Einstiegspost
[Outer Rim - Effandora Sektor - Minnónar – Miene bei Minn 2]
Kalter Wind umspielte ihre Haare, harter und körniger Sand flog hindurch, während sie auf dem Boden saß und über das Vergangene nachdachte.
Eigentlich wäre das Wetter auf diesem Planeten herrlich gewesen, wenn dieser sich nicht so nah an der Sonne befinden würde. Der Sommer war sogar grade erst in seinen Anfängen; und somit würde es noch heißer werden. Ganz im Gegenteil zu diesem sommerlich Wetter waren ihre Gedanken so kalt wie Eis, so durcheinander wie ein Sturm, der alles mit sich riss was nicht fest verwurzelt war.
Sie zuckte zusammen, als ein elektrischer Schlag durch ihren Körper zuckte. Sie nahm nur verschwommen war, was man zu ihr sagte. Kaliya sackte einfach erschöpft zu Boden. Ein erneuter Schlag durchfuhr sie und nahm ihren ganzen Körper ein – verteilte all seine Energie in ihrem mageren und zerbrechlichen Körper.
Doch sie gab keinen Laut von sich. Grobe Hände hielten sie an ihren Oberarmen fest, krallten sich in die dünne Haut. Blut begann langsam an ihren Armen entlang zu fließen, doch Kaliya war diesen Schmerz bereits gewohnt. Sie spürte ihn nicht einmal mehr… Man zerrte sie über den groben Sand, welchen sie nachher sicherlich in dem bisschen Kleidung wieder finden würde, wenn sie diese anbehalten durfte. Es war jedes Mal wieder das gleiche, wenn sie wieder nicht ihre Arbeit verrichtete. Jedes Mal wieder wurde sie in den kalten Kerker gezogen, musste dort nackt auf der Pritsche liegen. Warum lebte sie eigentlich noch?
Die harten und spitzen Steine hinterließen Striemen auf ihrem Körper. Das sich ein Großteil dieser Wunden nicht entzündet hatte, war ihrer Meinung nach ein Wunder.
Sie zogen Kaliya einfach hinter sich her.
“Dieses Mal wird deine Strafe höher ausfallen. Du kannst dich schon mal freuen.“ sagte einer der Personen mit Hass und Trotz in der Stimme, die sie dieses Mal ein klein wenig erschaudern ließ. Normalerweise bekam sie kaum etwas zu Essen oder zu trinken. Man nahm ihr ihre Kleidung und ließ sie einfach dort liegen. Doch die Stimme dieser Person klang anders…
Er zog sie hoch, drückte sie gegen die kalte Wand aus Stein. Seine Faust umklammerte ihren Hals. Sie jappste nach Luft, und spürte, dass es bald zu Ende gehen könnte.
Die Person beugte sich nach vorn und leckte mit seiner ekeligen, grünen und anscheinend warzigen Zunge über Kaliya’s Gesicht; ein Seufzer des Ekels entkam ihr. Die Person ignorierte das und leckte erneut über ihre kahle und weiße Haut. Mit der anderen Hand öffnete er eine Tür und stieß Kaliya anschließend in das „kalte Loch“, in das man sie immer und immer wieder hineinwarf.
Ihre Augenlider schlossen sich langsam. Der Steinboden schien all seine Kälte an ihren warmen Körper abzugeben. Es durchfuhr sie wie ein Schlag. Ein Schlag, der nicht wie ein dumpfes Gefühl des Schmerzes war, sondern einfach nur das Gefühl von tödlicher Kälte, die sicherlich eine Nierenentzündung oder etwas Derartiges mit sich bringen würde. Auf dem dumpfen Steinboden hörte sie die Schritte dieser widerwärtigen Person, die sie eben hier hinein geworfen hatte. Sie sagte noch irgendwas, doch Kaliya selbst verstand kein einziges Wort. Es schien, als würde sich ein Schleier über ihre Ohren und Augen legen, wie ein Nebel, der sie langsam einnahm. Sie konnte kaum noch klar hören, geschweige denn klar sehen.
