Was denn, hat hier noch keiner eine ausführliche Kritik gepostet? Kann doch nicht war sein. *g*
Dann fang ich mal an.
Die Mitternachtspremiere LotR ist inzwischen seit zwei Jahren fester Bestandteil der Vorweihnachtszeit für mich. Umso besser, daß diesmal sogar alle drei Teile am Stück gezeigt wurden. Nachdem ich eine Nacht drüber geschlafen hab, kommen hier meine Ansichten zu RotK im speziellen und LotR im allgemeinen.
Ich möchte vorausschicken, daß ich Peter Jackson für den Kraftakt, den dieses Mammutprojekt bedeutet haben muß, bewundere. Viele andere Regisseure hätten vor den ganzen Ausmaßen dieser Dreharbeiten kapituliert. Und natürlich ist die LotR-Trilogie ein zeitloser Meilenstein in der Filmgeschichte. So etwas wird so schnell nicht wieder kommen. Es wäre schade, wenn es diese Filme nicht geben würde. Aber: ist es eine gute Trilogie? Darüber läßt sich streiten.
Ok, Peter Jackson ist es gelungen, ein seit einem halben Jahrhundet als unverfilmbar geltendes Buch zu verfilmen. Dafür gilt ihm zu recht der Dank des gesamten Kinopublikums. Was ihm dagegen nicht gelungen ist: drei eigenständige, mitreißende Filme.
Hier wurde gesagt "es sind drei unterschiedliche Filme". Nein, das stimmt nicht. Es ist ein großer Film. Und das Problem, das sich daraus ergibt, ist folgendes: hat man einen gesehen, hat man alle gesehen. Grob kann man den Aufbau dieser Trilogie so zusammenfassen: gegenseitige Motivation, Schlachtengemetzel, gegenseitige Motivation, Schlachtengemetzel, gegenseitige Motivation, Schlachtengemetzel, gegenseitige Motivation, Schlachtengemetzel...
Es taucht in RotK nichts auf, was man in FotR und TTT nicht auch schon gesehen hätte. PJ treibts einfach nur noch mehr auf die Spitze. Und er schafft es nicht, den Look eindeutig zu verbessern.
Elijah Wood war schon im ersten Teil als Hobbit eine absolute Fehlbesetzung. Und je weiter ihn seine Reise nach Mordor führt, desto offensichtlicher wird es.
Die Schlacht um Minas Tirith... ok. Nett gemacht. Aber was soll die ganze Materialschlacht? Unterm Strich ist es absolut dasselbe wie die Schlacht um Helms Klamm und die Schlacht um Osgiliath zusammengenommen. Absolut nichts neues. Die Höhlentrolle und computeranimierten Orks sehen immer noch unecht aus. Apropos Höhlentroll. Nachdem sich ja alle einige waren, daß Legolas' Ritt auf dem Höhlentroll in FotR einfach furchtbar ausssah, wollte PJ wohl etwas zu seiner Ehrenrettung beitragen, und hat ihm in der Schlacht um Minas Tirith eine ähnliche Szene hoch zehn beschehrt. Diesmal legt er einen spektakulären Ritt auf einem Olifanten hin. Ich gestehe, da habe selbst ich Szenenablaus gespendet. Aber: das digitale Stuntdouble ist immer noch nicht echter als in FotR. Die Animation ist aufwändiger, die Darstellung spektakulärer, aber der Look ist immer noch derselbe: ein unecht wirkender Computerlegolas.
Und derselbe Kritkpunkt ist auch bei den Kulissen immer noch der Fall. Hobbingen sieht gut aus, weil es echt war. Rohan sieht gut aus, weil es auch echt war. Aber mit den Städten von Gondor hatte WETA bis zum Schluß ein Problem. Die sind bis heute nicht dazu in der Lage, die weißen Gemäuer der Siedlungen von Gondor glaubhaft rüberzubringen. Das sieht einfach schlimm aus. Da wirkt alles, was man bisher von Kamino, Coruscant, Geonosis usw. gesehen hat glaubhafter. Genauso bei den Bauten von Mordor. Da haben sich die WETA-Laute durchgeschummelt, weil alles in tiefer Dunkelheit liegt. Aber wenn da mal jemand das Licht anmachen würde, dann hätten sie ein Problem: unecht wirkende Bauten
Auch Gollum zeigt dieselben Schwächen wie seit seinem ersten Auftreten in der Trilogie. Großartig animiert, tolle Einzelheiten in Charakter und Figur, aber das hilft alles nichts, wenn er immer noch so schlecht ausgeleuchtet heraussticht. Warum sind die nicht in der Lage, ihn ordentlich zu rendern und an die Lichtgegebenheiten um ihn herum anzupassen? Bei Yoda in Ep.II hat ILM das ja schließich auch hingekriegt.
