[Geonosis – unter der Oberfläche – Stalgasin Schwarm – Droiden Fabriken – Montagestraße 57] Wrinkle
Das wummernde Stampfen von gigantischen Druckpressen erfüllte die heiße Luft, übertönt nur noch durch das infernale Brodeln, das entsteht, wenn hunderte Tonnen glühenden Durastahls gleichzeitig in ein Wasserbad sackten. Bis in die letzten Winkel der unterirdischen Megafabrik echoten die ohrenbetäubenden Klänge, sich gleichsam anstauten zu einem donnernden Klangbrei. Jedes Mal, wenn eine der kolossalen Maschinen ihr ganzes Gewicht auf einen Durastahl-Rohling warf, um ein weiteres Bein, einen weiteren Arm, einen weiteren Droidentorso zu stanzen, bebte alles und feiner Staub rieselte von der Decke gen Boden.
Dies geschah auf unzähligen Arbeitsstraßen, die keinem Muster folgend auf verschiedenen Ebenen das riesige Habitat durchzogen, wie Adern organisches Gewebe. Der obere Teil der Fabrik mündete in hohen Stalakmiten, die von den Geonosianern errichtet worden waren, um die dunklen Rauchschwaden und den brühenden Wasserdampf an die Oberfläche abzuleichten, doch waren diese ‚Abzüge’ hoffnungslos überfordert. Die Hitze in dieser Hölle aus Stahl und Lärm war entsprechend unerträglich – für Humanoide – und stieg nicht selten auf über 50 °C, selbst auf den unteren Ebenen. Nur dort unten zwischen den schattigen Felssäulen der Höhle waren noch geonosianische Drohnenarbeiter in die Produktion involviert, doch hatten die Hitze und die regelmäßigen Funkenschauer aus höheren Ebenen deren Flügel stark versengt und die ohnehin spröde Haut an vielen Stellen bersten lassen. Die Insektoiden trugen ihr Schicksal, indem sie lethargisch weiterarbeiteten und die offensichtliche Qual erduldeten.
Auf den höher gelegenen Ebenen, wo die Hitze noch größer war, verlief die Produktion vollkommen automatisiert. Droiden standen an Schmelzöfen, fügten Teile der aktuellen Droidencharge zusammen und oder bewegten Stahlbarren von enormen Ausmaßen. Für jede Arbeit war ein spezialisiertes Modell zuständig, gleichwohl die widrigen Umstände eine optische Unterscheidung nach Serie kaum ermöglichten. Alles wirkte stark beansprucht, vielfach instandgesetzt, verdreckt und verschmiert.
ASP-2004 (gesprochen: A-S-P-Zwanzig-Null-Vier) war einer der Droiden, eine Nummer unter vielen, ein Glied in einer Kette, das dafür sorgte, dass Stalgasin Droid Factories der zweitgrößte Droidenfabrikant blieb. Dies interessierte 2004 jedoch höchstens am Rande, da seine kognitiven Routinen nicht die Notwendigkeit sahen sich näher damit zu beschäftigen. Seine Aufgabe bestand darin Gussformen von den Rohlingen, die nicht selten mehr als 250 kg wogen, zu trennen, und zwar, bevor beides in die folgende Presse gelangte. Es war eine ausfüllende Arbeit, auch wenn 2004 sein Potenzial als vergeudet ansah. Warum ausgerechnet er in der Produktion eingesetzt wurde, blieb ihm ein Rätsel. Er verrichtete die gleiche Arbeit, wie die einfälltigen und weniger hoch entwickelten Modelle der ASP- und CLL-Serie. Soweit sein internes Chronometer richtig arbeitete, vollführte er diese Tätigkeit bereits seit 10 Monaten am Stück, nur unterbrochen durch gelegentliche Schmierungen der Gelenke oder Visiten bei einem der geonosianischen Techniker, die wenig zimperlich Reparaturen durchführten, wohlgemerkt nur die nötigsten, was seine allgemeine Effizienz weiter minderte.
