Original geschrieben von Horatio d'Val
Ohne jetzt eine Grundsatzdiskussion anfangen zu wollen, Wraith.
Aber kann man nicht versuchen, das Problem von der Wurzel her zu packen. D.h. zu versuchen, selbständig praxisorientiert Fächer (hier zb Englisch) zu unterrichten?
Nun, wie gesagt, ich versuche das. Aber viel Freiheiten hat man nicht. Denn der normale Stoff muss auf jeden Fall durch gebracht werden...
Ich habe in diesem und im letzten Jahr in der 9. bzw. 10. Klasse sogenannten 'erweiterten Englisch-Unterricht' gegeben. Das ist ein, nun, Experiment, könnte man wohl so sagen. Ein Fach wird am Vormittag auf Deutsch und am Nachmittag auf Englisch unterrichtet; in diesem Fall war's Geschichte. Sollte man als Pflicht einführen, ich denke nämlich, dass das den Schülern sehr viel gebracht hat, für beide Fächer. Und wir haben uns nicht immer strikt ans Thema gehalten, sondern sind desöfteren auch mal abgedriftet.
Original geschrieben von masternesmrah
Was Latein angeht muss man sagen, dass man den Unterricht nicht Praxisorientiert hinbekommt, eben weil die Sprache tot ist, nichtdestotrotz ist sie wichtig in der Archäologie oder der Altertumsforschung und muss daher erhalten werden.
Wer sowas machen will, soll einen Latein-Kurs nehmen oder die Sprache gleich studieren... siehe weiter unten.
Sollte man dann nicht Pflichtaufenthalte in England von mindestens 2 Wochen pro Jahr einführen? Als Klassenfahrt oder Studienfahrt oder was auch immer? Wär ja dann sinnvoll.
Das wird, soweit ich weiß, auch gemacht, wenn auch nicht an normalen Schulen, sondern an solchen, die sich auf gewisse Bereiche spezialisiert haben (hier Sprachen).
Wobei das mit dem Auslandsaufenthalt immer so eine Sache ist... Ich hatte als Schüler selbst zwei und war jetzt in den letzten Jahren mit Klassen ein Mal in England und ein Mal in Frankreich (ungefähr gleicher Stand der Schüler). Meistens ist es doch so, dass die Deutschen eher unter sich bleiben.
Die Söhne einer Bekannten (12 und 14, wenn ich mich nicht täusche), sind vor ein paar Tagen für drei Wochen nach Südengland geflogen, befinden sich dort in (je) einer Familie, ihr wisst schon. So was fände ich sinnvoller. Nur: Das ist teuer. Niemals würde der Staat das bezahlen.
Und ob man das wirklich als Pflicht durch setzen sollte? Eher als zusätzliches Angebot für alle Interessierten...
Wenn du die Möglichkeiten hättest, was würdest du denn ändern Wraith? Wie würdest du es hinbekommen wollen, dass die Schüler im Englischen mehr Praxis bekommen?
Zu erst einmal was Grundsätzliches: Nachmittagsunterricht, auch bei niedrigeren Klassen. Ich war, wie oben schon gesagt, in Frankreich und in England, wo das ja praktiziert wird. Ganz so brutal wie die Franzosen müsste man's ja nicht machen (wo die Kinder
überhaupt keine Freizeit hatten), aber eine Schule von acht bis siebzehn Uhr fände ich sinnvoll (mit entsprechenden Pausen natürlich). Braucht anfangs vielleicht ein bisschen, bis man sich dran gewöhnt hat, aber wenn man schon in der fünten Klasse damit anfängt, kennt man nichts anderes. Dann hat man nicht nur mehr Stunden (die man auch sinnvoll einsetzen kann), die Kinder sitzen auch nicht stundenlang vor Fernseher und Computer, ohne etwas zu tun, ihr wisst ja wie das bei berufstätigen Eltern oft so ist.
Zweitens: Du sprichst (ganz weit oben

