Coruscant

[: Im Nirgendwo :||: mit einer fremden Gestalt :]

Zwei bernsteinfarbene Augen starrten ihn unentwegt an. Schwarze, schlitzförmige Pupillen fixierten ihn. Einfach jede seiner Bewegungen – ob sicher oder nicht – wurde bemerkt. Im Hintergrund hörte man das Brummen seiner traditionellen Waffe. Monoton. Bedrohlich. Die Waffe gab ihm Sicherheit. Sie erinnerte ihn daran wer er war. Sie rief ihm ins Gedächtnis was er hier wollte. Jedoch schien sie seinen Gegenüber nicht zu beeindrucken. Ein dröhnendes Lachen war die Erwiderung. War man an einer Sackgasse angelangt? Galt die Mission als gescheitert? Bevor sich ein solcher Gedanke in ihm als Zweifel manifestieren konnte, blitzte plötzlich ein grünlicher Schatten auf. Blitzschnell schwang dieses Wesen eine surrende, blaue Lichtklinge. Doch bevor irgendetwas passierte, ging das gesamte Bild in einem gewaltigen Feuerball unter.

Erschrocken schreckte das zottelige Katzenwesen aus seiner liegenden Haltung hoch:
Noomi...“

„Freund in Sicherheit“, zischte eine ihm bekannte Stimme beruhigend, wobei er gleichzeitig auf der linken Schulter eine schuppige Hand spürte.

Da er noch vollkommen benommen war, sah er sich – entsprechend verwirrt – um. Er befand sich in einem kahlen Frachtraum. Das konnte er auf Anhieb erkennen. Ein lilafarbener Saurin musterte ihn unentwegt, während ein Ishi-Tib, der dahinter stand, nur einen kurzen Blick auf ihn warf. Irgendein „Gefühl“ sagte ihm beiläufig, dass sich in diesem Frachtraum noch weitere Personen aufhielten. Er fasste sich an den brummenden Kopf. Was war passiert? Flüchtig tauchte vor seinem geistigen Auge das Profil einer hübschen Nautolanerin auf. Ein bläulicher Schein fiel auf ihr strenges Gesicht.
'Der grünliche Schatten', bemerkte das zottelige Katzenwesen. 'Noomi.' Unter hörbaren Ächzen raffte er sich ein bisschen auf, da das Liegen auf dem harten Metallboden seinen Tribut forderte. Erneut sah er sich in dem Frachtraum um. Obwohl das Licht gedämpft war, konnte er problemlos die Gesichter der Anwesenden erkennen. Erinnerungsfetzen. Zaghaft tauchten sie auf, setzten sich zusammen und gaben ihm eine recht lückenhafte Zusammenfassung. Die grinsende Fratze eines Toydarianer zeigte sich. 'Tokko.' Ihr folgte das Gesicht eines schleimigen Hutten. 'Groppa.'

Bevor sich weitere Gedanken in seinem dröhnenden Kopf vernetzten konnte, hörte er plötzlich eine zweite, zischend Stimme: „Ah, Meister Jedi lebt. Dieser hier will mit der Katze reden.“

Nach einem kurzen Nicken erhob sich der schlaksige Saurin. Dafür setzte sich schweigend der recht große Barabel zu ihm. Im schuppigen Gesicht des kräftigen Reptiloiden zeigte sich ein weiteres Mal das gewohnte, blutrünstige Grinsen. Unwillkürlich erschauderte der zottelige Cathar. Dabei bewegte sich sein orangefarbenes Fell. Mit fester Miene erwiderte er das Grinsen. Gleichzeitig schob er eine Reihe an Gefühlen, die er mit diesem Kriminellen in Verbindung brachte, aus seinem Gedächtnis. In seinem Zustand war er auf die Hilfe dieser Leute angewiesen. Unruhig zuckten seine spitzen Ohren als er die plötzliche Stille bemerkte. Hatten sich die paar Anwesenden vorher ganz leise unterhalten, schien man nun auf das Gespräch zu warten. Das Katzenwesen konnte nicht nur deren kurze Blicke spüren, sondern in der Macht auch deren ungefilterte Gefühle. Auf einmal nistete sich ein dumpfes Gefühl in seiner Magengegend ein.

Beiläufig spielte der Barabel mit einem Dolch, den er plötzlich aus einer ledernen Scheide gezogen hatte, derweil er die ersten Worte an den Cathar richtete:
„Hunger? Nach Schlacht hat dieser immer Lust auf Fleisch...“

„Nein, keinen Bedarf“, log er und schüttelte dabei den Kopf samt Mähne. „Im Moment habe ich nur Hunger auf Informationen. … Was ist mit meiner Schülerin? Wo ist sie?“

Das Grinsen wurde breiter. Spitze, nadelförmige Zähne blitzten kurz auf. „Dieser rät dir wirklich zu essen. Bittere Geschichten verträgt selbst ein Krieger nicht, wenn sein Magen knurrt.“

Ein zweites Mal lehnte das Katzenwesen ab. Obwohl man ihm deutlich die Erschöpfung ansah, war die einzige Reaktion des schuppigen Kriminellen ein einfaches Schulterzucken. Kurzzeitig schwieg der Barabel, dann setzte er mit Sprechen an. Mit seinem zischenden Basic schloss er langsam all die Gedächtnislücken des Cathar: der Bandenkrieg in Coruscants finsteren Untergrund, das Eindringen in Groppas Unterschlupf als letzter Kriegsakt und die letztendliche Flucht zwischen den zahlreichen Explosionen. Die Wörter stellten Brücken her. Mehr und mehr dämmerte es dem Cathar. Zusammen mit seiner Schülerin Noomi hatte er, Crado, der Jedi-Ritter, den sehr beleibten Widersacher, Groppa the Hutt, gestellt. Dank seiner Ausbildung bei Utopio, brachte er die nötige Geduld mit, um mit dem Unterweltboss, dessen „Imperium“ langsam zerbrach, zu sprechen. Doch Noomi war jung. In ihrem brennenden Eifer hatte sie sich mit ihrem Lichtschwert auf den Hutten gestürzt. Bevor die gleißende Klinge das Fleisch des Widersachers berührte, erfasste sie die Druckwelle einer Explosion. Jemand hatte die Sprengköpfe, die man überall im feindlichen Unterschlupf verteilt hatte, zu früh gezündet.

Gleich einer wehrlosen Puppe schleuderte es die Nautolanerin durch die staubige Luft. Brocken aus hellgrauen Durabeton begleiteten sie durch die Lüfte, während er regungslos zu sah. Mit einem Mal war der katzenhafte Jedi-Ritter überfordert. Er brauchte einen Herzschlag um die komplette Lage zu erfassen. Dann griff er blitzschnell in die Macht hinaus und fing so seine Schülerin in der Luft. Sein Körper, der unter dem orangefarbenen Fell richtig muskulös war, kam plötzlich in Bewegung. Einen größeren Steinbrocken schleuderte er mit einem „Machtschub“ von Noomi problemlos weg, bevor dieser ihr gefährlich werden konnte. Leichtfüßig trugen ihn seine Füße zu ihr. Sie war bewusstlos – das konnte er in der Macht fühlen. Weitere Explosionen waren dumpf zu hören. Bereich für Bereich fiel der Unterschlupf in den finsteren Tiefen von Coruscants dreckiger Unterwelt zusammen. Durch sein feines Gehör konnte er schon das qualvolle Ächzen der nahen Träger hören. Verschwinden. Sie mussten verschwinden.

Crado schluckte. Das Herz schlug schnell und laut. Unter der dicken Mähne bahnten sich ganz feine Schweißtropfen ihren Weg in Richtung Boden. Trotzdem erwiderte er den harten Blick des Barabel. In seinem Kopf lief das Erlebte mittlerweile wie ein Holofilm ab. Er konnte zuschauen, aber nichts mehr ändern. Die Flucht durch einen einstürzenden Korridor kam ihn in den Sinn. Die bewusstlose Padawan schleppte das Katzenwesen über Leichen hinweg. Seine zusätzliche Kraft schöpfte er ganz allein aus der Macht. Dennoch hatte er keine Chance. Eine unwillkürliche Gasexplosion in der Nähe hatte er nicht vorausgesehen und so erwischte sie beide eiskalt. Staub. Schmerzen. Verzweifelt lag er am Boden. Im Hinterkopf brüllte sein animalisches „Ich“ – der Überlebenstrieb. Eine Stimme riet ihm in einem verführerischen Säuseln Noomi liegen zu lassen. Er sollte wenigstens seine Haut retten. Denn wären beide tot, wäre der Widerstand am Ende. Tokko würde nur zahlen, wenn ein Jedi lebendig vor ihm stand. Erneut spürte Crado die schmerzenden Körperstellen. Sie waren urplötzlich da. Kurz schloss der Cathar seine Augen. Ruhig atmete er ein … und wieder aus. Gleich einem sehr samten Balsam legte sich die Macht über seinen Körper. Das Pochen wurde leiser, immer leiser. Ein paar Sekunden bloß, dann waren die Schmerzen – für den Moment – verschwunden.

Unbeirrt fuhr der schuppige Kriminelle fort:
„Dich hat ein Nikto (Mae'we'shan) gefunden... aber der fliegt nicht mit uns. Dieser hier und Brzkz haben dich hierher gebracht.“

„Von deiner kleinen Freundin gab's keine Spur, Jedi“
, brachte sich auf einmal der Ishi-Tib ein. „Die hat bestimmt eine Explosion erwischt. Schade drum. War ganz hübsch...“

[: Coruscant-System | Coruscant :||: „Unterwelt“ | irgendein Frachter | Frachtraum :||: mit Tokkos Leuten (darunter Brzkz und Gume) :]
 
[: Coruscant-System | Coruscant :||: „Unterwelt“ | irgendein Frachter | Frachtraum :||: mit Tokkos Leuten (darunter Brzkz und Gume) :]

Die Tiefen von Coruscant waren eine eigene Welt. Jeglicher Glitter, Glanz und Schein, den man von den oberen Ebenen kannte, fehlte hier gänzlich. Kein Sonnenlicht, keine grelle Reklame. Hier unten lieferte sich die künstliche Beleuchtung nur einen erbitterten Kampf mit der Dunkelheit, die einfach überall war. In dieser tristen Gegend, die von zerfressenen Durabetonfassaden dominiert war, lebten zwielichtige Gestalten. Manche hatten etwas zu verbergen, andere waren Kriminelle. Ausgestoßene hatten hier ihr zu Hause neben Leuten, die schlicht die düstere Anonymität jedem anderen Platz auf diesem urbanen Planeten vorzogen. Hier unten, so nahe der planetaren Kruste, zeigte Coruscant sein zweites, sein dunkles Gesicht.

Dröhnend jaulten die Triebwerke auf als der klobige TL-1800 Frachter sein Tempo zu erst Stück für Stück verlangsamte und dann zur Landung ansetzte. Zwischen den massigen Fundamenten der sehr großen Wolkenkratzer befand sich, leicht versteckt, eine ziemlich breite Plattform, die anscheinend als Landeort für den Frachter herhalten sollte. Gräuliche Ranken und Moos überwucherte den festen Stein. Granitschnecken hatten sich hier und da gütlich getan. Dennoch hielt diese Plattform den TL-1800 aus. Zischend ruhte der Transporter auf seinen eisernen Stelzen. Doch nichts passierte. Weder öffnete sich irgendeine Rampe, noch setzte das Schiff zu einem Start an. Man schien einfach nur auf irgendetwas oder irgendjemanden zu warten.

Plötzlich tauchten grelle Scheinwerfer in der Dunkelheit auf. Aufgescheucht durch das unerwartete Licht erhoben sich auf einmal ein paar Flederfalken kreischend. Sie flogen davon, während sich der Störenfried langsam der verwitterten Plattform näherte. Repulosren waren deutlich zu hören als das zweite Schiff zur Landung ansetzte. Es handelte sich ebenfalls um einen Frachter. Jedoch war dieses Modell nur etwa halbsogroß wie der gelandete TL-1800. Ein Ächzen gaben die großen metallischen Stützen von sich als sich das Gewicht des Frachters auf ihnen absetzte. Ein paar Minuten brauchten die Triebwerke, dann verstummten sie. Stille kehrte zwischen den Fundamenten ein. Die Dunkelheit eroberte sich klammheimlich ihr Revier zurück. Irgendwo knirschte eine Granitschnecke. Mehr und mehr kehrte die zwielichtige Atmosphäre von vorher zurück.

Eine zischende Stimme zerstörte auf einmal die Stille, die im umgebauten Frachtraum des TL-1800 herrschte:
„Es geht los!“

In der düsteren Umgebung, die zwischen den Metallwenden herrschte, regten sich plötzlich mehrere Gestalten. Bewegung kam auf. Klappernde Blaster, leise Schritte und gedämpfte Stimmen waren zu hören. Unter ihnen befanden sich auch ein Saurin, ein Ishi-Tib und ein Cathar. Seite an Seite gingen sie auf die Rampe zu. Eher widerwillig löste sich das flache Metallding von den Halterungen an den jeweiligen Wänden und bewegte sich auf den gräulichen Betonboden zu. Nur spärlich fiel Licht von Außen ins Innere des klobigen Schiffs. Zwei Gestalten gingen der zwielichtigen Gruppe, die in dem Frachtraum gewartet hatte, voraus. Vor lauter Vorsicht und Misstrauen hatten sie stets ihre schweren Blaster zur Hand. Ihre Schritte waren auf dem Beton der Plattform zu hören. Doch das zweite Schiff zeigte erst einmal keinerlei Reaktionen.

Zusammen mit den anderen Gestalten blieb der Cathar nahe der Rampe stehen. Ein lauer Wind ging über die Landeplattform hinweg. Im Gepäck hatte er den Geruch von Dreckwasser und Abfällen. Im Hinterkopf des Katzenwesens erwachten auf einmal unfreiwillig Erinnerungen an eine Flucht durch die stinkende Kanalisation des berüchtigten Bezirks „The Works“. Nach einem Widerstandstreffen, das vom Imperium entdeckt und blutig aufgelöst wurde, mussten er und seine unerfahrene Schülerin in aller Eile vor einem Sith (Darth Draconis) flüchten. Doch gleich einem trainierten Akk-Hund war er ihrer Fährte gefolgt und hatte sie letztendlich in der Kanalisation gestellt. Nur mit viel Mühe und noch sehr viel mehr Glück (oder Eingreifen der Macht) hatte der Cathar diese Auseinandersetzung überlebt, da ihm und seiner Schülerin zufälliger Weise ein paar Widerständler zur Hilfe gekommen waren. Flüchtig tauchte das Bild seiner Schülerin auf. Schön. Jung. Ehrgeizig. Tot. Fast krampfhaft schüttelte das Katzenwesen seinen Kopf, um die Gedanken zu vertreiben.

Dann – ganz plötzlich – regte sich etwas im düsteren Zwielicht. Die Rampe des zweiten Schiffs ließ man auf einmal herab. Sofort griffen einige Gestalten nach ihren Waffen. Höchstwhrscheinlich trieb sie allein ihr Instinkt dazu an. Im Hintergrund hörte man das Kreischen eines Flederfalken, während sich zwei Gestalten aus dem anderen Frachter trauten. Obwohl der Cathar seine Ohren spitzte, war kein Wort zu hören. Nur das Knirschen einer nahen Granitschnecke. Schweigend gingen die beiden Fremden auf die Vorhut seiner „Gesellschaft“ zu. In der Macht spürte er keine Gefahr. Dennoch glitt seine rechte Pranke zum schmutzigen Poncho. Genau in diesem Moment legte ihm der Saurin seine Krallen beruhigend auf die Pranke. Kurz blitzten seine gelben Augen im Zwielicht und der Cathar erwiderte den Blick mit seinem violetten Paar. Zwei oder drei Sekunden blieb der Blickkontakt. Am Ende ließ das Katzenwesen davon ab die Waffe zu zücken, die unter seinem unansehnlichen Poncho ruhte.

