ein unheimliches rötliches Licht, als würde eine höhere Macht das vergossene Blut der Unschuldigen betrauern und zum Frieden mahnen, doch Frieden war das letzte, das die republikanischen Soldaten unter Führung von Sergeant Duval im Sinn hatten. Methodisch arbeitete sich der Trupp durch die hohen Pflanzen vor, Schritt für Schritt und mit grimmiger, bitterer Entschlossenheit, beseelt von dem Wunsch, die für diese Gräueltaten verantwortlichen Feinde zu stellen. Arkadi musste sich zwingen, das Tempo und die Konzentration zu halten, jede Faser seines Körper schrie danach, durch die Felder zu rennen und die feigen Imperialen anzugreifen, bevor sie entkommen konnten, doch der blonde Mann würde das Leben seiner Leute nicht unnötig aufs Spiel setzen. Er konnte in ihren Bewegungen die selbe zornige, traurige Energie sehen, die zusammengebissenen Zähne, die Augen, in denen Hass von Tränen verdeckt wurde. Sie sprachen kaum, routiniert und mechanisch wie Kampfroiden spulten sie das Programm ab. Vorrücken, Bereich sichern, Umgebung prüfen, Vorrücken, es war stets das selbe und für Arkadi eine willkommene Flucht, um seinen Gedanken zu entgehen. Was die Imperialen den wehrlosen Farmern angetan hatten, war ein kaum in Worte zu fassendes Verbrechen. Ihre Ernte gestohlen, ihre Häuser niedergebrannt, ihre Freunde und Nachbarn ermordet, ein ganzes Dorf einfach so ausgelöscht, von der Landkarte radiert. Der Unteroffizier hatte Leid und Tod gesehen, hatte Kameraden verloren, war verwundet worden, aber all das verblasste angesichts von dem, was er hier gesehen hatte. Wer tat so etwas? Wie konnte jemand so etwas tun? Das Massaker entsprach einer gewissen kalten Logik, die Ernte der Farmer würde die Vorräte der imperialen Truppen vergrößern und in den Augen der Imperialen genügte wohl schon die Tatsache, dass die Farmer Essen und medizinische Versorgung durch die republikanischen Soldaten erhalten hatten, um sie als Kollaborateure zu betrachten. Dennoch, ein Teil von Arkadi weigerte sich, das ganze Grauen in irgendeiner Form rationalisieren zu wollen. Das war nicht richtig. Er war Soldat, kein Mörder. Es gab Regeln und Gesetze und moralische Standards, selbst im Krieg. Man tötete keine hungernden Zivilisten, bloß weil sie Nahrungsriegel akzeptiert hatten. Der Mensch schluckte und zwang sich, sich zu konzentrieren, ein Handzeichen und der Trupp rückte weiter vor, den Fußspuren nach, die nur von imperialen Armeestiefeln stammen konnten. Niemand sagte ein Wort, leise und angespannt marschierten sie weiter. Die Imperialen konnten nicht weit gekommen sein, offenbar hatte sich eine Einheit vom Rest getrennt und war in Richtung eines kleinen Waldes ausgerückt. Vögel zwitscherten, als die Republikaner ebenfalls in den Wald eindrangen und leise vorwärts gingen, sorgfältig darauf bedacht, keinen Lärm zu verursachen. Es war Private Nalan an der Spitze, der etwas entdeckte, der Zabrak hob die Faust und ging in die Hocke und der Rest der verteilten Soldaten machte es ihm nach und hielt inne, Arkadi rückte geduckt zu dem Gehörnten vor, der angespannt nach vorne blickte und sein Elektrofernglas hob.


„Acht Feinde auf der Lichtung, ein Uhr, etwa 300 Meter entfernt. Sie scheinen Rast zu machen. Ich sehe keine weiteren Feinde in der Umgebung, Sarge. Das müssen diese Bastarde sein, die Ernte haben sie wohl schon abtransportiert.“

Vorsichtig ließ sich der blonde Mensch das Elektrofernglas reichen und sah in Richtung der Lichtung. Acht Angehörige der Imperialen Armee hatten sich dort versammelt, sie wirkten entspannt und nicht alarmiert. Zwei von ihnen hielten Wache, blickten aber in die falsche Richtung, der Rest hatte sich auf den Boden gesetzt und aß und trank. Schlampig, dachte sich Arkadi, aber vermutlich gingen die Imperialen davon aus, dass so schnell keine republikanische Patrouille auftauchen würden, die Aufklärungsflüge waren ausgesetzt und eigentlich hätte der Trupp von Arkadi heute gar nicht hier sein sollen, dass sie in die Nähe des Dorfes gekommen waren, war eine recht spontane Entscheidung gewesen. Zorn ließ Arkadis Hände zittern, als er beobachtete, wie die Imperialen sich von ihrer „Arbeit“ erholten und als er genauer hinsah, entdeckte er, dass einer der Soldaten eine Decke bei sich trug, die einem der Farmer gehört hatte, ein anderer hielt eine kleine Statue vor sich, die ursprünglich im Haus des Dorfältesten gestanden hatte. Offenbar hatten die Imperialen sich die Zeit genommen, Wertgegenstände zu retten, die Bewohner aber einfach verbrennen lassen. In die blauen Augen des Sergeants trat ein eisiges, gefährliches Funkeln, als er seine Optionen abwog. Er hatte zehn Mann zur Verfügung und war sich sicher, dass sie sich von den Imperialen unbemerkt in optimale Position begeben konnten. Ein Handzeichen und Corporal Jamsa huschte zu ihnen, die Tentakel des Quarren zuckten angespannt, als Arkadi mit leiser, ruhiger Stimme Befehle gab.


„Corporal, Sie nehmen Feuertrupp 1 und rücken an die linke Flanke des Feindes vor. Ich führe Feuertrupp 2 an die rechte Flanke. Wir nähern uns so dicht wie möglich, ohne gesehen zu werden. Auf mein Zeichen geben wir uns zu erkennen und nehmen die Imperialen gefangen.“


Jamsa zischte leise und tätschelte sein Blastergewehr, in der Stimme des Corporals lag ein leises Grollen.


„Warum erschießen wir diese Mörder nicht einfach? Wäre einfacher und schneller.“

Arkadi schüttelte den Kopf und zögerte kurz, bevor er antwortete.


„Nein. Ich...ich muss wissen, was passiert ist. Warum. Ich muss hören, was diese Männer zu sagen haben.“


Skeptisch beäugte Jamsa ihn, dann nickte der Quarren und führte einen Teil der Soldaten nach links, der Rest folgte Arkadi. Sie nutzten die Bäume und Sträucher, um sich ungesehen zu bewegen, leise und mit großer Sorgfalt, bis sie auf weniger als 70 Meter an die Imperialen herangekommen waren, nah genug, um ihre Stimmen zu hören.


„...elende nichtmenschliche Schlampe, hat Tirko fast das Ohr abgebissen. Konnte froh sein, dass wir sie gleich erschossen haben, meinetwegen hätte die brennen können. Hey, noch jemand Wasser? Einen Durst hab ich, das glaubt man nicht.“

Die Antwort kam prompt.


„Klar, Private. War ja auch verdammt anstrengend, bis man alle zusammen hatte. Zum Glück rennen Farmer nicht sonderlich gut.“

Gelächter. Arkadis Magen krampfte sich angesichts der nonchalanten Art, wie die Imperialen über das Massaker sprachen, doch er riss sich zusammen. Seine Leute verteilten sich und brachten ihre Blaster in Anschlag, jeder ein Ziel ausgewählt, und als er sah, dass der Trupp von Corporal Jamsa in Position war, gab der Sergeant das Zeichen. Wie ein Mann richteten sich die Republikaner auf, die Blaster auf den Feind gerichtet. Arkadis Stimme hallte über die Lichtung.


„Sie sind umzingelt, ergeben Sie sich! Sofort die Waffen fallen lassen und die Hände hinter den Kopf!“


Die Überraschung war perfekt, starr vor Schreck verharrten die Imperialen an Ort und Stelle. Die beiden Wachposten waren die einzigen, die Ärger zu machen drohten.


„Die Waffen fallen lassen!“


Brüllte der Sergeant, doch die beiden Soldaten machten stattdessen Anstalten, herumzuwirbeln und das Feuer zu eröffnen, ein idiotischer Plan, der ihnen einen schnellen Tod bescherte, ohne Zögern drückte Arkadi ab und auch Corporal Jamsa schoss, mit rauchenden Löchern in der Brust gingen die beiden Imperialen zu Boden und Arkadi fixierte einen der übrigen Soldaten, der den Eindruck gemacht hatte, nach seiner Waffe greifen zu wollen und es prompt bleiben ließ. Mit erhobenen Händen gingen die Imperialen auf die Knie und Arkadi nickte Jamsa zu.


„Corporal, sammeln Sie die Waffen ein und sichern Sie die Gefangenen.“


Mit den Blastern im Anschlag wurden die sechs übrigen Imperialen zusammengetrieben und aufgereiht, die Hände hinter dem Hinterkopf knieten sie, während die republikanischen Soldaten ihre Waffen einsammelten, die Männer dann rasch absuchten und fesselten. Arkadi überwachter mit kalter Miene das Geschehen und trat dann vor die Gefangenen, seine kalten blauen Augen glitten suchend über ihre Gesichter. Es waren ausschließlich Menschen, einige ältere, andere kaum älter als zwanzig, wohl Wehrpflichtige. Die meisten blickten starr vor sich hin oder wichen seinem Blick aus, bis auf einen, einen Menschen Anfang dreißig, dessen braune Augen selbst jetzt noch eine gewisse Arroganz ausstrahlten, verächtlich verzog der dunkelhaarige Mann die Lippen, als er Barasa bemerkte, die Mirialanerin funkelte ihn zornig an. Arkadi blickte genauer hin. Ein Offizier, die Rangabzeichen eines Lieutenants. Ruhig trat der Sergeant einen Schritt näher und betrachtete den anderen Mann.


„Ich bin Sergeant Arkadi Duval. Sie sind der kommandierende Offizier dieser Einheit?“


Arkadis Stimme war ruhig. Gefährlich ruhig, wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Der imperiale Offizier nickte langsam, als er antwortete, war ein Bastioner Akzent nicht zu überhören. Er schien zu glauben, noch immer die Befehle zu geben und klang geradezu gebieterisch, als würde er mit einem Dienstboten reden.


„Lieutenant Osrik Keln, Dienstnummer 24568911. Ich beanspruche für mich und meine Untergebenen die Behandlung als Kriegsgefangene gemäß...“

Neben Arkadi ballte Barasa die Fäuste und spuckte vor dem Imperialen auf den Boden, die Sanitäterin hob ihren Blaster.


„Dreckiger Mörder, wie kannst du es wagen, irgendwas zu fordern! Ihr habt das ganze Dorf abgeschlachtet, ihr verdient...“

Augenblicklich wirbelte Arkadi herum, seine Stimme war laut und umissverständlich.


„Das genügt, Private. Beruhigen Sie sich!“


Perplex starrte die Mirialanerin den Sergeant an, senkte dann aber ihre Waffe, was Osik Keln zu einem Lächeln veranlasste, sein Ton war fast schon kollegial, als er sich an Arkadi wandte.


„Danke. Wenn Sie diese...Nichtmenschin ausreichend diszipliniert haben, können wir vielleicht ein zivilisiertes Gespräch führen, von Mensch zu Mensch und Offizier zu...nun, Unteroffizier. Ich bin mir sicher, wir...“

Weiter kam der Imperiale nicht, Arkadi hatte seine Blasterpistole gezogen und hielt sie ihm unters Kinn, während er in die Hocke ging und dem Lieutenant in die Augen sah, seine Stimme war kalt und voller mühsam kontrolliertem Zorn.


„Warum?“


War die einzige Frage, die er stellte, und Lieutenant Keln wirkte für einen Moment genuin verwirrt, bevor er sich räusperte, nun war eine gewisse Nervosität in seinem Gesicht zu erkennen, die er hinter einem öligem Lächeln zu verbergen versuchte.


„Ich...ich nehme an, Sie beziehen sich auf den Zwischenfall bei diesem Dorf. Nun, Sie müssen verstehen, unsere Vorräte gehen zur Neige und diese Farmer, das werden Sie doch sicher einsehen, haben mit Ihnen zusammengearbeitet. Dafür mussten Sie bestraft werden. Überhaupt, Sergeant Duval, Sie sind doch ein Mensch wie ich, warum sollte das Schicksal von ein paar Twi´leks und Zabraks für Sie ein Grund sein, etwas dummes zu tun. Meine Männer und ich sind Kriegsgefangene und als solche haben wir gewisse Rechte. Also senken Sie jetzt Ihren Blaster, und wir reden über die Angelegenheit wie vernünftige Lebewes...“

Der Schuss hallte über die Lichtung und für einen Moment herrschte eine absolute, perfekte Stille, als würden selbst die Vögel innehalten um zu verstehen, was gerade geschehen war. Arkadis Hände zitterten, doch sein Blick war vollkommen ruhig, als Rauch aus der Mündung seiner Blasterpistole stieg und der imperiale Offizier zu Boden fiel. Seine Gedanken rasten und überschlugen sich, wirbelten durcheinander. Was hatte er gerade getan? Der Imperiale war wehrlos gewesen, ein Gefangener. Und doch...es fühlte sich richtig an. Lieutenant Osrik Keln war Mörder, ein Schlächter gewesen. An seinen Händen klebte das Blut von unschuldigen Männern, Frauen und Kindern und er hatte keinen Funken Reue gezeigt. Er hatte den Tod verdient. Sie hatten alle den Tod verdient. Langsam stand Arkadi auf und sah sich um. Die Imperialen und seine eigenen Leuten starrten ihn mit einer Mischung aus Schock, Überraschung, Zustimmung, Verwirrung und Angst an. Die Stille hielt an...da fiel ein weiterer Schuss, einer der imperialen Gefangenen sackte zusammen.


„Für...für die Kinder.“

Flüsterte Private Barasa und Tränen rannen über die Wangen der Mirialanerin. Es war, als wäre ein Damm gebrochen, die anderen republikanischen Soldaten hoben ihre Blaster. Nun wurde den Imperialen klar, welches Schicksal ihnen blühte, und ihre Starre wich nackter Panik, sie hoben flehend die Hände und sahen sich hektisch nach einer Fluchtmöglichkeit um, schüttelten die Köpfe und redeten auf ihre Bewacher ein. So wie es die Lebewesen im Dorf getan hatten...


„Bitte...bitte! Wir...wir haben bloß Befehle befolgt! Ich hab nur die Munition getragen, ich schwöre, ich habe niemanden...“

Das Flehen des jungen Imperialen ging im Blasterfeuer unter. In einer Entladung von Hass und Trauer eröffneten die republikanischen Soldaten das Feuer, auch Arkadi drückte ab ab. Alles um ihn herum schien zu verschwimmen, nur noch gedämpft drangen die Geräusche an seine Ohren und die Ereignisse liefen in Zeitlupe ab. Barasa, die tränenüberströmt zu Boden sank, Private Nalan, der immer und immer wieder auf einen toten Imperialen einstach und dabei etwas brüllte, bis ihn Corporal Jasam wegzerrte, ein Imperialer, der es auf die Füße geschafft hatte, vielleicht drei oder vier Meter rannte, bevor er im Rücken getroffen wurde und bäuchlings hinfiel, verzweifelt weg kriechend. Ein schrilles Geräusch baute sich in Arkadis Ohren auf, lauter und lauter, als er vorwärts ging. Der Imperiale klammerte sich an sein Bein und sah zu ihm auf, da hob der blonde Mann seine Blasterpistole und drückte ab. Sie hatten es verdient. Sie hatten es alle verdient.
 
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Die Zunge des Monsters
Ian mit 8 Jahren

Ian hatte die Hose und die darunter heimlich ausgewaschen, das einzige Problem bestand darin, sie so zum Trocknen aufzuhängen, dass sie niemand sah. Dabei hatte er sich doch geschworen, diese Nacht auf keinen, auf überhaupt keinen Fall ‚undicht‘ zu werden. Das Wort hatte sich der Junge selbst ausgesucht, denn das, was sein Vater benutzte, klang viel zu brutal. Ja, ja, es stimmte ja, aber sich ‚bepissen‘ und all das, was Jerome Dice nutze, um es zu beschreiben… Irgendwie tat es weh. Ian wusste doch selbst, dass er längst nicht mehr in dem Alter war, in dem man zu spät auf die Toilette ging. Tagsüber passierte das auch nicht, nur manchmal nachts und Ian wusste nicht, wie er das verhindern sollte. Seine Brüder konnte er nicht fragen und auch sonst gab es da niemanden. Vielleicht konnte der Junge seineTräume steuern, aber seine Blase? Nicht, wenn er schlief und dabei hatte er längst alles versucht. Sich den Wecker gestellt, sich Zeitung unter den Popo gelegt, ja sogar eine Mülltüte. Aber wirklich geholfen? Hatte nichts. Aber heute hatte ihn niemand erwischt und die Zeitung hatte verhindert, dass Laken und Matratze ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Dabei wäre ein neuer Fleck auf der Matratze sicher nicht aufgefallen, da waren schon so viele… Einmal hatte Ian sie gezählt und versucht, in den Mustern der dunklen Ringe etwas zu erkennen, sich eine Geschichte dazu überlegt und ihm war sogar etwas eingefallen. Eigentlich war das keine schöne Geschichte, aber sie hatte ihn getröstet. Tatsächlich sahen zwei der größten Flecken, die ein bisschen ineinander übergingen so aus, als wären sie zwei Wesen, die sich umarmten. Zwei Wesen, die sich lieb hatten. Eines davon hatte er Pepone genannt. Ein bisschen klang es ja nach dem Namen seines Vaters, Jerome, aber das war nur ein Zufall gewesen. Ein ganz zufälliger Zufall! Matatze... Das war das perfekte Versteck! Er musste nur die Kleidung unter die Matratze legen und niemand würde sie finden. Am Ende würde der Druck dafür sorgen, dass alles schneller trocknete und zur Sicherheit konnte er ja etwas unter die Matratze und die Kleidung legen, damit auch wirklich nichts passierte.
Mühsam hievte Ian die viel zu große, schwere Matratze in die Höhe und legte die Kleidungsstücke darunter, bedeckte sie mit Zeitung und ließ das Schlafuntensil wieder vorsichtig sinken.


Erleichtert atmete der Junge aus, als er sich auf das Bett sinken ließ. Das wäre geschafft! Bis heute Abend war bestimmt alles trocken und dann konnte es keinen Ärger geben. Vielleicht wäre ja auch so gar niemandem aufgefallen, wenn er in der Nacht etwas anderes trug. Schließlich kamen weder Papa noch Mama abends zu ihm, um ihm etwas vorzulesen, aber bei so vielen Brüdern war das auch kein Wunder. Wenn er selbst mal Kinder haben würde, würden sie einfach ein ganz großes Bett bekommen, in dem sie alle schlafen konnten und dann war es auch nicht mehr so schwer, acht Kindern etwas vorzulesen. Wobei es vielleicht auch gar nicht klug war, gleich acht Kinder zu haben, denn sie mussten ja nicht nur am Abend Aufmerksamkeit bekommen und das war, das erkannte Ian ja selbst, wirklich nicht so einfach. Am Ende hatte auch er einen Sohn, der so war, wie er selbst und spätestens das, na ja. Spätestens das war doch ein Grund mehr, wenn überhaupt, dann nur sieben Söhne zu haben. Denn Jerome verlor ja nur bei ihm die Geduld.
„Hast du die Zeitung von unserem Alten gesehen?“ Ian zuckte zusammen, als Gordon plötzlich in seinem Zimmer auftauchte und schüttelte dann, schnell den Kopf. „Also ich verpiss mich und ich rate dir, tu das auch.“ Gordon machte auf dem Absatz kehrt und hinterließ Ian beinahe ein bisschen verwirrt zurück. Wenn Gordon ihn warnte… Überhaupt, dass er das tat, dann war es wohl wirklich besser, sich zu beeilen und genau das tat Ian auch, doch gerade, als er die Türe nach draußen erreichte, erreichte ihn die wütende Stimme seines Vater. „Wo ist meine Zeitung?“ Er war betrunken und wenn er schon so früh betrunken war, war das allgemein kein gutes Zeichen. Ian öffnete leise die Türe nach draußen, aber da war es schon zu spät. „Wo willst du hin?“ Erneut zuckte Ian zusammen und überlegte fieberhaft nach einer Antwort, beeilte sich ein „Ich... helfe dir suchen“, zu stammeln. „Ich bin sicher, dass der da sie geklaut hat.“ Nigel. Ian sah herüber zu seinem anderen Bruder, der ein gemeines Grinsen im Gesicht hatte und Ians Herz begann schneller zu schlagen. Warum sagte Nigel das? Warum konnte er sich nicht einfach für ihn einsetzen? Warum? Aber da war keine Antwort… Da war nur sein Dad, der immer wütender wurde und da war Nigel, der doch nur darauf wartete, dass Dad wieder ausholte. „Was soll das heißen?“; donnerte Jerome und Ian zuckte zusammen, wich einen Schritt zurück, stieß gegen den Türknauf. Nigel grinste, bis sein Gesicht ernst wurde. „Ich weiß, dass Ian sie hat. Und auch, wo er sie versteckt.“ Ian starrte seinen Bruder an, genau wie Jerome, der schlussendlich die Hand hob und sie in Ians Schulter bohrte. „Du zeigst mir sofort, wo sie ist.“ Damit drängte Jerome Ian unsanft zu dessen Zimmer, stieß die Türe auf und gab ihm einen Stoß in jenes. „Wo hast du sie versteckt?“ Aber er hatte sie doch gar nicht! Die einzige Zeitung, die er hatte war die, unter seiner Matratze und diese Zeitung hatte er aus dem Altpapier genommen. „Ich…hab sie nicht,“ stotterte Ian leise, wünschte, hoffte, dass Papa ihm endlich glauben würde. Er konnte ihm doch nichts geben, was er nicht besaß. Er konnte nicht. Er klaute doch keine Zeitung. Nein, er klaute nie etwas. Aber Papa machte sich schon an seinem Gürtel zu schaffen, kam bedrohlich näher und roch ganz schlimm. Und immer wenn dieser Geruch da war, war Papa nicht er selbst. Deswegen hatte Ian schon gesagt, dass Alkohol so etwas wie ein böses Monster war. Wenn man ihn trank, war das Monster in einem… und es dauerte, bis es wieder aus einem hinaus war. „Der lügt,“ kam es von hinten, als Nigel sich demonstrativ in den Türrahmen gestellt hatte. „Der hat sie und ich weiß genau wo. Ich hab gesehen, wie der sie genommen und wohin der sie versteckt hat.“ Wieder ging Ians Blick zu Nigel, diesmal voller Entsetzen. Nigel hatte das gemacht. Die Zeitung genommen und auf den Müll gelegt. Und wenn Nigel das war, dann wusste er auch, was Ian mit der Zeitung gemacht hatte… Er schluckte schwer, als seine Schultern nach unten sackten. Jetzt konnte er doch nichts mehr sagen, denn Nigel beschuldigen? Das würde Papa nie glauben und vielleicht… wenn er die Zeitung jetzt hervorholte und sie zeigte, wenn er sich jetzt entschuldigte, vielleicht besänftigte das das Monster?