) das Problem genau an: Wie 'zwingt' man Schüler denn dazu, dass sie Englisch lernen
müssen?
Leider kann man das nicht. Jedenfalls nicht, ohne andere Fächer zu vernachlässigen, und 'Fachidioten', wie Aaron das Ergebnis von sowas passend betitelt hat, sind ja auch nicht das angestrebte Ziel.
Es gibt nur zwei Wege, um dafür zu sorgen, dass jemand etwas lernt: Entweder man zwingt ihn (siehe meinen Kommentar zu meiner Lateinlehrerin etwas weiter unten), oder man erweckt ihn ihm den
Spaß an dem Fach. (Nun, oder man appeliert an seine Vernunft, dass es einfach das beste für ihn ist, wenn er jetzt die binomischen Formeln auswenig lernt, aber ihr wisst ja selbst, in welchem Alter die Schüler dann sind... das funktioniert nur in den ersten fünf oder so Jahren.) Und damit einem das Lernen Spaß macht, muss ihn das Ergebnis interessieren. Drum zeigt man ihm halt englische Filme, Computer-Spiele, Bücher, was weiß ich.
Bloß, um zu wissen, was einem Schüler Spaß macht, muss man etwas mehr von ihm wissen als den Namen. Ein weiterer Grund, imho, für Nachmittagsunterricht, weil dadurch die 'Beziehung' zwischen Lehrer und Schülern gefestigt wird.
Zum zwingen noch:
Ich hatte eine Lateinlehrerin. Ich kannte sie auch privat, da war sie eigentlich ein nettes Persönchen, und auch auf Klassenfahrten durchaus nicht übel (abgesehen von gewissen... sagen wir, konservativen Ansichten, was Kleidungsgewohnheiten von weiblichen Schülern angeht, die sie scheinbar auch heute noch behalten hat, was man so hört). Doch kaum tönte der Gong zur Latein-Stunde, verwandelte sie sich in
den Drachen persönlich. Sie glaubte, dass die Schüler freiwillig nicht zum Lernen zu bewegen seien, und hielt es für ihre Pflicht, den Stoff den Schülern in den Rachen zu stopfen, koste es, was es wolle. Sie hatte z.B. die "10-Sekunden-Regel"... im Klartext hieß das, wer das abgefragte Wort in drei Sekunden nicht aufsagen konnte (inkl. Konjugation bzw. Deklination der wichtigen Stellen), hatte die ganze Seite, auf der das Wort stand, abzuschreiben und auswendig zu können. In späteren Jahren waren das dann so 30, 40 Stück. Sie war die unbeliebteste Lehrerin der Schule. Die Hälfte der Klasse, die sie in meiner Schulzeit verließ, tat das wegen ihr. Aber eins muss man sagen: Der Rest
konnte die Wörter. Nur, ist das der richtige Weg? Ich denke ja, nicht.
Original geschrieben von AaronSpacerider
Was Mathematik angeht, so lernt man dort ja eigentlich nicht nur Mathe. Im Idealfall wird einem nähergebracht, sich Lösungswege zu erarbeiten und verschiedene Ansätze zu durchdenken. Man könnte das sicher spannender vermitteln. Aber logische Denkprozesse zu lernen, ist in meinen Augen auch ein wesentlicher Bereich schulischer Erziehung.
Sicher. Doch muss ich wirklich irgend welches Zeug lernen, was ohnehin niemand versteht außer Leuten, die danach Mathe studieren und sich das auch freiwillig angelernt hätten? Mathematik als Grundkurs zu erzwingen ist imho eine Schnapsidee... ich stimme dir zu, dass es das logische Denken fördert (genau wie Latein, das ja sehr logisch aufgebaut ist), aber das geht doch auch nur bis zu einem bestimmten Grad. Dann ist Schluss, und alles, was danach kommt, ist praktisch für die Katz, weil der ganz große Teil der Schüler es ohnehin nicht versteht. Drum sollte Mathematik im Abitur für andere Gymnasien als mathematische freiwillig sein.
Das einzige im Schul-Mathe mit Praxiswert ist ja die Geometrie... Algebra ist spätestens nach der zehnten Klasse (Wurzeln) imho sinnlos.
Und was die lateinische Sprache angeht, so sehe ich heute noch, was sie einem geben kann. Man stolpert fast täglich über sie, sei es in internationalen Fremdwörtern, in den noch lebenden Sprachen oder in bestimmten Fachsprachen. Wenn man da keinen Überblick über die Grundlagen dieser Sprache hat, dann heißt es pauken, pauken, pauken, um jedes einzelne Fachwort zu lernen, anstatt mit Hilfe lateinischer Ursprünge Wortzusammenhänge aufzudecken.
Ich sage ja nicht, dass man Latein völlig weglassen sollte. Aber zwei oder drei Jahre reichen doch völlig für den kleinen Wortschatz, den man später dann braucht (was man eigentlich auch nicht tut, wenn man Englisch kann, weil die englische Sprache mehr romanische Wörter hat als das Lateinische selbst, aber das nur am Rande

). Es gibt etwas, das manche Leute 'Sprachgefühl' nennen -- intuitiv zu wissen, welche Form man denn nun verwenden muss, etc.. Das gibt's bei Englisch, bei Deutsch, bei Französisch, bei Spanisch... bei Latein nicht. Bei Latein muss man wirklich jedesmal abfragen, wer tut mit wem durch was, und extrem genau hinschauen. Ein Buchstabe entscheidet, ob jemand fällt, liegt oder geworfen wird, und so weiter. Das ist imho auch die einzige Existenzberichtigung von Latein als Pflichtfach: Man lernt, genau zu sein.
Denn auch später werden sie auf Themen stoßen, die sie langweilen. Wenn sie sich dann sagen, 'egal, was soll's' und diesen Themen aus dem Weg gehen, werden sie eines Tages große Probleme bekommen. Da ist es doch besser, sie lernen schon in der Schule, mit ungeliebtem Material umzugehen.
Sicher. Doch wenn wir ehrlich sind... lernt man das in dem Alter (14-17) wirklich?
Ich hingegen habe nur Blabla mitbekommen, irgendwelchen Pseudo-Intellektuellen 68er-Mist gelesen und mich ständig gefragt, was es soll. Da hätte ich Klassiker vorgezogen.
Ach, du auch

? Irgendwie haben die Deutschen nach dem ersten bzw. zweiten Weltkrieg nichts interessantes mehr zu Stande gebracht... nun eigentlich gar keiner, außer, wie ich gestehen muss, die Amerikaner (und in Ausnahmefällen die Engländer).
Egal, Punkt für mich ist, daß man die Vermittlung des Stoffes ändern sollte, nicht den Stoff selbst.
Bis auf Ausnahmefälle stimme ich dir da zu...
Aber davon, eine Kürzung von Latein-, Religions- und Mathe-Stunden in nicht-spezifischen Schulen zu verlangen, lasse ich mich nicht abbringen.
Aber irgendwie scheint die Meinung vorzuherrschen, daß alles unterhalb des Abiturs zweitklassig ist, was ich einfach nicht verstehen kann.
Ich auch nicht, aber auf dem Arbeitsmarkt scheint's so zu sein. Und wenn man Bekannte aus anderen Ländern fragt, ist das ein rein deutsches Problem. Der Sinn des Abiturs ist imho, dass man darauf vorbereitet wird, zu studieren. Wer nicht studieren will, soll auf die Realschule. Nur, was tun, wenn heutzutage sogar schon Abitur verlangt wird, um Postbote zu werden?