Ketaris

Ketaris-Nahe dem Dorf- Waldstück- im Schiff- mit Dex

Ihre Erklärung zum Umgang mit Gefangenen brachte Dex dazu, ihre Ausbruchkünste zu betonen. Alicia lächelte.

"Und hast du dir auch überlegt, dass es vielleicht nicht nur um den Ausbruch geht, sondern dass alles , was danach kommt, um Faktoren schwieriger wär, als einfach mal in ner Zelle zu sitzen und abzuwarten? Wenn man dir so misstraut, dass man dich in ne Zelle bringt und du brichst nur Minuten später aus. Was beweist du damit?"

Alicia sah Dex an und legte den Kopf schief.

"Davon mal abgesehen gäbe es sicher ein paar Jedi-Wächter, die mit dir Wetten abschliessen würden. Vielleicht würde es ja dein Hobby werden, mit ihnen "Ausbruch und wieder Einfangen" zu spielen. Ich denke, auch sie könnten Spass dran finden.Und ganz nebenbei würdest du vielleicht dabei helfen, die Sicherheit unserer Zellen zu verbessern. Vielleicht endest du irgendwann als die Leiterin der Wächter im Tempel und bist für unser aller Sicherheit verantwortlich. Wer könnte das besser als jemand, der sich mit Sicherheitstüren und Barrieren so gut auskennt wie du?"

Ja, Alicia stichelte gerade mal wieder ein bisschen. Aber mit dem Ziel, Dex' Ehrgeiz grösser werden zu lassen als ihre Furcht vor den Jedi- die wirklich unbegründet war.
Zu ihrem Ausbruch meinte Dex, dass sie vielleicht der böse Zwilling war. Alicia lachte.

"Wenn DU der böse Zwilling bist, möchte ich mal wissen, was das war, das mir die Klinge an den Hals gehalten hat. Das hast DU nie getan. Es mag sein, dass es ein Schutz-Aspekt von dir ist. Aber es ist dennoch völlig von dir abgekoppelt und dann hätten wir es mit einer dissoziative Identitätsstörung zu tun. Aber auch da könnte ich dir so nicht helfen. Ich bin kein Heiler."

Die Idee, einen Jedi-Heiler zu rufen, wenn Dex nicht in den Tempel wollte, schien halbwegs gut anzukommen. Auch wenn Dex darauf bestand, nicht berührt zu werden. Alicia schmunzelte.

"Joras hat bewiesen, das Heilen keine direkte körperliche Berührung benötigt. Allerdings hatte ich ihn dahingehend ermutigt, mit seinen Patienten zu kommunizieren. Hätte nämlich durchaus Vorteile und ich muss sagen: Wenn ich verletzt war und Heiler haben mich berührt...das hat sich schon gut angefühlt. Berührungen sind Lebenswichtig! Wusstest du, dass es den Beruf "Berührer" gibt? Und von mir lässt du dich ja auch berühren."


Wieder versuchte Alicia Dex dazu zu bringen, über ihre generell-ablehnende Einstellung nachzudenken.

"Und soll ich dir ein Geheimnis verraten? Komm her."

sie winkte ihre Padawan zu sich und lehnte sich dann zu ihr, um ihr was ins Ohr zu flüstern.

"Ich bin eine Jedi."


Dann nickte sie, um ihre Aussage zu unterstreichen, bevor sie Dex mild anlächelte.

"Ich denke, in deinem Misstrauen den Jedi gegenüber liegt viel Fehlinformation deiner Kindheit und der falschen Saat , die man im Sith-Tempel in dich gelegt hat. Wir versuchen den Leuten zu helfen. Und das gilt nicht nur für mich sondern auch für meine Ordensbrüder und Schwestern. Sicher gibt es schwarze Schafe. Aber die gibts doch in jeder Familie und deswegen die ganze Familie zu verurteilen ist ziemlich gemein, findest du nicht? Ich bin auch schon von Sith angegriffen und verletzt worden. Mehr als einmal. Dennoch konnte ich mit Darth Nydak eine friedliche Basis finden und mit ihm zusammenarbeiten. Ich möchte, dass du diesen Punkt mit den Jedi erreichst. Weil Zusammenarbeit ist viel öfter essentiell für das Erreichen eines Ziels, als du es dir vorstellen kannst. Es ist immer gut, jemanden zu haben, den man zur Not anfunken und um Hilfe fragen kann. Und es ist gut, wenn es mehrere Personen sind, die man anfunken kann. Irgendeiner hat auf jeden Fall Zeit zu helfen. Und als Jedi hast du den ganzen Orden hinter dir, der dir helfen kann. Du musst dich nur öffnen."

Dex kam dann noch einmal auf ihre Erlebnisse während ihrer Meditation zurück und Alicia hörte ihr aufmerksam zu. Doch am Ende war Alicia nicht viel Schlauer, was den Zustand ihrer Schülerin anging und sie verzog das Gesicht.

"Es bleibt bei meinen Vermutungen: Entweder eine dissoziative Identitätsstörung oder der Befall mit einer dir eigentlich fremden Entität."

Sie musterte ihre Padawan und öffnete sich der Macht. Furcht und Unsicherheit hinterliessen ihre Spuren bei Dex. Wie dunkle Löcher in einer hellen Decke. Genau das machte es so schwer zu erkennen, ob sich da noch was anderes verbarg. Dex schlug dann vor, mit den Vorbereitungen zu beginnen und Alicia seufzte frustriert und nickte.

"Ja. Lass uns uns vorbereiten. Uns! Du bist nicht allein, auch wenn ich wahrscheinlich nicht viel werde machen können. Obwohl. Wär die Frage, ob ich einen Aspekt von dir mit Kampfmeditation unterstützen könnte, ohne den anderen ebenfalls zu stärken. Wir brauchen jemanden mit mehr Erfahrung!"

Damit zog Alicia ihr Com, um Lucy zu rufen. Nachdem die Leibwächterin bestätigt hatte, das sie zu ihnen kam, wandte sich Alicia an Dex.

"Das hier ist dein Schiff. Willst du es, wenn Lucy da ist, auf den Kurs Richtung Ossus setzen? Ich würde so lange den Orden kontaktieren und einen Heiler beordern."


fragte sie ihre Padawan und suchte nach dem schiffsinternen Com, mit dem sie mit Coruscant Kontakt aufnehmen konnte. Hoffentlich konnten die jemanden schicken. Die meisten Heiler waren ja immernoch auf dem Planeten im Kampf gegen das C-Virus gebunden. Alicia wäre es wirklich lieber gewesen, Dex nach Coruscant zu bringen. Auch um keine Heiler für mehrere Tage von der Arbeit abzuhalten. Aber sie fürchtete wirklich um Dex' Sicherheit, wenn sie den Kampf mit sich selbst aufnahm. Alicia atmete tief durch, um diese Furcht loszulassen. Solche Gefühle verhinderten effektives Denken. Aber war es nicht auch irgendwie die Pflicht einer Meisterin, sich um den Padawan zu sorgen? Die Ausbildung eines Schülers war so viel mehr als das Weitergeben von Wissen! Es war auch eine Prüfung an den Meister, der die Balance zwischen Nähe und professioneller Distanz halten musste, damit die Ausbildung ein Erfolg wurde. Vielleicht war sie darum bisher immer gescheitert. Dieses Mal würde ihr das nicht passieren! Diesmal würden sie vorbereitet sein. Alicia überlegte, was Dex können müsste, um dort heil durch zu kommen. Vor allem unter dem Gesichtpunkt, dass alles, was sie Dex beibrachte, auch ihrem bösen Zwilling zur Verfügung stand und im Ernstfall vielleicht gegen sie und ihre Jedi-Kollegin verwendet werden konnte. Wahrscheinlich konnte Dex' Richtige Ausbildung überhaupt erst beginnen, wenn dieses Problem behoben war. Bis dahin... musste Alicia auf Dex' aufpassen.

Ketaris-Nahe dem Dorf- Waldstück- im Schiff- mit Dex
 
~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~

Steven zog eine Braue in die Höhe und seufzte, während Tenia ihm einen halb entschuldigenden Blick schenkte. Sie wollte seine Hilfe, aber nicht um jeden Preis und das war etwas, was ihrem Gegenüber vermutlich gar nicht gefiel. Außerdem erinnerte sie es zwangsläufig an die Mission, die zu einem Bruch zwischen ihnen geführt hatte. Dort hatte der Ritter das erste Mal bewiesen, dass er Methoden anwandte, die Tenia für absolut falsch hielt.

„Ich hab nicht gesagt, dass es einfach wird“, erklärte die Waldbewohnerin auf den sarkastischen Kommentar Stevens und unterdrückte ein Grinsen. Vielleicht machte Zulia sie tatsächlich für alles verantwortlich, was schiefgelaufen war. Ein Sündenbock für alles war keine schlechte Sache, das kannte Tenia selbst aus eigener Erfahrung. Hätte Rosita nicht den passenden Denkanstoß gegeben, hätte die Nullianerin vermutlich noch länger gebraucht, um zu erkennen, dass diese Art der Problembewältigung die denkbar schlechteste war. Sie konnte Zulia kaum verübeln, wenn sie an ähnlcihen Gedanken festhielt. Zumal irhe ehemalige Klassenkameradin mehr als einen Grund dafür hatte.
„Steven, was ich weiß ist, dass ich ein ziemliches Miststück gegenüber Zulia war und sie hatte keinen einzigen Grund kooperativ zu sein. Du,“ sie hielt kurz inne, überlegte, „hast keine Ahnung, wie ich sein konnte, wenn jemand gefühlt oder tatsächlich gemein zu mir war.“ Nein, was das betraf, hatte Steven wirklich keine Ahnung und sie hatte sich damals wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. „Das einzige Problem, dass ich bei einem Gespräch mit ihr sehe ist, dass sie voreingenommen sein könnte, weil du mich kennst. Und naja, um ehrlich zu sein, gilt das irgendwie auf beiden Seiten.“ Tenia war es unangenehm das auszusprechen, aber wie gut konnte Steven vermitteln, wenn hier ein paar … suspekte Gefühle mit ihm Spiel waren und sein Wille, zum Recht zu kommen?
Die einzig friedliche Option war ein Gespräch vielleicht nicht, aber es war die einzig logische, die Tenia in den Sinn kam. Sie hätte sich einen Anwalt holen können und ihre Eltern mit ins Boot holen können. Aber das würde vermutlich alles verlängern und verkomplizieren. Steven war damit die beste Chance die sie hatte.
„Zulia ist kein Mensch. Wir Nullianer neigen dazu, ein paar Dinge sehr anders zu sehen“, klang wie ein direkter Wiederspruch, auch wenn Tenia genau wusste, dass Steven nicht falsch lag. „Sie ist nicht schlecht. Sie ist wütend und ich glaube nicht, dass sie einen Hang dazu hätte, diese Sensivität auszunutzen.“ Klang sie nicht ein bisschen zu überzeugt, wenn sie bedachte, dass sie Zulia eigentlich gar nicht mehr kannte? Es waren genug Jahre vergangen, in denen die Andere sich in alle erdenklichen Richtungen hatte entwickeln können. Von einer unbeliebten, gemobbten Schülerin zu einer erfolgreichen Architektin hatte sie es in jedem Fall gebracht und das musste bedeuten, dass Zulia hart gearbeitet hatte.
„Eigentlich wollen wir vor allem, dass sie ihre Aussage, ich hätte randaliert, revidiert. Ich hoffe, dass die Wahrheit sie überzeugt und ich würde sie gerne um Verzeihung bitten. Für damals. Vielleicht auch für die Blödheit, dass während ihrer Ausstellung tun zu wollen. Ich kann mir vorstellen, dass sie mit dir redet, auch wenn es sehr danach klang, dass sie etwas gegen Machtnutzer hat.“ Wo sie zurück bei dem waren, was Steven bereits angedeutet hatte. Wenn man nicht verstand, was man konnte, war das beängstigend. Auf der anderen Seite konnte es dann eben enorm helfen, wenn man jemanden hatte, der die Angst durch Erklärungen nahm.

Steven setzte schließlich neu an und seine Worte klangen ebenso nachdenklich wie gefährlich. Auch wenn er beinahe wieder versöhnlich klang, in seiner Erklärung, dass Prinzipien nicht aufgegeben werden sollten. Jetzt war es Tenia die seufzte und ihr Gegenüber einen ganzen Moment ansah. Das war es, was ihre Angst an Steven machte. Sein Hang etwas als Pragmatismus zu bezeichnen, dass in eine Richtung ging, die nicht pragmatisch, sondern gefährlich war.
Es gibt mehr als sture und kluge Entscheidungen, denke ich. Was du vorhin vorgeschlagen hast war nicht unehrlich, es war auch nicht pragmatisch, es war … Naheliegend und zu einfach. Ein bisschen Manipulation hier, ein kleiner Skandal da und schon ist alles gelöst? Das klingt, als wäre es besser, nach einem Weg zu suchen, der möglichst einfach ist. Vielversprechend, aber einfach. Dabei bedenkst du aber nicht die Gefahr, was bei einem Misserfolg passiert.“ War sie nicht selbst das beste Beispiel dafür? „Ach, Steven“, seufzte sie dann. „Wenn ich damals etwas weniger manipulativ gewesen wäre, säße ich jetzt nicht hier. Ich war in meiner Rache ziemlich pragmatisch, und hab keine Sekunde überlegt.“ Was am Ende nur dazu geführt hatte, jemanden zu verletzen. Zulia eben.

