[Tobali-System | Rhen Var | Eislandschaft | unterwegs von Horchposten 19 zu 22] Wonto Sluuk, Medhi Varn, Benji Ross, Dribiteg
Dank des guten Wetters, das den vier Scouts ein schnelles Vorankommen ermöglichte, erreichten sie Horchposten 22 eine Stunde vor ihrem Zeitplan. Abgesehen von einem Blick auf die spärliche einheimische Fauna hatte die Fahrt nichts Interessantes für sie bereit gehalten und der Anblick des Postens, der sich in keiner Weise von Nummer Neunzehn unterschied, war einer der Höhepunkte des Tages. Doch obwohl die dreiköpfige Besatzung der Horchstation gastfreundlich und der Abend noch lang war, fühlte Wonto Sluuk sich nicht sehr unternehmungslustig. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen und das spürte er in allen Knochen. Das harte Klima forderte den republikanischen Soldaten trotz ihrer modernen Ausrüstung einiges ab, und auch wenn der Ortolaner mittlerweile das höchstrangige Mitglied des vierklöpfigen Teams war, stand außer Frage, dass er die schlechteste Fitness mitbrachte. Seine Ausdauer schien von Tag zu Tag kürzer zu werden. Daher sprach er zwar dem Abendessen reichlich zu, doch an den anschließenden Gesprächen beteiligte er sich nicht und als die Bewohner um Unterstützung baten, um kurz vor Einbruch der Nacht noch eine etwas abgelegene Sensorantenne zu überprüfen, schickte er Benji, anstatt sich selbst zu melden. Wonto löste sich zeitig aus der Gruppe und suchte sich einen Winkel, in dem er seinen Schlafsack ausrollen konnte. Obwohl die anderen sechs sich laut unterhielten und später am Abend sogar noch mehrere Lieder sangen, ließ er sich nicht stören und schlief rasch ein.
Dafür war er am nächsten Morgen der erste, der erwachte. Ein Geräusch hatte ihn aus dem Schlaf geschreckt: Ein Scharren an der Tür, so als wollte sich ein großes Tier Zutritt verschaffen. Erschrocken lag er eine Weile still da und lauschte, doch der Laut wiederholte sich nicht. Die einzigen Geräusche kamen von einem Menschen namens Jacob, der die Nachtschicht an den Überwachungsstationen hatte. Schließlich stand Wonto auf und ging zu ihm, um sich zu erkundigen, was für ein Tier die Geräusche gemacht haben könnte, doch Jacob hatte nichts gehört. Die Außenkamera zeigte eine dichte Schneewehe vor der Eingangstür, in der es keine Fußspüren oder sonstige Unregelmäßigkeiten gab, und der Lebenszeichenscanner bestätigte, dass es kein tierisches Leben im näheren Umkreis gab - in dem Fall, dass sich etwas dem Posten genähert hätte, müsste sowieso ein Alarm die Bewohner warnen. Der Ortolaner kam zu dem Schluss, dass er wohl nur geträumt hatte. Er hätte noch etwa eine dreiviertel Stunde schlafen können, doch er entschied sich dagegen und suchte sich lieber einen kleinen Snack (als Vor-Frühstück), bevor er Medhi, Dribiteg und Benji weckte.
Eine knappe Stunde später waren sie wieder unterwegs. Horchposten 25 lag nun auf ihrer Zickzackroute durch die Eiswüste. Doch ihrem Weg folgten sie nur eine Viertelstunde lang, dann signalisierten Wontos Helmkopfhörer ihm einen eingehenden Funkspruch.
»Corporal Sluuk hier, was gibt's?« antwortete er und gab zugleich seinen Teammitgliedern das Zeichen um Anhalten. Während der Fahrt verstand er die Stimme im Kom nur schlecht, da der Helm nicht perfekt auf seine nichtmenschliche Kopf- und Ohrform angepasst war.
»Hier spricht Sergeant Weather. Ihre Befehle haben sich geändert: Kehren Sie sofort zu Posten Eins zurück!«
»Zur Basis, verstanden. Äh, Sir, was wird mit unserer Patrouille?«
»Wir passen die Routen der anderen Teams an. Alles weitere soll nicht Ihre Sorge sein. Sie haben Ihren Befehl, Corporal! Weather, Ende!«
»Zu Befehl. Sluuk, Ende!«
Der Ortolaner teilte seinen Kameraden die geänderten Anweisungen mit und gemeinsam sichteten sie das Kartenmaterial, um die beste Route zum Hauptquartier der Systemüberwachung und dem Ausgangspunkt ihres Patrouillenkurses zu ermitteln. Die Entfernung war kürzer als gedacht: Wenn sie keine langen Pausen machten und das Wetter auf ihrer Seite blieb, konnten sie die Station am späten Abend erreichen. Vermutlich war kein anderes Team so nah und das war wohl auch der Grund dafür, dass man sich für sie entschieden hatte. Sie hatten keine Ahnung worum es ging und vertrieben sich die Zeit während der Fahrt mit wilden Spekulationen, von denen manche plausibel, andere unwahrscheinlich und einige einfach nur absurd waren, doch etwas anderes hatten sie ja nicht zu tun.