Die vier Gestalten, die zwischen den beiden gelandeten Frachtern standen, begannen ein Gespräch, nachdem man sich flüchtig gegrüßt hatte. Einzelne Silben wehte es zu der wartenden Gruppe. Dabei zuckten die spitzen Catharohren wieder und wieder. Trotzdem konnte er schlussendlich nur winzige Fetzen verstehen. Ein Schauder lief ihm über den Rücken. Die Macht – oder seine Zweifel – ließen ihm ein dumpfes Gefühl in der Magengegend zurück. Vorsichtig tastete er in der Macht nach diesen zwielichtigen Gestalten, die aus dem anderen Frachter kamen. Sie kamen ihm vertraut vor. Langsam breitete sich die Neugier in ihm aus. Er hatte die Situation nicht wirklich unter Kontrolle. Spätestens seit man ihn bewusstlos in den Frachter, der hinter ihm war, gebracht hatte. Plötzlich kam in ihm die Frage auf, ob er jemals in Coruscants krimineller Unterwelt die Kontrolle gehabt hätte. Zwar stellte die Macht sein Verbündeter dar, aber hatte sie ihm geholfen? Für einen teuflischen Pakt hatte er die eigene Seele verkauft und die erste Rate mit dem Tod seiner Schülerin bezahlt. Hart und unerbittlich traf ihn dieser Gedanke. War er ein würdiger Jedi?


„Man verlangt nach dir“, flüsterte ihm der Ishi-Tib zu, drückte ihn gleichzeitig mit der linken Hand in den Rücken und brachte den Cathar so dazu, dass er ein paar Schritte nach vorn stolperte.

Unwillkürlich schluckte er und blieb kurz. Schwerelos – so fühlte er sich momentan. Doch durfte er in dieser dubiosen Gesellschaft Schwäche zeigen? Noch einmal schluckte er. Dann ging er langsam auf die vier Personen zu. Mut redete er sich bei jedem einzelnen Schritt zu, atmete bewusst und ließ dabei keinen aus den Augen. Zaghaft regte sich der Funke Selbstvertrauen, der irgendwo tief in ihm steckte. Sanft zerrte der Wind an seinem Poncho, während er weiter auf die Gestalten zu ging. Noch immer lag der penetrante Gestank nach Abwasser und Müll in der Luft. Eher beiläufig sondierte das Katzenwesen die Umgebung durch die Macht. Der zweite Frachter schien fast leer zu sein. Bloß im Cockpit saßen noch zwei Lebewesen.

Eine menschliche Gestalt mit spitzen Zähnen, deren bläuliches Gesicht zu einem Großteil von einer Kapuze verhüllt war, begrüßte ihn:
„Ah, Jedi-Meister Crado...“

„Ich bin kein Meister“, entgegnete der zottelige Jedi und blieb stehen.

Ein Lächeln umspielte die schmalen Lippen des Fremden:
„Ich wollte Sie nicht kränken, Jedi. Mich schickt Tokko. Er ist mit Groppas Tod zufrieden und will nun seinen Teil der Abmachung einhalten. Erste Kontakte hat er schon angeregt. In ein paar Tagen werden die ersten Frachter mit gewünschten Blastern und deren notwendiger Munition ankommen. Der republikanische Widerstand wird äußerst schnell eine Flut an neuen Möglichkeiten haben. … Sogar Söldner könnte Tokko anwerben.“

„Und wie sieht es mit Garantien aus?“, hakte der Cathar misstrauisch nach.

Nun drängte sich auf einmal die zweite Person in das Gespräch:
Tokko gab mir eine verschlüsselte Holodisc. Neben ihm kenne nur ich das Passwort. Sie bringen mich einfach zum Hauptquartier ihrer Leute und dort werde ich die Nachricht abspielen.“

„Die Dame, Qwi mit Namen, wird Sie auf ihrem Speedbike in die höheren Ebenen bringen, Meister Jedi“
, fügte der verhüllte Mann hinzu und richtete seine Kapuze. „Sie genießt Tokkos Vertrauen und ist somit eine Art 'Pfand' für seine guten Absichten. … Sie sollten sich beeilen. Genau wie der ganze Planet schläft auch diese Gegend nicht.“

[: Coruscant-System | Coruscant :||: „Unterwelt“ | unscheinbare Landeplattform | Frachtraum :||: mit vier wichtigen Persönlichkeit aus Tokkos Syndikat (darunter eine gewisse Qwi), Crados bisherige „Bekanntschaften“ im Hintergrund (darunter Brzkz und Gume) :]
 
[Coruscant, Obere Ebenen, Wohnung der Familie Cortina, Wohnzimmer]- Noa, Matteo, Leandro, Thalia, Camilla, Ricardo, Cloé, Jesper, Cris

Die illustre Sabaccrunde entwickelte sich genau so, wie Cris es vorhergesagt hätte – zumindest, was seinen eigenen Erfolg betraf. Er machte auch im weiteren Verlauf des Spiels keinen nennenswerten Stich und selbst Noa schien ihr anfängliches Glück verlassen zu haben, besonders, nachdem der kleine Ricardo von seiner Mutter dazu aufgefordert worden war, mit ihr und seiner Schwester den Heimweg anzutreten. Von diesem Zeitpunkt an schien ihre Runde nur noch einen Gewinner zu kennen: Leandro.

Schließlich – nachdem auch noch der Sabaccpot seinen Weg in die Finger von Noas Bruder gefunden hatte – ließ der ehemalige Sturmtruppler mit einem Seufzer seine Karten sinken. Er hatte verloren, ein Umstand, auf den ihn Noas spitze Bemerkung noch zusätzlich hinwies. Zu seiner Überraschung quittierte er ihre kleine Stichelei allerdings nicht mit missmutiger Miene, sondern mit einem reuigen Lächeln. Er war es schließlich gewesen, der behauptet hatte, so einige Tricks auf Lager zu haben – Tricks, die er den gesamten Abend über nicht hatte aufblitzen lassen. Selby hätte ihn vermutlich noch schneller über den Tisch gezogen als Leandro.


„Ein gutes Spiel“, beschied er daher nicht unbedingt vollkommen wahrheitsgemäß seinem Gegenüber und schenkte ihm ein leichtes Nicken, bevor er sich im Wohnzimmer der Cortinas umsah – nur Noas Schwester Clóe, deren Freund Jesper und Noas Vater waren noch anwesend, Thalia mit ihren Kindern schon lange gen Heimat aufgebrochen. Cris warf Noa einen heimlichen Blick zu, doch die war anscheinend zu sehr damit beschäftigt, auf die Prahlereien ihres Bruders nicht in ihrer so oft zur Schau gestellten feurigen Art zu reagieren. Dabei musste man zugeben, dass Leandro sich sehr darauf verstand, andere permanent wissen zu lassen, wenn er selbst in irgendeiner Form von Wettbewerb den Sieg davon getragen hatte. Vielleicht ließ er Cris selbst eher in Ruhe, weil er nicht einschätzen konnte, ab wann der ehemalige Sturmtruppler an dem Punkt angekommen war, derartige Späße persönlich zu nehmen – mit möglicherweise unangenehmen Folgen. Cris war sich darüber im Klaren, dass sein Ruf bei den Cortinas bestenfalls ein düsterer sein musste.

Mittlerweile waren um ihn herum alle im Begriff, sich zu verabschieden – tatsächlich hatte das Sabaccspiel mehr Zeit in Anspruch genommen, als Cris zunächst gedacht hätte. Der Großteil der anwesenden Personen ging augenscheinlich geregelten – und legalen – Tätigkeiten nach, weswegen es höchste Zeit war, dem Gastgeber nicht länger zur Last zu fallen. Dieser Gedanke führte Cris, während die Verabschiederei um ihn herum weiterging, unweigerlich zu dem Gedanken, dass er selbst seiner Gastgeberin lange genug zur Last gefallen war. Seine Schulter schmerzte immer noch ein wenig, hatte sich im Laufe des Abends also kaum bemerkbar gemacht, was im Grunde bedeutete, dass er Noa nicht länger in ihrer eigenen Wohnung belagern musste. Mit dem Hauptquartier der Defender und den Büros von Duro Agricultural Imports hatte er zwei Alternativen – und mit Selby einen Fahrer, der ihn zumindest zum zweiten Ort in Windeseile würde bringen können. Alleine seine in Noas Wohnung deponierte Waffe machte es notwendig, sie zumindest noch ein letztes Mal dorthin zu begleiten.

Jäh unterbrochen wurden Cris’ Gedanken durch Leandros kräftigen Händedruck nebst der (vermutlich nicht ganz ehrlichen) Aussage, Cris habe an diesem Abend ein passables Spiel abgeliefert. Ob der Umstände, wie dieser Abend überhaupt entstanden war – nämlich durch Leandros großspurige Einladung – musste Cris dünn lächeln. Immerhin hatte er es geschafft, Noa nicht vollkommen zu blamieren.

„Das würde mich freuen“, entgegnete er daher diplomatisch auf die Andeutung des Anderen, eine derartige Veranstaltung könnte in Zukunft erneut stattfinden. Ob Noa von dieser Aussicht ähnlich begeistert sein würde war indes anzuzweifeln.

Aus dem Augenwinkeln konnte er schließlich beobachten, wie Clóe ihrer Schwester eine kleine Box, in der sich vermutlich Reste des heutigen Festmahls befanden, überreichte, wobei ihm schleierhaft blieb, warum Noa dabei aussah, als wäre ihr das aus irgendeinem Grund unangenehm. Gedanklich mit den Achseln zuckend erwiderte Cris daher Jespers höflichen Händedruck und ließ diesem eine ähnlich unverbindliche Höflichkeitsfloskel zukommen. Es war fast geschafft.

Als letztes Hindernis erwies sich dann Noas Schwester – plötzlich stand sie Cris gegenüber und reichte ihm die Hand, wobei ihm klar wurde, dass er mit ihr – der einen Person im Raum, die mit ihm und dem, was er repräsentierte, vermutlich die größten Probleme hatte – noch nicht wirklich ein Wort gewechselt hatte. Die Gelassenheit entwich ihm endgültig, als Clóe ihn mit ernsthafter Stimme aufforderte, auf Noa achtzugeben. Oberflächlich schien sich diese Bitte nur auf den auf Coruscant gewiss nicht ungefährlichen Weg zurück zu Noas Wohnung zu beziehen – doch sie implizierte einiges mehr.


„Natürlich“, schaffte er es schließlich mit leicht heiserer Stimme zu erwidern und war mit einem Mal sehr froh, dass der Abend jetzt sein Ende erreicht hatte.

Nach dem – in seinem Empfinden eine Unendlichkeit dauernden – Händedruck beeilte Cris sich, mit der gebotenen Höflichkeit auch von Noas Vater Abschied zu nehmen, bevor er sich schließlich mit Noa vor der Tür der Wohnung wiederfand und sie beide den Korridor gen Ausgang des Gebäudes heruntergingen. Für den Moment war er darum bemüht, das Schweigen aufrechtzuerhalten, doch schließlich platzte es dann aus ihm heraus:


„Das lief doch besser als erwartet, oder?“

Eine Nanosekunde nach dem letzten Wort verzog er bereits wieder das Gesicht. Keine sehr passende Aussage, schließlich hatte er mitnichten um das Auftreten der anderen Cortinas gefürchtet. Nur um sein eigenes.


„Ich meine… ich hatte einen schönen Abend.“

Und nach einer kurzen Pause:

„Danke.“

[Coruscant, City, Korridor unweit der Wohnung der Cortinas]- Noa, Cris
 
[: Coruscant-System | Coruscant :||: mittlere Ebenen | Rotlichtviertel | Promenade :||: mit Qwi :]

In unterschiedlichsten Rottönen und gespickt mit einem Hauch Freizügigkeit drängte sich jeden Tag und jede Nacht die penetrante Reklame unzähliger Nachtclubs und Bordelle dem riesigen Strom aus Besuchern der gesamten Galaxie auf. Hübsche Damen bezirzten hinter sicheren Scheiben mögliche Interessenten, während bullige Türsteher letztendlich nur das gewünschte Klientel in die Lokalitäten ließen. Die Bandbreite der hiesigen Etablissements reichte vom Schmuddelladen bis hin zum teuren Freudenhaus. Jeder Geschmack schien in Coruscants großen Rotlichtviertel Befriedigung finden zu können. Lust war der Dreh- und Angelpunkt an diesem Ort in den mittleren Ebenen des gewaltigen Stadtplaneten. Denn allein die Lust sicherte den hiesigen Unternehmern seit etlichen Jahrtausenden eine Welt, die zum Großteil unabhängig vom politischen System, das den Stadtplaneten beherrschte, existieren konnte. Selbst der derzeitige Governor konnte sich nicht auflehnen. Schließlich hatten die Unternehmer nicht nur einen riesigen Berg aus Credits in ihrer Hand, sondern auch das Material für den einen oder anderen Skandal.

Ein paar Besucher schreckten leicht zur Seite als auf dem breiten Gehweg ein Speeder surrend zum Stehen kam. Im grellen Licht der allgegenwärtigen Reklame schimmerte die karminrote Lackierung ganz besonders deutlich. Die erschrockenen Leute fassten sich schnell wieder und man ging einfach daran vorbei. Kein zweiter Blick fiel auf die Maschine. Stattdessen beachtete man lieber die äußerst freizügigen Damen hinter den Scheiben. So ging der Speeder allmählich in der murmelnden Masse unter. Bloß zwei uniformierte Mitglieder der „Coruscant Security Force“ blieben einen Augenblick stehen, musterten das Modell, die Pilotin und deren ungewöhnlichen Passagier, wechselten ein paar amüsierte Worte miteinander und gingen dann einfach weiter. Damit versank der Speeder endgültig in der anonymen Masse.

Erleichtert atmete der zottelige Cathar, der auf dem hinteren Sitz saß, aus. Trotz seines Wissens über die Macht und seine fundierte Ausbildung im Orden hatte es keine leichte Übung für den Jedi-Ritter dargestellt als er erst das jeweilige Bewusstsein der beiden CSF-Männer in dieser bunten Masse aus Lebewesen finden und sie anschließend geringfügig manipulieren musste. Hinzu kam bei ihm noch die Erschöpfung, die schon seit Stunden in seinen Gliedern steckte, sowie die auffällige Lackierung als zusätzliche Hürden. Doch irgendwie war ihm das Kunststück trotz dieser recht schweren Hürden gelungen. Denn keiner der beiden CSF-Männer schlug auf einmal Alarm oder machte heimlich eine Meldung über Funk. Es tauchte auch kein Einsatzgleiter urplötzlich an der nächsten Häuserecke auf und raste mit einer einsatzbereiten Spezialeinheit auf sie zu. Nein, alles war ruhig. Mittlerweile war der Speeder ein Teil der anonymen Masse.

Grazil stieg die omwatische Pilotin vom Speeder ab.
„Wir sollten weiter...“

Blitzschnell ließ der Jedi den Bewusstseinsbereich, den er durch seine ausgebildeten Fertigkeiten in der Macht zusätzlich hatte, schrumpfen. Im knappen Bruchteil einer einzigen Sekunde verlor er das unbeschreibliche Gefühl für all die Lebewesen, die ihn in diesem Moment umgaben. Er spürte seine Umgebung dumpfer. Trotzdem atmete der orangefarbene Cathar kurzzeitig auf. Denn je mehr Leben er durch die Macht erfassen konnte, desto mehr Emotionen bombardierten sein Bewusstsein. Lange, sehr lange hielt das höchstens ein Ratsmitglied aus – so seine Einschätzung. Schweigend sprang das Katzenwesen von dem karminroten Speeder und landete leichtfüßig auf dem rauen Boden. Flüchtig fiel sein Blick auf die blauhäutige Dame, die ihn seit der Unterwelt begleitete. Anschließend ging er Seite an Seite mit in der Masse aus Besuchern über die Promenade in Richtung „Honey House“.

