Tales of the Galaxy - Unsere Kurzgeschichten

Es wird Dunkel (II)


‚Hast du irgendeine Ahnung davon, wie spät es ist, Tenia Lumiran?‘ Smon klang außer sich, auch wenn er die Stimme nicht erhob. Mit jeder Silbe war deutlich, wie wütend und besorgt er war und das er ihr eine Standpauke hielt, obwohl sie nicht alleine war, war neu und ein Zeichen dafür, dass Smon wirklich verärgert war. Normal übernahm ihre Mutter diesen Part, aber sie war seltsam still und hielt sich im Hintergrund, Tenia hatte sich längst entdeckt.
„Es war meine Schuld, Sir. Ich habe ihre Tochter aufgehalten.“ Sowohl Tenias Blick, als auch der von Smon, wanderten sofort zu Jafan und irgendetwas an der Stimmung änderte sich schlagartig. ‚Ich weiß nicht, wie ihr das auf deinem Planeten handhabt, aber hier auf Null entführt man keine minderjährigen Mädchen bis spät in die Nacht.‘ Etwas beinahe bedrohliches lag in Smons Stimme, etwas, das Tenia so noch nie gehört hatte, etwas, das ihr irgendwie Angst machte. „So war es auch nicht, Sir,“ erwiderte Jafan und klang völlig gelassen. „Ich habe Ihrer Tochter nur ein von mir entwickeltes Gerät zum scannen von Pflanzen gezeigt, dabei haben wir die Zeit vergessen, Es wird nicht wieder vorkommen, entschuldigen sie bitte.“ Smon musterte Jafan, dann seine Tochter, die unter dem Blick ihres Vaters ein wenig in sich zusammen schrumpfte. Das rate ich dir auch und jetzt geh.“ Jafan verabschiedete sich höflich und Tenia wollte in ihr Zimmer gehen, aber diese Rechnung hatte sie ohne ihren Vater gemacht. ‚Geh ins Wohnzimmer,‘ befahl er und Tenia machte keine Anstalten, jetzt Widerstand zu leisten. Wortlos ging sie ins Wohnzimmer, setzte sich an den Tisch.
‚Es ist halb zwei, mitten in der Nacht, junge Dame. Du weißt genau, dass du längst hättest hier sein sollen. Aber das du mit einem Kerl unterwegs bist, ist der Gipfel. Was habt ihr gemacht?‘ Was habt ihr gemacht? Jetzt sah Tenia auf, verletzt und getroffen zugleich, von dem Vorwurf, der so deutlich in den Worten ihres Vaters mitschwang, dass er sie gleich ausspucken konnte. „Er hat mir sein Gerät gezeigt, genau wie er gesagt hat.“ Sie hatte ihm diese Worte entgegenschmettern wollen, stattdessen hörte sie selbst, wie verletzt sie eigentlich klang und ihr Vater? Er musste das auch hören! ‚Ein Gerät um Pflanzen zu scannen? Mitten in der Nacht?‘ Wütend schlug Smon mit der Hand auf den Tisch und Tenias Mutter? Saß einfach da und sagte nichts. ‚Lüg mich nicht an.‘ Smons Stimme war noch bedrohlicher geworden und wenn Tenia sich jemals vor ihrem Vater gefürchtet hatte, dann genau in diesem Moment. „Ich hab ihm noch Flüstervögel gezeigt, ihren Brutplatz, Dad, ich hab nicht…“ Sie hatte keine Chance. ‚Ich verbiete dir, dich noch einmal mit ihm herum zu treiben. Ich verbiete dir, um diese Uhrzeit überhaupt noch da draußen sein. Du hast vor Sonnenuntergang hier zu erscheinen und wenn du dich schon mit Kerlen treffen musst, dann stellst du diese bei Tageslicht vor und treibst dich nicht mit ihnen im Wald herum, hast du das verstanden?‘ Tenia starrte ihren Vater an, kämpfte gegen ihre Tränen und gegen ihre Wut, die gleichermaßen an die Oberfläche brodeln wollte. ‚HAST DU VERSTANDEN?‘ Tenias Gesichtsmuskeln begannen zu zucken. „Ja,“ sagte sie, blickte zu ihrem Vater und verfluchte ihn innerlich. „Ich habe verstanden.“ Sie wünschte ihm keine gute Nacht, sie sah auch ihre Mutter nicht an, erst als Tenia ihr Zimmer erreicht hatte, drehte sie sich herum, starrte gegen die Tür und warf dann, das Kissen, nachdem sie griff, gegen eben jene. Dann lehnte sie sich gegen die Tür, ließ sich auf den Boden sinken und begann zu weinen. Ein winziges Geräusch erweckte ihre Aufmerksamkeit. Ein kleiner Stein, der gegen ihre Scheibe landete? Mühsam wischte sie sich die Tränen weg, lief zum Fenster, sah hinunter und da stand Jafan, hielt ein Filmsi in die Höhe, auf dem drei einfache Worte standen. Tut mir leid.
Trotz der Dunkelheit konnte sie sein Lächeln erkennen und lächelte zurück, ehe sie den Vorhang zuzog und mit besserer Lauen zu Bett ging.

***
„Smon, du kannst so nicht mit ihr reden. Sie ist jung und ich glaube ihr.“ Smon gab einen missmutigen Laut von sich, denn das, was seine Frau ihm da gerade sagte, war ihm auf der einen Seite zwar klar, auf der anderen aber, wollte er all das nicht wissen. ‚Sie hat um diese Uhrzeit nicht da draußen herum zu laufen.‘Das hast du ihr sehr deutlich gemacht.“ Zu deutlich. Es schwang in ihren Worten mit. „Du kannst sie nicht ewig behüten und vor allem schützen, sie ist fast erwachsen. Früher oder später wird sie sich verlieben.“Später reicht mir völlig.‘ Andina lachte leise. „Smon,“ sagte sie, „überlass das das nächste Mal mir. Sie ist nicht mehr dein kleines Mädchen, sieh es endlich ein.“ Aber in dieser Beziehung hatten Smon und Andina völlig andere Ansichten.

***

‚Es tut mir leid, wenn ich dich gestern zu hart angegangen bin.‘ Wenn? Hatte Tenia gestern noch Angst vor ihrem Vater gehabt, war da jetzt Wut, die unverhohlen in ihrem Blick lag. Wenn! Als ob! Er war sie zu hart angegangen, das wusste er selbst und seinescheinheilige Entschuldigung konnte er für sich behalten! Nie, nie war sie so wütend auf ihn gewesen wie jetzt und gerade deswegen durfte er da auch in aller Deutlichkeit spüren. „Schon in Ordnung,“ erwiderte sie und klang dabei nicht ansatzweise so, als läge auch nur ein Fünkchen Wahrheit in ihren Worten. „kann ich jetzt gehen?“Wohin?‘ Beinahe klang Smon wie gestern, doch jetzt war es Andina, die ihm einen Blick zuwarf, der Smon etwas kleiner werden ließ. ‚Wo gehst du hin?‘, stellte er die Frage erneut, diesmal eine Spur freundlicher. „In den Wald. Ich werde nicht mit ‚Kerlen‘ rumhängen und vor Anbruch der Nacht wieder zurück sein, okay?“ Erneut warf Andina ihrem Mann einen Blick zu, als dieser etwas sagen wollte. ‚Gut,‘ sagte er stattdessen und schon wie gestern verließ Tenia, ohne ihren Vater noch einmal anzusehen das Haus.

„Hast du viel Ärger bekommen?“, war das erste, was Jafan sie fragte. „Wie man es nimmt.“Und wie nimmst du es?“Können wir einfach nicht darüber reden?“ Jafan hob die Hände. „Alles klar, wir reden nicht drüber.“Gut“, kam es von der jungen Nullianerin, die sich, im gleichen Moment, da sie es aussprach, am liebsten geohrfeigt hätte, denn klang sie nicht genau wie ihr Vater? „Eigentlich ist er nicht so, er schreit nicht rum und ist so…“Überbesorgt?“ Das war nicht das Wort, das Tenia gesucht hatte, aber es passte. „Wie auch immer.“Du bist Einzelkind?“Ja, und?“Na ja, Einzelkind, einzige Tochter, ich glaube, er hat Angst davor, dass du irgendwann jemanden findest, der seinen Ansprüchen nicht genügt.“ Jafan hatte Recht, was sie beide wussten, aber das hieß längst nicht, dass Tenia so etwas hören wollte. „Seinen Ansprüchen wird irgendein blöder Nullianer genügen, der entweder Jäger ist, oder Architekt. Und selbst dann würde nie der passende dabei sein. Also verschone mich bloß damit, ihn zu verteidigen.“ Jafan lachte. „Ich wollte dir nur helfen und ich glaube, wenn ich Vater wäre und eine hübsche Tochter hätte…“ Kompliment hin oder her, Tenia warf Jafan einen Blick zu, der in einer anderen Welt die Kraft gehabt hätte zu töten und Jafan blieb stumm, grinste aber, was Tenia beinahe noch mehr ärgerte.

Sie hatten Dutzende neue Gräser gescannt und Tenia war zurück in der Begeisterung, die sie schon gestern verspürt hatte. Sie machten sich einen Spaß daraus, nach bestimmten Pflanzen zu suchen, zu wetten, ob Jafan jede, die Tenia einfiel, in seiner Datenbank fand und es dauerte, bis das Gerät nichts ausspuckte. „Ich schätze, ich werde dir diese Pflanze zeigen müssen, damit du das Ding da,“ ein gespielt abwertender Blick auf das Gerät, „aktualisieren kannst.“ In Wahrheit faszinierte sie dieses Gerät im Übermaß. Natürlich war es nicht mit Null zu vergleichen, aber ein Gerät, das dabei half, Pflanzen zu bestimmen und näheres über sie verriet, das selbst ihren Geruch aufzeichnete, das war etwas Besonderes, vor allem für die Nullianerin, die mit Technik so gut wie nichts zu tun hatte.
Die Pflanze die Tenia vorschlug war eine Bergpflanze, was bedeutete, dass sie ins Gebirge mussten. Sie hatte die Pflanze absichtlich gewählt, denn Tenia wusste genau, dass dieser spezielle Strauch nur auf Null wuchs und dort nur in Höhenlagen. Wenn sie Jafan schon ihre Heimat zeigte, wollte sie auch sehen, ob er im Klettern mithalten konnte.

Da müssen wir rauf?“ Jafans Blick zeigte offene Skepsis. „Du kannst mich auch einfacher los werden,“ fügte er hinzu, sah ein weiteres Mal nach oben und dann zu Tenia. „Ganz ohne Hilfsmittel ist das ein bisschen übertrieben.“ Jafan versuchte nicht, sich zu beweisen, gab nicht an und spuckte keine großen Töne. „Ich hab ein Seil dabei,“ erklärte Tenia, als sie eines aus ihrem Rucksack holte. „Wie bekommen wir das fest?“Du meinst, wie bekomme ich das fest?“ Für Tenia, die schon so oft auf den Gipfel geklettert war, dass sie es blind vermutlich auch geschafft hätte, war das kein Problem. Ein einziges Mal war sie, zu ihrem eigenen Glück, nicht von ganz oben herab gefallen. Aber die Höhe hatte gereicht, sich den Arm zu brechen und Smon dazu zu bringen, das Klettern zu verbieten. „Du kletterst da ohne Sicherung herauf?“Du klingst, wie mein Vater.“ Tenia ließ Jafan stehen wo er war und machte sich an den Aufstieg, um das Seil zu befestigen. Jafan stand noch immer unten, stemmte die Hände in die Hüften und schüttelte den Kopf. „Unglaublich,“ murmelte er. „Keine faulen Ausreden mehr, jetzt kannst du auch nach oben.“ Trotz des Seils dauerte es eine Weile, bis es Jafan gelang, bis ganz nach oben zu kommen. Am Gipfel angekommen, war der blonde Mann ziemlich aus der Puste und staunte dennoch, als er die Umgebung wahrnahm. „Das ist ein Grund, weshalb ich hier nicht weg möchte.“ Ja, natürlich waren andere Planeten auch schön, nur weil sie keinen anderen besucht hatte, hieß es ja nicht, dass Tenia sich keine Bilder oder Holofilme über andere Welten ansah. Aber Null war eben ihre Heimat, zumindest zu einem großen Teil.
„Ich könnte nicht zu lange an einem Ort bleiben, egal wie schön er ist.“ „Auch nicht, wenn er deine Heimat ist?“ Sie würde Heimweh haben, da war Tenia sich sicher. Wenn sie zu lange weg sein würde, sie würde Heimweh haben. „Ich mache Heimat nicht an einem Ort oder Planeten fest. Heimat trägt man im Herzen.“ „Klingt ziemlich nach quatsch.“ Heimat im Herzen. Das würde bedeuten, dass man überall zu Hause sein konnte und das war für Tenia völlig undenkbar. „Nur weil du es nicht kennst, heißt es nicht, dass es quatsch ist.“ Jetzt klang Jafan ernst, nicht belehrend oder etwas in der Art, aber ernst und ziemlich überzeugt, ohne ein Lächeln in der Stimme. „Und wenn Null wirklich die Heimat wäre, die du dir wünschst, wäre es einfach für dich, es zu verlassen.“ Aus Tenias Mund drang ein Laut, der ihren Unmut äußerte. „Das ergibt überhaupt keinen Sinn.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah demonstrativ in eine andere Richtung. „Weil Null meine Heimat ist, verlasse ich es nicht.“ Wenn Jafan darüber vielleicht eine Sekunde nachdachte, begriff auch er, dass seine Worte keinen Sinn ergaben. „Tenia, das besondere an Heimat ist, dass man sie verlassen kann, weil man weiß, dass man früher oder später zurückkehren wird. An einem Ort zu bleiben und ihn als Heimat zu bezeichnen, heißt für mich viel eher, das man Angst davor hat, dass irgendwo da draußen etwas ist, was einem besser gefällt.“ Diese Worte gefielen Tenia nicht, vor allem nicht, da sie irgendeinen Kern getroffen hatten. Warum wollte sie einen Neuanfang irgendwo anders, wenn Null so wunderbar war, wie sie behauptete? Warum wollte sie überhaupt zu den Jedi? Aber Jafan hatte kein Recht dazu, ihr die Wahrheit, oder das, was er dafür hielt, einfach so vor den Latz zu knallen. „Schön für dich.“ Wenn eben das Lächeln aus Jafans Stimme verschwunden war, zeigte sein Gesicht jetzt beinahe den Anflug von Verärgerung. „Reagierst du eigentlich immer so, wenn jemand etwas sagt, was dir nicht gefällt?“ War sie mit ihm auf den Gipfel gestiegen, um sich dumme Kommentare anzuhören? Sie hatte ihm eine Pflanze zeigen wollen, aber gerade kam es ihr vor, als wolle Jafan ihr irgendwelche Abgründe ihrer Seele zeigen. „Ich glaube, wir sollten jetzt gehen,“ nicht, dass sie eine Antwort abwartete, stattdessen setzte die Nullianerin sich schon in Bewegung, um wieder hinunter zu klettern, doch Jafan hielt sie fest und drehte sie zu sich herum. „Jetzt komm schon, sei nicht so.“ Wütend funkelte Tenia dem anderen entgegen. „So was? So wie ich bin? So anders als du? So…“ Doch sie kam nicht dazu, als Jafan sie näher an sich zog und sie mit der nächsten Aktion zum Schweigen brachte, sie völlig überrumpelte und verblüffte. Tenia brauchte einen Moment, dann holte sie aus und verpasste Jafan eine schallende Ohrfeige, was sie beinahe mehr erschreckte, als sein Kuss. Endlich trat er einen Schritt zurück, was auch Tenia tat, die ihn dabei dennoch anstarrte. „Tut mir leid,“ sagten sie zur gleichen Zeit, wandten den Blick ab und nun schien auch Jafan erstmals zu überlegen, was er sagen sollte. „Der Strauch…“, kam ihm Tenia diesmal zur Hilfe, oder ihnen beiden? „Wir wollten ihn scannen.“Ja… du hast Recht, also, los geht’s.“ Tenia bewegte sich beinahe mechanisch, um zu einem der Sträucher zu gelangen, Jafan folgte ihr schweigend. An ihrem Ziel angekommen, gingen beide in die Hocke um den Strauch zu scannen und verharrten in jener, als sie schon längst fertig waren. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten, Tenia,“ durchbrach der Lorrdianer die Stille. „Ja… ich weiß.“ Und diesmal bewegten sie sich beide gleichzeitig aufeinander zu.

 
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Es wird dunkel (III)

Es war das seltsamste, das Tenia jemals gespürt hatte. Sie hatten ihren Vater schon geküsst, auch ihre Mutter, aber niemals auf den Mund. Sie spürte Jafans warme Lippen, seinen Bart, seine Hand, die zu ihrem Gesicht gewandert war und fühlte sich, mit all den Eindrücken, die so schnell auf sie einprasselten vollends überfordert. Sie hatte noch nie jemanden geküsst. Sie war noch nie geküsst worden und bis jetzt, war sie nie verliebt gewesen. Da waren Schauspieler, die sie unheimlich niedlich gefunden hatte, aber das war anders gewesen, ganz anders im Vergleich zu dem, was sie jetzt spürte. Nie war ihr jemand so nahe gewesen, sie spürte nicht nur Jafans Lippen, sondern auch seinen Atem und obwohl all das auf seltsam, magische Art und Weise schön war, war es höchst verstörend zugleich und Tenia musste den Kuss abbrechen, dabei traute sie sich gar nicht, ihre Augen wieder zu öffnen. Aber was blieb ihr anderes übrig? „Du hast noch nie jemanden geküsst.“ Eine Feststellung, keine Frage, die Tenia peinlich berührte und die, gerade durch Jafans Lächeln nur noch peinlicher wurde. Mit siebzehn hatten die meisten Mädchen in der Schule schon ganz andere Sachen erzählt und wenn manches auch gelogen war, sie hatte damals genug gesehen, aber eben nie selbst gespürt. „Bei dir ist das wohl anders?“ Tenia wünschte, sie hätte Jafans Blick nicht gesehen, denn er sprach Bände. Bei ihm war es anders und wollte sie wissen, wie anders es war? Wenn er ständig von Planet zu Planet reiste, sich überall gleichermaßen zu Hause fühlte, dann hatte er bestimmt ein Dutzend Frauen gehabt und das verpasste Tenia einen gehörigen Stich und ein neues Gefühl, das sie sofort und mit nur einem einzigen Wort beschreiben konnte. Eifersucht. So ist es nicht,“ kam Jafan ihr zuvor, als hätte er ihre Gedanken gelesen. „Ich habe noch nie etwas mit einer Frau angefangen, für die ich nichts empfunden habe.“ Was die Sache ungleich besser machte. Er konnte überall sein, weil er Heimat im Herzen trug. Also konnte er auch mit jeder etwas anfangen, weil er für jede etwas empfand und genauso schnell wieder damit aufhören. Andere Väter hatten auch schöne Töchter, war bei ihm wohl mit ‚andere Planeten‘ zu ersetzen. „Ich will das so genau gar nicht wissen.“ Was der Wahrheit entsprach und gleichzeitig gelogen war. „Außerdem haben wir ja gar nichts angefangen.“ Sie hatten sich nur geküsst, ganz einfach und ein erster Kuss bedeutete überhaupt nichts. Schon gar nicht, wenn er von einem Außenweltler kam, der zehn Jahre älter war und ohnehin wieder verschwand. Smon. Als Tenia an ihren Vater denken musste, an seinen lächerlichen Vorwurf, an die Frage, was sie mit Jafan gemacht hätte… Jafan griff nach Tenias Hand, die alle Mühe hatte, sich irgendwie zu beruhigen, zwischen furchtbar wütend werden und weinen lag eine Menge und sie war zu überfordert damit, zu sondieren, was davon sie jetzt wollte. Alles gleichzeitig war genauso überfordernd wie jedes einzelne Gefühl für sich.

Ich meine das hier ernst,“ waren Jafans nächsten Worte, die Tenia ein wenig deutlicher in eine Gefühlsrichtung brachten. „Für die Zeit in der du da bist, hm?“ Sie entzog ihre Hand und bereute, dass sie mit ihm dem Gipfel bestiegen und ihn geküsst hatte, dass sie sich überhaupt irgendetwas eingebildet hatte. Ein Außenweltler, pah! „Ich werde drei Monate hier sein.“ Ach ja und dann? „Schön für dich.“ Die Antwort kam giftiger als erwartet und Tenia machte sich nicht die Mühe, diese Worte noch einmal freundlicher zu wiederholen, stattdessen war sie aufgestanden. „Sagst du jetzt wieder, dass wir gehen sollten? Du hast keinen Grund wütend auf mich zu sein, ich hab dir weder etwas vorgespielt, noch dich zu irgendetwas gezwungen.“ Wütend, die Frage war doch, ob sie wütend auf ihn, oder viel eher wütend auf sich selbst war. „Es ist doch alles gut,“ log Tenia also, die keine Ahnung hatte was sie sagen und wie sie sonst anders reagieren sollte. „Komisch, dass sich das kein bisschen so anfühlt.“ Komisch traf den Nagel auf den Kopf und Jafans Aussage traf auch etwas in der Nullianerin, was ihre Wut zurückdrängte und viel eher ihren Tränen Platz machte, was Jafan nicht verborgen blieb. „Okay, ich hab dich überrumpelt.“ Wieder keine Frage, sondern eine Aussage, diesmal aber nickte Tenia stumm und zwang sich, nicht in Tränen auszubrechen. Komisch, das es viel einfacher war, auf Knopfdruck loszuheulen, als nicht zu Heulen, wenn man es eigentlich wollte. Er und ihre Gefühle hatten sie überrumpelt, aber das Jafan den letzten Zusatz nicht machte, war wirklich zu verzeihen. „Wir können es langsam angehen lassen, oder gar nicht. Und praktisch haben wie dafür einen ganzen Sommer Zeit.“ Tenia nickte bloß, sagte nichts. „Also klettern wir wieder herunter und ich lasse dich vorerst in Ruhe?“ Ein erneutes Nicken und als sie diesmal liefen, schweigen sie beide.

Es war lange vor Dämmerung, als Tenia zu Hause ankam und sich wünschte, dass auch ihre Eltern sie in Ruhe gelassen hätten.
„Früh zurück,“ bemerkte ihr Vater und machte sich nicht einmal die Mühe aus seiner Stimme zu tilgen, wie sehr in das erfreute. „Vor der Dämmerung, genau wie du wolltest.“ Auch Tenia machte sich nicht die Mühe, das in ihre Stimme zu tilgen, was gerade perfekt passte, wahrscheinlich sehr zum Verdruss ihrer Mutter, die es mehr, als Smon, nicht ausstehen konnte, wenn sie in dieser ‚respektlosen Art‘ mit ihm sprach. Doch Andina wirkte eher besorgt, nicht verärgert und als sie sich an ihren Mann wandte und ihn fragte, ob er nicht jetzt erledigen wollte, was er hatte erledigen wollen, war es Tenia, sie sie groß ansah. Kaum, das Smon den Raum verlassen hatte, setzte sich Andina auf die Couch und bot ihrer Tochter an, sich ebenfalls zu setzen. „Magst du darüber reden?“ War heute der Tag, an dem nur Dinge geschahen, die Tenia so nicht kannte? Sie schüttelte den Kopf und noch während sie den Kopf schüttelte, war sie nicht länger fähig, ihre Tränen zurückzuhalten, was Andina dazu brachte, aufzustehen und ihre Tochter in die Arme zu nehmen, was, wenn man ihren immensen Größenunterschied betraf, nicht ganz einfach zu bewerkstelligen war. Irgendwann saßen sie wirklich auf der Couch, gefühlte hundert Taschentücher auf dem Schoß gesammelt. „Als ich das erste Mal verliebt war, war das auch eine sehr komplizierte Angelegenheit,“ durchbrach Tenias Mutter schließlich die Stille. „Ich bin nicht verliebt.“ Die Antwort kam schnell und vehement und Andina lächelte, kurz, aber umso wissender. „Und reden willst du darüber auch nicht, ich weiß, Ini.“ Sie mochte es nicht, wenn ihre Mutter sie so nannte. Ihr Spitzname war eigentlich allein Smon vorbehalten gewesen, aber jetzt… war es beinahe tröstend, Andina diesen Namen sagen zu hören. „Aber vielleicht hilft es dir, wenn ich von mir erzähle?“ Ihre Mutter wartete nicht ab, sondern begann wirklich davon zu erzählen. „Als ich 15 war, gab es da diesen sehr, sehr attraktiven Renee und er sah ganz anders aus, als dein Vater damals. Renee war ziemlich stattlich und ich habe bis zu diesem Zeitpunkt nie jemanden gesehen, der muskulöser war als er. Er hatte eine tiefe Stimme und ein umwerfendes Lächeln.“ Andina lachte, als sie sich zurückerinnerte. „Jedes Mädchen stand auf ihn und vermutlich hätte er jede haben können.“ Was ganz nach Jafan klang…

„Das große Problem war, dass meine damalige beste Freundin auch was von ihm wollte.“ Jetzt starrte Tenia ihre Mutter beinahe entsetz an, denn ob sie hören wollte, wie diese Geschichte weiter ging? „Erträgst du einen der Abgründe deiner Mutter?“ Tenias Augen wurde noch größer und die ehrliche Antwort, „Ich weiß nicht…“, ließ nicht lange auf sich warten. „Ich hab meiner Schwester Klamotten geklaut, das kürzeste Kleid, dass ich bei ihr finden konnte und dann habe ich bei Renee geklingelt und ihm gesagt, dass er den größten Fehler seines Lebens begeht, wenn er nicht auf der Stelle mit mir ausgeht.“ Ein ungläubiger Blick. „Hast du nicht.“ „Oh doch, das habe ich und wir sind am selben Abend ausgegangen und am selben Abend zusammengekommen und…“Mom, bitte!“ Sie wollte keine Details, sofern es solche gab, nein, sie wollte wirklich keine Details. Andina lachte und Tenia nahm sich ein Kissen, um ihr Gesicht zu verbergen. „Du hast deiner besten Freundin den Freund vor der Nase weg geschnappt…“ Das war unfassbar, vor allem für jemanden der so… überkorrekt war, wie ihre Mutter. „Weißt du Ini, wir suchen uns eben nicht aus, in wen wir uns verlieben. Sicher, war das nicht die feine nullianische Art, aber ich glaube, dass es gut ist, wenn wir dem nachgehen, was wir uns wünschen.“ Auch, wenn dabei jemand zu Schaden kommt?“ Andina lachte erneut. „Er hätte sich auch für sie entscheiden können und wir beide wussten von der anderen, dass sie verliebt war.“ Ob es das wirklich besser machte? „Was ich dir eigentlich damit sagen möchte, auch wenn dein Vater das nicht hören will, es aber schon gehört hat: Es ist völlig normal, dass wir uns verlieben.“ Erneut schob sich Tenia das Kissen vors Gesicht. „Außerdem ist es in Ordnung.“ Ja, vielleicht. Aber sich in jemanden zu verlieben, der nur drei Monate blieb und dann sicher wieder ging? „Er wird wieder gehen,“ kam es dann doch. „Er wird drei Monate hier bleiben und dann wieder gehen.“ Andina antwortete nicht sofort, als sie überlegte. „Dann lerne ihn in diesen drei Monaten kennen. Vielleicht bleibt er, vielleicht sagst du, dass du mit ihm gehen willst oder du erkennst, dass ihr gar nicht zusammen passt.“ Sie lachte erneut, als sie hinzufügte: „Es gibt viele gute Routen und schnelle Hyperraumantriebe.“
 
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Ranjit Kaveris Bilder

Das Haus atmete. Jedenfalls kam es mir so vor als ich mit den Fingerspitzen über das glatte Holz des Treppengeländers strich. Abgegriffen und dunkel von den vielen Generationen Kaveris, die vor mir hier gelebt hatten. Die breiten Treppenstufen knarzten und der Wind drückte die schweren Türen gegen die Angeln. Wenn die Böe nachließ, bewegten sie sich mit einem Seufzen zurück. Die Galerie lag im Dunkeln, nur die Bilder meines Vaters waren von dramatischen Spotlights beleuchtet, die mit ihrem grellen Schein die Schatten zurückdrängten und die Schwärze abseits ihres Lichtkegels nur noch tiefer wirken ließen.

Wie lange war es her, dass ich hier oben gestanden und bewußt Ranjits Bilder betrachtet hatte? Zumeist ging ich hier achtlos an den Gemälden vorbei, die dort hingen, seit ich ein kleines Mädchen war. Ich kannte sie alle. Kein Grund öfter als nötig hinzuschauen. Manchmal kam ein neues hinzu - dann mied ich die Galerie, den Hauptverbindungsgang zwischen den beiden Flügeln von Kaveri Manor. Lieber nahm ich einen Umweg durch verwinkelte Korridore und leere Flure, um zu meinem Ziel zu gelangen. Unzählige Male war an dem Anwesen ungebaut und angebaut worden, bis der Grundriss einem Labyrinth glich und selbst Räume auf dem gleichen Stockwerk nicht immer erreichbar waren, ohne zuerst die eine oder andere Treppe zu benutzen. So hatte das alte Haus sich auch erfolgreich verschiedenen Modernisierungsversuchen widersetzt und der einzige Aufzug, der tatsächlich Sinn ergab, führte von der Küche in den Speiseraum.

Nun stand ich vor dem Vermächtnis meines Vaters, drei Monate nach dem Brand, der mir beide Elternteile genommen hatte. Der Nachlass war geregelt. Ich hatte mich mit Ilario darum gekümmert - eine Ablenkung, genauso wie die doppelten Schichten, die ich ableistete - alles, um zu vergessen, zu verdrängen. Letztlich hatte sich das als vergebliche Anstrengung herausgestellt. Nach Wochen der Taubheit, in denen mein Leben wie hinter einer dichten Nebelwand gelegen und ich nichts gespürt hatte, war es an der Zeit, sich den Dingen zu stellen und wieder nach vorne zu blicken. Und das im wörtlichen Sinne: Es war eine selbstgestellte Aufgabe, die Bilder meines Vaters in Augenschein zu nehmen, diese düsteren verstörenden Szenen - Bauchschmerzenbilder - hatte ich sie früher genannt.

Mein Vater Ranjit hatte nur wenige davon je weggegeben. Ob er davon welche verkauft hatte, wußte ich nicht. Meistens hatte er sie verschenkt und soweit ich wußte, hatte er nie Auftragsarbeiten angefertigt. Viele der großformatigen Bilder zeigten überwältigende, leere Landschaften. Leblos, mit dunklen Himmeln und endlosen Horizonten - ohne Vegetation, ohne Strukturen, an denen sich der Blick festhalten konnte. Monochromatische Wüsteneien, die in mir ein Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit hervorriefen, gerade jetzt, wo das große Haus still geworden war. Nur noch bewohnt von Frida, ihren Droiden und mir. Bevor der Schmerz durch den Verlust meiner Eltern wiederkommen konnte, wandte ich mich ab und ging weiter.

Ein Satz Vignetten hing rund wie eine Insel zwischen weiteren großen Bildern: Eine überschaubare Anzahl kleiner Porträts, von Leuten, die ich nicht kannte, die mir aber merkwürdig vertraut vorkamen. Wie Gesichter aus einem Traum, Menschen und Stimmen, die man zu kennen glaubt und die man wieder vergißt, während man erwacht. Und zwischen all den sonderbar Bekannten entdeckte ich auch ein Bild von mir. Aber Ranjits Porträt von mir schien älter zu sein, eine gebrochene Version, die mehr gesehen hat als sie ertragen kann. Dabei war der Blick dieses korrumpierten Spiegelbildes durchaus bestimmt und auf ein unbekanntes Ziel gerichtet. Fast war eine Absicht, eine Art starrsinnige Getriebenheit dieses älteren Ichs spürbar. Verwirrt trat ich zurück und unterbrach kopfschüttelnd den Blickkontakt zu meinem Alter Ego.