Sie brauchten etwas länger als erhofft. Als sie das ehemalige Hafengelände am Ufer eines zu Eis erstarrten Meeres erreichten, welches das Hauptquartier der republikanischen Präsenz auf dieser frostigen Welt beinhaltete, war es längst Nacht. Doch viel zu sehen gab es sowieso nicht: Sie kannten diesen Ort bereits und auch wenn die steinernen Bauwerke, Hinterlassenschaften einer untergegangenen Kultur, auf den ersten Blick recht faszinierend waren, gab es an ihnen wenig Außergewöhnliches zu entdecken. Einige der besser erhaltenen Gebäude waren vom Militär instandgesetzt, mit einer vernünftigen Isolierung und Energieversorgung versehen worden, andere dienten als Fundament für große Sensor- und Kommunikationsschüsseln. Das Hauptgebäude der Anlage bestand jedoch nicht aus alten Steinquadern, sondern aus Fertigbauteilen. Nachdem sie sich ausgewiesen hatten und in das Militärgelände eingelassen wurden, hielten die Soldaten dort an. Sie waren durchgefrorener denn je und Wonto war heilfroh darüber, dass er für diesen Tag vorgeschlafen hatte.
Er erkundigte sich nach Sergeant Weather, um von diesem nähere Informationen zu erhalten, wurde stattdessen aber ins Büro von Lieutenant Yarize Poll geführt. Die fast zwei Meter große Arcona mit dem ambossförmigen Schädel musterte Wonto aus grünen Facettenaugen. Er war ihrer Einheit kurz nach der Ausbildung auf Utapau zugeteilt worden und kannte sie kaum, hatte aber schon vom ersten Moment an den Eindruck gehabt, dass sie keine großen Stücke auf ihn hielt - woran auch immer das liegen mochte, vielleicht bildete er es sich auch ein.
»Melde mich wie befohlen, Ma'am!« meldete Wonto und hob zum Gruß die vor Kälte steife Hand an die Schläfe.
»Corporal Sluuk, dem Kommando ist aus dem Felucia-System eine Anfrage auf Unterstützung zugegangen und da wir der nächstgelegene republikanische Posten sind, wurde uns aufgegeben, dem nachzukommen. Es geht um eine Suche nach Vermissten, also je nachdem was die Suche ergibt eine Rettungs- oder Bergungsmission. Wir entsenden Sie zu diesem Zweck.«
Dass die Offizierin von sich meistens in der Wir-Form sprach, war eine kulturelle Besonderheit, an die sich Wonto bereits gewöhnt hatte, deshalb wunderte er sich nicht darüber. Es fiel ihm kaum noch auf. Bei ihrer ersten Begegnung war er ziemlich irritiert darüber gewesen und hatte sich etwas aus dem Konzept bringen lassen - vielleicht hatte er dabei keinen sehr intelligenten Eindruck gemacht.
»Verstanden, Ma'am. Wie groß ist die entsendete Einheit?«
»Nur Sie und Ihr Team. Wir können hier nicht mehr Soldaten entbehren, wenn wir unseren normalen Aufgaben weiter nachkommen sollen.«
»Nur wir? Äh... heißt das, dass ich den Einsatz leite, Lieutenant Poll?«
Die Arcona leitete ihre Antwort mit einem ziemlich unfreundlichen Lachen ein.
»Keineswegs, Corporal Sluuk! Sie werden das höchstrangige Mitglied des Militärs bei diesem Einsatz sein, aber weder Ihre Erfahrung noch Ihr Rang befähigen Sie zu leitenden Aufgaben. Der Jediorden hat um Unterstützung durch das Militär gebeten und Sie werden für die Dauer des Einsatzes diesen Jedi unterstellt sein und sie nach Kräften unterstützen. Sie halten sich an die Dienstvorschriften, aber solange diese nicht klar den Anweisungen widersprechen, werden Sie diese befolgen. Klar soweit?«
Nein, eigentlich nicht. Das war eine völlig unerwartete Situation für Wonto, der es gewohnt war, Teil einer klar strukturierten militärischen Rangordnung zu sein. Dass man von ihm erwartete, sich völlig Fremden unterzuordnen, die dieser Hierarchie nicht angehörten, kam ihm befremdlich vor. Aber andererseits... wo war der Unterschied dazu, Befehle von Offizieren entgegenzunehmen, die er ebenfalls nur vom Sehen oder dem Namen nach kannte?