Was der Ritter dann sagte, bestätigte Tenia sofort mit einem Nicken. Gelang es ihm wirklich ihr begreiflich zu machen, dass es potenziell gefährlich war, wenn sie ihre Fähigkeiten nicht kontrollieren konnte, so wie es eben auch gefährlich war, wenn er und sie sich nicht kontrollierten, klang das nach dem besten Aha-Moment, für den er sorgen konnte.
Auch seine folgenden Worte klangen logisch und gut, auch wenn sie für einen Knoten in Tenias Magen sorgten. Zusammenarbeiten ohne sich zu verlieren. Sie hatte unheimlich Angst davor, Steven zu verlieren, nicht nur als Freund, sondern auch an die dunkle Seite. Zeitgleich hatte sie aber auch Angst, ihn als etwas oder jemanden zu gewinnen, der mehr war.
„Deine Idee gefällt mir und ich habe keine bessere.“ Hätte sie eine, wäre sie vermutlich schon auf freiem Fuß und hätte Steven unter ganz anderen Umständen wieder gesehen. Sein schiefes Lächeln war so ansteckend, dass Tenia es erwidern musste. „Diplomatie ist seit neustem mein Ding und diesmal übertreibst du nicht.“ Was sie mit dem, was sie zu sagen hatte, auch nicht tat.
„Ich glaube, du weißt, dass ich eine kleinwüchsige Nullianerin bin, auch wenn das für Menschen nicht offensichtlich ist. Dieser Umstand hat mich nicht besonders beliebt gemacht. Ich war eine Witzfigur und das hat dazu geführt, dass mein Verhalten auch nicht dazu beigetragen hat, mir eine Chance zu geben. Wenn ich mich beschreiben müsste, war ich unausstehlich, manipulativ und ziemlich arrogant. Zulia war genauso unbeliebt, obwohl sie die gängige Größe hatte, aber in den Augen der meisten hatte sie andere … optische Makel.“ Nicht so schön, viel zu dick. Ein besonderes Mobbingopfer. „Wir waren beide Außenseiter, aber ich hatte kein Interesse daran, mich mit ihr zusammenzutun. Sie hat mich bloßgestellt und dafür gesorgt, dass die Klasse mich ausgelacht hat. Mein Ego war gekränkt und ich musste nicht lange überlegen, um etwas zu finden, womit ich ihr weh tun konnte.“ Sie seufzte und wandte den Blick von Steven ab. Die Wahrheit auszusprechen war schlimm genug, aber Steven deutlich zu machen, dass da nicht besonders viel gewesen war, dass sie sonderlich sympathisch gemacht hatte, war etwas völlig anderes. „Dass ich ihre Skulptur zerstört habe, die sie für die Aufnahme an einer besonderen höheren Schule gebraucht hätte, habe ich dir schon gesagt. Belassen habe ich es dabei nicht. Die Mädchentoilette war danach der beste Ort, um den Finger noch mal in die Wunde zu legen. Ich war ziemlich gemein zu ihr und hab ihr den Rest gegeben, irgendetwas über ihr Aussehen gesagt.“ Ein neuerliches Seufzen. „Vermutlich öffnest du Türen bei ihr, wenn du ihr sagst, dass ich eine fürchterliche Person bin.“
Damit hatte sie grob zusammengefasst, was wichtig war. „Jetzt fühle ich mich großartig“, ließ sie dennoch kleinlaut folgen und lächelte dennoch. „Ein bisschen, als wäre ich in einer Selbsthilfegruppe. Bloß, dass ich die Einzige bin, die dort etwas sagen muss.“



~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~

 
~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum ~ Tenia Lumiran und Steven ~

Steven lehnte sich leicht zurück und musterte Tenia einen Moment lang schweigend. Sie wirkte gefasst, aber er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass das nur die halbe Wahrheit war. Die Art, wie sie den Blick von ihm abwandte, wie sie seufzte, bevor sie sprach – das waren keine Zeichen von völliger Ruhe. Es waren Zeichen von Schuld. Und es war merkwürdig, das von ihr zu hören.

Er hätte es sich denken können.
Tenia war nie ein Engel gewesen, auch wenn sie seit einiger Zeit deutlich reflektierter geworden war. Dass sie so weit gegangen war, eine Skulptur zu zerstören, um sich an einem verletzten Ego zu rächen – das passte irgendwie dennoch zu der Tenia, die er auf Mon Calamari kennengelernt hatte. Stur, überzeugt von ihrer Sichtweise, bereit, für ihre Gefühle eine Grenze zu überschreiten. Vielleicht hatte er das an ihr bewundert. Vielleicht hatte er deswegen damals so viele Gemeinsamkeiten entdeckt.
Er ließ ihre Worte sacken. Also hatte
Rosita ihr diesen Denkanstoß gegeben? Interessant. Er kannte Rosita nicht besonders gut, aber anscheinend konnte sie etwas in anderen auslösen. Und offenbar hatte sie Tenia etwas gesagt, das in ihr arbeitete.

„Naja...“

begann er schließlich, mit einer Leichtigkeit, die er selbst nicht ganz glaubte.

„Wenn du wirklich willst, dass ich Türen für dich öffne, dann hast du recht und ich sollte Zulia sagen, dass du ein wandelndes Desaster warst und manchmal immer noch bist. Du weißt schon, für die Glaubwürdigkeit.“

Er versuchte ein Grinsen, aber es hielt nicht lange. Es war nicht einmal nur ein Scherz – ein Teil von ihm wollte wirklich sehen, wie Zulia auf seine Worte reagieren würde. Wollte wissen, ob er ihr genug Misstrauen gegen Tenia einflößen konnte, um das Gespräch zu öffnen. Um sie zu manipulieren? Genau das war der Gedanke, den er eigentlich nicht haben wollte. Tenia hatte schon recht, es ging hier nicht um Skandale, es ging nicht darum jemanden zu manipulieren, sondern es ging darum zwei Nullianerinnen gewissermaßen vor sich selbst zu retten.

Ein weiterer Seufzer folgte, diesmal von ihm.


„Es ist eine komische Situation. Ich soll jemanden davon überzeugen, mit dir zu reden, obwohl ich verstehe, warum sie es nicht tun will.“
Dann sprach sie über die geplante Herangehensweise. Steven spürte, wie sich eine leichte Spannung in seinen Schultern aufbaute. Naheliegend. Zu einfach. Sie hatte nicht Unrecht, aber das störte ihn noch mehr. „Ein bisschen Manipulation hier, ein kleiner Skandal da?“
Er atmete leise aus.


„Ich bedenke immer die Gefahr eines Misserfolgs, Tenia“, sagte er ruhig. „Ich rechne damit. Ich kalkuliere sie ein. Aber manchmal sind die naheliegenden Wege auch die effektivsten. Aber ich verstehe auch, was du mir sagen willst.“

Seine Stimme war nicht gereizt, aber es lag eine gewisse Ernsthaftigkeit darin. Glaubte sie wirklich er würde heißblütig in den Kampf stürmen ohne auf Eventualitäten vorbereitet zu sein? Er war pragmatisch. Vielleicht manchmal zu sehr. Aber er hatte gelernt, dass Moral allein nicht ausreichte, um Dinge zu ändern. Auch wenn manche Jedi das anders sahen. Um Gutes zu tun gibt es nicht nur den einen richtigen Weg.

Seine Stimme war ruhig, nachdenklich.
Steven lehnte sich leicht zurück, während er Tenia zuhörte, seine Arme locker verschränkt, als wolle er eine gewisse Gelassenheit ausstrahlen. Doch innerlich arbeitete es in ihm, jeder ihrer Sätze löste etwas in ihm aus. Dass sie sich nun bewusst war, wie sie sich damals Zulia gegenüber verhalten hatte, war durchaus bemerkenswert. Er hätte erwartet, dass sie es herunterspielen würde, sich vielleicht selbst entschuldigen würde, indem sie es als dumme Jugendsünde abtat. Doch stattdessen sprach sie mit einer Ehrlichkeit, die ihn überraschte. Tenia hatte sich tatsächlich verändert. Hier war nicht mehr die rebellische Padawan die spontan hinter ihren Gefühlen stand, hier saß eine auf ihre eigene Art nachdenkliche Jedi-Ritterin die diese Gefühle hinterfragte.

„Ich könnte dir jetzt sagen, dass es nicht so schlimm ist, was du getan hast. Dass du jung warst.

Steven hätte es auch als Übertreibung abtun können. Aber der Ausdruck in ihren Augen sagte ihm, dass sie es ernst meinte. Dass sie wirklich glaubte, damals jemand gewesen zu sein, den er nicht wiedererkennen würde.

Und das war es, was ihn störte.


Nicht, dass sie Fehler gemacht hatte – das hatten sie alle. Selbst Steven. Sondern, dass sie anscheinend glaubte, er würde sie jetzt anders sehen, wenn er wusste, wie sie früher war.

„Weißt du, Ini, ich kann mir vieles vorstellen.“ seine Stimme war ruhig, aber in seinem Blick lag etwas Durchdringendes. „Und vielleicht habe ich damals nicht alles gesehen. Aber glaubst du wirklich, dass das meine Sicht auf dich ändern würde?“

Steven schüttelte leicht den Kopf.

„Jeder hat seine Momente. Jeder hat Fehler gemacht. Wenn du dich dafür entschuldigen willst, dann ist das deine Entscheidung. Ich bin nicht hier um über dich zu urteilen. Im Gegenteil, ich möchte dir helfen, egal wer du einmal warst."

sein Tonfall hatte einen leicht scharfen Unterton bekommen, den er nicht ganz unterdrücken konnte. Steven musterte Tenia aus dem Augenwinkel.

„Und du willst also wirklich nur die Wahrheit von ihr? Keine Vergeltung? Kein doppelter Boden?“

Es fiel ihm schwer, ihr das wirklich zu glauben. Er wusste, wie sehr sie an Dingen festhalten konnte. Und.. es war nicht so, dass er selbst frei von solchen Gedanken war. Ein Teil von ihm wollte immer noch eine Art Genugtuung für Tenia – nicht, weil sie sich als Opfer inszenierte, sondern weil sie ihm wichtig war. Tenia sprach über Rachegefühle. Und genau das war es, was ihn am auch beschäftigte: Rache. War es das, was sie damals getrieben hatte? War es das, was ihn antrieb, wenn er Pläne schmiedete? Er mochte den Gedanken nicht. Er sah sie einen Moment schweigend an, bevor er sich leicht nach vorne lehnte, seine Ellbogen auf die Knie gestützt. Der Baron von Cirrus hatte das Bedürfnis Tenia zu rächen, sie vor weiteren Erniedrigungen zu schützen. Doch irgendeine Stimme sagte ihm, dass dies der falsche Weg in dieser Situation war. Aber das war sein Blick auf die Dinge. Und er wusste, dass es nicht Zulia war, die in dieser Geschichte unbedingt die Böse sein musste.
Dann sprach sie weiter, über ihre Sorge, dass ihre Vergangenheit und sein Machtnutzer-Status jede Vermittlung komplizierter machten. Und somit kam sie auf das eigentliche Problem zu sprechen: Ihre Befürchtung, dass Zulia voreingenommen war – aber auch die Erkenntnis, dass das in beide Richtungen galt. Das brachte ihn zum Schweigen. Voreingenommen? Was meinte sie genau damit? Steven zog die Brauen leicht zusammen. Doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, wusste der Baron ganz genau worauf die Nullianerin hinaus wollte. Und er hasste es, wenn jemand ihn durchschauen konnte. Natürlich war er voreingenommen. Er hatte immer auf ihrer Seite gestanden. Selbst nach Thyferra, selbst nach all dem, was zwischen ihnen passiert war, hätte er sie nicht einfach im Stich gelassen. War das ein Problem? Würden seine Gefühle für die Nullianerin das Gespräch vielleicht sogar erschweren? Vielleicht.

Er ließ sich kurz Zeit, bevor er antwortete.


„Willst du damit sagen, dass ich voreingenommen bin? Ich bin vollkommen unparteiisch, wenn es um dich geht!“

fragte er mit einem Anflug von Sarkasmus, aber sein Blick blieb ernst.

„Ich bin nicht objektiv, wenn es um dich geht“, gab er schließlich mit ernstem Ton zu. „Aber genau deswegen will ich, dass das hier für dich richtig läuft. Ich will, dass du das bekommst, was du verdienst – nicht durch irgendeinen Trick oder eine Abkürzung. Sondern durch das, was wahr ist. Wenn es das ist, was du dir wünscht.“

Das war nicht seine typische Art, Dinge anzugehen. Normalerweise suchte er den einfachsten, effektivsten Weg. Aber Tenia hatte recht – Manipulation und Skandale waren zwar wirkungsvolle Werkzeuge, aber sie hatten ihren Preis. Und er wollte nicht, dass sie den zahlte.

„Ich kann mit ihr reden,“

entschied er schließlich und machte eine längere Atempause ehe er erneut ansetzte.


„Aber ich werde sie nicht anlügen. Ich werde nichts verdrehen, um dich besser oder schlechter aussehen zu lassen. Und ich werde auch nicht versuchen, Mitleid aus ihr herauszupressen. Wenn sie dir wirklich vergeben soll, dann nicht, weil ich sie dazu bringe, sondern weil sie selbst zu dem Schluss kommt. Und ich möchte, auch weil du es willst, keinen Skandal anzetteln. Du willst hier auf die ehrliche Art raus, dann werde ich diesen Weg mit dir gehen, auch wenn ich es vielleicht anders machen würde.“

Das war der Kompromiss, den er für sich fand. Nicht manipulieren. Aber auch nicht einfach das tun, was Tenia wollte, weil es ihr half. Er würde sehen, was sich ergab – und dann entscheiden, wie er damit umging.

„Ich verstehe ja, warum du das tun willst. Warum du dich entschuldigen willst. Aber bist du sicher, dass es funktioniert? Dass sie dir verzeiht? Und falls nicht... – was dann?“

Es war eine ehrliche Frage. Der Baron wollte nicht nur Gerechtigkeit für Tenia. Er wollte, dass das hier für sie gut ausging. Aber er wollte auch nicht, dass sie sich selbst in etwas verrannte, was sie am Ende noch mehr verletzen würde. Und er wollte nicht, dass sie ihn ansah wie damals auf Thyferra – mit diesem Blick, der ihm sagte, dass sie nicht mehr wusste, wer er war. Er wollte nicht wieder an einen Punkt kommen, an dem sie sich von ihm abwandte.

~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~
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~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~

Steven schwieg einen langen Moment und Tenia machte sich innerlich auf eine Antwort gefasst, vermutete, dass in ihr etwas liegen konnte, was ihr nicht gefallen würde. Seine Einleitung machte es spannend, denn na ja - na ja. War so ein Anfang, der meistens nichts Gutes verhieß.
Ein wandelndes Desaster? Nicht gerade das Schmeichelhafteste, was sie gehört hatte und vermutlich währte ihr Lächeln genauso kurz wie das von Steven. Irgendwie hatte er recht. Und nein, das gefiel Tenia nicht, aber das Problem mit Wahrheiten war eben, dass sie häufig ganz schön unbequem waren. Die Situation war aus vielen anderen Gründen komisch, nicht nur aus der, die Steven benannte. Einzugestehen, dass die Person, in die man verliebt war, vielleicht doch nicht so toll war, wie man glaubte, das war immens komisch. Allerdings war das etwas, dass die Nullianerin lieber für sich behielt.

Ihre nachfolgenden Worte trafen vermutlich einen wunden Punkt, denn Stevens Körperhaltung veränderte sich, ebenso wie seine Stimme und sein Gesichtsausdruck. Vermutlich wäre sie an seiner Stelle, zu einer anderen Zeit tödlichst beleidigt gewesen, hätte man sie so offen kritisiert. Dachte sie an die letzte Mission zurück, war zu erwarten, dass Steven ebenfalls … na ja. Nicht beleidigt, aber doch unwirsch reagieren würde. Nachdem sein Schüler den Mann erschossen hatte – nein, sie wollte nicht an diesen Tag, nicht an diese Szene denken. Nicht an die Worte, die an diesem verhängnisvollen Tag gefallen waren. Und doch waren sich die Situationen ähnlich, aber Stevens Reaktion war eine andere und das beruhigte die Nullianerin. Natürlich, er verteidigte sich zuerst, gab ihr nur indirekt recht. Aber es schien, als verstünde er sie wirklich. Ein ‚Du hast recht‘ wäre ihr zwar lieber gewesen, als ein ‚ich verstehe, was du mir sagen willst‘, aber Tenia konnte sich damit zufriedengeben.
„Ich bin auch nicht grundsätzlich gegen naheliegende Lösungen. Sonst wäre Rache und so was damals nicht genau mein Ding gewesen.“ Oder das Übertreten von Regeln und andere Dinge. Steven kannte sie vielleicht sehr gut, aber gut genug um genau das zu wissen. Vielleicht war es auch das, was dafür sorgte, dass beide mehr füreinander empfanden, als eigentlich gut war. Impulsivität war etwas, das Tenia gefiel, das konnte sie nicht leugnen.