Nein, tut es nicht, kam da eine Stimme. Nein, tut es nicht, weißt du auch genau. Wie gerne hätte Ian dieser Stimme den Mund verboten, aber sie hatte ja recht. Das Monster konnte er nicht besänftigen. Nur Monster in seinen Märchen. Aber das hier, das war kein Märchen und er war nicht der Erzähler.
Jeden inneren Kampf aufgegeben, lief Ian zur Matratze, bekam diese kaum hoch und da lag sie, die Zeitung, die sein Vater gesucht hatte. Bloß kam Ian gar nicht dazu, noch irgendwas anderes zu tun. Die Matratze rutschte ihm aus den Händen, als der Gürtel ihn das erste Mal traf. Die Zunge des Monsters.
 
Eine alderaanische Spezialität - 1. Teil
Arkon während seiner Zeit auf Coruscant - Eine Zwischengeschichte von der niemand wer weiß ...

Coruscant. Moloch und Juwel zugleich. Der Anblick des Planeten aus dem Weltraum war atemberaubend. Er leuchtete hell orange und in anderen bunten Farben und war von farbigen Mustern übersät wie das Gesicht eines Zabrak mit Tätowierungen. Vor einiger Zeit war Arkon mit seinem Meister Jor Dorkas - als Gauklertruppe getarnt - auf dem vom Imperium besetzten Planeten angekommen. Früher war Coruscant die Wiege der Zivilisation und Sitz der galaktischen Republik gewesen, doch waren diese Zeiten vorbei, aber genau aufgrund dieser Geschichte organisierten die Jedi einen Widerstand auf diesem Planeten. Denn dieser Planet war immer noch der berühmteste und bekannteste in der gesamten Galaxis.

Nun war Arkon mit seinem Meister hier auf Coruscant und gemeinsam sollten sie mit anderen Jedi Widerstand gegen das Imperium leisten. Arkon wusste allerdings nicht wie er das anstellen sollte. Er konnte weder mit Waffen umgehen noch anders kämpfen. Gemeinsam hatten sie den Lichtschwertkampf geübt und einige Grundfertigkeiten der Machtnutzung. Arkon war mittlerweile ziemlich geschickt darin Blasterblitze abzuwehren und zurückzuwerfen, doch im Zweikampf Schwert gegen Schwert, darin war er noch nicht gut. Besonders was die passiven Machtkräfte anging, hatten sie üben können, sodass Arkon in der Lage war seine Präsenz für eine gewisse Zeit zu verstecken. Er fragte sich bis heute, warum sein Meister ihm diese Fähigkeit erst hier, vor Ort beigebracht hatte.

Sie waren im Honey House untergebracht. Ein Bordell in den unteren Ebenen, das den Jedi als Versteck dienen sollte. Arkon hatte ein Zimmer mit seinem Meister. In diesem Zimmer hatte er auch eine Reisetasche untergebracht, welche auch ein Bild seiner Eltern enthielt. Seit der Flucht von Alderaan konnte er ihnen keine Nachricht mehr zukommen lassen. Es war zu gefährlich für die Jedi, für seine Eltern. Ein lautes „klonk“ ertönte und Arkon öffnete die Augen. Er und sein Meister waren in Mediation versunken und übten dabei zu levitiere. Doch der Gedanke an seine Eltern hatte Arkon wieder abgelenkt und seine Kugel stürzte auf den Boden.


Sein Meister, Jor Dorkas oder auch Jor Moch - je nachdem in welcher Gesellschaft er sich aufhielt - öffnete seine Augen und lächelte. Er öffnete seine rechte Hand und die Kugel, die sein Meister beim Levitieren genutzt hatte, schwebte dort hinein. „Das war schon sehr gut, Arkon,“ lobte ihn sein Meister und lächelte dabei. „Im Gegensatz zu deinen Fortschritten im Schwertkampf lernst du die Nutzung der Macht schnell.“ Er erhob sich aus seiner Mediationshaltung und Arkon tat es ihm gleich. „Wir sollten jetzt schlafen gehen, wir treffen uns in ein paar Stunden mit unserem Informanten.“ Arkon nickte, auch wenn er seine Aufregung, seine Angst nicht verbergen konnte. Er legte sich dennoch in sein Bett und versuchte dabei zu schlafen. Er schaffte es nicht und versuchte sich dann an einer der Mediationsübungen, die ihm sein Meister beigebracht hatte. Etwas später fiel er in einen tranceähnlichen, traumlosen Schlaf.


Unsanft wurde er wach gerüttelt. „Mensch, Arkon. Wach endlich auf, wir müssen gleich los.“ Er schlug die Augen auf, Erinnerungen durchfluteten ihn. Licht traf unmittelbar auf seine Augen und löste eine Pupillenreaktion auf, es schmerzte. Zu hell. „Verzeiht, Meister.“ Jor sah ihn an und lächelte: „Nenn mich draußen nicht so, nenn mich Jor, wir sind verdeckt unterwegs.“ Der Alderaaner nickte nur und stand auf. Anziehen brauchte er sich nicht, er war - wie sein Meister - angezogen schlafen gegangen.

Sie verließen das Honey House und betraten die ewig dunklen Gassen der unteren Ebenen von Coruscant, es war zwar Nacht, doch änderte das kaum etwas an der Aktivität der Bewohner, deren Schlafrhythmen hier in dem ewigen Zwielicht verrücktspielten. Die beiden Jedi zogen sich Kapuzen über den Kopf - es regnete. Arkon folgte seinem Meister durch eine verwirrte Anordnung von Gassen und Straßen und hin und wieder hielten sie an, um einen Blick auf eine Karte zu werfen, bis sie an einer Kneipe ankamen. ‚Lor's Fluxional Gorge‘ laß Arkon in Gedanken das ranzige Schild und trat gemeinsam mit seinem Meister in den Schankraum. Stimmengewirr schlug ihm entgegen, genauso wie ranzige, abgestandene Luft. Der Boden schmatzte bei jedem Schritt und Arkon verschleierte unwillkürlich seine Aura in der Macht. Er fühlte sich hier definitiv nicht wohl und schaute sich skeptisch nach allen Seiten um. Seine Skepsis schien auch auf die Gäste überzugreifen, denn auch sie schauten die beiden Neuankömmlinge argwöhnisch an. Doch nach einiger Zeit flaute das Interesse ab und man hatte sie wohl als Bewohner der unteren Ebenen akzeptiert. Sie setzten sich in eine Nische am Rand und kurze Zeit später betrat ein gehetzt aussehender Humanoide die Kneipe. Arkon kannte die Spezies nicht, vielleicht war er sogar ein Hybrid? Er schaute sich in der Kneipe um, als er seine nasse Kapuze vom Kopf schob. Als er Jor Moch sah, beruhigte er sich ein wenig und ging schnellen Schrittes zu ihnen und setzte sich in die Nische dazu. Woher sein Meister diesen Mann kannte wusste Arkon nicht, genauso wenig als was sie sich ihm vorgestellt hatten. Er beschloss einfach nur zu schweigen und zuzuhören. „Wir haben nicht viel Zeit“, zischte er los, „die Lieferung wird noch heute Nacht erfolgen.“ Schweigend blickten die beiden Jedi ihr Gegenüber an. Scheinbar erwartete er eine Antwort seines Meisters und schnaubte genervt: „Wir müssen jetzt handeln. Es gibt schon wieder Gerüchte, dass das Imperium Menschen wie Nichtmenschen verschwinden lässt. Keiner weiß wohin oder was sie mit ihnen machen.“ Jor nickte nur und sprach dann das erste Mal an diesem Abend den Informanten an: „Weißt du, wann sie erneut zuschlagen werden?“ Der Informant schüttelte den Kopf: „Nein, nur dass sie den Jawa-Distrikt demnächst heimsuchen werden.“


Jors Miene wurde nachdenklich und leicht ärgerlich. „Das ist mir zu wenig Information. Ich muss mehr wissen.“ Er legte einen nicht nachverfolgbaren Credit-Chip auf den Tisch und schob ihm den Informanten zu. „Ich möchte nicht den ganzen Tag im Jawa-Distrikt herumlungern und warten.“ Der Informant schnaubte verärgert und schob den Chip zu Arkons Meister zurück: „Wenn ich sage, dass ich nicht mehr weiß, dann weiß ich nicht mehr. Bei meiner Ehre.“


Arkon blickte zu seinem Meister und fragte sich, was wohl in ihm vorging. Wie viele Jedi konnte auch Jor Moch seine Emotionen gut abschirmen und ein nahezu unlesbares Pokerface zierte sein Gesicht. Er nickte: „Nun gut, dann nimm das Geld als Anzahlung für deine weiteren Recherchen. Ich möchte wissen wann und wo das Imperium wieder zuschlagen wird.“ Der Humanoide nickte langsam und steckte sich den Chip vorsichtig ein. Jor blickte zu seinem Schüler und bedeutete ihm aufzustehen. Sie verabschiedeten sich noch von ihrem Informanten und verließen die Kneipe. Draußen zogen sie ihre Kapuzen über ihren Kopf, um sich vor dem einsetzenden Regen zu schützen.


„Wir werden dennoch unsere eigenen Nachforschungen durchführen müssen“, meinte Jor zu Arkon, dieser nickte nur verstehend und fragte sich was sein Meister sich darunter vorstellte. Leute auf der Straße befragen? Sich in imperiale Netzwerke hacken?


„Was ist mit heute Nacht? Das Imperium wird wieder Leute verschwinden lassen.“ Bedauernd schüttelte Jor den Kopf: „Wir können nicht viel tun. Wir könnten in den Jawa-Distrikt gehen, aber das wird nicht viel bringen. Der Distrikt ist groß und unübersichtlich. Solange wir keine weiteren Infos erhalten, können wir nichts ausrichten. Wir können nicht jede Festnahme verhindern, das würde nur unsere Tarnung und die aller anderen auffliegen lassen.“


Arkon seufzte. Ihm gefiel das alles gar nicht. Sie waren doch hier um den Wesen auf Coruscant zu helfen. Sie vom Imperium zu befreien. Was war also so schlimm daran, wenn sie ein paar Festnahmen verhinderten? Es schien als ob sein Meister Arkons Gedanken lesen konnte, denn als er weiter sprach schienen sie die passende Entgegnung zu den Gedanken des jungen Alderaaners zu sein: „Die meisten Festnahmen, die das Imperium hier unten durchführt sind durchaus gerechtfertigt. Hier tummeln sich Verbrecher aller Art und wenn eines Sicher ist, dann das sich Coruscant was das angeht niemals ändern wird. Egal wer herrscht, die unteren Ebenen bleiben gleich.“ Ein wehmütiges Lächeln zierte das Gesicht seines Meisters. Arkon nickte, auch wenn er sich sicher war, dass hier unten nicht jede Festnahme gerechtfertigt war. Diebstahl war eine Straftat, aber sollte man im Gegenzug von einem intelligentem Leben erwarten, dass es verhungert, wenn es nichts hatte um Essen zu kaufen? Viele Wesen, vor allem die, die den Bezug zur Realität verloren hatten, behaupteten, dass wenn man Arbeiten würde, auch genug hatte um angenehm leben zu können. Doch das war eine dreiste Lüge, eine typische Strategie, gieriger Egomanen ihr noch vorhandenes Gewissen zu beruhigen und sich selbst einzureden, das harte Arbeit dafür sorgte, dass es ihnen so gut ging. Arkon wusste es besser, vor allem wenn er sich hier so umsah wusste er, dass die meisten Wesen hier überhaupt keine Chance auf eine Arbeit mit angemessener Bezahlung hatten. So blieb ihnen nur der Diebstahl und andere Straftaten um zu überleben. Nicht einmal die Armee stand den meisten hier offen. Nichtmenschen hatten generell keine Chance rekrutiert zu werden und Menschen mussten auch ein gewisses Mindestmaß an Gesundheit und Charakter haben um in die imperiale Armee aufgenommen zu werden.


„Wir sollten gehen, denn ausrichten können wir hier nichts“, meinte nun Jor. Arkon nickte widerwillig und folgte seinem Jedi-Meister den Weg zurück ins Honey House. Hin und wieder blickte Arkon unauffällig über seine Schulter zurück. Ihm gefiel es nicht tatenlos zuzusehen. Er wollte den Leuten hier helfen. Das taten doch die Jedi, oder? Arkons Miene verfinsterte sich, als sie das Honey House betraten und sie heute Nacht wirklich nichts unternehmen wollten. Bis zuletzt hatte Arkon gehofft, dass wenigstens sein Meister im Jawa-Distrikt gegen das Imperium vorgehen wollte. Doch dem war nicht so.


Im Honey House angekommen wandte sich Jor wieder an Arkon: „Arkon, ich möchte dass du hier bleibst. Ich werde noch ein paar andere Informanten kontaktieren und es ist jetzt zu gefährlich, als das ich dich mit dabei haben will. Bleib bitte hier und übe weiter die Dinge, die ich dir gezeigt habe.“


Arkon blickte seinen Meister fassungslos an. Er sollte was tun? Hier bleiben und Däumchen drehen, während er wusste, dass das Imperium draußen willkürlich Wesen verschleppte? Oder war da etwas in der Stimme seines Meisters, das ihn provozieren wollte, genau DAS nicht zu tun. Warum sonst betonte er so sehr, dass Arkon hier bleiben sollte?

„Denk nicht einmal daran!“, sagte Jor lächelnd und Arkon schirmte schnell seine Gedanken ab, doch sein Meister lächelte ihn noch immer an.


„Ich brauche nicht in deine Gedanken blicken, dein Gesichtsausdruck hat mir bereits gereicht. Und nun genug davon, das hier ist nicht Alderaan oder ein anderer, friedlicher Planet. Merk dir das, Coruscant ist genauso faszinierend wie gefährlich. Iss lieber etwas, der Tag war lang und der morgige wird es auch werden.“ Mit diesen Worten drehte der Jedi sich um und verließ das Zimmer, dessen Aufmachung Arkon noch immer ein wenig verunsicherte. Der Jedi-Orden hätte sich ein angemesseneres Quartier suchen können. Nachdenklich sank er auf das Bett zurück und blickte an die Decke, auf der sich jetzt die letzten Sonnenstrahlen den ersten Schatten ergaben. Etwas essen… genervt seufzte er auf. Er hatte keine Lust etwas zu essen, denn das, was er hier essen konnte, langweilte ihn entsetzlich. Und sich ausruhen … er würde hier keine Ruhe finden. Auch wenn die Fenster des Raumes den Lärm der riesigen Stadt abschirmten, sein Gedankenstrom rauschte so laut durch seinen Kopf, dass es ihm unmöglich war zu schlafen.


‚Mein Meister sagt, ich solle etwas essen‘, schoss es durch seinen Kopf nun, leider hab ich den Gedanken nicht ertragen, einen weiteren Tag von Brei zu leben und dachte mir, in einer so großen Stadt gibt es bestimmt Essen von Alderaan, das ich vertrage … das ist ein Grund, hinaus zu gehen.‘ Mit einem Ruck sprang er auf und schritt zur Tür. Während er ging, spürte er seinen Magen knurren und war sich nicht einmal sicher, ob er seine Ausflucht nicht sogar an erste Stelle des Planes setzen sollte. Bei einem Spaziergang durch die Straßen auf der Suche nach einem Markt, einem Restaurant, Imbiss oder irgendeiner verdammten Spelunke, die etwas normales Essbares für ihn hatte, würde er sich unauffällig umhören können. Ein guter Plan! Er lächelte mit der Siegessicherheit eines Halbstarken, während er sich aus seiner Reisetasche eine Jacke herausfischte, die er für unauffällig hielt, und verließ dann ohne gesehen zu werden das zwielichtige Quartier. Er hatte bereits auf dem Hinweg einiges der Stadt gesehen, doch nun in der Dunkelheit überlegte er es sich zweimal, ob der Brei nicht doch die bessere Alternative gewesen wäre. Er hatte Bilder von Coruscant gesehen, von riesigen Gebäuden, die Tag und Nacht beleuchtet waren, von Schwärmen von Luftgleitern, die sich zwischen den Gebäuden hindurch schlängelten und von mehr Lebewesen, als er sich vorstellen konnte. Eine Stadt die niemals schlief. Doch das, was er jetzt vor sich sah, war weder erleuchtet noch etwas, das er sich hatte vorstellen mögen. Kaum Licht drang an den Bauwerken vorbei, die sich rechts und links von ihm erhoben und offenbar auch nur wenig Luft. Der Geruch, der sich hier unten breit machte, verschlug ihm sofort wieder den Appetit und er stolperte ein paar Schritte rückwärts. Die verschiedenen Duftnoten von Fäkalien, Müll, Verwesung und Gerüchen, die er nicht einmal zuordnen wollte, ergaben eine Atmosphäre, die ihn auch ohne falsches Essen an seinen empfindlichen Magen erinnerte. Die Straße vor ihm war noch menschenleer, aber wie würde es aussehen, wenn er um die erste Ecke bog? Nein … er sollte zurück … Jor hatte vollkommen Recht. Er atmete durch, möglichst ohne dabei seine Nase mit in den Prozess einzubeziehen, und versuchte, sich zu beruhigen. Es gab nichts Wichtigeres für ihn, als ein Jedi zu werden, er wollte es so unbedingt, dass er sich diese Art von Ängsten nicht erlauben konnte. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, während seine Stiefel mal ein verräterisch lautes Hallen in der schmalen Gasse erzeugten und mal mit widerlichem, schmatzendem Geräusch in Pfützen voller Unrat traten.


‚In die unteren Ebenen gelangt nicht einmal Regenwasser,‘ hatte sein Meister auf dem Weg hierher geseufzt ‚und wenn du Wasser siehst, dann ist es mindestens durch einen Organismus hindurch gelaufen!‘


NICHT DARAN DENKEN! Er hielt den Blick aufrecht, versuchte mithilfe der Macht seine Wachsamkeit zu erhöhen, um es lieber als erster zu merken, wenn ihm jemand begegnete. Vorsichtig spähte er um die erste Ecke.


