Va'art

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

In ein paar Jahren würde sie vermutlich kaum besser in Sachen Heilung sein als heute, dachte Eowyn, ohne jedoch weiter darauf einzugehen. Dass sie es nicht konnte lag vermutlich weniger am fehlenden Talent. Die Grundzüge und das Grundverständnis waren schließlich da. Ein Heilkünstler wie Ian würde sie zwar ohnehin nie werden, aber auch ansonsten sah sie schwarz. Als ob sie sich die Zeit nehmen würde, dafür zu trainieren... Sie war realistisch genug zu sehen, dass es in Zukunft genauso wenig funktionieren würde wie jetzt. Auch wenn sie jetzt auf diesem Mond am eigenen Leib erlebte, wie hilfreich dieses Können war.

Die Bewegung tat ihr gut. Sich auf solch engem Raum stundenlang zusammenzuzwängen war kein angenehmes Gefühl gewesen. Notwendig, wenn sie nicht noch nasser werden wollten, aber ihren Gliedern hatte es nicht gefallen. Sie dehnte und streckte sich erst einmal ausgiebig, als sie endlich wieder aufrecht stand, und hüpfte vorsichtig ein wenig auf der Stelle, um wärmer zu werden. Nein, keine so gute Idee. Dann lieber laufen.
Trockenes Holz war am Ehesten in unteren Lagen zu finden, wobei Eowyn bezweifelte, dass hier
irgendetwas trocken sein konnte. Sie überlegte, ob es überhaupt einen so großen Unterschied machen würde, wenn sie nasses Holz nähmen. Ohnehin würden sie es mit der Macht entzünden müssen, selbst wenn Ian etwas zum Feuer machen dabei hatte, würde es hier genug trockenen Kleinkram geben, um das Feuer zu starten? Aber die Bewegung war so wohltuend, dass sie den Gedanken ignorierte. Außerdem würde es weniger Rauch geben, das war sicher. Warum also nicht die paar Meter weiter in den Dschungel laufen.

Sie bahnten sich langsam den Weg ins dichte Getümmel. Eowyn hatte sich wieder ihren Gürtel umgebunden, um das Lichtschwert nicht die ganze Zeit in der Hand tragen zu müssen. Der Dschungel war faszinierend. Am liebsten hätte sie sich die Zeit genommen, die Pflanzen genauer unter die Lupe zu nehmen, aber das war nun wirklich der falsche Zeitpunkt. Der Boden war komplett durchnässt, ihnen blieb nur übrig, tiefer gelegene Holzstücke zu nehmen, die hoffentlich innen noch trocken waren. Sie konnte sie später mit dem Lichtschwert teilen, dann fingen sie schneller Feuer.
Eine Frage kam ihr in den letzten Stunden immer wieder in den Sinn. Es war klar, dass die Zeit drängte, aber wie sehr drängte sie wirklich? Ging es um Stunden, Tage, Wochen? Wie lange war die Unterzeichnung des Vertrages mittlerweile her? Und vor allem - war der Virus schon freigesetzt? War durch ihren Absturz nicht vielleicht ohnehin schon alles vorbei?
Schweigend sammelten sie, und als Eowyns Arme voll waren kehrte sie zu ihrem Unterschlupf zurück. Bis Ian zurückkam konnte sie sich immerhin schon einmal umziehen, und so kramte sie ihre Schmuggler-Wechselkleidung aus ihrer Tasche heraus. Es tat schon einmal ganz gut, wieder trockene Kleidung anzuhaben. Kritisch betrachtete sie danach ihre halbe Tunika. Nun ja, sie befanden sich nun einmal nicht auf einem Luxusurlaub, und etwas anderes hatte sie nicht zum Wechseln. Das musste einfach reichen.
Die dickeren Holzstücke waren schnell mit dem Lichtschwert halbiert, und tatsächlich waren ein paar von ihnen innen noch trocken. Fragte sich nur, wie lange noch, bei dem Nebel, der hier überall herumhing, was aber kein Problem darstellte, denn sie sah Ian schon aus dem Dschungel treten.


Sie kniete gerade auf dem Boden, um das Holz halbwegs zu einer sinnvollen Anordnung zu bringen und blickte nach oben, als er bei ihr stand. Sie wollte ungern seine Gedanken wieder in falsche Bahnen lenken, aber sie hatte einfach keine Vorstellung davon, was das alles im Detail zu bedeuten hatte. Ein Virus, ja, aber war es schon ausgebrochen? Was für eine Art von Virus? Gestern... Naja. Gestern war das irgendwie nicht so wichtig gewesen. Heute brannten ihr diese Fragen auf der Seele.
Ian... begann sie zögernd, es ist vermutlich nicht klug, das jetzt anzusprechen... Aber sie tat es natürlich trotzdem. Selbstverständlich. Wann tat sie je das, was klug war? Vor allem nutzt es auch rein gar nichts. Aber ich muss es wissen. Was wisst Ihr noch über den Virus? Ich meine... sie schluckte und sprach dann leise weiter. Ist es schon zu spät?

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn


Sie liefen in den Dschungel um das Holz zu besorgen, dass ihnen die nötige Wärme verschaffen und beim Trocknen ihrer Kleidung helfen würde. Gleich danach, würde Ian sich darum kümmern, das Schiff aus dem Sumpf zu holen. Wenn er es auch nicht mehr flugtauglich bekam, vielleicht gelang es irgendwie den Computer zum Laufen zu bringen und doch noch einen Notruf zu senden. Wenn sich das Signal verstärken ließ, hatten sie vielleicht eine Chance und wenn all das nicht funktionierte? Dann würden sie einen anderen Weg finden. Zumindest musste Ian sich einreden, dass sie Erfolg haben würden, denn anders war der Gedanke an das, was geschehen würde, unerträglich. Nicht, dass er je eine wirklich optimistische Einstellung gehabt hätte. Aber jedes Bisschen Pessimismus würde ihn hier nur in den Wahnsinn treiben. Ein Dschungelmond, ein zerstörtes Schiff und der Abschnitt von jeglicher Zivilisation waren keine beruhigenden Gedanken. Noch weniger, wenn Ian den Hintergrund bedachte.

So sammelten beide schweigend Holz und Ian beschloss, nachdem Eowyn schon trug, soviel sie konnte, ein wenig weiter zu Laufen. Dabei hielt er gleichzeitig Ausschau nach etwas, was ihnen noch nützlich sein konnte. Welchen Weg sollten sie später einschlagen? Der Mond war sicher riesig und in welcher Richtung sollten sie suchen? Bisher hatte er keine Lebewesen erfühlen können. Zumindest keine, die ihnen helfen konnten. Sollten sie Zeichen hinterlassen, falls jemand auf Va’art landen würde? Sie konnten schließlich schlecht dort, wo sie ihr provisorisches Lager aufgebaut hatten, verweilen und darauf hoffen, dass jemand sie genau dort fand. Oder, dass sie überhaupt gefunden wurden. Sie brauchten einen Plan, wenn alle Stricke reißen würden. Allerdings hatte Ian bis jetzt keine Ahnung, wie dieser aussehen konnte. Demnach mussten Eowyn und er Erfolg haben. Egal auf welche Art.

Etwas zeitverzögert kehrte der Dunkelhaarige schließlich zum Lager zurück. Eowyn hatte sich endlich etwas Trockenes angezogen und hatte das Holz schon so in Formation gebracht, dass es sich gut entzünden würde. Ian legte seinen Fund etwas abseits, kramte aber die trockensten Äste aus, um diese ebenfalls auf den kleinen Haufen zu legen. Bevor er ihn allerdings entzünden konnte, sprach Eowyn seine Namen aus und allein die Tatsache,
wie sie es tat, brachte Ian dazu, sie anzusehen. Das Virus. Natürlich, es war ihr gutes Recht danach zu fragen und da gab es weder einen falschen, noch einen richtigen Zeitpunkt. Ian hätte so gerne zufriedenstellend auf diese Frage geantwortet, aber er würde sie enttäuschen müssen. Sie und sich.

„Ich weiß nicht viel darüber“, gestand er entschuldigend. Allegious hat es entwickelt… Ich weiß nicht, aus was es besteht, aber er sagte, er habe die Dunkle Seite genutzt. Er nannte es eine Symbiose der Dunklen Seite.“ Dabei musste Ian nicht einmal in seinem Gedächtnis kramen, er wusste die Worte des Imperators nahezu wortgetreu. „Zusammen mit genetischen Strängen. Irgendjemand ist Träger des Virus und Allegious kann es durch die Dunkle Seite auslösen.“ Dann schüttelte der Dunkelhaarige den Kopf.Ich…“ Er wusste nicht, wer es in sich trug. Ian wusste nicht, wann es ausgelöst wurde. Nicht wann und auch nicht wo. Nicht wann… Nicht wann…. Wusste er wirklich nicht wann? Da traf ihn eine bittere Erkenntnis und tatsächlich wurde ihm erst jetzt bewusst, dass er vielleicht mehr wusste, als eigentlich geahnt. Wortgetreu hatte er Allegious Worte in den Ohren. Coruscant. Sobald Coruscant wieder der Republik gehörte, wollte der Imperator es auslösen. Genau das hatte er gesagt. Demnach, demnach… war es zu spät. Hätte Ian nicht schon am Boden gehockt, vermutlich hätte er sich genau jetzt setzten müssen. Der Mann verzog das Gesicht. Er hatte es die ganze Zeit gewusst! Sie waren auf Coruscant gewesen. Sie waren doch erst dort gewesen! Sollte er Eowyn nun belügen? Ihr nichts verraten? Ja, er wollte, er wollte etwas sagen, dass alles verbesserte, es war das erste Mal, dass er sich nach einer Lüge sehnte, aber er konnte nicht.
Ian konnte Eowyn
nicht belügen.
Coruscant“, war daher sein nächstes, nahezu tonloses Wort. „Er wollte es auslösen, sobald Coruscant wieder der Republik gehört.“ Was bereits geschehen war. Genau das hatte er doch eingebracht, in den Verhandlungen erwähnt. Die Bereitschaft Allegious‘ der Republik ihren Planeten zu überlassen. Wie hatte er das vergessen können?
„Eowyn, ich…“ Aber was sollte er sagen? Dass es ihm Leid tat? Dass es ihm mehr als leid tat? Das er unendlich bereute? Worte. Nur Worte, die wahr sein mochten, aber die sinnlos waren. Die keine Kraft hatten, etwas zu verändern. Dabei erwähnte Ian absichtlich nicht, dass er relativ schnell reagiert hatte. Denn das wäre einer scheinheiligen Entschuldigung gleich gekommen. Aber er hatte sich direkt nach der Unterschrift auf nar Shaddaa begeben. Was sich jetzt natürlich als fataler Fehler herausstellte, denn es war Zeitverlust gewesen...

„Er will eine Quarantänezone um die infizierten Planeten legen“, sprach Ian weiter, aber seinen Worten fehlte jegliches Gefühl, er reihte sie einfach aneinander. Eine Abfolge an Worten. „Schiffe, die eine undurchdringliche Barrikade bilden.Das war alles, was er wusste, alles, was er preisgeben konnte. Ian wagte nicht, seinen Blick wieder zu heben und Eowyn anzusehen. Stattdessen starrte er auf den Holzhaufen, den er entzündete, um irgendetwas zu tun. Dabei stand außer Frage, dass kein Feuer, unabhängig seiner Größe, die Kälte lindern konnte, die gerade in seinem inneren hervor kroch.

Nicht aufgeben,

mahnte ihn seine innere Stimme und er wusste, er durfte nicht aufgeben. Es war zu spät- das stand außer Frage. Aber vielleicht war es noch nicht für alle zu spät?

Du darfst jetzt nicht aufgeben.


Wenn er jetzt wieder seine Schuldgefühle siegen lassen würde, dann war es wirklich zu spät. Für alles.


Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
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Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Die dunkle Seite. Ein Virus, erschaffen in Symbiose mit der Macht. Auslösbar durch die Macht. Eine schreckliche Idee, eine, auf die wohl nur der Imperator kommen konnte. Solche in Virus konnte vermutlich verheerend sein. Eowyn wollte sich gar nicht vorstellen, was es anrichten konnte. Konnte es noch schlimmer werden?
Es konnte.
Ian erwähnte nicht direkt, dass das Virus auf Coruscant freigesetzt werden würde, aber es lag auf der Hand. Und jetzt, wo sie es wusste, fragte sie sich, weshalb sie nicht eher daran gedacht hatte. Ein vermutlich absolut tödlicher Virus, erschaffen durch die dunkle Seite - auf Coruscant, egal ob dort freigesetzt oder dorthin übertragen. Allegious hatte gewusst, wie sehr die Neue Republik darauf versessen war, Coruscant wieder zurückzuerhalten. Er hatte auch gewusst, wie sehr die Jedi den Tempel wiederhaben wollten. Das ganze dann präsentiert auf einem Silbertablett, und er wusste, dass die Republik dem Angebot nur schwer würde widerstehen können.

Und wie konnte er die Republik am ehesten schwächen wenn nicht mit einem Virus auf dem meistbevölkerten Planeten der Galaxis? Leise, schleichend, so viel einfacher, als mit Kriegsschiffen und einer Armee. Er musste sich nur hinsetzen und abwarten, bis die Republik durch ihre Hilflosigkeit verwundet genug war.

Der Boden war klatschnass, es wäre eine schlechte Idee, sich einfach so hinzusetzen. Ohnehin hatte sie das Gefühl, aufstehen, sich bewegen zu müssen, um weiter denken zu können, was sie auch tat. Ian hockte da, redete weiter von Quarantänezonen und Barrikaden, während er das Feuer entzündete.
Hätte sie doch nur nicht gefragt und wäre weiter im Ungewissen geblieben.
Nur, was dann? Dann hätte sie weiter gehofft, das Virus noch irgendwie aufhalten zu können. Das Entsetzen wäre gekommen, nur etwas später. Es kam nun auf jeden Tag, jede verdammte Stunde an - und es war sicher, dass sie hier erst einmal nicht wegkamen. Vielleicht war es besser, gleich die Wahrheit zu kennen. Dennoch, nach dem Absturz, nach dieser Nacht, sie hatte weiter Hoffnung gehabt. Vielleicht sogar, ohne es bewusst zu merken.
Es war zu spät. Zu spät.


Sie lehnte sich an einen Baum, im Gefühl, jetzt Halt zu benötigen. Coruscant. All die Lebewesen dort in Gefahr... Und sie saß hier auf diesem vermaledeiten Mond und kam nicht fort! Zur Hilflosigkeit verdammt, und dazu, einfach zusehen zu müssen, im übertragenen Sinne. Sie wusste nicht, wie sie mit all den Gefühlen, die in ihrem inneren tobten, klar kommen sollte. Da war die Verzweiflung, da war die Hoffnungslosigkeit, und da war die Wut. Die Wut darüber, nutzlos zu sein, nichts tun zu können. Die Wut darüber, wie jemand nur so etwas furchtbares tun konnte. Sie ballte ihre Fäuste, um ihre Energie irgendwohin ableiten zu können und versuchte, tief durchzuatmen. Gefühle gibt es nicht. Aber es gab auch keinen verdammten Frieden! Mit voller Kraft schlug sie gegen den Baum, merkte nicht, wie sie sich die Hände dabei aufschürfte. Es half, aber nicht sonderlich viel.
Es war alles nur ein geschickter Schachzug, ein Spiel, bei dem so viele umkommen würden. Sie musste sich irgendwie wieder in den Griff bekommen. Es machte alles nur noch schlimmer, wenn sie jetzt durchdrehte.
Aber was würde schon noch schlimmer werden? Was konnte überhaupt noch schlimmer werden? Es war ohnehin vorbei.
Wäre sie nur auf Coruscant geblieben, wie Ian es gesagt hatte.
Und dann? Sie wäre mitten hineingeraten in dieses Spiel. Ohne Wissen. Ohne Warnung. Ian hätte sie einfach dort zurückgelassen. Auf einem Planeten, der bald zum gefährlichsten überhaupt in der Galaxis werden würde. Oh, wie wunderbar. Vielleicht wäre sie dennoch lieber dort als hier, wenigstens hätte sie etwas ausrichten können, vielleicht, zumindest etwas
tun können. Aber es war nicht seine verfluchte Entscheidung gewesen, aber er hätte sie für sie getroffen.

Eowyn wusste, das Virus war nicht Ians Schuld. Und sie wusste auch, dass der Plan nicht seine Idee gewesen war. Jeder andere hätte seine Unterschrift unter den Vertrag setzen können... Doch rationale Gedanken halfen ihr nicht weiter. Sie konnten sie nicht durchdringen, ihr nicht beistehen. Ihr nicht den Trost und den Halt geben, den sie jetzt brauchte.


Er hätte ihr auf Coruscant alles sagen sollen. Sie hätte dort noch Maßnahmen ergreifen können. Weshalb hatte er es nicht getan? Weshalb? Die Hilflosigkeit begann wieder, ihre Wut zu verdrängen, und sie war sich nicht sicher, ob sie darüber froh sein sollte. Sie sollte es sein, doch sie war es nicht. Die Wut ließ sie sich zumindest ein wenig lebendig fühlen.
Sie konnte sehen und spüren, dass Ian die Sache selber zu schaffen machte. Sein Zögern vorhin, sein Tonfall. Aber das machte es nicht besser.
Sie musste sich beruhigen!


