[Centares | Muracie | Raumhafen] Mumba der Hutt
Abermals war Mumba der Hutt nach Centares gereist. Er hätte nicht vermutet, schon so bald wieder hierher zu kommen. Doch als er erfahren hatte, dass Brailor Khaine hier gesehen worden war, hatte er nicht lange gezögert und sich auf die kurze Reise vom Wheel hierher gemacht. Es war ihm wichtig, den Menschen persönlich zu treffen und zu verhindern, dass er ihm gleich wieder durch die Finger schlüpfte. Khaine hatte es geschafft, drei Jahre lang völlig von der Bildfläche zu verschwinden und für tot zu gelten; nun wollte Mumba nicht riskieren, dass ihm dies abermals gelang. Immerhin ging es hier um eine ungeheure Summe Geld.
Es ging hier nicht nur um irgend einen Schuldner. Khaine hatte es geschafft, Mumba eine größere Geldsumme schuldig zu bleiben, als er Anderen überhaupt jemals geliehen hatte. Der Ausfall von beinahe 150.000 Credits hatte vor einigen Jahren, als er selbst in finanzielle Bedrängnis gekommen war, den Untergang seines Geschäftes besiegelt und ihn in die Abhängigkeit zum Crath-Syndikat getrieben. Natürlich war dies nicht alleine Brailor Khaines Schuld; vor allem Fehlinvestitionen und einige wirtschaftliche Unwägbarkeiten hatten zu den enormen Verlusten geführt. Aber die Summe, die der Mensch ihm schuldete, hätte ihm damals den Hals retten können, zumindest redete er sich das ein. Dementsprechend handelte es sich bei dieser Sache um etwas Persönliches. Ein tiefer Groll, den Mumba lange Zeit gegen den säumigen Schuldner gehegt hatte, brodelte neuerdings wieder in ihm. Und es gab nur zwei Möglichkeiten, wie dieser innere Aufruhr besänftigt werden konnte. Das eine waren Credits, das andere war Blut.
Blut war allerdings ein Problem. Brailor Khaine war Mandalorianer. Im Gegensatz zu Mumba hatte er zu kämpfen gelernt, und auch wenn der Hutt kein unfähiger Schütze war, konnte kein Zweifel daran bestehen, dass er in einem Kampf den Kürzeren ziehen würde. Aber auf eine Auseinandersetzung musste er jedenfalls vorbereitet sein: Niemand freute sich, wenn nach Jahren ein Schuldeneintreiber vor der Tür stand; und da mit Mumbas Tod auch die Schuld erlöschen würde, konnte ein einzelner Schuss dem Menschen knapp 150.000 Credits einbringen. Das Kopfgeld von 2.000, das vom Crath-Syndikat auf Mumbas Kopf ausgesetzt worden war, kam noch hinzu. Es war also nötig, sich zu schützen und auf eine Konfrontation vorzubereiten. Zu diesem Zweck trug der Hutt, der ansonsten niemals bekleidet war, eine bunte Weste, die alleine dem Zweck diente, ein Blasterholster zu verbergen. Das allein genügte jedoch nicht.
Deshalb legte Mumba hier in Muracie, der Hauptstadt von Centares, einen Zwischenstop ein, anstatt direkt nach Old Town weiterzureisen, wo Khaine sich vermutlich aufhielt. Der große Raumhafen schien ihm das richtige Umfeld zu sein, um dafür zu sorgen, dass sich das Blatt zu seinen Gunsten wandte. Am liebsten hätte er sich Kampfdroiden gekauft, und er war sicher, dass hier welche zu bekommen waren. Aber als Fremder solche Quellen zu erschließen, kostete Zeit. Obwohl ihm dies überhaupt nicht behagte, musste er sich abermals auf lebende Söldner verlassen; alle inneren Alarmglocken schellten bei diesem Gedanken, denn für diesen Fehler hatte er zuletzt mit seinem gesamten Besitz und beinahe mit dem Leben bezahlt. Aber sie waren nunmal schneller und einfacher zu beschaffen als illegale Droiden, weswegen ihm kaum eine andere Wahl blieb.