‚Dummkopf‘, dachte er sich ‚je unsicherer du hier auftrittst, desto verdächtiger bist du … und desto mehr Verbrecher wissen, dass du hier fremd bist und eine leichte Beute bist!‘ Also straffte er Rücken und Schultern und bog um die erste Ecke in das Gewirr der Straßen ein, die auch nicht viel heller und freundlicher waren, als die, die er bereits durchquert hatte. Aufeinmal hörte er den Klang einer lauten Stimme und das darauffolgende Echo weiterer Stimmen, begleitet vom charakteristischen Klang von Kampfstiefeln, die im Gleichschritt auf den Boden traten. Arkon drückte sich eng an die Wand und spähte um die Ecke, um die er vor einigen Augenblicken erst gebogen war und erblickte einen Zug imperialer Soldaten, die durch die nächtlichen Straßen von Coruscant marschierten. Sie schienen kein direktes Ziel zu haben und auch die Bewohner, die hier an den Straßen herumlungerten schienen sich nicht groß für die Soldaten zu interessieren. Erleichtert ließ der junge Padawan den unbemerkt angehaltenen Atem entweichen und füllte dann seine Lungenflügel erneut mit der stickigen Luft der unteren Ebenen Coruscants. Sein Blick wanderte unwillkürlich nach oben und er erblickte nur Schwärze über ihm – dort hörten die unteren Ebenen auf gekennzeichnet durch massive, metallene Konstruktionen, die als Fundament für die oberen Wolkenkratzer dienten und nur hier und dort von massiven, runden Öffnungen durchbrochen waren, die die Zugangswege für Gleiter und Raumschiffe waren. Außerdem waren die Öffnungen die einzigen Quellen natürlichen Lichtes hier unten. Leicht deprimiert senkte Arkon den Blick und war kurz von der Hoffnungslosigkeit für die hier lebenden Wesen überwältigt. Doch ließ er sich nicht lange davon ablenken, denn ein erneutes Knurren seines Magens erinnerte Arkon daran warum er überhaupt hier unterwegs war. Er blickte sich um und entschied sich spontan einem Weg zu folgen. Es war nicht leicht für ihn darauf zu vertrauen, dass die Macht ihn führte, da es kaum einen Unterschied zwischen einem reinen Bauchgefühl und dem Willen der Macht gab – zumindest für den jungen Mann von Alderaan (noch) nicht. Wie es der Zufall (oder die Macht – Arkon wusste nicht genau was genau ihn hier hingeführt hatte) so wollte traf Arkon auf eine … - er wusste nicht genau wie er es nennen sollte – Spelunke, die sich damit rühmte alderaanische Spezialitäten zu verkaufen. Er zögerte einen Augenblick und sah sich das Etablissement ein wenig genauer an. Es war schicker aufgemacht als die restlichen Gebäude der Umgebung und wirkte somit schon etwas vertrauenserweckender als die anderen „Restaurants“ hier unten. Auch die grelle, neongelbe Leuchtreklame, die die Spelunke als Maryckas Belleau-a-Lir bezeichnete wirkte irgendwie vertrauenserweckend auf Arkon – auch wenn sich ein Teil in ihm dagegen sträubte hier etwas zu essen. Das erneute Knurren seines Magens brachte diesen Teil allerdings recht schnell zum Schweigen und nachdem Arkon seinen Geldbeutel überprüft hatte, betrat er die Spelunke – nachdem er nun im Gebäude war, zeigte sich, dass sie zwar schmutzig war, allerdings, im Maßstab der unteren Ebenen gemessen, verhältnismäßig sauber. Sie war mehr oder weniger gut besucht und Arkon fand recht schnell einen Platz, trotz der Tatsache, dass die meisten Tische hier besetzt waren. Es schien sich hier um eine Bar für die „besser gestellten“ Bewohner der unteren Ebenen zu handeln. Arkons Blick in die Speisekarte zeigte ihm, dass er gerade genug Geld für ein Getränk und eine Mahlzeit dabei hatte, etwas stutzig wurde er dann allerdings bei den Preisen für alkoholische Getränke, denn angeblich hatte der Laden hier sogar Spirituosen der Imperial Spirits Inc.. Doch das skeptische Denken des jungen Alderaaners war völlig ausgeschaltet. Er hatte großen Hunger und aus der Küche kam relativ appetitlicher Geruch der seiner Skepsis den Rest gab. Wenn es hier so gut roch, konnte das Essen doch auch nur gut sein, oder? Die Entscheidung wurde Arkon abgenommen als eine Besalisk auf ihn zu kam. In einer Hand hatte sie einen Block, in der anderen einen Stift. Während sie gemütlich auf ihn zu stapfte richteten die anderen beiden Hände ihre Kleidung und zogen ihren BH zu Recht. Arkon blickte desinteressiert weg, auch wenn der Anblick ihn etwas verstörte. Als sie am Tisch ankam blickte er sie wieder an und sie sprach ihn an: „Moin, ich bin Marycka, was willste ham?“ Ihre Stimme war deutlich vom Slang der unteren Ebenen dieser Region geprägt und Arkon versuchte nicht ihn zu imitieren, sondern beantwortete einfach ihre Frage und widerstand dabei den Drang sich selbst auch vorzustellen: „Hallo, einmal das alderaanische Ragout und dazu ein Glas … Wasser, still bitte.“


Sie notierte ein paar Kritzeleien auf ihrem Block und brüllte dann die Bestellung in die Küche, ehe sie sich wieder Arkon zu wandte, ihm zu zwinkerte und sich mit einem „Gern Süßer!“ verabschiedete. Völlig irritiert wandte Arkon den Blick ab und senkte in beschämt – auch wenn er hier überhaupt keinen Grund dazu hatte. Nach einer Zeit des Wartens kamen das schmackhaft duftende Essen und sein Glas Wasser und Marycka kassierte ihn direkt ab. Vermutlich gab es in den unteren Ebenen einfach zu viele Zechpreller. Arkon gab ein passendes Trinkgeld und Marycka verabschiedete sich mit einem Augenzwinkern. Kurz darauf begann Arkon das Essen in vollen Zügen zu genießen. Es war nicht so wie daheim, aber es schmeckte besser als sein Brei, nur das Wasser schmeckte etwas merkwürdig, fast schon künstlich. Arkon dachte sich nichts dabei und beendete das Essen ohne, dass er irgendwelche Magenprobleme bekam. Nun es war ungewohnt zu kauen und während des Essens verschiedene Geschmäcker zu haben und keinen Einheitsbrei. Aber es machte ihn glücklich und nach langer Zeit auch wieder etwas zufriedener. Nachdem er gegessen hatte stand er zufrieden auf und verließ – nicht ohne tschüss zu sagen – die Bar. Sein Magen rumorte und gluckerte ein wenig, doch der junge Alderaaner schob das auf die nun doch wieder etwas ungewohnte, feste Kost. Er ging ein paar Schritte in Richtung Honey House zurück und spürte dabei das erste Zwicken in der Bauchgegend. ‚Oh, nein', schoss es ihn durch den Kopf, als auch die ersten nach Schwefelwasserstoff und Mercaptanen riechenden Aufstoßer kamen und ihm noch übler werden ließen. Er lief schnell ein paar Schritte weiter um hinter einer Ecke zu verschwinden und damit auch aus dem Blickfeld anderer Wesen zu verschwinden. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand und ging leicht in die Hocke, als die Magenkrämpfe begannen und er mit einer Hand instinktiv zum Bauch langte. Der Alderaaner kippte vornüber auf alle Viere und wusste schon Sekunden vorher, dass er sich gleich übergeben würde – darin hatte er Erfahrung. Während er nun das Essen sich erneut durch den Kopf gehen ließ näherte sich ihm eine kleine Gruppe Jugendlicher, trotz oder gerade wegen seiner verletzlichen Lage konzentrierte sich Arkon ganz auf die Macht um die Umgebung im Auge zu halten und nahm sie deshalb war. Es schienen fünf Personen zu sein, welcher Spezies oder gar welchem Geschlecht sie angehörten konnte er nicht sagen – war ihm aber in seiner momentanen Situation auch egal. Eine Person schien sich im vorsichtig zu nähern. „Hey, ist alles ok mit dir?“ Es schien ein Junge zu sein. Er legte eine Hand auf seine Schulter während seine andere Hand suchend in Richtung der Taschen wanderte. Arkon ächzte und stöhnte als er sprach: „Denk … nicht … mal … dran …“ Ein neuer Schwall kam aus seinem Mund, diesmal ohne Nahrungsreste und Arkon wusste, dass er nun das Gröbste überstanden hatte. Gemurmel in der Gruppe kam auf und Arkon richtete sich auf, ließ sich auf sein Gesäß fallen und lehnte sich gegen die Wand. Er schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Atmung. Jemand neues kam hinzu. Der junge Padawan öffnete die Augen und sah zwei Jungen vor sich stehen die Brüder sein könnten, was sie auch waren. „Ich bin Jacek, sagte der Ältere, „das ist mein kleiner Bruder Joss.“ Er reichte ihm eine leicht beschädigt aussehende Flasche mit Wasser und ging vor ihm die Hocke. „Hier trink etwas.“ Arkon nahm die Flasche dankend an und trank in großen Schlücken, den komischen Beigeschmack, wie er auch schon in der Bar aufgetreten war ignorierend. Es half zwar nicht den säuerlichen Geschmack ganz zu beseitigen, aber es half – und es war die Geste, die zählte. Ihm wurde schwindelig und er griff sich an den Kopf. Die beiden Jungen blickten sich irritiert an und kurz darauf wurde Arkons Blick schwarz. ‚Von wegen „alderaanische Spezialitäten“…‘


Fortsetzung folgt ...
 
Eine alderaanische Spezialität - 2. Teil
Arkon während seiner Zeit auf Coruscant - Eine Zwischengeschichte von der niemand wer weiß ...

Als Arkon wieder zu sich kam, wusste er nicht wirklich wo er war und was ihm widerfahren war. Er öffnete kurz die Augen – seine Sicht war extrem verschwommen – und er sah ein haariges Etwas (vermutlich ein Wookiee) und eine nett anzusehende Silhouette mit Kopftentakeln (ein/e Twi’lek?), die sich ihm direkt zuwandten und versuchten ihn anzusprechen. Sein Blickfeld klärte sich nicht auf und war noch immer verschwommen, wie durch ein Kaleidoskop und die Stimmen kamen, wenn überhaupt abgehackt und gefiltert – so als ob seine Ohren mit Watte verpackt waren – bei ihm an. „Wo… bin … ich?“ glaubte er zu fragen und fügte noch hinzu: „Wo ist mein Meister? Sind wir im Jedi-Tempel?“ Er war verwirrt. Wer war er überhaupt? Wieder prasselten Stimmen auf ihn ein und er verstand nicht was sie sagten. Sein Kopf wurde angehoben – oder spielte ihm sein Gleichgewichtssinn nur einen Streich? – und jemand träufelte ihm Wasser in den Mund, er begann zu schlucken und realisierte erst jetzt wie trocken seine Lippen überhaupt waren und trank immer mehr, bis sein Blickfeld wieder schwarz wurde und er erneut in einen traumlosen, tiefen Schlaf fiel.

Als er das nächste Mal erwachte, waren seine Ohren diesmal klarer, sie hörten, was um ihn herum passierte, doch seine Augenlider waren zu schwer, als das er sie öffnen konnte.

„Es ist das Wasser, Jacek! Jedes Mal, wenn er davon zu viel getrunken hat, ist er kurze Zeit darauf ohnmächtig geworden“, hörte er eine Frauenstimme bestimmt sagen.


„Und was sollen wir ihm sonst zu trinken geben? Diesen billigen Fusel von der Imperial Spirit Group, der hier an jeder Ecke verkauft wird? Das Wasser was wir ihm geben ist einfach nun mal chemisch gesäubert, anders können wir ihm doch nichts geben. Er braucht Wasser sonst verdurstet er“, antwortete ein Junge – vermutlich Jacek.


Arkon kicherte unwillkürlich. Die Stimmen verstummten und Schritte kamen auf ihn zu. Er hörte, spürte – warum spürte er das? Er konnte es doch nicht sehen? – wie sich jemand neben ihn niederkniete und eine Frauenstimme zu ihm sprach: „Alles wird gut, Arkon. Wir kümmern uns um dich.“ Es klang nicht wie das typische Trösten eines Arztes gegenüber seinem Patienten, sondern warmherzig und ehrlich. Ihm gefiel die Stimme.


Dann hörte der junge Mann jemand weiteres schnaufen: „Er wird eh verrecken. Ich weiß nicht warum ihr euch so um ihn bemüht. Träumst du wieder von deinem Jediprinzen, Zannah?“


„Halt, die Klappe, Aayla brüllte eine etwas knabenhafte Stimme, vermutlich noch im Stimmbruch, oder zumindest kurz davor, „er hat gesagt er ist ein Jedi und Jedi sind hier um uns zu helfen“, zustimmendes Gebrüll (von dem Wookiee) ertönte und kurz darauf verstummte Aayla – zumindest kamen keine weiteren Widerworte aus ihrer Richtung. Arkon kicherte erneut und überhörte dabei, wie der junge Joss weinte und sein Bruder versuchte ihn zu trösten. Irgendwie bekam er auch mit wie der Wookiee sich mit Aayla stritt, doch Arkon verstand das alles nicht. Seine Augen, waren geschlossen – wie bekam er das alles mit - und er, er sollte ein Jedi sein?!. Arkon kicherte und lachte, er war kein Jedi, er war Arkon, das war er schon immer gewesen und jemand anderes würde er auch niemals sein.


So vergingen die nächsten Tage für Arkon, immer wenn er wach war, bekam er etwas Wasser und manchmal auch etwas zu essen, Suppe oder Brei, manches behielt er bei sich, manches nicht. Sie redeten auch oft mit ihm, über ihn und über sich. Vieles wusste er nicht mehr, vieles glaubte er auch nicht. Er sollte ein Jedi sein? Warum konnte er sich dann nicht daran erinnern. Irgendwann hatte er auch das vergessen, dass sie ihm darüber erzählten, irgendwann erzählten sie ihm einfach nur noch das, was er hören wollte: Dass er Arkon hieß, sie ihn hier gefunden hatten und sich um ihn gekümmert hatten und dass er hier bleiben konnte, wenn er wollte und als er dann auch das erste Mal Zannah in die Augen blickte, da wusste er auch, dass er hier bleiben wollte …
 
„Niemand war menschlicher“
Samin im Alter von 18-19 Jahren, Imperiale Akademie von Anaxes


Niemand gratulierte ihr. Niemand schien sie auch nur im Geringsten zu beachten. Für die anderen Kadetten des Jahrgangs war es besser, diese Abnormität zu ignorieren, als sich mit dem Gedanken beschäftigen zu müssen, dass ein namenloser Niemand die Punkteliste des Abschlusskurses anführte. Eine schändlicher Fleck in der ansonsten Makellosen Geschichte der gloreichen Imperialen Akademie von Anaxes. Die Citadel schmückte sich mit dem Anspruch, in jedem Jahr mehr vielversprechende Offiziere hervorzubringen, als jede andere Akademie der Galaxis. Die Absolventen galten als die besten ihrer Zunft. Disziplin, Fleiß, Ehre, Talent und Loyalität waren die herausragenden Werte eines jeden, der den Abschluss an dieser renomierten Eliteeinrichtung erwarb. Niemand verließ diesen Ort erfolgreich ohne sie. Sie waren Grundlage aller anaxischer Offiziere. Es gab nur eines, was den uralten, ansässigen Dynastien mehr bedeutete:

Tradition. Die Tradition, die Menschheit an die Grenzen der militärischen Perfektion zu bringen. Die Tradition, die besten Männer der galaktischen Gesellschaft zu formen.

Sie war kein Mensch. Sie war nichteinmal ein Mann. Sie kam nichteinmal aus dem Imperium. Sie war ein Niemand. Als Chiss stand ihr kein Recht zu, diese Akademie zu besuchen. Ein lächerliches Abkommen mit dem Chiss-Imperium sorgte dafür, dass es ihr erlaubt war, hier zu sein. Bestimmt hatte Niemand in den Aufnahmeprüfungen betrogen. Wie war sie hierher gelangt?

Mit emotionsloser Miene lauschte sie der Bewertung des Commanders. Chiss waren emotionslos und Ausbilder im Rang eines Commanders bewerteten sie. Es war das, was von ihnen erwartet wurde. Es war das, was sie taten. Niemand störte sich daran. Die höchste Punktzahl, wiedereinmal. Wer konnte ihr das Wasser reichen? Niemand. Immer. Sie war die Beste, und doch war sie eine Chiss. Eine Halb-Chiss, aber das interessierte Niemand. Das Quartier teilte sie mit zwei anderen Aliens. Niemand wollte sie hier. Es waren nur ihre Freunde. Es gab sonst Niemand. Es gab ihre Schwester, aber der Kontakt mit ihr wurde so klein wie möglich gehalten. Die beiden Schwestern sollten unterschiedliche Wege einschlagen, ihre Loyalität lediglich dem Imperium schulden. Sie selbst war eine Pilotin. Die Piloten waren die mutigsten von allen. Sie flogen bereitwillig in den schildlosen TIE-Jägern, jederzeit bereit alles für den Imperator zu opfern. Niemand war der fragilen Endlichkeit des Lebens näher.

Als zum Halbjahr des letzten Akademie-Jahres angekündigt wurde, dass die besten Kadetten an einem Empfang und Ball zu Ehren des Imperators beiwohnen dürften, freute sich Niemand mehr als die anderen. Sie hatte noch nie an einem Ball teilgenommen. Auf diesem Ball würden die wichtigsten Persönlichkeiten von Anaxes sein. Es war die Gelegenheit sich der elitären Führungsgesellschaft des Systems, des Sektors und des Imperiums zu präsentieren. Wer hier einen guten Eindruck machte, konnte sich nach dem Abschluss sicher sein, eine gute Stelle im Stab einer Admiralität zu ergattern, oder gar die gefährlichsten Missionen zu fliegen, für die nur die besten Piloten in Frage kamen. Gesellschaftliche Veranstaltungen waren ihr jedoch fremd. Wenn sie mehr Freunde gehabt hätte, wäre sie mit Sicherheit zu mehr Feiern, vielleicht einmal einem Geburtstag eingeladen worden. Aber sie hatte nur das Chistavanen- und das Niktomädchen, die mit ihr die Stube teilten. Sie verbrachten ohnehin alle Zeit miteinander, denn keiner von ihnen wurde jemals irgendwohin eingeladen. Niemand mochte sie. Wohlmöglich auch deshalb. Wenn sie jedoch im Simulator saß, war sie es, die bestimmte. Mit tödlicher Präzision lud sie die anderen von ihrer ganz eigenen Party aus und schickte die konkurierenden Kadetten in die Bedeutungslosigkeit. Niemand teilte ihr Schicksal außerhalb der Trainingsflüge. Somit war jeder auf irgendeine Weise bedeutungslos und sie fand, dass ihre die bessere Alternative war.

Hätte es ihren Stolz nicht gegeben, wäre sie zerbrochen. Sie wusste, wozu sie in der Lage war. Das Potential, die beste Pilotin der Galaxie zu werden, schlummerte in ihr. Das wusste sie. Wer, außer ihr, hatte sonst das Zeug dazu? Niemand sprach ihr eine Verantwortung zu. Sie hatte hier die Möglichkeit allen zu beweisen, dass der Mensch nicht die Krone der Schöpfung war. Die Last auf den Schultern wog schwer, doch wenn sie sich anstrengte, konnte sie sich vorstellen, dass es das Gewicht der wachsenden Flügel war, mit denen sie zu Größerem gelangen sollte. Das tröstete Niemand. Es blieb eine beinahe kindliche Vorstellung, aber eine, die ihr in schwachen Momenten sehr gefiel. Es hieß, geflügelte Engel, die auf den Monden von Iego lebten, waren die wunderschönsten Wesen im Universum. Jeder drittklassige Frachterpilot zwischen Anaxes und dem Outer Rim sprach ehrfürchtig von dieser Legende. Sie erzählten sich waghalsige Geschichten über angebliche Erlebnisse mit den Engeln und sie alle vergötterten sie. Konnte denn nur Niemand sehen, dass diese überlegenen, geflügelten Wesen keine Menschen waren?

Am Ende der Ausbildung stand sie immernoch an der Spitze. Die anderen merkten es gar nicht, aber dadurch, dass sie sie ignorierten während Niemand etwas aus sich selbst gemacht hatte, hatten sie sie nur stärker gemacht. Von Oben konnte sie leicht heruntersehen. Es war der Ort, an den sie gehörte. Der Ort, an dem sie sich wohl fühlte. Ein Ort, an dem nur Niemand sie jemals erreichen und ihr wehtun konnte. Die letzte Herausforderung, der sie sich stellen musste, war der Imperiale Ball. Es war kein militärischer Ball. Das bedeutete, dass es keinen Zwang gab, Ausgehuniform zu tragen und seit Bekanntgabe hatte es unter den wenigen weiblichen Kadetten kaum ein anderes Thema gegeben, als die Farbe und Form ihrer Kleider, Frisuren und Schuhe für diesen Anlass. Sie selbst hatte all ihr Erspartes zusammengekratzt, um ein sündhaft teures, kressfarbenes Kleid aus edler Seide, mit geschickt verschnörkelter Verzierung und abgehobenen Schulterelementen, die sie an kleine Flügel erinnerten, zu erstehen. Sie sah am Abend der Veranstaltung so schön aus, dass sich alle nach ihr umschauten. Niemand war ein blauer Engel in Kressfarbe. Etwas anderes zu behaupten, war doch lächerlich. Bis dahin war es der schönste Abend ihres bisherigen Lebens. Deshalb würde sie auch für den Rest ihres Lebens in Erinnerung behalten, dass die anderen Kadetten Niemand vor dem Eröffnungstanz hinauszerrten, Niemand das Kleid vom Leib rissen, Niemand auslachten. Sie sagten, sie würde für immer Niemand bleiben. Vielleicht hatten sie Recht. Niemand würde besser sein. Sie spuckten Niemand auf die kleinen Flügelchen, sie traten Niemand bis sie von blauen Flecken übersäht war, die nur Niemand bemerkte.

Am Ende lag Niemand zusammengekauert, einsam schlurchzend und tränenüberströmt auf einem Hinterhof des Ballsaals. Niemand wusste, was Mensch sein bedeutete. Sie war Niemand. Und Niemand war menschlicher als sie alle.
 
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Ein Meer aus Erinnerungen

Angst, Hass, Liebe und all die anderen starken Emotionen zu denen intelligente Wesen fähig waren, waren seine Nahrung. Er war hier längst nicht mehr so wählerisch wie in jungen Jahren, als er sich seine Beute gewissenhaft ausgesucht hatte. Früher, als er sich noch auswählte welche Emotionen er zu sich nahm. Früher, vor 500 Jahren, als die Galaxis noch nicht so chaotisch war wie heute.

Doch mittlerweile fiel es ihm schwer sich zu beherrschen. Er hörte Stimmen. Stimmen die nach ihm riefen, ihn verhöhnten, er sei zu alt. Aber dann auch wieder Stimmen, die gütig zu ihm sprachen, ihm sagten, dass er nach seinem bisherigen Leben und seinen Erfolgen bei der Jagd von den Ahnen mit offenen Armen empfangen werden würde. Er wusste nicht wer hier mit ihm sprach. Er glaubte nicht, dass es die Stummen Stimmen, seine Urahnen, seien. Genauso wenig glaubte er, dass es die Seelen, seiner Opfer waren. Er wurde alt und mit dem Alter kam der geistige Verfall und der Wahnsinn. Sein einziges Mittel dagegen war die Suppe, das Meer aus Erinnerungen und Gefühlen, die ein Individuum ausmachten. Es war seine einzige Nahrung und das einzige Medikament, dass sein Bewusstsein vor dem anbrandenden Wahnsinn schützte und je älter er wurde, desto mehr Suppe musste er in kürzerer Zeit zu sich nehmen, doch je mehr er zu sich nahm, desto schwieriger wurde es für ihn. Schwieriger zu unterschieden welche Gefühle ihm waren und welche seiner Beute, seiner Nahrung gehörten.

Sein Volk jagte immer allein, kam sich selten in die Quere und mied einander. Doch er, er war selbst ihnen zu ... einzelgängerisch, zu verrückt. Wurde er doch besonders gemieden, als sich zeigte, dass er seinen Opfern alles nahm und das über Tage, wenn nicht sogar Wochen hinweg, um jedes Gefühl in seinen unzähligen Facetten, wie sie nur eine Vielzahl an Individuen und Spezies bilden konnten, auszukosten. Er genoss es, die anderen verabscheuten ihn dafür. Behaupteten sie doch, es sei schuld an seinem Wahnsinn, aber er, er wusste es besser!