Ini.
Noch nie hatte Steven diesen Spitznamen genutzt, den sie bisher nur von ihrer Mutter gehört hatte und für einen Augenblick wusste Tenia nicht, was sie tun sollte. Da war Stevens ernstes Gesicht, sein Blick, der sich in ihren bohrte und sie konnte diesem einfach nicht standhalten, musste den Augenkontakt abbrechen und auf den Boden sehen. Am liebsten hätte sie Steven darum gebeten, ihren Namen noch einmal zu wiederholen, auch wenn das, angesichts ihrer Reaktion überhaupt keinen Sinn ergab. Aber dieses Wort löste so viel in Tenia aus, dass ihr gefiel und gleichzeitig nicht gefiel, dass sie unbedingt wissen wollte, ob das noch einmal geschehen würde. Als hätte sie einen Purzelbaum geschlagen.
„Keine Ahnung“, beeilte sie sich daher zu sagen und sah Steven wieder an. „Das mit der Sicht ist nicht so einfach.“ Was ziemlich nichtssagend klang, aber wie hätte sie das auch weiter ausführen können? Wenn man verliebt war, sah man ohnehin nur das, was einem gefiel und wenn man liebte, akzeptierte man meist auch das, was einem weniger gefiel. So jedenfalls hätte ihre Mutter das erklärt. Tenia aber war über den Status der Verliebtheit nie wirklich hinausgekommen, oder? Von daher hatte sie allgemein keine Ahnung. Außerdem wusste sie nicht, was gewesen wäre, wenn Steven sie vorher gekannt hätte. Wahrscheinlich hätten sie sich auch da schon gemocht, weil sie beide arrogante Züge hatten. Zwei Schönlinge, die sich mochten. Hätte doch gepasst.
Was ihr hingegen jetzt nicht passte war, dass sie nicht aufhören konnte, so hart zu sich selbst zu sein. Diese schonungslose Sicht auf damals war manchmal mehr Fluch als Segen …

„Ich hatte meine Rache schon, was soll ich noch mehr wollen? Ich hätte mich dem Sicherheitsdienst widersetzen können und ich hätte selbst versuchen können, Einfluss auf Zulia oder sonst wen zu nehmen. Aber das habe ich nicht“, entgegnete die Nullianerin daher auf die Frage von Steven, die beinahe so etwas wie Ärger in ihr auslöste. „Und das werde ich nicht.“ Glaubte er etwa, sie verbat ihm Dummheiten, um dann selbst eine zu begehen? Sicherlich nicht.

Die Frage der Voreingenommenheit beantworte sich dann quasi von selbst. Schon damit, wie er sich nach vorne lehnte und Tenia konnte keinen ernsten Gesichtsausdruck behalten, sondern musste grinsen.
„Nein, ich warte darauf, dass du es selbst sagt“, was einen Satz später auch geschah. Er war nicht objektiv, oh Wunder.
Auch Tenia lehnte sich dann nach vorne.
„Schau, wenn ich wüsste, ob das funktionieren würde, wäre ich Wahrsagerin oder so. Aber so?“,
sie lehnt sich wieder zurück und atmete aus. „So kann ich nur hoffen. Ob sie verzeiht oder nicht, ist dabei fast egal. Ich meine, natürlich wäre es schön, wenn sie mir verzeihen würde, aber das ist ihre Entscheidung. Für den Anfang wäre es zumindest nett, wenn ich nicht mehr hier sein müsste.“ Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen.
„Falls all das nicht funktioniert, brauche ich wohl einen Anwalt.“ Sie grinste. „Oder die beste Idee, die du je hattest.“

~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~
 
~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~
Steven stand noch einen Moment lang schweigend auf dem grauen Boden des Besucherraums, während Tenia ihre letzten Worte gesprochen hatte. Ihr Grinsen hatte etwas Bitteres, etwas Trotzendes – und doch war da dieses Aufblitzen von Hoffnung, das ihn nicht losließ. Die Hoffnung, dass er die beste Idee vielleicht tatsächlich noch in sich trug. Vielleicht lag sie nicht in einem geschickten Manöver oder in einer kalkulierten List. Vielleicht lag sie.. ausgerechnet in der Wahrheit.

Der Jedi-Ritter richtete sich auf, streckte kurz seine Schultern, als müsste er eine unsichtbare Last abschütteln, dann sah er zu Tenia hinüber. Sie erwiderte seinen Blick nicht direkt, aber ihre Anwesenheit schien in ihm nachzuklingen. Worte hatten sie nun viele ausgetauscht. So langsam bekamen sie das doch hin mit den Unterhaltungen, die ganz ohne gegenseitige Vorwürfe endeten. Doch jetzt lag die Verantwortung sie aus dieser Lage zu befreien bei ihm.


„Ich werde mit ihr sprechen“, sagte er leise, beinahe mehr zu sich selbst als zu ihr. Seine Stimme klang ruhig, aber innen tobte ein Sturm.
Wie viel von dem, was er sagte, tat er für sie? Und wie viel davon, um sich selbst davon zu überzeugen, dass er noch immer der Mann war, der Gerechtigkeit höher hielt als Genugtuung? Der Rache als Gefühl einordnen konnte ohne sie auszuleben. Ja, da waren mehrere Herzen die in dem Baron schlugen, doch eines wohl am lautesten.

Er drehte sich um, warf ihr einen letzten Blick zu. Dann verließ er den Raum.


Der Korridor, der ihn vom Besuchertrakt zum Verwaltungstrakt des Gefängnisses führte, war immer noch kühl und klinisch. Gedämpftes Licht flackerte an der Decke, das leise Summen der Überwachungsdrohnen begleitete jeden seiner Schritte. Mit jedem Meter, den er hinter sich ließ, wurde der Knoten in seiner Brust fester. Es war nicht die Angst vor dem Gespräch mit Zulia – es war die Angst, dass er Tenia enttäuschen könnte. Dass er, trotz allem, vielleicht nicht der Richtige war, um diesen Knoten zu lösen. Was, wenn Zulia nicht hören wollte? Was, wenn sie selbst etwas fühlte, das weit über diesen Vorfall hinausging? Was, wenn Steven seine Gefühle von Rache und Genugtuung nicht unterdrücken konnte?

Er war kein Unbekannter im Umgang mit Menschen. Manipulation war für ihn oft ein Ziel gewesen, und er wusste, wie man Worte wählte, um Dinge in Bewegung zu bringen. Doch jetzt fühlte sich jedes Werkzeug falsch an. Alles, was zu glatt war, zu durchdacht, würde wie ein Angriff wirken. Und er konnte es sich nicht leisten, dieses Gespräch zu einem weiteren Kriegsschauplatz werden zu lassen.

Steven wurde schließlich von einem Beamten vor einer Tür gestoppt. Der Mann war jung, sichtlich nervös – vermutlich ein Anfänger, kein gestandener Veteran. „Besucher der inhaftierten Jedi“, murmelte er, während er die Zugangskarte an das Terminal hielt. Die Tür öffnete sich mit einem Zischen. Steven nickte dem Beamten knapp zu und trat durch. Kurz vor dem Haupteingang gab es einen separaten Bereich, der durch Stahlgitter geschützt war. Steven deutete auf sein Lichtschwert und erhielt dieses umgehend zurück. Mit einem dankenden Nicken wandte sich der Baron von Cirrus ab und durchtrat das Hauptportal des Gefängnisses.




Steven hatte Tenia versprochen, mit Zulia zu sprechen. Jetzt war er auf dem Weg dorthin – allein, mit seiner Unsicherheit, die in jedem Schritt schwerer wurde. Die Türen des Cafés schlossen sich hinter ihm, als er das Gebäude verließ. Ein Hauch feuchter Ketaris-Luft empfing ihn, gemischt mit Staub, Metall, dem warmen Dunst der Stadt. Alles wirkte zu normal, zu ruhig für das, was sich in seinem Innern abspielte.

Zulia hatte sich geweigert, das Gefängnis aufzusuchen und auch ein Treffen im Café im letzten Moment abgesagt. Die Aussage gegen Tenia hatte sie damals auch von außen übermittelt. Distanziert, schriftlich, und mit klaren Worten. Sie war keine Frau, die mit halben Entscheidungen lebte. Sie war keine Frau, die leicht verzieh.

Der Verwaltungstrakt, in dem Steven sie aufgespürt hatte, lag in einem niedrigen Seitenflügel des Ausstellungskomplexes – unscheinbar, aber funktional. Die Wände hier waren aus hellem Stein, glatt, geschliffen, steril. Keine Spur von Kunst, kein Ausdruck. Es war ein Kontrast zu dem, was sie sonst schuf. Ironie des Schicksals. Steven meldete sich an der Rezeption, nannte seinen Namen und erklärte kurz, worum es ging. Die Rezeptionistin war sichtlich verunsichert, doch schließlich nickte sie ihm zu.
„Sie ist im Raum D7“, sagte sie zögerlich. „Sie… war nicht begeistert, als sie hörte, dass jemand von den Jedi vorbeikommt.“

Steven nickte, ohne etwas zu sagen. Natürlich nicht. Warum auch?

Der Raum war schlichter als erwartet. Zulia saß an einem Tisch aus synthetischem Holz, ihre Hände gefaltet, der Blick durch die Scheibe auf die Stadt außerhalb gerichtet. Sie war deutlich größer als Tenia oder Steven, kräftiger gebaut, ihre Züge scharf und klar. Doch etwas an ihrer Haltung verriet Erschöpfung – nicht körperlich, sondern innerlich. Als sie die Schritte hörte, wandte sie sich langsam um, ohne aufzustehen.


„Der Jedi-Ritter“, sagte sie, und ihre Stimme war kühler als die Temperatur im Raum. Kein Spott, keine offene Feindseligkeit – aber Distanz. Schutz.

Steven blieb stehen, ein paar Schritte entfernt vom Tisch. „Zulia, nehme ich an“, sagte der Baron ruhig.

Dann, nachdem sie nickte:
„Ich bin Baron Steven Crant. Ich bin hier, um mit Euch zu sprechen. Über Tenia.“

Zulia lehnte sich zurück. „Das dachte ich mir. Also kommt jetzt der Teil, in dem Sie mir erklären, dass alles nur ein Missverständnis war? Dass ich mich geirrt habe?“

Steven ließ sich langsam auf den Stuhl ihr gegenüber sinken. Seine Mimik ließ Dankbarkeit für diese unausgesprochene Einladung durchscheinen. Seine Hände lagen ruhig auf dem Tisch. Er wirkte nicht angespannt, aber in ihm war jede Bewegung ein bewusster Schritt. Er konnte nicht erlauben, dass seine eigenen Gefühle übernahmen.


„Nein. Ich bin nicht hier, um zu bestreiten, was passiert ist. Ich bin hier, um Euch zuzuhören, Zulia. Und vielleicht, wenn Ihr es zulasst, um etwas zu erklären. Nicht zu rechtfertigen. Nur... einzuordnen.“

Zulia schnaubte leise. „Wie großzügig.“ Doch sie klang nicht überzeugt, nur müde. Steven nickte.

„Ich verstehe, dass Ihr wütend seid, Zulia. Vielleicht sogar enttäuscht. Von ihr. Vielleicht auch von Euch selbst, weil Tenia noch immer eine Rolle spielt. Ich weiß nicht, was damals passiert ist. Ich weiß nur, was sie mir erzählt hat.“

Zulia sah ihn aufmerksam an. Ihre Haltung blieb zurückhaltend, trotzig, abwehrend. Aber etwas in ihrem Blick verschob sich.

„Sie hat mir gesagt, was sie getan hat. Und sie hat mir gesagt, dass es falsch war. Dass sie grausam war. Dass sie es bereut.“

Stille.

„Nach all den Jahren. Nach dem, was sie mir genommen hat, da kommt sie plötzlich und sagt, es tut ihr leid?“ Zulia schüttelte den Kopf.

Steven spürte, wie ihm die Worte im Hals stecken blieben. Nicht, weil er nichts zu sagen hatte – sondern, weil er nichts sagen konnte, das das ungeschehen machte Zulia wandte den Blick ab.

„Sie sagt, sie ist nicht mehr dieselbe.“

Zulia lachte kurz, aber es war ein kaltes, zynisches Lachen. „Und was soll ich jetzt tun? Ihr vergeben, damit ihr kleinen Jedi euch besser fühlt?“

Steven schüttelte den Kopf.

„Nein. Vergeben ist nicht die Pflicht derer, die verletzt wurden. Es ist eine Entscheidung, eine Wahl. Ich bin nicht hier, um Euch zu überreden. Ich bin hier, weil ich glaube, dass Ihr ein Recht darauf habt, zu wissen, dass sie sich geändert hat. Nicht Euch, Zulia. Nicht für mich. Für sich selbst.“

Er stand langsam auf.


„Ich werde Euch nicht zwingen, das zu glauben. Ich werde euch nicht mit Hilfe der Macht manipulieren oder Euch bedrohen. Ich möchte nur, dass Ihr wisst, dass es Tenia ernst ist. Und dass es ihr leid tut. Und wenn Sie glauben, dass ein Gespräch das klären kann.. dann stehen wir bereit.“

Eine lange Stille folgte. Dann fragte Zulia, leise: „Was hast du mit ihr zu tun?“ Steven hielt kurz inne.

„Ich kenne sie. Gut. Manchmal vielleicht zu gut. Ich weiß, wozu sie fähig ist: Zu Gutem und zu Schlechtem.“

„Und das reicht?“

Steven lächelte schwach, aber da war keine Freude in dem Ausdruck. „Nein. Aber ich glaube an das, was aus einem Menschen werden kann.“

Zulia wandte den Blick ab, starrte aus dem Fenster. Er drehte sich zur Tür, wartete. Einen Moment nur. Doch Zulia sagte nichts weiter.
Steven verließ den Raum ohne ein weiteres Wort, doch innerlich war er alles andere als ruhig. Jeder Schritt den Gang zurück fühlte sich an wie ein Gang durch Nebel. Schwer. Nachdenklich. Die Worte, die zwischen ihm und Zulia gefallen waren, hallten noch in seinem Kopf wider, wie Echo in einer alten Tempelhalle. Die Stille nach seinen letzten Worte hallte nach. Es war keine Zusage, aber es war auch kein Nein.

War das genug? Er wusste es nicht. Noch nicht.

Die Gänge des Justiztraktes schienen kühler als vorher, als würde der Ort selbst seine Unsicherheit widerspiegeln. Er hätte Tenia sofort sagen wollen, was geschehen war, aber irgendetwas hielt ihn zurück. Vielleicht war es die Angst, dass sie zu viel Hoffnung aus den wenigen Worten schöpfen würde. Vielleicht auch, dass sie zu wenig darin sah.