Schon eine Minute, nachdem er in Begleitung seines Protokolldroiden sein Schiff verlassen hatte, entdeckte er geeignete Kandidaten. Auf dem Hafengelände lungerten genug zwielichtige Gestalten herum. Mumbas Aufmerksamkeit galt zwei Klatooinianern. Sie gehörten einem Vasallenvolk der Hutts an. Somit gab es im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie waren es gewöhnt, unter dem Befehl eines Hutt zu stehen und seinen Befehlen zu folgen; oder sie hatten allen Grund, Groll gegen Mumbas Volk zu hegen. In beiden Fällen würde ihre Antwort ziemlich direkt ausfallen, denn Klatooinianer waren nicht für ihre Subtilität bekannt, und diese beiden sahen nicht aus, als könnten sie eine Ausnahme darstellen. Jedenfalls brauchte er von diesen Leuten keine allzu große Heimtücke zu befürchten.
Er schickte seinen Droiden zu den beiden, um ihnen mitzuteilen, dass er mit ihnen reden wollte. Er konnte nicht hören, was die Maschine mit den beiden Hafenarbeitern oder was auch immer die Kerle sein mochten beriet. Sie blickten skeptisch in seine Richtung, tauschten ein paar Blicke aus und besprachen sich kurz, bevor sie sich von den Containern erhoben, auf denen sie herumgelungert hatten, und in mäßigen Schritten herüber kamen.
»Die Blechkiste sagt, Sie hätten Arbeit für uns«, sagte der kleinere der beiden auf Huttisch. »Ich hoffe, Sie verschwenden nicht unsere Zeit.«
»So knapp und kostbar scheint sie nicht zu sein«, antwortete Mumba in derselben Sprache und musterte die beiden schmutzigen Kerle abschätzig von oben bis unten. »Ich habe Arbeit, aber nur für Leute vom richtigen Schlag. Ich will mich hier auf Centares mit einem alten Bekannten treffen und bräuchte jemanden, der mich begleitet.«
»Aha, so. Und dieser Jemand ist nicht zufällig bewaffnet und wird auf Sie schießen, wenn wir ihn nicht zuerst erledigen?« Der Klatooinianer, abermals der kleinere der beiden, grinste vieldeutig. Der andere hingegen wirkte etwas stumpf und zeigte fast keine Regung, so als sei das, was Mumba erzählte, überhaupt keine Aufregung wert. Offenbar waren die beiden ein Volltreffer: Es schien nicht das erste Mal zu sein, dass sie sich mit derlei Aufträgen befassten.
»Wenn die Sache so abläuft wie ich es mir wünsche, fällt überhaupt kein Schuss. Ich heuere euch nicht als Killer an, sondern in erster Linie nur, um respektgebietend auszusehen, damit er gar nicht erst auf dumme Gedanken kommt. Es sieht so aus, als könntet ihr das schaffen. Aber schafft ihr es auch, ruhig im Hintergrund zu bleiben und euer Maul zu halten, während wir übers Geschäft reden?«
»Wir können alles, wofür man uns bezahlt. Für Fünfhundert pro Kopf begleiten wir Euch, und für tausend mehr bringen wir ihn um.«
»Ich gebe euch hundert pro Kopf. Dafür, dass ihr nur herumstehen müsst, ist das mehr als genug. Es reicht für einen Suff und eine Prostituierte oder zwei; mehr könnt ihr nicht erwarten.«
»Das ist zu wenig, Mann. Wenn der Kerl wirklich so ungefährlich wäre, bräuchten Sie uns nicht, sondern würden alleine hingehen. Also kann's eben doch sein, dass irgendwer schießen oder stechen muss, und für hundert lasse ich mir keine Löcher in den Pelz machen.«
Sein Begleiter - vielleicht sein Bruder, der Ähnlichkeit nach - grunzte eine Zustimmung, das erste Geräusch, das Mumba von ihm hörte.
»Nun gut, zweihundertfünfzig für jeden von euch. Falls es zum Kampf kommt - zu einem Kampf, der nötig war und nicht von euch wegen des Geldes provoziert wird! - bekommt jeder nochmal zweihundert drauf, aber ihr entsorgt die Leiche unauffällig. Schlagt lieber zu, sonst suche ich mir andere. Es scheint hier genug Kerle von eurer Sorte zu geben.«
»Gut, einverstanden. Zweihundertfünfzig, aber im Voraus.«
»Hundert im Voraus, den Rest erst, wenn ihr eure Arbeit gut gemacht habt. Und auch nur, falls ihr eure Arbeit gut gemacht habt.«
Mumba hielt dem Klatooinianer die Hand hin. Er hatte überhaupt kein Interesse an Körperkontakt mit diesem dreckigen, unzivilisierten Barbaren. Aber noch konnte er nicht so großspurig auftreten, wie er es wollte, und ein Handschlag war nunmal ein anerkanntes Symbol für einen bindenden Geschäftsabschluss. Auch wenn das seinen frisch angeworbenen Schlägern vielleicht nicht viel bedeutete.