Ein Frösteln, wie von einem Luftzug überkam ihn und jagte seinen Rücken hinauf und in seinem Weg stellten sich alle Nackenhaare auf, wie Sensorphalangen eines Aufklärungsdroiden. Mit dem Frösteln kamen wieder die Stimmen. Wie ein Chor aus einer anderen Welt:. „Er wird dich finden ...“ Sprach da gerade sie? Er schreckte hoch, erwachte aus seinem Dämmerzustand. ‚Unmöglich!‘ Er blickte sich hektisch um. Er war allein in seinem Zimmer. Ein heller Schemen erschien vor ihm - Illusion. Er schlug mit seiner Hand nach ihm, nichts als Luft. „Verschwinde!“ Brüllte er. Seine Worte kamen eher gelallt von seinen Lippen. Eine Mischung aus Übermüdung und Rausch. Es konnte doch nicht so lange her gewesen sein? Er hatte sich doch erst vor einigen Tagen das letzte Mal genährt?!


Licht. Seine Augen schmerzten und er schloss sie voller Pein. „Meister Yoru? Ist alles in Ordnung mit euch?“ fragte eine weibliche, seelenlose Stimme. Er öffnete seine Augen und blickte in die teilnahmslosen Augen seiner blauhäutigen Twi’lek Dienerin, die zwar ihre Augen auf ihn gerichtet hatte, aber einen Ort ‚oder eine Erinnerung ...‘ weit hinter ihm fixiert hatte. „Es ist alles in Ordnung, Dienerin.“ brummte Meister Yoru, der mit Vornamen Saljé hieß und schlug das Laken zur Seite mit dem er sich zugedeckt hatte. Er hatte sein Dienstmädchen zur gleichen Zeit entdeckt wie sie. Ihr Wille war schwach gewesen und ihr Meer aus Erinnerungen und Gefühlen glich eher einer trockenen Wüste, sodass sie kaum als Nahrung in Frage kam, aber so leicht ihr Wille gebrochen werden konnte, so leicht war sie auch zu kontrollieren und es kostete Saljé nicht viel Anstrengung die Twi’lek als seine willenlose Dienerin anzunehmen. Er bereute nichts. Immerhin hatte sie ein besseres Leben als in den unteren Ebenen, wo er sie gefunden hatte und außerdem kümmerte es ihn wenig was Wesen fühlten oder dachten, die nicht in sein Beuteschema passten. Er stand auf und lief nackt zu seinem Kleiderschrank in dem noch die Kleidung im Stil von vor 500 Jahren hing. Yoru fiel damit auf, ein weiterer Grund warum seine Artgenossen ihn als sonderbar titulierten, denn ein auffälliger Jäger war ein schlechter Jäger, doch Saljé konnte auf diese edle, schicke Kleidung mit den ganzen Verzierungen nicht verzichten. Es verstärkte seinen Reiz auf seine Beute und viele humanoide Frauen sprachen ihn freiwillig an, weil er kultiviert und gesittet auf sie wirkte: Ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. ‚Vergangen ... das wirst du auch bald sein, wenn er dich gefunden hat ...‘ Wieder tauchte diese ach so vertraute Stimme auf und drohte ihm. Erneutes Frösteln. Er richtete sich gerade seinen Kragen zurecht und befestigte Stoffschmuck daran, als er sich an seine blauhäutige Untergebene wandte: „Bereite alles vor. Ich gedenke zu speisen.“ Sein Blick war weiterhin starr in den Spiegel gerichtet, als er das Stück Stoff um seinen Hals in verschiedene komplizierte Knoten zwang. Der alte Mann bekam dabei nicht mit, wie sich die Twi'lek tief vor ihm verbeugte und dabei rückwärts sein Zimmer verließ, um alles für sein Mahl vorzubereiten. Gemessenen Schrittes, würdiger als es heutige Adelige je sein würden, verließ er sein Schlafgemach und ging in Richtung Speisesaal. Der Saal war riesig und erinnerte in seiner Ausstattung an die Herrschersäle von Naboo, Alderaan oder Serenno: Eine größere hölzerne Tafel, umsäumt von gepolsterten Stühlen und beleuchtet von einem Kronleuchter, der flackernde Schatten durch den gesamten Raum warf. Der Tisch war für zwei Personen gedeckt, auch wenn er mindestens für die zehnfache Menge Platz gehabt hätte. Er setzte sich auf seinen Platz und blickte seinem ‚Gast‘ in die Augen. Ihr Blick war trotzig, ungebrochen, konnte aber die Torturen und Qualen der letzten Tage nicht verbergen. Sie war allein in Kälte und Dunkelheit gewesen. Doch das war noch nicht alles was sie erleiden musste. Sie musste miterleben, wie ihre Freundin - seine jetztige Dienerin - gebrochen und unterworfen wurde und sie musste die Qualen erleiden, wenn er, Saljé Yoru, sich an ihrer ‚Suppe‘ labte, ihr ‚Meer der Erinnerungen‘ trank und seines damit füllte. Er hatte noch nie einen so nahrhaften Menschen als Beute gehabt und war überrascht, dass sie so lange durchgehalten hatte und, dass sie sogar stellenweise seiner Gedankenkontrolle widerstehen konnte. ‚Du überschätzt dich, alter Mann‘, säuselte eine liebliche Stimme in sein Ohr, doch es stand niemand neben ihm, ‚du solltest sie gehen lassen, noch ist nichts verloren ...‘. Er schnaubte unwillkürlich und verzog sein Gesicht, als er Begann das gebratene Stück Fleisch vor ihm zu schneiden. Auch seine Beute, sein Hauptgang, würde Essen bekommen, immerhin war Hunger eine der Empfindungen, die seinen Hunger nicht stillen konnte und dieser Hunger, dieser Appetit war groß und je mehr er aß umso größer wurde er. ‚Er wird dich finden ...‘ heulte diesmal ein anderer Dämon in sein Ohr und ihm schauderte. Hatte er dort einen Schemen am Rand seines Blickfeldes gesehen? Das junge Mädchen, das ihm gegenüber saß wollte nicht essen. Wehrte sich gegen seine manipulative Gedankenkontrolle. Er blickte sie nur streng an und sagte ein Wort: „Iss.“ Er spürte wie ihr Wille unter seiner Kontrolle erneut zu zerbrechen drohte, doch es war ein harter Kampf und kostete all seine Mühen. Er merkte nicht wie der Blick seiner Dienerin klarer, kräftiger wurde, doch ehe er auch über sie die Kontrolle verlieren würde, fixierte er all seine Kraft und zerschmetterte den letzten gedanklichen Widerstand im Geiste seiner Beute. Der Blick der Twi‘lek wurde wieder glasiger und ihre Freundin - seine Beute - zuckte wimmernd in ihrem Stuhl zusammen und begann gehorsam ihre Mahlzeit zu sich zu nehmen. Das Essen verlief ohne weitere Vorfälle und das blauhäutige Mädchen stand unterwürfig und auf Abruf bereit neben ihrem Meister. Sie räumte nachdem beide aufgegessen hatten das Geschirr ab und Saljé erhob sich, nachdem er in die Hände geklatscht hatte. Eine Armee an Droiden, die schon seit einigen Jahrhunderten nicht mehr produziert wurden, kam aus von Vorhängen verdeckten Nischen des Saals und räumten Tisch und Stühle beiseite. Der alte Jäger ging langsam auf seine Beute zu und hielt ihr in erwartungsvoller Geste die Hände entgegen, er lächelte. Er spürte den Widerstand in ihrem Geist, ihre Furcht und ihre Abscheu. Aber es half alles nichts. Je näher er ihr kam, desto mehr Macht konnte er über sie ausüben und desto stärker wurde seine geistige Kontrolle. Sie war verloren. ‚Genau wie du, denn er wird dich finden.‘ Saljé lächelte in dem Wissen, dass bald die Stimmen verstummen würden, nicht für immer, aber gewiss für einige Zeit. Im Hintergrund setzte langsame Musik ein, er griff nach ihr und nahm mit ihr eine Tanzhaltung ein. Diesmal würde es ein alter, alderaanischer Walzer sein. Erneut lächelte der alte Mann. ‚Ein zivilisierter Tanz, aus besseren Zeiten ...‘. Er blickte seiner Beute tief in die Augen und machte ihr glauben, dass er der Mann sei, auf den sie so lange wartete. Saljé wollte, dass sie glücklich sei, zumindest für diesen Tanz, denn nur so würde er satt werden. Er drehte sie, tanzte mit ihr, sie lächelte, ihr Widerstand schmolz dahin und auf diesen Moment hatte der alte Anzati gewartet. Seine Nasententakel schossen aus seinen verstecken Gesichtstaschen und drangen in ihre Nasenlöcher ein. Er würde nun eine weitere Erinnerung zu sich nehmen und Revue passieren lassen. Sie schrie auf, ...


„Ihr habt was getan?! Wie konntet ihr das tun?“ Zannah stapfte wild und unbeherrscht in ihrem Zuhause hin und her. Seit Arkon weg war und niemand aus der gemeinsamen Gruppe etwas dagegen getan hatte, waren nur 30 Minuten vergangen, es war kein Grund dazu, dass sich hier irgendjemand Sorgen würde. Arkon würde schon zurückkehren, dass hatte er bisher immer getan, aber Zannah war außer sich vor Wut. Niemand konnte erklären warum, denn Arkon hatte sich schon aus Schlimmeren befreit.


„Jetzt beruhige dich doch! Er wird schon wieder auftauchen,“ meinte Jacek nur und Zannah wusste insgeheim auch, dass dieser Recht hatte und war auch kurz davor sich zu beruhigen, doch Aayla hatte etwas dagegen und musste unbedingt noch nachtreten: „Deinem strahlenden Helden wird schon nichts passieren ...“, die Twi’lek verdrehte gespielt genervt die Augen und Zannah rutschte die Hand aus und hinterließ einen großen Abdruck auf Aaylas Wange. „Wenn dein Bettvorlegerfreund besser auf ihn aufgepasst hätte, wäre das alles nicht passiert“, giftete Arkons Freundin zurück. Ihre Augen blitzten herausfordernd und Rowroar konnte nur ein schwaches protestierendes Knurren als Antwort geben. „Arkon hat Rowroar befohlen, dass er gehen soll. Er hat sich bisher noch nie geirrt, woher hätten wir wissen sollen, dass jetzt sowas schiefgeht?“ meinte Aayla kühl ohne auf die Provokation der Menschenfrau einzugehen.


„Arkon wird zurückkommen“, stimmte Joss mehr ängstlich als hoffnungsvoll mit in die Diskussion ein, „auch wenn es länger dauern wird, er wird kommen und dann wird wieder alles gut sein und vielleicht bringt er sogar Essen oder Geld mit.“


Zannah begann wild zu gestikulieren und sprach dann laut weiter: „Wie sollen wir denn ohne ihn überleben? Ohne seine Vorahnungen wird es uns wieder so beschissen gehen wie früher ...“ Sie wurde still. Jeder, der sie kannte konnte die Trauer in ihren Augen sehen. Und jedem aus der Gruppe war auch klar, dass Zannah nicht deswegen aufgebracht war. Sie liebte Arkon und hatte Angst um ihn, aber das konnte sie nicht offen sagen - auch wenn es jeder wusste. Alles in den unteren Ebenen war vergänglich und hielt nicht lange, dass das zwischen Arkon und Zannah so beständig gewesen war, glich einem Wunder. Zu schön um wahr zu sein und nun hatte die grausame Wirklichkeit Zannah eingeholt und die unteren Ebenen zeigten ihr nun, dass niemand die Gesetze, die hier herrschten austricksen konnte. Jacek ging auf Zannah zu und legte beruhigend einen Arm um sie. Er sprach dabei sanft auf sie ein: „Beruhige dich, Zannah. Er wird zurückkommen und wenn es nicht heute ist, dann wird es morgen sein.“ Er blickte zuversichtlich in ihre traurigen Augen und sie hoffte, dass er Recht hatte.


Doch dem war nicht so. Es vergingen Tage und Arkon kam nicht wieder. Die Stimmung in der Gruppe wurde kühler, auch wenn es zu weniger Streitereien kam, hatte sich ein Riss gebildet, der nicht mehr zu kitten war. Zannah zog sich immer weiter zurück und Aayla distanzierte sich auch immer mehr vom Rest. Rowroar traf es gewissermaßen am härtesten, immerhin gab er sich die Hauptschuld an Arkons Verschwinden, doch konnte er aufgrund seiner Lebensschuld gegenüber der Twi'lek das nicht offen zugeben und hatte sich dazu entschlossen nur noch zu schweigen. Die Nächte waren für Zannah am schlimmsten, fand sie doch kaum Schlaf und begann im Schlaf zu reden. Zwei Tage später kam es erneut zu einem heftigen Streit zwischen Aayla und ihr. Diesmal mischten sich Joss und sein Bruder Jacek nicht ein und hielten sich vornehm zurück. Es fielen viele böse Worte und verletzten Aayla so stark, dass sie kurze Zeit darauf wütend die Gruppe verließ und in den unteren Ebenen verschwand.

Überrascht blieb Zannah zurück und brauchte erst einige Zeit um sich zu sammeln, ehe sie sich selbst überwand und versuchte Aayla zu folgen. ‚Nicht noch ein Gruppenmitglied weniger!‘ Es war schwierig und Zannah folgte eher ihrem Bauchgefühl, als dass sie wusste wohin Aayla verschwunden war. Doch kurze Zeit darauf fand sie sie, wie sie am Boden lag und ein großer, gut gebauter Mann verwirrt über ihr stand. Er trug antike Kleidung und hatte ein sehr vornehmes Aussehen. Sie näherte sich Aayla und dem Mann vorsichtig und beobachtete beide zurückhaltend. Der alte Mann lächelte vornehm als er dem blauhäutigen Mädchen hochhalf. „Meine Dame, es tut mir furchtbar leid, dass ich euch übersehen habe.“ Die Twi’lek lächelte unbeholfen zurück und ihr Blick traf kurz den von Zannah, als sie dem Mann entgegnete: „Die Schuld liegt ganz an mir, immerhin war ich genauso in Gedanken wie ihr.“ Erneut umspielte ein Lächeln die Lippen des Mannes, das bei Zannah ein Frösteln auslöste. Nichtsdestotrotz näherte sich dem älteren Herr, er faszinierte sie, schien er doch wie aus einer anderen Zeit. „Wenn ich mich Ihnen vorstellen darf, Saljé Yoru, zu Diensten. Und wer seid ihr, holde Maid?“ Zannah unterdrückte ein Lachen, so sprach doch heute niemand mehr? Was ein komischer Kauz! „Aayla ...“ stammelte die blauhäutige Twi’lek wie von Sinnen und ihr Blick wurde glasig, ehe er Zannahs Augen streifte, Saljés Blick folgte ihrem und fand schließlich Zannah, die wie vom Blitz getroffen sich nicht mehr rühren konnte. Ihre Augen blickten in die seinen und verloren sich dort. Sie hörte eine weitere Frage, diesmal nach ihrem Namen und Zannah ...


... versuchte dagegen anzukämpfen, wehrte sich. Doch es war vergebens. Er war stärker als sie, hielt sie fest in seinen Armen als seine Tentakel zu pulsieren begannen und ihn mit dem einzigen versorgten, dass ihn am Leben erhalten konnte. Er sog jede ihrer Erinnerungen ein und als er mitbekam, dass sie ihn schon in ihren Erinnerungen getroffen hatte, wusste er, dass seine Beute ihm nichts mehr Neues geben würde. Er hatte sie wie eine safthaltige Frucht ausgepresst und ließ nun ihren seelenlosen Körper wie eine Schale auf den Boden fallen. Doch eine Sache hatte er der alte Anzati in seiner Gier übersehen. Ihre Hoffnung, an die sie sich so lange geklammert hatte, und so schaffte es Zannah noch einen Satz auszusprechen, mit dem sie gleichsam ihren letzten Lebensatem entweichen ließ: „Er wird dich finden und dann bist du die Beute ...“ Fassungslos blickte der alte Mann auf Zannah hinab. ‚Er wird dich finden...‘ hallte es in seinem Kopf wieder und da erinnerte er sich an die Stimme von heute Morgen. Sie klang genauso wie Zannah eben geklungen hatte. Er hatte nicht bemerkt, dass sie vor Liebeskummer dem Wahnsinn nahe gewesen war und diesen Wahnsinn hatte er nun offenbar in sich aufgenommen ...
 
Wie du mir, so ich dir
Tenia im Alter von 16 Jahren

Oh, sie hatte die Nase gestrichen voll und heute würde der Tag sein, an dem sie beweisen würde, dass sie besser war als die anderen. Nicht nur besser, sondern viel besser. Sie mochten groß sein, wie Nullianer zu sein hatten, aber ihre Gehirne? Waren so verkümmert wie Tenias verfluchte Körpergröße. Und heute würde sie ihnen zeigen, dass sie klüger und besser war. Ohnehin, ihre Reflexe waren viel besser ausgeprägt als die von Zulia und das war nur einer von vielen Unterschieden. An dieser Hexe war bloß die Hässlichkeit ausgeprägt, aber diese würde sie das Rennen um den Platz in ihrer ach so tollen Schule nicht gewinnen lassen. Der Rest? Auch mit den anderen würde sie es locker aufnehmen, früher oder später. Sie war eine Lumiran, eine Jägerin und die anderen damit ihre perfekte Beute. Nicht, dass Tenia jemals stolz auf das Jagen gewesen wäre, aber heute war sie es. Denn diese kleine, aber feine Tatsache war, in Bezug auf das, was sie vorhatte, besonders nützlich.
Ihre Eltern waren nicht da, viel mehr, war das halbe Dorf nicht da, denn sie feierten eines dieser überaus traditionsreichen Feste, bei dem der erfolgreichste Jäger gekürt wurde. Innerlich verdrehte Tenia die Augen, aber genau das war ihre Chance. Nullianer auf einem Fest, leerstehende Gebäude und die wunderbare Tatsache, dass Tenia Jagen hasste, Architektur hingegen nicht. Und für was waren Nullianer bekannt? Dafür, dass es ausreichte, einen einzigen Stein, aus gewissen Mauern zu ziehen, um diese zum Einsturz zu bringen. Schlüsselsteine. Einen Waldbrand konnte sie kaum auslösen, auch wenn Tenia schon daran gedacht hatte. Aber die eine oder andere Mauer zum Einsturz zu bringen, das konnte sie durchaus bringen, ohne jemanden unmittelbar in Gefahr zu bringen. Persönliches Pech eben, wenn ein Gebäude nicht stabil genug gebaut worden war.


Nach eineinhalb Stunden war Tenia an ihrem Ziel angekommen. Das Haus von Zulias Eltern. Zugegeben, die beiden hatten nichts mit dem Streit ihrer Tochter und Tenia zu tun, aber das war zweitranig. Außerdem konnte man, wenn man es genau wollte, sehr wohl auch eine Schuld der Eltern sehen. Wenn diese nämlich etwas besser auf die Erziehung ihrer hässlichen Tochter geachtet hätten, wäre diese sehr wahrscheinlich heute anders. Es gab eben einfach Nullianer, die innerlich und äußerlich nichts hergaben. Zulia. Sie mochte das Jagen auch nicht, dafür liebte sie Architektur umso mehr und das ständige Steine tragen sah man dieser Gesichtsbaracke auch an. An ihr war nichts, aber auch gar nichts weiblich. Dick sahen schon Männer fürchterlich aus. Aber Frauen und ganz speziell Zulia? Tja, man konnte eben nicht alles haben und bald würde diese dumme Tante noch weniger haben. Sie hatte Zulia lange genug beobachtet, als diese ihre Skulptur in der kleinen Scheune im Garten gebaut hatte. Die Andere hatte Stunden damit verbracht und wenn Tenia ganz ehrlich war, war diese Skulptur sogar schön. Aber die Nullianer war nicht ganz ehrlich und würde diese Tatsache sicher nicht zugeben. Nicht, nachdem Zulia sie vor und mit der ganzen Klasse ausgelacht hatte. Es war ein Leichtes in den Garten und die Scheune zu kommen. Ein einfacher Holzzaun, die treue nullianische Lebensart, Türen nicht wirklich zu verschließen. Das war geradezu eine offene Einladung, eine Rechtfertigung sondergleichen die Scheune zu betreten. Im Haus nebenan war niemand. Tenia musste sich nicht einmal vergewissern, sie wusste es. Zulia traute sich schließlich nicht, ihren Eltern die Stirn zu bieten und sie alleine auf das dämliche Fest gehen zu lassen. Außerdem spürte sie irgendwie, dass niemand da war. Jägerinstinkt? Vielleicht.

Die Skulptur war groß und hatte Stunden gekostet, Zulia hatte die Skizzen davon herum gezeigt, viel eher hatte sie damit angegeben. Ihr großes Projekt. Ihr großes Vorhaben. Ihr Schlüssel, um irgendwo an einer Schule aufgenommen zu werden, um am Ende in der Galaxis herumzureisen und Häuser zu bauen. Was für eine dumme Gans. Als wären Außenweltler an nullianischer Kunst interessiert. Menschen bauten ihre Häuser vor allem aus hässlichen Materialien, die mit der Natur in etwa so viel zu tun hatte, wie Tenia mit dem Jagen. Als wäre irgendeine Großstadt daran interessiert, ein Haus zu bauen. Oder sich eine Skulptur ins Haus zu stellen.
„Wir werden sehen, wer diesmal den längeren Atmen beim Lachen hat,“ erklärte Tenia und betrachtete beinahe liebevoll die Skulptur.
Ich hab dich davor gewarnt, dich nicht mit mir anzulegen. Aber leider, leider hast du das sehr gekonnt ignoriert.“ Sie strich über die Skulptur, äußerst vorsichtig und spürte die kalten, glatten Steine. Sie hätte Gesichtsbaracke nicht einmal durch das Fesnter beobachten müssen, um zu wissen, welcher Stein, oder besser welche Steine sie entfernen musste, um das Gebilde zum Einsturz zu bringen. Nullianer beherrschten es, Dinge zu bauen, ohne Kleber, Mörtel oder anderes Zeug zu benutzen. Wie schade für diese Skulptur. Wie schade, dass Zulia nicht richtig aufgepasst hatte in Architektut. Ja, wirkluc, wie schade, dass dieses Ding kaputt gehen würde, nur weil Zulia eben Zulia war und sich mit ihr, Tenia Lumiran angelegt hatte! Der erste Stein, an dem Tenia zog, bewegte beinahe nichts. Aber gleich den richtigen zu ziehen? Sicher nicht. Tenia wollte sehen, wie dieses Teil nach und nach in sich zusammen fiel. Dabei musste sie nicht den Stein ziehen, der alles sofort zum Einsturz brachte. Das machte man beim Spiel ‚Wackelturm‘ eben auch nicht. Also zog Tenia Stein für Stein und beobachtete dabei mit Genugtuung, wie sich die Skulptur veränderte, wie sie von ihrer Kunst verlor und wie sie, am Ende schlicht und wenig ergreifend in sich zusammen fiel. Wie überaus schade.

