[Besh-Gorgon-System | Normalraum | Anflug auf The Wheel | AA-9 ›Emerald‹] Mumba der Hutt
Endlich sprang die ›Emerald‹ in den Normalraum zurück. Die Reisenden drängten sich an den Fenstern und jeder schien der erste sein zu wollen, der einen Blick auf die Raumstation The Wheel erhaschte. Mumba der Hutt gehörte nicht dazu. Es fiel ihm überhaupt nicht ein, sich inmitten dieses wilden Gemischs von Touristen, Geschäftsleuten und Herumtreibern hin und her drücken zu lassen, nur um eine Station, die er schon mehrfach gesehen und besucht hatte, eine Sekunde lang von außen zu betrachten. Offenbar war er nicht der einzige, der so dachte, auch wenn die Gleichgesinnten deutlich in der Minderheit waren. Nur eine Handvoll Leute schien nichts Besseres und Wichtigeres zu tun haben und machte trotzdem keine Anstalten, sich dem dichten Pulk an den Fenstern beizumischen. Der Hutte betrachtete die Leute kurz. Sie alle schienen nicht in die breite Masse der Reisenden auf dem Passagierschiff zu passen: Zwei sahen wie Kriminelle aus, einer wie ein Geheimpolizist, und der Rest wie Einzelgänger und Weltraumtramps, die einerseits schon aus Prinzip nicht das taten was alle machten, und andererseits ohnehin schon alles gesehen hatten. Jedenfalls waren sie alle gleichermaßen auffällig und erheblich interessanter als the Wheel von außen, wenn man gewohnt war, die Augen offenzuhalten. Dieser Umstand war es letztlich auch, der Mumba nun doch dazu bewegte, sich ins Getümmel zu stürzen: Er wollte nicht zu den Auffälligen gehören, die leicht neugierige und misstrauische Blicke auf sich ziehen konnten.
Dass ihm Verfolger unmittelbar auf den Fersen waren, glaubte der Hutte eigentlich nicht. Von Lannik aus hatte er keinen direkten Weg zum Wheel eingeschlagen, sondern mehrfach die Richtung, das Schiff und die Identität gewechselt, hatte niemals die schnellste und naheliegendste Verbindung ausgewählt und sich vor allem bemüht, sich anders zu verhalten als in der Vergangenheit. Denn Berechenbarkeit war jetzt sein größter Feind. Das Crath-Syndikat, für das er lange gearbeitet hatte, wusste leider viel über ihn. Und dass sie es kaum abwarten konnten, Mumba in ihre Finger zu bekommen, schien unumstößlich. Falls seine Befürchtung, dass sie ihn schon alleine wegen seines Versagens auf Lannik gejagt hatten, falsch gewesen war, dann würden sie spätestens sein sang- und klangloses Verschwinden zum Anlass nehmen, ihn zu jagen. Je später sie also erfuhren, dass er noch lebte, um so besser. Und auch für den Fall, dass das Imperium ihn noch verfolgte oder mittlerweile ein Kopfgeld ausgelobt hatte, war Unauffälligkeit das Gebot der Stunde.
Natürlich war es ein großes Risiko, in Anbetracht dieser Unsicherheit ausgerechnet the Wheel anzusteuern. Die Station war fest unter der Kontrolle der Black Sun und einer der Orte in der Galaxis, an dem man fest auf die Anwesenheit von Kopfgeldjägern rechnen konnte. Zudem gab es keine Garantie dafür, dass die Black Sun einem Geschäft mit Mumba wirklich aufgeschlossen gegenüberstand. Vielleicht zählten auch sie zu seinen Feinden, oder aber sie sahen keinen Nutzen darin, sich mit ihm einzulassen. Ja, das Risiko war beträchtlich. Aber jeder Geschäftsmann musste Risiken eingehen und abwägen, ob die Gewinnchancen es wert waren.
In diesem Fall blieb dem Hutten kaum eine andere Wahl. Nach dem Verlust der ›Mumba's Palace‹ stand er quasi vor dem Nichts. Da es ihm nicht gelungen war, ein Schiff zu erwerben und er unter Zeitdruck gezwungen gewesen war, auf Passagierschiffen mitzufliegen. Durch die teils beträchtlichen Kosten der Passagen hatte sich seine Barschaft rasch aufgezehrt. Wenn es nun gelang, mit der Black Sun einig zu werden, war er finanziell saniert. Wenn nicht, saß er möglicherweise sogar hier fest. Der Versuch musste also gewagt werden.
Nun endlich erreichte der hässliche, klobige Passagierliner die Station. Die Masse an den Fenstern zerstreute sich langsam. Denn nun wollte wiederum jeder der erste sein, der durch die Luftschleuse trat und sienen Fuß oder sonstige Fortbewegungsorgane auf die Station setzte. Wieder entschied sich Mumba, ein Teil der großen, anonymen Menge zu bleiben. Und so kroch er einige Minuten später schließlich über die Bodenplatten der Black-Sun-Station The Wheel.
Als er zuletzt hier gewesen war, war er mit seinem eigenen Schiff eingelaufen, als selbstbewusster, eigenständiger Geschäftsmann. Diesmal kam er als mittelloser Bittsteller. Hoffentlich hielt dieser Zustand nicht zu lange an und es kehrten bald wieder ordentliche Verhältnisse ein.
Mumba holte sein Kom hervor, um Kontakt mit seinem potentiellen Verbindungsmann zur Black Sun aufzunehmen. Dem Mann, den er kaum kannte, dem er sich aber dennoch anvertrauen musste, wenn er nicht vollends scheitern wollte.
»›Purple Haze‹, hier spricht Mumba der Hutt. Ich bin jetzt eingetroffen. Mr. Galor, wo können wir uns treffen?«
Damit war die Katze aus dem Sack. Wenn ihm abermaliger Verrat bevorstand, würde er es bald merken. Und diesmal hatte er keinen Fluchtplan parat.
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