Sie schlugen ein, und wenige Minuten später startete die Stopgap mit nun drei Personen an Bord. Ihr Ziel führte sie jedoch nicht ins All. Die Bodenkontrolle hatte ihr einen Korridor für den Atmosphärenflug zum Hafen von Old Town gegeben. Der Frachter war nicht der schnellste; dennoch dauerte der Flug nicht lange. Mumba verbrachte ihn damit, den Klatooinianern noch ein paar Verhaltensregeln aufzuerlegen.
Der Hafen von Old Town war kleiner als der von Muracie und nicht für den großen interstellaren Transit, sondern eher für planetaren Verkehr ausgelegt. Die Liegegebühren waren etwas niedriger, doch die Formalitäten waren dieselben. Das Schiff blieb mit dem Pilotendroiden an Bord auf dem Landefeld zurück, während sich Mumba, die Klatooinianer und der Protokolldroide mit einem gemieteten Gleiter auf den Weg in die Stadt machten.
Finn's House of Joy war schnell gefunden. Es war eine dreckige Spelunke. Die Gerüche, die Mumba beim Öffnen der Tür entgegen schlugen, erinnerten ihn an alte Zeiten, sie ekelten und lockten ihn gleichermaßen. Es war genau die Art von Kneipe, die trotz unterschiedlicher Architektur, Einrichtung, Bedienung und Angebote stets die gleiche verruchte Stimmung verbreitete, egal in welchem Winkel der Galaxis sie lag, und in der man stets alte Bekannte oder alte Feinde treffen konnte. Oder alte Schuldner.
Brailor Khaine saß alleine an einem schmutzigen Tisch. Trotz des Halbdunkels und des Dunstes war er leicht auszumachen, denn er stach durch seine Rüstung zwischen den anderen Besuchern der Spelunke deutlich hervor. In Mumbas Augen war es dumm, so auf sich aufmerksam zu machen. Selbst er als Hutt hätte zwischen den vielen Humanoiden in hier im Raum leichter untertauchen können als dieser mandalorianische Krieger.
Khaine blickte in diesem Augenblick zur Tür und sah den Hutt und seine Begleitung. Ihre Blicke trafen sich. In seinen Augen spiegelte sich das Erkennen und die Überraschung. Als Mumba kurzentschlossen auf den Menschen zu kroch, flankiert von den beiden grimmig aussehenden Klatooinianern und gefolgt von dem tippelnden Droiden, zog er einige Blicke auf sich. Doch es war die Aufgabe der Söldner, dafür zu sorgen, dass niemand ihn belästigte: Er selbst konzentrierte sich völlig auf Brailor Khaine, jederzeit bereit, seine Waffe zu ziehen, um dem Mandalorianer zuvor zu kommen, falls es nötig sein sollte.
»Brailor Khaine«, sagte Mumba ohne Gruß, als er den Tisch erreichte. »Ich hätte nicht damit gerechnet, dich nochmal wiederzusehen. Und es enttäuscht mich auch, in gewisser Weise. Der Tod wäre eine akzeptable Entschuldigung dafür gewesen, mit den Zahlungen in Rückstand zu geraten. Aber du lebst - das heißt, du hast keine Ausreden.«
Während er dies sagte, rutschte er näher an den Tisch heran, während sich die Klatooinianer breitbeinig und mit verschränkten Armen postierten: Einer hinter Mumba, der andere in unmittelbarer Nähe Khaines. Die Drohung war unverkennbar, und der Hutt bemerkte, dass die beiden Kerle ihr Handwerk wirklich verstanden. Sie nahmen ganz die Haltung von Leuten ein, die es gewohnt waren, ernst genommen zu werden, und erweckten dabei gar nicht den Eindruck, gerade von der Straße angeworben worden zu sein. Mit entwas Glück hatte der Mandalorianer noch nichts von Mumbas Rückschlägen in der jüngeren Vergangenheit gehört und wusste nicht, dass dessen Macht deutlich nachgelassen hatte. In diesem Falle konnte er aus einer Position der vermeintlichen Stärke heraus mit dem Schuldner reden, und vor allem Drohungen erhielten ein anderes Gewicht.
[Centares | Centares | Finn's House of Joy] Brailor Khaine, Mumba der Hutt, klatooinianische Schläger