Das Geräusch des Zusammenfalls blieb den ganzen Weg über in den Ohren der Nullianerin und konnte sie sagen, dass sie genau das erneut mit Genugtuung erfüllte? Der Zusammensturz gegen das Lachen? Ausgleichende Gerechtigkeit und die fühlte sich wirklich gut an. Aber besser würde sich anfühlen, Zulias Gesicht zu sehen.


~~


An diesem Morgen ging Tenia mit freudvoller Erwartung in die Schule, es blieb nur zu hoffen, dass Zulia auch kommen würde. Und sie kam. Zwei Stunden zu spät, mit roten Augen und passend, auf der Mädchentoilette gerade dabei, sich das Gesicht zu waschen. Allein. Ohne ihre Freundinnen und die waren auch eher rar gesät. Nach gestern vielleicht nicht mehr ganz, aber ein Loser stieg nur kurz in der Gunst der anderen auf, wenn er einen noch weniger beliebten andern ‚Looser‘ fertig machen wollte.
„Du solltest es statt Waschen, mit Schminken probieren, das kann eher helfen. Oder du nimmst einfach eine große Tüte? Verdeckt auch rote Augen.“ Tenia gab sich Mühe, ihr süßestes Lächeln aufzusetzen und Zulia mit eben jenem anzustarren. „Oder heulst du, weil du diese beiden Optionen vergessen hast?“ Hatte die andere, deutlich größere Nullianerin sich eben vielleicht beruhigt gehabt, lösten Tenias Worte das Gegenteil aus. Sie begann erneut zu Schkluchzen und zu zittern und da sah Tenia kurz weg, als sie für einen winzigen Augenblick einen Stich verspürte. Bloß… bloß war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt Mitleid zu bekommen. Sie hatte das verdient! Gestern Morgen hatte Zulia sie zum Gespött er Klasse gemacht. Jetzt war Zulia nur ihrem Spott ausgesetzt. Und dem Problem ihrer kaputten Figur. ‚Lass mich einfach in Ruhe, Tenia…‘, bekam die andere nicht ohne zu Stottern aus ihrem Mund.

„Hat dich etwa dein Freund verlassen? Oh warte kurz,“ Tenia tippte sich an die Stirn, als sei sie gerade erst wieder darauf gekommen, „jemand der aussieht wie du, hat ja gar keinen.“ Auf Kommando Weinen war nie ein Problem gewesen und gerade bewies Tenia, dass sie auch auf Kommando Lachen konnte. Gehässig und sie sah, dass sie Zulia damit traf. Der kurze Stich von eben war vergessen, verdrängt von etwas ganz anderem. Sie hatte Zulia getroffen. Das sah sie und das… brachte Tenia dazu zu Grinsen.
„Vielleicht sind an deiner neuen Schule ja auch so Leute wie du und du fällst nicht mehr auf. Hässliche Fratze, hässliche Skulptur, eigentlich ein Jammer, dass ich nicht sehen kann, wie du sie dort voller Stolz präsentierst. Den anderen wird bestimmt alles aus den Augen fallen, wenn sie euch beide sehen…“ Fallen, Skulptur. Zwei Worte, die Zulia den Rest gaben und dafür sorgten, dass sie am Waschbecken weinend zusammenbrach.
„Leg dich nie wieder mit mir an,“ schickte Tenia an ihre Klassenkameradin. „Denn Hochmut kommt, wer hätte das gedacht, vor dem Fall.“ Sie knüllte das Papier, mit dem sie sich zuvor die Hände abgetrocknet hatte zusammen, warf es geradewegs auf ihre neue Feindin und verließ dann mit siegessicherem Lächeln und erhobenem Kopf die Mädchentoilette.
 
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Ein produktives Verhältnis

Zwei Jahr zuvor (Etara im Alter von 24 Jahren)

Tarhassan


Das Banthasteak war genau richtig, saftig und würzig auf eine Art, die Etaras Geschmacksnerven intensiv stimulierte, sie aber nicht überreizte. Genüsslich kaute die junge Chiss und versuchte, den Genuss in allen Aspekten zu erfassen und zu erleben, jedes Detail, jeden Teil des Geschmacks. Sich gutes Essen auf der Zunge zergehen zu lassen zählte ohne Zweifel zu den Vergnügen, die von der Schmugglerin am meisten geschätzt wurden. Wer auf dem Schmugglermond aufgewachsen war und des öfteren von dem undefinierten Brei hatte kosten müssen, der dort als Nahrung verkauft wurde, lernte kulinarische Freuden aller Art rasch zu schätzen. Natürlich konnte man auch auf Nar Shaddaa anständige Speisen finden, wenn man genügend Credits auf den Tisch legte gab es Meisterköche der verschiedensten Spezies, die so ziemlich jeden noch so ausgefallenen Wunsch befriedigten. Der Gedanke an die sündhaft teuren Dinge, die man auf dem dicht bevölkerten Mond, der manchmal auch „Kleines Coruscant“ genannt wurde, erwerben konnte, ließ die hübsche Blauhäutige grinsen. Sie musste unbedingt bald mal wieder die Einkaufsstraßen dort unsicher machen und sich etwas gönnen, Ersatzteile für ihr Schiff, neue Kleider, vielleicht einen verzierten Blaster, um richtig Eindruck zu schinden, das war auf jeden Fall reizvoll. Reizvoll war ein gutes Stichwort, denn ein Besuch im Rotlichtviertel durfte natürlich nicht fehlen. Wie ging noch gleich der Spruch? „Man hat Gewürze nie richtig konsumiert, bis man sie von den Oberschenkeln der besten Callgirls von Nar Shaddaa gezogen hat.“ Die darin zum Ausdruck gebrachte Haltung fand Etara im höchsten Sinne sympathisch und sie ein angenehmes Kribbeln jagte über ihre Haut, bis ein leises Räuspern sie aus ihren Vorstellungen riss und sie daran erinnerte, dass sie das dafür notwendige Geld erst einmal auftreiben musste. Also hob die Chiss ihren Kopf und lächelte kokett, als ihre roten Augen die ihres Gesprächspartners fanden, ihr gegenüber saß ein schlanker, hochgewachsener Mensch, der einen eleganten Anzug trug, sein braunes Haar war adrett kurz geschnitten und bildete eine interessante Ergänzung zu seinen dunklen, beinah schwarzen Augen. Als Reaktion auf ihre Rückkehr in die Realität zupfte ein schmales Grinsen an den Mundwinkeln des Mannes und er tippte mit seiner Serviette an seinen kurzen, gepflegten Bart. Als er sprach, klang seine tiefe, befehlsgewohnte Stimme geradezu hypnotisierend.


„Das Steak ist wirklich ausgezeichnet, nicht wahr? Es wird von Agamar importiert, angeblich verdankt es seinen besonderen Geschmack der rauen Umgebung dieser Welt. Nicht leicht, da ranzukommen, es gibt eine strenge Exportquote. Aber...wir beide wissen ja, wie die Dinge wirklich laufen. Wenn genügend Leute etwas wirklich wollen, dann bekommen sie es auch.“

Mit einem belustigtem Lachen lehnte sich Urak Deravaine, seines Zeichens stellvertretender Leiter der Imperialen Zollbehörde von Tarhassan, ein wenig zurück und Etara gönnte sich einen weiteren Bissen, bevor sie zustimmend nickte. Ihr Gastgeber scheute keine Mühen, um sie zu verwöhnen, dafür sprach allein schon der Ort, an dem sie sich befanden. Etara und der Mensch saßen in einem stilvoll eingerichtetem Separee im „Velvet Dragon“, einem der besten Restaurants von Tarhassan. Hier einen Platz zu bekommen war für Normalsterbliche ein Ding der Unmöglichkeit und es sprach für Deravaines Einfluss, dass es ihm dennoch gelungen war. Diskret und mit geradezu unterwürfiger Höflichkeit hatte man den Beamten und seine in ein atemberaubendes schwarzes Kleid, dessen sparsamer Stoff gerade noch genug der Fantasie überließ, gehüllte Begleiterin über den Seiteneingang ungesehen in das Separee gebracht und ein wahres Festmahl aufgetischt, exotische Früchte aller Art gaben sich ein Stelldichein mit exzellentem Steak und einem vorzüglichen alderaanischen Wein. Etara bevorzugte härteren Stoff, fand den Geschmack und die leichte Röte auf ihren Wangen aber dennoch sehr angenehm. Es gab definitiv schlimmere Orte, um geschäftliches zu besprechen, denn auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen mochte, war das hier kein romantisches Dinner, sondern eine Verhandlung. Urak Deravaine war die Spinne im Zentrum eines Netzes von korrupten imperialen Zollbeamten, Frachterpiloten, Transportunternehmen und Sicherheitsdiensten auf dieser Welt, er organisierte meisterhaft die geheime Anlieferung von begehrten, aber verbotenen oder schwer zu bekommenden Waren, von seltsamen Tieren über gestohlene Kunstwerke bis hin zu illegalen Disruptoren und hochwertigem Gewürz aus den Minen von Kessel. Eine beeindruckende Operation, die er laut ehrfürchtigem Flüstern mit einer Mischung aus Charisma, Diskretion und wenn nötig größter Brutalität am Laufen hielt. Etara war von einer alten Freundin auf die Gelegenheiten hier auf Tarhassan hingewiesen worden, ihr Faible für weibliche Twi´leks hatte sich wieder einmal bezahlt gemacht. Deravaine war ein angenehmer Geschäftspartner, höflich, kultiviert und stets pünktlich und zuverlässig zahlend, was für die Blauhäutige am wichtigsten war. Dieses Treffen verdankte sie der erfolgreichen Lieferung von zehn Kisten chagrianischer Statuen, die sie direkt unter der Nase des Imperialen Zolls eingeschleust hatte, dieser Triumph hatte Deravaine auf sie aufmerksam gemacht und nun hatte er sie eingeladen, um weitere Gelegenheiten zu besprechen. Etara schmunzelte, legte den Kopf schief und betrachtete prüfend den Anzug ihres Gegenübers, ihre roten Augen funkelten amüsiert und ihre sanfte Stimme klang spielerisch und neckend.


„Erstaunlich, was man sich von einem Gehalt als imperialer Zollbeamter alles leisten kann. Serenno-Seide, richtig? Man sagt, sie liege perfekt an der Haut.“


Stolz nickte Deravaine und Etara gönnte sich einen Schluck Wein, wobei sie über den Rand ihres Glases den attraktiven Menschen mit eindeutigen Blicken bedachte, Blicke, die als sie erwidert wurden ein sanftes Ziehen mit sich brachten, die Chiss verharrte mit leicht geöffnetem Mund und erfreute sich an der Aussicht. Man musste ihr zugute halten, dass sie sich nicht aus dem Konzept bringen ließ und es ans geschäftliche ging war sie professionell und konzentriert, sie feilschte geschickt um zusätzliche Credits für die nächste Lieferung. Ungezwungen und ohne Sorge plauderten die beiden Kriminellen über ihre Taten, Deravaine hatte die Besitzer des Restaurants fest in der Hand und auf seiner Gehaltsliste standen einige der lokalen Polizisten und, so hieß es zumindest, auch jemand bei dem für die Welt zuständigen Büro der Sector Ranger. Sie waren sicher, so sicher man in diesem Gewerbe jedenfalls sein konnte, und das war ungemein entspannend. Nachdem sie das Geschäft hinter sich gebracht hatten, konnten sie sich endlich ungeteilt ihrer gegenseitigen Anziehung widmen und ein mehr oder weniger subtiles Spiel begann, verheißungsvolles Lächeln, mit Leidenschaft betriebener Augenkontakt, das Spiel mit den Haaren und das Streichen über den Handrücken. Etara widmete sich diesem Spiel mit Wonne und schaffte es sogar, Deravaine aus dem Konzept zu bringen, als sie wagemutig einen ihrer Schuhe auszog und sich mit der Fußsohle sanft, aber bestimmt sein rechtes Bein hocharbeitete. Auf einmal hatte es der Zollbeamte sehr, sehr eilig, zu bezahlen und das Restaurant mit ihr zu verlassen, die Chiss verkniff sich ein breites Grinsen. Als er die Creditchips auf den Tisch legte, fiel in seiner Hektik ein Bild aus seinem Portmonee und Etara warf einen neugierigen Blick darauf. Eine blonde Frau Anfang dreißig, die ein wenig schüchtern in die Kamera lächelte. Man musste kein Genie sein um zu vermuten, wer das sein könnte und Etara tippte auf das Feld
.

„Deine Frau, huh? Niedlich, hat einen gewissen Mauerblümchen-Charme.“


Als Reaktion zuckte Deravaine mit den Schultern und nahm das Bild wieder an sich, der Beamte schien kein Problem zu habe und verstaute sein Portmonee, bevor er zu einer Antwort ansetzte.


„Zweckheirat. Für einen imperialen Beamten gehört es sich, ein anständiges Privatleben zu führen und sie ist eigentlich ganz nett, aber furchtbar langweilig. Stammt aus einer recht strengen Loyalistenfamilie, allesamt stramm imperial. Nicht wirklich mein Typ.“

Etara nickte verstehend und grinste frech, sie strich sich nachdenklich über den Hals.


„Vielleicht hättest Du sie mitbringen sollen, ich wette, ich könnte ein wenig...Pepp in eure Beziehung bringen.“


Nun lachte Deravaine und schüttelte amüsiert den Kopf, seinen Augen hatten einen hungrigen Ausdruck, als er Etara musterte.


„Eine Frau und eine Nichtmenschin? Ich glaube, sie würde schreiend davonlaufen, wenn Du auch nur in ihre Nähe kämst. Und außerdem...will ich Dich ganz für mich.“

Damit konnte die hübsche Blauhäutige leben, sie stand auf und ließ sich von dem Beamten zu dem wartenden Speeder bringen, auf dessen Rückbank sie sich an den Menschen schmiegte und ihn gierig küsste, als sie bei einer seiner Zweitwohnungen ankamen waren ihre Haare bereits ganz zersaust und ihr Kleid von den Schultern gerutscht. In einer innigen Umarmung vereint taumelten die beiden Verbrecher zu Tür hin und entledigen sich auf dem Weg zum Bett so stürmisch ihrer Kleidung, dass Etara fürchtete, der schöne Anzug und ihr elegantes Kleid würden bald ersetzt werden müssen, aber nur einen Augenblick später ihr das egal. Einfach alles an Deravaine gefiel ihr, der Geruch seines Rasierwassers, das leichte Kitzeln seines Barts, wenn er sie stürmisch küsste, die entschlossene Art, wie er sie aufs Bett warf, sein Geschick, als er ihre blaue Haut liebkoste. Der korrupte Zöllner war ein exzellenter Liebhaber, der genau wusste, wann er grob und wann sanft zu sein hatte, und in seinen Armen kam Etara schwer atmend und von süßen Qualen gepeinigt zu dem Schluss, dass man Vergnügen und Geschäft sehr wohl verbinden konnte. Sehr wohl konnte man das, das Ergebnis war eine...produktive Partnerschaft.
 
Ich hasse Euch
(Tenia mit 16)

Sie hasste ihn, egal ob es angebracht war oder nicht, sie hasste ihn und als Tenia Arlon anstarrte, lag offene Feindseligkeit in ihrem Blick. Sie hasste alles an ihm. Seine Größe, seinen Namen, seine Art, sein Aussehen, einfach alles und sie wünschte ihm die Pest an den Hals.
‚Ich hab dir etwas mitgebracht, Zwerg‘, lachte er und stellte einen Bock, der tatsächlich perfekt für die kleinwüchsige Nullianerin geeignet wäre, vor die Nase. ‚Damit du in Sport auch mal was hinbekommst. Kleine Hürden, für kleine Zwerge. Eine Faire Chance wolltest du doch.‘ Arlon lachte und wie so oft, lachte die halbe Klasse mit, vor allem heute, da sie sich selbst im Sportunterricht beschäftigen mussten und die Aufsicht nur unregelmäßig kam, um nach dem Rechten zu schauen. Arlon schließlich war der Supersportler und Vertrauensschüler und die dummen Lehrer glaubten doch tatsächlich, dass er für diesen Posten auch etwas taugte.
Ich brauche deine blödes faires Teil nicht,“ kam die entsprechende Antwort und sie alle, jeder einzelne wussten, dass das nicht der Wahrheit entsprach. Die Sporthalle war nicht dafür ausgerichtet, Kleinwüchsigen irgendwelche Annehmlichkeiten zu verschaffen. Alles war zu groß, viel zu groß, zu hoch und völlig ungeeignet für Tenia, die mehr als 60 Zentimeter kleiner war, als die kleinste Nullianerin in der Klasse. ‚Nicht‘?, hakte Arlon nach und deutete auf einen Bock der die richtige, nullianische Größe hatte. ‚Dann spring doch über den Bock da hinten.‘ Sie hatte es noch kein einziges Mal geschafft und bei den Wäldern Nulls, sie hatte geübt, sie hatte unzählige blaue Flecke davon getragen, als sie im Wald wieder und wieder versucht hatte, über Hindernisse zu springen. Jedes Mal war sie gescheitert. Trotzdem folgte Tenia Arlons Blick, verschränkte die Arme vor der Brust. „Spring selber, Arschloch.“ Tenia hätte sich denken können, dass diese Worte nichts bewirken würden und wie oft hatte sie schon gehört, dass es viel, viel klüger sei, solche Kommentare einfach zu ignorieren? Natürlich. Weil Ignoranz auch etwas brachte. Natürlich, bisher hatte das auch immer etwas gebracht. ‚Komm schon, gib doch einfach zu, dass du es nicht kannst. Wärst du mal so groß wie dein Ego, wär alles einfacher, was?‘ Die anderen lachten erneut und heizten damit Tenias Wut an. „Lass mich in Ruhe“, kam so unfreundlich wie eben. ‚Sonst was? Schlägst du mich?‘ Arlon beugte sich zu Tenia herunter, gab ihr die perfekte Gelegenheit, ihm eine Ohrfeige zu geben, denn so kam sie wirklich an sein Gesicht heran. Sie musste bloß ausholen, schnell genug sein und mit aller Kraft zuschlagen. Im besten Fall fehlte ihm am Ende ein Zahn, aber mindestens ein blaues Auge wäre Genugtuung…. Tenia holte aus und traf die Luft, was die anderen zum Johlen brachte. Arlon war zu schnell ausgewichen, ein einfacher Schritt nach hinten brachte ihn außerhalb Tenias Reichweite, die jetzt große Mühe hatte, den Schmerz, der in ihrem Arm auftauchte, zu verbergen, denn sie hatte zu stark ausgeholt, viel zu stark dafür, nichts getroffen zu haben. ‚Sind deine Ärmchen etwa zu kurz, um mich zu treffen?‘ Arlon lachte wieder, zusammen mit all den anderen, als Tenias Mundwinkel zu zucken begann. Irgendwann würde sie es diesem Arsch zeigen, irgendwann würde er an seiner Großkotzigkeit ersticken. Was wäre es schön, wenn sie ihn jetzt einfach würgen könnte. Jedi konnten so etwas. Mit ihren bloßen Gedanken.Soll ich mich noch mal runter beugen? Muss ja ohnehin was besonders für dich sein, wenn sich jemand vor dir verbeugt.‘ „Du gehst doch eh einen Schritt zurück, du Feigling. Hast also tierisch Angst vor meinen kurzen Ärmchen, was?“ Sein dummes Fragewort äffte sie nach und tatsächlich schien es, als veränderte sich Arlons Gesichtsausdruck für zwei Sekunden und irgendjemand sagte ‚Punkt für den Zwerg‘. Ob es diese Aussage war, die Arlon nicht auf sich sitzen lassen konnte? Den Schritt, den er eben von ihr weg gemacht hatte, machte er nun wieder auf sie zu, ging in die Hocke. ‚Okay‘, grinste er dann, breitete die Arme aus, ‚schlag mir gegen die Brust, so fest du kannst. Ich wette, das ist wie ein Kitzeln. Schlag mir ins Gesicht und du bist dran.‘ Auf die Brust? Was für ein Feigling. ‚Wetten, das traut sie sich nicht‘ ‚Ne, bestimmt schlägt sie ihn ins Gesicht‘ ‚Die kann gar nicht schlagen. Zwerge schlagen wie Kinder‘ ‚Los, schlag mich‘, forderte Arlon noch einmal, tippte sich auf die Brust und breitete erneut die Arme aus. Tenia wusste, dass Arlon trainierte und ihr ein Schlag auf seine Brust im besten Fall eine geprellte Hand einheimsen würde. Er musste bloß die Muskeln anspannen und würde als Gewinner aus dieser Sache heraus gehen. Ins Gesicht schlagen konnte sie ihm nicht, schließlich hatte er ihr gedroht und vermutlich würde er dann selbst ausholen. Aber seine Beine… Arlon war einer dieser typischen Idioten die glaubten, dass ein Sixpack alleine wunderbar aussehen würde. Seine Beine trainierte er nicht. In der Hocke würde ein gezielter Tritt reichen. Ein Tritt gegen sein Bein und er würde umfallen. Sie ballte die Hand zur Faust und tat, als wolle sie mit dieser zuschlagen. Stattdessen aber setzte sie ihre Kraft in ihren Fuß und trat mit voller Kraft gegen Arlons Bein, eher gegen sein Knie und dann ging alles ganz schnell. Kaum, dass sie ihn getroffen hatte, ging er zu Boden, mit einem Laut, der allen bewies, dass er Schmerzen haben musste. Und da sah Tenia, dass sie ihm die Kniescheibe ‚herausgetreten‘ hatte. ‚Du dumme Schlampe!‘, drang noch irgendwie an Tenias Ohr, als sie Arlon mit großen Augen anstarrte und dann wurde es laut. ‚Was zum Donner ist hier los?‘ Mister Goddis. Der Direktor… ‚Sie hat ihn einfach gegen das Knie getreten‘, erklärte Zulia. ‚Dann ist Arlon die Kniescheibe raus gesprungen‘ ‚Vorher hat sie ihn provoziert und ihn beleidigt, weil er besser im Sport ist als sie…‘


Sinnlos, etwas dagegen zu sagen. Sinnlos, sich hier noch zu verteidigen. Sie würde jetzt ganz sicher nicht die Schwache spielen. Stattdessen starrte sie Arlon zwei Sekunden lang an und zwang sich dann zu einem überheblichen Grinsen. „Ein Kind tritt wohl ander, was?“, pfefferte sie ihm stattdessen entgegen und wusste, dass all das Konsequenzen haben würde. Ein weiterer Lehrer kam, der in der Turnhalle blieb, Tenia folgte dem Direktor und saß, keine drei Minuten später (die dennoch die längsten ihres Lebens waren) in dessen Büro.