Coruscant, ja? sagte sie schließlich und bemühte sich um einen neutralem Tonfall, während sie ihn anblickte. Und es ist Euch nicht eingefallen, es mir zu sagen, bevor wir losflogen? Oder, als ihr mich zurücklassen wolltet auf... oh, auf Coruscant? Vermutlich war es nicht fair. Nein, absolut nicht. Aber sie hatte genug davon. Sie hatte genug Verständnis gezeigt, sich genug zurückgenommen. Und wehe, wehe er würde wieder zurückfallen in den Zustand, dass er sich für alles die Schuld zuschob und nichts anderes mehr sah. Das würde sie jetzt nicht mehr ertragen. Er hatte kein verdammtes Recht darauf, in seiner eigenen Welt zu versinken und sie hier alleine zu lassen. Bei der Macht, das sollte er nun wirklich lieber lassen.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn

Die Wahrheit war ein zweites Mal ausgesprochen, aber wie bereits zuvor, half diese Wahrheit reichlich wenig, änderte nichts, machte nichts einfacher. Sie lag abermals über ihm und Eowyn, wie ein dunkler Schatten und fast hätte Ian sich gewünscht, er wäre ein geborener Lügner gewesen. Oder er wäre so weit abgestumpft, dass ihm all das überhaupt nichts ausmachte. Dann allerdings wäre er kaum hier. Wobei das hier sein gerade eines der Hauptprobleme überhaupt darstellte. Schließlich waren ihnen von hier aus die Hände gebunden, der Rat konnte nicht gewarnt werden. Auf der anderen Seite hingegen blieb völlig offen, ob es einen Unterscheid machte, wo sie sich befanden. Sie konnten das Virus kaum mit ihren Händen aufhalten, schon gar nicht, wo sie nicht einmal wussten, wo es… Coruscant. Die verfluchte Antwort auf alles, schien dieser Planet zu sein. Dort würde das Virus ausbrechen. Wo auch sonst? Vielleicht hoffte Allegious darauf, dass so viele Jedi wie möglich, sich genau dort befanden, um den Orden wieder aufzubauen. So würde ihm das Schicksal in die Hände spielen: Ein hochbevölkerter Planet, der halbe Jedi-Orden, ein Virus, das sich schleichend ausbreitete, das niemand erahnte, dass einfach zuschlagen würde. Still, unbemerkt und tödlich. Allegious Plan war grausam, aber leider perfekt, wie Ian sich eingestehen musste. Wer kam schon auf die Idee, dass der Imperator eine Seuche ausbreiten würde? Zuerst würden wenige Sterben, dann immer mehr und bis jemand auf die Idee kam, dass es sich nicht um ein einfaches Virus handelte…
Ian war zu sehr darauf bedacht gewesen, vergessen zu wollen und dabei hatte er nicht einmal mehr eins und eins zusammen gezählt, dabei war die Antwort glasklar gewesen und hatte die ganze Zeit vor ihm gelegen.

Seine eigene Bewegungslosigkeit fiel Eowyn nicht anheim, im Gegenteil. Sie bewegte sich auf einen Baum zu und da war etwas, das sehr deutlich von ihr ausging. Nicht so, wie es wohl bei einem Sith der Fall gewesen wäre, dafür war es zu beherrscht, aber dennoch spürte Ian es deutlich. Wut. Ihre Körpersprache verriet sie, genau wie ihr Schlag gegen den Baum. Bis jetzt hatte sie sich gut unter Kontrolle gehabt und wenn es etwas wie gerechten Zorn gab, war vermutlich jetzt der richtige Augenblick dafür. Sie blickte ihn an und Ian zwang sich, ihren Blick zu erwidern. Nicht, weil er besonders begeistert davon war, aber alles andere wäre nicht fair gewesen. Noch war ihre Stimme beherrscht, noch. Aber… was sollte er auf ihre Frage erwidern? Ian konnte sie daran erinnern, dass er nicht wollte, dass sie mitreiste, aber vermutlich hätte sie da zur Explosion gebracht. Ob es überhaupt etwas gab, das ihre Wut nicht weiter entfachen würde? Wahrscheinlich nicht und im Endeffekt war es vielleicht das Beste – vor allem für sie- wenn sie ihre Wut gar nicht erst aufhielt. Allerdings schien eine solche Anmerkung ebenfalls unangebracht, wie eigentlich alles.
Ian stand aus der Hocke auf, denn sich weiter dort zu befinden, wäre angesichts der Situation seltsam gewesen und irgendwie falsch.

„Ja, Coruscant“, wiederholte der Dunkelhaarige daher, ohne Sarkasmus, ohne Wut, dafür aber mit fester Stimme. Selbst wütend zu werden wäre nicht angebracht gewesen und tatsächlich war Ian von diesem Gefühl weit entfernt. Er wusste, dass er einen Fehler begangen hatte und damit war ihm mindestens so deutlich, dass er gar nicht erst versuchen musste etwas zu sagen, was wütend war oder alles in Lächerliche ziehen würde. Aushalten. Er musste aushalten, das war das Beste.
„Dass es dieser Planet ist, wurde mir erst hier richtig bewusst.“ Gerade eben, um genau zu sein, was er lieber nicht erwähnte. Ein Eingeständnis für das er sich tatsächlich schämte, allerdings tilgte Ian diese Scham gänzlich aus seiner Stimme. Aushalten. Darum ging es.
Allerdings klang Eowyns kleiner Einwand, dass er sie gerade auf Coruscant hatte zurücklassen wollen sehr danach, als glaubte sie, er wollte… Nein, diesen Gedanken galt es aufzuhalten. Selbst wenn Eowyn auch nur auf die leise Idee kam, dass er sie wegen des Virus auf Coruscant hatte zurücklassen wollen, seine Wut wäre nicht angebracht gewesen. So sah Ian kurz gen Boden, sich genau das ins Gedächtnis rufend, ehe er sie wieder ansah
. „Ich hätte es Euch früher sagen müssen,“ was sie wohl so gut wusste wie er, immerhin implizierte ihre Aussage im Grunde auch genau das. „Ich habe es nicht getan und es war ein Fehler, es nicht zu tun.“ Der richtige Zeitpunkt ein Aber folgen zu lassen, war längst verstrichen, sofern es diesen überhaupt gegeben hätte. Dabei wären dem Menschen sicher mehr, als ein Dutzen eingefallen.

Aber ich hatte vergessen wollen.
Aber ich habe Euch nicht vertraut.
Aber Ihr seid eine Jedi.
Aber Ihr seid kein Rat.
Aber mein Leben stand auf dem Spiel.
Aber ich wollte Euch schützen.
Aber ich hatte Angst.

Ein ‚Tut mir leid‘, dass ihm durchaus auf der Zunge lag, war wohl ebenso falsch, wie ein Aber, daher sagte Ian nichts. Kein Aber. Keine Entschuldigung. Keine Ausflüchte. Stattdessen sah er Eowyn einfach nur entgegen, abwartend, wie sie nun reagieren würde, bereit einfach geschehen zu lassen, was auch immer geschehen würde.


Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
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Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Ian hatte Glück, dass seine Reaktion nicht ihrer erwarteten entsprach. Im Gegenteil, er klang erstaunlich ruhig und gelassen. Sah er das Problem nicht oder hatte er plötzlich gelernt, seine Schuldgefühle zu kontrollieren? Er machte nicht einmal den Versuch, sich zu entschuldigen. Da gab es auch nichts zu entschuldigen, es war zu spät. Er hielt ihrem Blick stand, bis Eowyn selbst ihn abwandte. Sie bemühte sich, ihre Fäuste zu entspannen, doch es wollte ihr nicht so Recht gelingen. In ihr brodelte alles, und sie wusste, dass sie dich dringend wieder beruhigen musste. Aber das Fass war geöffnet, sie hatte es zugelassen, und nun war es umso schwieriger.
Sie atmete ein paar mal tief durch, bevor sie in Erwägung zog, Ian zu antworten. Sie fixierte ihn wieder mit ihrem Blick und stieß sich vom Baum ab. Sie brauchte nun keinen Halt, sie brauchte etwas, woran sie sich abreagieren konnte. Am einfachsten wäre es jetzt wohl gewesen, Laufen zu gehen, aber das kam nicht in Frage. Also wenigstens Bewegung.


Es wurde Euch erst hier bewusst? fragte sie mit zusammengepressten Zähnen, bemüht, sich zurückzuhalten, während sie aufgebracht hin und her lief. Das entschuldigt natürlich alles. Wo hatte er seine Gedanken gehabt, bei der Macht? Wenigstens bedeutete es, dass er sie nicht bewusst der Situation ausgeliefert hatte. Wenigstens das, oh wie toll! Er, der Retter mit seinen Informationen, der es nicht einmal bis nach Lianna geschafft hatte. Warum dachte er nicht mehr nach?
Nein, es entschuldigte nicht alles.
Es entschuldigte vor allem nicht, dass sie nun hier so durchdrehte. Was dachte sie selbst da eigentlich? Er war nicht der Grund, weshalb sie so wütend war. Gut, vielleicht ein wenig. Aber ihre Wut richtete sich eigentlich vor allem gegen jemand völlig anderen. Jemanden, der nicht hier war, und vor dem sie sich außerdem hüten sollte. Außerdem gegen die Situation und vor allem gegen ihre eigene Unfähigkeit, das alles schon früher erkannt zu haben. Früher gehandelt zu haben. Und nun war klar, sie hätte erst Recht auf Coruscant bleiben sollen. Ian hätte ihr eine Nachricht überlassen, sie hätte wenigstens in ein paar Tagen handeln können, und sobald man die ersten Symptome entdeckt hätte, hätte man handeln können. Sie war so dumm gewesen. Sie alle waren so dumm gewesen. Warum hatten sie dem Imperium geglaubt, dass dieser Frieden echt war? Wer war nur auf diese Idee gekommen? Sie hätten es sehen müssen.
Sie hätte es sehen müssen. Sie hätte beharren müssen, oder ihm vertrauen und bleiben müssen.

Es war gerade kein Baum in ihrem Laufweg
, auf den sie als nächstes hätte einprügeln können, und so nahm sie das erstbeste, das möglich war um ihre Wut abzureagieren - eines von Ians gesammelten Holzstücken. Sie schmiss es mit all ihrer Kraft in den Dschungel, während sie ihre Wut hinausschrie.
Das hatte schon besser getan als vorhin.
Sie ließ sich auf die Knie sinken, vergrub ihren Kopf in ihren Händen
und atmete tief durch. Und noch einmal. Und noch einmal. Es gibt keine Gefühle... Ach, nach Tatooine mit dem Kodex. Der, der sich den Kodex ausgedacht hatte, hatte vermutlich nicht in so einem Dschungel gesessen. Dennoch, sie beruhigte sich langsam. Noch einmal... noch einmal.
Ganz toll bekam sie das hier hin. Ein gutes Vorbild für alle angehenden Jedi für Krisensituationen. Man sollte hier eine Holokam aufstellen und ihren bravourösen Auftritt für die nachfolgenden Jahrgänge festhalten.
Sie drehte wohl langsam durch. Wenn sie nicht bald von diesem Mond kam konnte man sie wohl gleich einweisen.
Also... ganz ruhig. Und langsam.


Sie blickte wieder auf und sah zu Ian. Ja, es war ein Fehler... meinte sie schließlich müde. Aber es lässt sich nicht mehr ändern. Vielleicht... vielleicht war sie auf ihn auch aus anderen Gründen so wütend gewesen, obwohl es auch dafür keine Berechtigung gab. Es war jedoch eindeutig, dass er ihr selbst auf Coruscant einfach nicht genug vertraut hatte, selbst, als er beschlossen hatte, dem Rat die Wahrheit zu sagen. Weshalb nicht? Was hatte er an ihr gesehen, dass er es ihr nicht hatte sagen wollen? Wenn es nach einer Situation wie dieser hier gewesen wäre... sie hätte sich auch nicht vertraut. Aber vermutlich hatte er genau so etwas schon vorher erkannt, so einfach war das. Letztendlich war er mit der Wahrheit auch nur herausgerückt, weil die Sandkorn abgestürzt war und er es nicht mehr aushielt. Es hatte nicht an ihr gelesen, sie war nur einfach da gewesen.
Nun gut. Sie mussten irgendwie gemeinsam durchhalten, das war klar. Aber sie fühlte sich unwohl bei dem Gedanken, dass er ihr nicht vertraute
. Es war vermutlich nicht seine Schuld, Vertrauen musste man sich schließlich verdienen. Es war nur... sie fühlte sich jetzt seltsam enttäuscht. Warum auch immer. Vielleicht war sie doch arroganter, als sie gedacht hatte, Ian lag mit seinen Ansichten über die Jedi im Nachhinein immer öfter richtig.
Die Selbsterkenntnis traf sie beinahe so hart wie ihr Gefühlschaos vorhin. Aber sie musste weitermachen. Durchhalten.

Tut mir Leid, meinte sie mit einer Stimme, die in ihren eigenen Ohren falsch klang, unwirklich, während sie sich anschickte, wieder aufzustehen. Es ist nicht Eure Schuld. Es kommt nicht wieder vor.

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Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn

Wenn Ian bisher nicht gewusst hatte, wie er mit Eowyn umgehen sollte, dann wusste er es jetzt umso weniger. Sie war wütend, was er ihr kaum verübeln konnte, aber was wusste Ian von wütenden Jedi? Nichts. Mit dem Ausbruch eines Sith hätte er umgehen können. Jetzt hingegen fühlte er sich überfordert, ähnlich der Situation, in der er mit Alisah gestritten hatte. Allerdings war Alisah damals die Schuldige gewesen –sie hatte ihn belogen- und das hatte es einfacher gemacht, denn Ian hatte einfach wütend reagiert. Jetzt hingegen war er der Auslöser Eowyns Wut, mehr als das, der Verursacher und zu wissen, dass ihre Wut berechtigt war, machte es nicht einfacher, richtig zu agieren. Zum Gegenangriff würde er nicht übergehen, dazu hätten ihm schlicht die Argumente gefehlt und es schien die beste Lösung zu sein, Eowyn ihre Wut zu lassen.

Sie wiederholt seine Worte und Ian seufzte innerlich. Er hatte sich nicht entschuldigt, nicht einmal nach einer Entschuldigung gesucht und das von Anfang an. Seit er ihr die Wahrheit gestanden hatte, war da keine Ausflucht gewesen, nichts, was vielleicht verständlich gemacht hätte, warum es überhaupt je so weit gekommen war. Keine Rechtfertigung, keine Entschuldigung. Ian hatte nicht einmal danach gesucht und auch jetzt würde er es nicht tun. Da mochten so viele Abers existieren, wie sie wollten. Nicht alles war zu rechtfertigen und das hatte der ehemalige Sith schon längst erkannt.


„Es entschuldigt nichts“, kam seine einfache, noch immer fest ausgesprochene Überzeugung, als Eowyn hin und her lief und noch immer versuchte Herrin über ihre Gefühle zu werden. Ian hingegen blieb einfach stehen wo er war, bewegte sich keinen Zentimeter und wartete ab. Schließlich konnte er schlecht beruhigend auf sie einreden. Was hätte er auch sagen sollen? ‚Eowyn, regt Euch doch nicht auf.‘ Gewiss.
Ian bewegte sich auch nicht, als Eowyn nach einem der Holzscheite griff, um ihn energisch in den Dschungel zu werfen. Nicht einmal ein Zucken erlaubte er sich, auch nicht, als sie schrie. Sie überforderte ihn zusehends, was Ian sich unumwunden eingestehen konnte. Denn wie reagierte er auf jemanden, der wütend war? Vor allem, wie sollte er auf jemanden reagieren, der wegen ihm wütend war? Die Antwort darauf lag so unerreichbar wie Lianna. Aushalten. Das war das einzige, was ihm einfiel, das einzige, was fair erschien. Schließlich sank Eowyn auf die Knie und vergrub ihren Kopf in den Händen, Ian selbst stand einfach nur weiter da und wartete darauf, dass sie sich wieder beruhigte, denn auf sie zuzugehen wäre sicher auch das falsche gewesen.

Ein paar Augenblicke vergingen, ehe die Jedi ihre Beherrschung wohl langsam wieder erlangte und feststellte, dass Ians Schweigen ein Fehler gewesen war. Gut, dass sie es nun beide erkannt hatten, schließlich hatte der Dunkelhaarige nie einen Zweifel an dieser Tatsache gelassen. Nach ihrem Ausbruch folgte eine Entschuldigung und Ian wusste nicht recht, wie er diese nun interpretieren sollte. Sicher war nicht sie diejenige, die hier eine Entschuldigung hervorbringen musste und Ian würde ihr ihren Gefühlsausbruch sicher nicht übel nehmen. Jedi hin oder her. Sie war ein Mensch und wie ein solcher hatte sie reagiert. Dennoch hob er die Arme, um das einzig sinnvolle zu sagen, was ihm nun einfiel.
„Schon in Ordnung.“ Ein kurzes Schweigen folgte, ehe er hinzufügte: „Es ist Euer Recht wütend zu sein.“ Damit war ihr kleiner Ausbruch für den Moment vergessen, zumindest für ihn.
„Ich werde das Schiff bergen gehen“, gab er ihr schließlich zu verstehen, denn was wusste er darüber, ob sie jetzt einen Moment für sich wollte, oder nicht? Außerdem war das Feuer entfacht, demnach galt es, den nächsten Punkt auf ihrer Liste abzuarbeiten. Der Computer. Das Kom. Hoffentlich ein ausgehender Notruf.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Ians stoische Ruhe überraschte Eowyn. Er reagierte auf nichts... weder auf ihr Schreien noch auf ihr Wandern. Sein abwartendes Beobachten empfand sie beinahe als unheimlich, in dem völligen Kontrast zu ihrer eigenen Nervosität. Abgesehen von seiner kurzen Antwort auf ihre ironische Aussage. Fand er es so faszinierend oder so beunruhigend? Egal was, es war ihr egal. Seltsam. Nach diesem Aufwallen von Gefühlen und dem darauffolgenden Abebben... war nun beinahe nichts mehr übrig geblieben. Sicher, sie wollte noch von hier weg. Sie musste von hier weg, alles andere kam nicht in Frage. Aber was blieb ihr übrig? Was für Möglichkeiten hatten sie, realistisch gesehen? Es würde sie keiner holen. Sie würden die Sankorn nicht wieder flott kriegen. Die einzige Chance war es, in diesem Blätterchaos jemanden zu finden, der ihnen helfen konnte, und die Chancen dafür lagen wo... bei 3.720 zu 1?