In einer geschickten Bewegung zog der Cathar auf einmal seine Begleiterin zur Seite als urplötzlich ein Trupp Stormtrooper durch die Masse marschierte. Ihre weißen, polierten Rüstungen reflektierten das grelle Licht der Reklame. Die dumpfe Stimme des gepanzerten Anführers war zu hören. Er wies die nahen Zivilisten in einem strengen Tonfall an Platz zu machen. Gleichzeitig schoben jeweils die äußersten Soldaten der Einheit die Anwesenden grob zur Seite, die offenbar nicht hören wollte. Für einen Moment kam Unmut auf. Leute beschwerten sich, schüttelten drohend die Faust und fluchten über das berüchtigte Korps und deren herzlose Mitglieder. Unwillkürlich spürte das Katzenwesen in der Macht den wachsenden Druck. Einzelne Härchen seines orangefarbenen Fells stellten sich ganz plötzlich auf. Seine violetten Augen rasten schnell von der Gruppe beschwerender Zivilisten zu dem Trupp Stormtrooper. Gefahr! – schrie ihm die Macht zu. Denn die acht Imperialen mit ihren weißen Rüstungen waren stehen geblieben. Langsam drehte sich zu erst der Anführer mit der weißen Platte auf der rechten Schulter zu den Leuten um. Seinem Beispiel folgten die anderen Soldaten kaum eine Sekunde später.


„Wir sollten nicht zwischen ihnen stehen“, brachte der Cathar schluckend hervor.

Die Omwati verzog missbilligend das Gesicht:
„Dann solltest du deine Beine in Bewegung setzen!“

Doch bevor der zottelige Jedi-Ritter überhaupt einen Schritt in irgendeine Richtung machen konnte, tauchte plötzlich das Geräusch von Metall, das schwerfällig auf den Betonboden knallte, auf. Sofort setzte sich die Masse panisch in Bewegung. Personen, die gerade noch völlig gespannt das Szenario zwischen Stormtroopern und dem aufgebrachten Mob verfolgt hatten, setzten sich mit einem Mal in Bewegung. Immer leerer wurde der Gehweg als die meisten Zivilisten in jene Lokale flüchteten, die ganz in ihrer Nähe waren. Und dann tauchte der imperiale Walker zwischen den Flüchtenden auf. In Begleitung eines zweiten Trupps Stormtrooper stampfte das massive Kriegsgerät auf die paar Leute zu, die sich gerade noch ausgiebig beschwert hatten. Instinktiv griff der Cathar unter seinem Poncho nach dem metallischen Zylinder, der an seinem ranzigen Gürtel hing. Sollte er eingreifen? In seiner Brust pochte lautstark das eigene Herz, während sein Kopf die nächsten Schritte plante.

„Seid ihr lebensmüde?“, ranzte sie auf einmal eine männliche Stimme an und kaum eine komplette Sekunde später drückte sie jeweils eine Hand in Richtung einer dunklen Seitengasse...

[: Coruscant-System | Coruscant :||: mittlere Ebenen | Rotlichtviertel | Promenade :||: mit Qwi und einer fremden Stimme :]
 
- Coruscant – City – Korridor – Mit Cris -

So schön ein Abend auch war, am Ende war die Aussicht auf das eigene Bett doch verlockend. Als Noa und Cris die Wohnung von Noas Vater verließen, befand sich die Widerstandskämpferin in einem solchen Moment. Es war nett gewesen an diesem Abend, mit ein paar lustigen und schönen, aber auch ein paar wenigen peinlichen Momenten. Diese waren geschlossen auf das Konto von Cris Sheldon gegangen. Bereute sie also, dass sie ihn mit genommen hatte? Es war ein Abendessen im Kreis der Familie gewesen und Cris Sheldon weder ein Freund noch ein guter Beaknnter. Sie kannten sich gerade mal ein paar Tage und teilten im Grunde nichts weiter als die gleiche politische Ausrichtung. Offiziell durfte sie ihn nicht einmal kennen, schließlich war er ein Agent des republikanischen Geheimdienstes und damit im imperialen Coruscant ein Hochverräter. Noch. Dies würde sich ändern, wenn Coruscant wieder unter republikanischen Flaggen lebte, auch wenn noch immer, trotz aller Anstrengungen aller Widerstandskämpfer, nicht abzusehen war, wann dies sein würde. Also, bereute Noa Chanelle Cortina, Cris Sheldon ihrer Familie vorgestellt zu haben? Nein, sie bereute nichts. Es war im Großen und Ganzen ein angenehmer Abend gewesen. Das Essen war gut gewesen, die Gespräche – bis auf Sheldons Aussetzer – ebenso und das anschließende Sabacc-Spiel wie immer unterhaltsam.

“Es war ein schöner Abend, stimmt.“

Antwortete Noa, die Sheldon in gewisser Weise Recht geben musste: es war besser gelaufen als erwartet. Erwartet hatte sie, dass sie nur zu viert sein würden und die gesamte Zeit über betretenes Schweigen herrschen würde, doch von einem solchen Bild waren sie zum Glück verschont geblieben.

“Auch wenn es keiner von uns beiden zum großen Ruhm beim Sabacc geschafft hat.“

Sie grinste schief und steckte die Hände beim Gehen in die Hosentaschen. Der bisher ungeschlagene Sabacc-König war noch immer ihr Bruder Leandro. Ob Noa es jemals schaffen würde, ihn in diesem Spiel zu schlagen? Wahrscheinlich nicht, aber dafür gab es eine ganze Menge anderer Dinge, in denen sie besser war als er.

“Ihre ganz großen Tricks können Sie mir dann ja mal ein andermal zeigen.“

Schob sie hinterher und bemerkte schon, bevor sie den Satz ausgesprochen hatte, dass diese Aufforderung auch ganz leicht misverstanden werden konnte.

“Ich meine... weil Sie so geprahlt haben.“

Sie wandte sich um und rief per Knopfdruck einen der Turbolifte nach unten. Prinzipiell war der Abend zu Ende, nicht aber wenn man in der selben Wohnung schlief. Dann hieß es, ein gemeinsames Taxi nach Hause zu nehmen, sich nacheinander im Bad für die Nacht fertig zu machen und sich peinlich berührt einen guten Schlaf zu wünschen. Bis auf einige wenige – aber wichtige – Unterschiede glich dieser Ablauf dem eines Liebespaares. Noa und Cris jedoch würden sich zumindest kein Bett teilen.

- Coruscant – City – Korridor – Mit Cris -
 
[Coruscant, City, Korridor unweit der Wohnung der Cortinas]- Noa, Cris

Mühsam konnte Cris sich nach Noas Worten einen frustrierten Seufzer verkneifen. Seine kleinen Andeutungen in Bezug auf gewisse Sabacc-Begabung – im Grunde darauf ausgerichtet, ihn ein wenig lockerer rüberkommen zu lassen – hatte anscheinend dafür gesorgt, dass die Widerstandskämpferin ihn nun zu allem Überfluss für einen geistlosen Aufschneider hielt, wobei er fairerweise eingestehen musste, dass ihre kleine Stichelei diesen Schluss nicht ohne einiges an Pessimismus zuließ. Indes durfte man nicht vergessen, dass er für sie immer noch ein Fremder war, jemand, den sie dummerweise aufgrund eines Unfalls hatte beherbergen und beköstigen müssen, noch dazu jemand, dem sie noch vor kurzem mit Freude höchstpersönlich den finalen Blasterschuss verpasst hätte. Dennoch wirkte sie mitnichten genervt oder ungehalten. Ein Fortschritt, trotz allem.

„Vielleicht habe ich meine Tricks falsch eingesetzt…“, gab er schließlich nach einer kurzen Pause zurück.

„Schließlich hatte ich immer nur einen Gegner…“

Noa hatte einen Turbolift gerufen, die sie daraufhin – begleitet von erdrückendem Schweigen und der Erkenntnis, dass die durch die kleine Kabine hergestellte Enge nicht unbedingt dazu beitrug, Cris in einen gelassenen Zustand zu versetzen – auf eine Ebene transportierte, auf der sie eines der allgegenwärtigen Robotaxis anfordern und den Rückweg zu Noas Wohnung würden antreten können.


„Ich bewundere Ihre Familie“, sagte er plötzlich in die Stille herein, als er sich dabei ertappte, leicht versetzt hinter Noa stehend ihren Rücken angestarrt zu haben, insbesondere die Art, wie ihr Haar über ihre Schulter fiel und sie sich bei jedem Atemzug leicht bewegte…

„Ich… ich meine, das Leben auf Coruscant ist gewiss nicht leicht, insbesondere, wenn man sich außerhalb der Günstlingskreise des Imperiums und seiner Vertreter bewegt. Und dennoch haben Sie es geschafft, sich die Schönheit des Familienlebens zu bewahren… das… das ist toll.“

Die Turbolifttüren öffneten sich – glücklicherweise bevor Noa auf seine wenig sinnigen Worte etwa mit dem Hinweis darauf, dass er wohl kaum das Funktionieren einer Familie einschätzen konnte, hätte eingehen können – und Cris räusperte sich verlegen, bevor er der Widerstandskämpferin hinaus in die kaltfeuchte Nacht Coruscants – anscheinend war eines der charakteristischen Gewitter des Planeten just abgezogen – folgte und sich beeilte, auf ein zufällig wartendes Robotaxi zuzueilen und ihr mit einem schwachen Lächeln die Tür zu öffnen. Wahrscheinlich hielt sie diese Art von übertrieben zur Schau gestellter Höflichkeit für ebenso unangemessen wie seine Sabacc-Prahlereien.

Das Taxi setzte sich in Richtung der Regionen Coruscants, in denen sich Noas Wohnung befand, in Bewegung, doch kaum hatten sie Reisegeschwindigkeit erreicht, platzte es bereits wieder aus dem ehemaligen Sturmtruppler heraus, fast so, als wollte er erneutem Schweigen vorbeugen:


„Hören Sie… ich… ich glaube, dass ich mich bereits ausreichend erholt habe. Mehr kann ich nicht verlangen. Ich verstehe, dass sie vermutlich bedeutend angenehmere Vorstellungen vom Ausklingen eines Abends haben, als einen Wildfremden erneut auf ihrer Couch einzuquartieren. Wenn Sie mich also meine… meine Sachen holen lassen…“


Sorgsam vermied er das Wort Waffe.


„… dann bin ich sicher, dass ich irgendwo unterkommen werde. Entweder bei unseren gemeinsamen Freunden oder meinem… Arbeitgeber.“

Sein Blick musste eine gehörige Portion Unsicherheit verraten. Tatsächlich befürchtete er in diesem Moment, dass sie seine Worte als Anzeichen dafür verstehen, dass er so wenig Zeit wie möglich in ihrer Nähe verbringen wollte, auf der anderen Seite jedoch dämmerte ihm, dass das exakte Gegenteil zutraf. Aber die Implikationen dessen waren lächerlich und konnten nur in einem Desaster enden…


„Wenn Sie es allerdings noch eine Nacht aushalten… dann verspreche ich, morgen früh so schnell wie möglich zu verschwinden. Tatsächlich ist es um diese Uhrzeit wohl doch etwas zu gefährlich, alleine irgendwelche Spaziergänge zu unternehmen…“


Fast klappte sein Mund hörbar zu, als er sich zwang, ihn zu schließen. Hätte er doch besser den Mund gehalten… Noa wusste mit Sicherheit, was sie wollte, und wenn er ihr lästig wurde, würde sie ihm das ganz einfach sagen und resolut vor die Tür setzen. Kein Anlass dafür, sich zum Narren zu machen, aber dafür ließ Cris Sheldon bedauerlicherweise die wenigsten Gelegenheiten aus, zumindest wenn es um die Kommunikation mit anderen Lebewesen ohne den Einsatz einer Waffe ging…


[Coruscant, City, Robotaxi]- Noa, Cris
 
- Coruscant – City – Robotaxi – Mit Cris –

Schließlich hatte er immer nur einen Gegner beim Sabacc gehabt? Soso. Noas Mundwinkel zuckten, als sie versuchte sich durch Sheldons Kommentar nicht amüsiert zu zeigen und ihn stattdessen streng anzusehen. Wie war das noch gleich, man sollte seine Gegner niemals unterschätzen?

“Klingt fast, als sollten wir demnächst eine Revanche planen.“

Meinte Noa.

“Sie scheinen es jedenfalls darauf anzulegen.“

Sie lehnte sich im Sitz des Robotaxis zurück und merkte, als sie es sich bequem machte, wie müde sie war. Kaum hatte sie dies festgestellt, unterdrückte sie auch bereits ein Gähnen, das langsam und zäh in ihr aufstieg. Dabei war es noch nicht so furchtbar spät. Sie hatte allerdings auch nicht lange geschlafen, in der vergangenen Nacht, jedenfalls nicht so lange wie sie es getan hätte wenn sie alleine in ihrer Wohnung gewesen wäre. Noa sah aus dem Fenster und genehmigte sich, für einen Moment die Augen zu schließen, so dass Sheldon es nicht mitbekam. Er hatte gesagt, er bewundere ihre Familie und Noa spürte einen warmen Impuls in sich aufsteigen. Die Familie war für die Cortinas stets das Wichtigste gewesen, wichtiger sogar noch als der Kampf für die Republik. Sie waren es, die am Ende des Tages füreinander sorgten, sich gegenseitig unterstützen und füreinander da waren und Noa wusste, dass sie alles tun würde um jeden einzelnen von ihnen zu beschützen.

“Meine Familie bedeutet mir sehr viel.“

Ihre Worte unterbrachen die Stille und Noa Chanelle Cortina sah wieder hinaus in das Lichtermeer des Planeten, auf dem sie geboren und aufgewachsen war. Sie lebte gerne auf Coruscant. Sie mochte den Trubel und die Lebendigkeit. Die Stadt schlief nie, egal zu welcher Uhrzeit. Es gab immer einen Ort, an dem man jemanden treffen konnte, wenn man sich alleine fühlte. Es war kein schwieriges Leben, jedenfalls nicht für Noa. Weiter unten in den ärmeren Schichten sah das natürlich anders aus, aber Armenviertel gab es so gut wie überall. Dies war kein Problem, das nur auf diesem Planeten herrschte. Das Imperium war es, was es hier letztendlich so schwierig machte. Noa wandte ihren Kopf zu Sheldon und lächelte leicht.