Das war nur ein Bild. Die Emotionen, die ich hineininterpretiert hatte, waren nicht wirklich da. Ranjit hatte eine ältere Version von mir gemalt, warum wußte ich nicht, aber das spielte auch keine Rolle. Ich projizierte mit Sicherheit nur meine eigene Trauer und Verzweiflung auf dieses Bild. Um sicher zu gehen, dass da nur Farbe und Leinwand waren, betrachtete ich erneut die Fremden, die um mein Porträt herum angeordnet waren. Aber das beklemmende Gefühl, diese Menschen zu kennen, ließ sich nicht abschütteln. Wen hatte mein Vater da nur gemalt? Waren das reale Personen, jemand, den er kannte? Jemand aus seiner Vergangenheit? Oder waren das nur weitere Bilder aus einem Traum? Wie die unheimlichen Landschaften und Szenen, die links und rechts davon hingen? Und wenn er mich - um einige Jahre, wie es schien - älter gemalt hatte, waren diese anderen Porträts dann vielleicht auch in dieser Art verfremdet?

Mir war die Zeit abhanden gekommen, während ich die gleichen Gedanken wieder und wieder durch meinen Kopf bewegt, immer wieder den gleichen diffusen Schrecken gespürt hatte, wenn ich einem Porträt zu lange in die Augen sah. Das war wohl meine Überspanntheit und die vielen Wochen, in denen ich mehr gearbeitet als geschlafen hatte. Mit dem Entschluß, die Bilder für heute Bilder sein zu lassen ging ich nach unten in das Kaminzimmer, um einen Tee zu trinken.

Und natürlich ging ich den Weg über die Galerie nicht zu Ende, wie mir erst auf halbem Wege bewußt wurde: Ich ging zurück und folgte den verschlungenen Fluren, folgte den Wegen, die ich als Kind gegangen war, wenn ich den geraden Weg nicht ertrug.
 
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Ranjit Kaveris Bilder II

Im Kamin brannte Feuer. Natürlich. Frida hatte es kommen sehen, dass es mich hierherziehen würde: Der hilfreiche Geist hatte meinen alten, großen Sessel davor geschoben, eine Decke und das Buch bereitgelegt, in dem ich zuletzt gelesen hatte. Kaum saß ich, trug sie ein Tablett mit Tee herein. Ich trank ihn gehorsam seit der Nacht, in der der Nordflügel gebrannt hatte. Um besser zu schlafen, um mich nicht aufzuregen... keine Ahnung. Frida meinte, es wäre ein altes Familienrezept, also tat ich ihr den Gefallen. Heißes, bitteres Getränk, das die Flammen im Kamin spiegelte, die hoch leckten bis zur Decke... im ganzen Raum... schwarzer Rauch hinter der Tür. Ein ohrenbetäubendes Krachen, das anhielt und nachhallte, als der Schrank auf mich fiel. Ich hustete, bis meine Augen tränten. Trank noch einen Schluck. "Warum war Edward da?" wollte ich wissen.

Stille. Ich konnte Frida nicht übelnehmen, dass sie gerade nicht wußte, wovon ich sprach. Das wußte ich dieser Tage selbst manchmal nicht.

"Edward war nicht da." antwortete sie sanft. "Trink deinen Tee. Er wird sonst kalt."

Ich folgte. Meine Gedanken versuchten derweil den Nebel zu durchdringen, der in dichten Schwaden durch mein Gedächtnis zog. "Doch." widersprach ich hartnäckig. "Er hat mich unter dem Schrank rausgezogen." Ich hörte Frida hinter mir tief Luft holen, ein wenig verzweifelt vielleicht. Warum auch nicht. Immerhin war ich in den letzten Wochen kein pflegeleichter Patient gewesen. "Das war nicht Edward." Wer dann? Ich erinnerte mich... wenn nur der viele Rauch nicht wäre... ich versuchte ihn mit der Hand fortzuwedeln. Das Teeglas fiel und zerbrach. Die Flammen spiegelten sich im Tee. Ich sprang auf.

"Du hast dich selbst befreit, Leela." Die vertraute Stimme kam aus weiter Ferne. Vor mir waren Flammen und Rauch. Ich stürzte zur Tür, der Griff war heiß - ich riß sie trotzdem auf. Es war jemand da gewesen. Kalte Luft strömte durch die dunklen Flure, als ich zuerst mehr stolpernd als rennend, versuchte, wieder in den Nordflügel zu kommen. Fridas spinnenbeinige Helferlein huschten zur Seite, wenn ich an ihnen vorbei hastete. Je näher ich dem vom Feuer versehrten Teil des Hauses kam, desto mehr Droiden wuselten durch die Gänge. Außer Atem blieb ich stehen. Der Nebel hob sich, meine Gedanken klärten sich genug, um zu sehen, dass ich auf diesem Weg nicht weiterkommen würde. Schutt und verbrannte Balken versperrten ihn.

Ich nahm eine Treppe nach unten, ein schmaler Gang zweigte grob in die Richtung ab, in der der Nordflügel lag, führte wieder ein paar Stufen hinauf in ein Kellergewölbe. Hier gab es kein Licht, aber ich wußte, wo ich war, zählte die Durchgänge ab, nahm den vierten auf der linken Seite, rannte jetzt wieder. Über mir toste das Feuer, in meinem Schlafzimmer, im ganzen Stockwerk. Mein Herz raste, meine Zunge klebte mir am Gaumen. Die Angst schnürte mir die Kehle zu, ich hustete und hielt mich an der rauen Mauer fest, bis ich weitergehen konnte. Jemand war da gewesen. Ich konnte noch die Hände spüren, die mir unter die Arme griffen und mich unter dem massiven Möbel vorzogen.

Als ich schließlich die Klappe an der Seitenwand meines alten Zimmers öffnete, rieselten Ruß und Asche auf mich. Der Schrank lag mitten im Zimmer, das schwere, alte Holz angekohlt, aber nicht verbrannt. Die Nacht strömte durch die eingestürzte Außenwand. Draussen waren Sterne und ein wilder Garten. Und hier war ich mit meinen verwirrten Gedanken. Ich stand eine Weile da, bis mir wieder einfiel, was ich tun wollte: Aber der Schrank war zu schwer. Ich versuchte es, bis mir der Schweiß den Rücken hinablief. Das alte Stück bewegte sich keinen Millimeter. Erschöpft ließ ich mich daneben nieder und fühlte einen kleinen Triumph: Ich hatte recht gehabt. Zumindest war es sehr unwahrscheinlich, dass ich mit meinen Verletzungen allein unter dem Schrank vorgekrochen war.

Vermutlich war ich eine zeitlang eingeschlafen, jedenfalls erwachte ich plötzlich mit der absoluten Gewissheit, dass ich hier gestorben wäre, wenn ich zum Zeitpunkt des Feuers allein hier gewesen wäre. Jemand hatte sich über mich gebeugt und mich etwas gefragt. Hatte ich geantwortet? Die blauen Augen verschwanden aus meinem Sichtfeld und ein scharfer Schmerz folgte, als das Gewicht des Schranks von meinem Brustkorb verschwand. Aber war das ein Traum oder eine Erinnerung? Ich erhob mich und kletterte über die Trümmer meines Zuhauses, bis ich unter freiem Himmel stand. Wenn ich dem, was ich gesehen hatte, glaubte, hatte Frida recht gehabt: Das war nicht Edward gewesen.
 
Es wird Dunkel (IV)

Tenia hatte noch nie so schlecht geschlafen, wie in dieser Nacht. Mindestens die Hälfte der Zeit lag sie einfach da und starrte an die Decke. Hatte ihre Mutter ihr gerade wirklich geraten, dass sie alles einfach auf sich zulassen kommen sollte? Schnelle Raumschiffe, ausgebaute Hyperraumrouten. Tenia wollte nicht mit jemandem zusammen sein, der alle paar Wochen woanders war. Sie war … sesshaft und ganz sicher niemand, der den Rest ihres Lebens nur damit verbringen wollte, von Planet zu Planet zu reisen um Pflanzen zu scannen. Sie wollte eine Jedi werden! Damit sie irgendeinen Sinn fand, damit sie irgendetwas tat und vor allem, damit es nicht ständig nur darum ging, mit mangelnder Körpergröße aufzufallen. Als Jedi würde sie Ansehen bekommen und keiner würde es mehr wagen, sich über sie lustig zu machen. Ein anderer Planet. Eben der, wo viele Jedi waren. Aber ständig hin und her? Das wollte Tenia nicht. Nein, das funktionierte auch nicht. Aber… Tenia seufzte lang und tief. Jetzt, wo sie Jafan kannte, wollte sie da denn überhaupt noch zu den Jedi? Waren die Jedi nicht eher irgendeine Idee? Ein Versuch, den Wunsch doch einmal von Null zu kommen, vor sich selbst rechtfertigen zu können? Null war ihre Heimat, das war keine Lüge. Auch nicht, dass sie hier bleiben wollte. Aber für immer? Wollte sie immer Touristen auf Null herumführen, ihnen die Schönheit des Planeten zeigen? Den Rest ihres Lebens? Sie war siebzehn… Wollte sie, wenn sie siebenundzwanzig war, noch immer das Gleiche tun? Ja, sie konnte darauf hoffen, dass sie irgendwann irgendwen kennenlernte, mit dem sie eine Familie gründete und dann konnte sie nur hoffen, dass dieser Nullianer und sie nicht auch wieder zwergische Kinder auf Null setzen, denn sonst würde das nur bedeuten, dass ihre Kindern ihr eigenes Schicksal teilen würden. Das nämlich, buchstäblich klein und unbedeutend den Rest ihres Lebens auf Null zu verbringen! Das war so frustrierend, das Tenia sich auf den Bauch drehte und das Gesicht in ihrem Kissen vergrub. Die Frage, ob sie eine solche Zukunft für sich wünschte, musste sie sich gar nicht stellen, denn die Antwort war so klar, wie der Sternenhimmel. Nein. Nein, das wollte sie nicht. Ein großer Teil von ihr wollte auf Null bleiben, aber ein mindestens genauso großer Teil von ihr wollte hier weg. Und dann war da noch der Teil, der zu Jafan und all das mit ihm bereden wollte. Das ergab doch alles überhaupt keinen Sinn. Sie kannte ihn doch gar nicht, sie wusste doch gar nichts über ihn und überhaupt, er würde nur drei Monate bleiben und dann würde sie sich nach diesen drei Monaten genau das gleiche wieder Fragen müssen, mit dem großen Unterschied, das er dann nicht mehr da sein würde. Seufzend rollte Tenia sich zusammen, aber ihre Gedanken ließen sie nicht in Ruhe und sie hielten den Schlaf davon ab, sie in irgendeinen Traum zu ziehen. Was brachte es also, liegen zu bleiben? So stand Tenia auf, zog sich etwas an und schlich sie hinaus in die Dunkelheit. Vielleicht würden die Wälder ihr den Frieden geben, nach dem sie sich so sehr sehnte? Zur Ruhe zu kommen war genau das, was sie sich jetzt wünschte und bisher hatten Laufen oder Wald, besser beides in Verbindung miteinander ihr immer geholfen.

Es war eine kleine Lichtung, eine, die sie besonders mochte, einfach weil sie einen ganz anderen Blick auf den Wald bot. Lichtungen hatten ihren eigenen Zauber und es gab viele Sagen und Märchen darüber, wer sich des Nachts oder zu bestimmten Zeiten oder Ereignissen dort traf. Jetzt glaubte Tenia sich alleine, als sie ein kleines Lagerfeuer entzündete und sich dicht davor setzte. Sie zuckte gehörig zusammen, als sie jemand ansprach. ‚Kannst du auch nicht schlafen.‘ „Musst du dich so anschleichen?“, fauchte sie Jafan an, der sich einfach setzte, als hätte er eine Einladung bekommen. ‚Tut mir leid.‘Darin mich zu überrumpeln bist du wirklich spitze“, kam es schließlich scharf. ‚Ich kann auch wieder gehen‘. Er stand wirklich auf und machte Anstalten, wieder zu verschwinden, aber Tenia war genauso schnell aufgestanden. „Ja, genau. Verschwinde einfach jetzt und nicht erst in drei Monaten, das ist sowieso viel besser. Du hättest überhaupt nicht nach Null kommen müssen und auch nicht hier her ans Lagerfeuer, also geh einfach weg! Ich hab dich nicht eingeladen, verschwinde!“ Jafan hielt inne und starrte die Nullianerin an, wirkte, als müsse er das erste mal wirklich überlegen, was er tun oder sagen sollte und wäre Tenia nicht außer sich gewesen, vielleicht hätte sie bemerkt, dass sie ihn diesmal wirklich getroffen hatte. „Ich hab gesagt verschwinde,“ rief Tenia inzwischen fast, ihre Stimme gemischt von Wut und Verzweiflung, hob einen der Äste auf, die am Boden lagen und warf ihn geradewegs auf Jafan zu. Für einen Moment zuckte der Mann zusammen, als Tenia schon in Begriff stand, den nächsten Ast zu werfen. Da aber ging er auf sie zu, hielt ihre Hand fest und zog sie dann in eine Umarmung, gegen die Tenia sich erst wehrte, dann aber aufgab. Heulen wurde wohl, neben dem Klettern, zu ihrer zweiten, großen Leidenschaft…

Als sie sich endlich wieder beruhigt hatte, saßen beide vor dem Feuer und schwiegen und irgendwie wusste Tenia, dass sie diejenige war, die etwas sagen musste. Eine Entschuldigung wäre sicher angebracht gewesen, aber das konnte sie nicht sagen.
‚Für mich ist das auch nicht so einfach.‘ Jafan war es also, der die Stille durchbrach. Ja, genau das konnte sich Tenia wunderbar vorstellen. Wahrscheinlich war Jafan es nicht gewohnt, dass er nicht sofort die Frau bekam, die er wollte. „Wäre es eine Option für dich auch länger hier zu bleiben?“ Tenia stellte die Frage frei heraus und Jafan sah sie eine Weile an, ehe er sagte: ‚Tenia, ich weiß nicht, wir sind dabei uns kennenzulernen, nicht zu heiraten. Um ehrlich zu sein verstehe ich dich nicht ganz. Ich werde nicht auf Null bleiben. So wie ich auf keinem Planeten lange bleiben werde.‘ Tenia starrte ins Feuer. Übertrieb sie nicht vielleicht wirklich? Sollte sie nicht abwarten, was geschah? Aber wie konnte sie denn abwarten, wenn sie sich Hals über Kopf verliebte und am Ende erkannte, dass sie nicht ohne ihn sein wollte? Sie konnte auch auf den Rat ihrer Mutter hören und abwarten, was passierte. Vielleicht… fand sie ja wirklich heraus, dass sie nicht zusammen passten? Und wenn doch, war dann nicht genug Zeit, sich etwas zu überlegen? Aber beim Klettern musste man auch wissen, welchen Handgriff man als nächstes machte! Andernfalls konnte man abstürzen und sich etwas brechen und Tenia gehörte nun mal zu denen, die nicht mit Sicherung kletterten, was nur bedeutete, dass sie noch mehr aufpassen musste. ‚Vielleicht verpasst du die Chance zu finden, was du wirklich willst, wenn du nicht bereit dazu bist, diese Chance auch zu ergreifen.‘ War das der Grund, weshalb er zu ihr ans Feuer gekommen war? Um eine Chance zu ergreifen? Welche sollte das sein? „Welche Chance?“ Jafan schien zu begreifen, auf was Tenia hinaus wollte, er machte einen seltsamen Laut, der wohl seinen Unmut äußern sollte. ‚Vielleicht verpasst du einfach die Chance, dich zu verlieben, etwas Neues auszuprobieren? Wenn du es so willst: Ja, vielleicht verpasst du auch die Chance auf neue Erfahrungen. Und wenn du jetzt wieder etwas nach mir werfen willst, nur zu.‘ Inzwischen war Jafan aufgestanden und stellte sich offensiv hin. Hätte Tenia nun einen Ast nach ihm geworfen, sie hätte ihn optimal getroffen. Aber diesmal warf nichts. „Das alles ist so verwirrend, weil es neu ist für mich,“ gab sie stattdessen leise zu. „Vielleicht bist du ein Weltenbummler, der schon viel gesehen hat. Ich kenne Null und bis jetzt war es nicht so, dass ich hier viele Freunde oder etwas in der Art hatte.“ Sie war eine Eigenbrötlerin, jedenfalls sagte sie das selbst über sich, da es sie davor bewahrte, zugeben zu müssen, dass auch sie nicht gerade nett zu ihren Klassenkameraden gewesen war. Auch nicht zu denen, die anfangs versucht hatten, sich gut mit ihr zu stellen. Man gab sich eben nicht mit Außenseitern ab. Das war eine ungeschriebene Regel. Wollte man es je zu etwas bringen, umging man den Abschaum. Selbst aufgestiegen war sie damit zwar nie, aber immerhin, auch nicht noch tiefer gesunken. „Bis jetzt bin ich alleine auch ganz gut zurechtgekommen.“ Schließlich war man in der Natur ja nicht wirklich alleine. Und ihr Wunsch, zu den Jedi gewesen… war das nicht irgendwie auch ein Wunsch, der Einsamkeit zu entfliehen? Hatte sie das nicht vorhin schon alles in ihrem Kopf gehabt? Sie musste aufhören mit diesen blödsinnigen Gedanken.
‚Wieso fangen wir dann nicht einfach langsam an?‘ Jafan war zu ihr getreten, hielt ihr die Hand entgegen. ‚Erst mal nur Freunde.‘ Sie sah auf seine Hand, dann in seine Augen und wie, wie hätte sie das ablehnen können. Trotz ihres Zögerns behielt Jafan seine Hand da, wo sie war und dann, nach bestimmt einer Minute, in der Tenia alle Für und Wider durchgegangen war, reichte sie ihm die Hand. „Erst mal nur Freunde.“ Und dann lächelten sie beide.
 
Blind und ignorant
(Ian mit 25)

Eigentlich hatte Ian auf einen ruhigen Abend gehofft, doch kaum, dass er zu Hause ankam, und das Haus betrat, hörte er, dass Gäste im Haus waren. Seufzend hängte Ian seine Tasche auf. Hätte Tahiri nicht Bescheid sagen können, dass sie Freunde einlud? Dann wäre er später gekommen, denn Lust darauf, sich heute Abend noch groß mit irgendwem zu unterhalten hatte Ian nicht. Dennoch bemühte er sich, einen halbwegs freundlichen Gesichtsausdruck aufzusetzen, als er das Wohnzimmer betrat und es lieber wieder rückwärts verlassen hätte. Da war eine ganze Gruppe, fünf Personen, Tahiri und Unmengen an Filmsi, das auf dem Tisch verteilt war, einmal davon abgesehen, dass das halbe Wohnzimmer aussah, wie ein Lager Wilder. Sie diskutierten. Um was auch immer es ging, sie diskutierten hitzig, dennoch bemerkte Tahiri, dass Ian gekommen war und ging zu ihm herüber. ‚Tut mir leid,‘ erklärte sie, ehe sie ihn küsste. ‚Ich wollte dir schreiben, aber ich hab mein Kom vergessen.‘ Ians Blick glitt zu dem Chaos, was Tahiri wohl bemerkte. ‚Ich räume das wieder auf, versprochen.‘ Was sollte er darauf schon sagen? Gäste und Chaos. Zwei Dinge, die er heute nicht gebrauchen konnte. Dennoch, er hatte sich, nach den letzten Tagen vorgenommen, sich nicht zu ärgern, also würgte Ian den Kommentar, der ihm auf der Zunge gelegen hätte hinunter. „Schon in Ordnung, so lange sie nicht die ganze Nacht hier sind.“ Sein Lächeln wirkte nicht nur erzwungen, war aber das Beste, was Ian zustande bringen konnte – und wirklich mehr konnte Tahiri kaum von ihm erwarten. Das Haus bot nicht gerade Platz für eine kleine Versammlung.

‚Dieses Video habe ich selbst aufgenommen und es wird Zeit, dass wir es veröffentlichen.‘ ‚Wir können das nicht einfach veröffentlichen!‘ ‚Wir müssen das veröffentlichen,‘ drehte Tahiri sich wieder zu dem Pulk um.‘ ‚Weißt du, was das bedeutetet.‘ ‚Aber was bedeutet es, wenn wir es nicht tun?‘ Video? Veröffentlichen? Ian schloss die Augen, biss den Kiefer fest aufeinander, denn er wusste genau, um was es ging. Sie hatten vor wenigen Tagen darüber gesprochen, er hatte sie vor wenigen Tagen eindringlich darum gebeten, sich nicht weiter so intensiv mit ihrer Imperiumskritik zu beschäftigen, zumindest nicht auf die Art, wie sie es tat. „Welches Video?“ Mit wenigen Schritten stand auch er an dem Tisch und fragte nicht, als er nach dem Pad griff und sich das Video anzeigte, das dem, dass Tahiri ihm schon einmal gezeigt hatte, ähnelte. War es beim letzten Mal Sorge gewesen, die Ian umtrieben hatte, war es nun Wut, die er aufkommen spürte. Hatte die Gruppe bis eben noch diskutiert, verfiel sie nun in Schweigen. Leises, unangenehmes Schweigen, als spürte jeder die Wut, Ians, als schwebe sie, wie eine Gewitterwolke über ihnen allen. „Ich glaube, dass es Zeit wird zu gehen. Für alle.“ Reihum sah er die Gäste Tahiris an und seine Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass seine Worte keine Wahlmöglichkeit beinhaltete. Seine Aufforderung war deutlich gewesen. ‚Wir….‘ Doch Ian schnitt dem deutlich kleineren Mann das Wort ab, als er einen Schritt auf ihn zumachte und seine Größe dabei offensichtlich nutzte. „Diese Versammlung hier ist beendet und wenn ich auch nur einen von euch wieder sehe, melde ich jeden einzelnen dem Imperium.“ Vermutlich hätte es gereicht, wenn Ian sich nur hingestellt und nichts gesagt hätte, aber diese Drohung zeigte Wirkung und es dauerte keine Minute, bis jeder fahrig nach seinen Utensilien griff und das Haus verließ. Es war Tahiri, die ihn unentwegt anstarrte und Tahiri war es auch, die die Stille unterbrach. ‚Du hast nicht das Recht dazu, irgendwen aus diesem Haus zu werfen.‘ Mühsam hielt sie ihre Stimme im Zaum, das war deutlich an der Art wie sie sprach, wie sie stand und wie sie ihn ansah. ‚Noch weniger hast du das Recht dazu, ihnen zu drohen!‘ Und das letzte Wort sprach sie aus, als wäre es etwas Abscheuliches. Etwas in ihm warnte ihn davor, jetzt nichts falsches zu sagen, aber mit dieser Warnung kamen nicht gleichzeitig auch die Worte, die ihn das hier gut meistern lassen hätten.

Tahiri,“ sagte er also, um sich Zeit zu verschaffen, „ich dachte, ich hätte vorgestern klar gemacht, dass diese Video gefährlich sind.“Und ich dachte, ich hätte klar gemacht, dass mir das zu wichtig ist, als das ich es ruhen lassen könnte, Ian. Du kannst deine Sorge nicht über meine Entscheidungen stellen und du kannst ganz sicher niemanden hinaus werfen. Du kannst das alles ignorieren und glaub nicht, dass mir das gefällt, das kann ich noch akzeptieren. Aber alles andere, alles andere nicht Ian. Du hast nicht das Recht jemanden hier raus zu werfen und auch nicht, mir irgendetwas zu verbieten, begreifst du das?‘ Jetzt war ihre Stimme beinahe laut, ihr Blick schneidend. Sie erwartete wohl, dass Ian ihr bestätigte, dass er niemanden mehr hinaus werfen konnte, doch Ian seinerseits erwartete etwas anderes. „Du kannst solche Versammlungen hier nicht abhal - “ ‚Das hier ist MEIN Haus Ian und der einzige Mensch, der hier das Recht hat jemanden hinaus zu werfen bin ich. Das war keine Versammlung, das waren FREUNDE von mir, FREUNDE die für die gleiche Sache kämpfen wie ich und nicht blind einfach die Augen verschließen und alles ignorieren.‘ Der Vorwurf war unüberhörbar, selbst für ihn und ihr Vorwurf war weitaus schlimmer als die Tatsache, dass sie zwischendurch laut geworden war. „Schön,“ schüttelte er den Kopf, griff nach Tahiris Datapad, dass dieses unsägliche Video ebenfalls enthielt, „du willst das veröffentlich? Perfekte Idee.“ Ian tippte auf dem Gerät herum, so, als wolle er das Video wirklich versenden. „Und am besten schreibst du deinen Absender darunter und die der anderen auch. Oh warte, dass ist gar nicht nötig, denn es wird nicht lange dauern, bis man wenigstens einen von euch ausfindig macht. Und dann? Ihr wollt auf Missstände aufmerksam machen? Macht das anders!“ Begriff sie denn nicht, dass sie damit viel ehr dafür sorgte, dass sie alle ins Gefängnis kamen? ‚Und wie? Meinst du, ich soll mich mit einem Protestschild vor ein Gebäude stellen und es hoch halten? Meinst du, das bringt etwas? So wie auf dem Video? Hast du es dir überhaupt angesehen?‘ Ian hatte Tahiri nie so konfrontativ erleb und auch noch nicht so wütend. Leise hin oder her, in ihrer Stimme schwang diese Wut mit, kontrolliert, aber deutlich zu hören. „Willst du mit mir streiten?“ Zumindest wurde Ian dieses Gefühl nicht los, aber die Frage sorgte nicht dafür, dass die Situation sich veränderte, ganz im Gegenteil. ‚Streiten?‘, wiederholte Tahiri das Wort schneidend. ‚Du fragst mich, ob ich mit dir streiten will?‘ Sie schlug mit der offenen Handfläche auf den Tisch, was allein für sich schon erschreckend war. ‚Erst wirfst du meine Freunde raus, ignorierst zum wiederholten Male, dass mir das missfällt, dann ignorierst du seit Tagen, was mir wichtig ist und versuchst, mich davon abzubringen und jetzt, jetzt fragst du mich allen Ernstes, ob ich mit dir streiten will? Das ist unfassbar!‘ Unfassbar war auch, was sie da behauptete und es war alles andere als einfach sein Versprechen einzuhalten und sie nicht anzubrüllen – aber genau das war das einzige, was Ian noch einfiel und es war schwer, verdammt schwer, diesen Impuls zu unterdrücken. Stattdessen schüttelte Ian den Kopf, seufzte und griff nach seiner Jacke. Was sollte er auch anderes tun? Sich länger ihren Vorwürfen aussetzen? Sicher nicht. Ian drehte sich herum und war Tahiri sonst sensibel und wusste, wann es besser war, ihn in Frieden zu lassen, blieb sie heute auf ihren Spur. ‚Was zum Henker tust du da?‘ Ian hielt inne, drehte sich zu ihr herum. „Nach was sieht es denn aus? Ich gehe!“ ‚Du kannst nicht mitten in einem Streit einfach gehen.‘ Erneut schüttelte Ian den Kopf. „Weißt du, scheinbar kann ich heute gar nichts. Nicht in Ruhe nach Hause kommen, niemanden heraus werfen, dich nicht verstehen, dich nicht ernst nehmen und auch nicht gehen. Soll ich dir was sagen? Dann nimm doch einen deiner Freunde. Vielleicht verstehen die dich besser, nehmen dich ernst, erkennen, was dir wichtig ist und bringen dich da weiter.“ Es grenzte an ein Wunder, dass Ian seine Stimme nicht erhob, auch wenn der Inhalt vermutlich schlimmer war, als wäre er laut geworden. Seine Worte trafen, das sah er und ein kleiner Teil von ihm konnte nicht abstreiten, dass gut zu finden. Sie hatte ihn provoziert. Nein, mehr noch, gereizt und provoziert! Für Sekunden weiteten sich ihre Augen, ehe sie sich verengten. Allem Anschein nach, suchte sie nicht nur nach Streit, sondern bettelte darum, anders waren ihre nächsten Worte nicht auszulegen. ‚Zumindest sind sie nicht so blind und ignorant wie du.‘ Ian schnaubte laut. „Mach doch einfach was du willst, denn für meine Sorgen bist du auch blind und ignorierst sie.“ Diesmal würde er ihr nicht den Gefallen tun, noch einmal inne zu halten. Stattdessen verließ er das Haus.
 
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Ranjit Kaveris Bilder III

Trauer war eine merkwürdige Sache. Sie konnte mich aus heiterem Himmel überfallen und lähmen, ohne dass ich in der Lage gewesen wäre, etwas dagegen zu tun. Wochenlang hatte ich arbeiten können, unbeeinflußt von diesem bitteren Gefühl. Zwar fühlte ich mich in dieser Zeit taub und leer, aber das war besser als dieser nicht zu bewältigende Ansturm von brennendem Schmerz, wenn meine Gedanken zu der Nacht zurückkehrten, als das Haus in Flammen stand. Eine Hand in den Bauch gekrallt, die andere vor den Mund geschlagen, um den Schrei zurückzuhalten, für den ich sowieso nie genug Luft hatte, krümmte ich mich nach vorn. Sekundenlang, ohne zu atmen, ohne das je ein Ton meine Lippen verlassen hätte. Und ohne, dass ich je eine Träne um die Toten geweint hätte.

Selbst auf der Beerdigung stand ich wie betäubt, nahm die Beleidsbekundungen von Freunden und Kollegen teilnahmslos entgegen, endlose Reihen von Gesichtern und Worten, die an mir vorbei zogen, während ich überlegte, dass diese Berge von Blumen reichten, um jedem Patienten im Kaveri Medical einen Strauß ans Bett zu stellen. Irgendwann stand ich auf und verließ die Trauerhalle, während die Zeremonie noch im Gange war. Ich war mir vage bewußt, dass das ungehörig und respektlos war, aber ich spürte keine Scham. Ich spürte überhaupt nichts.
Der Weg zurück dauerte etwas - ich hatte meinen Gleiter stehen lassen und war zu Fuß gegangen, dankbar, dass mir nur wenige Menschen unterwegs begegneten. Jeder Blickkontakt, jeder erwiderte Gruß, kostete mich Kraft, stahl mir Energie. Als ich das große, schmiedeeiserne Tor von Kaveri Manor hinter mir gelassen hatte, brachte ich es nicht über mich, weiter auf das versehrte Haus zuzugehen, sondern verließ den Weg nach rechts in den Park hinein, wo die Bäume dichter standen und schon lange Abendschatten über den Boden krochen.

Wie ich an dem Abend zurück in den Raum gekommen bin, der jetzt mein neues Schlafzimmer war, weiß ich nicht mehr. Nur spürte ich, dass dort, wo ich den Abend verbracht hatte, etwas zurückgeblieben war. Im Schatten zwischen den Bäumen mußte etwas liegen, etwas vitales, mit Leben erfülltes, das mir nun fehlte. Nein - es fehlte nicht. Es war nicht mehr da. Ich empfand keinen Verlust, wußte nur, dass auch der Schmerz nicht mehr zurückkommen würde. Und so blieb es - bis zu dem Abend vor dem Kamin, als plötzlich mit Macht die Erinnerungen auf mich einströmten, der selbsterrichtete Schutzwall brach und ich mich schließlich in den Trümmern des niedergebrannten Nordflügels wiederfand. Im Rückblick erschien mir die letzte Nacht nun wie ein rauschhafter Wahn, etwas das man nicht mehr für wahr hält, wenn der Tag anbricht. Die Einsichten, die man für sicher hielt, bei Lichte besehen nicht mehr als ein Traum?