Nein. Sie würden weiter versuchen, hier fortzukommen, aber sie musste beginnen, sich mit der Möglichkeit anzufreunden, dass es das war, zumindest vorerst. Die Kälte, die sie spürte, kam nun wieder nicht nur von außen.
Es war ihr Recht, wütend zu sein? Nein, das war es nicht. Sonst nicht, und jetzt erst Recht nicht. Da sah man es einmal wieder. Sie waren zu verschieden. Sie fragte sich, wie lange es noch dauern würde, bis es einen großen Knall geben würde und... Sie würde weiterhin ihr Bestes geben, sich zusammenzureißen und versuchen, sich zurückzuhalten. Aber auf lange Sicht... Je länger sie hier sein würden, desto schwerer würde es werden. Wie lange würde es noch funktionieren? Ein paar Tage? Wochen? Sie schüttelte den Kopf. Keine guten Prognosen. Am Ende würde noch einer von ihnen beiden durchdrehen und den anderen... Nun ja, Teil eins passte schon einmal zu ihr.


Ians Worte rissen sie aus ihren Gedanken. Das Schiff... Er wollte es alleine bergen? Weshalb das? Es war schließlich nicht so, als ob es nur ein versunkenes Lichtschwert gewesen wäre. Auch wenn die Macht eigentlich keine Grenzen kannte - sie hatte Grenzen. Und es war unnötig, dass er diese Grenzen bis zuletzt auslotete, wenn es doch so leicht wäre, einfach mit ihr gemeinsam zu arbeiten. Offensichtlich war es nicht leicht. Wollte er nicht? Vertraute er ihr tatsächlich so wenig? Er floh ja schon wieder regelrecht vor ihr. Gerade noch sprach er davon, dass sie ein Recht hatte, wütend zu sein, und dann ging er auf Abstand. Das passte ja.

Sie nickte, hockte sich ans Feuer und starrte in die Flammen. Die langsame Wärme fühlte sich seltsam an, ein kleines bisschen Realität in der absurden Welt ihrer Gedanken, die Grenzen verschwammen langsam. Und so konnte sie ihre nächsten bitteren Worte auch kaum zurückhalten. Geht ruhig. Ist sicher kein Problem für Euch alleine.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn


Eigentlich hatte er ihr entgegenkommen wollen, als er das Bergen des Schiffes erwähnt hatte. Schließlich wäre er, an ihrer Stelle, nach einem kleinen Wutausbruch wohl lieber für sich gewesen, vor allem dann, wenn sich die Person seines Zorns unmittelbar in seiner Nähe befand. Aber allem Anschein nach lag Ian völlig falsch, denn als er sich entfernte, hörte er Eowyns Worte in seinem Nacken und bei der Macht, er hatte sich bis eben zurück gehalten, aber jetzt spürte auch er, wie der Ärger langsam zurück kam und er war bei Weitem nicht so gut darin, sich zu zügeln, wie sie es war. Er war kein Jedi. Sicher, ihr ‚Geht ruhig‘ stellte kein Problem dar, aber das, was danach folgte, tat es sehr wohl und so blieb Ian nicht nur stehen, sondern drehte sich um und lief zu Eowyn zurück, die sich ans Feuer gesetzt hatte. Sie konnte wütend sein, sie hatte jedes Recht dazu, aber sicher würde er sich nicht von oben herab von ihr behandeln lassen. Ihr letzter Satz beinhaltete eine Nuance zu viel Arroganz und langsam war auch Ian es leid. Bis jetzt hatte er sich zurück genommen, er hatte sie, gegen seinen Willen mitgenommen, er hatte zugelassen, dass sie beständig auf ihn eingeredet hatte. Ja, er hatte ihre Worte abgewogen, hatte darüber nachgedacht, hatte ihr seine schwächste Seite gezeigt und jedes Mal wenn er versuchte es ihr recht zu machen, verhielt sie sich so, wie genau jetzt.


„Eowyn“, sagte Ian daher und war erstaunt über die Ruhe, die dabei in seinem Ton lag.
„Vielleicht sagt Ihr mir einfach, was ich falsch mache, oder was ich tun soll. Ich versuche hier das richtige zu machen, ich versuche mich richtig und angebracht zu verhalten, aber ich weiß nicht, wie das funktioniert.“ Dafür, dass er eigentlich wütend war, hatte er sich erstaunlich gut unter Kontrolle und fast war er dieser Tatsache so überdrüssig wie jener, nicht zu wissen, wie er mit Eowyn umgehen sollte.
Was wollt ihr von mir?“ Eine Frage die noch immer nicht wütend, aber dafür sehr eindringlich und nicht minder scharf klang.
„Dass ich Euch auf Schritt und Tritt folge, Euch keine Sekunde für Euch gönne? Eben wart Ihr noch wütend und…“ Warum versuchte er überhaupt sich zu erklären? Jedes Mal wenn er das tat, wurde sie garstig und jedes Wort, das er anbringen konnte, bekam sie sicher nur in den falschen Hals. Sie entschuldigte ihr eigenes Verhalten damit, dass sie nicht gut darin war, die richtigen Worte zu wählen und Ian für seinen Teil war es ebenfalls leid, um den heißen Brei zu reden, die richtigen Wote zu finden und in eine Satz zu formulieren. Sie war direkt gewesen, hatte schon mehr als einmal kein Blatt vor den Mund genommen und er würde es ebenso nicht mehr tun.
„Wütend zu sein ist menschlich, ob es Euch gefällt oder nicht. Macht mir die Vorwürfe, die Ihr mir machen wollt, aber bitte, hört endlich auf damit“, und die Eindringlichkeit und Schärfe seiner Stimme nahm zu, „so zu tun, als wäre jede negative Emotion eine schlechte, die an der weißen Weste der Jedi kratzen könnte und jede Handlung von mir eine Zurückweisung Eurer Person.“ Oder ihr Glaube, schon wieder in etwas versagt zu haben und Ian war längst nicht entgangen, dass genau das mindestens eines ihrer Probleme darstellte. Oder was auch immer.
„Ich habe gesagt, dass ich Euch nicht alleine lasse und das meine ich absolut ernst“, unterstrich er mit der Bewegung seiner Hände. „Aber ich weiß nicht, wann Ihr Zeit für Euch braucht, ich weiß nicht, wie ein Jedi damit umgeht, wenn er wütend ist, ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll.“ Begriff sie denn endlich? Er konnte ja selbst nur mutmaßen, wo ihr Problem lag. „Aber eine Sache weiß ich sehr wohl: Wut ist nicht gleich Zorn“ und es würde sie nicht umbringen, wenn sie sich genau das eingestehen würde.

Am Ende aber lag er doch nur wieder falsch und sie warf die nächsten, garstigen Argumente durch die Luft, die leider nicht im Nebel hängen bleiben würden. Sie brachte ihn zum Nachdenken, er sie besten- oder schlimmstenfalls? in Rage.

„Nein, wahrscheinlich schaffe ich es nicht, das Schiff alleine aus diesem verfluchten Sumpf zu holen und sicher wird es ein Problem sein. Aber,“ und jetzt wurde seine Stimme selbst eine kleine Nuance lauter, „ich habe nicht eine Sekunde behauptet oder so getan, als sei ich etwas Besseres, ganz im Gegenteil. Also bitte“, und spätestens jetzt wurde deutlich, dass er weitaus weniger gefasst war, als es nach Außen wirkte, „schreit mich an, beleidigt mich, werft noch ein paar Holzscheite, macht etwas, was ein Jedi normalweise tun würde, tut auch immer was Euch hilft, aber hört auf, hört verdammt noch mal auf damit, mit mir umzugehen, als sei ich ein naives Kind oder jemand, der Eure Gedanken lesen kann!“ Einen Satz, den er eben schon nahezu gleich formuliert hatte und der so vielleicht nicht nur in ihren Gehörgang, sondern auch in ihren Verstand dringen würde.
Seufzend warf er die Hände in die Luft. Was erwartete sie eigentlich von ihm?

„Also“, wiederholte Ian schlicht noch einmal: „WAS wollt Ihr und WAS mache ich so verdammt falsch? Und WAS kann ic tun, um das Richtige zu machen?“ Natürlich, da war die Tatsache das er ein Sith gewesen war, das Virus, das vielleicht schon tobte. Vielleicht auch die Tatsache, dass er schlicht nicht in das Weltbild einer Jedi passte, schon gar nicht in ihres. Aber nicht er hatte sich aufgedrängt, nicht er nahm Anstoß an ihr, nicht er hatte sie gezwungen, sich mit ihm abzugeben, nicht er sah in allem was sie tat, eine Zurückweisung. Nein, das war allein ihr vorbehalten. Er war ehrlich gewesen, von Anfang an und er hatte nichts verborgen. Entweder also sprach sie endlich aus, was sie aussprechen wollte –ein Talent im Fluchen besaß sie schließlich- oder sie blieb da am Feuer hocken und spielte weiter die Störrische, die den Kodex der Jedi vielleicht als Schutzschild benutzte, um auf keinen Fall in Verlegenheit zu kommen, sich selbst einzugestehen zu müssen, dass auch sie nicht so perfekt war, wie sie sein wollte und das genau das eigentlich gar kein Fehler war, sondern schlicht menschlich

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Eowyn bereute ihre Worte schon gleich, nachdem sie ihren Mund verlassen hatte. Nicht, weil sie nicht wahr waren, sie stand dazu. Nein, erstens hatte sie selbst doch schon erkannt, dass sie zwei es zusammen schwer hatten und sich einfach nicht verstanden, und zweitens hatte sie keine Lust, es mit Ian auszudiskutieren.
Und drittens sollte sie wohl einfach einmal den Mund halten. Wieso lernte sie nicht aus ihren Fehlern? Wenn er ihr nicht vertraute war es ihr Problem, nicht seines. Nichts, das sie ihm vorwerfen konnte.
Aber dafür war es jetzt wohl zu spät.


Sie starrte Ian von unten an, als er eine Tirade von Erklärungen und Fragen von sich gab. Es erstaunte sie ein wenig, dass er viele Dinge wohl einfach tat, weil er es für das Richtige hielt... konnte es das Richtige sein, sich zu verausgaben, nur weil sie selbst wütend geworden war? Das war wohl Ansichtssache. Aber sie hatte Respekt davor, dass er sich im Griff hatte. Sie wusste nicht, ob sie selbst dazu gerade in der Lage war und bemühte sich, einfach nichts zu sagen und ihn aussprechen zu lassen. Warf sie Zwischenworte ein, dann war sie nicht sicher, ob sie sich selbst halten konnte.

Richtig und angebracht... flüsterte sie schließlich und schloss kurz die Augen. Was ist hier schon richtig und angebracht? Sie schüttelte den Kopf und stand auf. Sie war ohnehin viel kleiner als er, sie musste es nicht noch extremer machen. Das Ganze hier... sie zeigte weitläufig auf den Dschungel. Das ist nicht richtig. Es kann hier nichts geben, das richtig ist. Wir beide hier sind nicht richtig.
Eowyn rieb sich mit beiden Händen über ihr Gesicht. Sie musste ruhig bleiben. Ruhig. Ihn anzuschreien war nicht hilfreich.
Nein, ich erwarte nicht, dass ihr mir folgt, sprach sie dennoch mit etwas schärferer Stimme weiter. Aber ich... sehe darin keinen Sinn. Zumindest nicht von ihrem Standpunkt aus. Von seinem mochte es sinnig gewesen sein. Da war es wieder, ihre unterschiedlichen Auffassungen, ihr unterschiedliches Verständnis. Wie konnten sie sich andauernd so missverstehen?
Als sie wieder an seinen nächsten Vorwurf dachte war es deutlich. Wieder so ein Punkt. Ruhig bleiben. Er konnte nichts dafür.
Wütend zu werden mag menschlich sein. Es ist aber auch nicht richtig, nicht nur wütend zu sein, sondern... Sie biss sich auf die Lippen. Es war nicht nur die Wut, die sie so durchdrehen ließ. Sie war wohl nur das letzte bisschen gewesen. Sie hatte sich insgesamt einfach nicht im Griff. Seit Wochen. Sah er... nein. Er kannte sie nur so. Er kannte sie nicht in einem Zustand der Ruhe, der Ausgeglichenheit. Er wusste nicht, wie sie sein konnte. Ein Wunder, dass er sie überhaupt ertrug. Müde wandte sie sich ab. Es war ihre Schuld. Sie erwartete Dinge, die er nicht erfüllen konnte. Wie auch? Es ist nicht nur die Wut, redete sie leise weiter. Es wäre nicht fair, ihn so im Dunkeln tappen zu lassen, und sie würden noch einige Zeit miteinander aushalten müssen. Es ist alles. Ihr kennt mich nur... so. Das bin nicht ich... So... aufbrausend. Emotional.
Unfair,
fügte sie fast lautlos an. Sie warf ihm wieder einen Blick zu. Es ist beileibe keine weiße Weste. Und mit Eurer Zurückweisung habt ihr schließlich auch vollkommen Recht. Er kannte sie nur so. Selbstverständlich hatte er ihr nicht vertraut. Eine Jedi, die sich nicht im Griff hatte... wer würde ihr eine Information von solcher Brisanz anvertrauen? Sie würde es nicht tun.

Und Ihr wisst nicht, wie Ihr damit umgehen sollt? Dann sind wir schon einmal zwei. Wie geht ein Jedi damit um, sich nicht im Griff zu haben? Sie lachte bitter auf. Wenn ich das wüsste! Wenn ich das wüsste, dann wären wir wohl jetzt nicht hier. Nein, sie wäre zumindest auf Coruscant geblieben. Wenn nicht sogar von Nar Shaddaa aus auf dem Weg nach Lianna und vermutlich mittlerweile schon längst dort angekommen. Stattdessen... stattdessen hatte sie sich so viele Dinge nicht eingestehen wollen.
Ich weiß auch nicht, wie Ihr darauf kommt, ich hielte Euch für ein naives Kind... Im Gegenteil. Er war vermutlich gerade vernünftiger und erwachsener als sie selbst. Aber manchmal verstehe auch ich Euch nicht! Und wenn Ihr das blöde Schiff nicht alleine heben wollt, dann tut es doch einfach nicht! Ihr könnt keine Gedanken lesen? Schön, ich auch nicht. Ich weiß nicht, was in Euch vorgeht, weshalb Ihr tut, was Ihr tut, ich kann nur vermuten. Und manche meiner Vermutungen... taten weh. So einfach war es doch.
Manchmal denke ich, ich habe Euch verstanden, und dann... dann tut Ihr wieder so was. Ich weiß genauso wenig, was ich von Euch erwarten kann. Ihr tragt Dinge mit Euch herum, die ich nicht weiß, oder die ich nicht verstehe. Ich weiß nicht, was ich tun oder sagen kann, um Euch dabei zu helfen.
Ian, verdammt, ich weiß nicht, was ich hier überhaupt tue.
Sie redete und redete jetzt, der Knoten war geplatzt. Es ist so sinnlos. Und so falsch. Ich hätte Euch in Ruhe lassen sollen. Von Anfang an, es war nicht mein Recht, Euch in meine Welt hineinzuziehen. Ihr passt nicht in meine, genauso wenig, wie ich in die Eure. Es funktioniert so einfach nicht! Sie brach ab, warf ihren Blick in den Blätterhimmel. Nun ja. Wenn sie schon redete, dann konnte sie auch weitermachen. Ich will nichts von Euch, sprach sie wieder etwas ruhiger weiter. Was Ihr in meinen Augen falsch macht ist in den Euren vermutlich richtig. Warum solltet Ihr es ändern? Meine Meinung ist nicht richtiger als die Eure... Vermutlich im Gegenteil. Er war von Beginn an ehrlich gewesen. Sie hatte gewusst, worauf sie sich einließ. Er nicht. Er tat, von was er dachte, dass es richtig war. Sie tat... irgendetwas. Sie fühlte irgendetwas. Sie vertraute sich doch selbst nicht, hatte sie das nicht schon auf Nar Shaddaa festgestellt? Wie konnte sie erwarten, dass es irgendjemand anderes tat, erst Recht er? Es wäre nur... Sie wandte ihren Blick zur Seite auf das Feuer. Sie wollte ihm dabei nicht in die Augen sehen und sehen, was auch immer dort auftauchen würde. Zu sehen, dass man mir nicht vertraut, und zu erkennen, dass es richtig ist... Es... wirft mich noch mehr aus der Bahn. Er brauchte nicht wissen, wie sehr die Erkenntnis sie verletzt hatte. Es reichte schon, wenn sie ihm damit hoffentlich erklärte, weshalb sie mit ihm gerade nicht klarkam. Nicht seine Schuld...