Mit verschränkten Armen saß sie Mister Goddis gegenüber und sah ihm, so trotzig wie nur möglich, in die Augen. Sie würde sich nicht entschuldigen und ganz sicher nicht klein beigeben, Arlon hatte es verdient, dass ihm die Kniescheibe herausgesprungen war. Noch mehr hätte er es verdient, wenn er davon dauerhafte Schäden von sich tragen würde! Sie hatte sich vorgestellt, dass sie ihm irgendwie wehtun würde und jetzt hatte sie es geschafft. Nur… nur fühlte sich das weniger toll an, als sie eigentlich vermutet hatte, aber zugeben? Zugeben würde Tenia das sicher nicht.
‚Tenia, ich frage dich ein letztes Mal, was da eben passiert ist.‘ Doch die Nullianerin war nicht gewillt, dem Mann wirklich zu antworten. „Ich hab ihn getreten, fertig und es geschieht ihm recht. Hoffentlich bleibt er lange krank. Ich hasse ihn. Ganz einfach.“ Mister Goddis sah sie schweigend an, überlegte wohl, was er nun sagen, wie er nun reagieren sollte, dann wurde sein Blick streng. ‚Ich werde deine Eltern informieren und einen Schulverweis aussprechen, dessen sei dir sicher.‘ „Ist mir doch egal, diese Schule ist eh der letzte Dreck.“ ‚Dein Trotz bringt dich hier nicht weiter, junge Dame.‘ Tenia zog eine Braue in die Höhe. „Ihr Geschwätz sie auch nicht.“

Eineinhalb Stunden später saß Tenia zwei Leuten gegenüber. Ihrer Mutter und ihrem Vater und Andina sah aus, als würde sie gleich explodieren. Sogar Smon hatte jeden gütigen Zug aus seinem Gesicht verloren. ‚Tenia,‘ sagte er, ‚wir sind schwer enttäuscht von deinem Verhalten. Was hast du dir dabei gedacht? Du bringst einen schlechten Ruf über uns alle.‘ Seinem Blick wich Tenia aus, dennoch reckte sie trotzig das Kinn nach oben, als sie zur Seite sah. ‚Warum tust du das? Warum enttäuschst du uns so? Warum, Tenia?‘ Smon bemerkte nicht, dass er seine Tochter sehr wohl erreicht hatte, denn Tenia tat alles dafür, ihre Fassade aufrecht zu erhalten. „Weil er das verdient hat und weil ich ihn nicht leiden kann.“ Und das war auch der Grund, weshalb du Zulias Statue kaputt gemacht hast?‘ Jetzt sah Tenia ihn doch an. Woher wusste er das? ‚Streite es bloß nicht ab,‘ mischte sich ihre Mutter ein, ihre Stimme voller Zorn. „Ja, das war der Grund, weil ich beide nicht leiden kann. Weder Arlon dieses blöde Arschloch, noch Zulian, diese hässliche, blöde Banthapute!“ Tenias Stimme war lauter geworden, trotziger, sie musste, denn das war die einzige Möglichkeit, nicht vor ihren Eltern zu weinen. ‚Sag mal, hörst du eigentlich, was du da sagst? Ist dir eigentlich bewusst, was du da tust? Du zerstörst Eigentum anderer, verhältst dich wie ein Miststück, übst Gewalt aus. Warum?‘ Jetzt war Andina laut geworden und erneut begannen Tenias Mundwinkel zu zucken. „Weil sie alle bescheuert sind.“ Es kam leise, dafür umso trotziger und Tenia zwang sich, ihre Mutter dabei anzusehen. ‚HÖR AUF ZU LÜGEN!‘ Erst als Smon die Stimme erhob, sie sehr laut erhob, zuckte Tenia zusammen. ‚Es ist mir völlig egal, ob die anderen bescheuert sind oder nicht, meine Tochter weiß sich zu benehmen! Meine Tochter behandelt andere respektvoll. Du willst eine Jedi werden! Aber ich erkenne dich kaum wieder und ich werde dir nicht erlauben auch nur einen Fuß aus dieser Türe zu setzen, wenn du dein unmögliches Verhalten nicht änderst. Du wirst Zulia helfen ihre Skulptur wieder aufzubauen und du wirst dich bei ihr entschuldigen. Und du wirst Arlon besuchen, ihm helfen und dich ebenfalls entschuldigen. Hast du das verstanden?‘ Smon hatte seine Tochter noch nie angeschrien, geschweige denn eine ganze Kaskade an strengen Worten von sich gegeben. Letzteres war eigentlich immer ihre Mutter gewesen. ‚ICH HAB DICH WAS GEFRAGT!‘ Tenia zuckte erneut zusammen, würgte ihre Tänen hinunter. So war das also? Das einzige, was ihre Eltern interessierte, war ihr völlig bescheuerter Ruf? Als ob der nicht schon längst zerstört war, wo sie sich doch gegen ihr blödes jagen entschieden hatte! Spielte es überhaupt eine Rolle, dass die anderen auch nicht unschuldig waren? Nein! Hier ging es bloß um ihren völlig bescheuert ruf, den so oder so überhaupt gar niemand interessierte! Wann ging es hier überhaupt einmal um sie? Es war doch völlig egal, wie es ihr ging. Es war doch völlig egal, dass Sie hier der Zwerg unter lauter Riesen war! Sie hatten ja keine Ahnung, denn sie alle waren normal groß und es gab niemanden, der sich in ihre Lage hineinversetzen konnte, weil es niemanden gab, der so klein war wie sie so klein wie ein Mensch! So klein wie alle anderen blöden, dummen, hässlichen minderwertigen Spezies. "Und ich hab dazu was gesagt! Ist mir doch egal, was ihr davon haltet! Ist mir doch egal, was deine Tochter tut oder nicht. IST MIR EGAL! Euch ist es doch auch egal, was die anderen machen, dass sie mich andauern ärgern, dass sie alle unfair zu mir sind. Weil ihr keine blöden Zwerge seid! Weil ich hier die einzige blöde Missgeburt bin! KANN EUCH DOCH EGAL SEIN! ICH HASSE EUCH! ICH HASSE ALLE BLÖDEN NULLIANER!“ Tenia war längst aufgesprungen, ihr Stuhl fiel polternd zu Boden, als sie in ihr Zimmer rannte, den Riegel vorschob und sich weinend auf ihr Bett warf.
 
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Anfang vom Ende
23 Jahre zuvor (Moore/Raleen im Alter von 45 Jahren, etwa 22 Jahre im Auge eines Menschlichen Betrachters, Eriu im Alter von 16 Jahren)

Die Nacht war wundervoll, keine Wolke war am Himmel und hier in den Außenbezirken, war es in vielen Gassen dunkel genug um trotzdem das wunderschöne Firmament von Thustra beobachten zu können. Wie es wohl wäre sich von all dem hier lossagen zu können, von all den Verpflichtungen an denen eine adlige Sephi der Tradition halber festhalten musste. Raleen fühlte sich eingesperrt, gefangen in einem Leben das sie nie hatte haben wollen, einem Leben ohne wirkliche Aufregung, ohne die Möglichkeit selbst bestimmen zu können was sie lernen und wen sie lieben wollte! Nächtliche Ausflüge wie dieser hier halfen ihr auszubrechen aus diesem ewigen Kreislauf. Ihre Familie würde es nicht verstehen, wollte es nicht verstehen, wenn sie es wüssten würde Raleen auf Schritt und tritt begleitet werden bis sie dann schließlich als Braut irgendeines anderen Adligen endete um ihrer Familie einen besseren Stand zu verschaffen. Alles würde sie dafür geben der Mensch zu sein dessen Leben sie annahm wenn sie Nachts in die Unterwelt von Thustra abtauchte und mit Tratsch und gesicherten Interna aus dem Palast und anderen Regierungsinstitutionen handelte. Der Nervenkitzel des Kriminellen machte etwas mit ihr, etwas was sie unglaublich anziehend fand. Sie war an keine Regeln gebunden und für sich selbst verantwortlich, traf sich mit Gangstern und spielte Spiele mit doppeltem Boden. Diese Maske die sie des Nachts anlegte machte sie fast zu einem anderen Menschen und in den letzten Jahren hatte sie sich tatsächlich immer weiter zu einer Größe als Informationshändlerin der Thustrischen Unterwelt gemausert und dieses Leben gut von ihren Pflichten als Adelsdame und Zofe der Königin trennen können. Außerdem hatte sie ihre Leidenschaft für Technik hier in den Kriminellen Untiefen entdeckt und wirklich ausleben können. Gerade am slicen und hacken fand sie wirklich gefallen und meistens halfen diese Fähigkeiten dabei sich jeglichen noch so Brutalen Schläger vom Hals zu halten, ohne das es jemals körperlich wurde. In dem Departement wäre sie bei den meisten ihrer Kunden auch aufgeschmissen gewesen...

Der ertönende Schrei ließ sie zusammenfahren. Die Stimme war jünger und sie glaubte sie schon einmal gehört zu haben, wobei das aus einem Schrei eher schwer zu entnehmen war. Obwohl sie bereits spät dran war und schon in einer Stunde wieder im Haus der Curums sein musste, wo sie wie schon seit Jahren die Aufpasserin für den mittlerweile nicht mehr ganz so kleinen Eriu spielte, der eigentlich gar keine wirkliche Aufpasserin mehr brauchte. Doch das ganze hatte sich zu einer Art festen Konstante in ihrem leben entwickelt. Drei mal die Woche war sieh bei ihrem kleinen Bruder wie sie ihn liebevoll nannte... er war das Geschwisterchen, dass ihre Eltern ihr immer verweigert hatten...

Als sie schließlich um eine weitere Ecke bog, eröffnete sich der Blick auf eine spärlich beleuchtete Gasse in der einige Sephi auf einen am Boden liegenden eintraten. Den Größten von den Angreifern kannte sie tatsächlich, Veros ein kleinerer Gangboss der hiesigen Drogenkartelle. Auf was oder wen er und seine Jungs da eintraten konnte Raleen nicht wirklich erkennen, doch die relativ junge Stimme und das wimmern verrieten das wer auch immer da lag, diese Behandlung nicht verdient hatte. Aus einem ungekannten Beschützerinstinkt heraus, brüllte sie in die Gasse.


"Veros, Veros ... vergehst du dich wieder an kleinen Kindern? Hast du nichts wichtigeres zu tun?"

Die Köpfe der Gruppe schnellten herum und der Riesenhafte Sephi lächelte.

"Einen schönen Guten Abend auch ihnen Miss Moore.", wie sich so ein Gossenkind so eloquent ausdrücken konnte, würde Raleen nie verstehen: "Ob sie es glauben oder nicht wir führen nur einen Lauscher seiner gerechten Strafe zu. Wenn sie uns nun entschuldigen würden?"

"Nein ich entschuldige sie nicht. Ich brauche den Kleinen und hätte gerne das ihr verschwindet... du möchtest nicht das ich Khaan bei unserem nächsten Treffen bekannt gebe dass du mittlerweile auch in Fremdem Territorium wilderst."

Es war Veros anzusehen dass er nachdachte und seine Chancen abwog, doch Raleen war sich mehr als sicher dass er abziehen würde, da ihm sein eigenes Leben definitiv mehr wert war als sie auf ihren Platz, der in seinen Augen weit unter ihm war, zu verweisen. Anstatt richtig zu antworten schnaubte er, nickte dann seinem Gefolge zu und zog ohne weiteren Mucks ab. Was sich jedoch dann vor ihr auftat ließ die junge Sephi in eine Art Schockstarre verfallen. Der Junge der an der Wand lehnte war ihr nicht unbekannt und was viel schlimmer war, er blickte sie mit einem Gesichtsausdruck an den sie bei ihm noch nie gesehen hatte... erst flüsterte Raleen nur: "Eriu...", dann übernahm die Wut der Großen Schwester und die Vorsicht der Informationshändlerin Moore verschwand vollständig während sie auf ihn zustürzte und sich neben ihn kniete.

"Verdammte Scheiße nochmal, Eriu Curum was ist in dich gefahren? Was tust du hier?"

......

Eriu sah zu ihr hoch. Blut tropfte aus seiner Nase und das linke Auge begann zuzuschwellen. Tränen liefen über das schmale Gesicht des 16-jährigen. Aber der junge Sephi lächelte seine Schwester an.

Ich…

Schmerz verzerrte seine Mimik und er hielt sich sie Rippen. Langsam atmete er ein und aus ehe er neu ansetzte.

Ich wollte nur auf Dich aufpassen… ich bin doch jetzt alt genug.

Er versuchte aufzustehen, aber die Beine gaben nach und so war er doch auf Raleens Hilfe angewiesen. Eriu schwankte leicht, doch mit jeder Sekunde wurde er sicherer. Viele Fragen gingen ihm durch den Kopf. Was machte sie hier nachts und warum hatten ihn die Kerle in Ruhe gelassen als sie kam. Aber er traute sich nicht sie zu fragen. Vielleicht gefiel ihm die Antwort ja nicht. Raleen war so etwas wie, nein, sie war seine große Schwester und einzige richtige Freundin. Es war einfach egal warum sie hier war. Er wollte es gar nicht wissen. Er schluckte als ihm bewusst wurde, dass das hier ihre Freundschaft beenden könnte.

Können wir nach Hause?

Seine Stimme klang matt und erschöpft. Er schämte sich plötzlich, wegen seiner Schwäche und Tollpatschigkeit. Wenn er wirklich auf Raleen aufpassen wollte, dann würde er lernen müssen sich zu verteidigen. Raleen sollte sich doch auf ihn verlassen können. Kurz tauchten in seinen Gedanken Bilder auf, wie er Sie vor Schlägern rettete. Wie sie beide zusammen arbeiteten und tollkühne Abenteuer erlebten. Wie Geschwister oder…

Er wäre vermutlich rot angelaufen, hätte ihn sein schmerzender Brustkorb nicht in die Realität zurückgeholt. Raleen sah ihn fragend an.

Es geht schon.

Er lächelte sie an, konnte aber ihrer Mimik entnehmen, dass sie ihm kein Wort glaubte. Eriu sah zu Boden.

Bis zu Hause schaffe ich es mit deiner Hilfe und dann können wir gerne den Arzt rufen. Es…. Es tut mir leid.

......

Raleen sagte nichts... wie auch wenn sie nicht wusste was sie sagen sollte? Er wollte auf sie aufpassen... ein warmes lächeln stahl sich in die Gesichtsmimik die nur einen Schluss zuließ: Tu das NIE wieder! Er wusste doch garnicht wirklich was er da sagte, er hatte keine Ahnung was es bedeuten würde sie zu beschützen vor all dem was ihr hier passieren konnte wenn sie nicht aufpasste und er würde sich nicht einmal im Traum ausmalen können was sie alles tat um alleine durch die Straßen wandeln zu können.

"Ja", antwortete Raleen nur, wischte Eriu die Tränen aus dem Gesicht, sah ihm tief in die Augen und begegnete den vielen Fragen die sich dort tummelten, fragen von denen sie gehofft hatte das sie ihr niemals jemand stellen würde "Ja, gehen wir nach Hause...". Bevor sie Eriu jedoch auf die Beine helfen konnte winkte er ab. Es geht schon, klar so sah er auch aus, Gott war der Junge stur und dickköpfig und... mit einem Mal schaute sie in dieses gequälte lächeln und ihr wurde bewusst was es bedeuten würde wenn sie jetzt nach Hause gingen. In die Sorge um ihren kleinen Bruder mischte sich Angst, eine Angst die sie nicht kannte, die sie so noch nie gefühlt hatte und ein Gedanke... Zuhause... wo war denn ihr wirkliches Zuhause, war es die riesige Villa in der sie ihre Eltern einsperrten, der Planet und die Gesellschaft die ihr Zwänge auferlegten denen sie entfliehen wollte oder war es hier unten wo sie frei war, einen Namen hatte der nicht auf ihrer Herkunft beruhte... wo sie jedoch jeden Tag fürchten musste von all dem eingeholt zu werden? Sie half Eriu auf die Beine und stützte ihn.

"Ist schon gut.", ihr Tonfall war warm ihre Stimme weich, sie meinte was sie sagte, sie war ihm nicht böse, sie wusste wie er war und das Eriu früher oder später etwas mitbekommen würde... war einfach nicht auszuschließen gewesen auch wenn Raleen gehofft hatte das dieser Tag niemals kommen würde. Als erstes würde Raleen einen Arzt rufen der Eriu behandelte und dann musste sie sich all dem stellen ob sie nun wollte oder nicht.

......

Sie sprachen auf dem Weg in den Palast nicht, sondern hingen, jeder für sich, ihren Gedanken nach. Jeder Schritt schmerzte und erinnerte den jungen Sephi daran, wie wenig er auf sich oder andere aufpassen konnte. Raleen war geschickt, aber Eriu hatte bereits mehrfach bemerkt, wie sie sich davon geschlichen hatte. Und heute war er ihr gefolgt. Das hatte er nur davon. Wegen ihm würde sie Ärger bekommen. Sie durfte das nicht, dessen war er sich sicher. Er blieb stehen, den Eingang vor sich sehend und sah zu ihr.

Ich konnte nicht schlafen, bin ausgerutscht und die Treppe heruntergefallen. Das ist zwar gelogen, aber wir bekommen beide keinen Ärger.

Sie wusste, dass Eriu nicht gerne log. Ehrlichkeit war etwas, was er mit am höchsten schätzte. Alles in ihm schrie danach wissen zu wollen was seine Freundin nachts dort unten in der Stadt tat, aber er schwieg. Er würde ihr nicht in den Rücken fallen. Wenn sie es ihm sagen wollte, dann von sich aus, freiwillig, und nicht auf das Quengeln eines Kindes hin um dann genervt zu sein.

Er biss die Zähne zusammen umging die letzten Schritte zur Tür alleine, den Blick fest auf das weiße Holz gerichtet.

......

Der Schock in ihrem Gesicht blieb Eriu gänzlich verborgen als er sich wegdrehte und Raleen fast schon stehen ließ, sich die letzten Schritte zur Tür abquälte. Er würde für sie lügen. Für sie. Er log niemals, das Konzept der Unehrlichkeit war ihm so fremd wie ihr das der Unterwürfigkeit gegenüber gesellschaftlichen Zwängen und doch tat er es. Nicht eine Frage während des ganzen Weges und jetzt... aus einem Reflex heraus stürzte sie nach vorne und hielt ihn am Arm fest und drehte ihn in ihre Richtung.

"Du dummer Junge, du dummer naiver Junge!"

Dann umarmte sie ihren kleinen Bruder um den Anflug von Tränen zu verstecken der sich in ihren Augen sammelte, genauso wie ein Entschluss in ihrem Kopf. Sie war Schuld an seinen Verletzungen, sie war Schuld daran das er log. Wenn sie glücklich werden, nicht auf ewig in diesem Gefängnis bleiben wollte, dann musste sie gehen. Hier gab es keine Zukunft, hier würden Sephi verletzt werden denen sie Nahe war, hier würde dieses Spiel nicht auf ewig funktionieren. Wenn sie wissen wollte wer sie war, wer sie sein konnte... dann musste sie gehen... ohne ihn, ohne Jarael. Ihnen durfte kein Leid geschehen... wegen Ihr... wegen Moore.
 