Warum zweifelte ich erneut? Hatte ich nicht vor ein paar Stunden Antworten erhalten, die ich für wahr hielt? Zumindest ein Fakt war nicht mehr zu leugnen: Jemand hatte mich ins Freie gezogen, mich von dem auf mir liegenden Schrank befreit und so vor einem Tod in den Flammen bewahrt. Wenn ich Frida und meinen leider nur zum Teil zurückgekehrten Erinnerungen traute, war es niemand gewesen, den ich kannte. Die nächsten Fragen waren zwingend: Wer? Und warum war derjenige dort gewesen - zum Zeitpunkt des Brandes auf Kaveri Manor? Bisher hatte das LCPD keine Anhaltspunkte für ein Verbrechen gefunden. Aber vielleicht mußte Dolph seine Leute nochmal genauer hinschauen lassen.
Eigentlich wurde ich in der Klinik erwartet, aber das Problem schien mir mit einem Male zu drängend, um seine Lösung weiter aufschieben zu können. Ich rief in meinem Büro an und bat, die Termine für heute abzusagen, während ich schon in den Gleiter stieg und mich auf den Weg in die Stadt machte. Es war noch früh genug, um Dolph zuhause anzutreffen - er hatte sicher nichts dagegen, ein, zwei Tassen Kaff mehr zu kochen.

Wir tranken zunächst schweigend. Dolph war kein Morgenmensch und funktionierte um diese Uhrzeit nur mit Unmengen schwarzen Kaffs. "Bist du dir in dieser Sache sicher?" wollte er grummelnd wissen. Zur Antwort schüttelte ich kurz den Kopf. "Nichts ist mehr sicher. Jemand ist in mein Haus eingedrungen und hat das Feuer gelegt, in dem Solveig und Ranjit umgekommen sind." Meine Stimme klang flach und unmoduliert in meinen Ohren - von dem Grauen der letzten Nacht nicht berührt, das gerade wieder in mir aufstieg und die Taubheit durchdrang, wie eine Luftblase, die durch einen dunklen Teich nach oben tauchte. "Du weißt, dass weder die Spurensicherung, noch die Brandermittler Hinweise darauf gefunden haben, dass das etwas anderes war, als ein tragischer Unfall. Wenn ich offiziell weiter ermitteln soll, brauche ich mehr als ein Hirngespinst. - Entschuldige meine Ausdrucksweise. Du weisst, wie ich das meine." ruderte Dolph zurück, als ich stumm eine Augenbraue hob. "Ist schon in Ordnung." lächelte ich unfroh. "Ich traue meinen Erinnerungen an der Stelle selbst nicht ganz." Der Satz fühlte sich falsch an, als ich ihn aussprach, so als wüsste mein Unterbewusstsein längst Dinge, die mein Verstand noch anzweifelte.

Wir kamen überein, dass er nach Feierabend nochmal vorbeischauen würde und jemanden von der Spurensicherung - wahrscheinlich Melda, mit der ich oft zusammenarbeitete - überreden würde, nochmal jeden Stein und jedes verkohlte Stück Holz umzudrehen. Mehr konnte ich nicht erwarten. Nach weiteren zwei Tassen bitterem Kaff und ein bisschen Klatsch von den Schnittpunkten unserer beider Welten, verabschiedete ich mich und fuhr zum "Gold&Gray", das natürlich noch geschlossen hatte. Aber ich nahm auch nicht den Vordereingang: Nach einem kurzen Anruf bei Meraska, öffnete mir eines ihrer Mädchen eine Tür im Hinterhof und liess mich ein. Den Weg zum Büro meiner Freundin fand ich allein. Selbst zu dieser frühen Stunde war die elegante Farghul schon in Arbeit vertieft - oder gab sich zumindest den Anschein. Wir umarmten uns kurz, bevor sie uns einen Weinbrand einschenkte und sich Zeit für meine Geschichte nahm. Hin und wieder zuckten ihre Schnurrhaare, aber ansonsten war ihr nicht anzusehen, was sie dachte. Meraska gab mir das Versprechen, sich umzuhören - was immerhin ein Anfang war.

Dennoch war ich etwas enttäuscht, als ich nachhause fuhr. Ich hatte nicht wirklich mit greifbareren Ergebnissen gerechnet, aber mein Aktionismus von heute morgen hatte sich in ein dumpfes Grübeln verwandelt. Ich bin kein geselliger Mensch, aber heute wünschte ich mir ein Gegenüber, jemanden mit dem ich meine Gedanken hätte teilen können. Trotz meiner Kollegen und Freunde fühlte ich mich allein. Abgeschnitten von der Welt, die andere Sorgen hatte. Edward hätte noch am ehesten verstanden, was mich bewegte, aber er war nicht in der Stadt, vielleicht nicht mal auf Lianna. Sein nüchterner Rat fehlte mir. Und es waren noch Stunden, bis ich Dolph und wen-auch-immer er mitbrachte erwarten konnte. Zeit, in der ich noch etwas arbeiten wollte, ein paar Anrufe tätigen, Befunde schreiben - die Art von Arbeit, von der immer genug da war. Auf meinem Tisch standen schon eine Kanne frischgebrühter Tee und ein Teller mit Obst - Frida war ganz richtig davon ausgegangen, dass ich das Frühstück ausgelassen hatte. Aber auch jetzt verspürte ich noch keinen Hunger und schob die Sachen beiseite, kurz irritiert davon, dass Frida der Meinung war, ich bräuchte ihren Tee morgens immer noch mehr, als einen anständigen Kaff. Bis zum Mittag war der Stapel Flimsi, mit dem ich gekämpft hatte, schon sichtbar kleiner geworden und der Teller mit Obst hatte sich irgendwie auch geleert. Nur der Tee stand noch kalt und unangetastet. In meine Arbeit vertieft, bemerkte ich kaum, dass Frida in der Tür stand, ein Tablet mit dem Mittagessen in den Händen und mir wurde bewusst, dass ich sie wohl irgendwie gekränkt haben musste, als ich ihren Tee verschmäht hatte.

"Du solltest mehr auf dich achten, Leela. Der Tee ist wichtig für dich." Ich hörte die Besorgnis in ihrer Stimme und musste unwillkürlich lächeln. Aber als ich aufsah und ihrem Blick begegnete war da noch etwas anderes, schwer zu bestimmendes. "Deine Sorge ist rührend, Frida, aber gänzlich unbegründet." antwortete ich ihr, ein irritiertes Stirnrunzeln unterdrückend. "Du musst mir keinen Tee mehr kochen. Es ist jetzt drei Monate her: Meine Rippen sind geheilt und ich habe längst keine Schmerzen mehr..." Ich sah, dass sie mich mit einem Einwand unterbrechen wollte und hob die Hand, um fortzufahren. "Und auch sonst geht es mir gut... wobei man über diesen Punkt vielleicht noch diskutieren kann, aber damit muss ich alleine klar kommen. Dabei hilft mir auch ein liebgemeinter Kräutertee nach überliefertem Familienrezept nichts..." Frida war nach diesen harmlosen Worten blass geworden und wirkte tief bestürzt. "Frida...?" Verunsichert sah ich sie an: Man konnte diese Frau, die meiner Familie schon seit Jahrzehnten diente und Kaveri Manor vermutlich besser kannte als ich, nicht mit einer Beleidigung ihres Teerezeptes erschüttern. Mit einem Mal wurde mir schwindlig und ich schloß die Augen, aber noch schob ich den unfassbaren Gedanken von mir, der sich eben in mein Bewusstsein geschlichen hatte.

"Frida. Warum trinke ich diesen Tee?"
Zum ersten Mal in meinem Leben war ich mir nicht sicher, ob ich tatsächlich die Wahrheit hören wollte.
 
Thustra - Tien - Königspalast

Ein Tag vor Erius Abreise




Langsam und fast rituell legte er die Schreibfeder zur Seite und betrachtete das Schreiben auf dem Pergament während die Tinte trocknete. Wieder einmal hatten sie gestritten, wieder einmal hatten beide Worte benutzt, die sie innerlich bereuten und sie doch nicht zurücknehmen konnten.

Jetzt war die Zeit gekommen an der er auch seinen Sohn verlieren würde. Aber hatte er das nicht schon längst? Eriu hatte versucht ihm zu sagen was passiert war und er fragte sich, ob es sein Fehler gewesen war, ob er nicht gut genug zugehört hatte. Oder ob er es nicht hatte erstehen können. Das Eriu machtbegabt war, wie seine Mutter, dass wussten sie. Aber so lange Thustra treu zum Imperium gestanden hatte, hatte er sich mit seiner Frau dazu entschlossen das geheim zu halten. Die Sith und die Jedi interessierten sich nicht für Thustra. Aber jetzt waren sie Teil der Republik und auch wenn dich sein Volk nur schwer nach außen öffnete, wusste der Soldat, dass Erius Zukunft nicht in seiner Heimat lag. Seine Frau hatte immer davon geträumt zu den Jedi zu gehen, aber die Liebe zu ihm und ihre Leidenschaft für die Natur und Geschichte Thustras hatten sie daran gehindert zu gehen. Rinal wusste das, auch wenn sie nie ein Wort darüber verloren hatte.

Eine einzelne Träne rann seine Wange herunter als der letzte Schimmer der feuchten Tinte im Licht der Lampe verschwand.

Er hatte nur wenig Kontakt zu Jedi gehabt, einzig der Besuch des Jedi Bru-Th Agoch war ihm als Kontakt in Erinnerung geblieben, da er für die Sicherheit der Königsfamilie verantwortlich gewesen war während Ragoun, sein Stellvertreter, die Gäste betreut hatte.

Noch einmal überflog er den Brief, las die Zeilen.



Suilannad Jedimeister,


Danke, dass ihr Euch meinem Sohn Eriu angenommen habt und ich hoffe, dass er bei Euch das Überwinden kann, was ihn langsam zerstört.


Der Verlust seiner besten Freundin und seiner Mutter hat ihn auf einen Weg gebracht, von dem ich fürchte, dass er nicht gut enden wird. Ich weiß, dass er sich die Schuld gibt, die er nicht hat. Niemand konnte verhindern, dass Raleen bei einem Vorfall im Königshaus ums Leben kam und niemand konnte den Unfall seiner Mutter verhindern. Solche Dinge passieren leider, dass wisst Ihr so gut wie ich. Es ist löblich alle retten zu wollen, aber oft ist es einfach nicht möglich. Das ist etwas, was mein Sohn nicht erkennen will. Er kann sich einfach nicht damit abfinden, dass niemand Schuld hat. Niemand in dem Sinne, dass er ihm oder ihr ein Gesicht geben kann. Also hat er sich Schuldige gesucht, sich und mich.


Mittlerweile sind die Fronten zwischen mir und einem Sohn so verhärtet, dass wir nicht mehr miteinander reden können ohne zu streiten. Ich hoffe, dass ihr ihm einen Weg zeigen könnt und mein Sohn in Eurem Orden den Frieden findet, den er verdient. Er mag kein Soldat sein wie ich es bin, aber gerade das macht mich sehr stolz. Jeder sollte den Weg gehen, der ihm von den Ahnengeistern vorbestimmt wurde. Erius Zukunft liegt nicht auf Thustra.


Danke, dass ihr ihn einen Teil seines Weges begleiten werdet.


Aníra i gerthaid lîn tir-bâd


Rinal Curum


Highmarshall der Palastwache zu Thustra



Noch lange starrte der das Pergament an eher er es sorgfältig faltete und siegelte.

Morgen würde Eriu Tien und Thustra verlassen und vielleicht nie mehr zurückkehren. Morgen war der erste Schritt für seinen Sohn um vielleicht endlich Frieden zu finden. Der Sephi wusste, dass es eine lange Nacht werden würde, ein Nacht in der der Schlaf nicht kommen würde…


(( @Moore @Bru-Th Agoch
Da ich Dich namentlich erwähnte habe, bitte ich um eine kurze PM falls das nicht i. O. ist, dann nehme ich sie raus.
))
 
OP: Diese Kurzgeschichte entstand mit freundlicher Genehmigung von und in Kooperation mit @Ian Dice. Die Textpassagen sind entsprechend markiert. :)

Eine Begegnung in Blau (Teil I)

9 Jahre zuvor (Etara im Alter von 17 Jahren, Riuen im Alter von 25 Jahren)

Nar Shaddaa („Der Schmugglermond“)


Es mochte Welten geben, die sauberer waren als Nar Shaddaa. Nein, es gab auf jeden Fall Welten, die nicht so verschmutzt waren wie der berühmt-berüchtigte Schmugglermond, dessen Atmosphäre dank einer lieblichen Mischung aus Abgasen aller Arten eine ganz spezielle Note besaß, die Fremdwelter unwissend als „ätzend“ bezeichneten. Das war natürlich Unsinn, jeder Bewohner des Mondes wusste natürlich, dass der Regen nur in bestimmten Vierteln so sauer war, dass man Durastahlplatten als Regenschirme benutzen musste. Was Recht und Ordnung anging, war Nar Shaddaa ebenfalls ein ein wenig speziell. Fremde und Besucher glaubten oft, das es an diesem verruchten Ort keinerlei Regeln gab. Was schriftliche, von einer anständigen Polizei und Justiz durchgesetzte Vorschriften, anging, stimmte diese Annahme auch, aber zu glauben, man könne tun und lassen, was man wollte, war ein gefährlicher Irrtum. Wer zur falschen Zeit im Territorium einer der Gangs unterwegs war, lernte sehr schnell, dass es sehr wohl ungeschriebene Gesetze gab, die man lieber einhalten sollte. Als Außenstehender nicht in mit bestimmten Symbolen markierten Gassen herumzulaufen war eines davon, den grimmigen Gestalten auf modifizierten Speedern nicht die Vorfahrt zu nehmen eine andere. Und dergleichen gab es viele mehr. Jemand, der auf dem Schmugglermond groß geworden war, befolgte diese Regeln nahezu instinktiv und besaß einen sechsten Sinn dafür, wie man sich verhalten sollte, wenn man gebrochene Knochen und schlimmeres vermeiden wollte. Ja, es gab Welten, die sauberer und sicherer waren, ebenso wie Welten, in denen es noch optische Alternativen zu greller Neonleuchtreklame und einer Mischung aus edlen Clubs und verfallenen Industriegebäuden gab. Diese Welten waren sicher auf ihre eigene Weise schön und interessant, das wollte Etara nicht leugnen. Aber, dachte sich die hübsche Chiss, und wich geschickt einem schwer betrunkenen Nautolaner aus, der ihr auf der Straße entgegen taumelte, es gab keine Welt, die aufregender war als Nar Shaddaa. Keine. Hier auf dem Schmugglermond war das Leben rau, gefährlich und oft sehr früh vorbei, aber es pulsierte. Überall gab es etwas, das spannend und herausfordernd war, gab es etwas neues zu entdecken. Rohdiamanten in all dem Dreck, so hatte es ein kluger Zeitgenosse einmal formuliert, und die Chiss stimmte dem aus ganzem Herzen zu. Wenn sie nachts durch die Amüsiermeilen, Rotlichviertel, Pilotenbars, Spielcasinos und Geschäfte streifte, dann konnte sie förmlich fühlen, wie Nar Shaddaa atmete, wie es lebte. Lebewesen aus allen Ecken der Galaxis trafen hier aufeinander, handelten, stritten, wohnten, arbeiteten und liebten, exotische Kreaturen, die man nirgendwo sonst treffen würde. Schicksale aller Art vereinten sich hier, brave Frachterpiloten, die für ihre Familie die gefährlichen, aber lukrativen Aufträge annahmen, waghalsige Schmuggler, dem dem Mond seinen Spitznamen verliehen hatten, raubeinige Söldner, Abenteurer, Glücksritter, Geschäftemacher, Betrüger und sogar den ein oder anderen Heiligen, der versuchte, die gestrauchelten Existenzen wieder auf den rechten Weg zurückzuführen, in den allermeisten Fällen allerdings ohne Erfolg. Der Mond war ein Tummelplatz, ein Schmelztiegel, und Etara liebte es, hier zu leben. Ihre Eltern waren tüchtige Händler, die ihr Einkommen gerne auch mal durch Schmuggel aufbesserten, einer der Gründe, warum sie den Raum der Chiss verlassen und sich hier mehr oder weniger niedergelassen hatten. Die Arbeit warf genug Credits ab, um auskömmlich zu leben, und Etara hatte bewiesen, dass sie den Geschäftssinn ihrer Eltern geerbt hatte. Wenn man sie nett fragte und genügend Geld auf den Tisch legte, konnte die Blauhäutige nahezu alles organisieren, von alderaanischen Weinen über sullustanische Zigaretten und sogar Gewürze aus den legendären Minen von Kessel. Es lohnte sich, wenn man Piloten und Kapitäne kannte, wenn man mit den chronisch schlecht bezahlten Sicherheitsleuten der großen Lagerhäuser auf Du war und natürlich schadete es auch nicht, eine hübsche junge Frau zu sein, die ihre Reize auf die richtige Weise einzusetzen wusste. Auf Nar Shaddaa konnte man alles bekommen, wenn man nur bereit war, zuzugreifen und sich was zu trauen.

Zufrieden vor sich hin summend rückte die Chiss ihre schwarze Lederjacke zurecht und steckte sich eine Zigarette an, genüsslich blies sie ein paar Rauchschwaden in den schwülen Nachthimmel und lehnte sich ein gegen die Wand eines Wohngebäudes, das schon vor vielen Jahren aufgegeben worden war. Die Gegend hier war für Schmugglermond-Verhältnisse eigentlich noch recht anständig, aber natürlich war Etara nicht wehrlos oder unvorsichtig. Griffbereit und doch gut verborgen trug sie ein Vibromesser bei sich, mit dem sie im Notfall schnell und äußerst schmerzhaft für Ruhe sorgen konnte. Meist genügte es aber, die Waffe bloß zu ziehen, um potentielle Räuber abzuschrecken. Überfallen wurden auf Nar Shaddaa meist unvorsichtige Touristen und Piloten, die sich zu weit in die gefährlicheren Gegenden gewagt hatten und allein schon aufgrund ihrer Haltung wie leichte Beute aussahen. In den Vierteln, die üblicherweise für dieses Klientel vorgesehen waren, sorgten Wachdienste und Gangs für eine gewisse Sicherheit, denn ausufernde Kriminalität war schlecht fürs Geschäft und drückte die Einnahmen der Betreiber von Bordellen und Casinos. Tot, verprügelt oder bis aufs Hemd ausgeplündert konnte man keine Credits mehr ausgeben, das war eigentlich sonnenklar. In dem Viertel, in dem sich Etara gerade befand, sorgten sogar Straßenlaternen für ein halbwegs helles Umfeld, die Lampen wetteiferten mit den roten Augen der Blauhäutigen. Fast schon ein wenig zu gediegen, fand Etara, aber wenn es den Touristen ein besseres Gefühl verlieh, sollte ihr das recht sein. Mit denen konnte man hervorragend handeln und wenn sie was fürs Auge waren auch auf andere Weise viel Spaß haben. Die junge Frau grinste, als sie an die süße, etwas naive Twi´lek dachte, mit der sie heute morgen in einem der vielen Stundenhotels aufgewacht war. Wie hatte sie noch gleich geheißen? Shira oder Shari oder so, genau wollte es Etara partout einfach nicht mehr einfallen. Was sicher auch an den vielen Drinks lag, die die gemeinsam geleert hatten. Ah, jetzt fiel es ihr wieder! Shasira hieß die gute Dame, machte irgendwas mit Marketing für eine hier ansässige Transportfirma und hatte ihre Beförderung feiern wollen. Etaras Schmunzeln wurde ein wenig breiter, sie hatte auf jeden Fall dafür gesorgt, dass die andere Nichtmenschin sich sehr gut amüsiert hatte. Es war schon erstaunlich, wen man abends alles auflesen konnte, wenn man wusste, wie es ging. Versonnen strich Etara über den Nacken und schloss kurz die Augen, die Erinnerungen genießend, da wurde sie von einem lauten Scheppern unsanft aus der Nostalgie gerissen. Wohl irgendwelche Tiere, die sich um den Inhalt eines Müllcontainers stritten. Es wurde Zeit, weiterzuziehen, spielerisch warf die Chiss ihre Zigarette weg und machte sich auf den Weg. Ihr Ziel hätte sie im Schlaf finden können (und tatsächlich hatte sie das auch schon), selbst wenn man nicht einfach den vielen Nachtschwärmen folgen würde, die darauf zustreben. Etara mischte sich unter die Leute, bahnte sich vorsichtig einen Weg, hielt kurz inne, um einen sich innig küssenden Zabrak-Paar zuzuzwinkern, bevor sie sich vor dem Eingang der wohl besten Disco auf dem ganzen Schmugglermond befand. Und das sagte sie nicht nur, weil der Besitzer jedem, der den Werbespruch runter leiern konnte, 50 Credits bezahlte, oh nein. Das „Shattered Diamond“, dieses imposante, knallrote Gebäude, dessen Scheinwerfer hoch in den Nachthimmel leuchteten, war legendär, DER Ort, um auf Nar Shaddaa Spaß zu haben und interessante Leute zu treffen. Hier fanden die besten Partys statt, hier versammelten sich die Meister des Vergnügens. Entsprechend lang war die Warteschlange, aber Etara wäre nicht Etara, wenn sie dieses Problem nicht elegant hätte umgehen können. Das erste Mal hatte sie es mit 15 in diese Disco geschafft, und mittlerweile war sie nur noch besser geworden. Sorgfältig beäugte die Chiss die verschiedenen Wartebereiche und suchte nach einem bekannten Gesicht, und als sie es fand, winkte sie kurz und hauchte dem Ziel ihrer Bemühungen einen Kuss zu. Der Rest war reine Formalität, Tirgo, der großgewachsene, kräftige Türsteher, dem sie schon so manchen Abend versüßt hatte, schob ein paar protestierende Wartende zur Seite, winkte einem seiner Kollegen zu und bedeutete Etara, näher zu kommen, was sie mit einem koketten Lächeln und angemessen schwungvoll tat, als sie vor dem Menschen stand, zwinkerte sie ihm zu, ihre Stimme war freundlich und amüsiert, neckend.


„Ist mal wieder verdammt viel los, was? Aber für mich ist doch sicher noch irgendwo Platz, hm? Ich gelobe auch feierlich, das überteuerte Leitungswasser zu trinken, das ihr da drin verkauft. Und niemanden zu erzählen, was er Barkeeper noch so rein schüttet, damit es sich für euch lohnt.“


Tirgo lachte herzhaft und klopfte ihr auf die Schulter, bevor er nickte.


„Keine Sorge, VIP-Gäste haben hier immer Zugang. Hab ohnehin die Anweisung von oben, hübsche Frauen Priorität einzuräumen. Fördert angeblich den Umsatz, weil die Typen dann mehr Credits ausgeben, um euch zu beeindrucken. Schön, lass dich kurz überprüfen, und dann viel Spaß. Nächste Woche wieder?“

Nun war es Etara, die lachen musste, sie nickte und lächelnd ließ sie die kurze Überprüfung über sich ergehen. Tirgo war so freundlich, das Vibromesser zu ignorieren, und streifte ihr dann ein Armband über, das sie als privilegierten Gast auswies und ihr 20% Rabatt auf alle Drinks verschaffte. Das Abtasten war ohnehin reine Show, auf Nar Shaddaa trug jeder irgendeinen Kompaktblaster, Messer oder sonstige Waffe bei sich und trennte sich auch nicht davon. Zufrieden tätschelte Etara kurz die Wange des Türstehers, ihre Kom-Nummer hatte er ja, und trat dann ein. Im Eingangsbereich fand man bereits die ersten Gestalten, die ein wenig zu viel gefeiert hatten und nun matt an den Wänden lehnten oder auf dem Boden saßen. Ein paar nochmal etwas zwielichtigere Zeitgenossen als üblich boten allerhand Mittelchen an, um diesen Zustand schneller zu erreichen, aber Etara ignorierte sie vorerst, sie hatte ihren eigenen Vorrat an Gewürzen, bei denen sie auch wusste, was sie da konsumierte. In eingeübten Bewegungsabläufen knöpfte die Chiss ihre dünne schwarze Lederjacke auf und rückte sie auf den Schulter ein wenig nach hinten, bevor sie an ihr Haar griff und den Zopf, zu dem es bis dahin noch gebändigt gewesen war, löste. Ein kurzer, prüfender Blick in einen kleinen Taschenspiegel bestätigte ihr, dass ihr dezentes Make-up noch saß, und zufrieden mit sich und der Welt steuerte Etara schnurstracks auf die Bar zu. Es war kein Kinderspiel, sich durch die Masse der tanzenden, feiernden Lebewesen zu schlängen, während lautstarke Musik die Ohren überwältige und zahllose Lichter auf ihre Augen einwirkten, aber die Blauhäutige besaß reichlich Erfahrung und landete schlussendlich an ihrem Ziel. Gelassen stellte sich an die Theke, stützte sich mit den Ellbogen darauf und musterte die Auswahl an Spirituosen. Der Barkeeper, ein adrett gekleideter Mon Calamari, erfasste sie mit seinen dunklen Augen und nickte ihr freundlich zu. Etara war hier Stammgast, man kannte sie und als sie die Hand hob, wurde kurz darauf ein Drink vor ihr auf die Theke gestellt. Die Chiss gönnte sich einen großen Schluck und drehte sich dann um, um die anderen Gäste ein wenig zu betrachten. Vielleicht fand sie ja auf Anhieb einen Tanzpartner, mit dem sie sich aufs Parkett stürzen konnte. Beiläufig nippte sie an ihrem Drink, sah sich entspannt um und legte ein wenig den Kopf schief. Sie zog Aufmerksamkeit auf sich, neugierige und begehrliche Blicke, und es würde bestimmt nicht lange dauern, bis jemand sie ansprechen würde. Etara grinste verschmitzt, wandte sich wieder der Theke zu, um einen zweiten Drink zu ordern, und da sah sie ihn. Am anderen Ende der Theke stand da ein großer, schlanker Mann, ein Mann mit blauer Haut und...roten Augen! Ein anderer Chiss, das kam nicht alle Tage vor, und so reckte Etara neugierig ein wenig den Hals, um den Fremden besser erkennen zu können. Was sie sah, gefiel ihr, und so winkte sie dem Barkeeper zu.

„Einen Drink für den blauen Riesen da drüben. Mit den Grüßen einer sehr angetanen blauen Dame.“


Der Mon Calamari nickte und Etara wandte sich wieder den Tanzenden zu, da tippte ihr der Barkeeper auf die Schulter und stellte ihr einen Drink hin.


„Sieht so aus, als er hätte er dich schon im Auge gehabt, Etara. Hat in dem selben Moment wie du bei meinem Kollegen bestellt. „Für die hübsche Chiss“. Tja, der hier geht auf die Rechnung des sehr erfreuten blauen Mannes.“

Etara musste lachen, schnappte sich den Drink und suchte den Blick des anderen Chiss, der nun auch sein Getränk in der Hand hielt und ihr lächelnd zuprostete. Die junge Frau erwiderte das charmante Lächeln, hob ihr Glas und trank einen Schluck, bevor sie sich kokett durchs Haar streichend abwandte. Wenn der groß gewachsene Mann Interesse hatte, würde er sich sicher zu ihr gesellen. Tatsächlich machte er es sogar spannend und ließ ein wenig Zeit vergehen, bevor er sich gemächlich auf den Weg zu ihr machte. Das gefiel der Blauhäutigen, sie fand es wenig reizend, wenn sich Männer förmlich überschlugen. Sicher, es war schmeichelhaft, aber auch ein wenig...abgenutzt. Sie riskierte einen Seitenblick, als sich der männliche Chiss neben sie stellte. Er war wirklich groß, fast zwei Meter, und machte einen sportlichen, gepflegten Eindruck. Seine Kleidung saß wie angegossen, einzig die Farbe seines Hemds wirkte ein wenig unpassend, fiel aus dem Rahmen. Vielleicht Absicht? Seine Nähe und zu fühlen, wie er sie musterte, löste ein angenehmes Kribbeln aus und Etara drehte sich zu ihm um und schenkte ihm ein charmantes Lächeln, das er dezent erwiderte. Der Blauhäutige hatte ein wirklich hübsches Gesicht mit einem leicht verwegenen, abenteuerlustigem Zug, und seine Stimme war angenehm selbstsicher, aber nicht arrogant, als er sie ansprach.

„Und? Wie viele schlechte Anmachsprüche hast Du heute schon gehört?“

Die Art und Weise, wie er das „Du“ betonte und dabei fast ein wenig unschuldig lächelte, sorge dafür, dass Etara lachen musste, ein herzhaftes, ehrliches Lachen, und sie brauchte einen Moment, um sich wieder zu fassen.


„So verrückt das auch klingen mag, aber das war heute der erste. Wobei...nein, der war nicht schlecht. Ich geb Dir sogar Punkte für Kreativität, so was hat noch niemand zu mir gesagt. Ist schön, ein neues Gesicht hier zu sehen. Ganz besonders eins mit blauer Haut und roten Augen. Gibt nicht so viele von unserer Sorte hier.“


Sie sprachen Basic miteinander, auch wenn sie beide den leicht melodischen Akzent ihrer Muttersprache hatten. Etara lächelte und reichte dem anderen Chiss die Hand.


„Ich heiße Etara und wage zu behaupten, dass Du nicht von Nar Shaddaa kommst. Hmmm...nein, so ein Gesicht hätte ich mir gemerkt.“


Der groß gewachsene Chiss lachte und schüttelte kräftig, aber nicht roh ihre Hand.


„Dann muss es entweder ein sehr schönes Gesicht sein oder es gibt wirklich nicht viele von uns auf Nar Shaddaa. Mein Name ist Riuen...und es stimmt, ich bin als Tourist auf diesem bezaubernden Mond.“

Entgegnete er trocken und brachte Etara damit erneut zum Lachen.


Nar Shaddaa war eine Oase und Riuen würde sich bedanken, wenn er herausfand, wer genau die geniale Idee gehabt hatte, ihn ausgerechnet auf diesen Planeten zu senden um in sich zu gehen. Um über Regen nachzudenken. Um, ja, innerlich betonte Riuen es sehr theatralisch, um endlich, nein, wirklich endlich zu lernen, wie wichtig es war, nicht die falschen Worte zu sagen. Hach ja. Falsche Worte gab es nicht. Unpassende Momente schon eher. Aber wer seine Gedanken damit verschwendet, den richtigen Moment abzupassen, lief Gefahr, ihn nie zu haben. Die Seiten, die er hatte schreiben sollen, waren längst geschrieben und seine Auffassung von friedens- und Konfliktforschung unterschied sich hier und da sehr stark von manchen Schriften, die er zu Militärwissenschaften gelesen hatte. Wenn Kritik nur dann zählte, wenn sie nicht militärfern und militärabgeneigt war, konnte man nahezu jede Kritik von sich weisen. "Den Soldaten war die Zeit und sie dem Staate zur Last; sie waren bloße Müßiggänger, und wenn sie etwas taten, so geschahe solches zu ihrem und anderer Leute Verderben." Dieses uralte Zitat, das Riuen eingebracht hatte, hatte wahrlich nichts mir mangelndem Respekt zu tun. Hätte der Chiss seien eigenen Worte genutzt, wären sie anders verlaufen. Schön, schön, am Ende hatte er dem Ganze eine persönlichere Note gegeben, aber das war kein Grund, für lächerliche Strafen. Das hier aber würde er auch nicht als Strafe sehen, viel eher als Belohnung. Nar Shaddaa! Hier tummelte sich alles, hier tummelte sich jeder und Regeln? Die gab es natürlich auch. Da waren immer, da waren überall Regeln. Die Sonne die auf- und unterging folgte ebenso Regeln wie es die Gezeiten taten. Ein Kapitän auf See wusste, wann er in See stach. Regeln. Alles spielte oder kreiste darum. Aber es gab Ausnahmen, Umwege, Irrwege und dann Regeln, die dafür gemacht worden waren, sie zu brechen. Zu viel Theorie. Heute würde er sich mit den Regeln eines ganz anderen Spiels befassen. Denn waren da nicht auch Gesetzmäßigkeiten, wenn es ums Feiern ging?

