Svivren/ Südlicher Distrikt/ Wrils/ Five Veils Krankenhaus/ Pausenraum/ Sane
Schnell hatte sich Sane eine Art Ritual angewöhnt: Seine Pausen verbrachte er damit, HoloNet zu schauen. Die lokalen Sender waren fast ausschließlich für die Svivreni bestimmt und aus diesem Grund wurde auch nur das gesprochen. Svivreni war eine faszinierende Sprache: Es war eine bizarre Mischung aus gutturalen Lauten in allen Höhen und tiefen, gepaart mit einem feinen Singsang, der sich je nach Aussage veränderte. Für menschliche Stimmbänder war es unmöglich, die Sprache zu sprechen. Sie waren zu einfach aufgebaut. Dennoch hatte er sich vorgenommen, die Sprache zu lernen. Wenn er seine neuen Nachbarn schon nicht in ihrer eigenen Sprache ansprechen konnte, wollte er sie doch wenigstens im Zweifel verstehen. Nicht jeder Svivreni konnte zudem Basic, obwohl Svivren ein riesiges Handelszentrum war.
Also verbrachte er die Pausen mit Shows, Nachrichten und Dokumentationen. Viele drehten sich um Geologie und alles was dazugehört: Der Svivreni, der einmal den größten Vendusii Kristall gefunden hat, die ältesten Stollen auf Svivren, die Geschichte des Bergbaus oder auch "Unter Tage mit einer Ewok Familie". Wenn es nicht um Geologie ging, war die Behaarung der Svivreni ein großes Thema. Die fellbedeckten Humanoiden machten keinen Hehl daraus, wie eitel sie waren, wenn es um ihre langen Mähnen ging. Neben der Pflege der Haarpracht drehte sich für die Svivreni auch einiges darum, wie die Mähne richtig getragen wird, ohne dass man ausversehen auf die eigenen Haare tritt. Die Svivreni waren keine großen Geschöpfe. Die größten unter ihnen erreichten knappe 90 Zentimeter. Mit einen von ihnen hatte sich Sane sogar schon angefreundet: Malihk. Ein junger Svivreni mit Haaren die orange wie der Sonnenuntergang waren. Er hatte mit Sane zusammen im Five Veils angefangen und hatte regelmäßig seine Freunde dran, dem neugierigen Menschen mehr über seine Spezies zu erzählen. Auch wenn Sane mal überhaupt nichts verstand, machte er sich mit einem Wiehern oder einem Schnauben zuerst über den wissbegierigen Menschen lustig, bevor er ihn dann aufklärte. Malihk verstand nicht, wieso sich Sane so viel Mühe damit gab, seine Sprache zu lernen, wenn er sie sowieso nicht sprechen könne.
Aktuell lief eine Sportsendung. Ganz durchblickt hatte er die Sportart noch nicht. Er wusste nur, dass man schnell sein musste und auf einem asymmetrischen Spielfeld mehrere Bälle im Spiel waren und es auch unter dem Feld Möglichkeiten für besonders raffinierte Spielzüge gab. Malihk hatte es mehrfach probiert ihm zu erklären, aber hatte dann immer wieder seine Mähne geschüttelt und festgestellt, dass man Svivreni sein muss, um dieses Spiel zu verstehen. Gerade analysierten die Moderatoren ein fieses Foul, dass das Spiel im letzten Moment entschieden haben soll, als plötzlich das Bild verschwand.
"He, was soll das?", schnaubte Malihk. Seine langen Ohren zuckten dabei verärgert. Dann erschien ein neues Bild. Eine Nachrichtensprecherin begann zu reden. Hinter ihr wurde ein Bild eingeblendet: Die Stadt, aus der da gerade schwarzer Rauch aufstieg, war unverkennbar Wrils. Doch Sane war zu verblüfft über diesen schnellen Wechsel, die Worte der Moderatorin waren für ihn unverständlich. So gut beherrschte er die Sprache dann doch nicht.
"Was sagt sie da? Ist was passiert?"
Malihks Körpersprache war offensichtlich. Sane hatte lang genug trainiert, um auch nur die kleinste Veränderung in einem Verhaltensmuster zu erkennen. Bei dem jungen Svivreni war es aber eindeutig: Etwas stimmte nicht.
"Malihk! Was ist los?"
Die Ohren des Svivreni waren nun eng an den Kopf angelegt, seine Schnauze zuckte scheinbar unkontrolliert.
"Eine Bombe ist im Stadtzentrum explodiert."
Gleich mehrere Fragen schossen Sane durch den Kopf, während sich die Nachrichtenbilder nun veränderten. Der ehemalige Soldat erkannte den hübschen Platz sofort, über den er selbst schon einige Male gelaufen war. Doch von den einfachen, aber doch irgendwie stilvollen Brunnen und der schönen Musterung der Bodenplatten war nichts mehr zu sehen. Stattdessen dominierten Trümmer und kleinere Brände das Bild, während auf dem Boden mehrere reglose Gestalten lagen. Doch Sane war zu geübt, um in Schockstarre zu verfallen, so wie es Malihk gerade passierte. Es gab für ihn nur einen einzigen Satz, der ihm in dieser Situation richtig erschien.
"Komm, es gibt bestimmt gleich viel zu tun."
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