Natürlich hat die gesamte Trilogie wirklich tolle Momente. Und zwar immer genau dann, wenn mal keine Schlacht gezeigt wird. Gandalf und der Schmetterling, das gegenseitige hin und her zwischen Gimli und Legolas, das erste Zusammentreffen mit Eomer, die sich aufbauende Romanze zu Eowyn, die Schleimigkeit von Grima Schlangenzunge, die ekligen Essgewohnheiten des Truchses von Gondor, die tolle Szene wie Merry und Pipin in Rohan auf dem Tisch tanzen, oder bei Isengard picknickend auf ihre Gefährten warten. Das sind Momente, da geht einem als Zuschauer das Herz auf. Wenn es allerdings in Richtung Effekt-Sequenzen geht, dann geht der Film den Bach runter. Es ist spektakulär, ok. Aber PJ hat sich und die Technik einfach überhoben. Es geht nur um Quantität, darum, wie viele einzelne Geschöpfe man wohl noch ein eine einzige Einstellung quetschen könnte, und die Qualität der optischen Umsetzung kann dem aus rein technischen Grenzen heraus nicht standhalten. So weit ist die Rechenleistung einfach noch nicht. Und da hat PJ einfach mal den falschen Kompromis eingeschlagen. Ein GL drückt die Computertechnik auch nach vorne, aber der weiß wenigstens, wie weit er gehen kann. Wenn da eine Sequenz nicht so wirkt, wie sie sollte, weil sie einfach zu aufwändig ist, dann fliegt sie raus, und er wartet auf die Verbesserung der Computertechnik, um die Idee vielleicht ein paar Jahre später im nächsten Film wieder aufzugreifen. Nicht so PJ. Der hatte jetzt die Möglichkeit, LotR zu verfilmen, und hat da alles aufgefahren, was möglich (oder unmöglich) ist. Und dafür zahlt er einen hohen Preis: bei keinem Kinofilm bisher waren die Computerffekte so offensichtlich wie bei der LotR-Trilogie. Das schlimme ist, daß er damit sogar die wichtigsten Szenen des gesamtes Opus Magnum selbst torpediert. Das Innere des Schicksalsberges sieht in der Rückblende von Elronds Erinnerung an Isildur echter aus als in der eigentlichen Endszene mit Frodo, Sam und Gollum.
Apropos Endzene. Was soll man dazu noch sagen? Irgendwie hab ich das Gefühl, daß RotK ohne die Happy End-Sequenz, die einfach nicht aufhören wollte, glatt 'ne Stunde kürzer gewesen wäre. *g* Versteht mich nicht falsch, auch da gibt es tolle Momente. Wie die vier Hobbits nach hause kommen, und dieser vergnatzte dicke alte Hobbit aus FotR sie anschaut, ist einfach toll. Und als sie so in der Kneipe hocken, und sich einfach nur gegenseitig anschauen, und sofort wissen, was der andere denkt, ist einer der ehrlichsten Momente der gesamten Trilogie. Es ist unglaublich rührend, wie Sam nach all den tödliche Abenteuern sich erstmal Mut antrinken muß, um die Frau anzusprechen. Auch als der vergreiste Bilbo Frodo danach fragt, ob er nochmal einen Blick auf seinen alten Ring werfen dürfe, und Frodo etwas betreten ausweicht, er hätte ihn verloren, ist stark. Und das ganze Epos mit einer Nahaufnahme auf der runden Hobbit-Tür zu beenden, ist geradezu genial. Das Problem ist aber, daß rund um diese netten kleinen Momentaufnahmen PJ eine sülzende, triefende Abschlußsequenz geschnitzt hat, die einfach nicht mehr feierlich ist. Diese Bett-Aufwachszene in Zeitlupe und Weichzeichner, wo alle Gefährten einzeln durch die Tür kommen, hätte echt so nicht sein müssen. Selbst Gimli sieht in dieser Szene schwul aus, und das ist 'ne Leitung *g* Dann dieser Hollywood-Kuss zwischen Aragorn und Arwen, die erstmal zwei Minuten braucht, um in Zeitlupe auf in zuzukommen, und dabei so dröge aussieht, wie man es von Liv Tyler eigentlich nicht gewöhnt ist... also in dem Moment hab ich an Aragorn gezweifelt. So wie die in dieser Szene aussah, hätte ich an seiner Stelle Eowyn genommen.
Ok ich geb's zu, ich werde in dieser Kritik etwas flapsig. Vielleicht sollte ich meine Ansichten deshalb in einem Satz zusammenfassen: Peter Jackson hat's übertrieben. Und zwar alles. Er hat die Effekte in einem Maße übertrieben, was dazu führte, daß sie nach hinten losgehen, er hat den Hurra-Patriotismus der Mittelerdenbewohner übertrieben, daß man sich die ganze Zeit nur wünscht "jetzt zieht doch endlich in den Tod und hört auf zu sabbeln", er hat die Emotionen übertrieben, denn wenn man alle fünf Minuten immer wieder neue Zweierkonstellationen sieht mit Tränen in den Augen und zitternder Unterlippe, dann nutzt sich das ab, und er hat das Ende übertrieben. Ich hab nichts gegen Pathos, aber übertriebener Pathos wird unweigerlich unfreiwillig komisch. Und das ist in der zweiten Hälfte von RotK passiert, und in den letzten zehn Minuten wurde es geradezu unerträglich.
Wenn man den Film für sich alleine betrachtet, ist er durchaus der beste in der gesamten Trilogie. Aber wenn man ihn bezug zu den beiden Vorgängern stellt, dann bleibt außer ein paar tollen Momenten, starken Dialogszenen in der ersten Hälfte und einem schwülstigen Ende eigentlich nur ein unglaublich großes Dejavú.