Als Riuen sich ausgehfertig machte, achtete er genau darauf, sich so zu kleiden, dass alles perfekt schien, aber nicht perfekt war. Die Farbe seines Hemdes ließ ihn aus der Reihe tanzen. Black and White war das Motto des Abends gewesen, doch Riuens Hemd war nicht weiß, sondern hatte einen unübersehbaren Graustich. Dennoch, es war kein großes Problem in den Club zu kommen. Mit Geld, das war eine eigene Regel, ließ sich eine wieder andere sehr einfach umgehen. Manchmal traurige Tatsache, in diesem Fall freudiges Ereignis. Das Shattered Diamond war ein besonderer Ort, das Publikum das es anzog, war es ebenfalls. Die Farbe des Gebäudes passte perfekt zu den Augen der Chiss. Ein Grund mehr, es zu besuchen und sich dabei vorzustellen, einen Augapfel zu betreten. Schade, dass Gebäude nicht denken konnten. Wände sahen so viel mehr und hörten so viele Lügen. Wären sie intelligent gewesen, sicher wären sie eingestürzt um eine kollektive Strafe auszuüben.
Sein Weg führte ihn zur Theke, der perfekte Platz, um einen Blick auf das Getummel zu erfassen und zu beobachten und wirklich lange dauerte es nicht, bis jemand in Riuens Blickfeld rückte, der einen ganzen Moment lang seine Aufmerksamkeit genoss. Eine Chiss. Mehr noch, eine ziemlich attraktive Chiss, mit schwarzer Lederjacke. Offene Haare, ein schönes Gesicht, keine überschminkte Frau. Eine die wusste, dass sie gut aussah und kein Problem damit hatte, genau das zu zeigen, ohne diese unnötige Arroganz. Von ihr aus sah es sogar aus, als besäße sie nicht nur einen schönen Kopf, sondern vielleicht auch einen klugen. Letzteres galt es heraus zu finden. Riuen orderte einen Drink für die hübsche Chiss. Er wusste, dass sie ihn auch bemerkt hatte, schon zuvor, und es war kein Zufall, als sich ihre Blicke schließlich trafen und sie einander zulächelten. Der kurze Augenblick reichte. Ihr Blick genügte um zu wissen, dass sie wusste, was eins und eins war. Sie strich sie durch die Haare, wandte sich ab und Riuens Grinsen wurde größer, blieb aber so Nonchalance wie eh und je. Sie hatte Interesse. Er ging nicht sofort zu ihr hinüber, sondern wartete ab, denn was war spannender als dies kleinen, anhaltenden Minuten, in denen man sich fragte, ob ein Kontakt, den man wollte, auch wirklich zustande kam? Immer alles sofort zu bekommen war langweilig und ödete Riuen an. Wer sa
h gerne Filme, in denen alles vorhersehbar war?
Ihr Lachen klang wunderbar, nicht gespielt, nicht gezwungen, es klang echt und voll und gefiel Riuen. Ihre Hand fühlte sich gut an, weich, aber nicht so, als wäre der einzige Gegenstand, mit dem sie umzugehen wusste, eine Nagelfeile.


Du bist schon öfter hier gewesen“, was sie selbst verraten hatte,und trotzdem bin ich sicher, dass das hier nicht der Mond ist, auf dem du lebst. Also“, er hob kurz sein Glas, um seine Worte zu unterstreichen, was führt dich hier her? Tourismus, genau wie mich?“ Sein Grinsen wurde schelmisch und spätestens jetzt durfte klar sein, dass seine vorherigen Worte nicht zu hundert Prozent der Wahrheit entsprochen hatten.
 
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Eine Begegnung in Blau (Teil II)

Je mehr Etara von Riuen sah und hörte, desto besser gefiel ihr der großgewachsene Chiss. Er hatte eine angenehme Art, charmant und selbstbewusst, ohne dabei anbiedernd oder arrogant zu wirken. Und, das stellte die hübsche junge Kriminelle fast schon ein wenig verwundert fest, er schien tatsächlich Interesse an einer richtigen Unterhaltung zu haben und nicht nur daran, sie so schnell wie möglich ins Bett zu bekommen. Nicht, dass Etara etwas dagegen hatte, aber sie mochte Abwechslung und es war ungemein spannend, mit einem anderen Angehörigen ihrer Spezies zu reden. Es gab nun mal wirklich nicht so viele von ihnen auf Nar Shaddaa, diese Gelegenheit durfte sie nicht verstreichen lassen. Mit einem Schmunzeln im Gesicht musterte sie ihren Gegenüber und fuhr sich über den Nacken, der blauhäutige Mann sah wirklich verdammt gut aus. Das angenehme Kribbeln war wieder da und ein kaum sichtbarer Hauch Röte legte sich auf Etaras Wangen. Es war definitiv die richtige Entscheidung gewesen, heute Nacht ins „Shattered Diamond“ zu gehen, und gerne hätte sie nochmal einen Grund gesucht, um Riuens Hand zu schütteln. Er schien genau zu wissen, wie man eine Frau berühren sollte, nicht zu grob und nicht zu sanft. Überhaupt schien der Chiss Geschmack und eine gewisse Weltläufigkeit zu besitzen, und bitterarm war er wohl auch nicht. Aber warum zum Henker passte sein Hemd nicht zum Thema des heutigen Abends? Etara konnte sich schwer vorstellen, dass so jemand wie er versehentlich etwas unpassendes trug, also vielleicht ein bewusster Akt der Rebellion, ein Bruch mit den Konventionen und Erwartungen? Wenn ja, war es ein Grund mehr, ihn für Etara sympathisch zu machen, und so suchte sie seinen Blick, neugierig und aufmerksam, aber nicht aufdringlich, als er sprach. Seine melodische Stimme verlieh dem Gesagten eine spielerische, amüsante Note, als Riuen messerscharf kombinierte, dass sie des öfteren in der Disco zu finden war. Aber die Vorstellung, sie würde nicht auf dem Schmugglermond leben, lag so was von daneben und so musste Etara doch leise lachen, aber sie ließ ihn ausreden und hob ebenfalls ihr Glas. Seine Betonung entging ihr nicht, der Chiss war nicht einfach aus touristischer Neugier hier, oh nein, dieses schelmische Grinsen legte ganz andere Beweggründe nahe. Etara trank einen Schluck und legte dann den Kopf schief, ihr Lächeln fiel strahlend und dennoch ein wenig neckend aus. Der trockene Klang in ihrer Stimme signalisierte, dass sie es nicht böse meinte, als sie sich ein wenig auf seine Kosten amüsierte und demonstrativ ihre Handgelenke zeigte, einen überraschten Ausdruck auf dem Gesicht.

Meinen Glückwunsch, Meisterdetektiv Riuen. Du hast den notorischen Disco-Stammgast endlich überführt, jetzt können die braven Bürger von Nar Shaddaa nachts wieder ruhig schlafen. Aber ich glaube, Du hast keine Handschellen dabei...tja, das ist ja ärgerlich. Was soll mich dann nur von der Flucht abhalten?“


Etara wölbte grinsend eine Augenbraue und lachte dann, bevor sie sich entschuldigend durchs Haar strich.


Pardon, ich mache hier Witze, aber ich muss sagen, Respekt. Gute Beobachtungsgabe und Einschätzen von Personen, damit kommt man im Leben weit. Aber mit dem zweiten Teil Deiner Analyse liegst Du leider falsch. Vor Dir steht eine stolze Tochter des Schmugglermonds, hier geboren und aufgewachsen. Und jetzt neugierig, warum sie angeblich nicht hier lebt...Sei vorgewarnt: Wir sind hier sehr stolz auf unsere stinkende, zugemüllte, von Kriminalität und Korruption zerfressene Heimat. Da, ich hab´s gesagt, Du kannst es also auch sagen. Aber ist trotz oder gerade wegen all dem ein schöner Ort, wenn man weiß, wie man sich durchschlagen kann.“

Die junge Chiss gönnte sich einen weiteren Schluck und lehnte sich ein wenig gegen die Theke, und für einen Moment blickte sie nachdenklich drein.


Was führt mich hierher...oh weh, jetzt geht es an die existentiellen Fragen des Lebens, hm? Also Tourismus ist es nicht...aber Tourismusschon. Paradox...“

Sie betonte das Wort genau wie er und lächelte vielsagend, als sie ihn wieder betrachtete, angetan, aber auch prüfend und fuhr sich nachdenklich übers Kinn.


„Aber wenn ich hier schon so gründlich unter die Lupe genommen werde, ist es nur fair, wenn ich es umgekehrt auch tue. Wollen wir doch mal sehen...wer ist Riuen, und warum ist er hier? Er hat offenbar Geschmack und weiß sich vorteilhaft zu kleiden, seine Erscheinung ist gepflegt und ansprechend. Fit, aber kein wandelnder Wandschrank. Zu gut angezogen für einen Schmuggler, zu gute Manieren für einen Piraten. Aber Regeln bricht er, wer sonst trägt ein graues Hemd zu einem Schwarz-Weiß-Themenabend? Hm, lass mich nachdenken...Du hast eine ausgezeichnete Haltung und ein Auge für Details, bist nicht ängstlich...Söldner? Nein, nein, zu höflich im Umgang mit Frauen. Aha! Ein Soldat. Offizier, um genau zu sein. Aber jetzt muss ich raten: Urlaub? Oder hier, weil Du was angestellt hast?“


Etara grinste stolz, ziemlich sicher, dass sie ins Schwarze getroffen hatte. Wer auf Nar Shaddaa groß wurde, lernte sehr schnell, andere Lebewesen richtig einzuschätzen. Die Kleidung, das Auftreten, die Sprache, der Umgang mit anderen, das Verhalten, wenn man sich unbeobachtet fühlen, all das lieferte wertvolle Hinweise und die Chiss waren in der ganzen Galaxis bekannt für ihren kühlen, analytischen Verstand. Gespannt wartete Etara auf eine Antwort, neugierig, was Riuen von ihrer Einschätzung halten würde.



Riuen griff sich, voll gespielter Ergriffenheit an die Brust, als Etara seine detektivischen Künste lobte und grinste dabei von einem Ohr zum anderen. Eine Faustregel war: hör deinem Gegenüber unbedingt zu. Wollte man tatsächlich etwas erreichen, war das sogar die oberste Regel. Zuhören und verstehen. Das eine ging nicht ohne das andere. Riuen behandelte andere zumindest immer mit Respekt, als dass er ihnen sein Gehör schenkte. Dabei filtert er nicht nur die Informationen, die besonders wichtig Schienen, sondern hörte tatsächlich zu. Eine Gabe, die überaus wichtig war, nicht nur wenn man Frauen zu tun hatte. Etara hatte das große Glück, dass er ihr gerne zuhörte und er sich nicht einmal anstrengen musste. Nein, irgendwie hatte diese Frau etwas Besonderes und versprach, mehr als ein Abenteuer zu werden. Mehr eine Erfahrung. Und selbst das wurde ihr nicht ganz gerecht.


"Weißt du, mein Gefühl sagt ja, dass ich dich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht fesseln muss, damit du die nächsten Sekunden nicht gleich flüchtest."

Ja, Riuen war äußerst sicher aber um diesem Satz die eventuelle Arroganz zu nehmen, die nur Selbstsichererheit war, führte er nach einer kurzen Pause, in der er schlicht charmant lächelte einen weiteren Satz an.


"Sonst müsste ich in jedem Fall versuchen, Dich von einer Flucht abzuhalten."


Was wohl deutlich machte, dass sie unlängst sein echtes Interesse geweckt hatte. Sie wusste, um die Regeln des Spiels. Die Art, wie sie die Augenbraue wölbte, die Art, wie sie sich scheinbar unabsichtlich durch die Haare Strich ohne dabei unecht zu wirken Komma sie gefiel dem Chiss von Minute zu Minute mehr.

Allerdings hatte er mit der Vermutung, dass dieser Mond nicht ihre Heimat war daneben gelegen und so schüttelte Riuen den Kopf, was zwar gespielt war, aber dennoch einen winzigen Teil echten 'Bedauerns' enthielt.
Gott, dabei was Riuen sicher nicht gläubig, war diese Frau anziehend. Die Tatsache, dass sie sich dessen bewusst sein musste, steigerte diese Anziehungskraft seltsamerweise nur.


"Absolut existenziell", bestätigte er ihre Frage und verspürte beinahe Neugier neben seinem Interesse, mehr über sie zu erfahren. Tourismus aber kein Tourismus? Riuen zog die Brauen nach oben legte sich kurz überlegen den Zeigefinger auf den Mund und glaubte, zu verstehen, von was sie hier sprach Punkt etwas, dass ihn eigentlich hätte abschreckend sollten. Abschrecken müssen. Aber das tat es nicht. Tourismus. Schmugglerware? Drogen? Sex? Nein, letzteres schoss er aus. Sie wirkte nicht wie eine Prostituierte die ihren Körper feilbot.

"Eine Händlerin, hm?"


In jedem Fall jemand, der ihn geradewegs beeindruckte. Riuen überspielte seine echte Überraschung nicht, als sie ihn eine Punktlandung traf.

"Wow", entfuhr es ihm, ehe er laut, aber herzlich lachte. "Das ist wirklich beeindruckend. Irgendwie sollte ich mich jetzt seltsam fühlen und mich panisch umsehen, ob da nicht zu viele Spitze sind, die mich beobachten, oder ob ich nicht zu durchsichtig bin." Riuen lachte erneut. "Du hast mich erwischt, Dr. Etara."
Dann aber zog er erneut die Brauen in die Höhe, voller Entsetzen.
"Etwas angestellt? Ich?" Das letzte wohnt betonte er viel zu sehr. "Du willst doch nicht andeuten, dass ich wie jemand aussehe, der ganz gerne ein paar Regeln bricht?" Was die halbe Antwort auf ihre Frage war. "Aber ich möchte ehrlich sein und sagen, dass beide Vermutungen zutreffen. Wo bei meiner Vorgesetzten ist nicht Urlaub nennen würden", was ihn die Schultern zucken lies.

"Was dich betrifft, gibst du dich allerdings viel geheimnisvoller."
Was sie nur weiter interessant machte...
"Es ist nicht meine Art, Frauen abzufüllen und ich schätze, selbst wenn es das wäre, würde ich dennoch nicht mehr aus dir heraus bekommen. Aber vielleicht verrätst du mir denn noch etwas mehr über Tourismus?" Oder... "Oder über dich."

Riuen war lustig, ohne kindisch zu wirken, und traf damit genau Etaras Humor, seine melodramatische Ergriffenheit war so amüsant anzusehen wie sein breites Grinsen ansteckend war. Sie mochte es, wenn der andere Chiss lächelte, ihr Herz schlug dabei ein wenig schneller und sie konnte gar nicht anders als auch zu schmunzeln. Schon jetzt hatte ihre Unterhaltung mehr Substanz als die allermeisten Gespräche, die Etara sonst an diesem Ort führte, und die Abwechslung tat ihr wirklich gut. Es war schön, wenn jemand zuhörte und ehrliches Interesse zeigte, ihre Konversation lief so erfreulich und locker ab, als würden sie sich schon seit ewigen Zeiten kennen. Die junge Blauhäutige lächelte verschmitzt, als Riuen selbstbewusst verkündete, dass sie wohl kaum in den nächsten Augenblicken die Flucht ergreifen würde. Eine Aussage, die aus dem Mund eines anderen wohl arrogant gewirkt hätte, aber der großgewachsene Mann verknüpfte sie mit einem gewinnenden Lächeln und fügte nach einer kurzen Pause in einem ehrlichen, ruhigen Tonfall hinzu, dass er versuchen würde, ihre Flucht zu verhindern. Das wertete Etara als Bekundung von echtem Interesse und als ein sehr hübsches Kompliment, das mögliche Unklarheiten elegant beseitigte. Mit Worten umgehen konnte Riuen, daran gab es keinen Zweifel, und er ließ sich nicht von ein wenig unterhaltsamen Widerspruch aus dem Konzept bringen.

Gut gerettet.“

Lobte sie den anderen Blauhäutigen schmunzelnd und hob den Daumen, bevor sie ein wenig ihre Lidern senkte und ihr Lächeln etwas verruchter wurde, ein kokettes Spiel mit dem Unanständigen und Verbotenen, die junge Frau senkte ein wenig die Stimme und brachte Riuen so dazu, ein bisschen näher zu rücken, scheinbar zufällig streiften ihre Fingerspitzen dabei den Rücken seiner Hand. Die kurze, flüchtige Berührung jagte einen wohligen Schauer über Etaras Körper und erfreut registrierte ihre Nase, dass der Mann vor ihr nicht nur gut aussah und zu reden wusste, sondern auch noch ausgesprochen gut roch. Wirklich ein sehr ansprechendes Gesamtpaket. Etara hielt kurz inne, bevor sie zu ihm aufsah, der Größenunterschied verlieh dem Ganzen nochmal eine weitere spezielle Note.


„Aber auch ein bisschen enttäuschend...ein Meisterdetektiv ohne Handschellen? Das geht ja gar nicht. Zum Glück habe
ich welche. Wer weiß, vielleicht kann ich Dir sogar zeigen, wie man Sie benutzt. Das sollte jeder Mann können, ist wie Wäsche waschen und Kochen.“

Etara lachte und trat einen halben Schritt zurück, schuf wieder ein wenig Distanz zwischen ihnen, sie wollte nicht aufdringlich sein. Sie gönnte sich einen Schluck von ihrem Drink und betrachtete Riuen aus neugierig funkelnden roten Augen. Erfreut stellte sie fest, dass er kein Problem damit hatte, seine Fehleinschätzung einzugestehen, ehrlich überrascht schüttelte er den Kopf. Etara schwieg lächelnd, es gefiel ihr, dass er deswegen nicht aus der Bahn geworfen wurde oder versuchte, sich unnötigerweise zu entschuldigen. Offenbar dachte er über ihre Antwort nach und war damit beschäftigt, die Informationen in Einklang zu bringen. Sie mochte den Ausdruck von Konzentration in seinem Gesicht und es machte Spaß, ihn so grübeln zu sehen. Bestimmt fragte er sich, was sie mit Tourismus meinte, und ging im Kopf allerhand Szenarien durch. Womit verbrachte Etara ihre Zeit auf dem Schmugglermond, womit verdiente sie ihr Geld? Etara schenkte ihm ein charmantes Augenzwinkern, um ein wenig zu verwirren, sie war gespannt auf die Antwort. Das war meist der Punkt, an dem etwas übervorsichtige Zeitgenossen witterten, dass sie keiner allzu legalen Tätigkeit nachging, und Reißaus nahmen. Etara konnte den Wunsch, nicht in krumme Geschäfte verwickelt zu werden, zwar logisch nachvollziehen, fand aber, dass die Aura des Verbotenen und Geheimen ungemein anziehend war. Die Gefahr, der Nervenkitzel...das war einfach etwas besonderes. Riuen vermutete richtig, als er sie als Händlerin einschätzte, und anerkennend neigte die hübsche Dunkelhaarigen den Kopf, lächelte aber geheimnisvoll.

Hm, nicht schlecht, nicht schlecht.“

Sie ließ offen, ob es die richtige Antwort war, ein wenig mysteriös zu sein hatte noch niemandem geschadet. Im Stil eines Dozenten hob Etara kurz den Zeigefinger und setzte eine ernste Miene auf, bevor sie wieder lächelte. Was ihre Einschätzung von Riuen anging, lag sie ebenfalls richtig, der Offizier zeigte sich beeindruckt und lachte herzhaft und Etara stimmte mit ein. Angesichts seines Scherzes nickte sie bestätigend und hielt sich verschwörerisch eine Hand ans Gesicht.


„Pssst, nicht so laut, sonst werden die Spitzel misstrauisch und dann muss ich Dich mit einer Meute hübscher junger Frauen teilen, denn durchsichtig bist Du definitiv nicht, Riuen.“


Etara musterte ihn demonstrativ, nicht anzüglich, aber doch deutlich. Angesichts ihrer Erhebung in den Doktorenstand musste nun die junge Chiss lachen, sie hielt sich die Seite und nickte zustimmend.


„Oh ja, den Titel habe ich mir wohlverdient. Meine Doktorarbeit trug den klangvollen Titel „Das seltsame Verhalten geschlechtsreifer Mondbewohner zur Paarungszeit“. Ist in akademischen Kreisen inzwischen DAS Standardwerk.“


Die Blauhäutige grinste trocken, als Riuen sich zutiefst schockiert von der Behauptung, ER könne etwas angestellt haben, gab. Offenbar hatte sie einen Nerv getroffen und jemanden gefunden, der gerne mal die Regeln ein bisschen flexibel auslegte. Ein weitere sympathischer Charakterzug. Es klang so, als hätte sich der charmante Chiss mit dieser Einstellung etwas Ärger eingehandelt und auch wenn er lässig darüber hinweg ging wurde Etara für einen Moment etwas ernster und legte ihm die Hand auf die Schulter, sie lächelte ihm freundlich zu.


„Haben nicht alle Verständnis für diese Einstellung, hm? Bah, alles Spießer. Dann sehe ich es als meine Pflicht als Bewohnerin dieses schönen Mondes an, dafür zu sorgen, dass der Zwangsurlaub weniger „Zwang“ und mehr „Urlaub“ enthält. Ist versprochen!


Etara ließ ihre Hand noch einen Moment auf seiner Schulter ruhen, dann nahm sie sie wieder weg und grinste verschmitzt, als Riuen meinte, sie würde sich recht mysteriös geben. Es war laut seiner eigenen Aussage nicht seine Art, Frauen abzufüllen, und so wie er sich verhielt und aussah, hatte er das wohl auch gar nicht nötig. Freundlich bat er darum, mehr über den „Tourismus“ und sie erfahren zu dürfen. Als Reaktion schwieg Etara einen Moment, bevor sie ihren Drink betrachtete, ihn leer trank und auf die Theke stelle, sie musste lachen.


„Ist schon okay, WENN Du mich mit dem Fusel abfüllen müsstest, wärst Du vermutlich pleite, bevor er irgendeine Wirkung zeigt. Diriron, wie viel kann man eigentlich für Leitungswasser verlangen? Ihr müsst ja in Credits schwimmen.“


Der angesprochene Barkeeper reagierte mit einem trockenen Schulterzucken und widmete sich wieder seinen Aufgaben und so nickte Etara Riuen knapp zu.


„Gratistipp von einer Einheimischen: Immer erst einen kleinen Schluck trinken, nie das ganze Glas auf einen Schlag leeren, sonst kommt man in den Genuss des vorzüglichen Gesundheitssystems auf dem Schmugglermond. Und mit „Gesundheitssystem“ meine ich zwei grimmige Rodianer, die Dich solange auf den Kopf stellen, bis Du Dich wieder „besser“ fühlst.“


Etara lachte leise und betrachtete Riuen nachdenklich. Er wollte also mehr wissen...Die junge Chiss strich sich über ihr Ohr, als sie überlegte und dann lächelte. Sie wartete einen Moment, hielt die Spannung aufrecht.


„Nun, ich kann schlecht nein sagen, wenn man mich so nett bittet. Gestatten, Händlerin Etara, zu Ihren Diensten. Von corellianischen Cigarras über huttische Teppiche bis hin zu echten Gewürzen von Kessel gibt es nichts, das ich nicht besorgen kann. Auch Dienstags geöffnet!“


Die dunkelhaarige Frau deutete eine adrette Verbeugung an, als würde sie einen Kunden begrüßen, und ihre Stimme hatte den Klang einer Werbung im Holonet. Lobend nickte sie Riuen zu.


„Also, goldrichtig gelegen. Das Geheimnis wäre also gelüftet...aber...wer bin ich abseits von meinem Job? Hm....“


Etara machte eine bedeutungsschwere Pause, betrachtete Riuen und kam dann langsam näher, stellte sich direkt vor den anderen Chiss und sah zu ihm auf.


„Um das herauszufinden sollten wir uns irgendwo unterhalten, wo man einander nicht anschreien muss, um die Musik zu übertönen.“


Demonstrativ legte sie ihren Zeigefinger auf ihre Lippen und erneut streifte ihre Hand die seine. Tatsächlich hatte Etara Lust, ihr Gespräch an einem etwas ruhigeren Ort fortzusetzen und dann zu sehen, was sich ergab. Das war für sie eher ungewöhnlich, aber heute...heute war besonders.



Etara wurde leiser, rückte näher und sorgte damit für zweierlei. Zum einen spürte Riuen ein angenehmes Kribbeln auf der Haut, Aufregung? Vorfreude? Beides. Und dann ein eher unangenehmes Beschleunigen seines Herzschlages, das er nicht fehl interpretieren konnte, alles aber zu gerne getan hätte. Sein Herz schlug nicht schneller, wegen des eventuellen Angebotes. Nein, es schlug viel mehr schneller, weil es Etara gelungen war, sich auf mehr als einer Ebene interessant zu machen. Ein klassischer Regelbruch.
Ihre flüchtige Berührung, die kein Zufall war, die scheinbare Unschuld, die keine war, die nicht zu ihrem Blick passte, der etwas anderes verriet, oh, Etara wusste genau was sie hat, sie war sich ihrer Wirkung vollauf bewusst. Aber Riuen war keine fünfzehn mehr und wusste, nicht über zu reagieren und sich keiner Peinlichkeit auszusetzen.
Auch ihr Satz brachte Riuen nicht dazu, aus dem Konzept zu geraten, wohl aber sorgte er für ein Grinsen.

"Weil ich keine dabei habe, heißt das nicht, dass mir ihre Nutzung fremd ist", erwiderte er also, gab seiner Stimme üben Spur an Zweideutigkeit, einen ganzen Moment lang, eher er erneut nachsetzte. "Als Offizier fasst man den ein oder anderen..."bis hier hin klang er professionell, "Regelbrecher", was er wiederum besonders betonte.

Dann lachte sie erneut und da war es wieder, das verräterische Klopfen seines Herzens. Nicht gut, wenn sie eine Spielerin war. Und das war sie, da war Riuen sicher, gewiss.
Er duckte sich leicht, zig die Schultern ein wenig in die Höhe.

"Ja, leiser, du hast recht..."
Sein darauf folgendes Lachen allerdings alles andere als leise.

"Ob ich dieses Werk wohl lesen will?" Sie würde ihm wohl davon berichten, auf die ein oder andere Art und Weise.

Sie berührte ihn ein zweites Mal, was daran eigentlich keinen Zweifel lassen sollte, denn Etara machte nicht den Eindruck, als das sie hier etwas versprach, was sie am Ende nicht halten wollte. Auf der anderen Seite hatte er mit einer Vermutung bereits falsch gelegen. Vielleicht war sie auch eine Frauenrechtlerin, die Männer becircte, um ihnen am Ende, kurz vor dem Spaß, das Beste Stück abzuschneiden? Auf Nar Shaddaa konnte er sich einiges vorstellen und wenn es da unter diesen ganzen Regeln eine gab, die man niemals außer Acht lassen sollte, dann die, seinen Gegner niemals zu unterschätzen. Wobei Riuen das Wort 'Gegener' eher mit Gegenüber ersetzt. Andere zu unterschätzen war ein Fehler, genauso wie es einer war, jemanden zu überschätzen. Wie bei vielen Dingen galt es, das richtige Maß zu finden. Und Etara? War im Übermaße attraktiv.

Weniger Zwang, mehr Urlaub? Riuen sah sie musternd an, lächelte.
"Ich weiß nicht, wie ich diese Aussage verstehen soll", gab er sich betont unschuldig, unwissend. Wie er sie verstehen wollte, das wusste er hingegen schon.

Ihren Gratistipp nahm er mit dankendem Blick auf.

"Du hast zu viel Klasse, um dich abzufüllen", was anders, als das bisher gesagte, doch eher ernst kam. Ein einziges Mal hatte Riuen eine Frau 'abgefüllt', was keine Absicht gewesen war. Der Abend war furchtbar gewesen, die halbe Nacht hatte er neben ihr an der Toilette gesessen und ihr die Haare gehalten und das, obwohl er viel lieber verschwunden wäre. Ein Blick auf ihre ID aber hatte ihm gezeigt, dass es besser war, für sie zu sorgen und im Endeffekt war ihre Trunkenheit vielleicht auch der Retter gewesen. Was seine Vermutung mit der Händlerin betraf, lag er also doch richtig. Sie konnte ihm alles besorgen?
"Interessant", was nicht einmal gelogen war. Schon zuvor hatte Riuen mit Schmugglern zu tun gehabt, etwas gegen sie hatte er dabei nicht. Er selbst hatte das ein oder andere Gewürz schon ausprobiert. Wovon er sich tatsächlich immer ferngehalten hatte und fernhalten würde, waren chemische Substanzen. Viel zu gefährlich.
Wer sie war, beantwortete sie nicht so ohne weiteres, ließ eine Pause folgen, die eindeutig das Ziel hatte, seine Neugierde zu wecken und dieses auch erreichte. Riuen schüttelte also, grinsend den Kopf.
"Ich müsste dich eigentlich hier stehen lassen",auf der Stelle sogar, denn das wäre etwas gewesen, mit dem sie bestimmt nicht rechnete. "Aber diese Regeln..."
Stattdessen reichte er ihr seinen Arm, damit sie sich kurz einhaken konnte.
"Dein Mond, du weißt, wo es langgeht."
 
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Eine Begegnung in Blau (Teil III)

Es machte Spaß, mit Erwartungen und Gedanken zu spielen, eine bestimmte Vorstellung zu schaffen und auf subtile Weise etwas in den Raum zu stellen. Etara liebte diese Art der Interaktion, dieses Austauschen von Zeichen. Die Art, wie sie sich durch ihr langes schwarzes Haar strich, wie sie Riuen ansah und ihn anlächelte, und nicht zuletzt die wortwörtliche Annäherung, all das waren Signale, kleine, wohlüberlegte Botschaften, die ihre Absichten besser als tausend Worte transportierten. Und die Botschaften kamen an, das merkte die hübsche Chiss. Keineswegs war es aber so, dass sie sich selbst dem Reiz ihres Gegenübers entziehen konnte oder wollte, Riuen faszinierte sie. Der großgewachsene Blauhäutige war anders als die meisten, mit denen sie es auf dem Schmugglermond zu tun bekommen hatte, und sein gutes Aussehen tat sein übriges dazu. In seiner Nähe schlug ihr Herz schneller, spürte sie eine angenehme Wärme. Ja, sie mochte diesen Mann, und sogar noch weitaus mehr als das. Er war immer wieder für eine Überraschung gut und trotz der Freude, die er aufgrund ihrer Unterhaltung offenkundig ebenfalls empfand, ließ er sich nicht aus dem Konzept bringen. Vor ihr stand kein aufgeregter Teenie, der bei der bloßen Andeutung von Sex schon Luftsprünge machte, und das machte ihn dann nochmal einen Ticken sympathischer und interessanter. Etara bevorzugte Männer, die ein wenig älter waren als sie, nicht zuletzt aus diesem Grund. Mit einem charmanten Grinsen gab Riuen schlagfertig zurück, dass ihm die Benutzung von Handschellen keineswegs fremd war und er als Offizier regelmäßig den ein oder anderen Regelbrecher fasste. In seiner Stimme lag dabei eine wohltuende Zweideutigkeit, eine kokette Andeutung, die zeitweise unter der gespielt strengen Professionalität hervorblitzte. Es war eine amüsante Mischung und so lachte Etara, stütze ihr Kinn mit der Hand und dem Ellbogen auf der Theke ab und betrachtete Riuen.

„Nun, dann ist es ja gut, dass Du...Erfahrung besitzt. Wir sollten uns mal darüber in Ruhe unterhalten und Techniken austauschen. Oh, und wenn wir ganz viel Glück haben, können wir sogar üben, ich habe gehört, hier soll sich eine ganz besonders furchtbare Regelbrecherin herumtreiben, die man unbedingt in Gewahrsam nehmen muss.“

Schief lächelte sie den anderen Chiss von der Seite an und stand wieder gerade, ihm gegenüber und neugierig wartend. Riuen ließ sich nicht lumpen, er verstand, worauf sie hinauswollte, hatte aber offenbar wie sie Gefallen daran, es langsam anzugehen, sich erst einmal kennen zu lernen und die Vorfreude auszukosten, diese fiebrige, reizvolle Spannung, die zwischen ihnen in der Luft lag. Leise stimmte er ihrem Vorschlag, sich ein etwas ruhigeres Plätzchen zu suchen, zu, und Etara genoss den Klang seines anschließenden lauten Lachens. Es war ein schönes Geräusch, voller Lebensfreude und Energie, ohne irgendwelche Künsteleien. Riuen sagte, was er dachte, und machte, was ihm gefiel, diese Einstellung gefiel ihr. Als er Zweifel anmeldete, ob er ihre „Doktorarbeit“ wirklich lesen wollte, verschränkte Etara in gespielter Empörung die Arme vor der Brust und funkelte ihn streng an, aber an ihren Munwinkeln zupfte ein verräterisch belustigtes Grinsen, das signalisierte, dass sie nur Spaß machte, als ihn tadelte.