Sie wusste, sie würde sterben. Ihr Leben neigte sich dem Ende zu, so wie es schon öfters der Fall gewesen war. Doch dieses Mal, war es etwas anderes. Sie hatte nicht einen einzigen Funken Energie in ihrem Körper… Ihre trägen Augen gingen immer weiter zu, bis sie diese fest geschlossen hatte. Sie spürte, wie dieser aller letzte Funken aus ihrem Körper entwich, wie er sich erhob und davon schlich, so als hätte er nur auf die Chance gewartet, Kaliya’s Körper zu verlassen.
Doch er tat es nicht. Etwas hielt diesen Funken davon ab. Was war es? Kaliya versuchte sich auf ihre Sinne zu verlassen. Wo war sie? Es war nass, aber dennoch warm. Sie versuchte ihre Augen zu öffnen, spürte, dass sich irgendetwas vor – nein, in ihrem Mund befand. Es war grün, sie befand sich in einer Flüssigkeit. War dies ein Bacta-Tank? Es musste so sein. Denn sonst würde sie jetzt wahrscheinlich schon nicht mehr am Leben sein. Das hässliche Gesicht lachte sie höhnisch an. Dann wurde die Flüssigkeit abgesaugt und sie aus dem Tank herausgezogen. Die Gestalt packte sie an ihrem nackten Arm, legte sie sich über die Schulter. Kaliya wollte grade etwas von sich geben, doch da spürte sie schon einen Einstich … und in Sekunden schnelle war sie eingeschlafen.
Als sie wieder aufwachte, fühlte sie sich beinahe wohl, jedoch benommen. Wo war sie? Sie spürte, dass sie nicht auf einem kalten Boden lag, wie es sonst der Fall war. Nein, es war sogar sehr angenehm und weich. Sie öffnete langsam ihre Augen und schaute sich um. Sie lag in einem Bett, leicht zugedeckt. Warum war sie hier? Hatte sie nicht sterben sollen? War das nicht ihre Bestimmung gewesen? Einfach zu schlafen, zu spüren, wie der letzte Funke von Leben ihren Körper verließ und sie für immer in Ruhe gelassen werden konnte? Sie wollte doch nichts sehnlicher als dieser Qual, dieser Schmach und der Demütigung zu entfliehen, die sie hier jeden Tag spürte. Die Blicke der anderen war unerträglich. Die menschlichen Männer betrachten sie als Frischfleisch, verzehrten sie mit ihren Blicken. Und sie konnte dem einfach nicht entfliehen. Und doch hatte sie es schon oft versucht. Sie hatte sich einfach die Pulsadern aufgeschnitten. Man hatte sie jedes Mal rechtzeitig entdeckt und sie in den Bacta-Tank verfrachtet. Man ließ sie einfach nicht sterben. So wie dieses Mal. Doch es war anders. Sie war noch nie in einem so bequemen und weichen Bett aufgewacht. Meistens war es ein kalter und sehr harter, steiniger Boden gewesen. Kaliya hätte niemals gedacht, ein so angenehmes Gefühl noch einmal erleben zu dürfen. Es war ihr jedoch auch bewusst, dass es mit Sicherheit einen Haken geben würde. Doch was war dieser Haken? Man hatte sicherlich nicht vor, sie besser zu behandeln als man es sonst tat.
Kaliya brauchte nicht einmal lange darüber nachdenken und sich diese Frage zu stellen. Denn als sie sich aufrichten wollte, wusste sie, was auf sie zukommen würde.
„Na meine Kleine, du bist ja endlich wach. Ich hoffe es geht dir gut.“
Ein Mann mit leuchtend roten Augen, dunklen Haaren und eindeutig humanoiden Ursprungs blickte sie freundlich an.