Er ließ sich durch die Kontrollstation führen, nickte den Beamten zu, als man ihn wieder zu Besucherraum 03 begleitete. Hinter der Tür wartete sie. Genau wie vorher. Sie saß auf dem gleichen Stuhl, dieselbe Haltung, dieselben angespannten Finger, die sich umeinander legten. Doch als sie ihn sah, richtete sie sich leicht auf. Ihre Augen suchten in seinem Gesicht nach einem Hinweis.

Steven blieb für einen Moment einfach nur stehen. Er hatte geglaubt, dass er mit einer klaren Antwort zurückkehren würde. Doch was er mitbrachte, war … das Dazwischen. Keine Gewissheit. Keine Ablehnung. Nur ein Funke. Er trat näher, ließ sich auf den Stuhl ihr gegenüber sinken, die Ellbogen auf den Knien, die Hände locker ineinander verschränkt. Die Spannung zwischen ihnen war fast greifbar.


„Ich hab mit ihr gesprochen“, begann er leise. Dann hob er den Blick, sah ihr direkt in die Augen. „Sie hat nicht gebrüllt. Sie hat mich nicht rausgeworfen. Ich lebe noch. In meinen Augen ist das ein absoluter Erfolg.“ Steven lächelte zurückhaltend.

Tenias Miene blieb ruhig, aber er sah das Zucken an ihrem Kiefer, das tiefe Einatmen, das sie mit Bedacht kontrollierte. Ein kurzes Nicken war alles, was sie dazu sagen konnte. Ihre Augen verrieten nicht, ob sie erleichtert war, enttäuscht, erschöpft – oder alles zugleich.

Steven wollte etwas hinzufügen. Irgendetwas Tröstliches, irgendetwas Ehrliches, das nicht wie ein Trost klang. Aber die Worte kamen nicht. Stattdessen kam etwas anderes. Die Tür zum Besucherraum schwang abrupt auf. Beide zuckten herum.
Eine Wache trat ein – groß, schwer gepanzert, sein Helm unter dem Arm. Seine Stirn glänzte vom Schweiß, seine Miene war ernst. Viel zu ernst.


„Baron Crant. Ritter Crant“,
sagte er knapp. „Kommen Sie mit.“

Steven erhob sich langsam.
„Was ist passiert?“

Die Wache zögerte: „Es gibt ein Problem. Mit der Zeugin.“

Ein kurzer Blick zu Tenia, dann zurück zur Wache.


„Zulia?“

„Ja.“

Ein harter Schlag ging durch Stevens Brust, als hätte jemand ihm den Atem geraubt. Kein weiteres Wort wurde gewechselt, doch die Luft im Raum war plötzlich von einer anderen Dichte. Bedrohlicher. Ernsthafter. Die Wache ließ keinen Zweifel, dass
irgendetwas passiert war. Steven trat an Tenia heran, legte ihr kurz eine Hand auf die Schulter. Es war nicht viel. Aber es war alles, was er in diesem Moment geben konnte.

„Ich bin gleich zurück“, sagte er leise. Nicht weil er sicher war. Sondern weil sie es hören musste.

Dann verließ er den Raum, dicht gefolgt von der Wache. Und hinter ihm schloss sich die Tür mit einem Geräusch, das viel zu endgültig klang. Vor der Tür standen zwei weitere Wachen und der Verwaltungsbeamte der den Baron von Cirrus in diesem Gefängnis begrüßt hatte. Dann vier Worte. Kalt, fast voller Enttäuschung.

„Die Aussage wurde widerrufen.“



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~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~

Irgendwie beruhigte es Tenia ungemein, dass Steven leise, aber ernst versprach, mit Zulia zu sprechen. Nicht, sie zu manipulieren, nicht, sie irgendwie zu täuschen, sondern zu sprechen.
Sie wollte nicht, dass Steven sie mit … unlauteren Mitteln aus dieser Geschichte herausboxte, wenn sie doch selbst irgendwie aus unlauteren Gründen in dieser Zelle gelandet war.
So verabschiedete sich Steven schließlich und Tenia wusste nicht, wer da wem ein aufmunterndes Lächeln zuwarf, als sie schließlich alleine war und einmal mehr wartete.

Wahrscheinlich wäre es klüger gewesen, wenn Tenia nicht auf die glorreiche Idee gekommen wäre, Zulia nach der Ausstellung zu besuchen, sondern ihr vorab eine Nachricht zu senden. Mit der Frage, ob sie sich treffen konnten, weil sie, für damals, um Verzeihung beten wollte. Dann hätte die andere Nullianerin die Möglichkeit gehabt, ja oder nein zu antworten. Oder ihre eine Feindseligkeit an den Kopf zu werfen. Tenia seufzte leise. Langsam, aber sicher sollte sie lernen, vorher über mögliche Ausgänge nachzudenken. Ob sie sich wirklich einen Anwalt würde suchen müssen? Ihre Eltern würden begeistert sein, wenn sie von dieser Sache erfuhren. Vor allem ihre Mutter, sie würde sich kaum zurückhalten können. Als sie damals erfahren hatte, was Tenia getan hatte, war das wie ein Waldbrand gewesen. Noch nie, noch nie, hatte sie ihre Eltern so wütend erlebt und noch nie hatte sie beide, oder irgendwen, so sehr enttäuscht. Damals hatte sie das als himmelschreiende Ungerechtigkeit empfunden und sich standhaft geweigert, zu Zulia zu gehen und sie um Verzeihung zu bitten (für was auch!?), was beinahe dazu geführt hatte, dass ihre Eltern ihr die Abreise zu den Jedi untersagt hätten (wozu sie nicht das Recht hatten!!!). All diese alten Geschichten, die ihr ganzes Ich geprägt hatten … Die Nullianerin hatte Zeit darüber nachzudenken und als Steven schließlich zurückkehrte, hatte sie beinahe vergessen, wo sie überhaupt war.

Sein Blick war so ernst, dass Tenia spürte, wie etwas hoffnungsloses in ihr aufkam. Sie würde sich einen Anwalt suchen müssen. Zulia hatte ihm vermutlich nicht zuhören wollen. Nicht gebrüllt, nicht hinaus geworfen und ihm nicht an die Kehle gegange, das war schon mal gut. Allerdings hatte Tenia keine Ahnung, was sie jetzt tun sollte. Gerade, als sie sich bedanken wollte, öffnete sich die Türe zum Besucherraum und es wurde nach Steven verlangt.
Erneut war Tenia allein, doch diesmal hielt sie es nicht sitzend aus, sondern stand auf und lief unruhig im Raum auf und ab. Obwohl die Uhr an der Wand verriet, dass diesmal nur wenige Minuten verstrichen waren, als Steven zurückkehrte, fühlten sie sich an wie Stunden.
Schon wieder war sein Blick ernst und am liebsten hätte sie ihn geschüttelt und ihm gesagt, dass er aufhören sollte, sie so auf die Folter zu spannen.
„Was auch immer du zu sagen hast: Sag es direkt“, kam leise, bittend.



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Die Hitze in Ketaris Prime war kein flackernder Sonnenbrand wie auf Wüstenwelten, sie war beständig, zäh und schwebte wie ein Film aus schwerem Metallstaub über den Straßen. Seit einigen Tagen schon war Brasso Nunkai hier. Er schlief in einer aufgegebenen Magnetkammer hinter dem alten Hangar-Distrikt, zwischen zerlegten Dockkränen und gerippten Frachtkisten, deren Ursprung niemand mehr kannte. Die Kammer war abgeschaltet, der Magnetismus tot, aber die Wände hielten die nächtliche Kälte einigermaßen ab. Er hatte den Raum nicht verschlossen. Wer sich in so einer Kammer verlaufen wollte, sollte wenigstens eine Taschenlampe dabeihaben. Brasso hatte sich wie immer nicht angemeldet, nicht registriert, nicht gefragt. Er hatte sich einfach eingefügt. Die Stadt war groß, geschichtet, vernarbt von wirtschaftlichem Ehrgeiz und politischer Neutralität. Ein Ort, an dem jeder alles verkaufen konnte, solange er den richtigen Anteil abgab. Zwischen neuen Türmen aus Glas und alten Fundamenten aus Maschinenknochen hatte er einen improvisierten Stand errichtet, kaum mehr als ein schattiges Vordach aus geborgenen Wärmeschildplatten. Dort bot er Schrott an, den er selbst geprüft und gereinigt hatte. Nicht viel. Aber gut genug, um sich einen Ruf zu verdienen.

Die ersten Käufer waren nicht zahlreich, aber bemerkenswert. Eine ältere Twi’lek, die einen alten Feuchtigkeitswandler suchte, den sie in ihrer Werkstatt zur Kühlung umfunktionieren wollte. Ein junger Nikto, stumm, aber aufmerksam, der sich für einen abgelaufenen Stromrichter interessierte, den Brasso ihm wortlos schenkte. Und dann war da noch
Lurra, eine menschliche Schweißerin mit schiefem Gang, die öfter kam als nötig. Sie hatte das Lachen einer Frau, die zu oft gebrochen und zu oft wieder zusammengeschweißt worden war. Brasso sprach nicht viel mit ihnen, aber er erinnerte sich an jedes ihrer Projekte. Er wusste, welche Art von Kupferdraht Lurra bevorzugte, und dass die Twi’lek keine Filter wollte, die nach Motor riechen. Er fragte nicht nach Geschichten. Aber er las sie in den Händen.

Heute roch die Stadt nach Ozon und Wundspray. Die Luft war angespannter als sonst. Auf dem Markt gingen Gerüchte um. Ein Pyke-Syndikatschiff war letzte Nacht außerhalb der Sensorzone gelandet, angeblich für "Logistikgeschäfte". Einige schworen, Mitglieder der Black Sun hätten in den Tiefgassen einen neuen Umschlagpunkt eingerichtet. Brasso hörte zu, sagte nichts. Er wusste, dass Gerüchte sich wie schwacher Strom verhielten: sie sprangen nur über, wenn der Widerstand niedrig genug war. Am Stand reparierte er gerade ein altes Wassermodul. Seine Hände bewegten sich langsam, aber sicher. Die Gelenke in seinen Fingern protestierten leise, ein stechender Schmerz zog durch die Handwurzel. Er ignorierte ihn. Seine Atmung war flach, der Dampf aus dem kleinen Lötkolben reizte seine Lunge. Er hustete nicht. Noch nicht. Neben dem Modul lag ein kleines Bündel: sein Notizbuch, das Multitool, ein neuer Fusionskontakt, den er aus dem Wrack eines Klärwerks extrahiert hatte. Alles ordentlich, alles still. Kein Glanz, kein Angebot, das Aufmerksamkeit erregte. Aber alles funktionierte.

Ein Kind kam vorbei, ein Mirialaner mit rotgefärbtem Haar, fragte nach einem Reflektor. Der Abednedo zeigte ihm einen alten Spiegel aus einem Astromech-Auge. Das Kind bot einen Credit. Brasso nahm ihn nicht.


„Wenn du ihn brauchst, nimm ihn“ sagte er mit dem verschmitzten Lächeln eines Mannes der wusste, dass er jemandem eine Freude bereitete.

Das Kind runzelte die grünliche Stirn.
„Wirklich? Ich kann später zahlen.

Brasso schüttelte den Kopf und wies auf das Objekt. „Wenn etwas nützt, soll es gebraucht werden. Das ist das Prinzip des Schrottes. Nichts ist wertlos, solange es etwas verbessern kann.“

Das Kind nahm den Spiegel mit beiden Händen entgegen, nickte und verschwand in der Menge.

Später, als die Schatten sich längten und der Markt sich zu leeren begann, trat
Lurra wieder an seinen Stand. Sie sagte nichts, setzte sich nur neben ihn und reichte ihm eine kleine, dampfende Schale. Etwas Warmes mit Reis. Er nahm sie an. Kein Dank. Kein Blick. Nur zwei Wesen, die wussten, dass der Tag sie beide nicht gefressen hatte.

„Die Leute reden von Ärger, Brasso,“ sagte sie schließlich. „Pyke, Schwarze Sonne, wie sie sich die Finger nach diesem Ort lecken. Und du? Sitzt hier und lötest alte Dichtungen.“

Er kaute langsam, ließ die Worte sacken wie Rost im Filter.

„Der Strom fließt, weil er muss,“ murmelte der Tech-Nomade. „Aber manchmal hilft ein Widerstand, den Funken zu lenken. Ich bin kein Held, Lurra. Ich bin nur jemand, der will, dass Dinge laufen.“

Sie schnaubte, grinste dann schief.
„Manche würden sagen, das ist Held genug.“

Mit der inneren Ruhe eines Rontos legte er das Werkzeug beiseite und streckte die müden Finger, wobei seine Gelenke unüberhörbar knackten.

Ich glaube nicht an Helden. Nur an Schrauben, die halten. Und an Menschen, die sich darum kümmern.“

Einen Moment lang schwieg sie bedächtig, betrachtete ihn einen Moment und nickte dann bedeutungsschwer.
„Und ich glaube, ich komm morgen wieder. Meine Energiekammer macht seltsame Geräusche. Klingt wie ein Echo im Gehäuse.“

Er lächelte nur schwach und zitierte leise: „Alles hat ein Echo, selbst was man zerstört.“

Und dann saßen sie wieder schweigend da, bis sie sich von ihm verabschiedete und ihn seinen eigenen, zerstreuten Gedanken überlies. Der Abend senkte sich über die Stadt und für einen flüchtigen Moment schien der Ort ruhig, klar und für ein paar reparierte Sekunden fast ganz.

Bis der Schatten fiel.

Zuerst war es nur ein Flackern im Licht, ein Knistern, wie es von entladenen Kondensatoren stammt, wenn sie zu lange falsch gelagert wurden. Dann folgte das dumpfe Geräusch von Stiefeln auf dem Blechdach, das sein Vordach beschattete. Kein Marktbesucher, keine Modifizierergang mit leerem Magen trat so. Brasso blickte nicht sofort auf. Er wartete. Hielt inne. Der Strom im Modul war noch nicht vollständig entladen. In seiner rechten Hand, zwischen Zeige- und Mittelfinger, lag eine kleine, fast unsichtbare Drahtspule. Er fühlte die Spannung, die noch in ihr lauerte. Dann die Stimme. Hart, geschnitten wie durch ein Comlink, das zu oft mit Nikto-Stimmlagern verbunden war.


„Du bist Brasso Nunkai. Jemand hat dich erwähnt. Jemand, der seine Schulden nicht mehr zahlen kann.“

Brasso sah langsam auf.

Zwei Schatten, zwei Silhouetten mit Gesichtern, die keine Geschichten kannten – nur Bilanzen. Sie trugen keine Farben, keine Zeichen, aber ihre Haltung war eindeutig. Einer von ihnen kaute Kiba-Wurzel, der andere trug ein glattes Gehäuse unter der Jacke, das sich wie ein Kommlink oder ein stillgelegter Blastergriff anfühlte. Brasso’s Blick ruhte einen Moment zu lange auf der abgebrochenen Antenne, die aus einer ihrer Jackentaschen ragte – ein Stück Alttechnik, das falsch eingesetzt tödlich enden konnte.