„Mein Ehrenwort als seriöse Wissenschaftlerin, die Lektüre lohnt sich. Und überhaupt, da steckt eine Menge Herzblut drin, weißt Du? Hab mir manche Nacht um die Ohren geschlagen, um endlich fertig zu werden. Ein bisschen mehr Wertschätzung für harte akademische Arbeit, wenn ich bitten darf.“

Spielerisch tippte sie ihm mit dem Zeigefinger gegen den Oberkörper, lächelte und sah mit einem amüsierten Funkeln in ihren roten Augen zu ihm auf. Riuen war jedenfalls nicht auf den Mund gefallen, der sportliche Blauhäutige gab sich betont unschuldig und Etara wölbte trocken eine Augenbraue, als sie seinen Blick auf ihrem Körper spürte. Sie legte den Kopf schief und unterzog umgekehrt Riuen einer eingehenden Betrachtung, die Lippen geschürzt. Was sie sah, gefiel ihr immer besser.

„Hmm....vielleicht ein
bisschen Zwang. Irgendwie habe ich nämlich das Gefühl, dass da jemand nicht ganz so unschuldig ist, wie er sich gibt.“

Erwiderte sie mit einem vielsagenden Ton. Ihren Tipp nahm der andere Chiss jedenfalls dankend an, wenn er sich an den Rat hielt, würde er sich einigen Ärger hier auf Nar Shaddaa ersparen. Es waren meist die Touristen, die in die vielen Fallen auf dem Schmugglermond tappten und das später bitter bereuten. Diese unangenehme Erfahrung wollte sie Riuen gerne ersparen. Sein nächster Satz fiel ernst aus und er sah sie dabei beinah eindringlich an. Zu viel Klasse, um sie abzufüllen. Das Kompliment war neu und er schien es tatsächlich ernst zu meinen, fast ein wenig peinlich berührt stellte Etara fest, dass sie errötete, und rasch räusperte sie sich und verschaffte sich Zeit, indem sie sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht strich. Sie suchte Riuens Blick und lächelte, ein von Herzen kommendes Lächeln und in ihrer Stimme lag auch etwas Ernst.

„Nie gedacht, dass ich den Satz mal höre. Du kommst
definitiv nicht von Nar Shaddaa. Aber...danke. Für das Kompliment und für die Absichtserklärung.“

Die junge Chiss war fast schon froh, dass sie als nächstes über etwas weniger emotionales sprachen, Riuen zeigte Interesse an ihrer Tätigkeit als Händlerin für alles und schien auch kein Problem damit zu haben, dass sie Gewürze verkaufte. Ja, Etara glaubte sogar, dass er einem kleinen Experiment nicht abgeneigt wäre, und das konnte sie gut verstehen. Richtig ausgewählt und angewandt waren Gewürze das perfekte Mittel, um Sinneserfahrungen zu steigern, auf gänzlich neue Weise Vergnügen auszukosten und Spaß zu haben. Aber das würde sich zeigen, jetzt stellte sich erst einmal die Frage, ob sich der Offizier von diesem Eingeständnis und ihre koketten Weigerung, mehr über sich zu verraten, abschrecken ließ oder das eher das Gegenteil bewirkte. Etara hoffte auf letzteres, und ihre Hoffnung erfüllte sich, auch wenn der andere Blauhäutige es nun selbst spannend machte. Sein Kopfschütteln und die Aussage, er müsste sie jetzt eigentlich stehen lassen, sorgten für einen aufregenden Moment, aber seine Wortwahl und sein Grinsen verrieten, wohin die Reise ging. Es hätte Etara doch auch sehr gewundert, wenn er sie einfach hier allein gelassen hätte, aber...möglich war alles. Die Chiss lachte, stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte nur für seine Ohren bestimmt.

„...sind dazu da, um gebrochen zu werden. Aber Vorsicht, Du bist gewarnt...“

Neckisch hauchte sie ihm eine die Andeutung eines Kusses aufs Ohr, bevor sie seinen angebotenen Arm ergriff und sich einhakte, ihm von der Seite zulächelte und sich ein wenig an ihn schmiegte. Nicht aufdringlich, nicht allzu deutlich, aber doch so, dass er ihre Nähe fühlen konnte. Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg durch die feiernde Menge und verließen das „Shattered Diamond“. Die kühle Nachtluft stellte einen angenehmen Kontrast dar und so holte Etara tief Atem, sie war die Atmosphäre des Mondes gewöhnt und störte sich nicht daran. Verschmitzt grinste sie, als sie daran dachte, was Riuen gesagt hatte.

„Hurra, meine Karriere als Fremdenführerin beginnt vielversprechend. Der Kundenstamm ist zwar noch etwas klein, aber dafür umso...besser. Nun, dann wollen wir mal die Schönheiten von Nar Shaddaa besuchen. Immer mir nach...“

Die Chiss löste sich ein wenig von Riuen, rückte ihre Lederjacke zurecht und bändigte ihr Haar zu einem praktischen Pferdeschwanz, bevor sie kurz innehielt und ihm dann ihre Hand reichte.

„Bleiben Sie während der Führung immer in meiner Nähe. Für eventuelle Schäden wird keine Haftung übernommen.“

Scherzte sie und ging los, in gemächlichen Tempo zogen die beiden Blauhäutigen an Wohnblocks, die eindeutig schon bessere Tage gesehen hatten, Lagerhäusern mit grimmigen Gestalten davor und geparkten Speedern, an denen schon alle nicht niet- und nagelfesten Teile gestohlen worden waren, vorbei. Etara schüttelte den Kopf.

„Zu Ihrer linken sehen Sie das Phänomen, das wir Einheimischen „Speederschwund“ nennen. Ein weiterer Gratistipp: Nie, nie...wirklich NIE hier parken. Nicht einmal für eine Minute.“

Die Händlerin zwinkerte Riuen zu und sie gingen weiter, zwei Nachschwärmer unter sich. Die Straßen waren vergleichsweise leer, was auch daran lag, dass sie nun durch ein Viertel gingen, in dem die üblichen Sicherheitsvorkehrungen für Touristen nicht mehr galten. Prompt zog Etara ihren Begleiter ein wenig näher an sich, ihre Stimme war nun leiser und ernsthafter.

„Okay, das ist nun eine Gegend, in die sich Touristen lieber nicht verirren sollten. Ist nicht ganz so übel, wie es klingt, aber bleib einfach bei mir und wenn es Ärger gibt, lass bitte mich reden. Mit einer Einheimischen im Arm kriegst Du eigentlich keinen Ärger, das ist ne Regel hier. Da rechts, das verfallene Warenhaus, war mal das Hauptquartier der „Walking Hawk-bats“. Frag mich nicht, wie die Gang auf den Namen gekommen ist, jedenfalls hängen die hier manchmal noch rum. Gibt leider keinen anderen Weg zu unserem Ziel, also...immer schön der Nase nach.“

Erklärte die auf dem Schmugglermond groß gewordenen und entsprechend erfahrene junge Frau, sie bewegte sich selbstsicher und ruhig, aber wachsam. Zunächst blieb alles ruhig, erst als sie den Bereich fast schon hinter sich gelassen hatten, bemerkte Etara eine kleine Gruppe Lebewesen, die sich um eine brennende Mülltonne versammelt hatten. Aufmerksam behielt sie die rauen Gesellen im Auge, als sie und Riuen mit großzügigem Abstand an ihnen vorbeigingen, da drehte sich einer von ihnen, ein bulliger Zabrak, um, fixierte sie...und winkte freundlich. Einen Moment hielt die Chiss inne, kniff die Augen zusammen, und dann lächelte sie erleichtert und winkte zurück, bevor sie wieder zu Riuen sah.

„Keine Sorge, das ist Heskir. Ist mit mir zur Schule gegangen, netter Typ. So, grad aus weiter, dann sind wir bald da.“

Unter anderen Umständen wäre sie vielleicht zu dem Zabrak gegangen und hätte ihn Riuen vorgestellt, aber heute wollte sie lieber kein Risiko eingehen, ihre Bekannten konnten manchmal etwas...unangenehme Gesellen sein, die Außenweltern eine Heidenangst einjagten. Auch wenn sie nicht glaubte, dass ihr Begleiter sich von Machogehabe einschüchtern ließ, wollte sie keinen Ärger heraufbeschwören. Kaum waren die beiden Chiss um die Ecke gebogen, wirkte die Gegend schon etwas freundlicher, die Wohnblocks hier waren in einem recht guten Zustand und sogar funktionierende Straßenlaternen gab es.

„Willkommen im Shanxi-Distrikt, dem besten und härtesten Viertel von Nar Shaddaa. Zumindest wenn man Leute fragt, die hier aufgewachsen sind, so wie ich. Meh, Angeber, ich weiß. Aber ist eigentlich wirklich eine nette Gegend. Komm, ich will Dir was zeigen.“

Zielstrebig, aber nicht drängend, führte Etara ihren Begleiter ins innere des Wohnblocks und fuhr mit ihm im Aufzug in das oberste Stockwerk. Dort angekommen hielt die Chiss auf eine Tür zu und betrachtete prüfend das Zahlenschloss, das daran hing. Sie grinste selbstbewusst und tippte ein paar Zahlen ein, und prompt öffnete sich das Schloss.

„Der Hausmeister ist ziemlich faul, was das hier angeht. Hat den Code in all den Jahren nie geändert. Na ja, unsere Glück. Wenn ich bitten darf...“

Etara nahm Riuen wieder an der Hand und führte ihn aufs Dach. In dieser Höhe wehte ein kühler Wind, was ein für Chiss angenehmes Klima schuf, und Etara lächelte dem anderen Blauhäutigen zu und strich sanft über seine Hand, als sie den Kopf hob und in Richtung des Himmels deutete. Üblicherweise waren die Sterne hinter einem Nebel aus Abgasen aller Art verborgen, aber hier...hier konnte man sie sehen. Versonnen starrte Etara hinaus in die Unendlichkeit und fuhr sich über den Hinterkopf, ließ ihr Haar im Nachtwind wehen.

„Gibt nicht viele Orte auf Nar Shaddaa, an denen man so etwas sehen kann. Mir gefällt es hier...und hey, jetzt nicht lachen, in Ordnung? Ich weiß, wie das klingt, die toughe Kriminelle vom Schmugglermond, die Sterne anguckt. Könnte direkt aus einem schlechten Holodrama stammen. Aber ich wette, DAS zeigen sie nicht im Holonet...“

Die junge Frau drehte sich zu Riuen um, lächelte ihn an und kam näher, langsam, beinah vorsichtig, ihre roten Augen nicht von seinen abwendend. Als sie direkt vor ihm stand, stockte ihr der Atem, ihr Herz schlug rasend schnell, aber trotzdem selbstsicher nahm sie seine Hand und hob sie hoch, küsste sie sanft und legte sie an ihre Wange, bevor sie sich an den Oberkörper des deutlich größeren Mannes schmiegte, sich auf die Zehenspitze stellte und ihn zunächst auf den Hals küsste. Die Berührung ihrer Lippen schaffte es, zugleich weich und fordernd zu sein, voll tausend Versprechungen und Verheißungen. Eine kurze, spannungsreiche Pause, dann finden ihre Lippen seine und dieses Mal ist der Kuss stürmischer, energischer. Zielstrebiger.

Ihr... unmoralisches Angebot wurde immer deutlicher und wenn da bis eben noch ein Zweifel gewesen war, dass Etara nichts weiter als ein nettes Pläuschchen im Sinn gehabt hätte, war dieser verschwunden.

"Seit ich diese Club betreten habe, habe ich eine Glückssträhne", zwinkerte er ihr zu. Nur ein kleiner Hinweis, der zeigte, dass er ihre Regeln kannte und nach ihnen spielen würde. Was allerdings nicht hieß, nicht ein paar eigene einzubringen.

Er sah entschuldigend drein, als die Chiss ihren Tadel aussprach.
"Du solltest mir später einfach etwas mehr davon erzählen. Wobei..." Riuen tat, als überlege er, stattdessen beschloss er, nun ebenfalls sehr viel offensiver vorzugehen. "Man lernt mehr, wenn es nicht bei der reinen Erzählung bleibt. Learning bei Doing? Irgendetwas in der Art, habe ich irgendwie schon mal gehört."

Was seine etwaige Schuld betraf, beharrte der Chiss lächelnd darauf, dass "Schuld? Definitionssache!" war. Was sogar in Teilen stimmte. Sich etwas zu Schulden kommen lassen, konnte nur, wer eine Regel brach, die zuvor von jemandem erdacht worden war.

Sein Kompliment kam an und Riuen hätte nicht verwundert sein sollen, dass genau das der Fall war. Etwas, das er nicht benennen konnte regte sich in dem Chiss. Wenn Etara nichts dergleichen gehört hätte, bedeutete das, dass die Männer mit denen sie sich normalerweise traf, wahrscheinlich unter seinem Niveau waren. Keine arrogante Feststellung, eher eine schockierte. Und vielleicht barg sie eine Chance? Die nämlich, dass das hier mehr wurde, als eine einzige nette Nacht. Falscher Gedanke! Aber ein nicht zu verhindernder, vor allem, als ihr Lächeln kam, das echter, tiefer wirkte. Etwas mehr wie die Person, von der sie wohl nicht wollte, dass man sie kennen lernte.

Sie kam erneut näher und als sie ihm einen Kuss aufs Ohr hauchte, oder eher die Andeutung davon, bräuchte Riuen doch eine Sekunde um durchzuatmen.

"Ich werde mich hinterher nicht beschweren", behauptete er ebenso leise, auch wenn er sich nicht sicher war. Spaß am Abend war sein Ziel gewesen, dazu aber hätte nicht gehört, etwas zu investieren, was ihm irgendwie schaden konnte. Verliebtheit war ein leidiges Übel, dem Riuen, wann immer möglich, aus dem Weg ging. Etwas, was seine Gegenüber auch wussten. Offene Karten. Spaß ja, aber eine Sammlung gebrochener Herzen gehörte nicht zu Riuens Spiel.
Sie verließen schließlich den Club, Etara noch immer neben ihm, nicht zu aufdringlich, aber doch in einer Art, die ihm einen winzigen Vorgeschmack auf das kommende gab.
"Ich werde mich sicher nicht von dir weg bewegen“, und irgendwie meinte Riuen diese Sache tatsächlich auch für den nächsten Morgen. Etwas, was er offen legen sollte. Aber Regelbruch, dazu hätte er sich bereits geäußert.

Seine Aufmerksamkeit fokussierte sich auf das, was Etara ihm zeigte und ihre kleine Führung ließ ihn Gegenden entdecken, die er ohne sie vermutlich nicht gesehen hätte.
Jede Ecke hatte einen anderen Flair, gerade so, als wechsle man die Stadt, was ziemlich außergewöhnlich war. Riuens Neugier stieg tatsächlich, als Etara in einer Gegend die durchaus als gemütlich bezeichnet werden konnte meinte, ihm etwas zeigen zu wollen. Sie führte ihn auf ein Dach und was sie ihn dort oben zu zeigen hatte, löste schon wieder etwas aus, dass ihn warnte. Sie zeigte ihm den Sternenhimmel und mit ihm wieder etwas von dieser verborgenen Etara. Etwas, das weniger mit Selbstbewusstsein zu tun hatte. Eine Art besonderer Verletzlichkeit und damit Vertrautheit, die sie mit der Berührung ihrer Hand unterstrich. Riuens Herz geriet aus dem Takt, als er ihrem Blick folgte. Sie mochte Sterne und Riuen lachte nicht. Noch weniger, als sie sich zu ihm drehte und ihn mit ihrem Blick einfing. Oh, Oh, kam es da leise. Keine gute Idee, keine gute... aber da küsste sie seine Hand, zu sanft, viel zu wenig lassziv und das verschlimmerte den völlig aus dem Takt geratene Rhytmus seines Herzens. Vor allem, als sie seine Hand an ihre Wange legte, was ihn praktisch zwang, sie unentwegt anzusehen. Das war nicht fair und auch nicht gedacht und Riuen bekam eine leise Ahnung davon, was es für eine Frau bedeuten musste, wenn sie am nächsten Morgen alleine aufwachte. Die Ahnung verschwand, als sie seinen Hals zu küssen begann und Riuen schloss die Augen, ein weiterer Fehler. Diesmal half sie ihm, mit ihrem sich verändernden Kuss, der mehr enthielt, als zaghafte Schüchternheit, was Riuen beinahe bedauerte. Ihr Muss beinhaltete mehr. Wenn da eben noch Andeutungen gewesen waren, waren da jetzt Eindeutigkeiten. Ihr Ziel war deutlich, aber beinahe zu schnell. Dennoch, Riuen erwiderte ihren Kuss, ebenfalls eindeutig, aber langsamer, als er seine Hände unter ihre Jacke zu ihren Hüften gleiten ließ.

"Nicht ganz so schnell", hauchte er ihr ins Ohr, wiederholte das, was sie im Diamond nur angedeutet, gehaucht hatte. "Wir haben Zeit und du verpasst das beste glaub mir." Nur langsam wanderten seine Hände weiter, dafür umso intensiver, als seine Lippen erneut die ihren trafen...

Riuen war anders, das hatte Etara gleich gemerkt, auch wenn es der jungen Chiss schwerfiel, in konkrete Worte zu fassen, was genau den anderen Blauhäutigen so speziell machte. Er war selbstbewusst, aber nicht arrogant, schlagfertig, aber nicht vorlaut, und obwohl er sie voller Begehren und Interesse ansah, war er nicht aufdringlich, sondern ließ sich Zeit und hielt sich zurück. Es war ein bemerkenswertes, seltenes Gesamtpaket, das die hübsche Kriminelle so nicht wirklich kannte. Auf dem Schmugglermond tummelten sich keineswegs nur raue Gesellen, die es darauf anlegten, sie so schnell wie möglich ins Bett zu bekommen, aber die Sorte Mann wie Riuen sie verkörperte war doch deutlich in der Unterzahl. Das machte ihn ungewöhnlich, ungewöhnlich und interessant. Der großgewachsene Offizier war etwas neues, und wenn es etwas gab, das Etara zu schätzen wusste, dann waren das neue Lebewesen und Erfahrungen. Und bei ihm konnte sie nicht nur etwas neues erleben, sondern sich auch von einer anderen, sanfteren Seite zeigen. Nicht auf diese weichgespülte, lebensferne Unsinnsschiene, wie sie in billigen Holodramen vorkam, schließlich wussten sie beide, was sie wollten, es gingen ihnen nicht um Händchenhalten und schüchterne Küsse unter dem Mistelszweig. Nein, darum ging es nicht, und das hatte Riuen auch verstanden, das hatten seine Worte im Club und auf dem Weg zu ihrer Wohnung bewiesen. Trotzdem, ihr gefiel die Art und Weise, wie er an die Sache heranging, neugierig, aber weder überstürzt noch drängend. Das war wirklich eine angenehme Abwechslung und so entschied Etara ihrerseits, ein wenig Tempo rauszunehmen und mal etwas anderes auszuprobieren, sie hatte das Gefühl, dass sie sich das bei ihm erlauben konnte. Tatsächlich war er der erste Mann, dem sie den lauschigen Platz auf dem Dach, von dem aus man die funkelnden Sterne betrachtete, zeigte. Um genau zu sein sogar das erste Lebewesen, denn grundsätzlich nahm Etara weder Männer noch Frauen zu sich nach Hause mit und schon gar nicht verriet sie etwas über die träumerische Seite an ihr, die Nacht für Nacht hinaus in den Himmel starrte und in dem Wunsch schwelgte, den Schmugglermond zu verlassen und die Galaxis zu erkunden. Sie mochte Nar Shaddaa, hier war sie aufgewachsen, aber irgendwann musste man doch mal aus dem Nest raus und sehen, was es sonst noch so gab. So vieles lag noch vor ihr und wartete darauf, von ihr entdeckt zu werden. Eines Tages, das schwor sie sich, würde sie mit ihrem eigenen Schiff diese Unendlichkeit bereisen.

Im Augenblick aber war das weit, weit weg, und Riuen dafür sehr, sehr nah. Der andere Chiss hatte nicht gelacht, amüsierte sich nicht auf ihre Kosten, obwohl sie ihm das nicht einmal übel genommen hätte, Etara konnte ebenso gut einstecken wie austeilen. Aber ihm schien die Situation und diese magische Spannung zwischen ihnen zu wertvoll zu sein, um sie für einen billigen Scherz zu vergeuden. Es lag eine gewisse Ernsthaftigkeit in der Luft, ein erwartungsvolles Gefühl, und es lag nicht an der kühlen Nachtluft, die für ihre Spezies eher angenehm milde war, dass die junge Frau ein wenig zitterte, als Riuen auf ihre zunächst sanften und dann stürmerischen Küsse und Berührungen reagierte, auf eine langsame und wohl gerade deshalb ungeheuer intensive Weise. Seine Hände auf ihrer Haut zu spüren ließ ihr Herz schneller schlagen und ihren Atem stocken, seine Lippen an ihren brannten wie ein wohltuendes Feuer und bewirkten ein sanftes, angenehmes Ziehen. Etara verlangte nach mehr, wollte mehr, brauchte mehr, und es war fast schon eine Qual, als Riuen ihr ins Ohr hauchte, dass sie Zeit hatten. Eine süße Qual, ein Gefühl der Vorfreude und Erwartung, das sich immer stärker steigerte. Ein Beben ging durch Etaras Körper, als sie sich fester an Riuen drückte und ihn aus ihren roten Augen ansah, ihre Stimme war kaum mehr als ein atemloses Flüstern.


„Du bist wirklich anders.“

Zu mehr war sie nicht imstande, mehr Worte brauchte sie nicht. Sie ließ es einfach...zu, ließ sich auf sein Tempo ein und genoss diese neue Erfahrung, bis sie irgendwann die Anspannung nicht mehr ertragen konnte und ihn sanft, aber bestimmt an der Hand packte und in ihre Wohnung führte. Riuen war bei ihr, an ihr, wich nicht von ihrer Seite, seine Hände und seine Lippen Quell für ein betörendes, berauschendes Gefühl. Es war wunderschön, und Etara fühlte den Wunsch, diese Nacht zu etwas ganz besonderem zu machen. Zielstrebig griff sie in ihre Jackentasche und holte ein Päckchen Gewürze hervor, ließ sich aufs Bett fallen und verteilte den Inhalt des Päckchens so, dass Riuen unausweichlich damit in Berührung kommen und von der atemberaubenden Wirkung der Droge kosten konnte, während er für ihr Vergnügen sorgte. Auch sie selbst nahm von den Gewürzen etwas zu sich und bald verschwommen Berührungen, Liebkosungen, Nähe und Hitze zu einen einzigem rauschhaften Zustand, einer ungeheuer intensiven Abfolge von Sinneseindrücken und -erfahrungen, die man unmöglich in Worte fassten konnte.
 
Eine Begegnung in Blau (Teil IV)

Sich zu verlieben hatte nicht auf Riuens Agenda gestanden, ganz sicher nicht, aber Hormone scherten sich noch weniger um Regeln, als Riuen selbst. Bestimmt war es furchtbar unromantisch solch einen Prozess auf Chemie herunter zu brechen, aber genau das war es doch. Ein Haufen Hormone, die verrückt spielten und berauschten. Körpereigene Drogen. Und wenn Riuen auch keine Ahnung von wirklich harten Drogen hatte, so fühlte sich all das schon jetzt an, als sei er süchtig, als verlangte sein Körper nach mehr.

Schließlich führte Etara ihn in ihre Wohnung und Riuen lächelte, als sie ihm etwas sagte, das er eindeutig als Kompliment verbuchte. Lange hielt er sich allerdings nicht mit diesem Gedanken auf, denn Etara wusste gut, sein Denken auf etwas völlig anderes zu lenken.
Die Gewürze waren in diesem Moment nichts, was der Chiss eigentlich wollte, das hier war etwas, das er mit seinen eignen, seinen normalen Sinnen erleben wollte, vielleicht aus der Befürchtung heraus, dass die Intensität dessen, was er ohnehin schon fühlte, ihn in den Wahnsinn treiben könnte? So gut es ging versuchte er den Gewürzen aus dem Weg zu gehen, bis er das Unterfangen vergaß, sich selbst vergaß und sich nur noch auf das Wesentliche konzentrierte und das war nicht, seine Berührungen zu beschränken.

Später, Riuen hatte das Zeitgefühl völlig verloren, lag er auf der Seite, sah sie an und strich ihr dabei über den Arm und die Schulter. Was für eine Nacht. Was für ein Rausch. Was für unglaubliche Gefühle. So konnten bestimmt nur Machtanwender empfinden, so wahrnehmen. oder eben Leute, die Gewürze genommen hatten.


"Ich weiß nicht, ob ich das fragen sollte
," was für seine Verhältnisse beinahe mit einem Hauch Unsicherheit kam, die aus einer Befürchtung genährt wurde. Oder aus Angst, Angst vor Verlust. "Du schmeißt mich nicht sofort hier raus?" Der Chiss fürchtete sich ernsthaft davor, dass das hier eine einmalige Sache gewesen sein könnte, ein einmaliges Vergnügen, das spätestens morgen zu Ende war. Was er wollte musste allerdings nicht das sein, was Etara auch wollte und da war eine kleine, leise Stimme, die ihm sagte, dass Etara das hier nicht zum ersten Mal tat, dass sie schon häufiger mit Männern in ihrer Wohnung verschwunden war, um sie eher früher, als später abzuweisen. Der Gedanke versetzte Riuen einen gehörigen Stich. Er überspielte seine Befürchtung und seien Eifersucht mit einem Lächeln. "Wenn es nach mir ging, könnten wir das zumindest häufiger wiederholen." Damit umschiffte er, was er eigentlich meinte. "Ziemlich häufig sogar." Eine kleinere Steigerung, beinahe zu viel.

Glücklich, in Körper und Geist vollkommen zufrieden, aber auch erschöpft von der rauschhaften Nacht war Etara eingeschlafen. Ihr Körper war schweißnass von den Vergnügen, die sie mit Riuen geteilt hatte, und nahezu instinktiv schmiegte sich die junge Frau an ihn, genoss das Gefühl, ihn in ihrer Nähe zu wissen, und als sie erwachte, weil sie seine Hand an ihrer Schulter und ihrem Arm spürte, seufzte die Chiss wohlig, räkelte sich ein wenig und drehte sich langsam um, damit sie Riuen ansehen konnte. Da lagen sie, Brust an Brust, Gesicht an Gesicht, konnten den Atem des anderen fühlen und in rote Augen blicken. Etara lächelte verschmitzt und strich mit ihren Fingerspitzen über Riuens Oberkörper, einen versonnenen Ausdruck im Gesicht. Es war schön, den anderen Blauhäutigen einfach nur anzusehen und daran zu denken, was sie miteinander erlebt hatten. Aber irgendetwas schien den großgewachsenen Mann zu beschäftigen, ihn nachdenklich zustimmen, denn er sah sie mit einem Ausdruck größter Intensität an und in seinen Worten war eine gewisse Unsicherheit zu hören, als er zu einer Frage ansetzte. Etaras Miene blieb freundlich, offen, und sie hörte ihm geduldig zu. Ja, sie verkniff sich sogar ein Lachen, als er mit einem fast schon herzerweichenden Blick fragte, ob sie ihn denn jetzt rauswerfen würde. Es war doch immer das selbe, ob Mann oder Frau, ob in ihrem Alter oder ein wenig älter, nur nahm Etara sie normalerweise nicht zu sich nach Hause mit, eben auch aus diesem Grund bevorzugte sie Hotels. Da konnte man morgens einfach bezahlen und leise verschwinden, ohne Ärger und Stress. Das würde hier wohl nicht gehen. Verflixt. Eigentlich sollte sie Riuen jetzt wirklich rauswerfen, bevor er noch auf dumme Gedanken kam, den Stress wollte sie ihm und sich selbst gerne ersparen. Aber andererseits...Da war es wieder, das schelmische Lächeln und der Vorschlag, die gemeinsame Nacht einfach mal zu wiederholen, mehr als nur einmal. Das war doch harmlos, oder? Riuen würde eh in ein paar Tagen abreisen. Etara fasste einen Entschluss und küsste den anderen Chiss sanft auf die Stirn.


„Ich
sollte dich rauswerfen...aber wie das mit Regeln so ist, hm? Wenn du bereit bist, die nächsten Tage im Bett zu verbringen, dann...tja, dann werden wir uns schon irgendwie einig werden. Ich mach auch wirklich guten Caf!“

Die junge Blauhäutige lächelte, schmiegte sich an Riuen und legte ihren Kopf an seinen Oberkörper. Nur ein paar Tage, warum nicht? Kein Grund zur Aufregung.


Nein, er hätte die Frage nicht stellen sollen, aber zurücknehmen konnte er sie kaum, das rettende Lächeln kam gerade noch rechtzeitig und Etaras Antwort? War eindeutig, sie war zu eindeutig für Riuen, der wohl besser darin getan hätte, sich noch heute zu verabschieden. Sie würde seines überdrüssig werden, wann, war nur eine Frage der Zeit. Wenn ihr die Gewürze ausgingen? Wenn er langweilig wurde? Das konnte er verhindern, auch, dass sie den Reiz an ihm verlor. Bleiben und ein paar weitere Tage mit ihr im Bett verbringen, das hätte gestern im Club noch sehr verführerisch geklungen. Jetzt schmeckte es wie Wein, mit schlechtem Abgang. Wenn der erste Geschmack dabei nicht so süß gewesen wäre...
Sie schmiegte sich erneut an ihn und das brachte Riuens Herz, wie schon gestern völlig aus dem Takt und, leider brachte es auch alles andere aus dem Takt. Ein paar Tage mehr. Immerhin. Danach konnte er sie getrost vergessen, sich wieder seinen Aufgaben widmen, zurück zum Militär gehen und behaupten, eine ganze Menge über Regeln gelernt zu haben. Was vermutlich sogar die Wahrheit gewesen wäre. Regeln, ja, darüber hatte er gelernt und ein paar Tage hatte er dazu noch Zeit. Nimm, was du kriegen kannst. War das nicht auch eine Regel?


"Zwischendurch ist duschen aber erlaubt?"
Zuerst lächelte Riuen bloß, bevor er grinste. "Andernfalls wirst du eine Schüssel mit Wasser und Seife füllen und mich waschen müssen, wenn nur ich nicht das Bett verlassen darf." Heißer Caf und heiße Liebe. Am Ende würde ihm der Entzug von einem Kopf- und der Entzug vom anderen Herzschmerz bereiten.

Wenn Riuen sie so anlächelte, war es verdammt schwer, nein zu ihm zu sagen, egal, was er wollte. Etara lachte leise und fuhr mit den Fingerspitzen die Konturen seines Gesichts nach, als sie ein wenig näher rückte. Ja, für ein paar Tage war der großgewachsene Chiss perfekt. Er sah gut aus, war umgänglich und ein hervorragender Liebhaber, eine hervorragende Wahl für eine kleine, harmlose Affäre. Schon bald würde er wieder abziehen müssen, zurück in den Dienst, aber die Zeit bis dahin konnten sie sich gemeinsam verschönern. Sein flotter Spruch zum Thema Duschen brachte sie zum Grinsen, ihre Stimme hatte einen amüsierte Unterton.


"Du bist süß. Ein bisschen naiv, aber süß."