„Mir geht es gut.“ Fauchte sie den Mann es. Denn es war so klar was gleich geschehen würde. Es war schon immer so gewesen, seit sie hier war. Sie war nämlich eine der wenigen menschlichen Frauen die sich hier befanden. Viele andere waren Gothals, auch einige Barabel waren dabei. Warum diese sich allerdings mit ihren mächtigen Klauen und Schwänzen nicht wehren konnten, wusste Kaliya nicht. Vermutlich hatte man ihr irgendwelche Drogen verabreicht, um sie willig zu machen.
„Dann ist es ja gut.“ Sagte der Mann, der sich nicht einmal vorstellte. Er beugte sich zu Kaliya herunter, stützte sich dabei mit der linken Hand ab und legte die andere um Kaliya’s Hals. Sie wehrte sich nicht, denn es hatte sowieso keinen Sinn. Sie hatte aufgegeben, bevor er auch nur angefangen hatte seine Lippen auf die ihren zu Pressen. Sie spürte die Feuchtigkeit seines Speichels, seine Zunge, wie sie in ihren Mund eindrang. Eigentlich mochte sie den Spaß mit Männern, hatte ihn so viele Jahre mit ihrem Freund genossen, bevor man ihn tötete.
Doch nun spürte sie seine kaputten Lippen, spürte, wie seine rechte Hand an ihr herunterwanderte, ihre Brust sogar sanft streichelte, liebkoste. Sie spürte sein Glied, als er sich auf sie legte. Dann zog er rasch die Decke beiseite, legte sich mit seinem nackten Körper erneut auf sie. Er begann sie zu vergewaltigen. Eine Träne lief langsam an ihrer Wange herunter, doch der Mann bemerkte dies nicht. Er schien sich nur auf das zu konzentrieren, was er tat. Kaliya war froh, dass dies nicht lange andauerte. Denn er war sehr schnell fertig gewesen. Dann hatte er sie genommen, vor die Tür gesetzte und die Wachen hatten sie wieder in die kalte Zelle geworfen. Wie oft würde sie dies noch mitmachen müssen, bis sie endlich sterben würde?
Nun befand sie sich wieder in ihrer Zelle. Und die Gedanken kehrten zurück sie. Die Gedanken die sie hatte, bevor man sie erneut abgeholt hatte und zu dieser Demütigung gezwungen hatte.
Die Gedanken an ihre Familie waren groß. Und vor allem der Gedanke an ihren Freund, den man so bitterlich quälend getötet hatte. Erneut liefen Tränen an ihrer Wange herunter. Sie wischte sie sich weg; schluchzte dabei weiter.
Wie lange würde sie das noch aushalten müssen?
Es gab nur drei Möglichkeiten. Erstens, sie würde es einfach alles aushalten, bis sie irgendwann endlich sterben würde. Oder sie würde immer und immer wieder versuchen sich umzubringen; so lange, bis sie es geschafft hatte. Die letzte Möglichkeit war die Flucht. Nur wie sollte sie von diesem Planeten herunter kommen? Vermutlich gar nicht. Und deswegen bevorzugte Kaliya die zweite Möglichkeit. Sie war sicher, dass sie bald eine Möglichkeit finden würde, wie sie sich am schnellsten das Leben nehmen konnte. Ansonsten blieb ihr wahrscheinlich nichts anderes übrig, als einfach mit diesem Mann erneut zu schlafen; und vielleicht so zu tun, als würde es ihm gefallen? Möglicherweise würde sich eine völlig neue Perspektive für sie eröffnen? Sie beschloss, in Ruhe darüber nachzudenken.
Für die nächsten Wochen wurde sie in der Zelle gelassen. Man hatte ihr nur Kleidung aus Leinen gegeben, ihr ein bisschen Essen und Trinken in die Zelle gebracht. Sonst hatte man sie kaum beobachtet, nicht einmal eines Blickes gewürdigt.