»Mhm, alles klar, Ma'am. Wann brechen wir auf?«
»Um fünf Uhr dreißig Ortszeit startet Ihr Shuttle. Sie haben also noch genug Zeit, um Ihre Ausrüstung zu überprüfen und sich mit den Besonderheiten von Felucia vertraut zu machen. Auf diesen Datenblöcken steht alles Nötige. Details zur Situation und dem Auftrag werden Sie dann vor Ort von den Jedi erhalten. Ihr Kommen wurde bereits angekündigt. Weitere Fragen? ...Dann wegtreten, Corporal: Ich denke, Sie haben genug zu tun!«
Mit einem weiteren militärischen Gruß verabschiedete Wonto sich und verließ dann eilig den winzigen Raum. Er kehrte zu seinen Soldaten zurück, die es sich in dem Vier-Bett-Quartier, das man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, bereits bequem gemacht hatten.
»Tut mir leid, keine Zeit für Schlaf«, musste er sie enttäuschen. »In sieben Stunden geht unser Flug und bis dahin haben wir noch einen vollen Zeitplan...«
Das war in der Tat der Fall. Aus ihrer Ausbildung und insbesondere den abschließenden Übungen wussten sie, wie wichtig es war, sich auf einen Einsatz angemessen vorzubereiten. Das bedeutete, dass man alles zur Verfügung stehende Material über den Zielplaneten ausgiebig studieren musste. Was Felucia anging, so stand eine ganze Menge zur Verfügung. Zu viel, als dass sie alles gemeinsam hätten lesen und besprechen können. Sie entschieden sich demnach dafür, den Lesestoff in vier gleich große Blöcke aufzuteilen. Dribiteg sollte sich mit der Kultur und den Gepflogenheiten der einheimischen Felucianer und Gossams vertraut machen; Benji Ross studierte die Informationen über die Geographie und das Wetter; und Medhi Varn sowie Wonto teilten sich den besonders großen Themenkomplex über die einheimische Flora und Fauna, die offenbar mit keiner anderen Welt zu vergleichen war. Doch wie überall gab es gefährliche und nützliche, giftige und essbare Wesen, und es war wichtig, diese zu unterscheiden und auf Bedrohungen in der angemessenen Weise zu reagieren, deshalb nahmen sie ihr Studium durchaus ernst. Irgendwann jedoch endete ihre Konzentration und sie mussten abbrechen. Sie fühlten sich zwar nicht hundertprozentig, aber doch einigermaßen vorbereitet und waren froh, endlich die Augen zumachen zu können.
Um fünf Uhr fünfundzwanzig Ortszeit, noch vor der Morgendämmerung und nach kaum mehr als zwei Stunden Schlaf, fanden sie sich auf dem Landefeld ein, zu dem man Teile der vereisten Meeresoberfläche gemacht hatte. Dort stand ein Shuttle mit laufenden Triebwerken bereit. Bis auf Dribiteg, dem man nichts anmerkte, froren die Scouts erbärmlich: Sie hatten sich dafür entschieden, die dicken Iso-Mäntel, die sie auf Felucia nicht brauchten, für die knapp zweihundert Meter gar nicht erst anzulegen. Ein Entschluss, den sie bereuten, bis sie zitternd das kleine Schiff erreichten und ins Warme kamen. Noch einmal überprüften sie, ob all ihre Ausrüstung - einschließlich Proviant, Waffen und Speederbikes - an Bord war, dann nahmen sie auf den wenig bequemen Passagiersitzen Platz.
»Dann auf nach Felucia!« sagte der Parwan mit seiner hohen Stimme und der merkwürdigen Betonung, als das RM-09 sich in Bewegung setzte.
»Ich bin froh, dass wir von dieser Schneekugel wegkommen«, ergänzte Medhi. Benji Ross und Wonto stimmten ihr zu.
»Zeit für eine Mütze voll Schlaf, Euer Corporalität?« fragte der breitschultrige Randkolonist.
»Leider nicht«, erwiderte der Ortolaner mit aufrichtigem Bedauern. »Wir sind noch nicht ausreichend vorbereitet und jeder von uns ist, was Felucia betrifft, bestenfalls ein Fachidiot. Nutzen wir die Flugzeit, um unsere Ergebnisse zusammenzuwerfen. Wenn wir das zügig hinter uns bringen, bleibt uns vielleicht noch ein wenig Zeit für ein kleines Nickerchen vor der Landung.«
Das Shuttle ließ Rhen Var hinter sich und sprang in den Hyperraum.
[Hyperraum | von Rhen Var nach Felucia | RM-09-Shuttle] Wonto Sluuk, Medhi Varn, Benji Ross, Dribiteg
(Weiter auf Felucia)