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn

Er war wütend auf sie und da war mindestens ein kleiner Teil von ihm, der sie viel lieber angeschrien und von ihr verlangt hätte, endlich zur Vernunft zu kommen. Ian war mehr, in mehr, als nur einem Sinne am falschen Platz und ständig ausloten zu müssen, wie er sich verhalten sollte war nichts, was ihm leicht fiel und noch weniger etwas, dass nicht anstrengend war. Ständig löste sie ein Chaos in seinem Inneren aus, das das längst bestehende Chaos in ihm nur verstärkte. Er musste nicht nur mit seinen eigenen Gefühlen umgehen, mit seiner eigenen, unerträglichen Last der Schuld, sondern auch mit Eowyns Gefühlen, die Ian nicht begriff. Wie sollte er auch, wenn sie sich nicht erklärte?

Zu seinem Erstaunen schweig sie, was vermutlich allein daran lag, dass sie sich schon jetzt die richtigen Worte zurecht legte, die sie ihm an den Kopf schmettern konnte. Aber gut, wenn ihr das half, dann sollte sie genau das tun. Dann aber fuhr sie leise fort und Ian musste sich anstrengen, um Eowyns geflüsterten Worte zu verstehen. Nichts war hier richtig? Nicht, dass sie beide hier waren. Zwecks dieser Erkenntnis blieb dem Dunkelhaarigen gar nichts anders übrig, als zu seufzen. Tatsächlich? Doc nur weil etwas nicht richtig war, musste es nicht zwangsläufig falsch sein, auch wenn das in dieser Situation wahrscheinlich gänzlich anders war. Ihr Ton wurde schärfer und Ian wappnete sich auf einen Gegenangriff. Aber Eowyn? Sie brach mitten im Satz ab und Ian warf erneut die Hände in die Luft
. „Aber Ihr W A S ? Er konnte ihren Satz nicht beenden, bei der Dichte des Nebels, der hier herrschte, es konnte es nicht. Und auch ihre nächsten Worte, die Eowyn erneut abbrach, schürten Ians eigene Wut. Es war nicht richtig, wütend zu sein. Oh, natürlich nicht, Gefühle gab es ja nicht, über diesen verlogenen Satz des Kodex hatten sie sich bereits schon unterhalten. Was war dieser Kodex mehr, als eine Bürde, die auf Eowyn lastete? Was erwartete sie eigentlich von sich selbst und was verlangte der Orden der Jedi? Das man gar nicht mehr empfinden durfte? Das man keine Schwäche mehr zeigen durfte? Das war völlig absurd und wenn etwas nicht richtig war, dann offensichtlich ihre Interpretation oder aber der ganze, verfluchte Kodex. Warum sollte der von den Jedi auch besser sein, als der von den Sith?!

Eowyn verwirrte ihn immer mehr. In der einen Sekunde aufbrausend, in der nächsten leise und so … verletzlich. Spätestens jetzt wurde Ian mehr als deutlich, dass er nicht der einzige war, der einen inneren Kampf mit sich selbst ausfocht, nein, Eowyn tat es auch und als sie endlich weiter sprach und neben der Wut ihre Emotionen erwähnte, versuchte Ian seine Wut in den hintersten Winkel seines Herzens zu schieben. ‚Das bin nicht ich‘, hatte sie gesagt und dieses Eingeständnis erklärte vieles, zumindest für ihn, was Ian fast ein wenig beruhigte. Bis zu dem Zeitpunkt, als Eowyn erneut das Wort erhob.


„Ich wollte das Schiff nicht alleine bergen“, seufzte er, „Ich dachte, Ihr braucht jetzt einen Moment für Euch und es wäre besser, irgendetwas zu tun, als nichts.“ War das denn so schwer zu verstehen?
Eowyns Redeschwall aber war noch nicht abgeebbt und obwohl Ian versuchte ruhig zu bleiben, mit Verständnis zu reagieren, spürte er, wie ihm das ganze entglitt. Ihr Problem ärgerte ihn, viel mehr ärgerte ihn ihre Blindheit. Jedes einzelne Wort, das sie hervorbrachte schürte seine Wut und nun war er derjenige, der auf und ab gehen musste. Nein, sie machte ihn nicht allein wütend, was sie sagte war einfach nicht richtig und das trug nicht zu seiner Beruhigung bei. Ians eigene Wut war sinnlos, irgendwo wusste er das auch, aber bei der Macht, er war kein Jedi.

„Ihr seid so… blind, “ kam es dann, nicht laut, aber voller Überzeugung.
„Ihr wollt wissen, was in mir vorgeht? Gut, gut, ich erkläre es Euch.“ Dem Drang widerstehend, selbst ein Stück Holz zu nehmen und es gegen einen Baum zu werfen, blieb Ian schließlich stehen.

„Bevor ich auf Euch getroffen bin“, und das war mindestens ein Grund, weshalb es ihn so unendlich wütend machte, wenn sie in dieser Beziehung von einem Fehler sprach, „wollte ich nur vergessen. Ich war innerlich wie tot, wegen dem, was ich getan hatte, wegen allem, was geschehen war. Noch bevor ich auf Euch getroffen war, traf ich meinen ersten Schüler und den bis jetzt vielleicht einzigen Menschen aus meiner Vergangenheit, der mich betrogen, der mein Vertrauen nicht missbraucht hat. Er versuchte auf mich einzureden, aber keines seine Worte war in der Lage, mich zu erreichen.“
Das Gesicht in tiefe Falten gelegt, sah er Eowyn an. Sie hatte es herausgefordert.
„Und dann traf ich auf Euch“, was fast klang, als wäre es das Schlimmste, was ihm hätte geschehen können. „Ihr wart die ERSTE, der es gelungen ist, mich überhaupt erst dazu zu bringen, nachzudenken. Ihr wart die ERSTE, die mich dazu brachte, von meinem eigentlichen Plan abzubringen, bei der Macht, Ihr wart die ERSTE, der es gelungen ist mich wieder… zu spüren.“

Sah sie das denn nicht? War sie denn so jammervoll selbstbemitleidend, wie er es vielleicht auch war? Er mit seiner Schuld, sie mit ihrer Versagensangst?Wenn ich nicht auf Euch getroffen wäre, hätte ich niemals den Entschluss gefasst, zu den Jedi zu gehen um ihnen die Wahrheit zu sagen. Wenn ich nicht auf Euch getroffen wäre, hätte ich schon längst die Droge genommen, die mich erst nach Nar Saddaa geführt hat, denn Vergessen ist viel einfacher. Eowyn, ihr wart die erste, der es gelungen ist, mich nach Jahren der Hoffnungslosigkeit so etwas wie einen Hoffnungsschimmer spüren zu lassen und jetzt, jetzt tut Ihr so, als ob das ein Fehler gewesen wäre?!“ Ian seufzte, denn unter die Wut hatte sich etwas anderes gemischt. Müdigkeit. Er war es leid. Leid, sich erklären zu müssen, Leid nicht verstanden zu werden. Er war es so leid, ständig das falsche zu tun, oder zu sagen. „Ich habe mir nicht einmal selbst vertraut, wie hätte ich Euch also von Beginn an vertrauen sollen? Wie, wenn ich bisher ständig nur auf Verrat gestoßen bin? Wie, wo der letzte Mensch, für den er etwa empfunden hatte, ihn auf jede erdenkliche Art betrogen hatte? Konnte sie ihre eigenes Gefühl der Unzulänglichkeit nicht einen Moment bei Seite schieben?

„Ihr wisst nicht, wie es ist, mit jemandem zusammen zu sein, der das Gegenteil von Euch darstellt und der vielleicht genau das ist, was Ihr bisher Euer ganzes Leben versucht habt zu sein. Ein guter Mensch, jemand der den richtigen Weg einschlägt, jemand der nichts Schlechtes über andere bringt.“ Ob sie wusste, dass sie ihn beständig daran erinnerte? Gut und schlecht. Jedi und Sith. Schwarz und Weiß?
„Ich“, und er rang nach den richtigen Worten, gab diesen versuch aber letztendlich auf. „Ich hatte Angst. Obwohl ich vergessen wollte, hatte ich Angst um mein wundervolles Leben, das nicht einmal diesen Ausdruck verdient. Ich hatte Angst die Wahrheit auszusprechen, weil ich weiß, dass der Tag, an dem Allegious von meinem Verrat erfährt, der Tag ist, an dem ich sterben werde. Oh ja, ich hatte Angst, weil ich feige bin. Ich hatte Angst, dass wir gefangen werden könnten und bei der Macht, ich hatte nicht allein Angst um mich. Nennt es Edelmut oder wertet es anders ab, wie auch immer Ihr wollt, aber ich weiß, wozu Sith in der Lage sind und ich weiß, wie es ist, wenn man sich den Tod herbeisehnt, weil das, was man erleiden muss, schlimmer als jener ist. Und ich HABE immer noch Angst.“ Erneut seufzte er und wusste selbst nicht wohin mit seinen Gefühlen.

„Euer Fehler ist nicht, dass ihr wütend und emotional seid. Euer Fehler ist, dass Ihr euch nicht eingesteht, dass alle Gefühle –in die richtige Bahn gelenkt- ihre Daseinsberechtigung haben.“ Womit er hoffentlich deutlich machte, dass es nicht darum ging, sich niederen Gefühlen hinzugeben. Es ging um Akzeptanz, nicht mehr, aber auch nicht weniger.Und vor allem ist Euer Fehler, dass Ihr Wunder von Euch erwartet und dabei nicht einmal erkennt…“ und nun schüttelte er langsam den Kopf, wurde seinerseits leise, „das ihr vielleicht schon kleine bewirkt habt.“
Sie hatte ihn zum Nachdenken gebracht. Eowyn hatte dafür gesorgt, dass er sein Schweigen gebrochen hatte. Ihren verfluchten Sand hatte er aufgehoben, das Herz seines Lichtschwerts zerstört. Sie hatte dafür gesorgt, dass da ein winziger Hoffnungsschimmer aufgekeimt war, hatte ihn wieder –irgendetwas außer Wut und Verzweiflung- spüren lassen und für all das war sie blind? Jetzt war es Trauer oder vielleicht die eigene Verletztheit, die den Dunkelhaarigen den Kopf schütteln ließ. Begriff sie denn nicht, dass es viel einfacher für ihn gewesen wäre, zu vergessen? Sich mit all dem nicht zu beschäftigen, sich nicht damit auseinanderzusetzen?

Dann kramte er in seiner Hosentasche, kramte den kleinen Behälter hervor.

Aber vielleicht habt Ihr recht und es ist alles sinnlos und falsch.“ Und dann hob er, in einer kleinen, ausholenden Bewegung, den Arm und warf die kleine Phiole neben das Feuer. Nicht einmal ein Feuer traf er. Wütend verzog er das Gesicht. Wunderbar.

Dann wandte sich Ian ab und lief, den Kopf schüttelnd, nach irgendetwas auf den Boden tretend, in die Richtung, in der das verfluchte Schiff schon längst im Schlamm versunken war. Eowyn hatte den Namen so treffend gewählt…



Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
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Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Eowyn zuckte zusammen, als Ian auf ihren Halbsatz so heftig reagierte. Sie schaffte es offensichtlich gerade, mit ihren Worten, die erklären sollten, die auf lange Sicht vielleicht sogar Verständnis zwischen ihnen beiden bringen sollten, Ian nur noch mehr aufzuregen. Das machte sie ja wieder einmal ganz großartig. Wieso schaffte sie es nicht, sich verständlicher auszudrücken - oder das zu sagen, das sie beide zumindest nicht noch mehr auf die Palme brachte.
Wie er schon so schön gesagt hatte - er konnte keine Gedanken lesen. Sie aber auch nicht! Es gab zig Gründe, weshalb er so unvorsichtig sein konnte, das Schiff alleine zu bergen, und sie hatte es nun einmal falsch interpretiert. Konnte sie ahnen, dass er so feinfühlig war, ihr Zeit zu geben? Ja, vielleicht. Aber genauso gut hätte es auch anders sein können. Er
hatte schließlich bisher in ihrer gemeinsamen Zeit versucht, das meiste alleine zu erledigen. War es ihre Schuld, dass sie nicht erkannte, dass er aus dem Muster ausbrach? Da seht Ihr es doch! Eine Aussage, unterschiedliche Auffassungen. Wir verstehen einander einfach nicht!

Sie hatte es nicht nur geschafft, Ian aufzuregen, nein, er wurde richtig wütend. Gratulation. Hatte sie ihn überhaupt schon so unbeherrscht gesehen? So unbeherrscht, dass er, wie sie vorhin, nicht mehr stillstehen konnte? Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, um mehr Abstand zwischen sie zu bringen.
Blind. Vermutlich war das richtig. Sie sah doch schon seit Wochen nicht mehr klar, nirgendwo. Weshalb sollte es bei ihm anders sein? Weshalb sollte sie
ihn verstehen, wenn sie sich selbst nicht verstand? Es war nur logisch. Blind. Er lag richtiger, als er vielleicht selber dachte.
Eowyn brachte keinen Ton heraus, während alles aus ihm herausplatzte. Sie starrte ihn an, während er Offensichtliches von sich gab
, das sie vielleicht wirklich hätte sehen müssen. Aber hätte sie alles sehen können? Nein. Woher sollte sie von seiner Vergangenheit wissen? Woher sollte sie wissen, was er spürte - oder nicht spürte? Woher sollte sie wissen, dass er vor ihrer Begegnung nicht nachgedacht hatte? Ja, vielleicht hätte sie es sehen können, in der Kombination, in seinem Verhalten in den letzten Tagen. Aber es hätte auch genauso gut sein können, dass er ohnehin darüber nachgedacht hätte, nachgedacht hatte... Sie konnte keine Gedanken lesen, verflixt noch eins!

Sie zitterte, vor Kälte, vor Emotionen, vor falschem Verstanden-werden und schlug die Arme um sich. Das Feuer war zu klein, um sie hier, wo sie stand, zu wärmen. Das hatte sie nicht gemeint... Sie hatte nicht aussagen wollen, dass es ein Fehler gewesen war, mit ihm zu reden... ja, doch, einerseits schon. Aber nicht so, wie er es aufgefasst hatte. Es war ein Fehler gewesen, es aus ihrem eigenen Eigennutz heraus zu tun. Das Ergebnis war vielleicht das Gleiche, für ihn. Aber nicht für sie. Auf Nar Shaddaa hatte er ihr vorgeworfen, dass sie ihm etwas beweisen wollte, und dieser Satz klang noch immer in ihren Ohren, war er doch so wahr gewesen. Es kam niemals auf die Taten an sich an, es ging um die Intention. Die gleiche Tat konnte, mit guter oder böser Absicht ausgeführt, für den Täter unterschiedliche Folgen haben. Es war keine böse Absicht gewesen, das nicht, nur... egoistisch. Egoistisch und damit schlichtweg falsch.
Aber er verstand es nicht. Oder sie konnte es nicht gut genug erklären... Vermutlich beides. Sie schüttelte den Kopf, flüsterte auf seine Aussage, es sei ein Fehler gewesen, nur ein
Nein, da er schon weitersprach.

Auch mit dem nächsten Satz verstand er nicht. Niemals hätte sie erwartet, dass er fünf Minuten nach ihrem Zusammentreffen vom Virus berichtete. Nein. Das wäre töricht von ihm gewesen. Einzig und allein die Tatsache, dass er auch auf Coruscant geschwiegen hatte, auch, nachdem er den Entschluss getroffen hatte, nach Lianna zu fliegen, dass er geschwiegen hatte, bis er überhaupt keine andere Wahl mehr hatte, weil die Sankorn am Versinken war und sein eigenes Gewissen zu schwer lastete. Nur diese Tatsache war es, die sie zum Nachdenken und letztendlich zum Bedauern und zu ihrer Enttäuschung führten. Jetzt war es an ihr, ihm vorzuwerfen, dass er blind war - wie konnte er das nicht sehen? Aber sie war schon vorher zu dem Schluss gekommen, dass man Vertrauen nicht erzwingen konnte. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, so zu sein, dass er ihr vertrauen konnte. Sie war es nicht gewesen. Es war nicht seine Schuld. Also schwieg sie weiterhin, ließ seine Wut und seine Vorwürfe über sich ergehen, während sie darum kämpfte, die Fassung zu wahren. Ihre Abschirmung war ohnehin seit ihrem Wutausbruch schon hinüber, wenigstens ein bisschen Würde wollte sie noch wahren.

Er sah sie als jemanden, der sie nicht war. Sie brachte nichts Schlechtes über andere? Vielleicht nicht direkt. Sie rannte nicht durch die Gegend und mordete, das war wahr.
Aber auch ihre Motive waren nicht immer rein, wie man an ihrem Eigennutz, ihm zu helfen, sehen konnte. Es war sicher nicht zu vergleichen mit einem Virus, der Tausende, Millionen umbringen konnte, aber für sie selbst machte es einen Unterschied. Und für ihn würde es das auch, hätte er sie verstanden. Aber das konnte er nicht. Denn, und hier schloss sich der Kreis, er sah sie als jemanden, der sie nicht war. Das ertrug sie nicht. Er nutzte so oft Worte, die unwahrer nicht sein konnten... Die Gerechte. Die Retterin. Er sah in ihr jemanden, der alles richtig machte, dabei musste er doch sehen, gerade bei ihr, dass ihre Taten oft so falsch waren wie nur möglich, dass sie falsche Dinge sagte und dachte. Es war paradox. Ihre Taten waren nicht besser, nicht richtiger als seine.
Und so konnte die nur leicht den Kopf schütteln, obwohl sie am liebsten wieder geschrien hätte. Sie würden nicht von hier wegkommen. Nein, sie hatten nur zusammengearbeitet, weil ihr Leben direkt auf dem Spiel stand. Es war aussichtslos.