“Aber das wissen Sie vermutlich schon. Darüber hinaus bin ich gerne hier. Es gibt gute Zeiten… und schlechte. Ich hoffe, dass die schlechten Zeiten nicht lange anhalten werden.“

In der Fremde des Robotaxis wagte es Noa nicht, offen über das Imperium zu sprechen, aber sie war sicher, dass Cris Sheldon sie auch so verstand. Eines Tages würden sie wieder öffentliche Verkehrsmittel benutzen können ohne sich Sorgen darüber machen zu müssen, dass jedes ihrer Worte abgehört werden konnte. Eines Tages würde nicht mehr lange dauern. Ebenfalls nicht mehr lange dauerte es, bis Sheldon die nächste Bombe platzen ließ. Dass er offene Bewunderung für ihre Familie gezeigt hatte, war schon überraschend gewesen. So wenig sie bisher auch noch voneinander wussten, der Geheimdienstagent war Noa als äußerst zurückhaltend, beinahe schüchtern erschienen. Jetzt bot er ihr an, nur noch seine Sachen aus ihrer Wohnung zu holen und sich anderweitig einen Schlafplatz für die Nacht zu suchen und zeigte sich damit – nicht zum ersten Mal – überraschend höflich. In Noas Kopf erschien das Bild einer leeren Wohnung, die sie ganz für sich hatte und in der sie, nur gekleidet in ein viel zu weites Hemd und eine Unterhose, herum lümmeln konnte wie sie wollte. Sie würde die Musik so laut aufdrehen, dass die Wände wackelten und Schokoladenpudding aus einem Becher löffeln. Diese Vorstellung war durchaus verlockend. Aber konnte sie dieses Angebot so einfach annehmen, ohne sich schlecht zu fühlen? Wenn es sich nur noch um eine Nacht handelte, war sie durchaus in der Lage diese zu überstehen, oder? Außerdem war seine Anwesenheit auch nicht wirklich unangenehm, lediglich ungewohnt. Er war, wie sie bereits fest gestellt hatte höflich, machte keine Anstalten in der Nacht über sie herzufallen und überließ die Wohnung ihr, wenn sie duschen wollte, um ihr genügend Raum zu lassen. Spontan wollte Noa kein Mann einfallen, der sich jemals so rücksichtsvoll verhalten hatte. Sogar Türen hielt er ihr auf! Das hatte bisher nur Andrej hin und wieder geschafft und natürlich tat Jesper es für Cloé. Aber selbst ihre Brüder waren nicht so gestrickt. Nun, es musste ja auch nicht ständig sein. Noa Chanelle Cortina war Frau genug solche Dinge selbst zu erledigen. Sie brauchte keinen Mann, der sie für eine zimperliche Tussi hielt, die Angst hatte sich die Fingernägel abzubrechen oder mit ihren Pfennigabsätzen im Kanalgitter hängen zu bleiben. Aber das waren auch nicht die Hintergedanken in solchen Gesten, jedenfalls nicht bei Cris Sheldon, da war sie sich ziemlich sicher. Dieser Mann war einfach… nett.

“Ich glaube, ich könnte es noch gerade eben ertragen, Sie eine weitere Nacht zu beherbergen.“

Antwortete Noa schließlich freundlich.

“Allerdings nur unter einer Voraussetzung: Sie machen morgen Frühstück.“

Von netten Männern, so würde Cloé es ausdrücken, hatte Noa bisher nicht viel wissen wollen. Es war nicht so, dass sie nette Männer grundsätzlich für Weicheier hielt, jedenfalls nicht immer, doch sie hatten sie nie besonders angezogen. Ein Mann sollte ein Mann sein: robust, stark, rau, standhaft, leidenschaftlich, mutig… und manchmal eben auch nett. Mindestens zwei dieser Eigenschaften erfüllte Cris Sheldon. Ob es noch mehr werden würden, würde Noa vielleicht noch erfahren. Die Widerstandskämpferin konnte ihr Lächeln nicht länger zurück halten. Es war eigentlich kein großer Umstand, Cris Sheldon um sich zu haben und ihm einen Schlafplatz anzubieten, ganz im Gegenteil, denn dass er ein pflegeleichter Gast war, hatte sie bereits fest gestellt und darüber hinaus war er auch noch extrem gutaussehend.

- Coruscant – Raumhafengegend – Vor Wohnkomplex – Mit Cris –
 
[Coruscant, City, Robotaxi]- Noa, Cris

Schweigend hatte Cris Noas Ausführungen zu ihrer Familie gelauscht, die sie durch gute, wie auch durch schlechte Zeiten – im Grunde ein Euphemismus für die Besatzung Coruscants durch das Imperium – begleitet hatte, während die Widerstandskämpferin gedankenverloren aus dem Fenster des Robotaxis blickte.

Er selbst hatte zu einem solchen Gespräch nicht viel beizutragen – er hatte keine Familie, jedenfalls nicht, so lange er denken konnte, und der eine Moment, in dem die Chance bestanden hatte, in eine Familie aufgenommen zu werden – in Akemis Familie – hatte schnell gezeigt, dass Cris Sheldon höchstens temporär für das Familienleben taugte, dass da immer der kalte, emotionslose Teil in ihm war, der Lebewesen auf Befehl hin auslöschen und jede Skrupel und Schuldgefühle tief im Inneren seiner zerrissenen Seele vergraben konnte. Noa wollte ihre Familie schützen und vermutlich auch damals, als sie ihn für einen imperialen Spion gehalten und vermutlich am liebsten persönlich erledigt hätte, war es diese Motivation gewesen, die sie führte… aber was trieb seine Taten an? War es mehr als das leere Gefühl, vergangenes wieder gutzumachen, Morde durch neue Morde vergessen zu lassen? Er hatte sich einmal den Schutz eines anderen Lebens verschworen… doch auch das schien jetzt eine kleine Ewigkeit her.

Überraschenderweise willigte Noa in diesem Moment darauf ein, ihn eine weitere Nacht zu beherbergen, und ließ mit ihren Worten auf einen Schlag all die düsteren Gedanken vergessen, die Cris eben noch heimgesucht und leeren Blickes auf den Fußboden der Passagierkabine des Robotaxis hatten starren lassen.

Die Bedingung, die sie ihm stellte – dass er für das Frühstück verantwortlich sein würde – ließ ihn trotz seiner vagen Befürchtung, dass seine kulinarischen Fähigkeiten sich weit unterhalb des Durchschnitts bewegten, leicht Schmunzeln. Tatsächlich hätte er ihr auch mit bloßen Händen einen Falkenflügler gefangen, wenn die Belohnung ein solches Lächeln gewesen wäre, wie es in diesem Moment ihr bildhübsches Gesicht erhellte.


„Einverstanden.“

Die Erkenntnis, dass das Robotaxi mittlerweile am Ziel angekommen war, ereilte ihn, immer noch leicht überrascht von der Entwicklung der Ereignisse, erst spät, sodass er es dieses Mal nicht schaffte, aus dem Taxi zu stürmen und die Tür zu öffnen, da Noa bereits auf ihrer Seite dem Gefährt entstiegen war und den mechanischen Piloten für seine Dienste entlohnt hatte, eine Beobachtung, die Cris daran erinnerte, dass er sich dringend von Selby Geld besorgen lassen musste.

Schließlich hatten sie – begleitet von der Geräuschkulisse des in der Nähe gelegenen Raumhafens – den letzten Fußweg hin zu jenem Wohnkomplex hinter sich gebracht, in dem sich Noas Wohnung befand, hatten den Korridor durchschritten – Noas Nachbarn schienen derzeit nicht lauthals zu streiten – und standen schließlich wieder innerhalb der vier Wände, die das Zuhause der Widerstandskämpferin darstellte, welches sie nun für eine weitere Nacht mit einem wortkargen und recht finsteren Geheimdienstagenten teilte, ohne dazu gezwungen worden zu sein. Nun, vielleicht war es nicht ganz so schlimm.


„Bevorzugen Sie Ihr Frühstück süß oder deftig?“, fragte Cris mit einem schiefen Lächeln, Noas Kochecke begutachtend und etwas nervös überschlagend, ob er mit all den Geräten, die dort zur Verfügung standen, tatsächlich etwas annehmbares würde hinbekommen – die erste Hürde war vermutlich, vor Noa wach zu werden und alles parat zu haben, wenn sie selbst aufstand.

Nach dieser Nachfrage drehte Cris sich zu seiner Gastgeberin um. Jetzt, da ihn die ungewohnte Umgebung im Kreis ihrer Familie nicht mehr so vereinnahmte und die Skyline Coruscants nicht rauschend an ihm vorbeiraste, schien ihm einmal mehr bewusst zu werden, was für ein perfektes Bild sie in der Kleidung abgab, die sie für diesen Abend ausgewählt hatte. Jedes Detail wollte sich in sein Gedächtnis einbrennen, bevor ihm reichlich spät klar wurde, dass sie vermutlich vor allem auf eins wartete – dass er ihr genug Privatsphäre zugestand, um all jenen Ritualen nachzugehen, die vor dem Schlafen üblich waren.

„Oh… wenn Sie ein paar Minuten für sich brauchen, vertrete ich mir gerne die Beine.“

Ein unstetes Lächeln. Warum machte sie ihn gerade jetzt nervöser als der Hinterhalt der Storm Commandos vor dem Honey House?


„Überhaupt kein Problem.“


[Coruscant, Raumhafengegend, Wohnkomplex, Noas Wohnung]- Noa, Cris
 
- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Mit Cris –

Der Unterschied zwischen dem Wohnkomplex, in dem sich Noas Wohnung befand, und dem aufgeräumten, ordentlichen Gebäude, in dem ihr Vater noch immer das geräumige Familienappartment bewohnte, war unübersehbar. Bereits als sie den Korridor betreten hatten war ihnen ein unangenehm säuerlicher Geruch entgegen gekommen. Hier und dort lagen in den Ecken lagen Müllreste und wäre es draußen hell genug, hätte man sicherlich sehen können, wie schmutzig die Fensterscheiben waren. Verglichen mit dem öffentlichen Flur machte das Innere von Noas Wohnung fast schon wieder einen blitzblanken Eindruck. Die Coruscanti warf ihre Tasche auf einen der Sessel und streifte sich noch im Stehen als erstes die Schuhe von den Füßen. Hätte sie diese sonst einfach an Ort und Stelle liegen lassen, räumte sie sie in Anwesenheit ihres Gastes natürlich ordentlich dorthin, wo sie hin gehörten.

“Süßes Frühstück klingt gut.“

Rief sie Sheldon aus ihrem Schlafzimmer heraus zu und schloss den Schuhschrank wieder. Ein Glück, dass sie gestern morgen eingekauft hatte und ihr Kühlschrank ausnahmsweise voll war. Das kam nicht so häufig vor. So aber dürfte Sheldon keine Probleme haben, morgen früh etwas Leckeres zusammen zu stellen. Noa trat zurück ins Wohnzimmer und da war sie wieder, die rücksichtsvolle Note in Cris Sheldons Verhalten, als er ihr anbot, sich draußen die Beine zu vertreten, während sie sich bettfertig machte.

“Die Keycard liegt auf dem Schrank.“

Antwortete sie dankbar und deutete dorthin, wo sie die Zutrittskarte zu ihrer Wohnung vorhin abgelegt hatte.

“Ich brauche auch nicht lange.“

Für Sparziergänge war die Gegend um Noas Wohnung nur bedingt geeignet. Ein Bild davon hatte sich Sheldon schon früher an diesem Tag bereits machen können, also würde er wissen, wie weit er sich entfernen wollte. Vielleicht drehte er auch lediglich ein paar Runden draußen im Flur. Für Noa war die Gegend, in der sie lebte, nur wenig von Bedeutung. In erster Linie mochte sie die Unabhängigkeit, die eine eigene Wohnung mit sich brachte. Selbstverständlich gab es Bezirke in der Stadt, die sich für allein stehende Frauen besser geeignet hätten und auch sonst etwas mehr Komfort boten, doch solche Appartments wirkten sich in der Regel eher negativ auf Noas Geldbeutel aus. Als freie Journalistin verfügte sie über kein geregeltes Einkommen. Sie wurde für das bezahlt was sie schrieb und das war mal mehr und mal weniger. Nachdem Cris (vorläufig) weg war, huschte Noa ins Bad, um dort mit allem fertig zu werden, bevor er zurück kam. Egal was andere sagten, ob Pablo oder Cloé, sie mochte ihre Wohnung und lebte gerne hier. Es hatte Charme, in gewisser Weise, wenn die Nachbarn ständig stritten, laute Partys feierten oder dunkel gekleidete Personen auf den Gängen illegale Drogen austauschten. Langweilig war es hier jedenfalls nicht. Noa putzte sich die Zähne, schminkte sich ab und legte dann noch eine Decke für Sheldon heraus, die sie noch übrig hatte, weil ihr oft nachts kalt war und sie dann unter mehreren Lagen von Decken schlief. Das war einer der Nachteile der Wohnung – die Heizung funktionierte nur sporadisch.

Obwohl sie ihm mittlerweile mehr vertraute, verriegelte sie ihre Schlafzimmertür trotzdem sicherheitshalber von innen – nicht, weil sie fürchtete er könnte sie in der Nacht im Schlaf erstechen, sondern weil sie nicht wollte, dass er am Morgen versuchte sie zum Frühstück zu wecken und sie dabei halb bekleidet oder mit einem in der Nacht neu entstandenen Pickel auf der Stirn, den sie noch nicht abgedeckt hatte, vorfand. Noa war im Allgemeinen keine besonders eitle Person, doch es gab Situationen, in denen auch sie sich von ihrer besten Seite zeigen wollte. Als Single-Frau, die bereits seit längerem erfolglos nach dem richtigen Partner suchte, musste sie das in Gegenwart von fremden Männern auch. Aus diesem Grund zog Noa ein schwarzes, durchsichtiges Hemd zum Schlafen an, dass sie normalerweise nie trug, weil sie darin lediglich fror und es ohnehin niemanden gab, der sie darin bewunderte. Auch Sheldon würde sie, von der anderen Seite der Wand aus, nicht darin zu sehen bekommen, aber es fühlte sich besser an, etwas sexy-frauliches zu tragen, als die übliche bequeme Kluft, die Noa sonst trug, wenn sie alleine war. Sie vergrub sich in ihrer Decke, klopfte ihr Kissen zurecht und löschte das Licht. Sheldon war entweder noch nicht zurück, oder aber er hatte sich so leise verhalten, dass sie ihn nicht gehört hatte. Während sie die Augen schloss, kam Noa der Gedanke, dass er möglicherweise zusammen geschlagen worden war und blutig in einer Ecke lag, während sich die Schurken im Besitz ihrer Keycard befanden. Auch das war ein Grund, die Schlafzimmertür verschlossen zu halten. Andererseits war Sheldon niemand, der sich so leicht überwältigen ließ. Wozu er in der Lage war hatte sie selbst gesehen.


- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Schlafzimmer –
 
[Coruscant, Raumhafengegend, Wohnkomplex, Noas Wohnung]- Noa, Cris

Mit einem Nicken hatte Cris Noas Hinweis auf die Schlüsselkarte zu ihrem Appartement zur Kenntnis genommen, sich diese angeeignet und auch seine Waffe wie sein Comlink an sich genommen, bevor er schließlich nach einem kurzen Nicken in Richtung der Widerstandskämpferin deren Apartment auf den wenig einladenden Korridor verlassen hatte. Hier hielt er sich indes nicht auf – für ein bloßes Vertreten der Beine erstaunlich zielstrebige Schritte trugen den ehemaligen Sturmtruppler hinaus aus dem Wohnkomplex und auf eine leicht marode wirkende, im Augenblick menschen- und nichtmenschenleere Brücke, wo er sein Comlink hervornestelte. Ihm war eine Idee gekommen.

Nach Einwahl einer Nummer und kurzer Pause meldete sich tatsächlich eine Stimme am anderen Ende der Leitung, verschlafen klingend und mitnichten so fröhlich, wie Cris sie für gewöhnlich zu hören bekam.


„Ja?“

Selby. Sind Sie auf der Empress?“


„Was? Captain? Wissen Sie eigentlich, wie spät es hier gerade…“

Ein hörbares Seufzen war zu hören.


„Ja. Bin ich. Wieso?“

„Haben Sie noch Ihren Sonnenfruchtsaftvorrat?“


„Natürlich hab ich den noch. Es geht nichts über ein vitaminreiches Frühstück, haben Sie das bei den Blecheimern etwa nicht gelernt?“

„Treffen Sie mich in 20 Standardminuten auf Ebene 128, Ecke Megablock 60/62. Und bringen Sie eine Flasche mit.“


„Was? Wissen Sie eigentlich, wie teuer so eine…“

„Tun Sie es einfach“, unterbrach Cris den Piloten sanft.