Flüsterte sie ihm zu, den Kopf auf ihren Arm gestützt, bevor sie sich langsam umdrehte und mit einem Seufzen aus dem Bett kletterte. Die junge Chiss streckte sich erst einmal ein wenig, sie machte sich keine Mühe, etwas anzuziehen. Wieso auch? Da war nichts, was Riuen nicht schon gesehen hatte. Leise summend begab sie sich in die Küche und setzte zwei Tassen Caf auf, eine davon brachte sie ihrem Liebhaber ans Bett, warf ihm dann einen koketten Handkuss zu und ging ins Badezimmer, um sich - und vielleicht nicht nur sich - eine heiße Dusche zu gönnen und den Kopf frei zu bekommen.


Süß? Riuen verzog das Gesicht.
"Nur niedlich wäre schlimmer gewesen. Welcher Mann will 'süß' sein?" Empört, höchst empört schüttelte er den Kopf. "Scheint, als wären wir beide naiv." Zumindest war Riuen bereit, seien Naivität auf die Probe zu stellen. Wer sagte, dass das hier eine kleine Affäre bleiben musste? Mehr noch, wer sagte, dass sie diejenige sein würde, die seines überdrüssig wurde? Den Spieß konnte er umdrehen, um ihr weniger Macht über sich zu geben. Den Spieß würde er umdrehen, wenn er die ersten Anzeichen sehen würde. Bloß gab es da vorher noch die ein oder andere Sache, die er ausprobieren konnte. Ausprobieren würde. Und würde es ihm dennoch nicht gelingen, würde er gehen, so viel stand fest. Wenn alle Manöver ausgeschöpft waren, jede Taktik zum Scheitern verurteilt war, dann gab es da die Möglichkeit des Rückzuges.

Etara stand schließlich auf und brachte ihm tatsächlich einen Caf ans Bett, was Riuen nicht dazu brachte, in den nächsten Sekunden den Rückzug antreten zu wollen. Er wartete ein paar Sekunden ab, ehe er Etara folgte.

"Ist das jetzt ein Regelbruch?" Immerhin hatte er das Bett verlassen und es war doch eine Abmachung gewesen, dass er das nicht durfte, wollte er noch etwas länger blieben. Riuen lehnte sich an den Türrahmen, trank einen Schluck des Cafs und sah Etara mit einer Mischung aus gespielter Unschuld und Provokation an.

Etara musste sich ein Grinsen verkneifen, als Riuen empört gegen die Bezeichnung als "süß" protestierte. Offenbar kratzte das an seinem männlichen Selbstbewusstsein, was irgendwie tatsächlich niedlich war. Es machte Spaß, den anderen Chiss ein wenig aufs Korn zu nehmen und zu testen, wie weit sie dabei gehen konnte. Die junge Frau tat das öfters, um herauszufinden, wie andere Lebewesen tickten, so konnte man sich gewisse Vorteile sichern. Riuen war ein interessantes und unterhaltsames Studienobjekt, und damit in der Tat...süß. Nein, naiv war die hübsche Blauhäutige wirklich nicht, auch wenn sie ihre Partner manchmal ganz gern in dem Glauben ließ. Je nachdem gab sich die Chiss lasziv-verrucht oder fast ein wenig unschuldig, die Vorlieben anderer waren da durchaus variabel.


"Du wärst überrascht."


Hauchte sie ihm vielsagend zu und zwinkerte leicht, bevor sie aufstand und sich schließlich in die Dusche begab. Das heiße Wasser dort tat ihr gut, weckte ihre Lebensgeister und die Chiss seufzte zufrieden und fuhr sich durch ihr schwarzes Haar. Es dauerte nicht lange, bis Riuen ihr folgte und neben der Dusche stehend eine Tasse Caf trank. Betont unschuldig und doch mit einer gewissen Schärfe in der Stimme wollte er wissen, ob er damit die Regeln gebrochen hatte. Etara duschte weiter, hielt dann inne und sah ihn nachdenklich von der Seite an, eine Hand an ihrem Kinn.


"Hm, lass mich überlegen...ich glaube fast, ich muss dich für diesen dreisten Regelbruch ein wenig...disziplinieren. Wo waren noch gleich meine Handschellen?"


Etara lachte und strich sich über ihren Nacken, ihre Augen wurden ein wenig schmaler.


"Du erinnerst mich an eine Twi´lek, mit der ich mal was hatte. Tut so unschuldig, hat es aber faustdick hinter den Ohren. Oh ja, ich weiß Bescheid."


Spielerisch hauchte sie Riuen einen Handkuss zu.

Etara ließ sich einen ganzen Moment nicht beirren und Riuen wartete ab, wusste sehr wohl, dass da etwas kommen würde. Das Grinsen erschwerte es ihm, seinen Caf zu trinken. Dann kam ihre Antwort.
"Disziplinierung, Handschellen...", er griff sich an die Brust. "Du hast versprochen, dass das hier Urlaub wird und kein Straflager." Beinahe traurig schüttelte er den Kopf, beendete sein Schauspiel aber, als Etara von einer Twi'lek zu Sprechen begann. "Eine Twi'lek?" Eine Frau? Warum überraschte ihn das? "Jetzt bin ich schockiert." Auch wenn es nicht so klang, ein wenig war er es durchaus. Dann war sie wohl eine ausgefuchste Herzensbrecherin, die bei niemandem etwas anbrennen ließ. "Wie unsensibel von dir, irgendeine Ex von dir zu erwähnen." Jetzt schüttelte Riuen den Kopf, trank danach einen weiteren Schluck seines Cafs. "Und dann noch der Vergleich mit mir?" Erneut schüttelte der Chiss den Kopf, als er seine Tasse auf dem Waschbecken abstellte. Sie wollte mit ihm spielen und glaubte, er spielte allein nach ihren Regeln? Oh nein, so einfach funktionierte das nicht. Auch nicht, wenn eine attraktive, nackte Chiss gerade duschte.
"Ich sollte dich auf andere Gedanken bringen..." Riuen setzte sich in Bewegung, geradewegs zu Etara unter die Dusche um sie dort erst an sich zu ziehen und sie dann, mit sanfter Gewalt gegen die Wand zu drücken. "Eine Ex zu erwähnen..." Der Chiss sprach nicht weiter, als er Etara einen vielversprechenden Kuss gab, den er schließlich unterbrach. "Eigentlich schreit das nach einer Disziplinierung meinerseits." Wieder zog er sie an sich, um sie küssen, darauf bedacht, das der Wasserstrahl vorerst nur ihn traf, um vorsichtig, aber schnell, mit der anderen Hand an der Konsole herumzuspielen und das Wasser kalt zu stellen und Etara erst dann unter den Strahl zu ziehen, als es wirklich kalt war. Dann entzog er sich Etara, ging zurück zum Waschbecken und griff nach der Tasse Caf. "Ich mache uns was zu Essen, damit wir beide bei Kräften bleiben." Was sie konnte, konnte er auch.
 
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Du wirst uns noch dankbar sein
(Vorgeschichte)

Riuen hatte den Brief fünf Mal gelesen und jedes Mal, wenn er geendet hatte und wieder beim Anfang angekommen war, war da eine neue Welle, heißer Wut. Das war kein Austauschprogramm, kein Zufall, das hier war ein abgekartetes Spiel und der Chiss wusste sehr wohl, wem er das zu verdanken hatte. Lange brauchte es nicht, ehe er mit der Benachrichtigung im nächsten Speedertaxi saß und bei seinen Eltern auflief, die, so wusste er genau, heute ihren freien Tag hatten. Kaum, das sie ihm die Tür geöffnet hatten, wahrscheinlich schon ahnend, dass ihr Sohn sie besuchen würde, deutete Riuen wütend auf den Brief.
„Das ist nicht euer Ernst,“ polterte er los und sah sich zwei paar glühend roten Augen entgegen, die ihn so ausdruckslos ansahen, dass Riuen nur wütender werden konnte. „Willst du nicht erst einmal herein kommen, Amar’iue’nahrdi?“, fragte sein Vater, bar jeglicher Emotion und Riuen kam dieser ‚Einladung‘ nach, trat in das Haus und setzte nahtlos da fort, wo er eben aufgehört hatte. „Ich will, dass ihr dafür sorgt, dass das hier nicht passiert, weil ihr kein Recht dazu habt, so etwas zu initiieren. Das könnt ihr nicht!“ Die Mine seiner Eltern blieb weiterhin ausdruckslos, auch wenn sein Vater erneut den Part des Redners übernahm. „Das ist ein offizielles Austauschprogramm, jeder Militär, der dafür in Frage kommt, hat das große Glück an dieser einmaligen Gelegenheit teilzuhaben um seinen Horizont zu erweitern. Was für eine unverschämte Lüge, die sein Vater ihm da ins Gesicht, ja mitten ins Gesicht sagte und Riuen hätte sich beinahe verschluckt, an seiner Wut und an seinen nächsten Worten. „Großes Glück? Ihr schickt mich zu Verbrechern und nennt das, großes Glück?“ Unfassbar, das war unfassbar und noch immer war er der einzige, der hier nicht mit dieser kühlen Distanziertheit sprach. „Es ist zu deinem Besten und wird dir helfen, außerdem ist es eine Ehre.“ „Eine Ehre?“ Riuen starrte seien Mutter an, die genauso unverhohlen log, wie sein Vater. „Dem Imperium zu dienen ist keine Ehre, sondern ein Verbrechen und wenn das eure Art ist, mich zu bestrafen…“ „Dann was?“ Diese stoische Ruhe und die Unfähigkeit, seine Drohung zu beenden, gaben Riuen das Gefühl, wieder ein kleines Kind zu sein, denn schon damals hatte er seinen Eltern nichts entgegensetzen können, aber heute war er längst erwachsen, den dreißig näher als den zwanzig und doch erkannte er, dass er noch immer keine Möglichkeit hatte, erfolgreich gegen sie agieren zu können. Damals hatten ihr Geld und ihr Einfluss dafür gesorgt, dass er niemals hatte werden können, was er hatte werden wollen und jetzt schien er ihnen noch immer ausgeliefert. „Ein paar Credits haben schon immer gereicht, euren Willen durchzusetzen, was?“ Riuen ließ den Brief sinken und schüttelte, in einer einzigen missbilligenden Geste den Kopf. „Wir machen das, weil wir dich lieben und weil es der beste Weg ist, dafür zu sorgen, dass du endlich lernst, wann es besser ist, den Mund zu halten. Regeln, Riuen, sind wichtig, weil sie uns Rückhalt geben.“ Der Chiss lachte auf, als er seine Mutter ansah. „Ihr wisst überhaupt nicht, was Liebe ist, denn wenn ihr das wissen würdet, dann hättet ihr es nicht nötig, mich mit Zwang zu dem machen zu wollen, was in euren Augen liebenswert ist. Das hier,“ und er deutete erneut auf den Brief, „wird eindrücklich beweisen, was Regeln, was Recht und was Gerechtigkeit wert sind. Denn das Imperium schert sich um keines dieser Dinge. Das, was ich bei ihnen also am ehesten lernen werde ist, so gefühlskalt und verlogen zu werden, wie ihr!“ Währens sein Vater noch immer keine Regung zeigte, war da ein unmerkliches Zucken, dass durch seine Mutter ging. „Das hier bedeutet, dass ihr für mich gestorben seid,“ fügte Riuen an, Entschlossenheit in der Stimme, als er sich umdrehte um zu gehen. „Du wirst uns noch dankbar sein, Sohn.“ Aber das war völlig ausgeschlossen und würde niemals geschehen. „Oh, sicherlich“, rief er ihnen hinterher und kehrte zurück zu seiner Wohnung wo, wie hätte er auch anders vermuten können, schon zwei Personen warteten.
„Sie sind Am..“ „Schauen sie auf das Bild, das sie von mir haben und sie müssen diese dämliche Frage nicht stellen.“


**

Wenige Stunden später befand Riuen sich dort, wo er ganz sicher niemals hatte sein wollen. Imperialer Boden. Imperiales Militär. Abschaum, nichts weiter und deren Uniform zu tragen war eine Beleidigung für den Chiss und Carida der Ort, den Riuen hasste, noch bevor das Schiff dort überhaupt gelandet war. Sollte er noch einmal die Akademie besuchen? Die, der Sturmtruppen?

Die Vielfalt des Planeten vermochte den Chiss nicht zu beeindrucken und als der das Gebäude betrat, war pure Abneigung in seinem Blick, die er unverhohlen zur Schau stellte.

„Sie müssen Amar’iue’nahrdi sein,“ wurde Riuen von einem deutlich älteren Mann in perfekt sitzender Uniform begrüßt. Ein Mensch, daran bestand kein Zweifel. „Ihr Vater hat mir viel von ihnen erzählt. Vor allem von ihrem kleinen Problem, gegenüber Vorgesetzten. Wir sind uns sicher, dass wir ihnen helfen können, hier ihr volles Potenzial zu entfalten.“ Der Mensch, mit dem perfekt rasierten Gesicht lächelte eines dieser diabolischen Lächeln, dass nur die schlimmste Sorte an imperialen Abschaum lächeln konnte. Sie alle, er und seine zwei Gefolgsleute sahen beinahe gleich aus. „Ihren Bartschatten werden sie entfernen müssen und nur für den Fall, dass sie glauben, dass sie eine Sonderbehandlung bekommen, nur weil ihre Eltern eine nette Summe zur Verfügung gestellt haben,“ das Grinsen wurde breiter und von den anderen beiden erwidert, „täuschen sie sich. Hier, auf Caridia weht ein anderer Wind und gleich zu Beginn werden wir ihnen die erste Lektion erteilen.“ Der Mann gab ein Zeichen, woraufhin drei weitere Männer den Raum betraten. „Wie wir wissen, haben sie ein Problem mit Autorität und um zu zeigen, was Autorität bedeutet…“ Der Satz war nicht zu Ende ausgesprochen, da traten zwei der Männer hinter Riuen und packten ihn an den Armen, als ihn nur Sekunden später der erste Schlag des Snap-Schlagstocks empfindlich in die Seite traf. Die beiden Männer verhinderten, dass der Chiss auf die Knie gehen konnte, der hörbar keuchte. „Sieht man blaue Flecken bei ihrer … Rasse überhaupt?“ Die Männer lachten und der nächste Schlag kam schnell und präzise, auf die andere Seite und diesmal hatten die beiden Mühe, ihn festzuhalten. „Und… das ist alles, was ihr drauf habt,“ keuchte Riuen dennoch und spuckte dem mit dem Stock vor die Füße.
 
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Ein Abschied in Blau (Teil I)

9 Jahre zuvor (Etara im Alter von 17 Jahren, Riuen im Alter von 25 Jahren)

Nar Shaddaa


Riuen war wirklich gut darin, Etara zum Lachen zu bringen, sein charmantes Grinsen war höchst ansteckend und er schaffte es immer, den richtigen Ton zu treffen. Die gespielte Empörung des Offiziers ob ihres strengen Regiments war ziemlich unterhaltsam und trocken wölbte die Chiss in angemessen betroffenen Mitgefühl eine Augenbraue und streckte die Hand aus, als wolle sie ihm tröstend den Kopf tätscheln.


„Oh, keine Sorge, ich sorge schon dafür, dass die angenehmen Seiten überwiegen. Das wäre furchtbar, wenn meine harten Maßnahmen Dir den wohlverdienten Urlaub verleiden würden. Bei diesem traurigen Blick krieg ich ja ein ganz schlechtes Gewissen.“


Gab sie amüsiert zurück und zwinkerte dem anderen Blauhäutigen zu. Riuen schien Spaß daran zu haben, sie ein wenig aufzuziehen, und das machte ihr nichts aus, im Gegenteil. Sie mochte es, wenn ihre Liebhaber die ganze Sache nicht so furchtbar ernst nahmen, und mit dem Mann, der da so entspannt seinen Caf trank, konnte sie sich sogar auf angenehme Weise unterhalten, er schien Grips zu haben und war schlagfertig. Auf jeden Fall ein intelligenter, charmanter Zeitgenosse, der ihr auch Kontra geben konnte und sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen ließ. Aber auch Etara konnte austeilen und für Überraschungen sorgen, als sie beiläufig fallen ließ, dass sie auch Interesse an Frauen hatte, glaubte sie für einen Moment, Riuen würde sich gleich an seinem Caf verschlucken. Ob sie Erste Hilfe würde leisten müssen? Sorgfältig achtete sie auf die Reaktion des Offiziers, auch wenn er seine Überraschung gut verbarg, konnte Etara doch ein wenig davon heraushören und sie grinste verschmitzt, während sie ihm einen kurzen Blick über die Schulter zuwarf.


„Hmmm...vielleicht waren es auch zwei. Kann mich grad nicht so gut erinnern.“


Murmelte sie und fuhr sich über den Nacken, ihr Lächeln wurde etwas breiter. Das stimmte zwar nicht, sie konnte sich sogar ganz hervorragend erinnern und die Details jagten ein angenehmes Kribbeln über ihre Haut, aber das musste sie Riuen ja nicht grad auf die Nase binden. Der männliche Chiss heckte etwas aus, das spürte, er entschuldigte sich wortreich für seinen „Fauxpas“ und Etara zuckte lässig mit den Schultern.

„Halb so wild. Ich...oh, gute Idee. Ganz hervorragende Idee.“


Sein Vorhaben, sie auf andere Gedanken zu bringen, indem er sich zu ihr in die Dusche gesellte, fand ihre vollste Unterstützung, und als er sie an sich zog, lachte Etara zufrieden, ein Geräusch, das einem erwartungsvollen Aufatmen wich, als der Chiss sie sanft, aber bestimmt an die Wand drückte und sie einen vielversprechenden Kuss zog. Etara lächelte und suchte seinen Blick, einen glücklichen Ausdruck in ihren roten Augen, während sie seine Wange streichelte.


„Ich überlasse die Wahl der Strafmaßnahme großzügigerweise ganz Dir. Vielleicht...oh.“


Weiter kam sie nicht, erneut küsste Riuen sie und begierig erwiderte Etara die Liebkosungen, gänzlich abgelenkt bekam sie nicht mit, was der Offizier mit der Wärmekontrolle anstellte. Umso größer war der Schreck, als der Blauhäutige sie unvermittelt unter den Wasserstrahl zog, dessen Temperatur sich irgendwo zwischen Hoth und Csilla bewegte. Mehr aus Überraschung schrie Etara auf und stand für einen langen Moment wie ein begossener Pudel da, ihr schwarzes Haar hing ihr über die Schultern und in ihrem Gesichtsausdruck mischten sich Verwunderung, Schreck, Ärger und Belustigung, schlussendlich gewann letzteres die Oberhand und eilig drehte sie das Wasser wieder wärmer, bevor sie erst kicherte und dann lauthals lachte.


„Das war fies. Aber zugegebenermaßen verdammt komisch.“


Kommentierte sie das Geschehen und sah Riuen nach, als er seine Ankündigung wahr machte und sich in die Küche begab, um etwas zu kochen.



„Heiße Suppe wäre gut!“


Rief die Kriminelle ihrem Liebhaber hinterher, beendete ihre Dusche, trocknete sich gründlich ab und zog ein bequemes weißes Oberteil und eine Hose an, bevor sie sich zu Riuen gesellte und ihn umarmte.


„Was gibt’s denn leckeres? Haben die euch bei der Armee überhaupt beigebracht, wie man richtig kocht?“


Etara machte eine Pause und ließ Riuen erst einmal in Ruhe die Küche begutachten, bevor sie ihn neugierig von der Seite ansah.

„Erzähl mir ein bisschen was über dich, während du den Kochlöffel schwingst. Ich wette, du hast interessante Dinge zu...“


Weiter kam sie nicht, denn es klingelte und Etara warf Riuen einen Handkuss zu, eilte zur Tür und aktivierte den Holoprojektor, um zu sehen, wer da Einlass begehrte. Und als sie sah, dass da eine ganz bestimmte Twi´lek vor der Tür stand und ungeduldig auf ihr Chrono blickte, fiel ihr mit unangenehmer Klarheit ein, dass sie vielleicht etwas vergessen hatte.


Riuen kam nicht umhin festzustellen, dass ihm Etara mehr und mehr gefiel. Sie war lebenslustig, selbstbewusst, extrovertiert, hatte Köpfchen und sie sah verdammt gut aus. Oh und dann war sie natürlich eine Chiss. Eine Kombination die durchaus selten war und dem Chiss ausgesprochen gut gefiel. Die meisten jungen Frauen konnten mit maximal zwei dieser Attribute verbuchen. Demnach war Etara beinahe selten. Ein Glückstreffer. Also doch nicht beinahe, sondern wirklich selten. Vielleicht spielten seine Hormone deshalb s verrückt? Als sie allerdings eine Liebschaft mit einer Frau erwähnte, beschlich Riuen die leise Befürchtung, dass Etara ein Spiel mit dem Feuer sein konnte. Wusste er, ob er der erste war, den sie nicht sofort aus ihrer Wohnung hinaus warf? Sie hatte nichts Klares gesagt, was ihr weiteres Beisammensein anbetraf. Eigentlich war das ein eindeutiges Zeichen, aber Riuen wollte es ignorieren und ja, vielleicht wollte er das Schicksal ein wenig herausfordern und ihr wirklich einen Grund liefern, warum es nicht sinnvoll war, sich gleich morgen jemand neues zu suchen. Dabei war dem Chiss mehr als bewusst, wie schwierig es war, an fremde Regeln zu durchkreuzen. Wenn es da einen Unterschied zwischen ihm und ihr gab, dann den, dass Riuen bisher immer mit offenen Karten gespielt hatte. Interesse nur für eine Nacht? Das wäre ausgesprochen worden. Hier und jetzt mit Etara? Nicht. Zumindest nicht von ihrer Seite. Egal.
Mit diesen Gedanken hatte er nur einen Grund mehr gefunden, sie ebenfalls ein wenig zu provozieren. Sein Kuss unter der Dusche wirkte, auch wenn Riuen selbst sich zurück ins Gedächtnis rufen musste, was sein eigentliches Ziel war. Nicht gerne, aber er tat es und ihre Reaktion darauf war göttlich. Ein Aufschrei, ein Kichern, ein Lachen. Keine Wut, keine schlechte Laune, nein, Etara konnte austeilen und einstecken. Riuen grinste ihr bloß zu, als er ein Handtuch um seine Hüften wickelte, das Bad verließ und ihren Kühlschrank durchforstete. Heiße Suppe?

Bekommst du,“ rief der Chiss zurück. Ihr Kühlschrank gab dafür genug her und Riuen drapierte alles was er benötigte auf der Arbeitsplatte, als Etara aus dem Bad kam, ihn von hinten umarmte und damit das nächste Herzrasen auslöste. Eine Hand von ihm wurde auf ihren Arm gelegt, mit der anderen rührte Riuen die Zutaten um, die er gerade anbriet.

Die beim Militär nicht, aber die, die mich auf die Welt gesetzt haben schon.“ Seine Eltern hatten Wert auf eine ganze Menge Dinge gelegt und eigens jemanden engagiert, der ihrem unbelehrbaren Sohn, das Kochen beibrachte. Dabei wäre das niemals notwendig gewesen, aber Riuen hatte getan, als könne er keine Verpackung öffnen, ohne dass der Inhalt überall, außer im Topf landete. Die Kochlehrerin hingegen… Nun, das war die erste Frau gewesen, in die der Chiss sich verliebt hatte und der Umstand, ihrer Unerreichbarkeit hatte das nicht besser gemacht. Dafür aber hatte er bei ihr gelernt, auch wenn seine Versuche ihr damit besonders zu gefallen, nie gefruchtet hatten. Dann klingelte es. „Oh, die Sittenpolizei wird es hoffentlich nicht sein,“ rief Riuen ihr hinterher, sich wieder dem Essen
widmend.


Mit Überraschungen und Wagemut machte man bei Etara nichts verkehrt, die abenteuerlustige junge Chiss liebte Abwechslung und wusste es zu schätzen, wenn man sich Gedanken darüber machte, wie man sie am Besten unterhalten konnte. Riuen war in der Hinsicht wirklich gut, die kleine Aktion mit dem Eiswasser hatte sie so herzhaft wie sonst kaum lachen lassen. Nicht jeder kam auf so eine Idee und traute sich dann auch noch, sie in die Tat umzusetzen, aber der blauhäutige Mann hatte das Wagnis unternommen und war dafür mit ihrem Wohlwollen belohnt worden. Auch wenn sie zugegebenermaßen jetzt ein wenig fröstelte und es daher eilig hatte, wieder für eine Temperatur zu sorgen, bei der man nicht zum Eisblock wurde. Ihrer Spezies machte Kälte generell wenig bis nichts aus, allerdings war Etara auf dem doch eher schwül-warmen Nar Shaddaa aufgewachsen und daher Frost nicht gewohnt, weshalb sie ein wenig empfindlicher war als andere Chiss. Es war kein so schrecklich großer Unterschied, aber in einer Situation wie gerade eben bemerkte man ihn dann doch, und so war die Kriminelle froh, wieder heißes Wasser auf ihrer Haut zu spüren, bevor sie sich abtrocknete und ankleidete. Riuens Aktion schrie förmlich nach Vergeltung, aber weil er dabei so charmant und clever gewesen war, nahm sich Etara vor, sich etwas wirklich gutes einfallen zu lassen, sie wollte auf jeden Fall mithalten. Verschmitzt grinste die Blauhäutige und betrachte sich kurz prüfend im Badezimmerspiegel, sie sah frisch und zufrieden aus und ihre gute Laune steigerte sich noch, als ihr Liebhaber aus der Küche meldete, dass sie selbstverständlich Suppe bekommen konnte.

„Du weißt, was eine Frau hören will!“


Rief sie belustigt zurück und freute sich tatsächlich auf eine warme Mahlzeit, zumal sie gespannt war, wie sich Riuen am Herd schlagen würde. Etara kochte durchaus gerne selbst, die meiste Zeit aber speiste sie auswärts. Auf dem Schmugglermond fand man an nahezu jeder Ecke eine günstige und schnelle Gelegenheit zum Essen und wenn man sich ein bisschen auskannte, erwischte man sogar die Gerichte, die genießbar waren. Angesichts der vielen verschiedenen Spezies auf Nar Shaddaa war das kulinarische Angebot sehr reichhaltig und vielfältig und Etara liebte es, die ein oder andere exotische Speise auszuprobieren. Früher hatte sie sich einen Spaß daraus gemacht, mit ihren Freunden unaufmerksame Straßenverkäufer um Spieße und andere leicht zu transportierende Gerichte zu erleichtern, aber mittlerweile zog es die Chiss dann doch vor, schlicht zu bezahlen, sie hatte genug Credits und vermied so einen Haufen Ärger. Neugierig, was der nur mit einem Handtuch bekleidete andere Blauhäutige am Herd anstellte, begab sich Etara in die Küche, legte ihre Arme um Riuens Bauch und kuschelte sich an ihn, während sie ihren Kopf auf seine Schulter stützte und ihm einen Kuss auf den Hals hauchte, bevor sie interessiert beäugte, was er alles aus ihren Vorräten entnommen hatte. Offenbar war zum Multitasking fähig, denn eine Hand legte der Offizier auf ihren Arm, während er sich mit der anderen um das Umrühren kümmerte. Die im Entstehen begriffene Suppe sah schon mal appetitlich aus und roch auch so, das machte einen vielversprechenden Eindruck. Riuen erklärte, dass seine Kochkünste, in deren Genuss sie gleich kommen würde, nicht beim Militär, sondern bei seinen Eltern erlernt worden waren, und Etara musste schmunzeln, als sie sich einen kleinen Chiss vorstellte, der neugierig auf den Zehenspitzen stand und beobachtete, was da in der Küche gemacht wurde.

„Kluge Leute. Kochen ist nicht nur überlebenswichtig, damit kann auch wunderbar Leute beeindrucken. Also zumindest bei mir funktioniert es, zauber schön weiter, Meisterkoch. Aber wehe, Du mischst da noch irgendwelche Gewürze rein, um mir einen Streich zu spielen, dann hab ich gleich zwei Rechnungen mit Dir offen.“


Etara lachte und streichelte Riuens Hand, bis sie das Klingeln an der Tür mit einem leicht genervten Seufzen von dem gut aussehenden Mann losriss. Ihre Hoffnung, die Angelegenheit schnell erledigen zu können, zerschlug sich, als sie sah, wer da vor der Tür stand. Die Verabredung, jetzt fiel es ihr wieder ein, sie hatte das Treffen mit Caliri völlig vergessen. Jetzt wartete die grünhäutige Twi´lek und tippte auf ihr Chrono, wohl wissend, dass Etara sie sehen konnte. Aus der Küche kommentierte Riuen das Geschehen trocken und schaffte es damit, dass Etara grinsen musste, bevor sie lauthals seufzte und sich den Kopf hielt.


„Schlimmer. Ex-Freundin, wir waren heute zum Shoppen verabredet. Wir treffen uns ab und zu noch, ziemlich unverbindlich, die ganze Sache, aber sie ist furchtbar penibel, was Termine angeht. Ich regel das mal schnell, okay? Lass die Suppe nicht kalt werden.“


Sich ein Herz fassend aktivierte die Kriminelle den Türöffner und sobald sie hörte, dass Caliri vor der Wohnung stand, öffnete Etara. Die grünhäutige Nichtmenschin begrüßte sie mit einem Lächeln, schritt über die Schwelle, umarmte sie und drückte ihr einen energischen, langen Kuss auf die Lippen, bevor sie sich langsam von ihr löste und sie erwartungsvoll ansah.


„Hey, meine Schöne. Du hast doch nicht vergessen, dass wir...Moment, wer ist das?“

Der Blick von Caliri fiel auf Riuen und prompt verschränkte die Twi´lek die Arme vor der Brust und warf Etara einen tadelnden Blick zu, die junge Frau reagierte mit einem Schulterzucken und einem entschuldigenden Lächeln, bevor sie abwehrend die Hände hob.


„Sorry, ich hab´s echt verpeilt. Shattered Diamond, Gewürze...kannst Dir den Rest denken, oder? Und mein Kom ist kaputt, seit dieser Trottel von Trandoshaner es als Sitzkissen verwendet hat, sonst hätte ich mich gemeldet. Jedenfalls, darf ich vorstellen: Das ist Riuen, er ist Tourist hier auf unserem wunderschönen Mond. Riuen, das ist Caliri, eine...gute Freundin.“


Die Twi´lek wölbte eine Augenbraue und musterte den Chiss, bevor sie vergleichsweise höflich lächelte und ihm zunickte.


„Früher mal mehr als das, aber keine Sorge, ich bin keine von denen, die ihre Ex terrorisiert und eifersüchtig über sie wacht. Ist nicht das erste Mal, dass Etara mich wegen einem Typen versetzt, auch wenn die meist nicht so gut aussehen.“

Caliris Lächeln wurde ein wenig spitz und tat es damit ihrer Stimme gleich, und prompt boxte Etara sie in die Seite.


„Bitte, das ist so oft auch nicht vorgekommen. Willst Du was essen? Riuen kocht grad was.“


Als Reaktion hielt die Grünhäutige einen Moment inne, beäugte erneut den Chiss und nickte dann.


„Gerne. Wurde ja auch mal Zeit, dass einer von denen, die Du ständig abschleppst, auch mal was nützliches kann.“

Etara schwieg einen langen Moment, sah zu Caliri...und dann prusteten beide los, es dauerte ein bisschen, bis sie sich wieder beruhigt hatten. Die Twi´lek war noch nie auf den Mund gefallen gewesen, und daran hatte sich nichts geändert.