Selbstverständlich hatte er Angst. Glaubte er, sie hatte vergessen, wegen wem sie eigentlich hier waren? Glaubte er, sie sah nicht, was er da tat? Glaubte er, für sie war das alles selbstverständlich? Weshalb dachte er eigentlich, war sie noch bei ihm? SAH er es denn nicht? Sah er nicht, dass sie verzweifelt versuchte, daran festzuhalten, dass er auf dem richtigen Weg war? Nein. Er brauchte nicht von Blindheit reden. Er konnte ja selber nichts sehen!
Der Moment, in dem sie hätte sprechen sollen, sich erklären sollen, war längst verstrichen. Er sagte so viele Dinge, die sie verletzten, ohne, dass er es merkte. Und er sagte Dinge, die sie schon längst wusste... Die SIE ihm sogar irgendwie erklärt hatte. Selbstverständlich hatten ihre Gefühle eine Daseinsberechtigung, aber, verdammt noch mal, SAH er denn nicht, dass gerade das das Problem war - dass sie sie eben NICHT in die richtigen Bahnen lenken konnte, dass ihre bescheuerten Gefühle taten, was sie wollten, dass sie selbst nicht mehr die Kontrolle über ihr Handeln hatte? Sie war nicht einmal in der Lage, ihm zu widersprechen, das war doch das eindeutigste Zeichen! Sie stand da, wollte ihm genau das sagen, öffnete den Mund
- und es kam nichts heraus. Die Worte waren verschwunden, sie fand keine, die es erklären würden. Kein einziges.
Er. Begriff. Nicht.
Sie hatte versucht, es zu erklären, was sollte sie noch tun? Sie hatte es nur noch schlimmer gemacht. Gefangen zwischen dem Wunsch, aufzubegehren, ihm alles entgegenzuschmeißen, sich noch einmal zu erklären und der Realität, die es ihr verweigerte, konnte sie nur zusehen, wie er das kleine Gefäß, das sie schon auf Nar Shaddaa gesehen hatte, wegwarf. Den Sand. Den Hoffnungsschimmer, den sie gehofft hatte, in ihm auszulösen. Und jetzt hatte sie tatsächlich das Gefühl, er ließ sie allein, ganz gleich, was er vor wenigen Minuten noch gesagt hatte.


Verzweiflung machte sich in ihr breit. Sie konnte damit leben, wenn jemand sie nicht leiden konnte, wenn jemand sie verachtete. Es geschah andauernd. Sie konnte aber nicht damit leben, wenn sie jemanden enttäuschte. Wenn jemand sie nicht verstand, einfach, weil er es nicht konnte, oder einfach, weil sie nicht in der Lage war, sich zu erklären. Wenn etwas wegen ihrer Unfähigkeit zerbrach.
In einer Sekunde würde es so weit sein, wenn sie jetzt nichts sagte oder tat.
Sie musste etwas sagen.
Sie musste.
Jetzt.
Sofort.


Ian, bleibt hier... bitte! Sie versuchte erst gar nicht, ihre Verzweiflung aus dem Ruf ihrer brüchigen Stimme fernzuhalten. Sie hätte ohnehin keine Chance, lieber wollte sie versuchen, dieses Mal die richtigen Worte zu finden. Die ihren Weg wieder nicht fanden. Was sollte sie ihm sagen, was würde ihn nicht noch weiter von ihr wegtragen? Ihr... Ihr habt Recht, ich war blind, oder bin es noch, aber... Genau das hier meine ich! Genau das ist so falsch! Und Ihr seht mich falsch... Ein flaues Gefühl breitete sich in ihrem Magen aus. Nein nein nein, sie machte es wieder falsch. Machte ihm wieder Vorwürfe. Aber so meinte sie es nicht. So habe ich das alles nicht gemeint! Es war kein Fehler, mit Euch zu reden - der Fehler lag darin, es zu tun, weil es mir half, weil es mir helfen sollte...
Und ich werfe Euch nicht vor, mir nicht vertraut zu haben, auch das habe ich so nicht gemeint... Es ist schließlich keine Entscheidung, die man trifft, entweder man tut es, oder man tut es nicht. Und ihr habt es eben nicht getan, das war nicht Eure Schuld, es ist nur so, dass es nun mal...
Sie brach ab, holte endlich wieder Atem. Ehrlichkeit, Ehrlichkeit... Nichts zurückhalten. So sehr sie es auch wollte. Schmerzt. Verzweifelt redete sie weiter. Jetzt sprudelten die Worte wieder, kaum aufhaltbar, und sie hoffte, dass sie dieses Mal das Richtige sagte. Ich habe vielleicht nicht gesehen, was ich in Euch ausgelöst habe. Aber ich sehe, dass wir das klären sollten... Dass ich mich erklären sollte. Leise sprach sie weiter, und sie wusste nicht einmal, ob er sie noch hören konnte, wusste auch nicht, ob er sie überhaupt hören sollte. Ich bin einfach nicht die, für die Ihr mich haltet.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn

Das sei einander nicht verstanden, lag sicher nicht daran, dass sie einander nicht zuhörten, sondern das sie ständig Dinge in sein Gesagtes hinein interpretierte. Dabei wäre es denkbar einfach gewesen einfach zu fragen oder sich nicht in einer Behauptung zu verlieren. Aber es war sinnlos das zu erwähnen, denn sie begriff es nicht und Ian seinerseits war zu aufgebracht, um sich zu erklären. Bei den Sith klärte man nichts mit Worten, sondern mit Handlungen und wer nicht begriff, dem wurde mit subtileren Methoden begreiflich gemacht. Ja, eine Aussage, zwei Auffassungen aber wer von ihnen beiden Überinterpretierte? Sie! Wann immer Ian es gut meinte, wann immer er versucht hatte, es ihr irgendwie recht zu machen, hatte sie nichts weiter getan, als genau das Gegenteil zu interpretieren. Beim Versuch das Heilen zu erklären, beim Versuch, sie von der Mitreise abzuhalten. Was erwartete sie eigentlich von ihm? Nichts! Genau das hatte sie behauptet und anstatt ihm endlich dabei zu helfen, ihm endlich zu erklären, wie er mit ihr umgehen konnte, hatte Eowyn nichts weiter vorzubringen als das fadenscheinige Argument, dass das, was in ihren Augen richtig war, in den seinen wohl das Gegenteil gewesen wäre. Zusammen mit ihrem Beharren darauf, dass keiner in die Welt des anderen passte. Welch hilfreiche Feststellung! Er passte in die Welt von niemandem und sie musste ihn nicht daran erinnern. Sie war diejenige, die am Ende in den Schoß der Jedi zurückkehren konnte, wohingegen er keine Option mehr hatte. Die Sith würden ihn töten und die Jedi? Ach, es spielte überhaupt keine Rolle!

Ihr innerer Aufruhr war spürbar und für einen Moment war Ian versucht seine mentalen Mauern einfach wieder aufzurichten, damit sie sein eigenes Chaos nicht auch noch spüren musste. Genau hierin lag doch aber wieder ein Problem: Warum bei den Vulkanen Mustafars versuchte er ständig etwas zu tun, was ihr helfen konnte? Und warum erreichte er damit jedes Mal genau das Gegenteil. Es machte ihn wahnsinnig, ja, es machte ihn wahnsinnig und wütend.
Da machte sie selbst einen Schritt von ihm weg und hätte Ian das getan, sie hätte es als Zurückweisung gesehen, da war er sich sicher und so schüttelte der Mann nur wieder den Kopf. Allerdings brachte diese Geste das vorherrschende Chaos nicht dazu, wieder in geordnete Bahnen zu gelangen. Ian hätte sich gewünscht, seine Wut fokussieren zu können, aber er wusste nicht wie. Was verstand Eowyn schon von den Sith? Nichts! Für sie mochte es ein moralisches Dilemma sein, mit negativen Gefühlen in Kontakt zu kommen. Für sie mochte es beschämend sein, einen lächerlichen Holzscheit durch die Gegend zu werfen. Aber für ihn war es im Gegenzug viel schwerer, genau das nicht zu tun. Lasse deiner Wut freien Lauf. Das hätte man ihr im Orden der Sith geraten. Das war es, gegen das er beständig kämpfen musste. Gegen Gefühle, die ihn in Ketten legten.

Aber sie begriff nichts und dieses Mal musste er sich um seinetwillen von ihr entfernen. Ja, sie begriff nicht und er begriff nicht und zwei die nicht begriffen, waren mindestens einer zu viel. Zu viel waren auch die aufgekommenen Emotionen, zu viel war, sie alle zuzulassen und verflucht, zu viel war diese verdammte Gratwanderung. Er war nicht dafür geschaffen, solche Gespräche zu führen, leidige Diskussionen, denn das funktionierte einfach nicht. Da waren mehr Gefühle als Worte und da waren zu wenige Worte um zu beschreiben. Worte waren nur eine Ansammlung von Buchstaben, die in die richtige Reihenfolge gebracht werden mussten, aber was sagten sie aus? Nichts. Weil es für vieles keine Worte gab genau wie jetzt. Vielleicht war es noch denkbar einfach Aussagen zu treffen, aber spätestens bis zur Übermittlung dieser zu einer anderen Person konnte doch nur alles schief gehen.

Ian wollte rennen, denn da war nur noch der Wunsch sich von Eowyn zu entfernen, zumindest für einen Moment. Um sich zu beruhigen, um sein Chaos zu ordnen. Eben das, was er für sie eben gewollt hatte, wollte er nun für sich. Da aber hörte er ihre Stimme. Das Flehen und Bitten waren unüberhörbar. Ian atmete tief durch, es wäre so denkbar einfach gewesen, sie jetzt zu ignorieren und einfach weiter zu gehen und tatsächlich hätte es auch einem nicht geringen Wunsch von ihm entsprochen. Aber er blieb stehen, drehte sich abermals zu ihr herum. So flehentlich sie aber auch klang, es war kein verständnisvoller Blick, mit dem er sie bedachte. Dann kam ihr Zugeständnis, dass nur dafür sorgte, dass Ian seine Brauen in die Höhe zog. Nicht er war derjenige, der ein Problem damit hatte, im Unrecht zu liegen. Es schmerzte sie, dass er ihr nicht von Anfang an getraut hatte? Fast hätte er sarkastisch aufgelacht, aber im letzten Augenblick konnte Ian genau das verhindern, als er, auch zum Selbstschutz, die Arme vor der Brust verschränkte. Waren sie hier nicht wieder am Anfang? Seinem stillen Vorwurf, dass sie sich allein deshalb mit ihm abgegeben hatte, um sich selbst etwas zu beweisen? Nämlich, dass sie in der Lage war jemanden der auf Abwege gekommen war, wieder zurück auf den rechten Pfad zu führen? Und war das größte Problem –für sie- nicht vielleicht genau die Tatsache gewesen, dass das nicht innerhalb einer Sekunde funktioniert hatte?
Der Gedanke mochte unfair sein, aber dann war er es, er war kein verfluchter Jedi!
Sie war einfach nie die, für die er sie hielt? Vielleicht hätte Ian anders gehandelt, hätte er die Situation überdacht. Vielleicht hätte er anders reagiert, hätte er einen kurzen Moment gehabt, um für sich alleine zu sein. Zu ordnen. Aber jetzt? Nein. Denn wieder interpretierte sie in etwas. Wieder legte sie ihm –wenn auch indirekt- etwas in den Mund oder in seine Gedanken. Wieder tat sie so, als wüsste sie ganz genau, was er dachte. Als wäre er ein naives Kind!

„Oh nein“, sagte er stattdessen mit mehr Härte in der Stimme als beabsichtigt. „Ihr seid nicht die, für dir Ihr Euch selbst gerne halten würdet.“



Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Eowyn wusste nicht, was sie erwartet hatte, als sie anfing zu sprechen. Sie hatte gesprochen, um wieder gut zu machen, was gesagt worden war. Um ihretwillen sowie um seinetwillen. Ihr Gefühl aber, das sie gehabt hatte, während sie redete, hatte sie nicht getrogen. Vielleicht hätte sie ihn doch gehen lassen sollen. Vielleicht hätten sie sich beruhigt... aber auch dazu war es zu spät. Schon wieder zu spät.
Der Blick, der sie traf, ließ sie frösteln. Sie hatte ihn nicht erreicht. Selbst mir ihren letzten verzweifelten Worten hatte sie sich nicht erklären können - oder aber, sie hatte sich klar genug erklärt, und es hatte ihm gereicht. War es wirklich erst heute morgen gewesen, dass sie noch gemeinsam Scherze über die Heilkräfte dieses Mondes gemacht hatten?
Er sagte nicht viel... aber das, was und vor allem wie er es sagte, traf sie wie einen unsichtbarer Faustschlag in den Magen, den sie nicht abwehren konnte. Instinktiv umklammerte sie sich wieder selbst, wurden dann blass und starrte Ian aus große Augen an.


Nicht die, für die sie sich selbst gerne halten würde.

Sein Tonfall... er meinte es völlig ernst. Sie hatte ihn die ganze Zeit missverstanden. Irgendwie. Was sah er in ihr? Und das Schlimmste - hatte er Recht? Inwiefern? Sie konnte seinen Blick nicht länger ertragen, wandte ihren Kopf zur Seite.
Es genügte nicht. Sie spürte seinen Blick noch immer auf ihr ruhen, mit all seiner stählernen Kraft. Spürte seine Wut.
Langsam drehte sie sich um und verließ das wärmende Feuer, das sie bisher kaum gespürt hatte, in Richtung Dschungel, ging erst langsam, und rannte dann immer schneller.
Jetzt musste sie alleine sein, und es war ihr egal, wo. Ganz sicher aber nicht bei ihrem Unterschlupf am Feuer, selbst, wenn er selbst nicht mehr da wäre - das Fläschchen mit dem Sand lag noch immer trohnend daneben. Beweis ihres Versagens.

Irgendwann, als sie genug Abstand zwischen sich und den Unterschlupf gebracht hatte, blieb sie langsam keuchend stehen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war, und es war ihr auch egal. Schließlich wusste sie noch nicht einmal, wo in der Galaxis sie sich befand, was kümmerte es sie dann, wo auf diesem verdammten Mond sie war? Abgesehen davon, dass sie hier sowieso nicht wegkommen würde. Es spielte alles keine Rolle. Weshalb spielte es dann eine Rolle, was Ian von ihr hielt, oder ob er womöglich Recht hatte?
Weil du noch nicht aufgegeben hast, von hier wegzukommen... Trotz allem.
Ja, sicher. Selbstverständlich hatte sie schon längst aufgegeben, vorhin. Das machte keinen Sinn. Aber auch das war ihr jetzt egal.
Erschöpft sank sie an einen dünnen Baum, der wohl kaum alt genug war, ihr Gewicht zu tragen, es aber offensichtlich gerade noch schaffte. Es störte sie auch nicht, dass sie ihre Kleidung wieder ziemlich durchnässte - der Weg durch das Dickicht war feucht gewesen, und der Boden hier war klatschnass. Was kümmerte sie das? Nichts, absolut gar nichts. Sie fror ohnehin unsäglich, das machte keinen Unterschied.


Nicht die, für die sie sich selbst gerne halten würde.

Die Worte klingelten in ihren Ohren, wiederholten sich, dröhnten durch ihren Kopf. Für wen würde sie sich gerne halten? Das war klar. Ihr Ziel war es schon immer gewesen, so viel zum Guten zu verändern, wie nur irgendwie möglich. Und das möglichst ohne Gewalt. Ein Ziel, das sie niemals würde vollenden können, mit einer Bedingung, die selten eingehalten werden konnte. Es war nicht falsch, diese Vorstellungen zu haben. Hielt sie sich für jemanden, der dies einhalten konnte? Nein. Definitiv nein. Und sie glaubte auch nicht, dass Ian das gemeint hatte. Es war deutlich, dass sie nicht so war, und sie dachte eigentlich auch, es sei deutlich, dass sie sich nicht für so perfekt hielt.
War es das?
Sie hielt sich nicht für so perfekt. Nein. Sie hielt sich nicht einmal mehr für fähig genug, ein normales Gespräch zu führen.

Oh, dieser Mistkerl! Mit einem Satz hatte er sie nun völlig verunsichert. Auf Nar Shaddaa hatte er sie gefragt, wer sie war. Er hatte ihr gesagt, sie war mehr als eine Jedi, aber das stimmte nicht. Sie war nur die leere Hülle der Großmeisterin El'mireth, die ihren Aufgaben nachging - mehr war da nicht, sonst hätte er sie nicht so getroffen. Und nun warf er ihr abermals Dinge über ihre Identität vor. Wer hatte ihm eigentlich dieses Recht dazu gegeben?
Als ob er perfekt wäre...
Es ging aber nicht um ihn. Er war nicht einmal hier, bei allen Planeten. Es ging einzig und allein um sie selbst. Nur um sie selbst. Um niemanden sonst.