Der Abednedo sagte nichts. Noch nicht. Nur sein rechter Daumen bewegte sich leicht, tastete über die Spule, fühlte den minimalen Reststrom, wie ein Herzschlag, der noch nicht ganz zum Stillstand gekommen war. Dann blitzte in seinem Blick ein Gedanke auf. Nicht Furcht. Nicht Trotz. Nur ein leises, mechanisches Erwägen.

Etwas stimmte hier nicht.

Und ganz in der Nähe. kaum mehr als drei Gassen entfernt. hörte er ein bekanntes Geräusch: Das Sirren eines Lüftungssystems, das nur Modelle aus der Zeit der Klonkriege von sich gaben. Eines, das er heute Morgen repariert hatte. Es klang… falsch. Viel zu schnell. So, als würde sich ein Druck aufbauen.


Brasso Nunkai blinzelte. Etwas war in Bewegung geraten. Etwas, das nicht in seiner Hand lag. Noch nicht.

Aber vielleicht bald.


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Das Sirren war nicht mehr nur ein mechanisches Flüstern. Es war zu einem tiefen, kehligen Grollen angewachsen, das zwischen den Wänden der umliegenden Gebäude widerhallte, wie das Aufbäumen eines alten Ungetüms, das zu lange geschlafen hatte. Ein Ungetüm, dessen Atem nun durch die Stromleitungen der Stadt kroch, auf der Suche nach Schwachstellen oder nach jemandem, der es geweckt hatte. Der Abend hatte sich längst über Ketaris Prime gelegt, aber das Licht war nicht sanft geworden. Es war ein fahles, kaltes Schimmern, das sich in den metallischen Oberflächen der Stadt spiegelte und jede Bewegung in den Schatten zerriss. Brasso Nunkai spürte es, noch bevor er es sah. Etwas war aus dem Gleichgewicht geraten. Nicht in der Technik. In der Atmosphäre. In der Art, wie die Luft vibrierte, wie sich die Stimmen der Passanten zu senken begannen. Nicht aus Rücksicht, sondern aus Furcht.

Die beiden Männer, die vor ihm standen, gehörten nicht hierher. Nicht zu diesem Markt, nicht zu den stillen Austauschregeln aus Teilen und Gefallen, aus Blicken und Reparaturen. Einer von ihnen kaute noch immer Kiba-Wurzel, der scharfe, süßlich-stechende Geruch hing in der Luft wie ein Warnsignal. Ein Dowutin, wie Brasso nun mit Gewissheit sah. Die dicke, narbige Haut glänzte ölig im Licht, und seine hervorstehende Stirn war übersät von feinen Rissen. Wo normalerweise zwei Hörner aus dem Kinn ragten, war nur eins angeboren, das zweite war wohl bei der Ausübung seiner Profession gesplittert und musste durch eine metallische Prothese ersetzt werden. Die Bewegungen des riesigen Wesens wirkten gelassen, fast nachlässig, doch Brasso wusste, dass gerade diese Art die gefährlichste war. Er hatte den Gang jener verinnerlicht, die nie um Erlaubnis fragten, wenn sie etwas nahmen.
Der zweite war humanoid, wahrscheinlich ein Balosar. Die Antennen zuckten gelegentlich in der dünnen Luft, als wären sie auf der Suche nach einem besseren Signal. Die Jacke saß zu glatt, zu symmetrisch. Kein Arbeiter trug so etwas freiwillig. Und aus der Tasche ragte noch immer diese Antenne, alt, aber nicht funktionslos – ein improvisiertes Gerät, vielleicht zum Stören, vielleicht zum Senden. Vielleicht auch einfach nur, um zu zeigen: Wir wissen, wie man Systeme stört.

Der Tech-Nomade antwortete nicht, stattdessen beobachtete er, wie sich der Markt mit dem Eintreffen der beiden verändert hatte. Die Twi'lek Vazne'olan war verschwunden, ihre Ersatzteile zurück in der Tasche verschwunden, lugte sie hinter einer Servostation hervor. Der Nikto Giran Shi'en, sonst stets an der Ecke und beschäftigt, hatte sich in den Schatten eines Kühlcontainers zurückgezogen. Und selbst Lurra, die nie schnell ging, hatte sich an die andere Seite des Platzes begeben, unter dem Vorwand, etwas zu holen, was sie längst besaß. Einige Astromech Droiden surrten hin und her, scheinbar gefangen zwischen ihren Selbsterhaltungsprotokollen und Auftragsroutinen, ungewiss was Priorität hatte. Nur das Sirren blieb, als Echo dessen, was unausgesprochen zwischen den Ständen schwebte. Der Geruch von Isolieröl war plötzlich stärker, gemischt mit dem fahlen Beigeschmack von ozonhaltiger Spannung. Brasso schmeckte ihn auf der Zunge: Metallisch, trocken, wie der Vorbote eines Kurzschlusses.


„Wir stellen Fragen,“ sagte der Balosar, die Stimme nun klarer. „Und du gibst Antworten.“

Seinen Kopf hebend, blickte er die beiden Gestalten über seine metallische Hutkrempe an. In den Sensorlinsen des Balosars spiegelte sich sein Gesicht, zerfurcht, kantig, erschöpft und Zeuge eines mühseligen Lebens im Schatten der großen Wohntürme. „Manchmal ist es besser, wenn ein System nicht antwortet. Dann weißt du wenigstens, dass es noch lebt.“

Ein Moment der Stille. Der Balosar schien mit der Antwort unzufrieden, wenn nicht gar verwirrt. Er kniff die Augen zusammen, verzog den Mund und sah seinen Begleiter mit einer Ratlosigkeit an, die davon zeugte, dass kein Handbuch krimineller Machenschaften ihn auf eine solche Reaktion vorbereiten konnten. Dann trat der Dowutin einen Schritt näher, das Wesen dass nicht mit Handbüchern sondern grausamer Erfahrung lernte. Der Geruch von verbrannter Haut und synthetischem Alkohol ging von ihm aus.

„Du bist kein Dummkopf, Nunkai. Und das ist gut. Dummköpfe enden schnell unter Frachtmodulen. Uns wurde gesagt, du hast Informationen. Über Lieferwege. Über gewisse... Rückstände, die in letzter Zeit aus alten militärischen Depots verschwinden.“

Brasso schwieg. Er spürte das Zittern unter seinen Füßen wieder. Ein Reststrom, der aus der Kupplung unter seinem Tisch kroch, wie ein schlafender Reaktor, der ahnte, dass er bald wieder gebraucht würde.

„Wir sind keine Schläger,“ fuhr der Balosar fort. „Wir sind Geschäftsleute. Gute Geschäfte leben von Vertrauen. Gib uns das, was wir brauchen und wir kommen nicht wieder. Verweigere dich und vielleicht beginnt dein Stand morgen, eigenartige Geräusche zu machen. Vielleicht dringt plötzlich Gas durch deine Isolatoren. So was passiert."

Der Balosar näherte sich einem Rohr neben dem Stand des Abednedo, sah es sich an als prüfe er fachmännisch dessen Zustand. Der Tech-Nomade war kein Mann von Kultur, doch selbst er erkannte Schauspiel, dass so dilettantisch zur Schau gestellt wurde.

Für einen weiteren Moment sah ihn der Tech-Nomade ruhig an.
„Alles zerfällt aber man entscheidet, wie man mit dem Zerfall umgeht. Ihr wollt Informationen. Ich will, dass meine Kunden keine Angst haben müssen, wenn sie einen Reflektor kaufen. Was ihr hier tut, ist kein Geschäft. Das ist Einschüchterung.“

Ein Windzug fegte durch die Gasse. Staub wirbelte auf. Irgendwo knirschte eine Ladeklappe. Das Licht flackerte, als würde es sich selbst nicht mehr trauen. Maschinen, die sonst in regelmäßigen Takten klickten oder zischten, wurden plötzlich still. Selbst das leise Summen eines Datenpads am Nebentisch erstarb, als hätte der Strom Angst, sich zu verraten. Der Dowutin fletschte die Zähne und hielt den Balosar davon ab das Offensichtliche auszusprechen. Stattdessen setzte das Ungetüm anders an, wohlwissend, dass sie hier beobachtet wurden.

„Du bist mutig, Schrottmann. Zu mutig. Aber du hast Glück. Heute ist kein Tag für Blut, nur für Botschaften.“

Er trat näher, zog aus der Innenseite seines Mantels einen kleinen Gegenstand, ein defekter Komlink, auf dessen Display ein blinkender Punkt zu sehen war. Das Gerät piepte leise, als würde es zählen.

"Sei kein Held, Nunkai. Ich bin ausnahmsweise geduldig, weil du lustig bist. Du hast noch drei Tage, dann wollen wir was hören. Und glaub mir, wir hören gut."

Sie gingen nicht sofort. Sie drehten sich langsam um, ließen die Blicke über die Marktstände gleiten. Wo eben noch Bewegung geherrscht hatte, war jetzt nur noch Stille. Ein Kind, das sich an einem Generator festgehalten hatte, rutschte erschrocken ab und verschwand hinter einem Müllcontainer. Die Präsenz der beiden war wie ein Fehler im System, genauso spürbar wie gefährlich.
Als sie endgültig verschwanden, blieb ihre Spur in der Luft wie ein Brandgeruch. Der Markt atmete erst zögerlich auf. Die Maschinen erwachten nicht sofort, als wollten sie sich vergewissern, dass der Schatten wirklich weitergezogen war. Brasso ließ sich wieder nieder. Seine Beine schmerzten, die Gelenke pochten im Rhythmus der Nacht. Er beugte sich vor, legte die Hand auf die vibrierende Kupplung. Noch eine Minute, dann musste er das System drosseln, bevor das Viertel im Dunkel versank. Er hob seinen metallischen Hut, um Schweiß von seiner Stirn mit einem Lappen aufzuwischen, bei dem man nicht wusste, ob dieser die Stirn nicht dreckiger machte, als sie es zuvor war. Er arbeitete in Stille. Kein Triumph. Keine Furcht. Nur Konzentration. Der Schweiß auf seiner Stirn war nicht Ausdruck von Angst, sondern von Anstrengung, vom Atem, der flach in seiner Brust saß, durch die vernarbten Lungen kroch, begleitet vom bitteren Nachgeschmack alter Abgase.

Als die Spannung sank und das Sirren verstummte, atmete er durch. Flach, kratzend, aber stetig.

Man hatte ihn gewarnt.

Das Prinzip des Stroms hatte gesprochen.

Jetzt war es an ihm, zu antworten. Und vielleicht zu reparieren, was längst nicht mehr reparabel schien.



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~ Ketaris ~ Stadt ~ Gefängnis ~ Besuchsraum~ Tenia Lumiran und Steven ~

Steven blieb in der Tür stehen, noch ehe er ganz in den Raum trat. Sein Blick fand sofort den ihren – und er konnte sehen, wie unruhig sie war. Sie war aufgestanden, hatte sich bewegt, als müsse sie die Enge des Raumes von sich abschütteln. Er spürte die Spannung in der Luft, wie ein Seil, das kurz davor stand zu reißen. Steven atmete tief ein, sein Brustkorb hob sich und er fühlte die stickige Gefängnisluft die von alten Möbeln und staubigen Akten durchzogen war in seiner Nase. Es war keine Luft die man für längere Zeit im Körper behalten wollte, doch auch die Anspannung in Steven verlangte ihren Preis. Der Baron von Cirrus hielt die Luft an. Gefühlt für eine halbe Ewigkeit. Nur Tenias leises, fast bittenden „Sag es direkt“ Schnitt durch die Stille des Raumes und erinnerte den, in Gedanken versunkenen, Baron ans Ausatmen. Er wusste, er konnte die Nachricht nicht noch länger hinauszögern, wollte es auch gar nicht. Wie ein sprichwörtlicher Stein fiel es von dem Jedi-Ritter ab.

„Sie.. Sie hat ihre Aussage zurückgezogen.“

Die Worte waren einfach, beinahe nüchtern ausgesprochen, doch in den Augen von Tenia sah er sofort, wie viel sie bedeuteten. Der Knoten in seiner Brust lockerte sich ein Stück, doch nicht genug, um ihn wirklich frei atmen zu lassen. Er wusste, was es für sie bedeutete. Doch irgendwie machte die Situation auch etwas mit ihm, etwas, dass er so gar nicht von sich kannte. Hatte er richtig gehandelt? Hätte es einen anderen Weg gegeben?


„Das heißt, du wirst hier nicht länger festgehalten. Siehst du: kein Anwalt, kein Skandal. Nur die Wahrheit, wie wir es verabredet haben.“

Er versuchte, es mit einer gewissen Leichtigkeit zu sagen, doch seine Stimme klang härter, als er beabsichtigt hatte. Vielleicht, weil in ihm noch immer ein Rest von Zerrissenheit war. Er hatte Zulia überzeugt, ja. Aber war es wirklich reine Überzeugung gewesen? Ihre eigene freie Entscheidung? Oder war es am Ende doch seine Präsenz, seine Art, sein Auftreten? Vielleicht unbewusste Manipulation? Oder schlicht die Wahrheit in einem Kleid, das sie akzeptieren konnte? Er wusste es nicht, und der Gedanke, dass er vielleicht unbewusst eine Grenze überschritten hatte, nagte an ihm. Er war Jedi. Er war Thronerbe des Planeten Cirrus. Das konnte einschüchtern, ohne, dass man es wollte.

Tenia sah aus als ob sie etwas zu ihm sagen wollte und gleichzeitig als ob sie noch auf eine weitere Botschaft wartete. Vielleicht nach Bestätigung, dass es wirklich wahr war, vielleicht nach dem Haken an der ganze Sache, nach der Falltür. Doch den gab es nicht. Im Gegenteil: Die Macht war ihnen wohl gesonnen.


„Sie will nicht mit dir reden. Und ob sie es jemals tun wird.. Ich weiß es nicht,“ fügte Steven leise hinzu. „Aber du bist frei.“

Er merkte erst jetzt, wie sehr er selbst dieses Wort brauchte. Frei. Nicht nur sie – auch er, der das Gewicht dieser Stunden mitgetragen hatte.

Die Wache trat ein, löste schweigend die Fesseln von
Tenia und bedeutete ihnen, ihm zu folgen. Kein weiteres Wort. Nur das Knacken des Türmechanismus und die kühle Luft, die ihnen auf dem Weg nach draußen entgegenströmte. Draußen empfing sie die helle, laute Welt wieder mit offenen Armen.


„Ich vermute du willst hier unbedingt weg, doch lass uns diesen Planeten nicht mit einem schlechten Eindruck verlassen. Hier in der Nähe ist ein kleiner Markt, was denkst du?“ fragte Steven. Er war neugierig auf das wahre Gesicht von Ketaris. Vielleicht war es rau, vielleicht war es ehrlich, vielleicht aber war dieser Planet auch gar nicht so schlimm. Von der ungerechten Justiz mal abgesehen.