Er wusste, was Frauen hören wollten? Riuen grinste, ob dieser nicht ganz an den Haaren herbeigezogenen Tatsache. Der Chiss wusste tatsächlich in den richtigen Momenten das richtige zu sagen und wenn es ihm angebracht schien, tat er das auch. Kochen stellte zum Glück kein Problem dar und er würde sich besonders Mühe geben, so viel stand fest, vor allem, als er ihren kleinen Kuss auf seinem Nacken spürte.
Ich bin gespannt, was dich noch so beeindruckt. Zwei Sachen,“ ein schelmiches Grinsen, „weiß ich ja nun.“ Ihr nächster Hinweis, ließ ihn sich sehr unschuldig geben. „Ein paar Gewürze wird ich schon verwenden müssen, wenn das auch nach was schemcken soll.“ Natürlich wussten sie beide, dass Etara gänzlich andere Gewürze meinte als er, aber diesen kleinen Scherz konnte der Chiss sich nicht nehmen lassen, schon gar nicht, wenn Etara hier von einer offenen Rechnung sprach. Wegen des kalten Wassers, das stand fest. Die Klingel riss sie aus ihrer trauten Zweisamkeit. Keine Sittenpolizei, aber eien Ex-Freundin? Riuen wurde hellhörig, vor allem, als Etara anmerkte, dass die beiden sich noch unverbindlich trafen. Unverbindlich. Das klang sehr nach einer Freundin mit gewissen Vorzügen und das beeinflusste Riuens Laune mit einem Mal in einer Plötzlichkeit, mit der er selbst nicht gerechnet hätte. Sie waren zum Shoppen verabredet. Was kauften sie denn ein? Kerben im Bettpfosten? Oh, oh. Verliebtheit und Eifersucht passten so schlecht zusammen, aber sie ließen sich nun nicht mehr trenne. Riuen drehte sich automatisch herum und das die Ex Etara mit einem langen Kuss begrüßte, der von dieser so einfach erwidert wurde, setzte dem ganzen eine Extraportion Eifersucht obenauf. Das kleine Gespräch das die beiden dann in seiner Anwesenheit führten, zwang Riuen dazu, sein lächeln behalten zu müssen.
Gute Freundin Caliri,“ nickte er der anderen zu und hätte sie am liebsten direkt aus der Wohnung geworfen, schenkte ihr stattdessen ein freundliches Lächeln, „Ich bin der noch-nicht Exfreund und Tourist Riuen,“ korrigierte er Etara und warf ihr einen Blick zuckersüßen Blick zu, um ihr ja nicht die Verärgerung zu zeigen, die da in ihm war und die Suppe auch ohne Herd zum kochen gebracht hätte. Caliri war also keine Ex, die nervte und überwachte? „Siehst auch nicht so aus.“ Sie kam nur für den ein oder anderen Gelegenheitsfick vorbei, so sah sie aus und fast hätte Riuen das auch genauso gesagt, aber seine Wortwahl fiel anders aus, viel zu charmant. Chiss waren immerhin bekannt dafür, nicht zu zeigen, was sie fühlten und Riuen war bekannt dafür, ganz gut locker sein zu können. Und hier eine kleine Darbietung seiner Schauspielkunst zu geben. „Zwei hübsche Frauen, die sich ab und an treffen. Kann man schon verstehen.“ Man. Hätte Etara ihn besser gekannt, wäre dieses kleine Wort ein sehr sicheres Anzeichen gewesen, das sehr deutlich gemacht hätte, wie wütend Riuen gerade war. Sonst hätte er ‚ich‘ gesagt. Einer von denen, die Etara ständigabschleppte… Zugeben, es hätte Riuen kaum überraschen sollen und Überraschung war auch das falsche Wort. Es überraschet ihn nicht. Es verärgerte ihn nur weiter und als beide lachten gesellte sich neben Eifersucht und Ärger etwas, wie Betroffenheit. Das Lachen verletzte ihn. Herrlich. Riuen drehte sich zu seiner Kochkunst um, ehe er die Damen mit wedelnden Armen verscheuchte. „Ihr dürft einem Koch nicht im Wege stehen, wenn das hier was werden sollt. Wieso setzt ihr euch nicht einfach?“ Womit nicht das Schlafzimmer gemeint war. Der Griff um den Kochlöffel wurde unbemerkt stärker. Vielleicht war es besser, er zog sich an und verschwand, ehe hier heute noch etwas passierte.

Es hatte Spaß gemacht, mit Riuen am Herd zu scherzen, der Offizier wusste nicht nur, was man in der Küche zu tun hatte, sondern war auch um flotte Antworten nicht verlegen und die gespielte Unschuld beim Thema Gewürze hatte ein breites Grinsen auf Etaras Gesicht gezaubert, neckisch gab sie dem anderen Chiss einen weiteren Kuss auf den Nacken, diesmal etwas länger, und als sie sich mit einem gewissen Widerwillen von ihm löste, zwinkerte die junge Frau Riuen kokett zu. Wenn es nach ihr ging, durfte er durchaus ein paar der speziellen Gewürze in die Suppe mischen, aber diese Entscheidung überließ sie ihm und sie war tatsächlich neugierig, wie gut das Gericht schmecken würde. Es war sogar das erste Mal, dass eine ihrer Liebschaften für sie kochte, und diese Premiere hatte definitiv was. Die hübsche Kriminelle hätte nichts dagegen gehabt, einen entspannten Morgen mit Riuen zu verbringen, aber mit dem Klingeln an der Tür und dem Auftauchen von Caliri zerschlug sich dieser Gedanke und Etara musste sich um Schadensbegrenzung bemühen. Dass ihre Ex, mit der sie sich immer noch ab und an unverbindlich amüsierte, ausgerechnet jetzt vor der Matte stehen musste, war ihr schon ein wenig unangenehm. Nicht peinlich, aber irgendwie war es doch...ungünstig. Natürlich würde Etara die Twi´lek nicht einfach raus werfen und als sie sie am Eingang geküsst hatte, war das natürlich schön gewesen und sie hatte einen Grund gesehen, die Liebkosung nicht zu erwidern. War vielleicht nicht unbedingt die beste Aktion gewesen, aber was hätte sie machen sollen? Dummerweise hatte Riuen auch noch alles mitbekommen, jetzt galt es wirklich, die Wogen zu glätten, denn sie hatte keine Ahnung, wie der männliche Chiss darauf reagieren würde und so warf sie ihm einen verstohlenen Blick zu. Er flippte jedenfalls nicht sofort aus, das war schon mal gut. Oder die Ruhe vor dem Sturm, schwer zu sagen. Immerhin lächelte Riuen Caliri verbindlich zu und stellte sich trocken als Etaras „Noch-nicht-Ex-Freund“ vor, was die Blauhäutige in Kombination mit seinem zuckersüßen Blick in ihre Richtung dann doch verstohlen grinsen ließ. „Genau das wollte ich sagen.“ Ergänzte sie an Caliri gewandt, die skeptisch eine Augenbraue wölbte, auf einen Kommentar aber verzichtete. Das charmante Kompliment von Riuen und seine verständnisvolle Aussage zu ihren Treffen schienen die Wogen ein wenig zu glätten, auch wenn sich Etara nicht sicher war, ob er das wirklich so meinte und sie warf ihm einen prüfenden Blick von der Seite. Falls er bloß schauspielerte, machte er das verdammt gut. Caliri jedenfalls zeigte sich angetan von dieser Art der Begrüßung und strich sich über ihre mit goldenen Reifen verzierten Lekku, bevor sie Riuen zum ersten Mal in ihrem Gespräch genuin freundlich anlächelte.

„Oh, so charmant. Wie du siehst, muss man bei der guten Etara jedes Mal erst Sturm klingeln, bis sie merkt, dass man verabredet war. Das riecht übrigens wirklich gut – Suppe?“

Etara räusperte sich dezent und nickte, und Riuen konzentrierte sich prompt auf die Aufgaben in der Küche, verscheuchte beiden Frauen und forderte sie auf, doch Platz zu nehmen, was Caliri zu einem spitzen Grinsen veranlasste.


„So befehlsgewohnt. Komm, Süße, wir stören den Meisterkoch lieber nicht, sonst ist die Suppe am Schluss noch versalzen.“

Die Twi´lek nahm Etara an der Hand und dirigierte sie in Richtung des Esstischs, mit einer gewissen Vorsicht setzte sich die Chiss und lehnte sich seufzend ein wenig zurück, bevor sie die andere Frau tadelnd ansah.


„Hey, lass es nicht an ihm aus, Riuen ist ein netter Typ. Er hat dich nicht versetzt.“


Caliri zuckte mit den Schultern, bevor sie frech grinste und mit ihren Fingerspitzen über Etaras Handrücken strich, eine Berührung, die die Blauhäutige ein wenig zittern ließ.


„Seit wann stehst du denn auf nette Typen?“

Etara schwieg einen Moment, dann lächelte sie trocken und legte provozierend den Kopf schief, während sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.


„Keine Ahnung. Seit wann bist du so zickig?“


Einen Moment herrschte Schweigen und Caliri starrte sie an...dann lachte die Twi´lek und schlug ihr sanft, aber bestimmt auf die Hand. Etara entspannte sich ein wenig und nickte Riuen zu, um zu zeigen, dass alles in Ordnung war.


Das sehr große Problem an Etaras Grinsen war, dass es einen Teil der Wut sofort verrauchen lassen wollte. Wäre da nicht der andere Teil gewesen, der sie jetzt, sofort zur Rede stellen wollte. Riuen mochte keinen Befehlston und er hasste es, wenn jemand die Stimme erhob, aber genau diese beiden Dinge in Kombination waren sein vorrangiger Wunsch.
Wie ich sehe, muss man der guten Etara nur ein bisschen mehr bieten,“ als schlechten Sex, „dann muss man gar nicht Sturm klingeln.“ Sein Lächeln war so charmant wie eh und je, aber da lag etwas provozierendes, wenn nicht gar feindseliges in seiner Stimme. Die Nuancen von letzterem war kaum zu erkennen, vor allem nicht, da das Lächeln das Gesagte so stark konterkarierte. Beide verschwanden schließlich an den Esstisch und Riuen warf ihnen einen Blick hinterher, sah, wie Caliri die Hand Etaras strich und Riuen entging die Reaktion Etaras nicht, ganz und gar nicht. Ihr liebloser Schlag machte das nicht besser und ihr Zunicken auch nicht. Glaubte sie, dass sie ihn damit besänftigen konnte? Oh nein, so einfach würde das nicht funktionieren. Riuen ließ die Suppe Suppe sein, als er den Herd ausstellte und sich zu den beiden Frauen gesellte. „Gute Freundin Caliri,“ wandte er sich schließlich direkt an die Twi’lek und verbarg den triefenden Sarkasmus in der Anrede nicht. Noch-nicht-Ex-Freund Riuen wäre dir überaus dankbar, wenn du deine Hände bei dir behältst.“ Jetzt war sein Lächeln verschwunden und mit ihm auch die Freundlichkeit in seiner Stimme. Wir werden das hier,“ und er deutete mit dem Zeigefinger einen Kreis in der Luft an, meinte damit sie alle, „ein bisschen vereinfachen.“ Am Ende ruhte sein Blick auf Etara. „Sag mir, dass ich heute noch verschwinden soll und ich bin schneller weg, als deine gute Freundin dich zum Höhepunkt bringen kann.“ Mit einem Schulterzucken sah er zu Caliri, ehe er sich wieder an Etara wandte. „Und sag mir, dass du die Finger nicht von ihr und anderen lassen kannst und willst, dann wäre das hier wenigstens ein bisschen fair und würde mir Optionen geben.“ Vor allem nämlich die, entscheiden zu können, ob er sich auf irgendein polyamores Stelldichein einlassen wollte, oder nicht.
 
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Ein Abschied in Blau (Teil II)

9 Jahre zuvor (Etara im Alter von 17 Jahren, Riuen im Alter von 25 Jahren)

Nar Shaddaa


Etara hatte wirklich gehofft, dass sich die ganze durchaus verzwickte Situation in Wohlgefallen auflösen würde, immerhin hatte es so gewirkt, als könnte sich Riuen trotz einer gewissen Verärgerung, die sie unterschwellig bei ihm trotz aller Schauspielkünste zu spüren glaube, mit der Anwesenheit von Caliri irgendwie arrangieren. Immerhin gab sich die junge Twi´lek nun auch etwas freundlicher und weniger konfrontativ, da war zumindest die Möglichkeit im Raum, dass sie miteinander auskommen würden. Aber dem war nicht so, und das wurde Etara spätestens klar, als Riuen den Herd abschaltete und zu ihnen kam, in seiner Haltung lag eine Anspannung und Missbilligung, die ihr nicht verborgen blieb, und als der Offizier dass Wort an Caliri richtete, tiefte seine Stimme vor Sarkasmus. Was fast noch bezeichnender war: Er lächelte nicht mehr. Angespannt rutschte Etara auf ihrem Platz hin und her und sah zu ihrer Ex-Freundin, die wütend die Augen zusammenkniff und Riuen anfunkelte, die Aufforderung, die Hände von der Chiss zu lassen, kam überhaupt nicht gut an und sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Ach ja, wäre er das?“

Gab die grünhäutige Frau scharf zurück. Etara räusperte sich und wollte etwas sagen, kam aber nicht zu Wort, denn Riuen war der ganzen Sache inzwischen eindeutig überdrüssig geworden und er stellte sie vor die Wahl, ihn entweder rauszuschmeißen oder deutlich zu machen, was sie eigentlich genau von ihm und Caliri wollte. Verdammt. Die hübsche Chiss unterdrückte einen deftigen Fluch in ihrer Muttersprache und hob die Hand, um sich einen Moment Zeit zu verschaffen, da stand Caliri bereits energisch auf, schob ihren Stuhl dabei geräuschvoll zurück und starrte Riuen frostig an.

„Ja, Etara, sag ihm das mal, das würde mich auch interessieren.“

Jetzt fing die Twi´lek auch noch mit dieser Nummer an, dachte sich Etara mit wachsender Frustration. Was sollte das ganze Theater eigentlich? Sie war mit keinem der beiden verheiratet oder hatte irgendwelche Absichten in diese Richtung geäußert. So ließ sie in ihrer eigenen Wohnung jedenfalls nicht mit sich reden und ein Ausdruck von Ärger flammte in ihren roten Augen auf, als sie sich erhob und die beiden anblickte, ihre Stimme war ruhig, aber kühl.

„Schluss jetzt, alle beide. Das hier ist mein Zuhause und keine Arena auf Geonosis, verstanden? Wenn ihr euch unbedingt streiten wollt, macht das draußen.“


Die Chiss funkelte beide eindringlich an, machte eine kurze Pause und holte dabei tief Luft, bevor sie fortfuhr und zuerst Caliri fixierte.


„Du hörst lieber damit auf, dich so aufzuführen, als wären wir noch zusammen. Sind wir nämlich nicht, und das hattest du eigentlich auch akzeptiert. Mit wem ich wann schlafe, geht dich nichts an. Die Sache mit dem Versetzen tut mir leid, aber das ist kein Grund, so ein Drama zu veranstalten. Wir waren uns einig: Nichts verbindliches. Steh auch dazu.“


Eine kurze Unterbrechung, dann richtete sie ihren Blick auf Riuen.


„Ich glaube, ich muss mich entschuldigen und zugleich etwas klarstellen: Nichts verbindliches gilt auch für dich. Wir haben eine tolle Nacht miteinander verbracht und ich finde dich wirklich nett, aber ich suche derzeit weder eine feste Beziehung noch habe ich etwas in diese Richtung anklingen lassen. Falls du das falsch verstanden hattest, weil ich dich nicht gleich rausgeworfen habe, dann sorry, war nicht meine Absicht, falsche Erwartungen zu wecken. Also, um deine Fragen zu beantworten: Ich werde die Finger nicht von anderen lassen. Ich will nicht, dass du noch heute verschwindest, aber dir muss klar sein, was das hier ist, nämlich nicht der Anfang von irgendwas ernstem, was dir irgendein Recht geben würde, eifersüchtig zu sein. Wenn du damit nicht zurecht kommst, solltest du lieber jetzt meine Wohnung verlassen. Das geht auch an deine Adresse, Caliri. So, jetzt wissen alle, woran sie sind.“


Abwartend verschränkte Etara die Arme vor der Brust und musterte ihre beiden Gäste.


Caliri gelang es innerhalb einer Sekunde Riuens Abneigung aufs Höchstmaß anschwellen zu lassen. „Allerdings, bestätigte er ihre sarkastische Frage schneidend und Caliri sollte nicht glauben, dass er auch nur ein Mindestmaß an Rücksicht auf sie nehmen würde. Sie war unerwünscht, wenn Etara auch nicht genug Schneid hatte, ihrer Ex genau das zu sagen, hatte Riuen kein Problem damit, diese Frau das umso deutlicher spüren zu lassen. Schlussendlich aber mischte sich Etara ein. Sie sollten draußen streiten? Ach. Das hier war keine Arena? Oh, welch kluge Feststellung. Keine Arena, kein Streitgebiet, wohl aber ein Ort, an dem es gerade ein saftiges Problem gab, das Riuen so überhaupt nicht schmeckte. Caliri und Etara waren sich also einig gewesen, dass zwischen ihnen beiden nichts verbindlich gewesen war? Interessant. Warum war sie dann eien Ex-Freundin? Wollte Riuen überhaupt wissen, ab wann man bei Etara als Freund oder als Ex galt? Wenn man sie im Bett enttäuscht hatte? Oder wenn sie begann, sich zu langweilen? Riuens Wut wuchs und Etara konnte er hierbei nicht länger ausschließen. Sie musste sich entschuldigen? Wie überaus freundlich, so freundlich, dass der Chiss sogar lachte. Nicht, dass er Probleme mit unverbindlichem Sex gehabt hätte. Aber Etara hatte alle üblichen Regeln gebrochen, die einem einfachen Onenightstand ausmachten. Nicht nur, dass sie vorher nichts abgesprochen hatten, nicht nur, dass sie ihm nicht gesagt hatte, dass er verschwinden sollte. Nein, sie hatte sich angekuschelt, noch am nächsten Morgen und das tat man nicht. Man verschwand still und leise, wenn man der Gast war, oder aber man gab seiner Liebschaft einen dezenten Hinweis, dass es doch so langsam Zeit wurde.
Schätzchen,“ wandte er sich also direkt an Etara, verwechsle mal Eifersucht mit Wut nicht.“ Gut, er verwechselte hier gerade Enttäuschung mit Wut, wenn nicht gar Verletzung, aber dieser kleine Unterschied fiel doch wirklich nicht ins Gewicht. „Aber schön, vielen Dank,“ und das letzte Wort spie er ihr vor die Füße, „für deine Offenheit.“ Die ja wohl ein klein wenig zu spät kam. Schade, dass ich nicht miterleben werde, wie vielen Liebschaften du noch die Sterne zeigst. Ich jedenfalls bin hier fertig“ Damit griff er nach dem Handtuch, dass noch immer um seine Hüften geschlungen war und warf es auf den Tisch, ehe er ins Schlafzimmer ging und seine Kleidung aufsammelte. Erst an der Tür wandte er sich zu den beiden Frauen um. „Viel Spaß noch“. Und damit verließ Riuen die Wohnung Etaras um sich im Gehen wieder anzuziehen. Hatte er zu Beginn seiner Ankunft auf Nar Shaddaa nicht Dankbarkeit empfunden, dass man ihn ausgerechnet hier her geschickt hatte, damit er etwas über Regeln lernen konnte? Banthadung! Über Regeln hatte er eine ganze Menge gelernt, vor allem darüber, wie man sich verhielt. Eine verdammt große Menge sogar. Aber Dankbarkeit empfand er keinesfalls, ganz im Gegenteil.

Was für eine blöde Situation das doch war, dachte sich Etara, und fragte sich, ob sie vielleicht etwas falsch gemacht hatte. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie Riuen gleich nach dem Aufwachen aus der Wohnung geworfen oder Caliri irgendwie an der Tür abgewimmelt hätte, dann hätte sie sich und den beiden möglicherweise eine Menge Ärger erspart. Oder die beiden waren einfach furchtbar auf Krawall gebürstet und kamen mit ihr nicht zurecht, in diesem Fall traf die Blauhäutige keine Schuld. Trotzdem war Riuen verdammt wütend auf sie und ließ die junge Frau das auch spüren, sein sarkastisches Lachen und der spöttische „Dank“ für ihre Offenheit waren nicht misszuverstehen. Der Offizier wurde richtig giftig und verkündete, dass die Sache für ihn gelaufen war, ehe er das Handtuch auf den Tisch schleuderte und im Schlafzimmer verschwand. Ein kleiner Teil von Etara wollte versuchen, seine Weggang zu verhindern, aber schlussendlich überwog ihr Ärger und sie verharrte stumm an Ort und Stelle, die Arme vor der Brust verschränkt, und ohne ein Wort sah sie Riuen nach, als er halb angezogen aus ihrer Wohnung stürmte. Sie hatte tatsächlich den Atem angehalten, bis der männliche Chiss fort war, und verärgert schlug sie die Tür geräuschvoll hinter ihm zu, holte tief Luft und seufzte dann kopfschüttelnd. So hatte sie sich den Tag nicht vorgestellt und mit einer gehörigen Portion Frust im Bauch kehrte sie in die Küche zurück, wo Caliri sie halb unsicher, halb triumphierend ansah. Bevor die Twi´lek irgendetwas sagen konnte, hob Etara die Hände und funkelte sie tadelnd an, ihre Stimme war frostig.


„Überleg jetzt lieber gut, was Du hinausposaunen willst, Süße. Du hast mich grad einen richtig guten Typen gekostet, ich hoffe, das ist Dir klar.“


Caliri zuckte unschuldig mit den Schultern und legte demonstrativ ihren Zeigefinger an die Lippen, was Etara erneut mit dem Kopf schütteln ließ, die Chiss setzte erst einmal eine Tasse Caf auf. Als sie da am Herd stand, verrauchte ihr Zorn langsam, und ihrer Besucherin entging das nicht, vorsichtig rückte die Grünhäutige näher, legte ihre Arme um sie um hauchte ihr einen Kuss auf die Hals, bevor sie Etaras ins Ohr flüsterte.

„Tut mit leid. Also...nicht wirklich, aber ich mach es wieder gut, versprochen.“

Etaras einzige Reaktion bestand aus einem halb zufriedenen, halb verstimmten Seufzen, aber sie ließ zu, dass Caliri ihr Versprechen prompt in die Tat umsetzte. Immerhin kein völlig verlorener Tag. Immerhin.
 
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Rebellion

Zwölf Tage dauerte es, bis Riuen sich beinahe wieder wie ein Chiss fühlte und mit beiden Augen sehen konnte, auch wenn das rechte noch immer halb zugeschwollen war. Jeden Tag waren die Schmerzen schlimmer geworden und nach 4 Tagen hatte er das erste Mal in seinem Leben gehofft, dass der Tod ihn einholen würde. Die Imperialen hatten peinlich genau drauf geachtet, ihm keine Knochen zu brechen und das hatte ihnen die Erlaubnis dazu gegeben, ihm nicht ein einziges Schmerzmittel zu geben. Mit einem Strohhalm hatte der Chiss flüssige Nahrung zu sich genommen, weil nichts anderes möglich gewesen war und wenn er sich jetzt bewegte, tat noch immer alles weh, aber nicht mehr so stark, dass er ständig stöhnen musste. Sein Gesicht war beinahe wieder vollständig als solches zu erkennen, die Farbe der Blutergüsse hatte sich verändert, war zu einem dunklen Lila geworden. So viel zu der Frage, ob man blaue Flecken auf blauer Haut erkennen konnte. Mühsam quälte der Chiss sich in ein Hemd, als es an seiner Türe klopfte und er sofort eine Position einnahm, die ihm erlauben würde, sich gegen einen Angriff zu wehren. Aber würde ein Angreifer klopfen? Sicher nicht. Nachdem Riuen auch nach dem dritten Klopfen kein Wort sagte, wurde die Tür aufgeschlossen und eine junge Frau, die sicher kaum älter war als er, trat ein.
Amar’iue’nahrdi?, fragte sie und Riuen hätte gerne gelacht, wenn ihm das keine Schmerzen bereitet hätte. „Wer auch sonst?“, wollte er sarkastisch wissen und starrte die Frau gegenüber beinahe feindselig an.Was wollen sie von mir?“ Wenn sie eine Ärztin war, kam sie reichlich zu spät und wer auch immer sie war, sie konnte sich und ihren Hintern hier raus bewegen, vor allem, wenn sie zu diesem imperialen Abschaum gehörte und etwas anderes war hier kaum möglich. Ich bin Doktor Courts und ich bin hier, um..“ Doch Riuen unterbrach sie. „Es ist mir scheißegal wer sie sind. Sie können ihren Arsch aus dieser Zelle schwingen und denen, die sie bezahlen sagen, dass ich bei diesem Spiel nicht mitmachen werde. Und wenn sie das nächste mal ein paar feige Arschlöcher schicken, um mich zusammen zu falten, machen sie den Job richtig, denn wenn ich hier raus komme und einen von ihnen sehe, dann war’s das.“ Riuen wurde lauter, hielt sich die schmerzende Seite, denn wilde Gesten bereiteten ihm, wie er soeben erkannte, ebenfalls Schmerzen. Sie machen einen Fehler, Riuen.Für Sie immer noch Amar’iue’nahrdi,“ blaffte der Chiss die Frau an, die noch immer freundlich blieb. Aber das interessierte den Chiss nicht, auch interessierte ihn nicht, dass diese Frau alles andere als hässlich war. Sie sollte zum Teufel gehen mit ihrem schönen Gesicht, mit ihrem imperialen Zugehörigkeit. Sie machen einen Fehler, Amar’iue’nahrdi“, wiederholte sie tatsächlich und Riuen machte eine wegwerfende Handbewegung, die ihn so stark ins Schwanken brachte, dass die Ärztin sie auf ihn zu bewegte und ihn so stütze, dass er nicht fiel. Vorsichtig führte sie ihn zurück zu seinem Bett und ließ ihm kaum eine andere Möglichkeit, als sich zu setzen.Verpissen sie sich.“ Jetzt klang die Stimme des Chiss beinahe kraftlos. Wie konnte es sein, dass ein bisschen Aufregung ihn dermaßen anstrengte? Die Antwort darauf, lag beinahe auf der Hand. Es waren nicht nur die Verletzungen die nur langsam heilten und die Schmerzen. Er war hier, auf einem imperialen Planeten, beim imperialen Militär und der einzige Grund, weswegen er hier war, war der, dass seine Eltern dafür gesorgt hatten.

„Man wird sie in zwei Tagen einsetzen.“ Riuen blickte zu ihr auf und hätte ihr am liebsten ins Gesicht geschlagen, unabhängig davon, dass sie eine Frau war. „Wirklich?Die Ärztin seufzte, als sie Medikamente neben den Chiss auf das Bett legte, in die Hocke ging. Ich bin nicht ihr Feind, ich möchte ihnen helfen.“ Jetzt lachte Riuen doch, egal wie sehr das seine geprellte Rippe schmerzte. „Ah, so nennen sie das hier. Sie schlagen mich zusammen und dann, nach 12 Tagen, in denen es alle einen Dreck gekümmert hat, ob ich verrecke oder nicht, schickt man mir hier eine nette Ärztin in der Hoffnung, dass was passiert? Ich mich einlullen lasse, von ihrer Nettigkeit? Von ihrem Gesicht? Von ihrem Charme? Glauben sie, ich bin ein Idiot und weiß nicht, was das hier werden soll?“ Oh ja, sie schickten eine hübsche Ärztin, in der Hoffnung, sie heile seine Wunden, seine inneren noch dazu, um ihn so gefügiger zu machen. Böser Bulle, guter Bulle. So lief das hier und Riuen war kein Idiot, als das er das nicht sofort erkennen würde.Wenn ihre Theorie stimmen würde, wäre ich früher gekommen und hätte ihnen die Medikamente gegeben, die…“ Ach, lassen sie mich raten ‚ihnen viel früher zugestanden hätten?‘ Sweetie, ich sag‘s noch mal: Verpissen sie sich!“ Damit griff er nach den Medikamenten, die Doktor Courts auf das Bett gelegt hatte und warf sie auf den Boden. Die Ärztin zuckte nicht einmal zusammen, sie stand auch nicht auf, blieb in der Hocke.Sie wissen, dass sie keine Chance gegen die feigen Arschlöcher haben. Wenn sie wieder auf sie treffen und sich so verhalten, wie jetzt, wird sich das, was vor 12 Tagen passiert ist, wiederholen. Vielleicht brechen sie ihnen dann einen Knochen und sie können wieder ohne Medizin warten.“ „Vielleicht brechen sie mir auch das Genick und dieses kranke Spiel hat ein Ende.“ „Sie wissen, dass das nicht passieren wird und ich hätte ihnen ein bisschen mehr Überlebenswillen zugetraut.“ Ach. Hätte sie das? Wie rührselig. „Ich hab also aus Spaß widersprochen.“ Natürlich, erneut lachte er auf, kam aber ins Stocken, bei den Nächsten Worten der Ärztin. „Nein, aus Dummheit. Wem auch immer sie was beweisen wollten, es hat nicht funktioniert und sie haben zwei Möglichkeiten. Entweder sie behalten ihre große Klappe und beweisen damit weiterhin ihre Dummheit, oder sie lernen, wann es besser ist, die Klappe zu halten.“ „Und anderen in den Arsch zu kriechen?“ „Und andere glauben zu lassen, sie hätten erreicht, was sie erreichen wollen, um selbst eine bessere Position zu erreichen. Nennen sie es, wie auch immer sie wollen, aber wenn sie hier weiter kommen wollen, bringt ihnen ihr Versuch der Rebellion höchstens den Tod und dann könne sie auf keine klügere Art rebellieren. Taktik, Amar'iue'nahrd, ich dachte, das wäre ihre große Stärke., Taktik. Also beginnen sie, taktisch vorzugehen und nicht idiotisch. Damit stand Doktor Courts auf und verließ den Raum. „Danke für den wundervollen Hinweis!“, rief er ihr nach und warf sein Glas im hohen Bogen gegen die Tür. Von einer Imperialen würde er sich keinen Rat geben lassen, oh nein.
 
Auf meine Art

Zwei Tage später, und in diesen zwei Tagen kam niemand mehr, öffnete sich die Türe zu Riuen erneut, diesmal ohne vorheriges anklopfen. Drei Männer in imperialer Uniform, zu viele, um sie zu überwältigen. Ein Admiral und zwei Generäle.