Für wen hielt sie sich? Sie hielt sich für jemanden, der Dinge bewirken konnte. Bewirken musste. Sie hatte mit Hilfe der Macht Möglichkeiten, die vielen anderen verborgen blieben. Sie musste diese Möglichkeiten nutzen, sie durfte sie nicht vergeuden. Das Leben konnte so schnell vorbei sein... Das war es vielleicht, was er gemeint hatte. Auch schon vorher gesagt hatte. Sie erwartete Wunder. Vor allem von sich. Sie erwartete, dass sie einen Weg fand, der sie von hier fort führen würde. Denn alles andere war einfach keine Option. Aber wie konnte das falsch sein? Wie konnte es falsch sein, immer das Beste von sich zu verlangen?
Sie zog die Beine an sich, um das Zittern zumindest etwas in den Griff zu bekommen.
Ihre Jedi-Identität war alles, was sie hatte. Sie hatte immer alles dafür getan, eine gute Jedi zu sein, selbst, als sie festgestellt hatte, dass der Weg der Jedi nicht immer der Wahre war. Hatte sie es übertrieben? Nein, es konnte nicht falsch sein. Es war verdammt noch mal alles, was sie hatte! Sie konnte ihre Tränen nun nicht mehr zurückhalten. Was spielte es auch für eine Rolle? Sie war alleine hier, und selbst wenn nicht... wen interessierte es? Ian? Von wegen.

Vielleicht war es dennoch zu viel. Vielleicht hatte sie in den letzten Jahren begonnen, zu übertreiben. Sie hatte es vorhin schon gesagt... wann hatte sie zuletzt die Stille der Natur genossen? Wann ein Buch gelesen? Wann war sie zuletzt in der Kantine gesessen und hatte mit anderen gescherzt? Wann hatte sie im Orden Freundschaften gepflegt - hatte sie überhaupt noch Freunde dort?
Hielt sie sich für übermenschlich? Verlangte sie zu viel von sich und zerbrach langsam daran? Aber das konnte nicht der Grund für alles sein... Ihre Hoffnung, ihr Glaube an das Gute, der hatte damit nichts zu tun. Ihr Gefühl der fehlenden Zugehörigkeit... das vielleicht schon. Es war vielleicht ein Symptom.
Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht.


Wie sollte es nun weitergehen? Konnte sie Ian wieder unter die Augen treten? Würde er sie überhaupt beachten? Wie würde ihre Zusammenarbeit in Zukunft aussehen, würden sie sich einfach anschweigen, damit niemand mehr etwas falsches sagte? Und das die nächsten Tage, Wochen... Weiter wollte sie nicht denken.
Sie konnte ja noch nicht einmal an die nächsten Stunden denken. Bei der Erinnerung an den Blick, den er ihr zugeworfen hatte... Nein. Es mochte eigensinnig sein oder dumm, aber andererseits... sie war ohnehin völlig aufgelöst. Ihm jetzt unter die Augen zu treten würde alles nicht besser machen.


Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, allein
 
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Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn

Worte hatten ihre eigene seltsame Kraft. Es war schwer, die richtigen zu finden, oftmals nahezu unmöglich. Sie hatten hier auf Va’art den besten Beweis. Mit den falschen war es gänzlich anders, sie waren so einfach daher gesagt und obwohl sie nur Worte waren, besaßen sie Kraft. Nur Worte? Von wegen! Ian sah deutlich, dass er Eowyn getroffen hatte. Mehr noch, als er es sah, konnte der Mann spüren, dass er sie getroffen hatte. Zuerst wich Eowyn seinem Blick aus, dann drehte sie sich um, entfernte sich langsam, dann schneller, bis sie schlussendlich rannte. Was blieb war, wie so oft, ein fahler Nachgeschmack seiner Worte und etwas, das schon so oft über ihn gekommen war, dass er sich doch längst hätte daran gewöhnen müssen. Sein schlechtes Gewissen meldete sich zu Wort. Dabei hatte er doch nur die Wahrheit gesagt! Nur die verdammte Wahrheit! Sie… sie hatte auch nie ein Blatt vor den Mund genommen, warum also machte er sich jetzt Vorwürfe?
Sein überaus glorreiches Kommunikationstalent. Warum war er nicht einfach gegangen und hatte sich zwei, drei Minuten genommen? Wütend schloss der Dunkelhaarige die Augen, ballte seine Hände zu Fäusten und setzte seinen Weg zum Schiff fort. Keine Zeit für ein schlechtes Gewissen, er hatte nur die Wahrheit gesagt und sie hatte es provoziert! Geräuschvoll aus- und einatmend dauerte es gefühlt, nicht einmal eine halbe Sekunde, als er die Sandkorn sah, von der kaum noch etwas aus dem Sumpf heraus ragte. Er hatte doch nur die Wahrheit gesagt.

Wäre da nicht dieser fahle Nachgeschmack gewesen. Der, dass sie versucht hatte, sich zu erklären. Sie hatte sich geöffnet und er…

Oh nein, er würde sich sicher keine Vorwürfe machen, nicht für das, was er gesagt hatte! Für die Wahrheit musste er sich nicht entschuldigen und sie hatten wahrlich andere Sorgen als die, ein gekränktes Ego wieder zu streicheln. Dieses Schiff musste aus dem Sumpf und dafür brauchte Ian auch keine Eowyn! Nein, er brauchte sie überhaupt nicht, sie, die sie ohnehin nur wieder und wieder Chaos in ihm auslöste. Sich auf das Schiff konzentrierend, wollte Ian jenes aus dem Sumpf ziehen. Ob es seiner Rage zu Schulden war, seiner mangelnden Konzentration oder beidem, was folgen musste, folgte: Das Schiff bewegte sich ein paar Zentimeter um dann, als wolle es ihn verhöhnen, gänzlich im Sumpf zu verschwinden und da konnte Ian nicht länger an sich halten. Er griff den erstbesten Gegenstand und warf ihn, mit aller Kraft, mit der er aufwarten konnte, in den Sumpf.


„CRINK!“,


schrie er dem Sumpf entgegen, als er weiter dazu überging alles, was sich locker auf dem Boden befand weiter als Wurfgeschosse zu missbrauchen.


„CRINK“,


aber hier bewies sich wieder einmal das, was vorhin so klar geworden war. In jenen Situationen waren Worte nur Worte, ohne Bedeutung, Worte, die nichts auszudrücken vermochten. Ganz anders als die Worte, die er Eowyn an den Kopf geworfen hatte. Ja, er hatte die Wahrheit gesagt, aber in welchem verfluchten Moment und mit welchem verfluchten Tonfall? Sein verhalten war völlig unangebracht gewesen, denn Eowyn hatte doch nur versucht, sich zu öffnen und er?


„CRINK“,
schrie Ian ein Drittes Mal, aber auch jetzt half der Fluch ihm nicht, sich abzureagieren, so wenig wie es half, weiter Steine und Stöcke in den Sumpf zu werfen und da hockte er sich einfach auf den Boden, das Gesicht in den Händen vergabend.
„Warum?“ Eine Frage, die er tatsächlich laut aussprach, aber wer sollte ihm hier schon Gehör schenken? Der Sumpf vielleicht?
„Warum tust du mir das an?“ Sich wieder aufrappelnd, starrte der Dunkelhaarige in den Himmel.
„Ich habe versucht, alles richtig zu machen, ich habe versucht, anders zu sein, aber du hast mich einfach alleine gelassen! Warum hilfst du mir nicht? Siehst du denn nicht, dass ich das alles hier nicht kann? Es wird einfach nur schlimmer! EINFACH NUR SCHLIMMER!“ Diese Fragen waren so sinnlos, denn Tahiri würde ihm nicht antworten. Sie war eine halbe Ewigkeit tot und da konnte Ian so viele Fragen in den Himmel schreien, wie er auch nur wollte. Erneut sank er auf den Boden, vergrub abermals das Gesicht in den Händen. Wenn das alles die Wege der Macht waren, dann begriff er sie nicht, aber war er ehrlich zu sich selbst, hatte er nie begriffen. Ein Glaube an Schicksal hatte der Mann nie besessen, denn die Weigerung, sein Leben in die Hände von etwas zu geben, was wahllos entschied und unbeeinflussbar, war nie in Frage gekommen. Doch genauso wenig wollte er an due unergründlichen Wege der Macht glauben. Dinge geschahen nicht, weil sie unvorhersehbar oder vorhersehbar waren. Sie trugen sich zu, weil man sie selbst beeinflusste. Er hatte beeinflusst, dass Eowyn davon gerannt war und mit irgendwelchen unergründlichen Wegen hatte diese Tatsche reichlich wenig zu tun.



„Das hast du wunderbar hinbekommen“, zischte Ian zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. „Wunderbar.“ Allein seine Unbeherrschtheit war schuld an dieser Situation. Hätte er nicht einfach tief durchatmen und versuchen können zu verstehen? Ohne gleich wütend zu werden? Ohne ihr verbal ins Gesicht zu schlagen? Was, verflucht was hatte ihn so wütend gemacht? Die Tatsache, dass sie blind war, obwohl er ihr, in Bezug auf sich selbst, sicher in nichts nachstand? Die Tatsache, dass sie ein zu schlechtes Bild von sich selbst hatte? Die Ausrede, dass er kein Jedi war galt nicht. Ja, er war wütend auf Eowyn und wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann war er es noch jetzt. Sie zu verletzen hatte Ian aber fern gelegen und Eowyn wusste doch gar nicht, was er von ihr hielt. Nach seinen letzten Worten zu urteilen, oder besser der Art, wie er ihr jene entgegen geschmettert hatte, musste sie vom schlimmsten ausgehen. Dabei hielt er sicher weitaus mehr von ihr, als sie von sich selbst…
Und da war nicht nur Wut auf sie, sondern Wut, vor allem über sich selbst. Wut darüber, dass er sich nicht erklären konnte. Sicher war ein Teil dieser Wut nicht fair, aber wann waren Dinge jemals fair? Gab es etwas wie ein Überwut über alles und jeden? Dann hätte jene gut beschrieben, was Ian gerade fühlte.

Das Gefühl für die Zeit verloren, stand Ian auf, den Entschluss fassend, jetzt das richtige zu tun und zu retten, was auch immer noch zu retten war. Kurz fiel sein Blick auf den Sumpf, dann aber kehrte er zurück zu dem Platz, an dem er Eowyn zuletzt gesehen hatte, um nur einen Atemzug später festzustellen, dass sie nicht mehr dort war. Natürlich nicht. Sie war weggerannt. Bloß der kleine Behälter lag noch genau dort, wo er bis vorhin noch gelegen hatte und Ian hob ihn auf, um ihn zurück in seiner Hosentasche verschwinden zu lassen. Jetzt nach Eowyn zu rufen, war sicher nicht sinnvoll, denn er an ihrer Stelle, hätte sich wohl kaum geantwortet. Aber darauf warten, bis sie wieder auftauchte? Nein, das konnte er nicht. Dabei hatte er ihr vorhin noch Ruhe gönnen wollen. Aber vielleicht entzog sich all das seinen rationalen Argumenten.

Es dauerte nicht lange, bis er sie schlussendlich fand. Da saß sie, unweit entfernt, gegen einen dünnen Baum gelehnt und als Ian sie sah, kam der Drang in ihm auf, doch lieber wieder umzukehren. Die Kraft des schlechten Gewissens hatte ihn eingeholt und wurde jetzt, da er sie sah, nur schlimmer. Tatsächlich bewegte er sich zwei Schritte auf sie zu, um sich dann drei weitere von ihr zu entfernen. Seine Feigheit würde ihn nicht weiterbringen, aber ob es Worte taten? Die Antwort lag fast auf der Hand… Und doch kam Ian wieder langsam etwas näher und versuchte dabei das richtige Maß an Nähe und Distanz auszuloten. Ein wenig abseits von ihr, nicht zu weit und hoffentlich auch nicht zu nahe, ging er in die Hocke, um halbwegs auf gleicher Höhe mit ihr zu sein. Sie hatte geweint. Oder tat sie es noch immer? Zu offensichtlich wollte er sie nicht anstarren, aber Schweigen half hier auch nicht. Worte halfen nicht, schweigen half nicht… Was half überhaupt?

Eowyn“, unterbrach er die Stille und sein eigenes Schweigen, in dem Versuch seine Unsicherheit aus seiner Stimme zu bannen. „Ich… wollte Euch nicht verletzen. Es tut mir leid.“ Sollte er mehr sagen, oder doch lieber schweigen? Bleiben, oder lieber gehen? Die Antwort war wahrscheinlich auch im Sumpf versunken. Und dann fügte er leise hinzu, was er nicht für sich behalten wollte, ob es nun angebracht war, oder nicht. „Vielleicht seid Ihr nicht das, wofür ich Euch halte, aber vielleicht liegen wir auch beide falsch…“ Jetzt wieder dort anzuknüpfen schien so falsch, wie es nicht zu tun. „Ich bin selbst blind“, und ein Idiot, kam daher sein Eingeständnis, als er sich bereit machte, lieber wieder zu gehen.



Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, allein

Sie hatte die Augen geschlossen und atmete.
Sie war zu aufgewühlt, um jetzt an Dinge wie Meditation zu denken, aber die einfachen Atemübungen zur Beruhigung, die man schon den Padawan-Anwärtern beibrachten, die gingen. Sie halfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, das Hier und Jetzt, und nicht allzu viel nachzudenken. Eowyn hatte schon genug nachgedacht. Nachdenken brachte nur noch mehr Verwirrung, noch mehr Identitätsverlust - auch wenn das wohl beinahe gar nicht mehr ging. Dennoch, die Atemübungen gaben ihr Halt, und so konzentrierte sie sich darauf. Zu irgendetwas mussten sie schließlich von Nutzen sein, wenn man sie so früh lernte...
Außerdem war es ein Genuss, zum Atmen überhaupt in der Lage zu sein. Also saß sie, fror, und atmete. Immer weiter.
Nichts und niemand würde sie hier stören. Kein Kom, kein Notruf. Kein Padawan und auch kein Ian. Sie würde einfach nicht denken. Nicht denken. Auch nicht an Ian. Ganz besonders nicht an Ian, diesen... es gab kein Wort für ihn. Eigentlich war sie auch nicht wirklich wütend auf ihn, es war eher... tiefe Enttäuschung. Sehr tiefe Enttäuschung, und ein heftiges Gefühl der Verletztheit.
Sie hatte nicht an ihn denken wollen.
Atmen. An etwas anderes denken. Irgendetwas, was ihr in den Sinn kam. Der Bau eines Lichtschwerts... Energiezelle. Emittermatrix. Linse. Griff. Kristall. Zerstörter Kristall.

Verdammt.

Oh, und jetzt konnte sie sogar schon seine Stimme in ihrem Kopf hören. Wunderbar. Sie wurde ihn wohl gar nicht los, oder? Oder sie drehte jetzt völlig durch. Vermutlich beides. Sogesehen machte es gar nichts, dass sie hier auf diesem Mond den Rest ihres Lebens verbringen würde...
Sie seufzte und öffnete die Augen. Verblüfft sah sie, dass Ian nicht weit von ihr entfernt auf dem Boden hockte. Nein,
so durchgeknallt war sie noch nicht. Was tat er hier?
Es tat ihm Leid? Halluzinierte sie doch? Kam sie mit der Wahrheit nicht klar, dass sie sich ihre eigene alternative Version schuf?
Blödsinn. Sie drehte wohl eher durch, weil sie so bescheuerte Theorien hatte.


Aber wieso bei der Macht tat es ihm plötzlich Leid? Vorhin noch hatte alles so anders geklungen, so... überzeugt. Sicher. Hart. Und nun? Nun war es plötzlich anders? Vielleicht hatte er sie nicht verletzen wollen. Aber im Kern hatte er hinter dem gestanden, was er gesagt hatte.
Oder auch nicht, wie sein nächster Satz zeigte. Musste er sie nun so verwirren? Und das, wo sie gerade noch gedacht hatte, mehr Verwirrung war gar nicht mehr möglich. Irgendwie wurde in den letzten Tagen immer noch einer drauf gesetzt.
Es schien ihm
wirklich Leid zu tun. Er klang nun genauso ehrlich wie bei diesem letzten Satz, der alles in ihr in Bewegung gesetzt hatte. Weshalb war nur alles so kompliziert...

Er war drauf und dran, wieder zu verschwinden, wie der Geist, als der er sich schon die ganze Zeit in ihre Gedanken geschlichten hatte. Wenn sie ihn dieses Mal aufhielt würde es anders sein. Es musste anders sein, denn wenn nicht... Nein. Es würde anders sein.
Mir tut es auch Leid... flüsterte sie, in der Hoffnung, dass dies ausreichen würde, dass er blieb. Ich wollte das alles nicht... Sie fühlte sich so verletzlich, so offen. So, als könnte man sie nun mit einem kleinen Tritt zertrampeln. Sie war eigentlich noch nicht bereit dafür, sich wieder der Realität zu stellen, aber die Realität hatte offenbar beschlossen, dass es sein musste. Wer war sie, sich dagegen zu wehren?
Sie richtete sich ein wenig auf und musste schniefen. Oh wunderbar. Sie saß hier wie ein kleines Kind, das sich die Seele aus dem Leib heulte und sich von den großen Erwachsenen trösten lassen musste.
Aber war es nicht auch so? Sie war unsicher und matt, verheult und... klein. Am liebsten hätte sie sich verkrochen, noch kleiner gemacht, wäre verschwunden. Wünschte sich, dass jemand ihr sagte, wer oder was sie war, wer oder was sie sein durfte und konnte. Sie fühlte sich definitiv nicht wie eine Großmeisterin mit über 30 Jahren. Noch nicht einmal wie eine Padawan.
Aber musste sie das auch? War es nicht genau das, was sie nun eigentlich zulassen sollte - Verletzlichkeit, das Eingestehen von Schwächen?
Aber gleich so extrem? Ausgerechnet vor Ian, der sie vermutlich gleich wieder alleine lassen würde, um das blöde Schiff zu bergen, oder der es gleich komplett missverstehen würde?
Sie war es Leid. Sie konnte nicht mehr.