Kaliya wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Wie viele Tage, Wochen oder sogar Monate sie in dieser Zelle verbracht hatte, bevor man sie wieder herausholte – und das nicht grade sanft. Die widerwärtigen Wachen zogen sie einfach hinaus, über die kalten Steine hinweg auf den harten Sand. Dort lag sie nun, gepeinigt von einigen harten Peitschenschlägen, die auf sie niederkamen. Blut rann langsam aus den zugefügten Wunden. Man schrie sie an, sie solle gefälligst aufstehen und arbeiten. Doch warum sollte sie das tun? Wäre es jetzt nicht viel einfacher, sich erschlagen zu lassen? Am Blutverlust durch die zugefügten Wunden zu sterben? Kaliya blieb einfach reglos am Boden liegen, spürte, wie der Wachmann nach ihr zog, sie griff und mitschleifte. Ihre Knie bluteten ebenfalls, auch ihre Arme. Warum konnte er sie nicht einfach töten? Kaliya hasste ihn, weil er sie immer quälte und sie für alles was sie tat oder auch nicht tat hart bestrafte. Er war ein Sadist, dass hatte sie vom ersten Tag an gewusst. Kaliya hoffte, dass sie diese Pein nicht mehr lange ertragen musste. Ein Peitschenhieb und sie würde sterben. Warum konnte er ihr nicht einfach diesen erlösenden Trost geben? Er zog sie auf einen Mast zu, band sie dort fest. Er schrie etwas in die Menge, an all die anderen Sklaven gerichtet.
“Seht her, dass hier soll euch als Beispiel dienen, für diejenigen, die der Meinung sind, dass sie hier tun und lassen könnten was sie wollen!“ sagte das das schleimige Wesen. Sie allerdings hatte kaum etwas von dem Gesagten verstanden, der Schmerz war zu groß gewesen, als dass ihre Sinne noch richtig funktionieren könnten.
Ihr Peiniger holte zu einem Schlag aus – und die Peitsche raste auf ihren Rücken zu. Einmal, zweimal, dreimal und noch ein viertes Mal. Die Arbeiter schraken auf, drehten sich weg. Kaliya hingegen schrie so laut, dass einige sich die Ohren zuhalten musste. Dann ließ er von ihr ab, band sie los und ging. Er ließ sie einfach dort liegen. Kaliya spürte nichts mehr. Nur die Tränen, die an ihren Wangen herunter liefen.
Sie versprach sich, dass sie dieses Wesen irgendwann töten würde. Und sie würde ihn so sehr quälen, dass er sich wünschte, niemals, niemals geboren worden zu sein. Sie hasste ihn, mehr als alle anderen. Nicht einmal ihren Vergewaltiger hasste sie so sehr, wie sie ihn hasste. Sie verabscheute ihn, wollte ihn am liebsten mit ihren eigenen Händen töten, jedes Körperteil von ihm einzeln abreißen.
Hass war ein Gefühl, was Stärke verleihen konnte. Die Schmerzen, die sie Jahre lang erdulden musste, nährten dieses Gefühl. Wut und Zorn manifestierten sich in dem Hass, der sie beinahe zu ersticken drohte, da sie ihm nicht freien Lauf lassen konnte. Und der Wärter nährte diesen Hass immer mehr, sodass er immer größer wurde, sie beinahe von innen zerfraß wie ein Virus, der sich langsam in ihrem Körper ausbreitete und jede lebende Zelle einnahm – und schließlich tötete.
Kaliya fragte sich, ob sie irgendwann einmal zum Hass selbst werden könnte. Ob sie einfach auf den Wächter zugehen könnte und ihn langsam töten könnte.
Sie wünschte sich nichts sehnlicher als das. Wie lange sie noch leben würde, spielte keine Rolle mehr. Sie hoffte nur, dass es noch grade solange sein würde, bis sie seine schmierigen Eingeweide in ihren Händen trug, sie zermalmte und ihm zusah, wie er langsam, ganz langsam und qualvoll starb.
Wenn Hass eine Wellenlänge wäre, die man sehen konnte, dann wäre Kaliya der Mittelpunkt, und um sie herum würde sich ihr Hass wie ein schwarzer Kreis voll Wut und Zorn verbreiten… während sie immer noch auf dem Boden lag, und sich kaum regen konnte.