Der Markt war voller Leben – Händler, die lautstark ihre Waren anpriesen, der Geruch von Lebensmitteln, gebratenem Fleisch und süßem Gebäck, Kinder, die zwischen den Ständen hindurchrannten, hier und da eine dunkle Gestalt die ihrer eigenen Wege ging. Ein Chaos, das seltsam friedlich wirkte nach der kargen Stille des Gefängnisses. Der Baron spürte wie die Macht an diesem Ort floss, wie Leben sich gegenseitig beeinflussten.

Steven blieb kurz stehen, sah hinüber zu Tenia. Sie wirkte, als müsse sie noch begreifen, dass sie wirklich wieder hier war, nicht hinter Mauern, sondern mittendrin im Leben. Ihr Blick war voller Hoffnung und gleichzeitig voller Unsicherheit. Was ging in ihrem Kopf vor? Und was ging überhaupt zwischen ihnen beiden vor?


„Komm,“ sagte er leise und deutete mit einem kleinen Nicken auf die Stände. „Ein wenig frische Luft. Und vielleicht… etwas Süßes. Zur Abwechslung keine Probleme.“ Der Baron lächelte die Nullianerin verlegen an.

Sie gingen nebeneinander, langsam, zwischen den Stimmen, den Düften, den Farben des Marktes. Steven spürte die Wärme der Menge, hörte das Murmeln, das Lachen, das Handeln und zum ersten Mal seit Stunden nicht nur die Sorge um Tenia. Doch innerlich blieb ein Rest Unruhe. Er hatte sein Ziel erreicht, doch wie ging es nun weiter? Was stand zwischen ihnen? Und was waren sie füreinander? Er war ein Jedi-Ritter und konnte mit der Macht die Gefühle und Gedanken anderer beeinflussen, doch seine eigenen verstand er nicht mehr? Was für eine absurde Kombination.

Tenia neben ihm wirkte erleichtert, beinahe gelöst, und er wollte diesen Moment nicht zerstören. Also schwieg er, während sie durch den Markt schlenderten – und ließ den Gedanken an Zulia, an ihre Worte, an den Schatten ihrer Vergangenheit für einen Augenblick in den Hintergrund treten. Die beiden Jedi kamen an einen, so wirkte es zumindest, zentralen Punkt dieses Marktes. Ein vertrockneter Brunnen mit Bänken stand in der Mitte, davor die bunten Stände der Händler und geschäftiges Treiben. Steven und Tenia gönnten sich einen Moment der Ruhe. Sein Blick lag für wenige Minuten auf ihrem Gesicht. Ihre Augen blickte dem Treiben auf dem Markt zu. Dann durchbrach er die Stille, irgendwie gab es da einen Drang um seine Gefühle zu sortieren, er musste wissen was hier zwischen ihnen vor sich ging.


Außerhalb von Gefängnissen scheint es ja doch ganz angenehm zu sein.sagte er mit einem leicht ironischen Unterton, um die Situation aufzulockern.

"Ich bin froh, das wir hier zusammen sind.." sagte er und blickte einem Droiden zu, der mit fröhlich pfeiffenden Piepton an ihnen vorbeirollte.
Steven merkte, wie die Worte, kaum ausgesprochen, einen Beigeschmack bekamen. Er hatte sie beiläufig formuliert, halb im Scherz, halb aus dem Bedürfnis heraus, das Schweigen nicht länger stehen zu lassen. Doch jetzt, in der Luft zwischen ihnen, klangen sie schwerer, als er beabsichtigt hatte.

„Ich meine…“ setzte er nach, den Blick noch immer auf den kleinen Droiden gerichtet, der piepsend in der Menge verschwand. „…ich bin froh, dass du nicht mehr da drinnen bist. Dass wir das hinter uns gebracht haben.“

Er hörte selbst, wie hastig es klang, wie sehr es nach einer Korrektur roch. Aber er konnte nicht mehr zurück. Er sah sie an, und in ihrem Gesicht lag diese Mischung aus Müdigkeit, Erleichterung und etwas anderem, etwas, das er nicht benennen wollte, aus Angst, es könnte zu nah an dem sein, was er selbst spürte. Sie saßen nebeneinander auf der kühlen Steinbank, das geschäftige Treiben des Marktes vor sich. Händler riefen ihre Preise, irgendwo lachte ein Kind, und der Duft von süßem Gebäck hing immer noch schwer in der Luft. Doch zwischen ihnen herrschte ein anderer Klang, leiser, ernster, beinahe verletzlich.

Steven lehnte sich ein Stück zurück, verschränkte die Arme, als wolle er sich damit selbst bremsen. Was tue ich hier? Er war hergekommen, um ihr zu helfen, um eine Angelegenheit zu klären, nicht, um sich in diesen Abgrund von unausgesprochenen Gefühlen zu stürzen. Und doch… er konnte nicht anders.


„Weißt du,“ sagte er schließlich, leiser diesmal, ohne Scherz, „ich hätte nicht gedacht, dass mir das so nahegeht. Dass ich… so sehr darauf achten würde, wie es dir geht. Eigentlich sollte ich objektiver sein. Distanz halten.“

Er lachte trocken, ein Laut ohne Freude. „Aber das kann ich nicht. Nicht bei dir.“

Er bemerkte, wie sich seine Hände leicht anspannten, als wollte er sie zu Fäusten ballen. Doch er zwang sich zur Ruhe, sah wieder auf den Markt hinaus, als wäre das Gewimmel dort die einfache Antwort auf seine Zerrissenheit. Schließlich senkte er den Kopf, fast verlegen.

„Vielleicht ist das mein Problem, Ini,“ murmelte er leise, so, als spräche er eher zu sich selbst als zu ihr. „Dass es bei uns nie nur einfach ist und ich nicht einmal weiß, ob genau das gut oder schlecht ist.. oder was es überhaupt ist.“

Als er wieder zu ihr sah, war für einen Augenblick nichts von der gewohnten Fassade aus Leichtigkeit oder pragmatischer Härte zu erkennen. Kein Jedi-Ritter. Kein Baron von Cirrus. Kein gestandener Krieger. Nur ein Mann, der neben ihr saß und spürte, wie sehr ihn diese Nähe durcheinanderbrachte.



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Der Abend und mit ihm die Besuchenden des Handelsforums von Ketaris Prime atmeten wieder gleichmäßiger, doch für Brasso war das Flimmern in der Luft geblieben. Er ließ das Komlink absichtlich sinken, ohne eine Antwort zu versuchen. Das Rauschen hatte sich nicht gelegt, sondern bloß zu einer Ahnung verwandelt.
Mit langsamen Bewegungen brachte er das kleine Gerät unter der Platte in eine isolierte Halterung, schloss es von seinem System ab, bevor es Schaden anrichten konnte. Dann richtete er sich auf, streckte die Gelenke, während sein Blick in der Gasse verweilte. Der Fremde war verschwunden. Keine Spur. Kein Abdruck. Nur eine leichte Senke im Staub, wo die Füße gestanden hatten. Die Atmosphäre auf dem Markt hatte sich verändert. Nicht aus Angst, sondern aus Stille. Die Händler arbeiteten wieder, doch gedämpfter als zuvor. Niemand sprach über die Männer, die gekommen waren. Niemand fragte, was Brasso gefunden hatte. Das Handelsforum lebte weiter, aber es hielt den Atem an.

Ein alter Ithorianer, dessen Stand eine Etage höher auf einer vergitterten Rampe lag, warf ihm einen Blick zu – lang, wissend. Brasso nickte kaum merklich. Der andere erwiderte es. In der Sprache derer, die überleben mussten, war das mehr als Zustimmung. Es war Respekt. Der Tech-Nomade begann, seine Werkzeuge zusammenzupacken und sorgfältig zu verstauen, bevor er es mit einem Schloss versah. Der Verkauf für heute war vorbei. Die Ströme des Forums hatten sich verändert, die Ordnung war nicht mehr dieselbe. Es war das Prinzip des Scanners, das in ihm arbeitete. Gefahr und Nutzen lagen dicht beieinander, aber sie wollten unterschieden werden. Und manchmal, wusste er, war Rückzug kein Zeichen von Schwäche, sondern Vorbereitung. Langsamen Schrittes machte sich der Tech-Nomade auf den Weg. Seine Schritte hallten dumpf auf dem Gitterboden der oberen Promenade. Der Schweiß auf seiner Stirn war kalt geworden, der Druck auf seiner Brust eine Erinnerung daran, wie wenig Atem ihm manchmal blieb. Doch der Spaziergang war wichtig. Bewegung half, Ordnung zu finden – innerlich wie äußerlich.

Die Passagen entlang der westlichen Ausbuchtungen waren ruhiger um diese Zeit. Zwischen Geruch von Gewürzen, heißem Öl und Elektroschrott hingen kleine Laternen, und die Gespräche klangen leiser, konzentrierter. Dort sprachen Händler über Preise, nicht über Gewalt. Über Versorgungslücken, nicht über Angst. Eine Twi'lek mit gebrochener Sprachmatrix in ihrem Sprachmodulator bot Handfilter aus Dampfminen an. Ein Chadra-Fan murmelte halblaute Gebete über das richtige Kalibrieren eines Wasserkondensators.
Brasso blieb stehen, lauschte, ohne sich einzumischen. Hier war das Herz des Forums. Kein Ort der Macht, sondern einer der Reparatur. Alles konnte wieder instand gesetzt werden – sogar Vertrauen. Ein Gedanke, der zu seiner Philosophie passte.

Er wollte gerade weiter, als er sie hörte.

Zivilcourage war auf einem Ort wie Ketaris Prime kein Leuchten im Dunkel, sondern ein defektes Relais, das funkte, obwohl es längst ersetzt werden sollte. Brasso wusste, dass es klüger gewesen wäre, wegzusehen. Auf dem Markt galten andere Gesetze, andere Reaktionen. Doch er hatte nie gelernt, Ungerechtigkeit zu ignorieren. Seine Philosophie erlaubte kein funktionierendes System, wenn eine einzige Leitung offen lag, und das tat sie nun: offen, verwundbar und unter Druck.
Es war der Moment, in dem Gedanken zur Entscheidung werden. Nicht weil die Zeit drängt, sondern weil Schweigen mitschuldig macht.
Am Rande der Gasse, hinter einem abgestellten Gleiter, sah er sie. Drei Silhouetten. Ein Kubaz mit dem gleichen glattgeschnittenen Mantel wie der Balosar, den er heute gesehen hatte. Ein anderer, ein Zabrak, war schmal und nervös, bewegte sich zu schnell für einen gewöhnlichen Arbeiter. Der dritte war massig, ein Nikto mit rauer Haut, die sich im Licht wie alte Rüstung schimmerte. In ihrer Mitte eine Händlerin. Älter, verwittert vom Staub der Jahre, aber aufrecht. Ihre Hände erhoben, nicht aus Angst, sondern aus Würde.


„Ich zahle nicht für Schutz, den ich nicht brauche,“ sagte sie. Ihre Stimme war ruhig, aber entschlossen.

Der Nikto trat einen Schritt näher, packte sie grob am Arm. „Dann zahlst du bald für Reparaturen. Vielleicht an dir selbst.“

Brasso spürte, wie sich etwas in ihm verhärtete. Etwas Altes. Etwas, das er auf Bracca zu oft erlebt, aber nie akzeptiert hatte. Der Moment, in dem ein System versagt. In dem Gerechtigkeit nur noch Theorie ist, wenn niemand sie verteidigt. Der Abednedo wusste, dass Worte kaum etwas ändern würden. Dass Gewalt nicht in sein Handwerk passte. Aber auch das Prinzip des Stroms hatte seine Grenzen, wenn zu viel Spannung auf einer Leitung lag, musste sie entladen werden.
Brasso spürte was er tun würde, bevor er es dachte. Die Beine bewegten sich, als hätten sie es satt, zu schweigen. Der Körper folgte einem Impuls, der tiefer lag als Angst.

„Lasst sie los,“ sagte er. Nicht laut. Aber bestimmt. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, klopfte er mit dem unteren Ende seines Gehstabs fest und bestimmt auf den staubigen Boden.

Die Männer drehten sich um. Einer lachte.
„Du schon wieder. Von dir haben wir schon gehört: Der Schrottmann ohne Strom.“

Hohn war ihm egal. Brasso blieb stehen. Nah genug, dass sie ihn sehen konnten. Fern genug, dass er nicht sofort in Reichweite war. „Wenn ihr ein System stört, müsst ihr mit Rückkopplung rechnen.“

„Was hast du gesagt?“ fragte der Kubaz, der zur Gruppe gehörte mit seiner nasalen, vom Vocoder verzerrten Stimme.

„Das Prinzip des Stroms,“ antwortete Brasso. „Widerstand ist kein Fehler. Er bedeutet, dass Energie da ist.“

Er trat vor. Ein Schritt. Zwei. Die Männer sahen sich an. Dann bewegten sie sich gleichzeitig.

Der Abednedo hatte den Gehstab nun erhoben und mit beiden ölverschmierten Händen umschlossen. Ein schweres, improvisiertes Werkzeug, das eher nach Verschleiß als nach Waffe aussah. Er schwang ihn in einem weiten, verzweifelten Bogen, der einen der Angreifer leicht am Unterarm traf. Ein kurzes Zucken, ein Fluch, doch mehr war es nicht. Der Nikto wich aus, trat ihm gegen die Hand, sodass der Stab zu Boden fiel und scheppernd auf dem Gitter landete. Dann kam der erste Schlag. Präzise und hart, mit der Wucht eines Schraubenschlüssels. Er traf ihn in die Rippen, ließ die Luft aus seiner Lunge entweichen wie aus einem überhitzten Ventil. Der zweite kam tiefer, gegen die Schulter, ließ seine Gelenke aufheulen. Brasso taumelte, versuchte das Gleichgewicht zu halten, doch seine Knie gaben nach.


Der Nikto packte ihn am Kragen seiner öligen, schmutzigen Kleidung und riss ihn wieder hoch. „Keine großen Reden mehr, Bastler. Jetzt ist dein Sendemodul dran.“

Ein Faustschlag ins Gesicht. Dann ein Tritt gegen das Bein und raubte ihm sowohl Atem als auch das Gleichgewicht. Brasso Nunkai ging zu Boden. Die Welt kippte mit ihm. Lichter verzogen sich zu Streifen. Stimmen wurden dumpf. Der Staub schmeckte nach Öl und Metall. Sein Atem war flach, röchelnd. Jeder Zug ein schmerzhafter Sieg über die Narben in seiner Brust. Die Schläge hörten nicht auf bis es dunkel um ihn herum wurde. Sendepause.