„Und bringen Sie mir etwas Geld mit.“

Kurz hielt Cris inne, als ein Bild vor seinem Inneren Auge aufblitzte, eine Erinnerung an den hinter ihm liegenden Abend: Cloé, wie sie ihrer Schwester den Nachtisch präsentierte, sowie deren Reaktion darauf…

„Und besorgen Sie auf dem Weg etwas Marzipan.“

„Was bitte? Wofür brauchen Sie…“

„20 Minuten, Selby.“

Schmunzelnd unterbrach Cris die Verbindung. Es mochte auf den ersten Blick etwas unfair wirken, doch Selby, der es zu einer Kunst hatte werden lassen, die eigenen Vorgesetzten auf Trapp zu halten, tat es vermutlich ganz gut, sich selbst ein wenig anzustrengen. Außerdem sollte Cris es so schaffen, Noa für ihre Gastfreundschaft mit einem Frühstück zu danken, das sie nicht so leicht wieder vergessen würde.

Fast hätte er auf dem Weg von der Fußgängerbrücke eine vergnügte Melodie gepfiffen oder zumindest gesummt, doch die Summe an ominösen Gestalten, die ihm auf seinen Weg begegneten, verleitete ihn dann doch dazu, sein typisches unnahbares Gesicht aufzusetzen. Mit Erfolg – niemand belästigte ihn auf seinem Weg oder beging gar den schwerwiegenden Fehler, auszutesten, welche Wertegegenstände dieser einsame Mensch wohl mit sich führen würde.

Selby warb überraschenderweise trotz der ungewöhnlichen Aufgabe pünktlich, wenn er auch nicht ganz so adrett wirkte wie sonst, und überreichte Cris einen Creditchip, eine Flasche mit gelber Flüssigkeit und eine kleine Schachtel, in der sich kleine Figuren aus Marzipan befanden. Astromech-Droiden.


„Was anderes gab’s auf die Schnelle nicht…“, kommentierte Selby bissig Cris’ erstaunten Blick auf die kleinen R2-Einheiten in allen erdenklichen Farben von blau bis rot.

„Also. Wofür brauchen Sie das Zeug?“

„Ich habe eine Schuld zu begleichen“, entgegnete der ehemalige Sturmtruppler ruhig. Was vollkommen der Wahrheit entsprach.

„Danke für Ihre Hilfe. Ich melde mich.“


„Tun Sie das.“

Ein letzter misstrauischer Blick – in einigen Metern Entfernung hatte die beiden Agenten eine fünfköpfige Patrouille aus bewaffneten Beamten der CSF passiert – und Selby war in der hier dichteren Menge verschwunden, während Cris sich mit seinen neuen Gütern zurück in Richtung von Noas Apartment aufmachte.

Als er die Tür dieses Apartments so leise wie möglich mit der Schlüsselkarte öffnete waren vierzig Minuten seit seinem Aufbruch vergangen, doch die geschlossene Tür hin zu Noas Schlafzimmer verriet ihm, dass die Widerstandskämpferin keinerlei Verdacht durch seine lange Abwesenheit geschöpft hatte. So war es ihm möglich, Marzipan und Sonnenfruchtsaft im Kühlschrank zu verstauen, die Erfrischungszelle aufzusuchen und sich schließlich – die gesicherte Waffe in Griffweite – auf Noas Couch unter der dankenswerterweise zur Verfügung gestellten Decke zu verkriechen. Dieses Mal dauerte es nicht lange, bis er einschlief…

***

Die Nacht verschonte ihn mit absurden oder furchtbaren Träumen und als Cris schließlich wach wurde – und dabei feststellte, dass seinem Nacken das Schlafen auf der Couch dieses Mal nicht so gut bekommen war – konnte er mit einem Blick auf die immer noch geschlossene Tür zum Nebenzimmer feststellen, dass er früh genug aufgewacht war. Noa schlief noch.

Nachdem er sich selbst in einen halbwegs präsentablen Zustand versetzt hatte, machte Cris sich daran, jenen Inhalt des Kühlschranks, den er als dem Frühstück zugehörig identifizierte, in eine ansehnliche Mahlzeit zu verwandeln. Zu einer Auswahl an Konfitüre, die er in Noas Kühlschrank entdeckte, kombinierte er mit einem der Geräte in ihrer Küche getoastete Brotscheiben, warf außerdem die Kafzubereitungsmaschine an und bemühte sich dann, zwei einigermaßen ansehnlich wirkende Gedecke auf dem Tisch neben der Couch aufzubauen. Zuletzt goss er Selbys Sonnenfruchtsaft in eine gläserne Karaffe, die er in einem der Schränke gefunden hatte, und stellte sie mit der Schachtel Marzipanastromechs zum Rest des kleinen Frühstücksensembles, bevor er sich selbst auf die Couch plumpsen ließ und wartete. Die geschlossene Tür – die vermutlich auch verschlossen war, doch er war nicht so indiskret, das auf die Probe zu stellen – signalisierte doch, dass Noa nicht geweckt werden wollte. Vermutlich würde sie ohnehin bald von alleine aufwachen – der Geruch des blubbernden Kafs verbreitete sich doch recht rasch.


[Coruscant, Raumhafengegend, Wohnkomplex, Noas Wohnung]- Noa (im Schlafzimmer), Cris
 
Widerwillig auf dem Weg

:: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: ein Gleiter durchs Dunkel auf dem Weg zu Yumas Wohnung || Porro - Chad Whyte - Apus Soleda - Yuma ::

Apus Soleda schaute verbissen drein, fast zornig, als Chad Whyte den gestohlenen Gleiter locker in den dunklen Verkehr einordnete. Yumas Wohnung? Die Prostituierte oder Tänzerin oder was auch immer sie war, sah nicht sehr glücklich darüber aus, schiehn Chad aber wohl zu vertrauen - oder hatte Angst. Wer konnte das schon sagen? Verdammte Menschen - sofern sie beide Menschen waren.

Apus war nicht glücklich, ganz und gar nicht. Ein inneres Feuer flammte auf, wollte Chad in sein Steuerrad greifen, ihn anschreien. Aber die hitzige Welle ging vorbei. Natürlich konnte dieser aalglatte Kerl nicht wissen, wie sehr die Situation für Apus drängte. Woher auch? Doch das half nur ein wenig, um sich zu beruhigen. Apus warf sich zurück gegen die Lehne des Rücksitzes und erkaufte sich Zeit. Nachdenken. Chad Whyte konnte im Rückspiegel des gealterten Fluchtgefährts sehen, dass es hinter den dunklen Augen von Apus rotierte. Legte er sich einen Plan zurecht? Es dauerte jedenfalls lange Augenblicke bevor Apus mit gepresstem Ton die Stimme erhob und sich nun ruhiger vorbeugte, an Chads Ohr. Er sprach jedoch laut genug für alle im Gleiter.

"Chad, wir haben keine Zeit dafür. Ich glaube außerdem nicht, dass das Appartment von der Kleinen..."​

Hatte er sie "Kleine" genannt? Oh je. Er kam sich lächerlich vor. Überzeugend klang das sicher nicht.

"...ein sicherer Unterschlupf ist, eh? Sie ist doch mehr oder weniger hier reingeschlittert. Sie hat doch mit all dem hier nix zu tun, oder? Und sie ist kein, äh...Profi, oder? Du arbeitest für Geld, sie auch? Also ich mein, em...also nicht so jedenfalls. Chad, ich zahle Dir 3000 Creds wenn Du mich umgehend zum Distrikt Pesholon fliegst, vorsichtig. Ich denke, dass einige Freunde von mir da wirklich ernste Probleme haben grade. Ungeplante Probleme. Die Sicherheitskräfte gehen mit den Leuten um wie mit Sklaven...die Lage ist angespannt. Es gab Verschleppungen, Leute sind verschwunden. Da läuft mächtig was aus dem Kurs."​

Apus war ruhiger geworden, nun, da er sich erinnerte. Sorge lag in der Stimme, Entschlossenheit. Erstaunlich viel Sorge und Entschlossenheit für jemanden, der vor einer Stunde noch eine Summe von 5.000 Creds zahlen wollte, um "einfach nur weg" zu kommen. Scheinbar war der junge Bursche unerfahren, irgendwie. Aber irgendwie auch nicht. Er wirkte planmäßig, als er nach einer Pause fortfuhr:

"Ich denke, dass es zu Gewalttaten gegen die Arbeiter der Rcycling- und Wasseraufbereitungsanlagen gekommen ist. Wenn Du helfen willst,...wenn Du das Geld haben willst, dann besorg uns hier leichte Bewaffnung, die wir verstecken können, und flieg mich hin zur Anlage. Ich erklär Dir alles auf dem Weg. Wenn da alles klar ist, dann umso besser. Aber ich... ich hab da Leute, die ich nicht einfach so da versickern lassen will, als Mutantenfutter."​

Hilfesuchend sah der Vahla zu Chad, kurz auch zu Porro und Yuma. Natürlich hatte Apus Hintergedanken, die er jedoch im Moment gut verbergen konnte. Natürlich hatte es einen Plan gegeben, natürlich ahnte Apus, was das Auftauchen des Riesenkerls vom Sicherheitsdienst bedeuten musste. Natürlich wusste er, dass sein Wille nach "oben" zu kommen nicht nur einen egoistischen Grund hatte. Apus sollte ein Stein des Anstoßes gewesen sein, in einem Domino-Spiel der gerechten Gewalt. Aber nun hatte irgendjemand anderes den ersten Stein angestoßen. Irgendwas war im Arbeiterquartier Pesholon am gären. Dort unten, wo Kreaturen im Abfall lebten um genau diesen Abfall für die Oberen Schichten aufzubereiten. Wertstoff und Wasser. Durchaus kein unkritischer Punkt für eine Stadt. Was immer die Arbeiter von Pesholon geplant hatten, es war nun gehörig durchkreuzt worden. Man würde improvisieren müssen.

Apus wartete auf Chads Antwort, durchaus hoffnungsvoll. Würde der Kopfgeldjäger endlich seine Fragen ruhen lassen, sich einfach auf das Geld stürzen? Oder hatte er bemerkt, dass Apus immer noch mit der ganzen Wahrheit hinter dem Berg hielt? Und was war mit Porro, durschschaute der die ausweichenden Antworten? Apus biss sich etwas auf die Unterlippe. Er musste sich eingestehen, dass er dem Kopfgeldjäger mit seiner Clique ausgeliefert war im Moment. Es sei denn, er würde einen Sprung in die dunkle Tiefe Coruscants wagen. Und das war gegenwärtig keine Option. Als sich Apus dessen bewusst wurde, sah er Chad auch mit etwas anderen Augen. Wer war dieser Kerl eigentlich wirklich? Er passte nicht mehr so recht in die Schubladen, die Apus zur Verfügung hatte im Moment. Wahrscheinlich ging es ihm mit Apus genauso.

:: Coruscant :: Tiefere Ebenen :: ein Gleiter durchs Dunkel auf dem Weg zu Yumas Wohnung || Porro - Chad Whyte - Apus Soleda - Yuma ::
 
[Coruscant – Regierungsviertel – ein Restaurant –] Marcus Cicero

Seine Hand schloss sich leicht um das Glas, in dass ihm wenige Sekunden zuvor der Inhalt einer Flasche eines guten, preislich günstigen Weines geschüttet worden war. Normalerweise merkte er sich, welches Gut seinen Gaumen verwöhnte oder quälte, aber mittlerweile traute er den Etiketts nicht mehr. Es stand Correlia drauf, aber produziert wurde auf Tatooine oder New Plympto, wo Arbeitskräfte günstig und Gewinnquoten hoch waren.

Ich sollte mich eigentlich nicht beklagen, immerhin habe ich diese Art zu Wirtschaften bisher stets gefördert, sinnierte er und führt das Glas mit einer langsamen, eingeübten Bewegung zum Mund. Vielleicht machen die getriezten Sklaven auf Tatooine mittlerweile besseren Wein als die Corellianer? Die süße Flüssigkeit, deren Alkoholgehalt man gar nicht schmeckte, traf seine Lippen, floss in seinen Mund, um nach einer kurzen Prüfung durch die Geschmacksnerven heruntergeschluckt zu werden. Gar nicht schlecht, wirklich nicht.

Mit den Gedanken noch beim Wein, blickte er auf die zahllosen Informationen, die ihm sein Holo-Tablet anbot, und deren Filterung er gerade mal selbst übernahm. Es standen wichtige Verhandlungen an, einflussreiche Unternehmer hatten Interesse an ressourcenreichen Planeten, und die Vergabe von Konzessionen war immer hart umkämpft, besonders bei ebenso ehrgeiziger Konkurrenz, lästigen Piraten und wütenden Einheimischen. Seit etwa 2 Jahren kümmerte sich Cicero nun schon um solche Fälle, und bisher waren seine Partner immer zufrieden mit ihm gewesen, was ihn zu seiner Position als Legat geführt hatte. Er beabsichtigte, diesen Karriereweg weiter und mit einem möglichst hohen Tempo voranzuschreiten, und das bedeutete, auf diese einflussreichen Unternehmer zuzugehen, um eine Lösung zu finden, die ihm und dem Imperium am besten diente.

[Coruscant – Regierungsviertel – ein Restaurant –] Marcus Cicero
 
[Coruscant – Wohnviertel – Marcus Ciceros Appartment –] Marcus Cicero, zwei unbenannte Frauen

Der Legat rieb sich die Augen, während er von seinem großen, mit weißen Bezügen versehendem Bett erhob und in seinen anliegenden Arbeitsraum ging. Die Nacht war kurz, aber leidenschaftlich gewesen, wie die beiden jungen Damen, sich noch schläfrig auf der Matraze räkelnd, bezeugen konnten. Coruscant war nicht nur das politische Zentrum des Imperiums, es bot auch ein Nachtleben, dass es in sich hatte, dass er immer wieder gerne aufs Neue erlebte. Aus einer kleinen Schachtel, die er von seinem dunklen, 3 Meter langen Schreibtisch aufhob, nahm er ein paar Tabletten, die es ihm leichter machen würden, wach zu werden und den Arbeitstag zu meistern; kleine Helferlein, die er gerne nutzte, wenn ihn die Nacht noch bis weit in den Tag hinein verfolgte.

Er musste nicht erst in seinen Terminplaner schauen, einen Überblick über den Tagesablauf hatte er auch so. Zunächst ein geschäftliches Essen mit einem Anwalt von Malastare, der ein leitende Position in einer größeren Kanzlei auf Coruscant hatte und für ihn einen wichtigen Kontakt darstellte. Einer von Ciceros Freunden hatte kürzlich mit einer Klage zu kämpfen, die ihm eine neimodianischer Händler eingehandelt hatte, weil er Kampfdroiden, die ohne Lizenz produziert wurden, an verschiedene Interessenten mit zwielichtigem Ruf verkauf hatte. Dieser Anwalt, Naknax, hatte ihm einen geeigneten Kollegen vermittelt und die Angelegenheit war aus der Welt geschafft worden, ohne das Ciceros Name irgendeinen Schaden davongetragen hatte. Er selbst hatte den Deal eingefädelt, da die Droiden zum Schutz von Personen und Objekten eingesetzt wurden, an deren Unversehrtheit das Imperium ein Interesse hatte, auch wenn die Besitzer manche Praktiken anwendeten, die man als rechtlich bedenklich einstufen konnte.