Zerbrochenes Glas mit 0 Dioptrien

Langsam ging ihr Blick zwischen den eng stehenden, in eintönigem Grau gehaltenen, dafür aber mit großen Glasfronten versehen Wänden des Flures hin und her. Auf dem dunklen Linoleumboden machten die flachen Absätze ihrer Schuhe kaum Geräusche und nun war sie ein wenig dankbar, dass sie sich nicht von ihren Schwestern zu Schuhen mit höheren Absätzen hatte überreden lassen. Die adrette Kleidung, die sie trug, war schon schlimm genug. Eine merkwürdige Unart hier, keine Schuluniform zu tragen, denn manchmal war es gut, unauffällig zu sein… man war ohnehin auffällig genug, wenn man die Neue war. Und wenn man dreizehn war, fühlte man sich ohnehin immer auffällig. Nicht, dass Treeya Angst hatte… nervös, gut nervös, das konnte sie sich eingestehen. Aber mehr auch nicht. Sie hatte ein paar Blicke in die Datapads mit ihrem Unterrichtsmaterial geworfen (die Barbaren auf Muunilinst schätzten offenbar keine Bücher) und hatte zufrieden festgestellt, dass sie auf ihrer alten Schule auf Csilla weitaus weiter in jedem Stoff gewesen waren. Es würde im ersten Jahr ein Leichtes für sie werden und vielleicht war es auch einmal ganz hübsch, die freien Nachmittage draußen zu verbringen. Sie teilte nicht die Ansicht ihres Vaters, dass eine Stadt, die unter einer großen Kuppel unter der Erde gelegen war, nicht der beste Ort für ein heranwachsendes Mädchen war… in Csaplar waren ihre Großeltern, die darauf bestanden hatten, dass wenigstens die jüngste der Reeds dort zur Schule ging. Und in Csaplar war immer irgendetwas los und die Ausbildung, die sie dort erhalten hätte, wäre brillant gewesen. Aber, so hatte ihre Mutter argumentiert, gleichgültig, welche Stellung sie je in der ISG einnehmen würde, sie müsste wissen, wie Menschen ticken und wie sich Menschen benehmen -das konnte sie auf Csilla nur schwer lernen. Und die Imperator Arcanious High School auf Muunilinst war eine spezielle Schule auf dem nur untergeordnet von Menschen bewohnten Planeten für junge Menschen und Halbmenschen. Und Dreiviertelmenschen wie sie. Vielleicht war es ja wirklich an der Zeit, ein wenig zu lernen, wie junge Menschen in ihrem Alter tickten, gerade weil junge Chiss sich in diesem Alter weitaus schneller und anders entwickelten als Menschen. Doch, so dachte sie während sie in der Aula der Schule ein paar ihrer Mitschüler beim Rangeln, Pöbeln und Toben beobachtete, DAS hier, das wollte sie garnicht lernen. Kopfschüttelnd wand sie sich in Richtung ihres Raumes… heute stand für die lieben Kleinen hier die erste Stunde „High Galactic“ auf dem Stundenplan. Niedlich, sie hatte bereits zwei Jahre Unterricht darin gehabt. Vielleicht sollten ihr Studien in diesem Schuljahr einen größeren Augenmerk auf das Betragen ihrer Mitschüler richten… das könnten sie vom langweiligen Schulalltag, der da unweigerlich auf sie zukam, ablenken.

Treeya betrat den Klassenraum und blickte zwischen den Schülern hin und her, die mit großen Augen zu ihr starrten. Meine Güte, junge Menschen waren so peinlich… unverhohlen posaunten sie jegliche Art von Erstaunen, Abneigung oder Interesse heraus… wie… unbeherrscht. Treeya setzte sich auf einen Platz auf halber Höhe der Tische, wo noch nicht viele Klassenkameraden saßen, und blickte nach vorne.
Ey!“, zischte eine Stimme schräg hinter ihr. Noch überlegend, ob „ey“ wohl eine allgemein anerkannte Anrede hier war, drehte sie sich um und zog fragend und ein wenig verächtlich die Augenbrauen hoch.
Sind die echt?“, fragte ein Junge mit widerwärtig breiter Nase und roten Pausbacken und deutete auf ihr Gesicht. Treeya runzelte kurz die Stirn, doch sie verstand seine Frage nicht.
Das sind bestimmt Kontaktlinsen,“ erklärte der Junge neben dem Ekelhaften „die darfst du nicht tragen in der Schule!“
Kontaktlinsen,“ wiederholte Treeya und brach dann in Gelächter aus „was bist du nur so dumm. Meine Großmutter väterlicherseits war eine Chiss… sagt euch das was? Ja? Daher habe ich meine roten Augen. Nicht mehr, nicht weniger.“
Boah, Ranik, die ist aber frech,“ kicherte ein Mädchen, zwei Reihen weiter „lässt du dir das gefallen?“
Pass blos auf, du abartiger Nichtmensch,“ knurrte der Ekelhafte sie an, doch in diesem Moment trat ihr Lehrer durch die Tür. Und die Klasse verstummte. Treeya stand artig auf, auch wenn das, was dieser ekelhafte Ranik grade zu ihr gesagt hatte, ihre Knie hatte weich werden lassen. Und wieder starrten alle sie an, denn von den anderen war niemand aufgestanden. Was für ein Benehmen… was für eine Wortwahl…
Aha,“ selbst der Lehrer lächelte ein wenig amüsiert „du musste Treeya Reed sein. Herzlich Willkommen an der Imperator Arcanious High School. Ich hoffe, du wirst dich in dieser Klasse wohl fühlen.“
,Na, das ganz bestimmt nicht,‘ dachte Treeya.
Ganz bestimmt,“ sagte Treeya „vielen Dank für die freundliche Begrüßung Mr. Davout.“ Wieder Kichern. Was war denn hier so verdammt komisch? Lächerliches, albernes Benehmen von unterentwickelten Halbstarken… Treeya hob den Kopf und blieb während der gesamten Unterrichtstunde interessiert und aufrecht sitzen, beantwortete sämtliche Fragen richtig und seufzte innerlich über die Dummheit ihrer Mitschüler. Dies sollte sich auch in den darauffolgenden Stunden nicht ändern. In der Pause zog Treeya es vor, alleine im Klassenraum zu bleiben und ein wenig aus den großen Fenstern in die sehr hübsch miteinander verwobenen Extreme aus modernen Bauten und grünen Pflanzen zu blicken. Hier sollte sie also ihren Schulabschluss machen… am liebsten würde sie bereits jetzt wieder nach Csilla zurückreisen, auch wenn ihr das Grüne dort draußen durchaus besser gefiel als das hektische Lichtermeer von Csaplar. Sie seufzte und streckte sich aus. Dabei fiel ihr Blick auf ein Plakat, das am schwarzen Brett dieses Klassenzimmers hing. Heute Nachmittag wurde also hier ein Gesang- und Tanzwettbewerb ausgetragen… zuhause wartete vorm späten Abend niemand auf sie… warum also nicht. Wenn sie es sich zum Ziel setzte, das Verhalten von Menschen genau zu studieren, dann war das eine perfekte Gelegenheit! Vielleicht traf sie dort ja auch auf ein paar normale, halbwegs intelligente Lebensformen.

Nach dem Unterricht begab sich Treeya in die Festhalle, einem hochmodernen Stahlbau mit großem, rundem Kuppeldach auch Glas. Es hatte ihr nicht viel Mühe bereitet, sie zu finden. Sie blickte sich um und wollte sich gerade einen Platz etwas weiter außen suchen, als jemand sie am Kragen ihrer Bluse festhielt.
Ey, Rotauge!“ Wieder Ranik und zwei seiner ebenso unansehnlichen Freunde.
Mein Name ist Treeya,“ erklärte sie nur freimütig und ein wenig genervt „ist das so schwer zu merken?“
Ich hab dich heute Mittag schon gewarnt, dich nicht mit mir anzulegen!“, knurrte Ranik sie an, dem die Arroganz des jungen Mädchens offenbar schwer zu schaffen machte.
Und was passiert als nächstes?“, fragte Treeya nur und runzelte die Stirn. Sie hatte noch nicht ganz begriffen, was das Problem des Jungen war, bis er sie schubste und sie erschrocken nach hinten stolperte. Der Sturz schmerzte nicht, doch ihr schwarzer Rock hatte sich an einem der Stühle verfangen und riss an der seitlichen Naht fast bis zu ihrer Hüfte auf. Die drei Jungs brüllten vor Lachen. Verärgerte Blicke einiger Umstehender trafen Treeya, die in deren Augen so einen Lärm gemacht hatte, ein paar Lehrer hatten die Szene beobachtet. Zufrieden grinsend erhob sich Treeya und wartete auf einen Tadel der Lehrer für Ranik. So hätte sich mal jemand an der Central High School von Csaplar benehmen sollen! Das hätte einen Rausschmiss bedeutet... doch… keiner der Lehrer rührte sich. Treeyas Blick verfinsterte sich. Offenbar waren sie allesamt barbarische Idioten ohne Benehmen und Anstand hier. Rasch löste sie eine Haarnadel aus ihrem Dutt, steckte den Rock damit zusammen und blickte Ranik vernichtend an.
Meine Güte, wie arm ihr seid!“, erklärte sie und ging dann hoch erhobenen Hauptes in Richtung der Toiletten. Bei den letzten Worten war ihre Stimme beinahe gebrochen, doch die ersten Tränen liefen ihr erst über das schmale Gesicht, als sie die Sicherheit der Sanitäranlage erreicht hatte. Das junge Mädchen merkte, dass es zitterte. Was nun? Gefangen für die nächsten sechs Jahre mit Typen wie Ranik und Lehrern, die dieses Fehlverhalten duldeten. Ihr Blick wandte sich zum Spiegel und aufmerksam wie nie zuvor musterte sie sich. Sie hatte nie über ihre Augen nachgedacht… sie hatte sich mehr über ihre helle, lichtempfindliche Haut geärgert, mit der sie auf Csialla zweifelsohne ebenso herausgestochen hatte -aber ihre Klassenkameraden hätten nie die unnötige Unhöflichkeit gewagt, sie darauf anzusprechen oder gar damit zu beleidigen. Dann war da noch ihr Haar, das hellbraun war und das sie so viel lieber in dem schwarz mit diesem eleganten Hauch schwarzblau sehen würde, wie es viele Chiss von Natur aus besaßen. Die kleinen Dinge, die man eben so an sich zu bemängeln hatte, auch wenn sie auf solche Äußerlichkeiten nicht viel gab. Aber ihre Augen… die waren ihr bisher immer so normal vorgekommen… nungut, unter ihren Geschwistern hatten auch einige menschliche Augen… doch selbst wenn, was war das Problem? Wieder blinzelte sie ein paar Tränen weg und schnaubte wütend. Wenn einer ihrer Brüder mit hier auf der Schule wäre und das eben mitangesehen hätte, dann wäre was los! Sie stellte sich gerade vor, wie Kael diesen Ranik vermöbelte und Seon ihm mit seinen Freunden Streiche spielen und Bilder von rasierten, weiblichen Wookies in den Spint hängen würde! Mitten in ihre Gedanken hinein ging plötzlich die Tür. Genervt kam eine junge Frau herein geschwebt, ja… sie schwebte wirklich mehr, als dass sie ging. Treeya versuchte sich wieder auf ihren Rock zu konzentrieren und sich um ihre eigenen Belange zu kümmern, aber verstohlen musterte sie die Fremde von der Seite. Die war bestimmt schon achtzehn oder neunzehn, wahrscheinlich in der Abschlussklasse, auch wenn sie ein Stück kleiner war als Treeya… und wahrscheinlich trat sie heute Abend auf, denn sie zog rasch aus ihrer Tasche ein Kostüm hervor und fing an, sich zurecht zu machen.
Scheiße!“, erklang es mit einem Mal wütend neben ihr „scheiße, scheiße, scheiße!“ Es war sehr ungeniert von Treeya, einfach herüber zu gucken, doch sie sah rasch das Malheur, das geschehen war: In der Eile hatte sich die junge Frau ihre langen, hellblonden Haare im Reißverschluss ihres kunstvoll verzierten Oberteils verfangen.
Warte, ich helfe Ihnen!“, sagte Treeya rasch und begann, die Haarpracht der jungen Frau zu befreien.
Danke,“ sagte diese lächelnd und wand sich wieder dem Spiegel zu und lege ein Make-Up aus ausschweifendem, blaugrün glitzernden Liedschatten und einem kunstvoll über die Schläfe gezogenen Liedstrich auf. Es passte wunderbar zu den grünen Augen der jungen Frau und den beiden petrolblauen Strähnen, die sie sich in die Haare gefärbt hatte. Treeya senkte beschämt den Blick. Ein komisches Gefühl überkam sie… sie hatte sich immer mehr Gedanken darüber gemacht, wie ihre schulischen Leistungen waren als über ihr Aussehen, aber neben dieser Person fühlte sie sich mit einem Mal hässlich. Richtig hässlich. Zu groß, zu blass, zu schmal, zu unweiblich, zu langweilig. Und dazu noch die roten Augen. Mit einem Mal hasste Treeya das, war ihr bisher das Normalste der Welt gewesen war. Und sie begann zu schluchzen. Es gab ja wohl mal nichts Peinlicheres, als so in der Öffentlichkeit zu heulen, aber sie konnte auch nicht nachhause und da raus, denn noch immer hatte sie keine Möglichkeit, ihren Rock zusammenzustecken gefunden. Erstaunt blickte die junge Frau neben ihr sie an.
Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie überrascht und ihre Stimme klang trotz des harten Basic, das sich so grundlegend vom vertrauten Cheunh unterschied, so melodisch, weich und freundlich, dass es Treeya nur noch mehr heulen ließ. Der Blick der jungen Tänzerin ging erstaunt über das Mädchen und blieb an dem zerrissenen Rock hängen.
Ach DAS ist das Problem, das haben wir gleich! Ich hab immer Nähzeug dabei, denn die meisten Kostümschneider wissen nicht so recht, was sie da tun… kannst du nähen?“
Selbstverständlich,“ antwortete Treeya und lächelte dankbar „vielen, herzlichen Dank!“
Gern geschehen, immerhin hast du mich aus meinem Reißverschluss befreit!“, grinste ihre Gegenüber und reichte ihr ein Nähtäschchen aus dunkelblauem Samt, der mit silbernen Ornamenten bestickt war. Treeya öffnete es, nahm rasch Nadel und Faden heraus und zog ihren Rock aus.
Ich hoffe… ich kann das annehmen und halte Sie nicht von deinem Auftritt ab,“ stammelte sie, doch die Tänzerin winkte nur ab und lachte ein wenig abfällig.
Stress dich mal nicht so, ich bin erst in einer Stunde dran. Ich schätze es nur, mich vorher in Ruhe fertig zu machen, bevor der Rest der Truppe hier herein geschneit kommt. Deshalb ziehe ich es auch vor, mich in der Toilette umzuziehen, nicht in den Umkleidekabinen. Und hör um alles in der Welt bitte auf, mich zu siezen!“
Treeya nickte nur eifrig und bemühte sich, so schnell wie möglich zu nähen und dabei gründlich zu bleiben. Die junge Frau musterte sie kurz.
Du bist von dieser Schule oder? Ich bin von der Reena-Balett Akademie... mein Name ist übrigens Odile, Odile Lemaire! Also eigentlich Fleur Benoîte Odile Lemaire, aber... egal!
Treeya Reed,“ stellte sie sich artig vor.
Reed? Mein-Vater-redet-bereits-nach-dem-zweiten-Glas-nur-Unsinn-Reed?“, zwinkerte Odile und zog ihren Rock aus fließendem, halb dursichtigem Stoff an.
Eben jene,“ lächelte Treeya und ließ eifrig wieder die Nadel durch den dunklen, weichen Stoff sausen.
Ach, verstehe, dann bis du eine Chiss oder… zumindest so ein bisschen? Das erklärt dann auch die Augen!“ Die junge Frau hatte es freundlich gesagt, doch Treeya wand sich ab und wieder liefen ihre Augen über.
Ist das so… auffällig?“, fragte sie schluchzend.
Öhm… ja…“, antwortete Odile ein wenig unsicher, woraufhin das Mädchen in nur noch heftigeres Schluchzen ausbrach.
Tut mir leid,“ flüsterte Treeya, doch dann gewann etwas, das sie fürchtete und verabscheute, in ihr die Oberhand und auf einmal brachen tausende von Worten aus ihr heraus „ich versteh das nicht, auf Csilla waren meine Augen nie ein Problem und hier hassen mich alle dafür… Ranik hat mich einfach geschubst, mir ist mein Rock zerrissen und die Lehrer stehen daneben und machen nichts. Ich hasse sie alle hier! Keiner kann mich leiden und alles, was ich tue, ist falsch! Ich hasse Menschen! Ich hasse sie!
Nun fahr dich mal wieder ein bisschen runter!“, sagte Odile streng, aber nachsichtig „weißt du… die sind im absoluten Flegelalter, diese Kerle, gib nichts auf die… und hör auf von Hass zu sprechen… immerhin sagen dir die Menschen, was sie denken. Ist dir jemand, der aus Höflichkeit schweigt, aber widerliches über dich denkt so viel lieber?“
Treeya blickte erstaunt auf und sah Odile an, die ihr zuzwinkerte: „Und jetzt wasch dir über die Augen, die schwellen sonst an, wenn du die Tränen nicht rauswäscht.“
Ich will nicht wieder hinaus,“ hauchte Treeya, zog ihren Rock wieder an und lehnte sich müde an die Wand der Schultoilette „die hassen mir nur wegen meiner Augenfarbe…“
Hör auf von Hass zu reden!“ Odile zwinkerte erneut.
Die verachten mich nur weil ich eine Chiss bin… zumindest teilweise… ich verstehe nicht, was das soll. Verzeih mir, wenn ich dich damit zugetextet habe. Es war so ein spontaner Moment, denn zuhause wird wahrscheinlich niemand verstehen, wovon ich spreche. Wenn meine Mutter in zwei Wochen wieder kurz auf Muunilinst ist, wird sie mir nur erklären, ich solle mich nicht von den anderen unterbuttern lassen und dazu stehen, wer ich bin. ‚Wer den Namen Reed trägt, braucht sich für garnichts zu schämen‘,“ äffte sie ihre Mutter nach und Odile lachte kurz über den Gefühlsausbruch des Mädchens, trat dann aber auf sie zu und sortierte ihre hellbraunen Haare auf ihren Schultern.
Weißt du, Treeya, eigentlich würde ich ihr da auch voll zustimmen. Du hast nichts, wofür du dich schämen musst. Du bist hübsch, du bist intelligent und zuvorkommend und freundlich… es gibt keinen Makel an dir, weder deine Augen noch deine emotionalen Ausbrüche… aber… ich weiß auch, wie die da draußen sind und wie beschissen dieses Alter ist. Du bist zwölf oder?“
Dreizehn,“ seufzte Treeya und hasste es, jünger geschätzt zu werden, sodass sie das Kompliment, das ihr gerade gemacht worden war, kaum annehmen konnte.
Macht es nicht besser,“ seufzte Odile, griff nach ihrer Tasche und zog ein kleines Etui hervor „daher ein Tipp von mir: Wann immer du in Sicherheit bist, zeig allen, wer du bist… und wann immer du nicht sicher bist und keine Kraft hast zu kämpfen, gib ihnen auch keine Angriffsfläche!“ Mit diesen Worten zog sie aus dem Etui eine Sonnenbrille hervor und schob sie Treeya auf die Nase „Steht dir gut, und keiner wird dich wegen deiner Augen nerven… und nun raus da und möglichst ganz nach vorne, damit ich dich applaudieren sehe!“ Wieder zwinkerte Odile, hob ihre Tasche auf und verließ die Toilette.
Odile Lemaire…danke,‘ dachte das Mädchen und eine Träne rollte über ihre Wange, doch das sah niemand. Ebenso wenig wie ihre Augen. Sie lächelte und rannte schnell nach draußen, in der Hoffnung, noch einen freien Platz zu finden. Sie fand keinen, dennoch saß sie vorne, zusammengekauert neben einer Säule auf dem Boden und sie war froh darum, denn um nichts in der Welt hätte sie Odiles Auftritt verpassen wollen. Die Ballettgruppe der Reena-Balett-Akademie war der Star des Abends. Bewunderte Treeya schon die anderen Mädchen für ihre Anmut, so verschlug es ihr die Sprache, als Odile auf die Bühne schwebte. Sie tanzte so leicht und anmutig und dabei doch so ausdrucksstark und leidenschaftlich, dass dem jungen Mädchen während des gesamten Auftrittes der Mund offenstand. Das war also Kunst… wirklich, wahre Kunst, nicht das Gekleister im Schulunterricht. Das war Geschichten erzählen mit Gesten, Leidenschaften wecken mit Klängen und Sehnsüchte hervorrufen mit einigen, wenigen Handbewegungen und Schritten. Als die Aufführung vorbei war, sprang Treeya auf und applaudierte am lautesten.


Am nächsten Morgen ging sie selbstsicher mit Odiles Brille auf der Nase über den Schulhof und tatsächlich -bisher ließ man sie in Ruhe. Sie lächelte und schritt beschwingt über das Pflaster, als sich ihr plötzlich Ranik in den Weg stellte. Erwartungsvoll bildete sich ein kleiner Kreis um sie, doch Treeya verspürte keine Angst oder Aufregung. Er sah ja ihre Augen nicht, warum sollte er sie also angreifen? Doch das war der Moment, in dem das junge Mädchen lernen sollte, dass manche keinen Grund brauchten, um andere zu verletzen. Ranik riss ihr die Brille vom Gesicht, bevor sie sich dagegen wehren konnte und lachte.
Glaubst du, du machst es besser, wenn du deine Augen versteckst?“
Gib mir die Brille zurück,“ sagte Treeya und ihre Stimme zerschnitt bedrohlich die Luft.
Uuups,“ machte der Widerling und ließ sie fallen. Treeyas Augen weiteten sich. Die Brille war noch heil. Sie wollte sie aufheben, doch Ranik stieß sie zurück. Noch während der Junge seinen Fuß auf die Brille setzte, spürte Treeya, wie ihre Faust sich ballte und ausholte.
 