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~ Ketaris ~ Stadt ~ Handelsforum~ Steven Crant, Tenia Lumiran und viele andere Wesen, etwas entfernt Brasso Nunkai ~

Tenia wusste nicht, ob Steven den Spannungsbogen absichtlich aufbaute, doch wie er so in der Türe stand, tief einatmend und schweigend, hätte sie ihn am liebsten angebrüllt und ihn gefragt, was an ‚sofort‘ er nicht verstanden hatte. Seine blauen Augen bohrten sich in ihre und die aufkommende Stille war unerträglich, wie der schlimmste Lärm den man sich vorstellen konnte. Die Nullianerin atmete nicht, auch nicht, als das erste, zögerliche ‚sie‘ kam. Zulia hatte die Aussage zurückgezogen? Tenia konnte noch immer nicht atmen, denn Steven klang, als würde er lügen. Dann erst, nach einem Zögern die Versicherung, dass sie freu war, dass man sie nicht länger festhalten würde. Ohne Anwalt, ohne Skandal, wie sie es verabredet hatten. „Irgendwie klingst du, als wärst du nicht überzeugt.“ Oder, als gefiele ihm all das überhaupt nicht und das verunsicherte die Nullianerin mehr, als sie zugeben wollte. Lag es nur daran, dass Zulia nach wie vor nicht mit Tenia reden wollte? Erst, als Steven erklärte, dass sie frei war, fühlte Tenia den Anflug von Erleichterung, der sich breit machen wollte, sich aber noch vorsichtig umsah, als müsse er sich vergewissern.
„Danke, Steven“, kam dennoch direkt aus ihrem Herzen. „Wirklich, danke.“ Wie gerne hätte sie ihn in diesem Augenblick umarmt, aber die Art, wie Steven gesprochen hatte, hielt sie davon ab und ihre Überlegung wurde ohnehin unterbrochen, als die Wache eintrat und ihre Fesseln löste.
Erst an der frischen Luft atmete Tenia laut aus und zog sich zuallererst die Schuhe aus, was ihr endlich versicherte, dass sie frei war.
„Ich wollte unbedingt aus der Zelle“, bestätigte sie, „ein kleiner Markt?“, sie fand endlich zu ihrem Lächeln zurück, „klingt nach einem guten Abschluss.“

Jetzt zeigte sich Ketaris von einer anderen Seite, so viele Wesen, die umherliefen, ihren Erledigungen nachgingen. Die Schwere der Zelle hatte hier draußen keine Bedeutung mehr. Die Luft war anders, die Enge des Raums verschwunden. Trotzdem war etwas geblieben, dass nichts mit der Situation von eben zu tun hatte. Hatte die entfernte Fessel das Gefühl vermittelt, gelöst zu sein, hatte sich etwas anderes um sie und um Steven gelegt, das Tenia schwer benennen konnte. Es lag auch in seinem verlegenen Lächeln, das folgte, als er vorschlug etwas Süßes zu kaufen und etwas ohne Probleme.

Sie liefen nebeneinander, berührten sich nicht und in Tenias Innerem tauchte eine seltsame Ambivalenz auf. Sie wollte Steven berühren, irgendwie. Seien Hand nehmen, ihn streifen, aber da war etwas – ein Widerstand, eine Grenze, etwas, das genau das verhinderte und Tenia spürte, wie dieses namenlose etwas immer unangenehmer wurde. Da war das Reden und Lachen all der anderen, laute Stimmen, ruhigere, Straßenmusik, verschiedene Gerüche. Etwas, das es eigentlich wert war, zu genießen, genauer zu beobachten, doch es gelang der Nullianerin nicht.
Steven machte es nicht besser, als er ironisch anmerkte, dass es außerhalb von Gefängnissen angenehm war. Das wäre es gewesen, wäre das, was da in der Luft war, anders, hätte es Form oder Namen, im besten Falle beides.
Er war froh, dass sie hier zusammen waren? Tenia sah auf, suchte Stevens Blick, der den seinigen allerdings auf einen Droiden geheftet hatte. Was, bei den Wäldern Nulls, ging hier vor? Sie wollte fragen, doch Steven setzte erneut an. Hastig, als wäre das, was er zu sagen hatte, unangenehm. Er war froh, dass sie nicht mehr im Gefängnis saß, dass sie das hinter sich gebracht hatten. Und doch klang er nicht froh oder erleichtert, sondern … schwer? Zum Glück setzen sie sich, denn Steven sprach weiter und Tenia spürte, wie ihr Herz schwerer wurde, schneller schlug. Was er sagte, es erinnerte sie an ihr letztes Gespräch. Ein Gespräch, das, dachte sie erneut darüber nach, offengeblieben war. Ein Gespräch über ihre Beziehung, ihre Freundschaft, nein, ihre Gefühle. Tenia wusste, dass Steven verliebt in sie war. Sie wusste es, seit ihrer letzten Begegnung, vielleicht, ja vielleicht wusste sie es sogar schon ein bisschen länger.

Ini.

Schon einmal hatte er sie so genannt (sonst war die einzige, die sie je so genannt hatte, ihre Mutter gewesen) und schon einmal hatte Tenia sich gewünscht, dass er diesen Namen genau so noch einmal sagen würde. Damals hatte sie genau so große Angst davor gehabt wie jetzt, denn Steven löste viel zu viel in ihr aus. Sie wusste, dass er verliebt war? Ja. So wie sie wusste, dass es ihr nicht anders ging. Als er sie jetzt ansah, leise, ernsthaft erklärte, nicht zu wissen, was das war, was sie beide verband, erinnerte er sie nicht im Entferntesten an den jungen Mann, in den sie sich schon damals verliebt hatte. Jetzt wirkte er verletzlich. Authentisch. Und wäre sie nicht längst verliebt gewesen…
Sie atmete aus, einmal, zweimal, sah erst auf den Boden, dann wieder zu ihm.

Ich war schon einmal verliebt, auf Null“, begann sie, ebenso leise wie er. „Die meisten auf Null lieben die Jagd, ich hasse sie. Was ich liebte war, denen, die Urlaub auf Null machten, den Planeten zu zeigen.“ Sie hatte sich immer verbunden gefühlt, mit der Natur, mit den Wesen, egal wie sehr sie so lange auf andere hinabgesehen hatte, in der Natur war sie eins mit ihr gewesen. Mit jeder Pflanze, jedem Baum. „Dort habe ich ihn kennen gelernt, als ich siebzehn war. Er wollte drei Monate auf Null bleiben und die Pflanzen dort erkunden, hatte einen Scanner gebaut, der alle Pflanzen erkennt und kategorisiert.“ Sie hatte sich Hals über Kopf in Jafan verliebt, in sein Lächeln, in sein Aussehen, in seine Liebe zu Pflanzen. In seinen Wunsch, die ganze Galaxis zu bereisen und an keinem Ort lange zu bleiben. „Ich wusste, dass er nur 3 Monate bleiben würde, ich war fast jeden Abend mit ihm zusammen, hab mich heimlich rausgeschlichen und bin erst mitten in der Nacht nach Hause gekommen. Vorher war ich noch nie so verliebt gewesen. Ich wollte unbedingt, unbedingt, dass er länger als drei Monate bleibt. An einem Abend…“
Jetzt konnte sie Steven nicht länger ansehen. Aber sie musste weitersprechen, einfach, weil es fair war. Und vielleicht, vielleicht damit Steven dann begriff, warum sie sich so sehr gegen ihre Gefühle wehrte. „Ich dachte, wenn ich ihm nur näherkomme, bleibt er und er verspricht zu bleiben und wir sind uns sehr nahegekommen und er hat versprochen zu bleiben.“ Am nächsten Morgen war er verschwunden, ihr Herz und ihre Unschuld im Schlepptau. „Irgendwie manipuliere ich auch und…“
Mitten im Satz hielt sie inne. „Spürst du das?!“ Ihre Scham war mitten im Satz verschwunden, als sie nach Stevens Hand griff, damit er aufstand. Irgendjemand war in Gefahr die spürtr es überdeutlich. „Da hinten“; sagte sie bloß und setzte sich sofort in Bewegung.

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Steven lauschte, und während Tenia sprach, wurde der Markt um sie herum beinahe unwirklich. Stimmen mischten sich ineinander. Das laute Anpreisen eines Twi’lek-Händlers, das helle Lachen zweier Kinder, die zwischen den Ständen hindurchrannten, das monotone Pfeifen eines Droiden, der ein Tablett mit dampfenden Getränken balancierte. Und doch wirkte all das wie ein Schleier, als sie von Null erzählte. Von einem Jafan. Von diesem Schmerz, den sie nie ganz hatte loslassen können. Von einem gebrochenen Herzen. Der Baron von Cirrus ließ die Worte von Tenia nachhallen. Die Art, wie sie von ihm sprach, von Hoffnung, die in Enttäuschung umgeschlagen war, schnitt ihm tiefer ins Herz, als er sich eingestehen wollte. Er sah sie an, ihr gesenktes Gesicht, die leichte Anspannung ihrer Schultern, und spürte, dass es ihr schwerfiel, das auszusprechen.

Steven spürte, wie sich in ihm ein bitterer Knoten bildete. Nicht aus Eifersucht, sondern weil er die Härte in ihrer Stimme hörte, das leise Zittern, wenn sie von jenem Versprechen sprach, das nie gehalten worden war. Er wollte ihr sagen, dass sie nicht manipuliert hatte, dass sie damals einfach nur jung und verliebt gewesen war. Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken. War es Mitleid? Nein, es war Mitgefühl. Er wollte nciht, dass sie sich so fühlt, aber er konnte es nicht ändern. Diese Geschichte war ein Teil von ihr.

Für einen Moment schwieg er, weil er nichts Falsches sagen wollte. Zu oft war er zu schnell gewesen, zu direkt, zu pragmatisch. Jetzt musste er anders reagieren. Er wollte nicht, dass sie in seinem Blick dasselbe las, was sie in Jafans Augen gesehen hatte. Stattdessen legte er, fast zögerlich, die Hand auf die Bank zwischen ihnen, als wolle er eine unsichtbare Brücke schlagen, ohne sie wirklich zu berühren. Seine Stimme war gedämpft, ernst:


„Dass er dich verletzt hat, heißt nicht, dass du manipulierst. Du wolltest, dass er bleibt. Du hast gehofft. Du hast gelitten. Das ist… normal. Das ist Leben.“ sagte er schließlich, die Stimme ruhig, beinahe sanft.

„Du bist nicht die, die du mit siebzehn warst. Und egal, was er dir damals genommen hat, er hat nicht das Recht, dich für immer so fühlen zu lassen. Was du mir eben erzählt hast… das war keine Manipulation. Das war Hoffnung. Und Hoffnung…“ er ließ den Blick über die Händlerstände schweifen, die bunten Stoffe, die im Wind flatterten, die vibrierende Lebendigkeit ringsum, „…ist nichts, wofür man sich schämen muss.“

Er wandte den Kopf, ließ den Blick über die Marktstände schweifen. Ein Rodianer feilschte gerade lautstark mit einem anderen um ein Stück Stoff, ein Kind lächelte breit, weil es einen süßen Früchtespieß in die Hand gedrückt bekam. All das Leben ringsum, und doch konzentrierte er sich nur auf sie.

„Es tut mir weh zu hören, dass du dir bis heute einredest...“ Seine Augen fanden wieder ihre. „Er ist gegangen, weil er gehen wollte. Das war seine Entscheidung, nicht deine.“

Er merkte, wie sein Ton fester wurde, wie ihn der Gedanke an diesen Mann, den er nie gesehen hatte, fast wütend machte. Aber er hielt inne, zwang sich zur Ruhe, und ergänzte leiser: „Und ich will nicht, dass du dich mit diesem Bild von damals vergleichst. Nicht bei mir. Nicht bei uns.“

Er sah, wie ihre Lippen bebten, wie sie ausatmete, ein- und zweimal, wie sie wieder aufschaute. In ihm regte sich dieser alte Zwiespalt, das Bedürfnis, ihre Hand zu nehmen, ihr die Schuld aus den Fingern zu ziehen wie einen Dorn. Und gleichzeitig die Zurückhaltung, die Furcht, zu viel preiszugeben. Also beließ er es bei Worten und sanften Blicken.

Er hielt kurz inne, atmete tief durch, als ob er den Duft der süßen Backwaren, die ein Ithorianer gerade aus seinem Ofen zog, in sich aufnehmen wollte. Dann wandte er sich wieder ihr zu. „Ich will nicht, dass du dich durch diese alten Narben definierst. Schon gar nicht vor mir.“

Für einen Moment begegneten sich ihre Blicke, und dann war da wieder dieses unsichtbare Etwas zwischen ihnen, diese Spannung, die schwer zu benennen war. Er fühlte, wie sie beide darum rangen, sie entweder in Worte zu fassen oder im Schweigen zu belassen. Und dann veränderte sich der MOment.

Tenia riss den Kopf herum, die Muskeln angespannt. Ihre Finger fanden seine, plötzlich und ohne Zögern, und Steven fühlte den Ruck durch seinen ganzen Körper fahren. Doch er spürte auch die Veränderung in der Macht. Er reagierte sofort, die Macht vibrierte bereits in seinem Inneren wie eine unsichtbare Saite, die zu klingen begonnen hatte. „Ja“, erwiderte er leise, die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme ließ die Geräusche des Marktes für einen Augenblick verblassen. „Da hinten.“

Und dann liefen sie los, Hand in Hand, durch die Menge, als wären sie zwei gewöhnliche Passanten und doch war jeder ihrer Schritte von dieser unsichtbaren Dringlichkeit getrieben. Ohne weiter zu reden, die Marktgeräusche waren jetzt nur noch wie ein wabernder Hintergrund, während die Macht sie geradewegs in die nächste Gasse führte.

Die Gasse war schmal, der Geruch von Staub und abgestandenem Öl hing schwer in der Luft. Zwischen den hohen, grauen Mauern lag ein
Abednedo am Boden, krümmte sich unter den Tritten und Schlägen dreier Wesen. Der Kubaz, in einem langen Mantel, der viel zu gepflegt für diesen Ort wirkte, trat mit kalter Berechnung zu. Neben ihm der Zabrak, schmal, nervös, passte fast nicht in diese Szene, seine Augen zuckten unruhig zwischen den Schatten. Und der dritte, ein Nikto, dessen Haut im Dämmerlicht wie raues Gestein glänzte, stand breitbeinig, massig, fast wie ein Bollwerk, das die gesmte Gasse für sich beanspruchte. Ein paar Schritte entfernt kauerte eine ältere Händlerin, die sich halb hinter ihrem kleinen Karren zurückgezogen hatte. Ihre Hände zitterten leicht, als hielte sie eine unsichtbare Grenze zwischen sich und der Gewalt.

Der Jedi-Ritter löste instinktiv die Verbindung zu
Tenias Hand, trat ein Stück vor, gerade genug, dass die drei Schläger ihn sahen. Sein Gang war ruhig, selbstbewusst, aber ohne das Übermaß an Arroganz, das er sonst oft an den Tag legten. Seine Stimme, als er sprach, war fest, klang fast wie der Klang einer Klinge, die man noch nicht gezogen hatte.


„Es reicht.“

Der Kubaz drehte sich als Erster um, das schmale Gesicht halb hinter seinem Atemgerät verborgen. „Das hier geht dich nichts an.“

„Warum legt ihr euch nicht mit jemanden in eurer Größe an?“ Steven blieb stehen, verschränkte die Arme, sein Blick scharf und herausfordernd.