„Guten Morgen …“, seufzte eine seiner Gespielinnen aus dem Schlafzimmer und holte ihn aus seiner Gedankenwelt in sein Appartment zurück. Sie sandte ihm ein verspieltes Lächeln, und Marcus verstand es, dies richtig zu interpretieren. Ihm blieben noch zwei Stunden und das Lokal war nur wenige Minuten entfernt, was ihm ein großes Zeitfenster verschaffte, um sich dem Wohlergehen seiner Gäste zu kümmern, und das war ihm äußerst wichtig. Er rief noch kurz einige Nachrichten auf, die sein Vorgesetzter ihm hinterlassen hatte, dann überprüfte er, ob es Neuigkeiten von Corellia gab, das momentan hart umkämpft war und nach Denon als weiterer Plant dem Imperium zu entgleiten drohte. Die Entwicklung war beunruhigend, gerade angesichts der symbolischen Bedeutung der Kernwelten, deren Verlust neben den militärischen auch einen politischen Prestigeverlust nach sich ziehen würde. Doch noch lag es nicht in seiner Hand, solcher Bedrohungen Herr zu werden, wohl aber, sich zwei jungen Frauen zu widmen.
Er ging schmunzelnd zurück zu seinem Bett, wo er bereits erwartet wurde.

[Coruscant – Wohnviertel – Marcus Ciceros Appartment –] Marcus Cicero, zwei unbenannte Frauen
 
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- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Schlafzimmer –

Noa schlief. Und schlief. Und schlief. Schlafen konnte sie gut, sogar ganz besonders gut. Die schönsten Tage waren die, an denen man den ganzen Tag im Bett verbringen und vor sich hin dösen konnte. Sie hatte das früher öfter gemacht, doch je älter sie wurde, desto mehr Verpflichtungen kamen im Leben dazu, die sie von solchen Faulenzertagen abhielten. Am schlimmsten war es, morgens aufzustehen. Noa war eine von jenen Leuten, die nur schwer von selbst aus dem Bett kamen. Wenn es dort so warm und kuschelig und im Rest der Wohnung kalt und ungemütlich war, wie konnte man dann freiwillig aus seinem Nest klettern? Es gab keinen schönen Ort in der Galaxis als auf dem eigenen Kissen und unter der dicken Decke. Als sie noch zur Schule gegangen war, hatte sie oft morgens verschlafen. Es hatte eine Phase gegeben, in der sie jeden Abend lange auf gewesen war, meistens um mit Freunden zu feiern. In dieser „wilden Zeit“ war Noa mehrmals zu spät zum Unterricht gekommen. Während Cloé immer sehr früh auf den Beinen gewesen war, ausführlich gefrühstückt und Ewigkeiten im Badezimmer gebraucht hatte, hatte Noa sich nur eben waschen und ihre Haare kämmen können, bevor sie los hetzen musste um den Shuttle-Gleiter zur Schule zu erwischen. Unterwegs hatte sie dann einen Happen herunter geschlungen. Zu der Zeit hatte sie auch noch keine Gewichtsprobleme gehabt.

Als sie aufwachte, blitzte es bereits verdächtig hell hinter der Fensterverdunkelung hervor. Noa Chanelle Cortina legte sich die Hände über die Augen und stöhnte einmal laut, weil es schon wieder die Zeit des Tages war. Kaum hatte das gedehnte Seufzen ihren Mund verlassen, schlug sich Noa auch bereits die Hand vor den Mund. Sheldon. Nicht, dass er sie noch hörte! Sie verharrte so still wie ein im hohen Gras liegender Nexu, der sich bei der Jagd dicht auf den Boden drückte, um sich an seine Beute heran zu pirschen. Dummerweise hatte Noa keine Beute. Sie war ja nicht einmal auf der Jagd – es sei denn, sie betrachtete Cris Sheldon als jemanden, den es zu fangen galt. Aber wollte sie ihn überhaupt fangen? Noa schälte sich aus unter ihrer Decke hervor und stellte ihre Füße auf den Boden. Sie trug nur noch einen der dicken Nachtsocken. Den anderen musste sie im Schlaf abgestreift haben und vermutlich lag er jetzt irgendwo in der Ritze zwischen Wand und Matratze und würde erst wieder zum Vorschein kommen, wenn sie das nächste Mal ihr Bett frisch bezog. Also irgendwann nächstes Jahr. Noa torkelte zum Fenster und ließ die automatische Verdunkelung per Knopfdruck hoch fahren. Im Zimmer wurde es hell und sie wünschte sich, sie wäre alleine und könnte so lange liegen bleiben wie sie wollte und müsste mit niemandem sprechen. Doch so sollte es nicht sein. War das frischer Kaf, den sie roch? Leise schlich Noa zur Tür, bewegte schnüffelnd ihre Nase und legte ihr Ohr an die Wand. Sheldon war definitiv schon wach und wenn er wusste, was gut für ihn war, hatte er auch schon Frühstück gemacht. Hmm, vielleicht war es doch nicht so schlecht, jemanden in der Wohnung zu haben. Noa stellte sich vor ihren Kleiderschrank und betrachtete sich im Spiegel. Die Wellen, die sie sich gestern künstlich ins Haare gedreht hatte, waren durch das nächtliche Liegen vollständig in sich zusammen gefallen. Nur die Haarspitzen drehten sich noch ganz leicht ein. Das sah eigentlich gar nicht mal schlecht aus. Natürlich musste sie sich etwas anziehen, bevor sie dem Agenten dort draußen unter die Augen trat. In ihrem durchsichtigen Hemd konnte sie sich ihm jedenfalls nicht präsentieren. Ha, das hätte er wohl gern gehabt!! Noa öffnete ihren Schrank und scannte die Inhalte der einzelnen Fächer. Was zog man an, wenn ein Mann im Nachbarzimmer wartete, der genau wusste, dass man noch nicht im Bad gewesen sein konnte, weil man sonst an ihm vorbei gemusst hätte? Cris Sheldon sah vermutlich wieder in dieser mühelosen Art unverschämt gut aus. Noa hätte wetten können, dass er zu der Kategorie Männer gehörte, die sich nicht das Mindeste aus ihrem Äußeren machten und denen es trotzdem gelang, auch nach einer durchzechten Nacht anziehend attraktiv zu wirken. Jede Wette, dass er nicht länger als zehn Minuten im Bad benötigte. Eher fünf. Noa zog einen leichten Morgenmantel aus dem Schrank – ein Kleidungsstück, das sie von Cloé geerbt aber noch nie getragen hatte. Das war eigentlich recht hübsch. Sie streifte ihr Nachthemd ab und warf es in die hinterste Ecke des Schrankes. In dem Teil würde sie nie wieder schlafen. Es war ihr in der Nacht ständig über den Hintern und den halben Bauch hoch gerutscht, sodass ihr Rücken frei und ihre Nieren immer kalt gewesen waren. Über die Erwartungshaltung an Frauen, dass sie möglichst immer sexy und elegant aussahen, selbst wenn es unpraktisch und unbequem war, konnte Noa sich stundenlang aufregen. Um es dazu gar nicht erst kommen zu lassen, griff sie – auch, um ihren Aufenthalt vor dem Kleiderschrank zügig zu beenden – nach einem einfachen Oberteil mit dünnen Trägern, das durchaus als Unterhemd hätte durchgehen können, und einem kurzen Paar Shorts aus corellianischer Baumwolle. Darüber zog sie Cloés Morgenmantel. Das wäre zwar nicht die Kombination gewesen, die ihre Schwester im Sinn gehabt hätte (sie hätte die Shorts sicherlich unmöglich gefunden), doch Noa gefiel es. Gerade die Shorts gaben dem ganzen einen lässigen, fast sportlichen Touch, was gut zu ihr passte. Die viel wichtigere Frage war, warum sie sich so viel Mühe mit ihrem Aussehen gab. War sie am Ende etwa doch auf der Jagd?

Sie trug ihre Haare offen und vom Schlaf noch immer leicht zerzaust, als sie sich endlich zu Cris Sheldon gesellte. Auf ihre Lippen hatte sie eine Fingerspitze Lipbalm aufgetragen, nur um sie nicht spröde wirken zu lassen. Der Frühstückstisch war tatsächlich bereits gedeckt, genau so wie Noa es sich am Abend zuvor gewünscht hatte. Sie konnte nicht anders, als sich darüber zu freuen.


“Guten Morgen.“

Sagte sie und hatte schon fast vergessen, dass sie vor wenigen Minuten am liebsten noch im Bett liegen geblieben wäre. Wer wollte schon allein in einem dunklen Zimmer liegen, wenn man an einem reichhaltig gedeckten Frühstückstisch sitzen konnte? Wie bei Noa üblich verschoben sich ihre Prioritäten von einer Sekunde zur nächsten.

“Wie ich sehe, haben Sie Wort gehalten.“

Auf dem Tisch stand sogar eine Glaskaraffe mit… was war das, frischer Saft. Wo zum Teufel hatte er den her? Noa umrundete das Sofa.

“Ich verschwinde nur noch mal schnell ins Bad.“

Sagte sie und deutete auf die Tür zur Erfrischungszelle. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen.

“Danach bin ich ganz für Sie da.“

Sie flirtete mit ihm. Noa registrierte es in dem Moment, in dem sie den Satz ausgesprochen hatte. Da war sie also, die Jägerin, und dabei war sie nicht mal betrunken. Sie wusch sich das Gesicht und cremte sich ein. Sie putzte sich die Zähne, zupfte zwei störende Härchen in ihren Augenbrauen weg und überdeckte die leicht dunklen Stellen unter ihren Augen mit Concealer. Warum sie diesen ganzen Aufwand betrieb, war ihr selbst schleierhaft - es war nur Frühstück und Sheldon lief noch immer in den gleichen Klamotten herum wie am Vortag! Noa zuckte mit den Achseln, warf sich selbst im Spiegel einen – wie sie annahm – verführerischen Schulterblick zu und öffnete wieder die Tür zum Wohnraum.

“Und, wie haben Sie geschlafen?“

Wollte sie wissen, hockte sich auf die Sofalehne und nahm die Karaffe mit dem Saft in Augenschein. War es schon so spät, dass er nach dem Aufstehen genug Zeit gehabt hatte um draußen schon eine Runde zu drehen? Noa hatte noch überhaupt nicht auf ihr Chrono geschaut und hatte keinen Plan, wie viel Uhr es waren. Ihr Blick wanderte über die Köstlichkeiten auf dem Tisch. Das Ambiente des kleinen Wohnzimmertischs, auf den zurück zu greifen sie gezwungen waren, weil Noas Wohnung keinen großen Esstisch besaß, verlieh der Szenerie einen gemütlichen Anstrich.

“Nicht schlecht.“

Stellte sie anerkennend fest.

“Da bekommt man ja gleich Lust auf mehr."

Wieder ein Lächeln. Sie konnte es sich nicht verkneifen.

"Was ist das für Saft? Und was ist… oh! Astromechs!“

Fasziniert griff Noa nach einer der kleinen bunten Figuren, die neben ihrem Frühstücksteller standen. Knappe sieben Zentimeter große Figuren aus weicher Zuckermasse, die die Abbilder verschiedener Seriendroiden darstellten, grinsten ihr förmlich entgegen – oder zumindest hätten sie es getan, hätten sie Gesichter gehabt. Es war mit das Süßeste, das Noa jemals gesehen hatte. Die Journalistin lehnte sich in der Polsterung des Sofas zurück, eine der Figuren zwischen Daumen und Zeigefinger haltend. So weich wie die Figuren sich in ihrer Hand anfühlten, war es keine pure Zuckermasse, sondern Marzipan. Woher er wusste, dass das ihre liebste Süßigkeit in der ganzen Galaxis war, konnte sie sich in diesem Moment nicht erklären. Sie wusste nur, dass sie sehr gerührt war. Der zurückhaltende, sonst so kühl wirkende Geheimdienstagent hatte sich alle Mühe gegeben, sie mit einem traumhaften Frühstück zu verwöhnen. Automatisch begann Noas Körper, tonnenweise Glückshormone auszuschütten.

“Da haben Sie sich aber einiges einfallen lassen, Captain Sheldon.“

Sagte sie lächelnd, führte den kleinen Astromechdroiden aus Marzipan an ihren Mund und biss ihm langsam und genüsslich die Kuppel ab, ohne dabei den Blick von dem Mann zu wenden, den sie eigentlich gar nicht in ihrer Wohnung hatte beherbergen wollen. Ihn hier aufzunehmen war reines Pflichtgefühl gewesen. Wer hätte auch ahnen können, dass es sich am Ende auszahlen würde?

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[Coruscant, Raumhafengegend, Wohnkomplex, Noas Wohnung]- Noa (im Schlafzimmer), Cris

In Ermangelung einer besseren Beschäftigung – und in Anerkennung dessen, dass seine Bewegungen leicht fahrig wirkten und seine Wahrnehmung der Umgebung noch zu wünschen ließ – war Cris zum Kafautomaten geschlürft, hatte die gefüllte Kanne entnommen und sich selbst eine ordentliche Portion eingeschenkt, ein Ritual, das er selbst erst durch Selby kennen gelernt hatte. Sowohl imperiale Sturmtruppen als auch Geheimdienstagenten im Feldeinsatz kannten für gewöhnlich andere, weniger appetitliche und vermutlich langfristig ungesündere Wege, sich wach zu halten. In diesem Moment war ein vorsichtiges Nippen an der heißen, schwarzen Flüssigkeit allerdings eine Wohltat – ja, der Kaf war ihm gut gelungen, auch wenn dieses Kompliment vermutlich eher Noas Automaten zustand.

Nach zwei weiteren kleinen Schlucken – der Kaf war wirklich noch sehr heiß – stutzte der ehemalige Sturmtruppler plötzlich, als er meinte, aus Richtung der Tür, die die unüberwindbare Grenze zwischen ihm und seiner Gastgeberin darstellte, ein leises Geräusch gehört zu haben. Spielten ihm seine verschlafenen Ohren einen Streich – oder war Noa wach und würde somit jeden Moment feststellen, dass es sich bei seiner Einwilligung, das Frühstück vorzubereiten, mitnichten um leere Worte gehandelt hatte.

Zunächst passierte jedoch nichts und erst, als er sich einen weiteren Schluck morgendlichen Lebenselixiers genehmigen wollte, öffnete sich die Tür zu Noas Schlafzimmer und die Widerstandskämpferin wurde sofort zu Zentrum seiner Aufmerksamkeit. Ungeachtet der Tatsache, dass sie soeben erst aus dem Bett gestiegen war – die kunstvolle Frisur des Vorabends war bis auf ein paar reizend wirkende Spitzen verschwunden – ließ Noas pure Präsenz Cris’ Mund leicht trocken werden, ein Umstand, den er sofort versuchte mit einem hastigen Schluck Kaf zu korrigieren.


„Guten Morgen“, beeilte er sich etwas heiser zu erwidern. Es spielte keine Rolle, ob sie raffinierte Abendgarderobe wie gestern, oder eine leicht eigenwillige, aber dennoch passende Kombination an eher auf Gemütlichkeit ausgerichteter Morgenwäsche wie jetzt – sie sah hinreißend aus und jede ihrer Bewegungen, selbst das harmlose Passieren des Sofas in Richtung der Erfrischungszelle, erschien ihm wie eine Komposition makelloser Eleganz.

Er schaffte auf ihre Ankündigung kurz das Bad aufzusuchen, ein höfliches Lächeln aufzusetzen, verbrannte sich bei seinem nächsten Verlegenheitsschluck Kaf dann allerdings fast die Lippen, als sie einen weiteren Satz nachschob. Was war damit jetzt gemeint…? Vielleicht nur eine Anspielung darauf, dass er sich mit seinem Frühstück immerhin das Recht erkauft hatte, nicht sofort seine Sachen packen und verschwinden zu müssen wie er es ihr in Aussicht gestellt hatte? Ihr Lächeln jedenfalls hatte dafür gesorgt, dass seine Wangen in diesem Moment so heiß sein musste wie die Flüssigkeit in dem Becher, an den er sich in diesem Moment praktisch klammerte.