Während er monoton weiter seine Aufgabe erfüllte und das Kreischen seiner schlecht geölten Servos notgedrungen überhören musste, warf ASP-2004 einen gelangweilten Blick zur Nachbarstation, auch wenn er in dem Sinne keine Gesichtsmimik besaß. Ein Mensch oder Twi’lek aber hätte an seiner Stelle gelangweilt dreingeblickt. Mehrfach hatte er versucht mit den rotbraunen Nachbarmodellen ein Gespräch zu beginnen, doch reichte deren Speicher wohl gerade aus, deren rudimentäre Tätigkeiten zu steuern und zu koordinieren. Die abgehackten Piepser und Blöker, die 2004 stets als Antwort erhielt, ließen ihn rasch zu der Erkenntnis gelangen, dass diese Modelle keine höheren kognitiven Fähigkeiten besaßen, was ihn wiederum zu der Frage brachte, was er hier eigentlich sollte. Sicher, seine Modellreihe zählte ebenfalls zu den Arbeitsdroiden, doch er war eben höher entwickelt, hatte sogar einen unabhängigen Prozessor, sodass ihm eigenständiges Denken prinzipiell möglich war. Die meisten seiner 'Brüder' hier wurden zentral gesteuert von einem externen Computergehirn, das in einem abgesperrten Teil der Anlage gut gesichert war. Auch ASP-2004 war über einen Hemmbolzen damit verbunden und dadurch faktisch fremdgesteuert. Er konnte nicht das tun, was er wollte. Nicht, dass ASP-2004 sich jemals die Frage gestellt hatte, was er eigentlich wollte. Sein freies Denken beschränkte sich daher auf die Feststellung, dass er mit seiner aktuellen Arbeit offenbar nicht ausgelastet war, zumindest was seine intelektuellen Fähigkeiten und Kenntnisse anging, denn auch er war bereits mehrmals stark beschädigt worden, was unzweifelhaft verdeutlichte, dass das Leben eines Droiden – selbst eines so robusten – hier sehr gefährlich war.
Wieder und wieder scheiterte sein Verstand an dem Hemmbolzen, gleich einer unübertretbaren und unsichtbaren Linie. Wann immer der Funke eines Gedankens drohte seine Programmierung und sein Tun näher in Frage zu stellen bzw. Dinge und Ereignisse zum Thema hatte, die einem ASP-Arbeitsdroiden eigentlich nichts anzugehen hatte, verpufften diese sofort wieder, abgewürgt durch den Bolzen. 2004 wusste davon nichts.
Mit einem Mal gab es dann ganz in seiner Nähe einen großen Knall, ansich nichts besonderes an dieser Arbeitsstätte, doch die Nähe veranlasste ASP-2004 doch dazu, kurz seinen Fotorezeptor neu zu fokussieren, um zu erblicken, was im Begriffe war zu passieren. Entlang der Montagestraße, an der er arbeitete, war er indes der einzige Droide, der überhaupt den Knall aktiv wahrnahm. Seine ‚Augen’ registrierten plötzlich eine nicht-erwartete Bewegung, nur wenige Millisekunden nach dem Knall. Ein schwerer Schmelzkessel, der gut 10 Metern über ihnen vorbei schwebte, rutschte urplötzlich aus seiner Verankerung (Materialschwäche) und verlor unter lautem Knirschen seinen feurigen Inhalt. Die Droiden unmittelbar zur Linken von 2004 wurde von dem geschmolzenen Metall direkt erfasst und verglühten augenblicklich und ohne weitere Regung. Auszuweichen, das hatte 2004 nie gelernt und er konnte es auch nicht, da seine Aufgabe dies an Platz 23 nicht vorsah. Es war einfach keine Option, denn es oblag nicht ihm. Zwar wurde er von der rotfunkelnden Masse, die sich nun inzwischen ihren Weg nach unten bahnte, verfehlt, doch trafen ihn größere Tropfen des geschmolzenen Metalls, die wild in alle Richtungen davonstoben. Wo ihn das Metall traf, brannte es sich mühelos in seine Panzerung ein. Mindestens ein halbes Dutzend Treffer hatte er - ebenfalls regungslos - hinnehmen müssen. 2004 begutachtete die Schäden analytisch, dann schickte er rasch einen Impuls zum Zentralrechner, der ihn mit einer Prioritätsreparaturanordnung versehen sollte. Doch er bekam kein Feedback von der Prozessoreinheit, was ihn arg irritierte. Als er eine erweiterte Selbstdiagnose startete, um seine Schadensbefund vielleicht zu erweitern, fand er den Grund: Der silberne Hemmbolzen, der auf seiner linken Brust trohnte, gleich einem eitrigen Geschwür, das man sehen, aber nicht entfernen konnte, ohne sich selbst zu töten, war weg, … zerschmolzen von einem dicken Klumpen glühenden Stahls, der nun langsam aushärtete.
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