Was soll ich jetzt nur tun? Sie lehnte ihren Kopf an den Stamm, und schloss wieder die Augen. Und noch einmal die Bitte, die noch von gestern in ihrer Erinnerung schallte. Lasst mich nicht allein...

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn

Sie hatte nicht nur geweint, nein, Eowyn weinte noch immer. Und da wünschte Ian, er wäre Tahiri nur ein bisschen ähnlicher, denn sie hätte genau jetzt gewusst, das richtige zu tun, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken. Egal, was sie getan hätte, es wäre das richtige gewesen und es hätte geholfen. Aber er war einfach nur er selbst, sah wie Eowyn weinte, spürte, wie sie litt und fühlte sich selbst seltsam elend und hilflos. War es besser für sie, wenn er ging, wo er sie doch erst so weit gebracht hatte? Vor mehr als zehn Jahren, er hätte sicher eine Ahnung gehabt, wie er hätte reagieren können, aber jetzt? Dann entschuldigte Eowyn sich auch noch, dabei war sie doch sicher die letzte, die allerletzte, die irgendetwas getan hatte, wofür eine Entschuldigung angebracht war. Vielleicht tat ihr leid, dass sie sich jetzt so offenbarte, so anders als bisher. Denn jedes Fitzelchen an Kratzbürstigkeit, mit dem sie je hatte aufwarten können, war etwas anderem gewichen. Verletzlichkeit. Verzweiflung. Er hatte nicht gewollt, dass es so weit kommt, nein, das hatte er wirklich nicht. Natürlich, Ian war sehr wohl bewusst, dass man absichtlich verletzende Worte wählen konnte und es wäre einer Lüge gleich gekommen zu behaupten, er hätte nie den Wunsch verspürt, genau das einmal zu tun. Jetzt aber was es anders. Selbst wenn er gesagt hatte, woran er bis eben noch geglaubt hatte, das hier hatte er sicher nicht gewollt. Zumindest nicht so und er mochte gesagt haben, was er gesagt hatte, absichtlich wehtun wollen hatte er Eowyn nicht, auch wenn es verdammt danach geklungen hatte. Er hatte es nicht gewollt, sie hatte es nicht. Eine Einigung, die er viel lieber noch vor fünf Minuten – oder waren es fünfzig? - gespürt hätte.

Allein von seinem Gefühl, war da eine ganze Ladung Bantha-Dung an Unsicherheit, aber Ian versuchte, sie zu überwinden. Auch wenn da keine Gewissheit über das war, was er tun sollte, vielleicht half es, wenn…
Er musste aufhören zu denken. War nicht genau das sein Problem? Dass er zu viel nachdachte, wenn er nur auf sein Gefühl hören musste und zu stark auf eben jenes hörte, wenn er eigentlich hätte nachdenken sollen? Da stand er auf, nicht um sich weiter von Eowyn zu entfernen, sondern näher auf sie zu zugehen und als er direkt neben ihr angekommen war, sie nahezu berührte, ließ er sich neben Eowyn, auf den nässedurchdrungenen Boden sinken.
„Es tut mir leid“, wiederholte der Dunkelhaarige dabei ein weiteres Mal, leise flüsternd und jetzt, jetzt würde er seine Gedanken das sein lassen, was sie waren. Tahiri hätte auf Anhieb gewusst, das richtige zu tun, aber da waren auch Zeiten gewesen, in denen auch er nicht immer das Falsche getan, in der er intuitiv richtig gehandelt hatte. Situationen, in denen er nicht Stunden lang seine Gedanken exerziert, sondern allein seinem Impuls nachgegeben hatte. Genau das hatte sie ihm damals erklärt. ‚Nicht denken,‘ hatte sie gesagt und dabei gelächelt. ‚Du kennst die Antwort bereits. Nicht hier, aber dort‘ und dann hatte sie auf ihr Herz gezeigt. Aber Eowyn war nicht Tahiri und…

Hör auf zu Denken.

Sie wusste nicht, was sie tun sollte und wieder, ja wieder sagte sie das, was für ihn so wenig Sinn ergab. Dabei hatte sie es so klar formuliert. Lasst mich nicht allein.

Nein, er würde nicht denken. Intuitiv richtig handeln, er musste nur intuitiv richtig handeln.
Und da tat er das, was seine Intuition sagte. Ein wenig verhalten und längst nicht so sicher wie er es vielleicht hätte sein können, gab er den letzten, kleinen Abstand zwischen ihr und sich auf, berührte mit seiner Schulter quasi die ihre. Vorsichtig und behutsam, so weit er das beurteilen konnte. Tahiri hätte er einfach umarmt. Alisah hätte er einfach umarmt. Doch komplett konnte er seine Gedanken an das, was richtig und falsch war nicht ausschalten.
Das einzige, was ihm auf der Zunge lag zu sagen, ohne groß darüber nachzudenken, die einzige Antwort, auf die Frage, was sie jetzt tun sollte, schienen nur ein paar Worte zu sein
. „Vielleicht lasst Ihr es einfach zu… Längst nicht sicher, kamen diese Worte flüsternd von Ian, aber sie fühlten sich weniger falsch an, als jede andere Antwort. Und war es nicht manchmal besser, man weinte, bis die Tränen versiegten? War es nicht manchmal besser, man ließ zu, was gerade geschehen sollte, damit sich am Ende alles irgendwie von selbst wieder einrenkte?

Hör auf zu denken.

Und da schwieg er und saß einfach nur da, denn Eowyn hatte doch schon längst gesagt, was er tun sollte.


Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Er ging nicht, er blieb. Das war erst einmal das einzige, was zählte. Eowyn hatte das Gefühl, wenn sie nun alleine wäre, sich vollends zu verlieren. Auch wenn es wohl keinen großen Unterschied mehr machte, denn wer war sie schon?
Ian hatte seine Worte vielleicht anders gemeint, als sie es nun verstand, oder er hatte gar nichts gemeint. Was aber auch unwichtig war, denn sie war zu ihren eigenen Schlüssen gekommen, oder besser gesagt, zu ihren eigenen Verwirrungen.
Ihr Denken war verlangsamt, es drehte sich nur alles in ihrem Kopf. Wer war sie? Wer wollte sie sein? Wer konnte sie sein? Erschöpfung machte sich breit
, sie sehnte sich nach Wärme und hatte das Gefühl, sich nicht mehr warm und geborgen gefühlt zu haben seit... ja. seit dem Absturz und dem, was direkt danach geschehen war. So lange war es nicht her, es kam ihr aber vor wie eine halbe Ewigkeit. Und so sehr sie davor Angst hatte, so sehr sehnte sie sich jetzt doch gleichzeitig nach dieser Wärme.

Wie konnte es weitergehen? Ians Bewegung nahm sie durch den Schleier ihrer Tränen war, die sich langsam, aber konstant ihren Weg bahnten. Sie spürte mehr, als das sie sah, dass er sich in der Nähe von ihr hinsetzte, aber weiterhin schwieg. Keine Antwort auf ihre Frage. Keine Hilfe. Keinen Hinweis. Wieso trieb er sie in diese Situation, warf ihr Dinge vor, auf unerbittliche Art und Weise, und ließ sie dann damit sitzen? Es half, dass er da war, ja, aber sie brauchte Antworten. Wegweiser. Er hatte sie langsam zerlegt - erst auf Nar Shaddaa, und nun hier. Sie warf es ihm nicht vor... es war nicht seine Schuld, dass sie war, wer sie war, oder besser, nicht war. Aber es war seine Schuld, dass sie es ausgerechnet jetzt nicht mehr ausgehalten hatte. Warum konnte er ihr nicht auch heraushelfen? Er hatte sie körperlich nicht allein gelassen, ja... aber sie war trotzdem immer noch alleine mit dem Chaos in ihrem Kopf.
Ach was. Seine Schuld, ihre Schuld. Das war doch das, was sie überhaupt erst hier her gebracht hatte. Dennoch, dennoch hämmerte es durch ihren Kopf - was sollte sie nun tun? Sie konnte nicht so weitermachen wie bisher. Sie wusste aber auch nicht, was sie anders machen sollte. Sie wusste gar nichts mehr.


Sie fühlte, dass etwas ihre Schulter berührte. Nein, nicht etwas, jemand. Ian. Es fühlte sich seltsam an, seine Schulter an der ihren zu spüren. So nah, so unaufdringlich. Ihr Zittern vor Kälte war jetzt durch die Berührung besonders deutlich, aber sie nahm es kaum wahr, denn er sprach wieder, gab ihr vielleicht die Erlösende Hilfe...
Zulassen. Sie ließ es doch schon zu, stang! Sie ließ doch schon zu, dass alles den Bach hinunterfloß, dass ihr Selbst nicht mehr da war, sie hatte zugelassen, dass er ihr wehtat, sie hatte schon viel zu viel zugelassen! Das war also der glorreiche Tipp, der von ihm kam. Wie hilfreich. Aber was hatte sie erwartet? Dass er kam und ihre Probleme löste, nur weil sie selbst es nicht konnte? Es war immer ihre eigene Aufgabe gewesen, sich um Hilfe zu kümmern. Sie hatte meistens alles alleine geschafft. Sie hatte alles mit sich selbst abgesprochen. Sicher, sie brauchte diese Hilfe, dringender als je, aber es war nicht seine Aufgabe, auch wenn sie jetzt vielleicht zum ersten Mal seit sehr langer Zeit offen dafür war. Es war die ihre Aufgabe, nur die ihre, und wenn er ihr nicht helfen konnte, dann war es eben so.
Zulassen. Sie hatte zugelassen, dass seine Worte sie verletzten - weil seine Worte ihr etwas bedeuteten. Und weil sie zumindest nicht vollkommen falsch gewesen waren. Sie hatte zugelassen, dass sie sich auflöste. Sie hatte sogar zugelassen, dass Ian ihre Schwäche sah, und es hatte sie alles nirgendwo hingeführt.
Vielleicht war es trotzdem richtig. Vielleicht musste sie noch mehr zulassen. Sie dachte noch immer oder schon wieder wie die alte Eowyn.
Sie musste zulassen, dass in ihr Dinge steckten, die herauswollten. Tränen zulassen. Musste weiter Dinge akzeptieren, kommende und gehende. Musste zulassen, dass jemand anderes ihr half. Und vor allem musste sie loslassen. Alles loslassen. Erst dann konnte sie von Neuem beginnen.

Die Tränen, die langsamer geflossen waren, kamen nun wieder in Sturzbächen, und ihr Kopf, der so schwer und voll mit all ihren Gedanken war, fiel an Ians Schulter. Zulassen, dass jemand sie stützte. Ihre Hände schützten ihr Gesicht, wischten unablässig die Tränen fort, denen immer wieder neue folgten. Zulassen, dass alles herausbrach. In Gefühlen so wie in Worten.

Wer bin ich, Ian? Die Worte kamen leise, unsicher und erschöpft, als sie wieder halbwegs in der Lage dazu war. Und warum ist es nie genug? Warum... warum ist alles von mir fort, warum weiß ich nicht, was richtig ist und was falsch... Und dann noch die Sache, die ihr in den letzten Minuten wieder gekommen war. Vorhin hatte er sie fortgestoßen, wütend und kalt. Und nun saß er hier, sogar direkt neben ihr. Sie begriff es nicht. Vielleicht war es ganz logisch und alles einfach nur zu viel, aber nun spielte ohnehin nichts mehr eine Rolle. Und warum seid Ihr hier?

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn


Noch immer hing der Nebel dicht über dem durchnässten Boden. Va’art. Ein einsamer Mond, irgendwo kurz vor Lianna, abgeschnitten von jeglicher Zivilisation und doch saßen auf diesem Mond zwei Personen fest, die unterschiedlicher nicht sein konnten, dicht an dicht, Schulter an Schulter.
Dabei war sie völlig absurd, die Situation in die sie geraten waren, die Situation, in der sie sich befanden. Obwohl ihrer Unterschiedlichkeit, war da vielleicht eine grundlegende Sache, die sie beide verband und diese Sache machte alles noch viel absurder. Waren sie nicht beide Suchende, die sich selbst verloren hatten? Suchende, auf einem Mond, auf dem es nichts zu finden gab? Heimatlose. Und es schien, als würde jeder bei seiner eigenen Suche versagen, weil vielleicht beide etwas sein wollten, was sie nicht waren oder weil beide nicht erkannten, dass sie vielleicht mehr waren, als sie sein wollten. Eowyn glaubte, dass Ian etwas in ihr sah, dass sie nicht war, so wie er genau das gleiche im Umkehrschluss von ihr dachte. Sehr wahrscheinlich war auch, dass sie beide das falsche von sich selbst dachten und war es nicht diese Tatsache, die ständig dafür sorgte, dass sie einander missverstanden? Ob ihrer beider Urteil über sich selbst zu harsch ausfiel? Vielleicht. Aber all das spielte für den Moment nur eine untergeordnete Rolle.

Ian war nicht gegangen, zum einen, weil sie ihn darum gebeten hatte und zum anderen, weil es das erste Mal war, dass es sich nicht völlig falsch anfühlte, hier, neben ihr zu sitzen. Seltsam, ja, aber nicht falsch und er würde den Teufel tun, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen, wie er all das in wenigen Stunden sehen würde. Da war der seltsam verstörende Wunsch sie trösten zu wollen und die noch verstörendere Angst etwas Falsches zu tun, oder zu sagen. Aber er spürte ihr Zittern neben sich, viel mehr spürte er es in sich, da es von ihrer Schulter direkt zu ihm überging. Dabei hatte Ian das Gefühl, dass er sie erst so weit gebracht hatte, hier in sehr übertragenem Sinne so nackt und bloßgelegt da zu sitzen. Ohne mentale Mauer, ohne überhaupt irgendeinen Schutz. Es war so absurd. Da saß sie, Eowyn, eine Jedi, neben ihm, Ian, einem Sith. Da konnte es so viele Farben geben, wie es wollte, da konnte es genug Spielraum geben, zwischen gut und böse und zwischen richtig und falsch. Aber jetzt war alles völlig verdreht. Eine Jedi die nicht weiter wusste und einen Sith nach Rat fragte? Ein Sith, der ohnehin nicht mehr wusste, wo ihm der Kopf stand. Es war völlig absurd. Aber so absurd die Situation auch sein mochte, so sicher war Ian sich, dass er jetzt mehr als alles andere, darauf achten musste, nicht das falsche zu sagen. Und genau davor hatte er Angst. Worte konnten eine verheerende Wirkung haben, das wusste er. Er hatte einen Haufen Fehler begangen, da waren eine Menge Dinge, die er bereute aber jetzt wollte er das Richtige tun und das, obwohl da mehr, als nur die leise Vorahnung war, dass es so etwas wie das Richtige überhaupt nicht gab.

Ein unmerkliches Zucken ging durch Ians Körper, als er Eowyns Kopf an seiner Schulter spürte, doch er ließ es zu und mehr als das, versuchte er sich einzugestehen, dass es in Ordnung war. Es spielte keine Rolle, ob sie unterschiedlich waren. Jetzt durfte all das keine Rolle spielen. Es ging um Halt und Ian wünschte sich, ja er wünschte sich gerade jetzt, mehr als alles andere, dass er genau das geben konnte, ohne sich darin zu verlieren, dass er sicher der ungeeignetste Mensch im ganzen Universum dafür war. Und vielleicht, vielleicht war es ein gegenseitiges Stützen und Halt geben?
Zulassen. Genau das hatte er ihr eben geraten und damit beriet er auch sich selbst. Zulassen. All das. Zulassen.
Eowyn beruhigte sich ein wenig und dann brachen ihre Tränen erneut hervor, vielleicht ließ auch sie gerade zu? Dann kam die Frage, die schon vorhin zwischen ihnen geschwebt hatte, die Frage, die vielleicht die ganze Zeit zwischen ihnen schwebte. Wer war sie?
Dabei war er doch der falsche, der ihr eine Antwort geben konnte…
Ian musste seine Angst, das falsche zu antworten, zur Seite schieben. Es gab kein falsch und richtig.
Vielleicht war eine Antwort, über die er nicht lange nachdenken musste die, die am angebrachtesten war. Würde er jetzt zerstören?

Hör auf zu denken.


„Ich… glaube, Ihr seid jemand, der sich zu hohe Ziele setzt und dabei übersieht, dass er auf dem Weg dahin, schon lauter kleine Ziele erreicht hat. Ich… glaube, ihr seid jemand, der... auf der Suche nach dem richtigen Weg ist und ich glaube, auch, dass ihr... noch nicht erkannt habt, dass ihr es schon seid und ihn nur weiter gehen müsst.“ Es klang so lächerlich… so lächerlich in seinen eigenen Ohren.
„Aber ich weiß,“ und ob diese Worte lächerlich sein mochten oder nicht, war völlig egal, denn bedeutungslos waren sie nicht, „dass Ihr mehr als das seid, was Ihr vielleicht glaubt und ich bin absolut sicher, das ich nicht irre.“ Sie war… kratzbürstig. Ja, sie war kratzbürstig, sie war... zickig und sie war sehr ungeduldig, aber sie war mehr als das. Sie war auf ihre eigene Art liebenswürdig und vor allem, war sie … besonders. Sie war gut… Aber sie war blind. "Ja," meinte er dann und lächelte dabei sogar. "Ihr seid fürcherlich kratzbüstig", was er nicht wie einen Witz, sondern wie eine Tatsache klingen ließ, "aber" und der Ernst kehrte auch in sein Gesicht zurück, "Ihr seid wertvoll." Für diese Worte mochte sie ihn hassen, oder was auch immer. Niemals würde sie ihn von etwas anderem überzeugen.