„Machen Sie sich keine Umstände…“, hatte er ihr noch mit auf dem Weg gegeben, doch das klang dann doch eher kläglich und hatte vermutlich jenseits der Tür zum Bad kein Gehör mehr gefunden. Im Grunde war der Satz ohnehin Schwachsinn gewesen – war es ein Umstand, wenn man sich nach dem Aufstehen in das Badezimmer begab, um sich frisch zu machen? Was bildete er sich eigentlich ein?

Auf jeden Fall wirkte Noa – falls das überhaupt möglich war – noch frischer, als sie zurückkehrte und sich – zu seinem spontanen Bedauern – auf den Rand des Sofas setzte und das von ihm vorbereitete Essen unter die Lupe war. Als sich ihre Zufriedenheit abzeichnete konnte Cris seine Freude kaum verbergen.


„Ereignislos und fest“, erwiderte er auf ihre Frage nach seinem Schlaf, den Umstand, dass es seinem Nacken nicht unbedingt zu hundert Prozent gut ging, erst einmal verschweigend. Das war schließlich nicht ihre Schuld. Indes hatte Noa ohnehin bereits – nach einer weiteren Anmerkung, die fast dazu geführt hätte dass Cris sich an seinem Kaf verschluckte – die Marzipanastromechs entdeckt und war, genau wie Cris gehofft hatte, begeistert. Womit er indes nicht gerechnet hatte war, dass die fast laszive Art, mit der sie nun die erste Süßigkeit langsam und jedes Geschmacksdetail auskostend verspeiste, seinen Herzschlag in ungeahnte Höhen jagte. Noas tiefbraune Augen wichen dabei aus irgendeinem Grund um keinen Millimeter von ihm ab. In diesem Moment hätte er ihr ewig dabei zusehen können, um ewig in diese wunderschönen Augen blicken zu dürfen…

„Ich… ich habe mitgekriegt, wie sie sich über den Nachtisch Ihrer Schwester gefreit haben und dachte mir, eine kleine Aufmerksamkeit wäre doch das mindeste für ihre Bereitschaft, mich zu beherbergen und ihre… Freundlichkeit…“

Himmel, vor einiger Zeit hätte sie ihn noch ohne zu zögern erschossen! Wusste sie, dass ihr Anblick ihn vollkommen ins Schwimmen brachte, oder war das einfach nur Zufall?


„In der Karaffe ist Sonnenfruchtsaft… sehr vitaminreich…“, versuchte er, das Thema zu wechseln. Wenig überzeugend.

„Ich hoffe ich bin Ihnen nicht zu sehr zur Last gefallen…“


Was wohl süßer war – das Marzipan oder die Lippen, die es in diesem Moment verschwinden ließen?

[Coruscant, Raumhafengegend, Wohnkomplex, Noas Wohnung]- Noa, Cris
 
[Coruscant – Irgendwo im Luftraum – im Luftgleiter –] Marcus Cicero, Anwalt Naknax


Auf Coruscant gab es viele Gegenden, in denen man ungestört einen Spaziergang machen konnte, und Marcus Cicero griff gerne auf seine Kenntnisse dieser zurück, aber da Dugs aufgrund ihrer Morphologie keine langen Fußmärsche mochten, wenn sie sich vermeiden ließen, hatte er einen kleinen Luftgleiter gemietet. In diesem flogen sie nun durch den von Luftverkehrslinien durchzogenen Himmel, der eine schöne, aber gewöhnte Aussicht auf die urbane Oberfläche des Stadt-Planeten bot. Marcus Cicero hatte immer eine stille Faszination für Coruscant verspürt, das schon lange das politische Zentrum der Galaxie bildete. Es waren weniger die vielen Lebewesen als die Macht, die diese Welt ausstrahlte, die symbolische Kraft, tatsächlich in der Mitte von allem zu stehen. Das war es auch, was Coruscant für das Imperium so wichtig machte: es war sein moralisches Herzstück, dass wenn es von der NR herausgerissen würde, seine gesamte Autorität schwer beschädigte.

Ihr kommt von Obroa-skai, Legat. Was hat euch überhaupt dorthin verschlagen?“, nahm der Anwalt Naknax das Gespräch wieder auf.

Ja, was hatte ihn nach Obora-skai verschlagen? Er hatte nehmen müssen, was man ihm anbot, und nirgendwo sonst hätte er so schnell Gelegenheit bekommen, nach dem Amt des Gouverneurs-Leutnant greifen zu können.

Diese Welt hat enormes Potential, und ich sehe es als meine Aufgabe und Bewährungsprobe, dieses für das Imperium nutzbar zu machen“, antwortetet er. Das war nicht einmal gelogen, er hatte tatsächlich großes Interesse daran, Obroa-skai, das dank dem Celebratus-Archiv zwar bedeutsam war, aus politischer Perspektive sonst aber keine Rolle spielte, zu einer Welt mit mehr Gewicht zu entwickeln. Im Wesentlichen sah er auch die Zukunft seiner Karriere damit verknüpft, auch wenn er darauf achtete, sich mehrere Standbeine anzuschaffen.
Das kann aber nur gelingen, wenn neben Engagement auch gute Kontakte geknüpft und im gegenseitigen Interesse genutzt werden. Es gibt viel kluge Köpfe im gesamten Imperium, und es wäre doch eine Verschwendung, wenn man seinen Möglichkeiten nicht multipliziert, indem man sich für gemeinsame Interessen einsetzt.

Der Dug blickt ihn an, seine Mimik ließ sich aber nicht deuten. Er kannte Naknax noch nicht lange genug, um ihn genau einschätzen zu können, aber er war sich sicher, dass er ihn sehr gut überzeugen konnte.

Das ist eine interessante Ansicht“, kommentierte der Dug. „ Möglicherweise ist die Kooperation von Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen wie Justiz, Wirtschaft, Militär und Politik künftig wirklich noch wichtiger als bisher. Ungeachtet dessen haben einige meiner geschätzten Mitjuristen verschiedene Verfahren in puncto Dokumentenfälschung ins Auge gefasst, die auf Obroa-skai geführt werden. Wo sie sich ja bereits von der Kompetenz meiner Kanzlei überzeugen konnten, empfehlen wir uns explizit für diese Angelegenheit.

Es war klar, dass der Dug eine kleine Gegenleistung für seine Hilfe bei dem Waffenhandel erwartete, damit hatte Marcus Cicero schon gerechnet. Für ihn stellte das aber kein Ärgernis da, denn immerhin waren die Anwälte Naknax' überaus fähig und es hätte gut sein können, dass man ihn so oder so engagiert hätte. Solange der Dug zufrieden war und die Schulden als beglichen betrachtete, konnte er mit diesem kleinen Preis ruhig leben, immerhin würde er die Hilfe des Anwalts künftig möglicherweise noch öfters benötigen.

„Ich bin überzeugt, dass wir uns diese Empfehlung sehr zu Herzen nehmen werden“, sagte Marcus Cicero und lächelte den Dug an. „Auf Obroa-skai sind fähige Juristen gerne gesehen, bei Bedarf kann ich gerne eine interessante Immobilie als Niederlassung für sie suchen. Das würde einer strategischen Zusammenarbeit sicher entgegenkommen.“ Der Dug hielt kurz inne, um das Gesagte zu überdenken, dann nickte er. „ Sir Cicero, das wäre in der Tat einer solchen Partnerschaft angemessen. Da sich die Gespräche mit euch bislang positiv gestalten, würde ich sie gerne zu einem kleinen Treffen von Fachleuten einladen, die mit Sicherheit eine gewisse Interessengleichheit mit ihnen aufweisen.

Der Tag wurde immer besser, dachte sich der Legat.

[Coruscant – Irgendwo im Luftraum – im Luftgleiter –] Marcus Cicero, Anwalt Naknax
 
- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Mit Cris –

Freundlich war sie, in der Tat und es freute Noa, dass Cris Sheldon dieser Auffassung ebenso war wie sie selbst. Nicht jeder hätte einen Mann wie ihn in der eigenen Wohnung aufgenommen. Nicht, dass er nicht vertrauenswürdig war, doch angesichts seiner Berufswahl war er nicht gerade ein unbedeutendes Risiko. Da half ihm auch sein attraktives Äußeres nicht. Imperiale Spione interessierte nicht, wie jemand bei einem Schönheitswettbewerb abschnitt, die interessierten sich nicht einmal für Fakten. Alles, was ihnen sauer aufstieß – und das war ziemlich viel – wurde scharf geahndet, rücksichtslos verfolgt und bestraft. Das war das Imperium.

“Sonnenfruchtsaft.“

Wiederholte Noa und war nicht sicher, ob sie das schon einmal gehört hatte. Bestimmt hatte sie. Genüsslich ließ sie den letzten Rest des rot-weißen Astromechdroiden auf ihrer Zunge vergehen, die unter dem süßen Verlangen des Marzipans wohlig zu seufzen schien.

“Ich hoffe, Sie haben sich dafür nicht in Unkosten gestürzt.“

Bemerkte sie, auf die Süßigkeiten und den Saft bezogen – eine bloße Formalität, denn in Wahrheit wäre es ihr egal gewesen wäre, wenn er ein Vermögen dafür bezahlt hätte. Männer hatten Frauen Geschenke zu machen. Das gehörte sich so. Leider hatte Noa bisher nicht all zu viele Männer kennen gelernt, die das genauso gesehen hatten. Umso mehr war sie von Sheldons Engagement angetan, zumal er es aus reiner Höflichkeit tat und nicht bloß um sie zu rumzukriegen. Dazu hätte er nicht einmal Geschenke gebraucht. Als Noa spürte, wie ihr Kopf Karussell zu fahren begann und ihr eine leichte Hitze ins Gesicht stieg, griff sie schnell nach einem der Gläser und hielt es dem Agenten auffordernd hin.

“Na, dann lassen Sie mich Ihre Vitamine mal probieren.“

Sagte sie munter, ehe sie sich zurück halten konnte. Ihr Verstand schien sich plötzlich in eine der hintersten Ecken verkrochen zu haben, vermutlich um nicht mit ansehen zu müssen, wie Noas Fantasie sich von einem leicht bekleideten Cris Sheldon durch die Federn jagen ließ.

“Öhm, ich meine… schmeckt bestimmt gut.“

Bevor sie sich noch weiter hinein ritt, beugte sich Noa vor und nahm das vor ihr aufgebaute Frühstück gründlich unter die Lupe. Sie mochte alles von dem, was auf dem Tisch stand, was daran lag, dass das Essen aus ihrem eigenen Kühlschrank stammte. Besonders viel Können hatte es nicht erfordert, diese Sachen zu nehmen und auf dem niedrigen Wohnzimmertisch auszubreiten. Trotzdem konnte man sagen, dass Cris Sheldon seine Sache recht ordentlich gemacht hatte, was wahrscheinlich daran lag, dass er längst Routine darin hatte. Es gab Männer, die jede Nacht in einem anderen Bett schliefen – war er so einer? Noa schnappte sich einen Süßkuchen in Miniformat und lehnte sich zurück. Spekulierend sah sie den Mann des Geheimdienstes an.

“Erzählen Sie mir etwas über sich.“

Forderte sie ihn auf und hatte schon eine ganz genaue Vorstellung davon, was sie hören wollte.

“Machen Sie so etwas öfter? Sich in Wohnungen fremder Frauen einquartieren, abends so tun als wäre es zu spät und zu gefährlich draußen um noch einen anderen Schlafplatz zu finden… Frühstück servieren…“

Fragend sah sie ihn auch und wartete auf ein Zeichen in seinem Gesicht, das ihr verraten würde, dass er sich ertappt fühlte, eher er wieder seine neutrale, kaum zu durchschauende Miene aufsetzte. Noa biss von ihrem Süßkuchen ab, dessen fettig glänzender Teig und der Zuckerguss winzige Krümmel auf ihren Fingern hinterließen, die sie sorgfältig ableckte, ehe sie ihr in den Schoß fielen.

“Sie können ruhig ehrlich antworten.“

Sagte sie pragmatisch.

“Ich werd’s Ihnen schon nicht übel nehmen. Bei Ihrem Job kommen Sie eben viel rum.“

Die Widerstandskämpferin zuckte mit den Schultern. Der süße zitronige Geschmack des Zuckerguss wirkte erfrischend nach der Schwere des Marzipans.

"Ich meine, Sie haben ja meinen Bruder gesehen... ihn und diese Zeltron. Leandro ist definitiv auch kein Kind von Traurigkeit."

Noa wischte sich jetzt die Hände an einer Serviette ab.

"Und Coruscant bietet wirklich viiieele Möglichkeiten der Unterhaltung und... Ablenkung."

Sie hob die Augenbrauen. Sheldon würde schon wissen, worauf sie anspielte. Männer waren eben so, jedenfalls die meisten von ihnen. Das ließ sich kaum bestreiten. Damit hatte Noa bereits genug eigene Erfahrungen gemacht.

- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Mit Cris –
 
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[Coruscant, Raumhafengegend, Wohnkomplex, Noas Wohnung]- Noa, Cris

Glücklicherweise war Noa zu sehr mit dem Marzipan beschäftigt, als dass sie den Blick hätte registrieren können, mit dem Cris sie in diesem Moment bedachte und der – vermutlich – sie dazu veranlasst hätte, ihre Gastfreundschaft ihm gegenüber noch einmal zu überdenken. Er konnte sich vorstellen, dass sie sich des Öfteren gegen mehr oder minder plumpe Avancen wehren musste – immerhin sah sie umwerfend aus – und auf diese Weise ihre Freundlichkeit zu verspielen erschien ihm wenig erstrebenswert. Also auf seinen Becher Kaf konzentrieren. So einfach war das.

Auf die Frage, ob er sich im Zuge seiner beiden Präsente in sonderliche Kosten gestürzt hatte, stutzte Cris kurz.


„Vielleicht“, erwiderte er schließlich, begleitet von einer Bewegung seines Mundes, die hoffentlich als geheimnisvolles Lächeln durchging. Die Wahrheit war schließlich weit weniger heroisch – Selby war es, der sich – wenn auch auf Cris’ Anweisung – vermutlich in Unkosten gestürzt hatte, schließlich hatte der Pilot es sich nicht nehmen lassen, insbesondere auf den Preis des Sonnenfruchtsafts hinzuweisen. Dies war indes auch wenig überraschend – frische Lebensmittel gehörten in einigen Teilen Coruscants tatsächlich zu den Luxusgütern und Sonnenfruchtsaft galt sogar auf Planeten wie Naboo als kostbare Delikatesse, insbesondere eingedenk seiner komplizierten Herstellung.

Hatte sich da gerade ein leichter rötlicher Schimmer auf Noas Wangen abgebildet? Cris fand nicht die Zeit, darüber weiter nachzudenken, da sie es in diesem Moment mit einer unschuldig hervorgebrachten Äußerung in Bezug auf den Saft fertig brachte, dass er einmal mehr nur mit Mühe und Not den Kaf davon abzuhalten, in seine Luftröhre einzudringen und dadurch einen entlarvenden Hustenanfall zu verursachen. Spielte sie mit ihm – oder rutschten ihr diese Fast-Anzüglichkeiten vollkommen unbeabsichtigt heraus? Cris beeilte sich, Noas Glas mit Sonnenfruchtsaft aufzufüllen, während die Widerstandskämpferin – kritisch? – das Ensemble musterte, das er aus ihrem Kühlschrankinhalt gezaubert hatte.