„Schön, sie wieder wohlauf zu sehen,“ sagte der Admiral, während die anderen beiden sich im Hintergrund hielten und ihrem Kollegen das Reden überließen. „Diese ganzen Umstände,“ er deutete auf die Umgebung, dann auf das Krankenbett, „waren leider ein notwendiges Übel. Wir haben ihre Akte gelesen, ihre Fähigkeiten sind ausgezeichnet, Amar’iue’nahrdi. Nur ihr Mangel an Respekt ist beklagenswert. Doktor Courts hat uns berichtet, dass sie zumindest ihrer Behandlung keine Probleme bereitet haben, auch wenn sie tatsächlich zwei Tage zu früh zu ihnen kam.“ Behandlung? Zwei Tage zu früh? Riuen behielt ein neutrales Gesicht, auch wenn er sich im Stillen fragte, welches Spiel hier gespielt wurde. Sie waren alle Lügner und versuchten, ihn zu überzeugen, da war der Chiss sicher. „Warum bin ich auf Caridia?“ Hier wurden vor allem Sturmtruppen ausgebildet, was für jemanden wie Riuen keinen Sinn machte. Sinnvoll wäre gewesen, ihn wenn, dann an einen Ort zu bringen, an denen man die für die Sternenflotte ausbildete. Prefsbelt IV zum Beispiel. „Nun, das liegt doch auf der Hand. Glauben sie, wir würden sie jetzt, da ihr Vertrauen zu uns noch ausbaufähig ist, ausgerechnet auf einen Planeten schicken, in dem täglich Schiffe aus und eingehen und wo es ein leichtes wäre die Flucht zu ergreifen? Die Flotte, Amar’iue’nahrdi, ist der Bereich, in dem wir sie tatsächlich bevorzugt sehen würden, aber bis dahin gilt es zu beweisen, ob sie dafür auch wirklich taugen.“ Riuen schüttelte den Kopf, lachte kurz auf. Diese Verbrecher glaubten doch nicht, dass er jemals bereit dazu wäre, der Flotte zu dienen und republikanische Planeten anzugreifen? Oh nein, da täuschten sich diese Herren und Doktor Courts konnte ihm so viel mangelnden Überlebenswillen vorwerfen, wie sie nur wollte. Eher würde Riuen sterben, als dafür zu sorgen, dass ein ganzer Planet unterjocht wurde und Tausende sterben mussten. „Ich tauge nichts für irgendetwas, dass mit dem Imperium zu tun hat.“ Der Admiral sah ihn nach dieser Aussage eine ganze Weile an, schien ihn zu studieren. „Eine solche Antwort habe ich befürchtet. Aber sie sind fehlgeleitet, Amar’iue’nahrdi. Ich weiß nicht, woher ihre unbegründete Aversion gegen das Imperium kommt und weshalb sie glauben, dass die Republik auch nur im Ansatz eine Alternative darstellt.“ Der Chiss gab einen abwertenden Laut von sich. „Ach ja? Mir wurde eindrücklich bewiese, welche Alternativen das Imperium bevorzugt, um Lektionen zu erteilen.“ Erneut betrachtete der Admiral den Chiss, diesmal mit einem angedeuteten Lächeln. „Sie begreifen nicht, Amar’iue’nahrdi. Es ist bedauerlich, aber sie begreifen nicht. Disziplin und Respekt sind zwei Dinge, die sie lernen müssen und glauben sie nicht, dass ihre Art des Umgangs mit Vorgesetzen darauf hindeutet, dass sie wir auch nur annehmen könnten, ihnen zu vertrauen. Sie glauben, sie können Regeln nach ihrem Gutdünken auslegen? Sie haben am eigenen Leib erfahren, was das bedeutet.“ Erneut lachte Riuen auf. „Ach ja? Das war eine Lektion um mir zu spiegeln, das was? Wiederspruch mit Gewalt zu vergleichen ist? Zwang ein probates Mittel ist um etwas zu erreichen? Dass Angst das gleiche ist wie Respekt?“ Dieser Mann war nicht nur ein Verbrecher, sondern ein verblendeter Idiot. „Nein, Amar’iue’nahrdi,“ erwiderte der Admiral, „das war eine Lektion um ihnen zu zeigen, wozu ihr Verhalten führt. Sie mögen diesen kleinen, aber feinen Unterschied nicht erkennen. Aber die Grenzen sind fließend. Sie glauben, sie können sich wiedersetzen. Sie glauben, sie können es an Respekt mangeln lassen. Sie glauben, das sei ihr Recht. Aber sie irren sich und wenn sie etwas mehr Zeit auf Psychologie in ihrem Studium verwendet hätten, als darauf, republikanische Propaganda zu studieren, würden sie verstehen. Sie machen einen Vorgesetzten schlecht, vor versammelter Mannschaft? Sie sprechen ihm seine Erfahrung ab? Sie geben allen anderen einen Freifahrtsschein für eben das, was ihnen vor ein paar Tagen wiederfahren ist. Weil sie die anderen glauben lassen, dass jemand eine solche Prozedur verdient hat. Respekt ist das, was uns zusammen hält. Respekt ist das, was aus einer Gruppe Kammeraden macht. Nur Kammeraden unterstützen einander.“ Was für ein Schwätzer, was für ein schlechter Schwätzer. „Ihr kameradschaftlicher Akt…“ „War eine Notwendigkeit,“ wurde Riuen nun barsch unterbrochen.

*** zweieinhalb Monate später***

Sie standen alle in einer Reihe und Riuen lief es kalt den Rücken hinunter. Da war kein Lächeln auf seinen Lippen, kein Wort des Widerspruchs, wenn er je Angst gehabt hatte, dann jetzt, dabei konnte er kaum beschreiben, wo sie herkam. Etwas warnte ihn, etwas in ihm schrie, aber was genau es war, wusste der Chiss nicht zuzuordnen.
Sie scheinen noch immer nicht zu begreifen, Riuen. Was wird nötig sein, damit sie verstehen? Wenn sie nicht mit uns arbeiten, arbeiten sie gegen uns. Wir hatten lange Geduld mit ihnen, aber diese Geduld ist nun ausgeschöpft.“ Sie hatten ihn beinahe zwei ganze Monate eingesperrt und Ereen Courts war die einzige gewesen, die ihm dabei geholfen hatte, nicht verrückt zu werden, als sie ihm Botschaften in sein Essen geschmuggelt hatte. In dieser Isolation hatte Riuen sein Zeitgefühl völlig verloren. Die Nachricht der Ärztin hatte er erst bemerkt, als er nach zwei Wochen das Tablett, auf dem das Essen war, gegen seine Tür geschmettert hatte. Die Isolationshaft hatte auch etwas mit ihm gemacht, aber das hier war anders. Es war nicht der Blaster, der da direkt auf seinen Kopf gezielt war. Das war es nicht, was ihm diese unbändige Angst machte, sondern etwas anderes. Und in der Sekunde, als das Gefühl unerträglich wurde, fiel der erste Schuss, der Blaster schnell neben ihn geschwenkt und mit ihm fiel die Frau, die direkt neben Riuen stand. Dann fiel der zweite und mit ihm die nächste Person „Aufhören!“. Drei weitere und dann war nur noch der Chiss übrig.
„Wenn sie nicht für uns arbeiten, arbeiten sie gegen uns, Riuen. Vielleicht begreifen sie jetzt.“ Und er begriff.

***

„Was ist mit dir?“ Ereen Courts Stimme war voll von Sorge, aber Riuen konnte sie nicht ansehen, musste ihrem Blick ausweichen, ihn an die Wand heften. „Du hattest recht,“ kam es dann, tonlos. „Riuen, ich muss wissen, was passiert ist,“ wiederholte Ereen, als sie den Chiss dazu zwang, sie anzusehen. „Ich muss taktisch vorgehen und nicht idiotisch. Sie sind alle tot. Ereen, sie sind alle tot.“ Riuen Stimme brach beinahe, aber er zwang sich, nicht in sich zusammen zu brechen. „Sie sind alle tot, fünf. Ereen, er hat fünf Menschen erschossen.“ Jetzt drang der Zorn durch die Stimme des Blauhäutigen, „eine Handvoll unschuldiger.“ Jetzt starrte er die Ärztin vor sich an, ballte die Hände zu Fäusten. „Dafür werden sie büßen. Dafür werden sie büßen!“ Ereen griff nach Riuens Hand. „Riuen…“ Aber er sah längst wieder gegen die Wand, als sein Blick sich änderte und sich etwas zu seiner Wut gesellte, das weitaus stärker war. Hass und dieses Gefühl war neu und seltsam. Begann es im Bauch? Im Magen? Wie ein loderndes Feuer fühlte es sich an, ohne dabei auch nur ansatzweise mit Leidenschaft vergleichbar zu sein. Es breitete sich nicht aus, eher kalt, aber nicht wie ein Stein im Magen, sondern anders. Als gefriere etwas von innen nach außen. „Riuen, sieh mich an!“ Ereen drehte seinen Kopf zu sich, sah ihm in die Augen. „Du darfst dich jetzt nicht von deinen Gefühlen leiten lassen. Nicht von denen, die du jetzt empfindest.“ „Hast du mir nicht zugehört? Hast du verdammt und eins, nicht gehört, was ich gerade gesagt habe?“ Die Stimme des Chiss wurde lauter, was angesichts der Tatsache, dass er sich hier in Doktor Courts Krankenstation befand, alles andere als klug war. „Was du sagst ist furchtbar, aber alles, was du jetzt im Affekt tust, wird so etwas nur wiederholen.“ Jetzt lachte Riuen auf. „Ich hatte keine Ahnung, wie wenig dich interessiert, wenn FÜNF unschuldige einfach ERM…“ Mit einer gleisenden Bewegung hielt Ereen Riuen den Mund zu, aber er schüttelte sie ab. „Wie lange bist du in diesem beschissenen Raum, bei diesem verfluchten Imperium und tust nichts? Wie lange lässt du zu, dass Unschuldige ihr Leben verlieren, nur weil du zu feige bist, etwas dagegen zu tun? Sag’s mir. Wie lange, Doktor Courts!“ Ob das Fragen waren, die sie sich jemals selbst gestellt hatte? Ihr Blick verriet nichts, nicht einmal, dass das, was er da sagte, sie in irgendeiner Weise verletzte und das machte sein eigenes Gefühl nur schlimmer. „Ich sehe, du wirst mir nicht helfen. Ich werde das allein in die Hand nehme.“ Wütend wollte der Mann die Station verlassen, aber Ereen folgte ihm. „Es tut mir leid, Riuen…“ Er spürte einen Stich, sah dann die Spritze. „Was zum…“ und dann fiel er ihn Ohnmacht. „Ich werde dir helfen,“ versprach sie leise, als sie ihn nur mit einem Kraftakt davon abhielt hart auf den Boden zu fallen. „Aber auf meine Art.“
 
50/50

Als Riuen Ereen beobachtete, während sie noch schlief, lächelte er. Seine anfängliche Antipathie gegen sie, sein Misstrauen, die Spritze, die sie ihm damals gegeben hatte, all das schien unendlich lange her zu sein, dabei war seitdem gerade einmal ein Jahr vergangen. Ein Jahr in dem er sich bemüht hatte, seine Taktik der ihren anzupassen, sich überzeugen zu lassen, den richtigen Moment zur Flucht abzuwarten. Noch war dieser Moment nicht gekommen und das, obwohl Riuen darauf hin fieberte, aber er hatte beschlossen, auf Ereens Urteil zu vertrauen, auf ihre Umsicht, denn sie war länger hier als er. An Riuens Abneigung gegen das Imperium hatte sich indes nichts geändert, ein kleiner Umstand, der es schwerer für ihn machte, abzuwarten. Vor allem, da er sich mit dem Warten auch dafür entschieden hatte, zu kollaborieren. Dabei war das Imperium ein echter Feind und es kostete den Chiss jedes Mal seine volle schauspielerische Kraft, so zu tun, als habe seine Einstellung sich wirklich geändert. Ereen hatte ihm dabei geholfen, nicht die Geduld zu verlieren und besonnen zu bleiben, auch wenn sie beide das den ein oder anderen, oder viel eher dutzend Nerven gekostet hatte. Jetzt lag sie da und schlief und Riuen hing dem Gedanken nach, dass der Frieden der in dieser Sekunde herrschte, ihnen sehr bald für lange Zeit gegönnt sein würde. Fernab von Caridia, auf einem anderen, auf einem republikansichen Planeten, auf dem sie sich niederlassen würden. Irgendwo, wo die weitreichendste Entscheidung die sein würde, ob sie Zucker oder Milch im Kaff haben wollten. Sie konnte Ärztin bleiben und Riuen würde umschulen oder für das republikansiche Militär als Berater fungieren. Da waren so viele Möglichkeiten und Riuen freute sich auf den Tag, an dem sie wahr werden würden. Einen Anfang hierfür würde er heute machen. Den Blick von Ereen abwendend, sah der Chiss auf die kleine schwarze Schatulle und spürte neben der Vorfreude, die einfach nicht abzustellen war, eine große Portion Aufregung und das, obwohl er sich sicher war, dass sie nicht nein sagen würde. Auch wenn da immer die Option eines Neins bestand, zu 50 Prozent sogar, er war sicher, dass sie Ja sagen würde. Die anfänglichen Schwierigkeiten einmal in den Hintergrund drängend, hatte er mit allen anderen Einschätzungen nicht falsch gelegen. Und wenn sie nun gleich Ja sagte, war die perfekte Grundlage geschaffen. Für ihre Flucht, für ihre Zukunft, für alles.

Der Chiss öffnete die Schatulle, sah auf den Ring mit dem kleinen Diamant, schaltete Ereens Lieblingsmusik leise ein und beugte sich dann über sie, um sie zu küssen.

„Fünf Minuten noch…“, murmelte sie leise, völlig schlaftrunken, als Riuen sie erneut küsste und genau wusste, dass sie spätestens jetzt wach sein würde, was ihr Lächeln, dass sie zu verbergen suchte, auch verriet.Du bist unmöglich,“ öffnete sie dann langsam die Augen, „kannst du mich nicht einmal ausschlafen lassen, wenn ich schon die Möglich…“ Ihr Blick fiel auf den Ring und ihre Schlaftrunkenheit war sofort verschwunden, als sie sich aufsetzte und die Hand vor den Mund schlug und dann Riuen ansah.Das ist… was… das…“ Sie schüttelte den Kopf, ein wenig ungläubig und vollauf überrascht und, da war Riuen sicher, mit Freudentränen in den Augen.Das kann der Anfang für die beste Zeit unseres Lebens sein, vorausgesetzt natürlich, du beantwortest die nächste Frage, die ich dir stellen muss, nicht mit einem Nein, was ich natürlich kaum akzeptieren könnte…“ Zuerst grinste er schief, dann lächelte er echt. „Ereen Courts, willst du meine Frau werden?“ Dann kam die Aufregung doch, denn 50/50 nun ja… aber da nickte sie schon, noch immer mit vor dem Mund gehaltener Hand.Ja,“ sagte sie dann und weinte nun wirklich, Ja!“ Das brachte ihnen beiden den wohl seltsamsten Kuss schlechthin ein. Aber wie küsste man schon, wenn man über das ganze Gesicht grinsen musste und wenn der andere nebenbei noch weinte? Ja, es war eindeutig der seltsamsten und zugleich beste Kuss, den er je gegeben und empfangen hatte und der in einer langen, intensiven Umarmung endete. Als sie sich wieder voneinander lösten, nahm Riuen Ereens Hand, schob ihr den Ring auf den Finger und gab ihr einen Kuss auf den Handrücken. Die Ärztin betrachtet ihre Hand mit einem Strahlen, sah dann zu dem Chiss.Über den Namen müssen wir uns allerdings unterhalten, ich hab keine Ahnung, wie das funktioniert…“ Da lachten sie beide. „Och, Wie wäre es mit „Amari’ereen‘amari?“ Ereen verzog das Gesicht, als glaube sie, Riuen meinte das Ernst. „Mein Name würde sich so verändern?“, wollte sie ungläubig wissen und als Riuen zu lachen begann, stach sie ihm mit dem Zeigefinger in die Seite.Du könntest Ereen Amari heißen.“ „Oder du Riuen Courts?“ Jetzt runzelte der Chiss die Stirn. „Riuen Courts? Wenn das meine Familie erfährt… Wenn das, das Haus Nahrdi erfährt…“ „Dann erfahren sie, dass du mit der besten Frau überhaupt verheiratet bist.“ „Ach so ist das. Nur mit der besten? Dabei wollte ich doch die allerbeste haben…“ Bevor sie ihn erneut pieken konnte, hatte Riuen schon ihre Hand geschnappt und zog Ereen in eine weitere Umarmung und einen weiteren, langen Kuss, der nicht von einem Lächeln unterbrochen wurde.
 
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Happy End?

Hätte ihm vor ein paar Jahren irgendjemand gesagt, er würde heiraten, Riuen hätte lachend den Kopf geschüttelt und gesagt, dass er der ewige Junggeselle war, der sicher keinen Schritt gehen würde, der ihm sein ganzes Leben einschränken würde. Da waren einige Frauen gewesen, aber keine für die Ewigkeit und Riuen hatte sich daran gewöhnt, dass Beziehungen die er führte, meistens recht schnell endeten. Etara war nicht die einzige gewesen, bei der er sich mehr eingebildet hatte, aber aus dieser Sache hatte der Chiss eine Lehre gezogen. Aus ihr und ein paar anderen Damen. Daher hatte er peinlich genau darauf geachtet, nicht zu viel Herzblut zu investieren und sich nach dem Ende einer Beziehung nicht zu lange Zeit mit der nächsten zu lassen. Einen Grund für das Scheitern hatte Riuen nie gefunden, zumindest keinen, den er begriff und die Antworten der Frauen waren wenig hilfreich gewesen. Bis zu dem Tag, als der Chiss sich erfolgreich eingeredet hatte, dass Lebensabschnitte nun einmal gut, nein, perfekt dafür geeignet waren, genauso abschnittsweise mit Damen besetzt zu werden. Ein paar Wochen, ein paar Monate, ein paar wenige Jahre. Zwischendurch die ein oder andere Möglichkeit eben. Ereen hatte das geändert. War der Fehler gewesen, dass er vorher nie gefragt hatte, ob sein Herzblatt ihn heiraten wollte? Riuen hatte keine Ahnung, wusste nur, dass das mit Ereen und ihm anders war und sich so perfekt und so richtig anfühlte, dass alle vorherigen Beziehungen ihm vielleicht zur Vorbereitung auf seine Ehe gedient hatten. Sie hatte ihren Nachnamen behalten, weil es das als Ärztin einfacher machte. Doktor Courts hatte sich schließlich einen Namen gemacht und Riuen hatte nicht verlangt, dass sie ihn ändern musste.
„Du sollst nicht Träumen, sondern mir helfen!“ Ereen lief mit einer vollgepackten Kiste an ihm vorbei. Man hatte ihnen in der Akademie eine neue Wohnung gestellt. Tatsächlich hatte die Verbindung mit ihr ihm ein paar Annehmlichkeiten gebracht. Aber von keiner würde der Chiss sich beeinflussen lassen. Carida war Wohnen und Leben auf Zeit. „Verzeihung, Doktor Amari“,brachte ihm ein Augenrollen, aber auch ein Lachen ein, als auch er eine Kiste in die neue Wohnung trug, die er im Wohnzimmer abstellte. „Warum noch mal, lassen wir das keine Droiden erledigen?“, wollte Ereen wissen. „Weil ich dir ja was bieten muss, wenn wir schon nicht in die Flitterwochen fahren.“ Sie hatten beschlossen diese nachzuholen, sobald das Ambiente stimmte und das war auf diesem imperial versuchten Planeten einfach nicht der Fall. „Ach ja?“ Ereen kam näher, nachdem sie auch ihre Kiste abgestellt hatte, streifte ihn ganz versehentlich. „Wie muss das Ambiente denn sein?“ Aber Riuen schnalzte mit der Zunge, als er sie kurz vorher küsste und dann sacht zur Seite schon. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen,“ zwinkerte er ihr zu und erneut lachte Ereen. „Und jedes Ambiente, dass nicht irgendwie mit den Worten ‚imperial‘ geschmückt, ist das richtige.“ „Auch eine Bretterverschlag ohne Licht?“ „Auch ein Bretterverschlag ohne Licht.“ Tatsächlich hatten sie sich darauf geeinigt, dass die Flitterwochen, wann auch immer sie stattfinden würden mit der Flucht verbunden werden würden.

Nur noch wenige Kisten waren übrig und die, nach der Riuen griff, war diesem völlig unbekannt.
„Die brauchst du nicht nehmen, die muss in die Krankenstation.“ Aber Riuen hatte schon nach der Kiste gegriffen. „Dann bring ich sie da hin.“ Etwas in Ereen Blick änderte ich, bei Menschen war das sehr viel leichter zu erkennen, als bei Chiss. „Nein, nein, ich mache das später, schließlich wäre das das nur ein Umweg und wir müssen erst mal hier alle Kisten ausräumen.“ „Ooookay,“ kam es also und Riuen wollte die Kiste loslassen, aber offensichtlich hatte Ereen sie nicht richtig gegriffen, denn sie fiel herunter und mit dem Fall verteilte sich der Inhalt auf dem Boden. Fahrig ging Ereen in die Hocke, zeitgleich mit dem Chiss, der schon dabei war, die Sachen zusammen zu glauben. „Ich mach das schon!“ beinahe fuhr sie an, was Riuen dazu brachte, sie sehr irritiert anzusehen. „Sind das Bilder von deinem heimlichen Liebhaber?“; fragte er scherzhaft und da tauchte tatsächlich ein Bild auf, dass Riuen hoch hob. „Hast aber einen guten Geschmack, finde ich,“ denn das Bild zeigte ihn selbst und dahinter waren weitere. Jetzt änderte sich auch Riuens Gesichtsausdruck. „Was ist das?“ Er runzelte die Stirn und Ereen war in den Stillstand, in die Erstarrung geraten, bewegte sich nicht mehr. Nicht einmal ihr Bruistkorb hob und senkte sich, als hielte sie die Luft an. Bilder, eine ganze Menge Filmsi zeigten Notizen.

12.02, 15 Uhr, negative Äußerung gegen das Imperium
13.02, 8:32 Uhr, Aussage darüber, fliehen zu wollen
26.02, 12:00 Uhr, 17:23 Uhr, genauere Pläne das Carida zu verlassen

Wieder Bilder und weitere Notizen


„Was ist das?“ Seine Stimme war fordernd, aber in ihr schwang eine Verletztheit, die zu empfinden Riuen überhaupt nie geglaubte hatte, in der Lage zu sein. „Es tut mir leid,“ kam jetzt auch Ereen in Bewegung aber die Tatsache, dass sie zu Weinen begann, machte die Situation nicht angenehmer. Das war ein kläglicher Versuch, sein mitleid zu erregen. Der Chiss hielt die Filmsi in die Höhe. „Du hast mich bespitzelt. Du hast aufgeschrieben, wann ich was gesagt habe, wann ich was getan habe…. du.“ Mit einem Schlag traf es ihn mit einer Heftigkeit, die ihn die Filmsi sinken ließ, buchstäblich so, als hätte jemand seinen Arm gewaltvoll nach unten geschlagen. „Das war von Anfang an der Plan. Jemanden glauben zu lassen, was er glauben will, um zu erreichen, was man erreichen will!“ Das waren ihre Worte gewesen, von Anfang an. „Mich taktisch belügen, mich dazu bringen, dich zu lieben, dich zu heiraten, für was?“ Unglaube, Enttäuschung, Verletzung, Riuen wusste nicht, was er empfinden sollte, da war ein Gemisch aus Gefühlen und eine Menge davon kannte er in dieser Intensität nicht. Betrogen. Sie hatte ihn betrogen und belogen, nein benutzt. „Es tut mir leid, Riuen,“ widerholte Ereen, doch der Chiss glaubte ihr kein Wort. „Warum? Sag mir warum!“ Dann lachte er. Denn was würde kommen, außer einer Lüge? Was würde sie schon vorbringen können, außer einer Lüge? Was auch immer sie sagen konnte, würde, er wollte es nicht mehr hören. Stattdessen begann Riuen die Filmsi in den Karton zu werfen. „Riuen bitte, sie haben mir ein Leben gegeben, sie haben mir eine zweite Chance gegeben, sie haben…“ „ICH wollte ein Leben mit dir, ich dachte, dass das hier zwischen uns etwas echtes ist, ich..“ Riuen starrte auf seinen Ring. Sie hatten geheiratet. Vor drei Tagen hatten sie geheiratet. „Riuen, bitte…“ Aber als sie nach seiner Hand griff, zog er diese unwirsch weg. „Ich will keine Entschuldigung von dir hören, ich…“ erneut musste der Chiss lachen. „Weißt du, du hattest recht, ich war von Anfang an ein Idiot und alles was ich gesagt und getan habe, war idiotisch, vor allem das hier.“ Er zog den Ring von seinem Finger und warf ihn Ereen in den Schoß, die inzwischen bitterlich weinte. Dann stand er auf, die Kiste in den Händen. „Was… was … was wirst du jetzt tun?“, stammelte sie und erneut lachte Riuen ein freudloses Lachen. „Du wolltest das doch deinen imperialen Freunden geben. Ich werde dir helfen und das selbst in die Hand nehmen.“ Sie stand auf, wankte, versuchte erneut Riuen zu berühren, doch diesmal fuhr er sie an: „Fass mich nicht an!“ Ob ihre Verzweiflung gespielt war oder nicht spielte keine Rolle. „Riuen bitte, sie werden dich umbringen, wenn sie das lesen, siehst du denn nicht, ich habe es noch nicht abgegeben, ich habe…“ „Oh nein, Ereen,“ Riuen löste eine Hand von dem Karton, deutete mit dieser direkt auf sie, „das kannst du dir sparen. Denn umbringen?“ Er schnaufte, lachte, schüttelte dann den Kopf, „das hast du irgendwie schon vorher getan, nur ein bisschen anders.“ Wieder mit beiden Händen nach dem Karton greifend, ignorierte Riuen das Flehen von Ereen, als er die Wohnung verließ. Das war das Ende. Das Ende seiner Ehe und das Ende seines Aufenthalts auf Carida.
 
Man sieht sich immer zwei mal im Leben

Riuen hätte klar sein müssen, dass die überaus starke, wortgewandte, taffe Ereen ihn nicht einfach ziehen ließ. Nicht einmal in einer solchen Situation. Kaum hatte der Chiss die Wohnung verlassen, beeilte die werte Ex-Ehefrau sich, wenn er sie denn schon so nennen durfte, ihm zu folgen. „Warte!“, rief sie ihm nach und der Blauhätuige runzelte erst die Stirn und blieb dann so unvermittelt stehen, dass Ereen beinahe heftig mit ihm zusammen gestoßen wäre, wäre er nicht geistesgegenwärtig genug gewesen, einen Schritt zur Seite zu gehen. „Auf was? Eine weitere Lügengeschichte? Auf Tränen? Auf eine Mitleidstour? Auf eine Szene?“ So taff wie sonst wirkte Ereen gar nicht und so taff, wie Riuen sich meist glaubte, fühlte er sich nicht. Eine kleine Gemeinsamkeit also, die ihm gerade übel aufstieß und ihn dazu brachte, sich doch wieder in Bewegung zu setzen. „Lass mich wenigstens versuchen…“Es zu erklären?!“ Der Chiss lachte, denn das Mindeste hier wäre doch eine faule Ausrede gewesen. Eine Geschichte darüber, dass sie nicht anders hatte handeln können, nein, dass sie überhaupt und ganz und gar keine andere Chance gehabt hatte. „Riuen, ich hatte keine an…“ Jetzt drehte er sich wieder zu Ereen um und lachte abfällig. „Keine andere Wahl? Auf diesen Anfang hab ich gewartet und weißt du was? Es ist mir egal, denn ich,“ er deutete auf sich,“habe auch keine andere Wahl“, nun deutete er auf sie, „Verschwinde einfach.“ Vielleicht musste er noch deutlicher werden, dabei war doch klar, dass er gerade wenig Lust darauf hatte, Konversation mit ihr zu führen. Doch Ereen beeilte sich und stellte sich dem Chiss entgegen. „Du hast alles Recht darauf, wütend zu sein, aber hör mir bitte zu.“ Da war eine altbekannte Eindringlichkeit in ihrer Stimme, aber nichts, was auf diese Stimme hören wollte. Warum auch? „Ich bin ganz Ohr, Frau Doktor.“ Riuen verschränkte die Arme vor der Brust und sah Ereen an, versuchte, dabei betont gleichgültig zu wirken. „Vielleicht nicht gerade hier. Jemand könnte uns hören.“Du bist ein Spitzel und wolltest mich verraten, warum also sollte das hier keiner hören?“Riuen, bitte, das wollte ich nicht…“Tja, hast du aber.“ Ihre Notizen waren Beweis genug und dabei war zweitrangig, ob sie diese jemals in Teilen ihrem Empfänger hatte zukommen lassen. Nach so langer Zeit begriff Riuen ohnehin nicht, dass er bespitzelt wurde. Zu Beginn hatte das Sinn gemacht. Aber jetzt noch? Nach etwas mehr als einem Jahr, das er bei ihnen war? Ereen schien zu ahnen, wohin die Gedanken ihres Mannes gingen, aber ob sie auch ahnte, wie wenig Riuen an Antworten gelegen war und gleichzeitig wie sehr? „Es waren Stichproben… Sie sollten nie so lange gehen, aber Riuen, ich kann das mit dir nicht hier besprechen, bitte.“ Um wen hatte sie hier eigentlich Angst? Um sich, oder um ihn? Das würde er wohl nur herausfinden, wenn…. „Na schön. 5 Minuten hast du. Du stehst doch auf Quickies.“ Ein direkter Treffer, das sah Riuen sehr deutlich, aber im Vergleich zu dem, was Ereen sich geleistet hatte, war das wohl eine Lappalie. Ein kleiner Stich mit einer dünnen Nadel. Zurück in ihrer Wohnung wartete Riuen nicht ab, dass Ereen begann. „Also, ich höre,“ forderte er sie auf, verschränkte die Arme vor der Brust und tippte mit dem Fuß ungeduldig auf dem Boden, um dies, als er es erkannte, sofort zu unterbinden. „Und ich will die Wahrheit Ereen und keine Geheule dazwischen.“ Denn es gab immer eine Wahl und wenn sie erzählen würde, dass sie keine gehabt hätte, würde Riuen auf der Stelle gehen. „Es war am Anfang so, wie du vermutet hast.“ Oh ja, sie war von Anfang an die „Gute“ gewesen, die ihn wohl bekehren sollte. Das Gefühl hatte er doch schon gehabt, aber es sehr schnell wieder vergessen. „Ich sollte mir etwas Kluges überlegen, deswegen die geheimen Nachrichten in deinem Essen.“ Irgendwie war das der nächste Stich, den sie ihm versetzte. Etwas Kluges. Sie hatte sich etwas sehr kluges überlegt, sie hatte ihn mit ihrer vermeintlichen Liebe betrogen und wenn Riuen eines nicht wissen wollte, dann, ob und seit wann das nicht gespielt war.Wehe du sagst mir jetzt das das irgendwann kein Spiel mehr für dich war.“ Den Worten fehlte die Drohung, stattdessen war der Teil, der sich furchtbar verletzt fühlte so groß und greifbar, dass Riuen am liebsten auf der Stelle diesen Satz zurück genommen hätte. Ereen jedenfalls kämpfte mit sich, starre auf den Boden, biss sich auf die Zunge. „Sie wussten, dass du ein guter Taktiker bist und deine Eltern haben ihnen nicht wenig Geld gegeben. Sie wollten Berichte über dich und deswegen hat alles länger gedauert. Aber als die Zeit verging und du dich noch immer nicht ‚gebessert‘ hattest, wollten sie dich deiner entledigen. Ich hab sie aufgehalten.“Und ihnen gesagt, du schaffst es schon, den großen, rebellischen Riuen rumzubekommen? Herzlichen Glückwunsch.“ Auf dem Absatz machte der Chiss kehrt, denn warum hörte er sich das überhaupt an? „Sie haben nicht nur dich getestet, sondern auch mich, ich musste ihnen beweisen, dass ich ihnen ergeben bin, weil…“ Erneut fuhr Riuen herum und diesmal wurde er laut. „Weil was? Sie dir sonst deine Lizenz entzogen hätten? Dir dein Leben genommen hätten? Sie jemanden getötet hätten, den du liebst? WEIL WAS? Glaubst du wirklich, du könntest, mit was auch immer du jetzt kommst, mein Mitleid erregen?“ Wütend kam er ihr immer näher. „Glaubst du, du bist die einzige die hier in dieser Sache jetzt leidet? Ich bin über ein Jahr auf diesem verfluchten Planeten geblieben, weil du mir vorgegaukelt hast, etwas für mich zu empfinden! Ich bin über ein Jahr hier auf diesem verschissenen Planeten, verbiege mich, versuche ihnen so wenig wie möglich zu helfen, damit das Blut Unschuldiger nicht an meinen Händen klebt. Über ein verdammtes Jahr begehe ich hier Selbstbetrug und habe jeden Plan, von dieser Scheiße hier zu verschwinden, wegen dir verschoben und du hast nichts Besseres zu tun, als mich hinzuhalten, oder jetzt mit einer tragischen Geschichte zu kommen? Ach, einen Scheiß, weißt du was…“ Wütend warf er die Hände in die Luft, als seine Stimme sich beinahe überschlug. Sie hatte ihn ja weit gebracht, wenn er so die Beherrschung verlor. Also schüttelte Riuen den Kopf, ging wieder zurück, „es ist mir egal. Du bist mir egal. Das hier ist mir egal. Verreck doch mit ihnen oder durch sie. Vielleicht begegnen wir uns in der Hölle wieder, denn deinen Platz hast du dir damit gesichert!“ Ereen hielt ihn kein zweites Mal auf und selbst wenn sie es versucht hätte, sie wäre chancenlos gewesen.
 
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