Warum war es nie genug? Warum reichte es nie aus? Seine Stimme war nur ein Flüstern
. „Weil wir viel schlechter beurteilen können, als andere. Weil wir Wunder von uns erwarten.“ Einfach, weil so vielen vielleicht das gleiche anheimgefallen war: Sie setzten sich große Ziele und wollten alles retten, dabei ging es um die kleinen Dinge im Leben…

Warum war er hier? Ians Stimme war seltsam belegt, weit weg, als er Eowyn antwortete:
Weil ich nichts mehr will, als das ihr Recht habt. Ich will, dass es nicht zu spät ist und ich will, dass es zweite Chance gibt.“ Kurz brach er ab, seufzte und schloss dann die Augen. Sie war ehrlich gewesen und er? Würde es auch sein.Ich möchte wieder glauben und ich möchte wieder Hoffen und auch wenn ich mich irre… auch wenn all das nicht möglich ist, ich bin hier, weil Ihr mir gezeigt habt, dass… ich noch hoffen… darf.“ Er war hier, um wieder zu gut zu machen. Etwas richtig zumachen. Nur ein einziges Mal wollte er etwas richtig machen. Nur ein einziges Mal.


Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian

Zu hohe Ziele. Sie hatte also richtig gelegen, als sie diese Richtung vermutet hatte. Und Eowyn war sich noch immer nicht sicher, was sie davon halten sollte. Wenn man diese hohen Ziele nicht hatte... wie konnte man dann Großes schaffen? Wenn man nur bis zu seiner eigenen Nasenspitze schaute, wie konnte man dann Nützliches tun?
Vielleicht lag die Antwort wie immer in der Mitte. Hohe Ziele, aber die kleinen nicht aus den Augen zu verlieren. Vermutlich war ihr das nicht gelungen, oder, besser gesagt - es hatte ihr nicht genügt. Aber sie konnte nicht erwarten, die Galaxis zu verändern. Sie konnte nicht in den Senat spazieren und den Damen und Herren dort sagen, was sie zu tun hatten - einmal, weil Politiker sie endlos langweilten und zum zweiten, weil sie dann nichts anderes wäre als das, was sie zu bekämpfen suchte. Sie musste lernen, dass das Kleine kostbar sein konnte. Sie musste eben akzeptieren, dass auf ein gerettetes Leben unter Umständen zwei verlorene kamen. Nicht immer, aber es geschah. Sie konnte es nicht akzeptieren, sie hatte es noch nie gekonnt... Eines der Dinge, die sie würde ändern müssen.

Sie war mehr als das... aber was? Was steckte in ihr? Ian konnte es ihr nicht sagen. Ian kannte sie seit... wie vielen Tagen? Sie wusste es nicht, aber allzu viele konnten es nicht sein. Nicht genug um sie zu kennen. Sie selbst kannte sich ja nicht.
Langsam begann ihr Geist sich wieder ein bisschen aufzuklären. Sie musste sich beruhigen, wieder einen klareren Kopf bekommen.
Musste sie wirklich? War es nicht auch einer dieser Punkte - ihre Emotionen zuzulassen, sie zu betrachten, sie zu beobachten, um sie dann einordnen und akzeptieren zu können? Vielleicht sollte sie sich gerade nicht beruhigen. Zulassen. Einfach geschehen lassen, den Kopf ausschalten. Ihre Gefühlte nicht ausschließen oder als notwendiges Übel erkennen, sondern sie genießen. Sich daran erfreuen.
Gut. Erfreuen war momentan vielleicht noch zu viel verlangt.
Es verwirrte sie allerdings, das gerade diese Worte von Ian kamen. Sie wiedersprachen dem völlig, was er vorhin zu ihr gesagt hatte. Und da es genau diese Worte gewesen waren, die sie in diesen Abgrund gestürzt hatten konnte sie es nicht darauf beruhen lassen. Sie musste es verstehen.
Wie könnt Ihr glauben, dass ich mehr bin als ich glaube... und gleichzeitig... Ihr wisst schon? Sie würde es nicht noch einmal aussprechen. Sie konnte nicht.

Ihre Augen waren geschlossen, vom Weinen erschöpft. Sie brannten, aber es war ein Brennen, das seltsam gut tat. Ein Zeichen dafür, dass etwas durchgestanden war. Wie ein brennender Muskelkater nach einem langen Training, oder eine Wunde, die zu jucken begann. Sicher würde dies hier länger dauern als ein kleines bisschen Muskelkater. Aber wenn sie es schaffte, wenn sie immer an sich arbeitete... vielleicht...
Sie konnte Ians Lächeln hören, und sie nahm im seine Worte auch nicht übel. Im Gegenteil, sie musst schnaufen, etwas, das in anderen Fällen durchaus als Andeutung eines Lachens durchgegangen wäre. Das, was von ihr heute am Ende übrig blieb, war also ihre Kratzbürstigkeit - etwas, das eigentlich ja gar nicht ihrem Typ entsprach. Etwas, das sie sich erst in letzter Zeit angeeignet hatte.
Aber etwas, das vermutlich überdauern würde. Wie würde damit leben können... Sie sollte nur aufpassen, dass es nicht Überhand nahm. Wertvoll war allerdings etwas, das ihre Gedanken in die andere Richtung lenkten. Wertvoll. Jedes Leben war wertvoll. Ihr oberstes Ziel war es, jedes Leben zu schützen. Und darüber hatte sie völlig aus den Augen verloren, das ihr eigenes dazugehörte. Es war so einfach. Aber einfach war nicht immer leicht. "Ihr seid wertvoll"... möglicherweise sollte sie sich diese Worte festhalten. Und mit ihnen beginnen, sich neu aufzubauen.
Sie schluckte und bemerkte, wie trocken ihr Hals vom Weinen war. Es musste Jahre, Jahrzehnte her sein, dass sie so viele Tränen gehabt hatte. Sie erwartete Wunder von sich... die gleiche Kerbe. Zu hohe Ziele. Wunder. Es war ein Teufelskreis.
Es ist zu viel... flüsterte sie. Aber gleichzeitig einfach zu wenig... Nein, es war nicht zu wenig! Stang, sie musste damit aufhören. Mit aller Macht presste sie ihre Augen zu, spannte ihren Körper an, im Versuch, alles zu vergessen und zu verschwinden. Die Gedanken, die sie so unaufhörlich quälten, zu vertreiben.
Nein, nicht vertreiben. Zulassen, und dann loslassen. Akzeptieren, und dann weitermachen. Langsam erkannte Eowyn den Fehler, den sie die letzten Jahre hinweg gemacht hatte. Verdrängung war keine gute Alternative.

Ihre Nase lief unaufhörlich, und sie musste wieder schniefen, gerade, als Ian ihre letzte Frage beantwortete. Sie richtete sich mühsam wieder auf und hob den Kopf von Ians Schulter. So merkwürdig es gewesen war, sich an ihn anzulehnen - sein Halt fehlte ihr jetzt. Es war seltsam beruhigend gewesen, zumindest das Gewicht ihrer Gedanken abzulegen, wenn schon nicht die Gedanken selbst, und sie bedauerte fast, dass sie diese Bewegung gemacht hatte. Sie zog ihre Beine wieder nah an sich heran, um den Halt ein wenig zu ersetzen.
Und wo waren eigentlich Taschentücher, wenn man sie einmal brauchte? Natürlich irgendwo in der Zivilisation, Lichtjahre von hier entfernt. Sie nahm ihren Ärmel, um sich zumindest notdürftig die übrigen Tränen aus dem Gesicht zu wischen, und hörte sich seine Erklärung an.

Oh, er wusste nicht, wie Recht er vorhin gehabt hatte... sie erinnerte sich nur noch durch einen Nebel, aber er hatte etwas von Blindheit gesagt, und von sich selbst.
Oh, Ian... Sie schüttelte den Kopf, brachte tatsächlich ein mühsames Lächeln zusammen und lehnte ihren Kopf diesmal in die andere Richtung, an den Baumstamm. Um einiges härter, aber sie wollte ihn im Auge haben können. Ich mag blind sein in Bezug auf mich selbst, aber Euch sehe ich doch um einiges klarer. Meine Motive waren nicht die ehrenvollsten, und es ist hier einiges zu spät... Bitter dachte sie an den Virus, der vielleicht jetzt schon damit begonnen hatte, verheerende Auswirkungen zu haben. Aber nicht für Euch. Ihr seid doch schon mitten drin in Eurer zweiten Chance, Ihr habt Euch doch schon längst für diesen Weg entschieden. In dem Moment, als ihr auf Nar Shaddaa beschlossen habt, nicht zu vergessen. Ich weiß gerade eigentlich gar nichts... außer vielleicht meinem Namen. Aber ich bin mir sehr sicher, dass ich in Bezug auf Euch Recht habe. Seht Euch doch an! Ihr seid nicht perfekt, und manchmal... nun ja. Aber bedenkt, was Ihr in den letzten Tagen getan habt. Für Euch und für mich. Was ihr bereit ward, und immer noch seid, aufs Spiel zu setzen.
Ich weiß nicht, wer Ihr vorher ward, und ja, es macht mir manchmal Angst... Aber ich habe eine Ahnung davon, wer Ihr heute seid.
Glaubt an Euch, hofft, und gebt Euch selbst diese Chance. Ihre Stimme war immer leiser geworden. Es war so viel einfacher, ihn zu erklären als sich selbst. Ich tue es doch auch...

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Ian
 
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Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn



Dinge begannen im Kleinen und mit kleinen Dingen gelang es so viel mehr zu erreichen. Es war töricht alles verändern zu wollen, denn allein die Tatsache, dass es so unendlich schwer war sich selbst zu ändern war Beweis genug dafür, dass es unmöglich war, alles zu ändern. Deswegen ging es darum, sich kleine Ziele zu setzen. Erreichbare Ziele. Vielleicht wogen sie in der Summe am Ende mehr, sicher aber machten sie am Ende zufriedener. Eine seltsame Theorie für einen Sith. Ian wusste wie es war, sie Ziele zu stecken und diese nicht zu erreichen. Und vielleicht hatte er, anders als Eowyn viel zu verbohrt an die falschen Ziele geglaubt, denn viele von ihnen waren alles andere als edelmütig gewesen. Nicht einmal besonnen, nein. Da waren Ziele gewesen, die er vom heutigen Standpunkt aus sicher nicht mehr verfolgen würde. Was er so lernen musste wie sie, war Dinge zu akzeptieren. Nur ging es längst nicht um das Akzeptieren von zu hoch gesteckten Zielen. Sondern von falschen Schritten, von Fehltritten. Von Fehlern, die ihren eigenen Preis beinhalteten und von Fehlern, deren Preis vielleicht zu hoch war.


„Eowyn“, seufzte er dann, „ich kann es glauben, weil ich seit Nar Shaddaa mit Euch reise. Im ersten Augenblick hielt ich Euch für arrogant, bis ich erkennen musste, dass es meine eigene Arroganz war, die mir meine Sicht vernebelt hat.“ Seine Arroganz, seine Erfahrung und seine Sozialisation. „Auf Coruscant habt Ihr behauptet, nichts weiter geben zu können und dort habt Ihr mir nicht geglaubt, als ich versucht habe, Euch vom Gegenteil zu überzeugen. Das ist es, was ich vorhin meinte.“
Sie scheiterte nicht, weil sie zum Scheitern verurteilt war, sondern weil sie nicht richtig hinsah. Warum auch immer sie nicht an sich glaubte, darin lag ihr Scheitern.

„Ich war wütend auf Euch und ich war es auf mich und wann immer ich etwas von mir in Euch erkenne…“ wurde er nur wütender. „Komme ich dazu Dinge zu sagen, die ich besser für mich behalten sollte.“ Vielleicht verstand sie jetzt.

Sein nächster Kommentar brachte sie zu etwas, was vielleicht Ablehnung, vielleicht aber auch das Gegenteil war. Wie auch immer er ein Schnaufen, das zuvor von Zittern durchgepeitscht worden war, nun interpretieren mochte, sie erwiderte nichts darauf und da war auch keine aufkommende Wut zu spüren. Gut. Das erleichterte ihn ein wenig, denn was hätte ihm jetzt ferner gelegen, als wieder etwas Falsches zu sagen?

Es war zu viel. Ja. Ja, sie hatte recht und er verstand, Ian verstand so viel besser, als sie vielleicht vermutete und so kam sein Ich weiß“, nicht nur aus vollster Überzeugung, sondern mitten aus seinem Herz. Es war zu viel. Sich immer wieder Ziele zu setzen und ständig zu scheitern war zu viel. Wieder aufstehen, wieder den Versuch wagen, wieder scheitern. Scheitern an sich selbst und das wieder und wieder. Das absurde an diesem Kreislauf aber war, dass man sich eigene Ziele setzte, es waren nicht einmal die Ziele eines anderen und vielleicht machte genau das es schlimmer. An sich zu versagen. In sich zu versagen. Denn sich vor sich selbst zu rechtfertigen schien um einiges schlimmer, als es vor jemand anderem tun zu müssen.

Eowyn richtete sich auf, hob ihren Kopf von seiner Schulter und Ian musste sich in dieser Sekunde eingestehen, dass ihm diese kleine Geste, die ihr vielleicht hatte helfen sollen, genau das bei ihm getan hatte. Auch wenn es keine Umarmung gewesen sein mochte, so war es doch so etwas ähnliches für ihn gewesen. Wie absurd, aber vielleicht stimmte es. Dass diejenigen, die man zu stützen versuchte ein wenig Halt zurückgaben? Und war es nicht zuletzt auch Halt, den Ian suchte? Etwas, das nichts mit Verachtung oder Zurückweisung zu tun hatte? Gedanken die er lieber nicht weiter ausführen wollte, denn das, was dahinter verborgen lag, hätte ihm nur Angst gemacht.

Dann war Eowyn diejenige, die auf ihn einredete und diesmal versuchte Ian ihre Worte aufzunehmen, sie zu verstehen, ohne ihr sofort zu widersprechen. War das hier seine zweite Chance? Kaum vorstellbar. Und ihre letzten Worte… Ihre letzten Worte trafen und rührten ihn an und dieses Mal musste Ian den Blick abwenden. Sie glaubte an ihn und gab ihm eine zweite Chance… So einfach war es nicht und als er sich zwang Eowyn wieder anzusehen, war es ein ehrlicher Ausdruck, der in seinen Augen lag
. „Es macht auch mir Angst“, gab er leise zu, denn er wusste, wozu er fähig war, wusste, was er getan hatte und die Unterschrift, nun sie war nur eine Handbewegung gewesen. Er hatte etwas unterzeichnet, was er selbst nicht ausgelöst oder verantwortet hatte. Aber Telos? Nein, Telos war etwas anderes gewesen und Telos hatte ihn verändert, denn an dem Tag, als er den Fuß zurück in den Garten seines einstigen Wohnortes gesetzt hatte, war da nur Hass gewesen, der ihn geleitet hatte. Hass, Hass und wieder Hass. Keine Mission war je darauf ausgebaut gewesen. Nein, Telos hatte alles verändert, es hatte ihn nachhaltig verändert und erst die Morde auf Telos hatten dafür gesorgt, dass er nicht mehr hatte fühlen können. Seine innere Stimme, die ihn angefleht hatte aufzuhören, die Stimme, die ihn gewarnt hatte, hatte er ignoriert. Ja, er hatte Angst und vor allem fürchtete er sich vielleicht mehr vor dem, was er sein konnte, als vor dem, was er war. Als Alisah ihn betrogen hatte, das war nur ein weiteres Beispiel. Er hatte seinen Zorn nicht aufhalten können. Zwar hatte er ihn nicht gegen sie gerichtet, aber er hatte ihn nicht aufhalten können und den Beweis für diese Hingabe trug er noch heute, denn die geplatzte, schwarz gefärbte Ader an seinem Arm, war Mahnmal dafür.
„Ich habe Angst“, wiederholte er also nur, müde und ebenso erschöpft wie sie.
„Angst davor, dass ich es nicht aufhalten kann“, und da schob er den Ärmel seines linken Armes in die Höhe, der preisgab, was geschah, wenn er seinen Hass nicht aufhalten konnte. „Ich… kann es nicht immer aufhalten und es ist so verflucht schwer, sich dagegen zu wehren.“ Dagegen anzukämpfen. Nur mit Mühe hatte er sich von Alisah abwenden können und seine Wut um fokussiert, auf die Tür. Aber stoppen hatte er sie nicht können. Mit einem Mal kam es ihm scheinheilig vor, ihr eben noch vorgeschlagen zu haben, zuzulassen. Aber wo er schon dabei war, ehrlich zu sein, konnte er auch das letzte noch zugeben.
„Und ich habe nicht nur Angst vor dem was war, nicht nur vor dem was kommt. Nein, bei weitem ich habe nicht allein Angst um mich.“ Nein. Seine Angst ging viel weiter, sogar über den eigenen Egoismus hinaus. Was war, wenn sie nicht rechtzeitig nach Lianna kamen? Was war, wenn die ersten Wesen starben? Auch davor hatte er Angst.
Das alles macht es so schwer zu hoffen, das, macht es so schwer zu atmen und bei der Macht, es ist das, was vielleicht am meisten schmerzt.“ Dabei ging es nicht um Selbstmitleid. Nein, es ging um Schuld und darum, sich nicht vergeben zu können. „Es geht nicht allein um eine zweite Chance für mich. Es geht um so viel mehr.“ Und wenn er dabei auf der Strecke blieb, war es das eine. Aber es würde nicht allein ihn treffen und das, genau das war der springende Punkt.

Dschungelmond von Va'art, im Dschungel, mit Eowyn
 
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