Ich hab hier alles mitgelesen, aber hilf mir auf die Sprünge. Wo haben wir diese These widerlegt?
Ich habe nicht gesagt, dass wir sie hier widerlegt haben - ich habe nur behauptet:
Jeder, der wie Gunkl behauptet, "das Gegenteil von Wissen ist Glauben", hat über mindestens eins der Themen nie ordentlich nachgedacht.
Der Punkt ist nur der, dass wir erst klären müssen, was mir mit "Wissen" und mit "Glauben" wirklich meinen. "Glauben" ist nicht so leicht zu definieren: "Ich glaube, dass es morgen regnet" und z.B. ein Glaubensbekenntnis enthalten beide das Wort "glauben", meinen damit aber jeweils was anderes.
Eine Defintion von Wissen habe mal bei Wikipedia nachgeguckt:
Als
Wissen wird üblicherweise ein für Personen oder Gruppen verfügbarer Bestand von Fakten, Theorien und Regeln verstanden, die sich durch den größtmöglichen Grad an
Gewissheit auszeichnen, so dass von ihrer Gültigkeit bzw.
Wahrheit ausgegangen wird.
Paradoxerweise können daher als Wissen deklarierte
Sachverhaltsbeschreibungen wahr oder falsch, vollständig oder unvollständig sein. In der
Erkenntnistheorie wird Wissen traditionell als
wahre und
gerechtfertigte Meinung (
englisch justified true belief) bestimmt.
Der zweite Satz ist das interessante. Wissen ist also nicht absolut. Ich kann also (theoretisch) etwas "wissen", was sich irgendwann als falsch herausstellt.
Der zweite Punkt ist, dass es durchaus Fragen gibt, auf dies es keine "Wissen"-Antwort gibt (Klassiker: Wird nächsten Montag die Sonne aufgehen? Es gibt keine Möglichkeit, es VOR nächstem Montag zu wissen. Es ist höchstwahrscheinlich und ich für meinen Teil werde auch so leben, als ob nächsten Montag die Sonne wieder aufgeht - aber "Wissen" geht halt nicht).
(Wenn man einen auf Decartes macht und der Frage nachgeht, was ich eigentlich wirklich weiß, kommt ja ein sehr überschaubares Set an Informationen raus)
Und zum dritten ist natürlich die These, dass "Glauben" zu "Wissen" führt.
Nur wenn ich "glaube", dass mein Lehrer mir keinen Scheiss erzählt, erlange ich "Wissen" über das entsprechende Schulfach (vielleicht prüft man im Laufe des Lebens das eine oder andere nach, aber vieles akzeptiert man dann doch einfach. Trotzdem wird ja keiner sagen: "Ich glaube, Photosynthese funktioniert so und so", sondern "ich weiß" - auch OHNE selbst je den Beweis geführt / gesehen zu haben. Es ist also Wissen, das aber in letzter Konsequenz auf Glauben an eine bestimmte Person beruht).
Auch wenn das Lehrerbeispiel simpel ist, so ist es doch im Alltag oft zu finden. Viel "Wissen" wird akzeptiert, weil man sich auf Leute beruft - in vielen Punkten sicher auch zu recht (bevor mir hier der Verschwörungstheoretiker vorgeworfen wird). Und manchmal (im Beruf z.B.) wird darauf aufbauend weiteres Wissen / Erkenntnisse generiert. Da ensteht also neues Wissen, weil man vorher anderen Leuten glaubt ...