Ihre anschließende Frage überraschte ihn dann doch und er war dankbar, dass er seinen Kaf für einen Moment auf dem Tisch abgestellt hatte und daher lediglich leicht die Augenbrauen wölbte. Sie hielt die Geschehnisse dieses Morgens also für eine Masche? Das bestätigte indes seinen Verdacht, dass sie anscheinend oft „Ziel“ eines solchen Eroberungsversuches gewesen war… und dass es sie nicht nur begeisterte, ebenso wenig, wie es sie begeistert hatte, ihren Bruder in den Armen jener Zeltron vorzufinden, die sie auch sogleich als Beispiel anführte. Zusätzlich wurden Cris’ Chancen, eine befriedigende Antwort zu geben, dadurch erschwert, dass sie sich in diesem Moment dazu entschied, die Überreste des kleinen Kuchens, den sie nach dem Marzipan verspeist hatte, von ihren grazilen Fingern zu lecken. Folglich war er erste Laut, der dem ehemaligen Sturmtruppler entwich, ein verhaltenes Räuspern, während er sich darum bemühte, seine eigenen Hände anzustarren und nicht etwa die ihren.


„Also… eigentlich… nicht…“, schaffte er es schließlich, zu antworten.

„Coruscant mag mit Orten bespickt sein, die der… äh… Zerstreuung dienen…“


Zum Beispiel das Bordell, das den Jedi als Unterschlupf gedient hatte. Plötzlich war er ganz froh, dass sie dort nur einen Hinterhalt der Storm Commandos erlebt hatten.


„Aber diese Orte sind gleichsam Anziehungspunkt für Agenten des Imperiums. Und wenn es oberste Pflicht ist, so wenige Personen wie möglich in die eigenen Tätigkeiten einzuweihen… nun, jemand, der jede Frage nur ausweichend beantwortet, und der mit einer Waffe unter dem Kopfkissen schläft hat es wohl schwer an… Ablenkung zu kommen. Wenn er sich selbige überhaupt leisten kann. Unaufmerksamkeit bedeutet schnell einen Haufen Probleme.“


Kurz war ein Erinnerungsfetzen aufgeflackert – Erinnerungen an eine Mission auf Esselles. Er hatte tatsächlich etwas Zerstreuung in dem Sinne, den Noa augenscheinlich meinte, gesucht, doch am Ende hatte nicht nur er dafür bezahlen müssen.

„Wenn man ständig auf der Hut sein muss, dann lernt man, solche… Komplikationen zu vermeiden.“

Ein schwaches Lächeln flackerte auf Cris’ Zügen auf. War das Noas Bild eines Geheimdienstagenten – das eines Womanizers, der sich jeden Abend eine neue Gespielin aussuchen konnte, um das Tagesgeschäft des Kampfes gegen das Imperium zu vergessen? Und doch… war das so abwegig? Hatten seine Gedanken nicht ausschließlich um sie gekreist, sie sie ihn hier bei sich aufgenommen hatte?

„Ganz zu schweigen davon, dass es unangemessen wäre, Unbeteiligte mit in den Kampf gegen das Imperium zu ziehen und sie so auch zum Ziel zu machen.“


Nun, dieses Problem stellte sich in Noas Fall nicht. Sie – und der Großteil ihrer Familie – war bereits dem Kampf gegen das Imperium verschworen und somit Zielscheibe seiner Handlanger.

Cris schaffte ein schiefes Grinsen. Vielleicht war es an der Zeit, den Spieß ein wenig umzudrehen.

„Und was ist mit Ihnen? Machen Sie das öfter… Männern erlauben, ihre Wohnung zu benutzen und Ihnen Frühstück zu machen, obwohl Sie den Verdacht haben, dass sie das nur aus einem bestimmten Grund tun? Oder müssen diese Männer sich erst einmal ein Vibromesser in die Schulter einfangen?“


Vielleicht ein wenig zu provokant, aber da Noa schließlich impliziert hatte, dass er eine Frau nach der anderen verschliss, war das nur fair. Mit einem verschmitzten Lächeln griff Cris nach seinem Kaf und genehmigte sich einen weiteren Schluck, dieses Mal ohne die Gefahr, dabei ins Husten zu geraten.

[Coruscant, Raumhafengegend, Wohnkomplex, Noas Wohnung]- Noa, Cris
 
Taxi - Jezza

Nach einer Weile sahen die Straßen und Plazas aus wie all die anderen, die die junge Mon Calamaria im Verlauf der letzten Tage ausgespäht hatte. Es war von Anfang an ein langweiliger Auftrag gewesen, und Jezza wusste selbst wie unwahrscheinlich es war, dass jemals auf der Basis ihrer Beobachtungen gehandelt wurde. Tatsächlich hoffte sie, das es nie dazu kommen würde.
Wenn sie so darüber nachdachte, und das hatte sie in den letzten Tagen vermehrt getan, war es ohnehin nur ihre Aufgabe vorhandene Pläne und Strategien zu überprüfen, Daten die von anderen Agenten und Spezialisten teilweise vor Jahren gesammelt worden waren.
Anfangs war es ihr etwas merkwürdig vorgekommen alte Pläne zu überprüfen auf einem Planeten, der regelmäßig von gigantischen Droiden eingerissen und neu aufgebaut wurde, aber wie es schien gab es auf Coruscant einiges mehr das Bestand hatte als man gemeinhin meinte.
Nach dem dritten Tag ihrer kleinen Weltreise zu den sprengbarsten Sehenswürfigkeiten des Planeten freute sich die Agentin auf ein warmes Bett und ein noch wärmeres Bad. Aber wahrscheinlich würde sie vorher ihren Bericht abliefern müssen, lange Listen mit Koordinaten, mehrfach verschlüsselt und entsprechend langsam mit mobilen Geräten zu bearbeiten.
Jezza hatte mindestens doppelt so lange damit verbracht die Pläne zu öffnen wie es tatsächlich gedauert hatte einen darin erwähnten Punkt zu finden, zu begutachten und dabei noch den Eindruck einer Touristin zu machen.
Jetzt hatte sie eine aktualisierte Liste im Gepäck, das neben ihr auf dem Rücksitz des Speedertaxis lag, und wartete darauf, dass die Leitsysteme der planetenweiten Stadt einen halbwegs schnellen Flug zu ihrem Ziel zuließen.
Es gab so viele Dinge, die man mit kleinen Ladungen erreichen konnte - Statuen des Imperators waren schon fast zu weit verbreitet um überhaupt daran zu denken eine nennenswerte Anzahl davon zu stürzen, aber umgekehrt gab es genug Kunstwerke der imperialen Propaganda, die sich mit geringen Mitteln zerstören ließen. Dann waren da die glorifizierten Verwaltungssilos, erbaut auf den Relikten weniger bürokratischer Tage - einige wenige tragende Punkte, und... Jezza wollte nicht daran denken was es bedeuten würde diese Türme zum Einsturz zu bringen. Wahrscheinlich Tausende von Toten, und noch tagelang Folgeeinstürze.
Zum Glück war es nicht ihre Entscheidung, welche dieser Ziele angegriffen werden sollte, wenn überhaupt. Es machte schließlich keinen Sinn Terror zu verbreiten indem man großflächigen Schaden anrichtete und dabei das eigene Ziel - die Rückeroberung des Planeten - erschwerte oder die Bevölkerung, der das ganze wahrscheinlich ziemlich egal war, gegen sich aufbrachte.
Wenigstens einen konstruktiven Vorschlag hatte sie machen können, auch wenn der nicht wirklich ernsthaft und vor allem vom strategischen Standpunkt her lächerlich war. Für die diversen Wasserspeicher der Stadt, zumeist nicht mehr als gigantische Schüsseln, die auf die vorhandenen Gebäude gesetzt wurden, gab es bereits Daten für eine Sprengung - Angriffe mit verheerenden Folgen, bei denen zumindest einige Ebenen zerdrückt werden würden, wenn eines dieser Becken von seinen Trägern kippte.
Was sie dazu beigetragen hatte, was sie hatte beitragen müssen, würde ihr sicherlich kein Lob einbringen, doch Jezza musste lächeln, als das Taxi in einiger Entfernung zu ihrem Ziel an einer Ecke hielt. Sie bezahlte für die Fahrt, gab Trinkgeld, und machte sich zu Fuß auf den Weg zu dem Gebäude, in dem sich ihre Vorgesetzten aufhielten.
Mehrere Tage Regen, wenn man es richtig anstellte. Mehrere Tage lang würde Wasser bis in die untersten Ebenen laufen und die Wetterkontrollsysteme überfordern, wenn man es nur richtig anstellte. Kleine Löcher in die Haut der Reservoirs sprengen und ihrerseits mit Sprengfallen vor frühzeitigem Abdichten schützen.
Diese Art von Terror war eher nach Jezzas Geschmack - subtil, ohne größere Schäden, aber Grund genug über das Imperium zu lachen. Wahrscheinlich sahen ihre Vorgesetzte das anders.
Sie betrat das Gebäude ihres Arbeitgebers, erreichte nach kurzer Zeit und zwei unverfängliche Gespräche mit Kollegen - Wachen - später das Büro des Geschäftsführers. Sie brachte die Berichte der Mon Calamari-Zweigstelle des Unternehmens, und die Quarren machten wieder Ärger beim Verladen der Waren, zumindest war das das, was jemand aus ihren kurzen Gesprächen heraushören konnte.
Diese Umhang-und-Vibromesser-Spielchen machten ihr Spaß, aber manchmal kam sie sich dabei schon etwas albern vor. Aber so oder so, sie war jetzt im Vorzimmer des Leiters dieser Einrichtung, und würde ihm hoffentlich ohne größere Probleme ihren Bericht vorlegen können.
Und dann ein Bad nehmen...


Duro Agricultural Imports - Vorraum des Büros von Major Gar Tacema - Jezza
 
- Coruscant – Raumhafengegend – Noas Wohnung – Mit Cris –

Also war er kein Schwerenöter, kein Mann der an jedem Finger fünf verschiedene Frauen hatte und auf jedem Planeten genau wusste, wo er die Nacht verbringen würde. Das war zumindest das, was er behauptete – und Noa war geneigt, ihm zu glauben. Cris Sheldon machte nicht den Eindruck eines typischen Machos auf sie, ganz im Gegenteil. Natürlich war da noch die Begegnung mit Leandros „Bekanntschaft“, die Sheldon einen Vibromesserstich in der Schulter beschert hatte und überhaupt erst Auslöser gewesen war, dass Noa ihn bei sich aufgenommen hatte. Bevor das Drama in der Wohnung der Zeltron seinen Lauf genommen hatte, hatte Noa gesehen, wie Sheldon sich nur all zu bereitwillig an den Körper der verführerischen Prostituierten (oder was auch immer sie war) gepresst hatte. Wie ein Unschuldsbanthalämmchen hatte er in diesem Moment nicht gewirkt. Trotzdem… Sheldons Antwort klang nicht danach, als versuchte er sich heraus zu reden. Genau genommen bestätigte er weder das eine noch das andere. Weder prahlte er mit vergangenen Eroberungen, noch stritt er ab, was Noa versucht hatte ihm zu unterstellen. Cris Sheldon antwortete sachlich, wie man es von ihm gewohnt war und wenn man ihm sehr genau zuhörte, konnte man meinen zu erkennen, dass sein Dasein als Agent für ihn mehr war als nur ein Job.

“Sie schlafen also mit Ihrer Waffe unter dem Kissen?“

Pickte Noa eine der Informationen heraus, die sie gerade über Sheldon erhalten hatte lächelte, weil sie nicht damit gerechnet hatte, so schnell mit ihrer eigenen Frage konfrontiert zu werden. Doch genau das hatte Sheldon getan. Er spielte den Ball zu ihr zurück und nun war es an Noa, sich zu verteidigen, oder sich zu etwas zu bekennen. Was ihm wohl lieber war? Sie drehte ihr Glas in den Händen und trank endlich von dem frischen Saft, dessen fast golden schimmernde Färbung in ihrer Hand zu leuchten schien, sodass sie sich beiläufig fragte, ob das Getränk wohl als Lichtquelle diente, sollte plötzlich der Strom ausfallen und es in der Wohnung dunkel werden. Draußen war es zwar bereits taghell, doch Noas Schlafzimmer war der einzige Raum in der Wohnung, der den Luxus eines Fensters besaß.

“Sagen wir so,“ ,begann sie und kostete noch immer den vollmundigen Geschmack des Sonnenfruchtsafts aus, “Sie sind nicht der erste Mann, der dieses Appartment von innen sieht.“

Noa lächelte noch immer. Eine Antwort geben ohne etwas auszusagen? Das konnte sie auch.

“Vor ihnen war allerdings noch keiner verwundet, auch wenn ich sagen muss… es hilft.“

Das genügte. Noa steckte ihr Gesicht tief in das Glas mit der goldenen Flüssigkeit, um sich weitere missverständliche oder auch eindeutige Bemerkungen zu verkneifen und trank einen weiteren kräftigen Schluck, diesmal ohne dem lieblich fruchtigen Aroma besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Hätte sie den Literpreis von Sonnenfruchtsaft, insbesondere den gegenwärtigen Marktpreis auf Coruscant, gewusst, wäre sie vor Scham über ihre Gleichgültigkeit rot angelaufen. Ihr Problem war, dass sie zu gierig war und zwar nicht in Bezug auf Essen, auch wenn dies das erste gewesen wäre, das ein Beobachter festgestellt hätte. Noa war Single, es war lange her, dass sie eine funktionierende Beziehung geführt hatte und sie wollte nichts mehr als einen verlässlichen Mann an ihrer Seite. Leider tendierte sie dazu, in beinahe jedem männlichen Individuum, dem sie begegnete, exakt diesen Mann zu sehen. Zum Beispiel in Cris Sheldon. Nicht, dass sie aktuell daran dachte, ihn auf der Stelle vom Fleck weg zu heiraten, doch unbewusst hielt sie ununterbrochen Ausschau nach Mr. Right – oder zumindest nach jemandem wie Captain Cris Perfect.

“Und soll ich Ihnen noch etwas verraten?“

Noa stellte ihr Glas, inzwischen leer getrunken, zurück auf den Tisch, zog die Beine hoch auf die Sitzfläche des Sofas und wandte sich mit dem Großteil ihres Körpers in Cris Sheldons Richtung.

“Mit den meisten Männern, die hier geschlafen haben, war ich mir ziemlich schnell einig, dass es viel mehr Sinn macht sich zu dutzen, wenn man... nun ja...Sie wissen schon. “

Noa streckte einen Arm aus, langte quer über den Tisch und kam dem Agenten dabei so nahe, dass sie problem den ihm eigenen anhaftenden Duft einatmen konnte – etwas, das nach flüssigem Harz und frischer Milcht roch, gepaart mit dem banalem Geruch von Seife und dem Aroma heißen Kafs, das aus der großen Kanne auf dem Tisch aufstieg. Noa lächelte, ihre Augen so groß wie die eines Squalls, das sich verbotener Weise unter die Bettdecke seines Herrchens gestohlen hatte, und darum bat, noch ein Weilchen bleiben zu dürfen. Die Widerstandskämpferin lächelte entwaffnend.

“Wenn man ein Bad miteinander teilt. Noch dazu ein so kleines.“

Ihre Hand hatte unterdessen eine der Käsekugeln gefunden, die sie zusammen mit einer Scheibe weichen Brots zu genießen gedachte. Zufrieden lehnte sie sich wieder in der längst ausgesessenen Polsterung des Sofas zurück.

“Ein lustiger Zufall, nicht wahr?“

Sagte sie und schob den Käse von einer Seite ihres Mundes in die andere.

“Dass du ausgerechnet mich kennen lernst, wo ich schon längst nicht mehr unbeteiligt bin.“

Sie zerkaute den Käse zu einer breeigen Masse. Der mild nussige Geschmack war ein starker Kontrast zu den Süßspeisen, die sie zuvor gegessen hatte, genauso wie Cris Sheldon im völligen Gegensatz zu den Männern stand, mit denen Noa Chanelle Cortina für gewöhnlich ausging. Das musste nichts bedeuten, konnte aber ein positives Zeichen sein.

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