Der Zabrak wich seinem Blick aus, scharrte nervös mit dem Fuß. Der Nikto knurrte tief, trat noch einen halben Schritt nach vorne, als wolle er Steven einschüchtern. Doch der Baron von Cirrus blieb vollkommen ruhig.

„Lasst ihn gehen“, fuhr er fort, die Stimme nun leiser, eindringlicher, „und ihr geht auch. Ohne weitere Fragen. Das ist eure Chance, mit Anstand von hier zu verschwinden.“

Ein heiß0er Windstoß fegte durch die Gasse, hob Staub und den dünnen Duft von Gewürzen von der Händlerin auf. Steven stand da wie eine unsichtbare Säule, nicht als jemand, der Befehle erteilte, sondern als jemand, der schlicht nicht wich. Er hatte kein Lichtschwert gezogen, keine Macht eingesetzt. Aber allein sein Auftreten, Tenias Präsenz. Die feste Ruhe, die unerschütterliche Gewissheit, machten deutlich, dieser Kampf war schon verloren, bevor er begonnen hatte nur wussten die drei Schläger es noch nicht. Steven blickte zur Nullianerin. Auch ihr Blick verriet nur eines: Entschlossenheit.



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Tenia wusste nicht, ob sie Steven zustimmen konnte, oder wollte. Hoffnung, Manipulation, Leben. Hätte Steven gesagt, dass es Naivität gewesen war, sie hätte es besser annehmen können, aber auch das war nicht das Wort, was ihr als Erstes einfiel. Manipulation passte zu gut und Tenia gelang es in dieser Frage nicht, zu reflektieren. Diese eine Nacht konnte sie nicht vergessen, denn anders, als in vielen anderen Situationen waren hier ganz andere Gefühle mit im Spiel gewesen. Jafan war der erste Mann gewesen, in den sie sich verliebt hatte, der erste, dem sie nahe gekommen war. Bestimmt hatte sie damals, mit siebzehn, nicht im Kopf gehabt, dass sie für immer zusammenbleiben und heiraten würden, aber sie hatte wirklich geglaubt, sie war felsenfest davon ausgegangen, dass Jafan nicht einfach verschwinden würde, denn er hatte es versprochen. Er hatte es versprochen! Andernfalls wäre sie niemals so weit gegangen, denn hatte sie auch mit ihrem Aussehen gespielt, jemanden auf diese Weise auszunutzen? Wäre ihr niemals in den Sinn gekommen. Sie hatte sich Hals über Kopf verliebt und keine Sekunde mehr nachgedacht, an diesem einen, verhängnisvollen Abend, an dem sie nicht nach Hause gekommen war. An dem sie morgens aufgewacht und innerhalb von Sekunden festgestellt hatte, dass sie alleine war. Mit einem Filmsi neben sich ‚Ich musste schon früher gehen, danke für alles‘. Als sie, wie von einer Dschungelkatze verfolgt, zum Raumhafen gerannt war, hatte sie nicht einmal mehr sein Schiff gesehen.

Als Steven schließlich seine Hand zwischen sie legte, empfand Tenia das unerträgliche Gefühl, sie wegzustoßen. Sie wollte kein Mitgefühl und gleichzeitig hätte sie Steven am liebsten umarmt, weil sie nichts mehr wollte als Mitgefühl. Als sein Blick den ihren suchte, wusste sie überhaupt nicht mehr, was sie sagen oder tun sollte.

Ihr wurde abgenommen, darüber weiter nachdenken zu müssen, als die Macht ihre volle Aufmerksmkeit forderte. Mit einem Mal spürte sie überdeutlich, dass jemand, der sich ganz in der Nähe befand, in Gefahr war, Schmerzen ausgesetzt war und ihrem Instinkt folgend, zog sie Steven von der Bank, der genau das Gleiche gespürt hatte und eilte mit ihm in die Richtung, aus der das Gefühl wie Rufe zu ihnen drang.

Der Weg war kurz, aber die Ecke, in die sie liefen, war anders. Das bunte Treiben war in diesen Gassen verschwunden, die guten Düfte hatte wurden von alten Gerüchen vertrieben. Eine Hintergasse, die, wäre es dunkle gewesen, auch so etwas Bedrohliches gehabt hätte.
Drei Wesen, von denen sie nur eine Spezies erkannte, schlugen und traten auf ein anders, dass längst am Boden lag ein. Steven versuchte ihnen Einhalt zu gebieten, als sich einer von ihnen, der vermutlich einen Rüssel hatte, umwandte. Während Steven die Arme verschränkte, hatte Tenia, die in zivil gekleidet war, die Hände zu Fäusten geballt. Ihr Blick war auf den geheftet, der am Boden (Brasso) lag. Sie würde keinen weiteren Tritt zulassen. Sie brauchte ihre Lanze nicht, um mit diesen dreien fertig zu werden. Steven warnte sie eindringlich zu verschwinden, klang dabei ernst, aber nicht bedrohlich.
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Die letzten Tritte hatten in Brasso Nunkai geklungen wie stumpfe Schläge gegen ein verformtes Gehäuse, das man zu oft gerichtet und doch nie geheilt hatte. Der Boden war warm vom Tag, die Platten trugen den Geruch von Öl, Gewürzstaub und dem leichten Ozon, das in diesen Gängen immer in der Luft lag. Sein Atem arbeitete gegen enge Röhren, die Lungen kratzten, als schürfe jemand mit einer Drahtbürste im Inneren. Er schmeckte Metall und altes Salz, spürte, wie die Welt an seinen Rändern ausfranste und wieder zusammenzog.

Etwas veränderte den Takt. Es war kein Schrei und keine Waffe, sondern eine ruhige Präsenz, die den Raum bündelte. Auf eine ihm unerklärliche Weise, spürte er… etwas. Es entzog sich dem Sagbaren und verwehrte ihm den Zugang zum Erklärbaren. Was er jedoch mit träger, innerer Freude wahrnahm ist, dass die Gewalt ein jähes Ende fand, zumindest vorerst. Die Schläge erstarrten, als habe jemand einen Schalter auf Pause gestellt. Brasso öffnete die Augen nur einen Spalt, spürte, wie sein Gesicht begann aufzuquellen.

Licht fraß sich in schlierenhaften Bahnen durch den Staub. Zwei Gestalten standen in der Gasse, nicht drängend, nicht protzend, doch unübersehbar. Der Mann stand eine Spur vor der Frau, die Schultern locker, der Stand ausbalanciert, als habe er gelernt, sich selbst zu erden. Die Frau hielt sich einen Schritt dahinter, die Fäuste geschlossen, der Blick klar und unbewegt. Beide trugen keine Zeichen und doch sprach ihre Haltung wie ein Banner, das nicht aus Stoff bestand, sondern aus Entscheidungen, die Entschiedenheit einer inneren Haltung.

Der Kubaz reagierte zuerst. Das Atemgerät zischte knapp. Er strich mit zwei Fingern eine unsichtbare Falte aus dem Mantel, trat dann bewusst einen Schritt in den Raum zwischen sich und den Neuankömmlingen, als zeichne er eine Linie auf das Pflaster.


„Gehen, wir? Du scherzt wohl.“ schnaubte der Kubaz mit einem durch seinen Vocoder verzerrten Schnaufen. „Weitergehen. Dies ist eine Rechnung, die nicht euch gehört. Hier ist kein Platz für Fremde.“ Die Worte kamen kühl und akkurat, wie Zahlen auf eine Tafel gesetzt.

Der Zabrak machte einen halben Schritt seitwärts, die Stiefelspitzen suchten Halt. Seine Augen sprangen zwischen Schatten und Gesichtern. Er ließ die Finger über den Saum seiner Jacke gleiten und zog eine schmale Klinge hervor, nicht größer als ein Stift, die im fahlen Licht kurz vibrierte. Er trug sie niedrig, nicht prahlend, eher prüfend, als teste er die Distanz derer, die vor ihm standen. Daraufhin nahm er die Klinge eine Spur höher und machte eine kleine, akrobatisch anmutende Schnittfolge in die Luft, die nichts traf und doch den Abstand maß. „
Nicht stehenbleiben. Nicht dazwischentreten. Das sind die Regeln, wenn der Markt überlebt.“ Die Stimme war dünn, aber sie trug. Es klang nicht nach Triumph, eher nach jemandem, der einen Satz sagt, weil er ihn oft gehört hat und nun wiederholt, damit er wahr bleibt.

Der Nikto blieb breitbeinig stehen, ein Bollwerk mit eigenem Anspruch auf die Gasse, der Kopf nur um eine Fingerbreite gedreht, als prüfe er, wie viel Platz ihm die Ankömmlinge schenkten. Seine Trägheit war inszeniert. Er schob die Zunge gegen die Zähne, ließ die Knöchel knacken und schlug mit der Faust einmal gegen die Mauer neben ihm. Staub rieselte. Der Schlag war kein Angriff, sondern ein Marker. Ein Hinweis darauf, wo seine Reichweite endete und wo er sie notfalls ausdehnen würde. Schließlich verlegte dieser den Schwerpunkt einen Schritt nach vorn, bis sein Schatten die Schuhspitzen der Frau berührte. Er sprach nicht. Der Blick reichte. Er rollte die Schultern, ließ das Leder knacken und die Luft zwischen den vier Menschen enger werden. Dann zeigte er mit einem kurzen, abgehackten Nicken auf den Abednedo, als lege er fest, wessen Name auf der Rechnung stand. Er legte die Scheibe gut sichtbar auf den Rand des Karrens der Händlerin.

Brasso lag zwischen den Neulingen und der Händlerin, die sich halb hinter ihrem Karren hielt. Ihre zitternden Hände hielten die Holzleiste, als sei sie eine Schwelle, die man nicht überschreitet. In der Luft hing die Stille, in der Märkte entscheiden, ob sie zu Menschenräumen werden oder zu Räumen für Gewalten. Der Mann und die Frau sagten nichts, doch ihre Gegenwart verschob die Gewichte. Es war, als hätte jemand den Strom neu ausgerichtet. Nicht mehr zufällig, sondern gezielt. Brasso zwang die Lunge in einen flachen Takt, bis der Schmerz gehorchte. Das Prinzip des Scanners war kein Gerät. Es war die Bereitschaft, Muster zu lesen, selbst wenn die Schrift aus Drohungen bestand. Er sah die Rollenverteilung. Der Kubaz zählte, der Zabrak testete, der Nikto band die Szene an den Boden. Es war keine Laune, es war Methode.

Der Kubaz drehte den Kopf langsam. Es lag keine Eile in der Bewegung. Sein Atemgerät summte. Er hob die Hand auf Brusthöhe, ließ sie wieder sinken und betrachtete Brasso, dann die beiden. Der Kubaz trat noch näher an die unsichtbare Linie heran, eine halbe Fußbreit, nicht mehr.


Neutral ist kein Schutz“, sagte er kalt. „Neutral ist nur eine Tür ohne Riegel. Entweder es wird die „Versicherung“ gezahlt oder wir können nicht garantieren, dass keine Unfälle passieren.“ sprach der Kubaz weiter, als wollte er die ganze Gewalt und Drohkulisse legitimieren.

Er ließ die Hand sinken und griff dann in die Manteltasche. Zwischen seinem Daumen und Zeigefinger erschien eine runde Scheibe, nicht größer als eine Linse. Er warf sie nicht, er ließ sie fallen. Sie tanzte über die Kante einer Bodenplatte und blieb nahe Brassos Stiefel liegen. In der Mitte saß eine blinde Öffnung. Kein Ton. Kein Blinken. Nur das Gewicht von Absicht. Die Worte kamen nicht wie ein Angebot, eher wie eine Quittung.
Der Zabrak zeichnete mit der Klinge einen winzigen Kreis in die Luft, als wolle er prüfen, ob jemand zuckt. Niemand zuckte. Die Frau blieb, wo sie war. Der Mann bewegte sich nicht. Ihre Ruhe war wie ein stiller Keil, der zwischen die Drohgebärden glitt und sie voneinander löste, ohne sie zu brechen.


„Seht ihr“, sagte der Zabrak, mit einem schmalen Lächeln, das nicht bis zu den Augen ging. „Der Markt merkt sich Gesichter.“ Er tippte zweimal mit dem Klingenrücken gegen seine eigene Wange, als würde er sich selbst versprechen, sie wiederzuerkennen. Eine weitere Drohung.

Der Nikto verlagerte das Gewicht. Eine Sohle schabte über den Stein. Er setzte einen Schritt, der nicht schnell war, aber deutlich. Der Zabrak trat näher an den Mantel des Kubaz, suchte die Ordnung des Hierarchischen, als wolle er sich an ein Geländer lehnen. Brasso spürte, wie sein eigener Körper die Bewegung der drei in den Knochen nachzeichnete. Das Prinzip des Scanners war kein Gerät. Es war die Bereitschaft, Muster zu lesen, selbst wenn die Schrift aus Drohungen bestand.
Die beiden in der Gasse blieben, wo sie waren. Kein Armeverschränken, kein drohender Winkel. Nur Stand. Davon gab es an diesem Ort wenig. Er wirkte wie ein ruhiger Takt in einem Lied, das sonst aus Krach bestand. Eine unsichtbare Grenze lag plötzlich zwischen Brasso und seinen Peinigern, nicht aus Stahl, sondern aus einem Versprechen der Konsequenz ihres frevelhaften Handelns. Aus der oberen Rampe löste sich ein dumpfer Laut, der wie ein fernes Glockenstück in die Gasse fiel. Der Ithorianer stand dort, unbewegt, die langen Finger an das Geländer gelegt. Er sprach nicht, doch die Art, wie er stand, reichte. Händler in den Nebengängen hielten inne, nicht neugierig, sondern wach. Es war, als lege die Gasse selbst ihre Hand auf die Szene.
Der Kubaz ließ den Blick noch einmal über die beiden wandern, als prüfe er, ob die Ruhe Risse bekam. Dann machte er eine kleine Geste, kaum mehr als ein Zucken, und der Nikto verstand. Ein Klacken von Metall folgte, nicht laut, aber rein. Irgendwo im Schatten antwortete ein zweites Klacken, als ob an der Mündung der Gasse jemand den Riegel einer Seitentür vorgeschoben hätte. Blaster wurden gezückt, als die drei Handlanger verstanden, dass die beiden Neulinge nicht von alleine gehen würden. Sie wollten ihren Worten den nötigen Nachdruck aus Tibanna-Gas geben.
Das Handelsforum hielt den Atem an. Staub tanzte in einer schrägen Lichtbahn, langsam wie Schneeflocken in einem alten Holoprojektor. Irgendwo schabte eine lose Blende, dann war wieder Stille. Die Tropfen von der oberen Leiste fielen regelmäßig auf das Blech, und jedes leise Klacken setzte einen Takt, der wie der Schritt eines unsichtbaren Reiters klang. Keiner bewegte sich. Die Gasse lag zwischen ihnen wie ein trockener Fluss, der auf Regen wartete. Das Summen der Scheibe wurde einen Hauch tiefer. Der Kreis stand noch offen, schmal und hell.

Alles stand. Einen Herzschlag lang.


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