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Aber Raumschiffe stinken doch
Tenia mit 7 Jahren und @Scytale mit 14 Jahren

Besuch! Sie würden heute Besuch bekommen, der nicht von Null stammte, sondern von irgendeinem anderen Planeten. Ihre Eltern hatten viel vorbereitet und Tenia spürte ein komisches Kribbeln der Aufregung in ihrem Bauch. Nach Null kamen ganz oft, ganz verschiedene Wesen, aber so richtig Fremde, die eingeladen waren und zum Essen blieben? Das war noch nie vorgekommen. Freunde ihrer Eltern, dass schon. Aber heute kamen andere Leute. Bloß hatten sich Mum und Dad ganz geheimnisvoll gehalten, was ein weiteres Kribbeln in Tenia auslöste. ‚Sei nett zu unseren Gästen‘, hatte man ihr hundert Mal gesagt und Tenia hatte sich jedes Mal auf die Zunge gebissen, um nicht zu sagen, dass nett doch eigentlich arg verwandt mit sehr doof war. Wer der Besuch war, hatten sie wie selbstverständlich mit ‚die Mäntels‘, oder so was beantwortet. Die Mäntels? Das hatte Tenia so gar nichts gesagt. Ob sie Pelzhändler meinten? Bei dem Gedanken wurde der Nullianerin beinahe schlecht. Niemand lud Pelzhändler auf Null ein. Nullianer verkauften doch nicht die Pelze der Tiere, die sie jagten an geldgierige Händler. Nullianer hatten Ehre! Und es war nur ehrenvoll ein Tier zu töten, dass man auch aß und weil man es brauchte. Mäntel konnte aber auch einfach nur ein Nachname sein, denn Tenia wusste, dass nicht jeder ‚Aus der Familie Lumiran‘ sagte. Dabei wäre das viel einfacher gewesen, weil man dann gleich wusste, dass es ein Name war. Na ja. Okay, sie wollte ja mehr, als nur den Namen wissen. Wusste man den Familiennamen wusste man ja nichts über die Familie und wahrscheinlich wäre es wirklich zu lang und zu umständlich immer so was wie ‚aus der Familie X, die bekannt ist für Y‘ zu sagen. Selbst dann würde man das meiste ja noch immer nicht wissen…

Tenia‘, sagte ihre Mutter und klang dabei so ernst, dass Tenia sie wirklich voller Aufmerksamkeit ansah, ‚Diese Gäste sind sehr wichtige Leute. Ich verlange von dir, dass du dich benimmst und ihnen mit Respekt begegnest. Ich möchte, dass du nur dann Fragen beantwortest, wenn du welche gestellt bekommst. Hast du das verstanden?“ Tenia nickte, aber Andina schien das nicht zu genügen ‚Ob du verstanden hast,‘ fragte sie mit Nachdruck, als Tenia ihrem Nicken ein Lang gezogenes „Ja,“ folgen ließ. „Ich werde nichts erzählen, was nicht gefragt ist und ich werde nichts anmerken, auch wenn ich es doof finde. Ich werde nett sein und brav,“ jetzt hob Tenia den Zeigefinger, „und auf keeeeinen Fall irgendetwas schlechtes über das Imperium sagen.“ Wie heißt der Imperator?‘ Tenia seufzte, als ihr Blick erstmals abschweifte, aber da war schon ihr Vater zu ihr getreten. ‚Komm schon Ini, den Namen hast du doch nicht etwa vergessen!?‘ Sie wollte seufzen, aber es ging unter, in einem schlecht zu versteckendem Grinsen. „Phollow heißt er. Lang lebe Phollow. Ich weiß es doch alles, ich hab das alles aufgeschrieben und“, sie schielte zu ihrer Mutter herüber, „schon längst wieder kaputt gemacht, also das Filmsi. Ich hab’s im Kopf. Wirklich! Kann ich jetzt noch raus, bevor sie kommen? Bitte!?“ Tenia sah ihren Vater von unten an, bemühte sich, ihr liebstes Lächeln aufzusetzen und wusste, dass er so oder so ja sagen würde. Er würde sie ansehen, dann eine wegwerfende Handbewegung machen, groß Lächeln und ihr sagen, dass sie schon gehen solle und dann würde ihre Mutter sie kurz vor der Türe noch einmal aufhalten und sie an Pünktlichkeit erinnern. Smon sah sie an, machte eine wegwerfende Handbewegung. ‚Na geh schon.‘ Bloß Andina hielt sich nicht an dieses Beinahe Ritual. Stattdessen sah sie Smon an und sah irgendwie wütend aus, dass sah Tenia, als sie sich umdrehte. ‚Geh schon, sei aber pünktlich,‘ zwinkerte Smon seiner Tochter zu.

Tenia rannte so schnell sie konnte, denn sie wusste genau, ganz genau, wann der Besuch kommen würde. Und wie jeder Besuch, der von woanders kam, würden sie am Raumhafen auftauchen. Ganz so einfach würde es nicht sein, wirklich pünktlich zurückzukommen, je nachdem, aber Tenia kannte Null. Beinahe schon ganz Null! Und damit viele Abkürzungen und Verlängerungen und… sie musste Pause machen vom Rennen. Schnell rennen und schnell denken zur gleichen Zeit, brachte alles ganz durcheinander und als Tenia beinahe abrupt stehen blieb, holte sie erst mal tief Luft. Hin musste sie sich doch gar nicht so beeilen, nur zurück. Sie zupfte also ihr Kleid gerade, ging die ersten zehn, zwanzig Schritte normal und begann dann doch wieder zu rennen, denn die Neugier war einfach viel zu groß.

Als Tenia am Raumhafen ankam, war sie wieder aus der Puste und ihre Haare völlig zerzaust. Das würde sie noch richten müssen, das war auch eine dieser Regeln gewesen. Als ob es wichtig gewesen wäre, dass keine Strähne irgendwo hing. Das war quatsch! Wenn man sich in und mit dem Wind bewegte, bewegten sich nun mal auch die Haare am Kopf und wenn die Natur gewollt hätte, dass die Haare immer saßen, hätte sie sie angeklebt oder eben ganz weg gelassen. Dabei hatten die meisten, männlichen Nullianer ja gar nicht so viele Haare. Das lag bestimmt daran! Die waren zum Rennen gemacht. Aber hieß das dann, dass Mädchen das nicht waren? Nicht gemacht, um zu Rennen? Tenia lachte verwirrt auf, als sie die altbekannte Handbewegung ihres Vater nachahmte. „Was für ein quatsch,“ sagte sie dann laut und wartete, dass endlich ein Schiff kam.

Sie kam zu spät. Viel, viel zu spät, aber sie hatte die Wurzel nicht gesehen und sich viel zu sehr beeilt. Aber nein, sie musste ja über diese doofe, fiese Wurzel fallen, sich das Knie aufschlagen, dann ein bisschen weinen (nur ein bisschen!) und dadurch zu spät kommen. Sogar das Kleid war kaputt gegangen und schmutzig geworden. Das Blut hatte sie ja noch abwaschen könne, dafür gab es ja schließlich Bäche, aber schnell ein Kleid waschen und nackig durch den Wald rennen und hoffen, dass das Kleid bis dahin trocknete? Nein, das ging ja wirklich nicht….

Als Tenia ankam, musste Andina sie schon bemerkt haben, denn sie öffnete die Türe und ihr Blick verriet noch viel mehr Wut, als vorhin. ‚Schön, dass du endlich da bist, unsere Gäste‘, diese kleine, kurze Betonung, die wahrscheinlich nur ein Lumiran erkannte, ‚sind schon da. Gut siehst du aus.‘ Auch diese Betonung war überdeutlich und Tenia beeilte sich, ihre Haare halbwegs ordentlich zurück zu streichen, als sie das Wohnzimmer betrat, in der die Menschen saßen, die sie am Raumhafen schon längst gesehen hatte. Ein Mann, fast ganz in grau, ohne ein einziges Haar im Gesicht, eine Frau und ein Junge, der durch seine Beine und Arme, die viel zu lang für seinen Körper waren, sehr, sehr komisch gelaufen war, das hatte sie genau beobachtet. Ob er damit überhaupt rennen konnte?
„Es war nicht Absicht zu spät zu kommen,“ ein etwas festerer Griff an Tenias Schulter, „ich bitte um Entschuldigung.“ Die Frau sah gar nicht böse aus, nein, ihr Lächeln war sogar sehr nett. Der Mann, der so kahl im Gesicht war, sah jetzt auch nicht sonderlich wütend aus, aber besser, Tenia reizte ihre Mutter jetzt nicht mehr so sehr. Am Ende durfte sie sich sonst etwas anhören und dann von ihr und Dad und … na ja. Wenn Dad ernst wurde, war das viel schlimmer.
Sie aßen alle gemeinsam und Tenia hielt sich, ganz wie abgemacht, an die Regel, nichts zu sagen, wenn sie nichts gefragt wurde, was auch gar nicht geschah oder nur selten. Wie alt bist du und so was. Alles was da geredet wurde, war furchtbar langweilig, irgendwie komisch wie in einem schlechten Holo und es war eine Erleichterung, als sie endlich aufstehen durfte (als hätte man ihr je verboten aufzustehen!) und mit Scytale spazieren gehen sollte.

„Null ist der schönste Planet in der ganzen Galaxis,“ erklärte sie dem Jungen neben sich, der zwar auch sehr groß war, aber nicht so riesig. Das kam nicht so oft vor und das hatte die Mäntels wirklich sympathisch gemacht. Bestimmt würde Tenia mal so groß sein, wie Scytales Mutter. „Manche Traditionen sind ein bisschen gewöhnungsbedürftig, aber trotzdem, Null ist total toll.“
So wirklich gesprächig war Scytale nicht, er sagte viel zu selten etwas, aber vielleicht… oh, sie sollte besser leise sein, denn vielleicht redete sie ja einfach zu viel? Ganz bestimmt! Wenn einer zu viel sprach, nahm er dem anderen den Raum, das hatte Tenia gelernt. Sie würde Scytale auch reden lassen, aber gerade, als sie diesen Entschluss gefasst hatte, kamen sie an einer sehr seltenen Pflanze an, die sie Scy unbedingt zeigen musste! „Diese Pflanze hier, nennt man…“ Aber Scy sah ja gar nicht hin, sondern starrte in den Himmel. Vielleicht deswegen sein Name? „Blumen magst du nicht so, oder?“ fragte sie ihn also, denn Mum und Dad hatten ja nicht gesagt, dass sie nichts fragen durfte… Und da erzählte der große Jungen von Raumschiffen, was Tenia mehr, als nur einmal die Augenbraue in die Höhe wandern ließ. Was war denn daran interessant? An komischen Schiffen, die alle richtig, richtig hässlich waren. „Aber Raumschiffe stinken doch,“ kam es, als verstünde Tenia nicht, wie irgendjemand das übersehen konnte. Konnte ja auch niemand! Sie stanken fürchterlich und Scytale? Er grinste und er sagte, dass sie Recht hatte. Sie hatte Recht und damit hatte sie, da war sich Tenia ganz sicher, so was wie einen fremden Freund gefunden.
 
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Es wird dunkel (I)
(Tenia mit 17)

„Würde es dir viel ausmachen, dieses Gerät einfach weg zu packen und dich auf die Führung zu konzentrieren?“ Sie klang beinahe nett, als sie es sagte, aber seit Tenia die Gruppe durch den Wald führte, war es immer dieser Typ, auf den sie warteten, weil er die ganze Zeit mit diesem seltsamen Gerät in seinen Händen beschäftigt war und damit alle aufhielt. Nicht, dass die Nullianerin nicht genug Zeit an Haltepunkten verbrachte. Eigentlich war es sogar etwas Besonderes, wenn jemand an jedem Strauch oder jeder Pflanze hielt, aber unlängst hatte sie das Getuschel und die Unruhe wahrgenommen. Die anderen Teilnehmer wollten zurück und da es hier nicht darum ging, bloß einen Einzelnen bei Laune zu halten… Jetzt sah die Gruppe von Tenia zu diesem Typ und die Nullianern selbst sah auf den Boden, sammelte sich, bereitete sich darauf vor, irgendeinen dummen Kommentar an den Kopf geworfen zu bekommen, doch als sie aufsah, packte der Mann das Gerät weg. „Sorry,“ sagte er stattdessen und lächelte entwaffnend und diesmal war es Tenia, die die Gruppe minimal aufhielt, weil sie für Sekunden vergaß, sich in Bewegung zu setzen. „Äh, okay. Also weiter,“ erklärte sie, als sie sich losriss und dem Drang, sich noch mal umzudrehen wiederstand.

Sicher war es kein Zufall, als die Führung beendet war, aber eine Person noch geblieben war und Tenia direkt ansprach. „Ich wollte dich nicht aufhalten, aber das Gerät, von dem du gesprochen hast, ist was ziemlich besonderes. Es scannt Pflanzen und Lebewesen ab und verrät am Ende mehr darüber. Noch ist es in der Beta-Version und unfertig, es wird noch Wochen, wenn nicht Monate kosten, aber Null ist es das wert.“Das Gerät scannt Pflanzen?“ Skeptisch sah Tenia dem jungen Mann entgegen, der dieses komische Teil schon wieder hervorholte. „Ich zeig es dir,“ meinte dieser, deutete auf eine der Pflanzen. „Diese hier zum Beispiel. Wahrscheinlich kennt kaum einer ihren Namen, nicht einmal du - “Inisa.“ Die Antwort kam prompt, auch wenn dieser Typ gar nicht danach gefragt hatte. „Die Pflanze heißt Inisa.“ Das Lächeln das jetzt kam zeigte Bewunderung, irgendwie erkannte Tenia das sofort. „Inisa, du kennst sie, ich kenne sie, aber ich wette, die meisten, die hier her kommen, kenne sie nicht. Deswegen bin ich hier. Um so viele Pflanzen wie möglich zu speichern, damit man ein Bild machen kann und sofort Informationen darüber bekommt. Name, Aussehen, Vorkommen, Essbarkeit, eben alles, was man wissen sollte.“ Tenia sah von dem blonden Mann mit den langen Haaren auf sein Gerät. „Ich zeig’s dir.“ Drei weitere Stunde verging, in der sie durch den Dschungel liefen, in der Jafan, so hatte er sich schließlich vorgestellt, Pflanzen scannte, Informationen über sie abrief, oder aber, sogar neue Informationen eingab, die ihm Tenia geben konnte.
Das ist absoluter Wahnsinn!“Es macht verdammt viel Arbeit und es ist nicht einfach, in kurzer Zeit viel zu entdecken, vor allem nicht hier, aber es ist nützlich und Null hat sich schon allein für die beiden Führungen gelohnt,“ erklärte Jafan und lächelte seltsam eindringlich. Tenia verstand sehr genau, dass Jafan hier nicht die Pflanzen meinte und sie spürte, wie sie unfreiwillig rot wurde und von Jafan auf den Boden sehen musste. „Machst du… das schon lange?“ Sie musste das, was er gesagt hatte, umgehen, denn das, was es ausgelöst hatte, war noch immer zu deutlich spürbar. „Es ist Beruf und Berufung zugleich und mache ich das eigentlich schon ziemlich lange. Das Programm hab ich selbst entwickelt, es kann nicht nur Pflanzen erkennen, sondern speichert, zur Sicherheit, neben der Struktur und all den Sachen, auch Gerüche.“ Tenia zog eine Augenbraue in die Höhe. „Gerüche?,“ fragte sie ungläubig, denn wie sollte in einen solchen Kasten der Duft von Dutzenden Blumen passen? „Ich zeig’s dir. Welche Blume schwebt dir vor? Am besten erst mal eine, die recht bekannt ist, immerhin ist das alles noch nicht vollständig.“ Tenia überlegte kurz, ehe sie eine Blume vorschlug, erneut lächelte Jafan, gab den Namen ein und hielt das Gerät dann direkt vor Tenias Nase, die ein wenig näher rückte, erst die Braue hochzog und dann große Augen bekam, als ihr der Duft der Blume wirklich in die Nase stieg. „Das ist unglaublich!“ Bisher hatte Tenia nie etwas von Technik gehalten und das meiste auch überhaupt nicht gekannt. Technik, so war es ihr immer vorgekommen, war ein großer Rückschritt, der sie weit, weit weg von der Schönheit der Natur brachte. „Vor allem ist es unglaublich praktisch,“ bestätigte Jafan und lachte, als Tenia ihn ansah. „Hast du mehr als eines dieser Geräte?“ Jafans Lächeln wurde zu einem Grinsen.Noch nicht, aber wenn ich Erfolg damit habe, wird es einen Haufen dieser Geräte geben. Ich brauche nur noch einen guten Namen dafür.“ Einen guten Namen für einen ‚Blumendetektor‘? Tenia dachte nach, aber sie hatte keine Idee und Jafan erkannte richtig, dass sie sich genau darüber Gedanken machte. „Tja, mir ist bis jetzt auch nichts Gutes eingefallen. Aber komm, lass uns gehen, nicht, dass du zu spät nach Hause kommst.“ Jafan stand auf und reichte Tenia die Hand, damit sie von dem Stamm aufstehen konnte, aber Tenia ignoriere diese Geste. „Ich bin erwachsen,“ sagte sie stattdessen und grinste nun ihrerseits „Während du ein Gerät hast, das Blumen erkennt, erkenne ich auch ohne Gerät blind den Weg zurück nach Hause.“ Wirklich?“ Die Frage kam überspitzt, absichtlich provozierend. „Wirklich und ich wette, dass du nicht einfach so zurück findest.“ Tenia war sich sicher. Sie waren völlig vom Weg abgekommen, waren kreuz und quer durch den Wald gelaufen und Jafan war mehr damit beschäftigt gewesen, Blumen, Gräser und Pflanzen zu speichern, als auf den Weg zu achten. Jetzt aber lachte Jafan erneut. „Du bist die Fremdenführerin, aber was wäre jemand, der herumläuft und Pflanzen speichert, ohne Orientierungssinn?“ „Jemand der ein Gerät entwickelt, das nicht nur Pflanzen bestimmt, sondern auch den Weg zurück erklärt? Zwei Flüstervögel mit einem Netz.“ Betont lässig zuckte Tenia mit den Schultern, „Flüstervögel?“ Jetzt lachte Tenia. „Du bist Biologe und kennst Flüstervögel nicht?“ Ich kenne mich mit Pflanzen aus, nicht mit Tieren.“Ich zeig dir welche.“
Die Jahreszeit war perfekt dafür geeignet, Tenia kannte ihre Brut- und Nistplätze und zu einem solchen führte sie Jafan, dem sie mit einem Zeigefinger auf dem Mund und einem an das Ohr andeute, nun zu lauschen. So saßen Jafan und Tenia eine ganze Weile schweigend auf dem Waldboden und lauschten dem Gesang der Flüstervögel, der, zumindest für Tenia, etwas ganz besonderes war. „Vielleicht wäre ein Gerät, das alle Vogelstimmen erkennt, auch eine gute Idee,“ flüsterte sie nun in die aufgekommene Stille hinein. „Ja, vielleicht, aber es in Echt zu hören, ist etwas anderes.“ Tenia sah herüber zu Jafan und lächelte, berührt und irgendwie glücklich darüber, dass ein Außenweltler Null so zu schätzen wusste, wie sie. Die meisten die sich Null ansahen, kamen eher, wegen des Jagens oder wollten das sehen, was alle sehen wollten. Jafan interessierte sich – und das war seltsam und schön zur gleichen Zeit. „Ich glaube aber, dass es jetzt wirklich Zeit ist, zu gehen.“

Die Dämmerung war schon über sie hereingebrochen und eigentlich hatte Tenia mit ihren Eltern ausgemacht, dass sie immer vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause sein würde. „Ich dachte, du bist erwachsen?“. Tenia rollte mit den Augen. „Nicht ganz.“ Jafan lachte. „Nicht ganz?“ Mit 17 war man eben kurz vor den 18, fühlte sich aber, als wäre man das schon lange. „Ich finde, 17 ist erwachsen genug,“ kam es beinahe schnippisch, was Jafan nur ein weiteres Lachen entlockte. „Glaub mir, 18 wirst du früh genug.“ Natürlich. Tenia betrachtete ihn mit einer in die Höhe gezogenen Braue. „Weil du ja so viel älter bist.“ Tenia konnte ihn schlecht einschätzen, ein Bart machte jeden älter und lange Haare gaben auch keinen Aufschluss, aber sehr viel älter als sie, konnte er nicht sein. „Pack 10 Jahre drauf,“ erahnte Jafan ihre Gedanken schon zum zweiten Mal.Auf Lorrd, wo ich herkomme, gilt man als erwachsen, sobald man 15 ist.“ Lorrd? Tenia hatte diesen Planeten noch nie gehört, aber sie wusste, dass es Spezies gab, die früher als erwachsen galten und das es oft darauf ankam, wie alt sie überhaupt werden konnten. Jemand der 500 Jahre wurde, war wahrscheinlich nicht schon mit 18 volljährig. „Groß rum gekommen bist du noch nicht, oder?“ Tenia seufzte. „Hey, das war kein Vorwurf, eher eine Ahnung.“ Eine Ahnung, die zutraf. „Null ist meine Heimat und warum soll ich einen anderen Ort besuchen? Am besten ist es, erst mal die eigene Heimat zu kennen und bis ich jeden Fleck auf Null kenne, werden noch ein paar Jahre vergehen.“ Dabei kannte sie schon beinahe den ganzen Planeten, bloß zählten die Reisen als kleines Kind wahrscheinlich nicht. „Wenn ich alles von hier kenne, kann ich immer noch herum reisen.“ Bis dahin aber würde noch einige Zeit vergehen und vielleicht kam sie erst dann zum Reisen, wenn sie eine Jedi geworden war? Die waren schließlich viel unterwegs und bis dahin hatte Tenia noch Zeit. „Ich mag es, Eindrücke von verschiedenen Orten zu sammeln und diese zu teilen.“ Was bestimmt keine schlechte Sache war, aber Null, Null war einfach etwas anderes. Vielleicht hatte Tenia einfach Angst davor, andere Orte zu besuchen, obwohl da mehr als einmal der Wunsch gewesen war, zu gehen. Einen Planeten zu besuchen, den sie nicht kannte. Neu anzufangen… „Alles in Ordnung bei dir?“ Tenia zwang sich zu einem Lächeln. „Klar“, behauptete sie dann und als sie diesmal aufstanden, ließ sie sich von Jafan helfen und reichte ihm die Hand, was sie ihm Sekunden sehr nahe brachte. Sie schluckte, räusperte sich dann. „Wir, müssen da lang…“, sagte sie, nur um etwas zu sagen, um diese seltsame Stimmung, die aufgekommen war, zu unterbrechen und als Jafan noch einen Schritt näher auf sie zumachte, ihre Hand noch immer haltend, war es die Nullianerin, die einen Schritt zurück machte und ihre Hand entzog. „Es wird dunkel, ehe wir zurück im Dorf sind und das könnte Ärger geben.“ Und diesen Ärger gab es.
 
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